Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, November 27, 1896, Sonntags-Blatt., Image 11

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aus seinem dumpfen Dritten heraus.
»Nein, es kann nicht sein,« rief er
fiebernd. »Wie sehr ich mich auch ge
gen Dich vergangen habe —- Du kannst
nicht so grausam fein, mich zu einem
fo schrecklichen Verbrechen zu zwingen«
Mein Vater, meinWohltbäter, Freund
meiner Jugend, erbarme Dich meiner!
Jch verlange nicht Vergebung von Dirj
und will mich nicht rechtfertigen. Wo
zu soll ich sagen, wie verzweiflirngs
voll ich gegen die entsetzliche Verlockung
geiiimvfl habe, die mich an sich gerissen
hat. Wozu foll ich sagen, daß ich mich
vor ihr flüchten wollte, und daß jener
nächtliche Besuch mein Abschied von
ihr war und daß, wenn man mich nicht
in denRerier geworfen, ich diese Stadt
und das Land für immer verlassen
hätte? Wozu al1’das! Jch weiß, daß
dies nicht meine Schuld mildert. Nichts
das will ich. Strafe mich wie Du
willst, ich verdiene und vertrage es,
verlange mein Leben, und ich will es
Dir zu Füßen werfen, verlange nur
nicht« daß ich meine Waffe gegen Dich
erbebe!«
»Auf Deinen Posten und mach’ end
lich ein Ende!« rief der Oberst unge
duldig aus.
»Woh! denn, machen wir ein Ende!«
Und Bela v. Geczn richtete plötzlich
die Mündung der Pistole gegen feine
eigene Stirn und lag im folgenden Au
genblick mit zerfchmettertem Schädel
zu Füßen des Oberst.
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St. pankraz.
Ein lustiges Erlebnis-, von (5. Eint-lin
Limbean
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,,Hasmfiißc!« machtdek junge Bade-s
löwe wegwerfend, zieht die Manschet
ten seines rosarotben Hemdes tiefer·
aus die wohlgepflegten Hände und
blickt berausfordernd den blutjungenj
Lieutenant an, der soeben eine Muse-I
lige Verfolgung-Z-Mordgeschichte auss
der Zeitung zum Besten gegeben, um!
die Gesellschaft zum Ausbruch anzu-j
feuern. I
Sie sind die männliche Bedeckung
der lleinen Kurgesellschaft, die eines
Fußtour durch die herrlichen bayerisl
schen Alpen bis zum malerischen
Tbumsee gemacht bat und jetzt den;
Heimweg antritl, dieser junge Mode
held und Banquiersohn und der ein
undzwanzigjähige Krieger.
»Meine Damen, wir tommen vor
Dunkelwerden nicht nach Hause, wenn.
Sie darauf beharren, über St. Pan
traz zu geben« mahnt der Lieutenant.
Badelöwe wendet sich nnd sieht spöt
tisch lächelnd dem Soldaten in die Au
gen.
»Man sollte wahrhaftig glauben,
Sie fürchten sich, Nachts durch den
Wald zu gehen, Lieutenant,« meint er
berausfordernd nnsd wirbelt die spär
lichen Härchen des fast unsichtbaren
Schnurrbarts.
Der begnügt sich mit einem Achsel
zuckem »Da würde es mir schlecht bei
der Nonde des Nachts in meinem tod
teneinsamen Walde gehen,« meint er
sehr ruhig. »Daß von uns Männern
dabei keine Rede sein kann, ist selbst
verständlich Sie mit Ihrer vielge
riihmten Unerschrockenheit mögen aber
nun auch die Verantwortung tragen,
wenn die Damen sich schließlich unbe
baglich fühlen. Jch wasche meine hän
de in Unschuld.«· »Panlraz for eoerl«
beißt trotzdem das Feldgeschrei der ge
rinigten gegnerischen Partei. Man hat
schon zwei Mal schweren Gewitters
halber-»aus Fuß der malerisch gelege
nen Felslirche umtebren müssen. Man
will sich aber nicht von der übrigen
Hotelgesellschaft ob eines Mißerfolges
anthchen lassen.
