Sonntags - Blatt. — MP Windolpl), Hemusgelien Grund Island-, chr., den 20. November 1896. »-—,:E Schwester Marie. Von Reinhold (sronl)eitii. »Vorwärts; Jungens!« rief derLieu tenant seinem Zuge zu, indem er sich den Säbelgurt fester zuzog, »bleibt nicht auf einem Haufen, sonst seid Jhr vielleicht alle verloren.« Seine Stimme llang frisch und fcharf, und wenn er vielleicht auch et was blasser aussah wie gewöhnlich, fo ließ er doch nichts von innerer Aufre gung merken. Und die Soldaten folg ten seinerAnordnung, schwerfällig und verdrossen, fie waren fo ermüdet, daß sie ganz willenlos den Befehl ausführ ten. Niemand sagte ein Wort, Jeder behielt den Anderen im Auge. damit er nicht zurückblieb oder wohl gar im Sumpfe stecken blieb. Denn den Tod fürchteten sie nicht, oder doch viel weni ger, als daß sie in dieser Einöde ver lommen müßten, den wilden Thieren zum Opfer, oder den noch viel wilde ren, erbarmungslofen Menschen. Schmuszig waren sie alle und ihre zer rissenen Kleider sprachen beredt von den Strapazen, die sie erduldet hatten. Märsche und Gefechtstage auf Atchin gehören wahrlich nicht zu denAnnehm lichleiten des Lebens, aber nun noch gegen Abend diese Aufgabe, —-«- ein un wegfames, fumpfiges Gelände abzuw chen, in welchem man jeden Augenblick Versinken konnte, hungrig, müde und der wahnsinnige Durst; da fluchte auch schon Einer, der an dem dornigen Ge strüpp hängen blieb. »Donnerwetter, die reene Jummis miofk inn: mi- lvi nnix in Its-alm- « ertönte es in unversiilschtem Berliner Jargon. »Bei hätte ict man frieher wissen sollen, wie scheen wäre ick bei Muttern geblieben.« Sein Neben rnann, der ihn offenbar gar nicht ver stand, half ihm aus den Dornen Und stolpernd und murmelnd ging es wei ter. »Halten Sie sich weiter links, Lim tenant,« sagte der alte Sergeant, der dicht hinter dem Offiziet ging, in schweizetischem Dialekt. «Nechtg kann Niemand sein, da würden sogar diese Ieichtfiißigen Spitzbuhen ersaufen. Aber links, das Bambusgestriipp sieht verdächtig aus.« Der Sergeant war ein Mann von riesiger Gestalt, aber mager wie eine Stecrnadet, sein rurzgeschorenes Haar war schneeweiß, ein dichter schwarzer Schnurrbart beschattete seine Lippen. »Wenn Sie glauben,« sagte der Os sizier. und rief dann: »Halb lintg!« indem er mit dein Säbel aus das Ge büsch zeigte . Langsam schwenkten dieMannschasi ten ein und gingen in gerader Linie vorwärts. Nur noch wenige Schritte - s-— ein wildes, satanisches Geheul — und eine Salve, hart, scharf und dröhnend, überschüttete die kleine Truppe mit ei nem Hagel von Blei; Blätter und Zweige fielen wie ein Regen aus sie nieder. Jrn Laufschritt eilte die Re serve heran, blindlings wurde in das Gestrüpp hineingeschossen. Der junge Lieutenant lag aus dem Rücken, den Säbel in der krampshast geschlossenen Faust, die Augen starr geöffnet, leichter Blutschaum war ihm vor den Mund Ctreten Wie ein Raubthier stürzte sich der Sergeant aus ihn und hob ihn aus wie ein Kind und in langen Sätzen eilte er mit ihm aus der Feuerlinie, bis sie beide nie derstiirzten I Of s Blend-end und goldig ergoß sich der Lichtstrom der Morgens-inne durch die weitgeössneten Fenster in den langen Krankensaab sAn den beiden Längs seiten standen die eisernen Bettgestelle mit ihre-n schneei ensinnern der schar se Dust der Med tamente und allerlei Besinsettiontmittel ersiillten die Lust. Aus den Betten lasen sie mii ihren wachis Gesichtern, tief in die Matea gedruckt, die unseren- farb nde spielten zitternd an den Decken und die Finger steckten - haft vor unbewußten innerlichen Schmerzen Jn einer Ecke hatten ein paar Rekonvaleszenten ihre Betten zu sammengeriiclt,siehockten auf denKopf polstern und spielten mit ihren fetti gen, kaum erkennbaren Karten um ihre wenigen Pfennige so sorglos, als wäre nicht um sie der Tod verbreitet, und keiner von ihnen hörte das Aechzen der Todverwundeten und Schwerlranken. Einer von ihnen fah auf. »Donnerwetter, der Major da drü ben ist todt!