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Un- wumm Imu ruuryrg, ou nocy ole
unter-gehende Sonne mit dunlelrothem
Glanz die Wollen durchleuchtet. Sie
erzählen sich während des Ausstieges
iiber das wunderherrlich gelegene Thal
alle möglichen Schauergeschichten, bei
denen sie mehr oder weniger betheiligt
waren· Der rosabriistige Heldenjlingss
ling giebt einAbenteuer im Grunewald
zum Besten, bei dein er durch Geistes-—
gegenwari einer Schaars von Raubge
sindel imponitie und dasselbe durch ein
ungeladenes Kinderpislol in die Fluchi
getrieben haben wollte.
Die ganze Gesellschaft schweigt in
Selbstbewusnderung Nur der Reute
nemt sagt kein Wort und lächelt still
vor sich bin. .
Die Sonne verblaßt. Lang streckt
sich der Weg zuk höhe. Des schnell
hereinbrechenden herbstabendö-Däm
merung sinlt allmählig herab. Die Er
mitde haben mehrere Male kurze
Rast-seit aus den Aussicht-häuten ver
langt. Vor ihnen aus Ahorn- nnd
Buchenwaldung, in die die Derbsttim
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Iten Gold und Violett streuen, steigert
endlich nach mühsamem Marsch die
beiden hohen Felslegel aus, die von
der Burg Karlstein und der dem Heili
gen geweihten einsamen Kirche geirönt
ssind »
I ,,Hsinaus!« ruft ein unternehmendes
iFräulein im kanonischen Alter.
s »Hinaus,« echot der rosabusige
sJiingling undtrocknet sich den Schweiß
svon der heißen Stirn. ·Der schnelle
äMarsch hat ihn müde gemacht. Bei
Leibe aber kein Eingestiindniß. Eine
zarte junge Frau bricht erschöpft auf
einer Bank zu Füßen der 277stusigent
Felstreppe zusammen und zieht ihr!
Töchterchen an ihre Seite.
»Ich kann nicht weiter,« gesteht sie
sast weinend. Lassen Sie mich nicht
allein hier im Walde, ich ängstigte mich
zu Tode,« fleht sie händeringend ihren
Beschützer, den jungen Lieutenant, an.
Der setzt sich bereitwillig an ihre
Seite und ihnen gesellt sich eine andere
Uebermiithigc. Unter Hohnlachen und
spöttischen Zurufen tritt das ungleiche
Paar ganz allein seine Höhenreise an.
Sie klimmen und klettern athemlos,
ohne Unterbrechung mit schlagendem
Herzen, fliegenden Athem, zitternden
Pulsen, Stufe um Stufe, Höhe um
Höhe, hinaus, hinaus!
Keuchend erreichen sie schließlich die
Spitze und sinken tadtermattet, athem
ringend aus die nächste Bank. Jn den
Ohren gellt es wie Kirchenglocken, von
den Stirnen tropft es aus die wogende
Brust. Ring-Zum Todes-stille, Todes
einsamieit. Die Kirchenthiire ver
schlossen, kein-e athmende Seele so weit
das Auge reicht und sie zwei Beiden
wie abgeschiedene Geister im Halbduw
tel iiher dieser schweigsamen Welt
schwebend.
muss- st hihffnkH-Isn Fa ««««« I ooooo
quq —- Uv » »wu- s« »aus-«
zieht der Abend-wind, geht geheimniß
volles Raunen und Rauschen. Zu ih
ren Füßen ist es still, todesstill. Kein
menschlicher Laut, der hisan dringt,
tein Laut, der die da unter erreichen
könnte.
Horch, wag ist das? Klipp, klapp,
klipp, klapp tornmt’g in schwerem Eil
schrttt die Felgftufen hinaufgeklettert.
Welch eineSchrectenSgeftalt in härte
rifcher Tracht! Welch ein verwildertes
Gesicht mit wüstem Bart und drohend
funkelndem Augenpaar! Was will der
unheimliche Gesell hier oben zur
Abendzeit aus dem nienschenoerlasse
nen Felsplateau. Was sucht er hier
an der verschlossenen Fiirchenpforte?
Seine kraftstrotzendeGeftalt zeichnet
sich sithouettenhast scharf jetzt auf der
obersten Treppenstufe vom blaßgriinen
Abendhimmel ab, scheint unheimlich
heraufzutauchen aus der Finsterniß da
unten· Sein Auge funkelt die einfa
men beiden Menschen an, da er lang
sam vorwärts kommt. Seine Hand
greift rückwärts nach etwas, das er
dort verborgen halten mag.
,,Barmherziger Gott!« schreit das
Fräulein auf in Todesfchreck: »der
Räuberseppel«. Den Rosabusigen
packt’s mit gräßlicher Furcht. Sein
Haar sträubt sich. Angstschweiß deckt
ihn. DerRiiuberfeppelift der entsprun
gene Raubmörder aus der Zeitung, der
in den Alpen fein Wesen, besser Unwe
se n, treiben soll.
Der Rosabusige kennt nur einen Ge
danken, eine Hoffnunknoch: Flucht!
Die Treppe ist frei gegeben. Der
fürchterliche Mordgeer schreitet oben
um die Kirche herum. Eine Sekunsde
noch, dann wird er sie erreicht haben.
Unser Held kommt ihm mit blitz
schneller Wendung zuvor schießt an
ihm vorüber, der Treppe zu diese hin
unter in athemlofer Angst, ohne einen
Blick rückwärts, ohne einen Gedanken
für die Verlassene, der er seinen Schutz
versprochen. Schreiend jagt ihm das
tapfere Fräulein nach und verdutzt
stiert der Bauer den verrückten Städ
tern nach.
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Beroutzt auch schauen oie Juruagw
bliebenen den Beiden entgegen, die, wie
von Furien gejagt, die Treppe hinab
gehetzt kommen und durch ihre keuchend
hervorgeftoßene wilde Mär die übrige
Gefellfchaft inAlarm bringen.
Vergeblich spricht der Lieutenant
beruhigend zu, vergeblich sucht er Ruhe
und Vernunft zu predigen. Die Auf
geftörten wollen nicht folgen, sie wol
len fort, nur fort in besinnungslofer
Flucht.
»Aber umGotieswillen, meine herr
fchaften, wir sind ja zwei Männer ge
gen einen,« will er einwerfen.
Dagegen lehnt sich der Badelöwe in
zitternder Furcht auf. »Der schlägt ein
halbes Dutzede von solchen, wie wir
sind, zu Boden,« stammelte er indes
bleich, mit zitternden Lippen. »Mit
feinem Revoloer, den s versteckt hielt,
fchießt er uns allean ein Mal nieder
und raubt uns aus. Vorwärts, ich be
fchwöre Sie!«
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Uind dem Wort läßt er in- wildem
JLaus gleich die That folgen.
T Der junge Offizier schreitet ent
schlossen, so lebhaft man protestirt, ihn
beschwört, anfleht, die Stufen empor
zu St. Paniraz.
»Wir wollen« dem Graus mal auf
den Leib rücken,« rust er im Hintans
lausen den Damen zu, die schleunigst
von dannen stieben.
Jn athemloser Jagd wird derWald
weg, der malerisch stille, durchquert,
ohne daß ein Blick sich jetzt noch seiner
saftig grünen, purpurdurchwebten
Pracht freut.
Sie alle stürzen blindlings abwärts
bis das liebliche Thal sich öffnet, sie
umschließt mit Menschennähe, Men
schenschutz unsd Sicherheit.