« Die Anderen wandten sich um. »Man soll ihn herausfchaffem da-» mit ein- Anderer Platz kriegt,« meint-e einer der Spieler, und ohne das Spiel weiter zu unterbrechen, brummte er mürrisch: »Wer giebt?« Sie warfen keinen Blick auf das verzerrte Gesicht des Todten, dessen magere, eingefallene Konturen man deutlich unter der straff gezogenen Bettdecke erkennen konnte Ein Arzt und eine fromme Schwe ster erschienen in Begleitung mehrerer malaiifcher Dionen das Betttuch wur de an den vier Zipfeln aufgehoben und lautlos bewegte sich der traurige Zug aus dem Krankensaal hinaus —— die Schwerlranlen und Schwerverwunde ten merkten nichts, die Uebrigen spieen, wie es althergebrachter Aberglaube war, dreimal hinter sich aus --—— einen Augenblick wurde die Stille noch un heimlicher und dräuender, der Tod war mit seinem schwarzen Fittich über die Stätte hinweggerauscht, unhör bar, aber wahrnehmbar wie der Flü gelschlag der unheimlichen großen Fle dermäuse jener Gegen-den Der Spieler, der den Tod des Ma jork, eines altenFeldwebelS von zwan zig Dienstjahren, zuerst bemerkt hatte, warf die Karten fort und sagte: »Man soll lieber nicht spielen, wenn die Schwester Marie in den Saal kommt, sie sieht es nicht gern; wes halb soll man sie betrüben, sie ist so unendlich gütig zu uns alten Sün dern!« »Was daran liegt,« raisonnirte ein Anderer, »ich habe die Erfahrung ge macht: ob Kaiserin oder Bettlerin — die Weiber sind Alle sentimentaler Na tur!« Und als ob er die Quintessenz aller überlegenen Lebensweisheit entdeckt hätte, wars er die Karten auf die Bett decle und drehte sich geringschätzig herum. NOTI- hmä nsivbs In nnOCOZlHUOIIIFK und so undankbar,«entgegnete der An dere, »etle Du dalagst mit Deinem zer hauenen Kopf und tein Mensch einen Psisferling siir Dich gab, da durfte doch auch kein Anderer an Dein Bett kommen und Dich so linde und leise verbinde-n als Schwester Marie ,aber so sind die Kerle, kaum können sie Idann wieder die Karten halten und das Schnavsglas vielleicht, dann ver Fgessen sie das Gute, das ihnen geschah sMöchtest wohl lieber von dem Sterbs arzt verbunden sein?« »Der Teufel hole die Pslasterschmie: irer, die mit uns umgehen, als ob wir gesiihllos wären wie die Steine, « ent Igegnete der Erste etwas beschämt, I» »mich ärgert nur, daß sie sich mit mir und mit uns überhaupt nicht mehr ab giebt, sie ist ganz versessen in den klei inen Lieutenant da driiben, den sie uns hierher gelegt haben; das kann ich Euch aber sagen, wenn Einer schon seine Besinnung mehr hat und er spuckt fortwährend Blut, dann ist es aus mit ihm, das habe ich mehr wie hundert Mal gesehen.« »Du weiszt was Rechtss übrigens soll sich der Junge sehr brav gehalten haben und ein hübscherKnl ist er übri gens auch — also hat sie Recht, wenn sie sich in ihn vergasst. Oder Du hät test wohl gern gehabt, daß sie sich in Dein altes Tabackspseifengesicht ver liebt hätte?« «War sriiher auch ein schmucker Bursch,« ertönte die brummige Ant wort zustiich »aber nun- laßt das Ge schwist, wir wollen weiter spielen!