Da unten fassen sie Muth und war
ten in zitternder Angst dessen, was-»sich
in der Höhe vollziehen mag; warten,
bis seelenruhig der jung-e Krieger her
unter spaziert lommt und mit mokan
tem Lächeln ihnen zuruft:
»Meine Herrschaften, der Herr Räu
ber läßt sich Ihnen ergebenst empfeh
len. Ha — ha! Hören Sie nur!«
Und über ihnen, hoch oben im Fel
senlirchlein des heiligen Pan-lraz, be
ginnt in diesem Moment in leisen
Schwingungen, dann heller und lau
ter das eherne Zünglein der Abend
glocle, das andachtsvoll Berg undThal
zur Ruhe läutet. Der wilde, bäu«eri
sche Gesell hält den Glockenstrang in
schwieligen, brauner Bauernhänden
und verkündet der schlafmiiden Welt
den Abendfrieden.
Und unten im Thal sieht der Lim
tenant lachend den Rosabusigen an.
,,Gelt, Herr X. Y» diesmal ist Jhre
Angstganzumsonstgetvesen. Der Räu
ber auf St. Panlraz ist sicher lein an
derer als der Küster, der den- Kirchen
schliissel aus seiner Tasche holen woll
te, den Sie fiir eine versteckte Waffe
hielten. —— Die Furcht gebiert Gespen
ster. Der Feige stirbt, nach Shale:
speare, siebenfachen Tod«
O- —
Tic Wildliaicn 6aliforniens.
Während Australien und Neusa
land unter der Kaninchenplage fast er
liegen, wird Süd-Californien seit ei
niger Zeit ebenfalls durch fünf Arten
der Gattung »Lepus« verwüstet, welche
aus Mexito eingewandert sind und be
reits Colorado, Jdaho, Oregon und
Utah bedrohen. Sie bewohnen dir
Ebenen, graben sich nicht ein, haben
äußerst entwickelte Ohren und Hinter
beine, so daß sie sich leicht vor Verfol
gungen retten. Die Bevölkerung hat
ihnen denNamenJackrabbitJ beigelegt.
Um sie zu vertilgen, hat man in Cali
sornien Landes-Jagdtage eingerichtet,
an denen man sie aus weiten Gebieten
in eine Corral genannte Umzäunung
zusammentreibt, in die zwei bis lot
Kin. lange, weit von einander entfern- !
te Pallisaden-Wandungen hineinmiin
den· Die Treiber sind theils mit Kniit
teln bewaffnet zu Fuße, theils zu
Pferde und zu Wagen, und fo jagt
vom frühen Morgen an, nachdem man
alles unnütze Gebüsch der Region, wel
ches als Schlupfwinlel dienen könnte,
beseitigt hat, eine meilenweit ausge
dehnte Kette von Treibern die furcht
samen Thiere eines weiten Gebiete vor
sich her, bis in den Corral, wo sie ge
tödtet werden. Manch-mal haben sich
bei dieser von den Jndianern gelernten
Jagd 2000 Personen, Männer
Frauen- und Kinder betheiligt; mant
hat unter Leitung eines Hauptsiihrersj
Gebiete von 30 Quadratlilometernt
theilweise umstellt und unter lautsemt
Geschrei abgetrieben, wobei jeder Ge-!
brauch von Feuerwaffen streng unter-i
sagt ist. Die anfänglich weit auseinq
ander laufenden Wände nähern sich ge-i
gen die etwa 500 Quadratmeter große
Schlachtstätte (Corral) immer mehr
und die Thiere treten mit Verzweif-»
lungsgeschrei in den Raum, wo sie
bald das Schicksal von vielen Tausen
den theilen. Bei einem einzigen Trei
ben dieser Art wird das Gebiet oft von
20,s)»() Wildhasen gefäubert und im
Ganzen sollen dieser seit wenigen Jak
ren geübten AusrottUngsweise gegen
400,(.)00 Thiere zum Opfer gefallen
sein. :
Haliotitiru’ø Gnttd galt
»sich »
Lord Salisbury hat beim Lordma
yors - Bantett die bei dieser Gelegen
heit übliche Rede gehalten, in welcher
der jeweilige Premierminister die vom
Kabinet verfolgte Politik Großbritan
niens beleuchtet und dem Lande gegen
über eine Art Rechenschaft ablegt. Lord
Saltsbusry berührte in seiner Rede
hauptsächlich zwei Fragen, »die Bene
zuela - Kontroverse und die orientali
schen- Witrem Jn keinem von beiden
Fällen hat Lord Salisbury etwas ge
s— J
sagt, was man nicht schon gewußt hät
te. Jn Bezug aus die orientalische
Frage giebt der Prernier die Gründe
an, warum ein isolirtes VorgehenEng
lan-d’s gegen die Türkei untshunlich sei,
daß indessen das Konzert der Mächte
gegenwärtig thatsächlicher sei, als je
zuvor. Das hat die britische Regie
rung durch ihre Vertreter und Preßor
gane schon wiederholt erklärt. Ebenso
hat Salisbury mit dem Ausdrucke sei
fner Ueberzeugung, daß die Venezuela
Streitigkeit durchdie jüngst vorgeschla
gene Lösung thatsächlich beendet sei,
nur wiederholt, was seit längerer Zeit
bekannt ist. Als der britische Bot
schafter in Washington, Sir Julian
Pauncesote, Vor Kurzem von seinem
Urlaub, den er in England verbracht,
auf seinen Posten zurückkehrte, wurde
in London offiziös bekannt gegeben,
und von Washington aus bestätigt,
daß der Votschafter der Träger von
Jnstrultionen sei, den Venezuela
Schiedsgerichts - Vertrag mit Staats
selretär Olney auf Grund der Verein
barungen abzuschließen-,welchebon dem
britischen Kolonialselretär Chamber
lain bei dessen kürzlicher Anwesenheit
in Amerika mit Staatssekretiir Olney
getroffen worden seien. Neu ist nur in
»der diese bekannte Thatsache bestäti
Jgenden Erklärung Salisburh’s, daß
Tder die Streitfrage lösende Vorschlag
svon den Ver. Staaten ausgegangen sei.
«Wie das in solchen Fällen, wo die Ab
sicht einer friedlichen Veilegung des
Streites beiderseits vorwaltet, zu ge
hen pflegt, haben eben beide Theile von
ihren ursprünglichen schroffen Forde
rungen etwas abgelassen, ohne doch
äußerlich das ursprüngliche Prinzip
aufzugeben. Daß Lord Salisburh
Amerika die Ehre des ,,happy thought«
zuschiebt, hat offenbar nur den Zweck,
seinen Landsleuten den Verdacht zu
benehmen, als ob England sich ledig
lich den amerikanischen Forderungen
gefügt und klein beigegeben hätte· Er
sagt damit, Amerika hat einen ganz
neuen Ausweg gesunden, auf den wir»
unbeschadet uns’rer Ehre eingehen kön-;
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—.---—..-0 . P— —
ziic aufhörrude Um s
sicherheit. (
Das Recht aus Streit und Zank in«
den Gerichten ist nachAnsicht des ober
sten Staatsgerichtshofes von Jllinois
so heilig, daß es der bloßen Nützlich
keit oder Zweckmäßigkeit wegen nicht
eingeschränkt werden darf. Daher ist
auch das sogenannte Turnus-Gesetz
verfassungswidrig, welches anordnsen
wollte, daß der Besitztitel auf ein
Grundstück fünf Jahre nach seiner
Eintragung in die Grundbüehier nicht
mehr ansechtbar sein solle. Weil näm
lich die Eintragung von einem Ver
Verwaltungsbeamten würde vorge
nommen werden müssen, und weil die
ser Beamte sich vorher überzeugen
müßte, daß die einzutragende Urkunde
in Ordnung fei, so würden richterliche
Befugnisse von einem Nichtrichter aus
geübt werden! Allerdings würde die
»Entscheidung« des 11rtundenverzeich
ners erst nach Ablan von fünf Jahren
bindende Kraft erhalten, wenn sie in
der Zwischenzeit nicht vor Gericht an
gefochten wurde, aber die Einschrän
kung genüge nicht. Denn es könne ja
beispielsweise einemeinjährigen Kinde,
das keinen Vormund habe, der Besitz
titel auf ein Grundstück abgesprochen
werden, und wenn das Kind nach
zwanzig Jahren mündig werde, so
könne es sein Recht nicht mehr geltend
machen. Damit also ein Kind unter
Millionen von Kindern gegen jede
denkbare Antastung seiner Rechte ge
schützt werden kann, müssen nach der
Meinung des Obergerichts alle Grund
eigenthümer beständig davor zittern,
daß ihre· für unanfechtbar gehaltenenj
Rechte selbst zwanzig Jahre nach dem
rechtsgiltig abgeschlossenen Kaufe noch
in Frage gestellt werden können.