« Und Ue Spieler vertiesten sich wie den in ihre Karten. e i d Er aber lag aus seinernSchmerzens lager, und wenn er einen lichten, fie bersreien Augenblick hatte, so sah er Alles, was um ihn vorging, wie durch einen Schleier-. Bisweilen hörte er auch Gespräche, aber es schien ihm im mer, als ob er träume. Nur wenn sie mit ihrem stolzen, aufrechten Gange durch den Saal schritt, so war es thin, als ob et etwas fühlte wie einen sanf ten, kühlenden Flügelschlag Und wenn sie mit ihren zarten, schlanten Händen ihm die Decke glatt strich, so überiam ihn ein Gefühl unnennbaren Wohl seins, trotz seiner Hilslosigkeit fühlte er sich nicht ganz verlassen. Seine Au gen folgten ihr unbewußt, er ahnte ihre Nähe. Und dann kam langsam die Gene sung Seine ungebrochene jungend liche Natur hatte den Tod besiegt; Alle, selbst die Anste, sagten, es wäre ein Wunder geschehen. Wie er allmälich erstarkte und zu neuenKräften gelang te, desto stärker wurde das Gesiihl der Zuneigung und Hingebung zu ihr. Und doch hatten sie eigentlich bisher nur wenige Worte gewechselt. Aber die wenigen Worte, die sie zu ihm ge sprochen hatte, waren unendlich sanft, noch sanfter wie ihre Hände. Eines Tages aber hatte er sie gefragt, wie es doch käme, daß ein junges Weib eo ganz den Freuden des Lebens entsagen könne, wie sieBesriedigung finden tön ne in dem schweren Beruf, den so leicht doch Niemand freiwillig übernehmen möchte. Sie hatte nur wenig und ausweichend geantwortet; es war ihm als hätte sie leicht geseuszt, als sie ihn mit ihren schwermiithigen, grauen Au: gen einen Augenblick anschauie CYTII L.« L« . LPI1... Olc UUV IV act-l Ul cluclll Illusioqu Lazaketb. Bisweilen sind die Kran kenhäuser übersiilltundalle Betten sind besetzt, überall, aus allen Korridoren wälzen sich Schwerkranke nnd Ver wundete auf ihren Schmerzenslagern. Dann aber kommen wieder Zeiten, wo der Engel der Genesung seinen Einzug zu halten scheint, dann fällt dass gol dige Sonnenlicht mit leuchtenden Strahlen in die leeren Gemächer und aus den eisernen Bettgestellen krümmt sich Niemand in unsagbaren Schmet zen. So war es auch hier. Fast Alle waren sie wieder ausgeschwärmt zu ih ren Truppentheilen, neuen Gefahren, neuen Strapazen, neuen Krankheiten, vielleicht dem Tod entgegen Er aber machte die ersten Gehversuche. Durch den sonnendukchgliihten Part, wo die kagmde«n, blaugriinen Palmen leise flüsterten im Morgenwinde, und Abends, wenn sich die Nacht mit ihren geheimnißvollen Schwingen auf die Gefilde senkte. Und häufig sah er sie auf diesen Spaziergängen und sie blieb stehen, wenn sie ihn erblickte, und sagte ihm freundliche Worte und fliifzte ihm milde Hoffnung in’s Herz. Aber eines Abends, als er auf einer der lauschigen Bänke saß, da faßte ihn jenes qual volle HeimathsgefiihL es übertam ihn eine unbezwingliche Sehnsucht nach Frieden, nach Gesundheit, nach Men schen, die er lieben dürfte, und die ihn wieder liebten. Und er vergaß für Augenblicke die schmerzende wunde Brust, er sehnte sich nach etwas Unbe kanntem, etwas Großem, wie ein Mensch Aehnliches noch nie erlebt r hatte. I Da schwebte sie vorüber mit ihrem .leisen, unhörbaren Schritt und er fand den Muth, sie anzurufen und sie zu xbitien, neben ihm Platz zu nehmen. Was er ihr sagte und erzählte, er wuß te es selbst nicht. Aber er sah, dafz ein Lächeln, ein bitteres Lächeln ewiger Entsagung ihre Lippen Umfpielte, aber aufmerksam hörte sie ihm zu. Plötz lich jedoch fand sie, daß die Nachtluft kühl wurde und daß seine Gesundheit Schaden erleiden könne. Als er sich erhob und