Wenn der Laie die Entscheidungs
gründe richtig versteht, so würde das·
Gesetz auch dann noch nicht im Ein
klang mit der Verfassung stehen, wenn
die Ausstellung der Besitzurkunde nicht
einem vollziehenden Beamten, sonderns
etwa ei em Urtundengerichte übertra
gen wer en würde Denn der Schwer
punkt des Urtheils scheint in dem
Satze zu liegen, daß Unanfechtbare Ei
genthumsrechte überhaupt nicht ge
schaffen wenden können. Wäre bei
spielsweise das einjährige Kind, das
keinen Vormund hatte, nach Erlan
gung seiner Großjährigteit blödsinnig.
so könnte es seine Rechte noch immer
nicht beanspruchen. Der Blödsinnige
könnte dann noch 70 Jahre leben, und
erst nach seinem Tode könnte einer sei
wer Erben entdecken, daß der- arme vor
mundlose Mensch der eigentliche Be
sitzer eines Anwesens war, das seit 90
Jahren von Anderen benüht wurde.
J
Um also kein Unrecht geschehen zu las
sen, dürfte es gar keine Verjährungs
srist geben. Jst aber eine Verjährung
überhaupt angezeigt, so ist wiederum
nicht einzusehen-, warum sie nicht schon
nach fünf Jahren sollte eintreten kön
nen. Den unmündigsen Kindern kann
ja von den Gerichten ein Vormund be
zstellt werden,«"was in der Regel ohne
hin geschieht. Sicherlich sollten nicht
wegen einiger vielleichtmöglicher Fälle,
in denen die vereinfachte Grundeigen
thums-Uebertragung Schaden anrich
ten könnte, Jedermann geschädigt wer
den miissen, der Grundbesitz kaufen
oder verkaufen will. Es ist eine Unge
heuerlichkeit, daß jeder Fußbreit Bo
dens seine niedergeschriebene Geschichte
haben muß, und daß bei jeder neuen
Uebertragung bis auf die Besitzrechte
des allerersten Eigenthümers zurück
gegangen werden kann. Die Unter
suchung der »Abstrakte« muß doch Von
Jahrzehnt zu Jahrzehnt kostspieliger
und unzuberlässiger werden, Und die
Unsicherheit des Rechtstitels muß den
Werth allesGrundeigenthums als Ka
pitalanlage start beeinträchtigen Daß
die Urheber der Verfassung das beab
sichtigt haben sollten,ist keineswegs an
zunehmen.
—. -4 Ä
Ylittels Maschine
Soweit die Erziselung des unver
fälschten Volkswillens in Betracht
kommt, ist die Einführung des austra
Hlischen Wahlshstems schon als ein ganz
Tbedeutsender Fortschritt zu betrachten.