ihre Hände drückte, da fühl te er, daß der Druck leise, aber jäh er widett wurde. Und Nachts träumte er von einem Engel und es war ihm, als ob seine Lippen fanft und zart von einem anderen Lippenpaar berührt würden. s- i- i Am folgenden Morgen erschien in dem Saal eine malte Schwester mit vergilbtem Großmuttergesicht und Händen, die gekrümmt waren von langer Arbeit und hart wie Krebs scheeren. Sie hantirte mit jener ge wohnheitsmäßigen Geschäftigkeit, die keine Rücksicht nimmt auf die Gefühle ;Anderer. Sie kümmerte sich um Nie Tmandeih aber sie sah instinktiv, wo et was nicht ins Ordnung war. Lange beobachtete der Lieutenant die hagere, eckige Gestalt, und als sie in sein-e Nähe kam, fragte er scheinbar gleich giltig: ,,Wo ist Schwester Marie?« »Ich weißnicht,«entgegnete die Alte, ohne aufzubliclen. Sie hatte auf alle Fragen nur die eine Antwort: »Ich weiß nicht!« Er aber wartete viele Tage, daß sie zurückkommen sollte. Keiner wollte oder konnte ihm Auskunft ertheilen. An dem Tage jedoch, als :r neu ge sträftigt und gesund diese Stätte des iElends und der Schmerzen verlassen isollte, fragte er den Oberarzt, der ihn flange und freundlich anblickte. s ,,Junger Mann,« sagte er endlich, »Schwester Marie ist an jenem Mor gen, seit welchem Sie sie Vermissen, freiwillig mit einem Transport nach den Mollukken gegangen. Sie werden sie schwerlich wiedersehen!« Der alte Arzt hatte Recht gehabt — er hat sie niemals wiedergesehen -— - - - Zwischen zwei Etationcir. Charles Rozan war aus das Ange nehmste überrascht, alg er in das ’Coupee stieg, das der Schassner ihm dienstsertig geöffnet hatte. Es befand sich nur noch ein einziger Reisender in dem kleinen Raum, und dieser Reisen de war eine Dame-, die es sich unter ih rer Reisedecte 1n der Eäe am Fenster hübsch bequem gemacht hatte und deren schlanke, gtaziöfe Formen feinem Sten nerauge ungemein wol)lthaten. Rozon ließ sich von seinem stammerdiener noch seinen Hanloffer herabreichen und in demselben Augenblick pfiff auch schon die Lokomotive Und der Expreßs zug setzte sich keuchend in Bewegung. Die Sonne stand schon tief am Ho rizont und färbte die Wolken mit ro then und violetten Lichtern. Ein fri scher Windhauch wehte durch das ges öffnete Fenster herein und spielte mit den weißen Schutzdeckchen der Kopf-— polster. Rozan musterte feine Reisege fährtin neugierig mit verstohlenen Seiten-blicken und war entzückt von der fein geschwungen-en Linie, die ihre Schultern und Arme dildeten. Von ihrem Gesicht konnte er leider nicht-s ;sehen. Sie hielt es unausaesetzt dem Fenster und der variibersliegenden zLandschast zugewetvndet und er konnte Fnur tonstatiren, das-, ihr gotdblondes YHaar in ein-ein dichten Knoten am Hin zteriopf aufgesteckt war. i Eben schan er das Buch auf, das er ssich alS Reiselectiire mitgebracht hatte, da ließ ihn eine Bewegung der Dame Ein der anderen Ecke aufblicken. Sie imithte sich mit ihren kleinen Händchen Ioergebeng ab, das Fenster in die Hoh Zu ziehen, und Rozan legte natiirlick isofort sein Buch bei Seite und eilte ihi Izu Hilfe. ,,Ver,zeilnmg, meine Gnä Hdiae, gestatten Sie mir, das-, ich Jshncn behilflich bin.« » Und als er ihr jetzt voll in’s Gesicht ssah ertannte er sie sofort. Es was seine geschiedense Frau. Sie waren schon seit drei Jahren getrennt. Ei hatte damals den Nroiefe verloren »v« er wußte, daß sie sich bald darauf wie der verlobt hatte, mitAnatole de Pras sac, einem seiner Freunde. »Wie, Sie sind es?« sagte er. Auch sie hatte ihn- sofori wiederer kannt, aber sie verlor ihre Fassung nicht misd erwiderte mit leichtem, net vösem Lächeln: »Es scheint so.« »Sie fahren nach Luchon?« »Sie wissen ja, ich gehe jedes Jahr auf vier Wochen dorthin, nachdem ich bei meiner Mutter war.« »Ganz recht. Sie kommen also von Samt-Martiak. . . Besindet sich Ihre Frau Mutter wohlt« »We, vortrefflich« Eine kurze Pause entstand und sie atshmeten voll Behagen die weiche, mil de Abendsluft ein. »Ich war auf das Vergnügen, le nen zu begegnen, nicht vorbereitet Wissen Sie auch, daß wir uns eine ganze Ewigkeit nicht gesehen haben?" sprach er dann weiter. »Freilich. Jch glaube, wir trafen uns zum letzten Mal in dem Bureau des Präsidenten Tetard de BlainvaU »Als er den üblichen Versöhnungs versusch bei usns machte . . .. Dei Aermste!« »Man sieht Sie aber wahrhaftig nirgends. Besuchen Sie keine Gesell schaften mehr?« »Ich lebe jetzt mehr für mich, das hat auch seinen Reiz. Aber Sie smk natürlich überall, in keinem Ballberich1 fehlt Jhr Name. Der arme Brassat muß ein schweres Leben haben! Dei gute Anatole. Jch habe mich noch nich« nach ihm ertundigt.« " »Es geht ihm ausgezeichnet und ei fühlt sich als mein Verlobtber durch aus nicht so ungliicklich, wie Sie anzu nehmen scheinen.« »Bitte, ich sprach nur vom sanitären Standtpunit aus. Der arme Junge war nie der Kräftigste.« »Allerdings,« seufzte sie· Jch kannte ihn ja Vor Ihnen, ick selbst habe ihn Jshnen erst vorgestellt. zWir sind mit einander groß geworden xEr gehört zu den Vielen, die als Lieb sbaber reizend und als Ebemiinner un serträglich sind. Aber ich will ihm nichts Böses nachsagen, namentlich da ,er ja noch gar nicht Ihr Ehemann ist.'« »Nein, Sie äußern natürlich nur »Ihr-e Ansicht als Freund.« ,,Woltte ich ihn loben, müßte ich Be .leidigungen wahrhaftig zu rasch ver gessen.« ; »Sie zürnen ihm mit Unrecht An 5)lllem was geschehen ist, sind Sie ganz t allein schuld « »Wirklich!« »Gewiß. Jch hatte Jhnen Vorher gesagt daß es, sobald Sie mich betrü gen, absolut aus sein würde zwischen -;uns Sie hielten das fiir eine leere JDrohung und Sie hintergingen mich Einit meiner besten Freundin. Da lief; -ich mich scheiden irnd verlobte mich mit IAnatole... und ich bedauere es nicht iiin Geringsten.« »Es ist wahr, ich habe Sie mit Ger manie hintergangen, aber ich habe »die Sache nicht so weit getrieben, wir Sie. verlobt « »Was?« »Ich habe mich mit Germaine nicht Sie lacht-e. Aus den Thalern drau ßen stiegen bläuliche Nebel und häng ten sich an die seingegliederten Wipse der Tannen und schwarze Wolken jag ten vor dem bleichen Mond vorüber Rozan fühlte, wie ihm neben seiner schweigenden Reisegefährtin das Blu zu Kopf stieg, und er sagte: »Erinnern Sie sich noch einer ähn lichen Nacht, Diana, die wir in Samt-. Martial bei Ihrer Mutter verlebtent Der Himmel sah gerade so aus wis jetzt, wir waren verlobt und man hatt uns allein auf der Terrasse gelassen Da ergrifse ich Ihre Hand und um armte Sie... O, wie entriistet Si damals waren!« »Wer uns in jener Nacht gesagt hät te, daß wir uns eines Tages so wiede begegnen würden!« »Wenn man heirathet, muß man au Alles vorbereitet sein.« Jn der Unterhaltung waren sie im mer vertraulicher miteinander gewor den. Zuweilen blickten sie sich an unt suchten die altbekannten Züge wiede« zu finden, und Gefühle, die sie längs erstorben glaubten, keimten wieder ii ihnen empor. ,,Worarr denken Sie?« fragt-e sie jetz etwa-s verwirrt. k »An dasselbe, woran auch Sie den en-.