Aber das australische Wahlshstem per
Ballot kann selbst in dieser Hinsicht
noch lange nicht den Vergleich mit dem
es wohl bald überall ersetzenden Stim
men per Maschine aushalten, von der
Zeitersparniß, die dadurch beimStim
men wie beim Zählen erzielt wird, gar
nicht zu reden. Jn Rochester, N· Y.,
das 144,884 Einwohner und 31,000
Wähler hat, wurde bei dser letzten
Wahl schon per Maschine lShstem
Meyer) gestimmt. Nach dem vorzüg
lichen Resultat, welch-es der angestellte
Versuch zu Tage förderte, dürfte es
wohl nur eine Frage der Zeit sein, bis
die Wahlmaschine im ganzen Lande
bei der Wahl benutzt wird. Jn Ro
chester gelang es, nachdem um 5 Uhr
die Stimmenabgabe geschlossen war,
schon um acht Uhr das Resultat für
die Stadt und das Counth bekannt zu
geben. Das Stimmen wird wie folgt
beschrieben: Diejenigen, welch-e ein un
getheiltes Partei - Ticlet ---- also
,,straight« stimmten, brauchten
nur auf einen Knopf zu drücken und
in einer Minute konnten ihrer zwei
oder vier hinein- und heraus-marschi
ren. Die »Scratchers«, welche für
Kandidsaten verschiedener Parteien
stimmten, beanspruchten etwas mehr
Zeit, denn sie mußten für jeden Kandi
daten, dem sie ihreStimme geben woll
ten, aus dessen besonderen Knopf
drücken. Doch auch dieses Stimmen
vollzog sich mit auffallender Geschwin
digkeit und durchschnittlich wurden
zwischen sechzig und sisebzig Stimmen
die Stunde abgegeben. Dabei wird
noch gemeldet, daß dasAbstimmen noch
schneller hätte vor sich gehen können,
wenn die Wahlbeamten die Namen
hätten schneller auffinden und ,,verifi
ziren« können. Die Wahlbeamten
und nicht die Stimmgeber und die
Maschinen verursachten die meiste Ver
zögerung
— OOC -—
Eine neue Erfindung.
Es war vorauszusehen, daß der
Untergang des Lloyd - Dampfers
,,Elbe« die Erfinder anfpornen werde,
auf neue Maßnahmen- zu sinnen,
durch welche die Rettung großer
Menschenmassen bei Zufammenftößen
auf offener See ermöglicht werden
foll.
Ein-e solche Erfindung hat ein Herr
J. Gutmann unlängft dem Nauiifchen
Verein in Hamburg unterbreitet.
Gutman will hinten in die großen
Dampfer kleinere Schiffe hineinfetzen,
etwa in der Form groß-er, einmaftiger
Kutter, welche, mit allem Nothwendi
gen ausgerüstet, als Zufluchtsorte der
Passagiere und Alkannfchaften dienen
sollen, falls auf offener See ein Zu
fammenftofz ftattfindet. Berfinkt der
befchädigte Dampfer, fo soll aus ihm
heraus das Rettungsfchiff hervorge
hen und sicher und ruhig weiterfchwim
men. Der genannte Nauckifche Verein
hegt aber gegen diese Erfindung schwe
re Bedenken. Einmal lehren die bis
herigen Erfahrungen, dafz die großen
Dampfer bei einem ernsstenZusammen
stoß innerhalb weniger Minuten fo
starke Schlagfeiten bekommen, daß der
Rettungskutter gar nicht sich frei ma
chen könnte, sondern mit in: die Tiefe
gezogen werden würde. Sodann er
folgt das Sinken des Damipfers nach
empfangener Leckage so schnell, daß die
. —
des Nachts in tiefem Schsaf liegenden
Reisen-den gar nicht mehr Zeit fänden,
das Rettungsschiff zu betreten. Die
ses Bedenken aber ließe sich doch wohl
noch am ehesten zerstreuen, da man in
den Kabinen zahlreiche lärmmachende
Instrumente anbringen könnte, welche
auf elektrischem Wege rasch usnd gleich
zeitig in Thätigkeit gesetzt werden und
alles sofort wecken könnt-en. Dagegen
ist ein weiteres Bedenken stichhaltiger.