« »Und dass ists« »Wie glücklich wir Zwei noch int einander hätten sein können unsd tot wiel wir ver-scheint haben rischBklleichtf tummelte sie träume ,,Denken Sie sich, wir hätten diese Reise vor süinf Jahren zusammenge macht! Wie nett unsd lustig wäre das gewesen! Denn ich kin ein sehst ange nehm-er Reisebamevad.« »Das ist wahrl« sagte sie lachend. »Und praktisch bin ich auch. Jch hätte Sie die Fahrt nicht in einer Tour machen lassen. Wir hätten in Toulouse oder noch besser in Cahors Station gemacht. Es ist so hübsch, wenn man in einer fremden Stadt durch dunkle, unbekannte Straßen dem ersehnten Hotel zufährt. Man fühlt sich so zusammengehörig und freut sich, daß Niemand weiß, wo man eigentlich steckt. Die Koffer läßt man ruhig vorausfahren, wir haben ja in unserer Handtasche und im Necessaire Alles-, was wir brauchen . . .. Richtig, Sie haben noch dasselbe Necessaire, . wie früher. . . . Wenn wir ankommen, , lasse ich ein kleines, hübsches Diner serviren, wie ich es so gut zusammen zustellen weiß ..... Sind Sie immer noch solch’ kleine Feinschmeckerin?« — »Nicht mehr.« »Weil Brassac es auch nicht ist . . . . Und am nächsten Morgen macht man aufs Gerathewoshl Entdeckungsreisen durch die Stadt . . .. und kommt dansn ganz frisch nach Luchon.« »Ihr Programm ist allerliebst.« Er nahm ihre Hand, beugte sich zu ishr und sagt-e ganz leise: Können wir es denn nicht durch fül)ren?« »Sie sind toll.« »Aber ganz gewiß. Jn Luchon er wartet Sie Niemand,nicht wahr? Nie mand weiß, wann Sie »von Jhrer Mutter fortgereist find, Niemand, innnn cis trinke-offen mai-seyn t-:;- »Es-. » ·»s-s--s »u Enen so leicht einen Tag unterfchlngenR Er wollte sie näher an sich ziehen, da gselltse die Lokomotiveschrill dazwischen Diana machte sich heftig los. »Sie sinid wahnsinnig! Was fällt Ihnen denn ein?« j ,,Dian-c1, wir sind gleich in Cahors! iJch reiche Ihren Handkoffer mit mei nem zusammen hin-aus und wir kön nen eine Stunde träumen von vergan genem Glück. « »Lassen Sie mich los! Ihr Beneh men ist unpassend!« »Unpassend? Wir waren doch ver heirathet?« ,,Unglaublich!« Gaslaternien leuchteten auf und der Zug fuhr langsamen Plötzlich hiselst er mit jähem Ruck, Rozan öffnete die Thür und rief einen Gepäckträger her thei. « »Hier, lieber Freund, diese beiden Handkofferi Diana, vergiß nicht Dei nen Sonnenschirint« Diana sah starr vor Staunen, wie der Gepäckträger sich ihre Handtasche auflud nnd wie Rozan ihr die Hand entgegenstreckte, um ihr beim Aus-stei gen behilflich zu sein. » »Hu-Inm, mein Lieb!« sagte er laut v nnd rief dann dein Dienstinann zu: »Traan Sie die Sachen zum Haid « Oiniiibris.« . Ganz leise aber fliisterte er: »Sie f werden doch kein Aussehen erregen « wollen! Kommen Sie, kommen Sie! . Wenn Sie zögern, erkläre ich öffent lich, das; Sie nieineFrausinb, mir aber . nicht folgen wollen. Es gäbe einen . furchtbar-en Skandal, aber das wäre " mir ganz gleichgiltig.« - Diana hatte sich von ihrem Stau nen noch immer nicht erholt. Sie sah - den Gepiickträger mit ihren Sachen da - vontraben und auf dem Perron stansd Charles uind streckte ihr lächelnd bei-de ; Hände entgegen. Sie lachte laut auf unto sprang in seine Arme. Und als er sie nun allzu zärtlich an seine Brust drückte, flüsterte sie leise: »Nehmen Sie sich in Acht, sonst den ken die Leute womöglich, wir wären - gar nicht verheirathet....« Aus Diana und Anatole de Brassac ist nie ein Paar geworden, aber ganiz t Paris war aufs höchste überrascht . als man ein halbes Jahr später et suhr, daß Diana und Charles Rosan — - in aller Stille einen neuen Ehebtmtd ; stichka Wen »