Man hält nämlich dafür, daß durch
das Einfügen eines Rettungsschiffes
die Stärke dies Mutterschiffes allzu
sehr beeinträchtigt würde, da demselben
hinten jeder obere Verband fehlen wür
de. Trotzdem ist die Erfindung viel
leicht doch noch verbesserungsfähig, so
daß sie zur versuchsweisen Anwendung
gebracht werden wird.
Miszlungcnc Nache.
Der bekannte Schauspieler Dörinsg
erschien einst in einer Seen-e, in der so
eben ein Geist von einem Statisten
schlecht gespielt wurde. Als der Geist
darauf in die Versenkung sank, sagte
Döring zum lachenden Publikum:
»Seht, so tief kann der Mensch sinken«
Der Statist, hierüber erbost, be
schloß, sich an dem Schauspieler zu
rächen. Jn einem später-en Stück hatte
der Statist als Generaladjutant dem
Döring, welcher den Kaiser spielte, ei
nen Brief zu überbringen. Da Dö
ring selten sein-e Rolle gründlich stu
dierte, so hatte er sich den Brief, den er
dem Generalstabe laut vorlesen mußte,
aufschreiben lassen. Hierauf baute der
Statist seinenPlan.; er Vertauschte das
Schreiben mit einem leeren Blatte und
überreichte dasselbe, sich schon im vor
aus des gelungenen Streiches freuend,
dem Kaiser.
Dieser, Anfangs erstaunt, als er
das leere Blatt vor sich sieht, weiß sich
rasch zu fassen und giebt dem Stati
sten das Schreiben zurück mit den
Worten: »Lesen Sie, General!«
— —--- --. - .
Enc Jlicrrasrlmng.
(Sächfisch«)
»Wart’ nor, wart’ nor!« sagt ich im
mer
Zur Gousine Garolin’,
,,Dei Benähmen werd schtähts schlim
mer
Häe ämol, wo soll das hin?
Uf die Weise bleibstesitzen,
Drotz Dei’m nedden gleenen Gäld,
Weeßie, mit so groben Witzen
Gommt mer nich’ der Männerwelt!«
Aber se dhat weiter schbreede
Un gam eener beh a beh,
Gellt se wie ä C - Drombede
Jmmer «Nee« und ewig »Nee!«
Wsensn mer jung is, macht mer Scherze,
Aemal ging ich selbst zu ihr:
»Härste « srug ich, »wills D’ m ei
Härze?«
Jemmersch nee ,wie word-e mir:
»Schafsg«obb!« lisbeli se ganz leise,
»Haste denn gemerkt des nich’,
Daß ich andre weg nor beiße, — —- —
Weil ich schtähts geliebt
n o r D i ch?«
— —- Os
G e s ä h r l i ch.
A. (im Ballsaal): »Hüten Sie sich
vor Fräulein Rosa — die tanzt zu
gut!«
B.: »Wieso zu gut?«
A.: »Nun, dte walzt mit Ihnen bis
zum Standesgth f
E i n fa ch.
»Na, meinLieber, was bekommt Jttye
den-n Abends in der Kaserne zu essen?«
»O, da lehnen wir uns mit dem
Magen an den Ofen und wärmen das
auf, was wir Mittags hatten-«
Ein ·Optimist.
Diener: »Na also, was haben S’
denn ausgerichtet beim Herrn Direk
tor?«
Herr: »Nein, hat er gesagt —- aber
so freundlich, daß ich beinah’ glaub',
er hat sich nur versprochen!«
- ...... O .. , —
Unangenehm.
Universitätsprofessor: »Meine Her
ren, ich bitte einige Minuten um Jhre
Nachsicht. Jch habe mein Manuskript
zu Hause gelassen, aber mein kleiner
Sohn wird es mir sogleich bringen«
Der kleine Sohn (eintreten-d): »Ma
ma konnte das Schriftstiick nicht sin
den, dafür schickt sie Dir aber daöBuch,
aus dem Du’3 abgeschrieben hasti«