l » Uniernt Schnee. . We von G. F. streit. Lin Pakt von Hersteegen liegt der ,.dlendendtoeiße Schnee fast meterhoch. - An einigen Stellen, da, wo der scharfe Ostwind hat ankommen können, ist er zu hohen Hausen gejagt, so hoch, daß er die untersten Zweige der alten Pap peln berührt, welche die Hersteegener Vorfahren-vor zwei Jahrhunderten ge pflanzt haben, um das Herrenhaus vor den Winden zu schützen, die von der Ostsee her so häufig und so heftig über das hügelige Land fahren — früher alo anderswo. Die Pappeln haben ihre Schuldm keit gethan, sie haben das alte Haus geschützt, aber die Menschen in dem selben, die Nachkommen jener fürsorg lichen Herren, die haben ihre Pflicht vergessen. Das Erbe der Vater ist ihnen unter den lassigen weißen Hän den zerronnen. . Sie hatten einen Wald und einen Acker nach dem anderen verlaufen miis i sen: an die benachbarten Barwald6, an die nahe Stadt, an den Figkuex Der letzte Hersteegen hatte kein Geld mehr in den Truhen gehabt und keinen Platz mehr im Folium des Amtsgerichte. Da, Iris-ewig cie tieri, hatte er sich erinnert, daß er noch einen Edelftein besäße, einen Stein vorn reinsten, köst lichen Glanz. Es war sein Töchterlein, das damals siebzehn Jahre zählte-— Und eines Tages-der ’erfteegener war nach der Residenz ge ornmen, wo der Landtag zusammengetreten war — da nahm ihn sein alter Freund, der Kammerherr von Rewena, bei Seite derselbe, der sich 1870 ausgezeichnet hatte, nachher aber, als ihm die erste Frau gestorben war, ein wüstes Leben führte — und nach einigem Hin- und Herreden fragte er den alten Herrn nach seinem Edelstein; er, der Kam metherr, hätte sich gestern Abend an dem reizenden Kinde nicht satt sehen können. Der alte Hersteegen horchte hoch aus. —Sollte?——(.!s gingen allerlei Zahlen, Hypotheken, Güter durch seinen Kopf. —Dann sah er wieder den Kammer herrn an, dessen verlebtes Gesicht durch die jugendliche Begeisterung verschönt wurde. Genug, sie wurden einig, nachdem der Bewerber versprochen hatte, Her steegen nie zu vertausen, ein anderes Leben anzufangen-als ob das so leicht ware, wenn man die sünszig hinter sich hat!——und die kleine Frau aus den Händen zu tragen. Daß Keiner von Beiden aus den Gedanken lam, die be theiligte Dame um ihre Ansicht zu be fragen, war Vergeßlichkeit. Zehn Jahre gingen dahin. Der alte Hersteegen hatte bald nach jenem Land tag das Zeitliche gesegnet. Und von der seit an, als ob der verderbte Mann die ugen des Vaters doch gefürchtet hatte, sing der Kammerherr das wüste Leben wieder an, ja er trieb es toller, wilder, so daß er in wenig Jahren körperlich und finanziell zu Grunde gehen mußte. Sie aber, die wider-ihren Willen an seine Seite geschmiedet war, von der Heiligkeit auch solcher Ehe durchdrun gen, hielt an seiner Seite aus, wenn auch von Ekel über ein Treiben erfüllt, das ihre sittlichen und religiösen Ge fühle in jeder Stunde marterte. Sie hatte auch dann ausgehalten, als eg an persönlichen Beleidigungen nicht fehlte, als die Gläubiger sie fast täglich be lästigten, als eine todtliche Krankheit den Geist und den Körper ihres Gatten aufzulösen anfing. Sie war an seiner Seite geblieben; eine Sklavin ohne Willen und ohne Hoffnung, sie selbst auch eine Schwerkrante, krank an ge quältem, mißhandeltem Herzen. Nur Eins hielt sie noch aufrecht, nur in Einem besaß sie noch Willen Ihrem einzigen Kinde, ihrem Eben UUU, Uclll llclllcll Muth UUV THIS sci ner Väter zu erhalten, wenn auch mit Schulden belastet. Zie mußte es hart vertheidigen, o so bitterhart, noch in der Stunde, da sie neben dem Zarg dessen stand, der ihr alles Andere ge raubt hatte-. Ader, Gott sei Dank, sie hatte es vertheidigt. I O . Gerta von Hersteegem wie man sie nach ihrer Rückkehr in das alte Herren haus mit ihrem Madchennamen nannte, stand an dem hohen Fenster ihres klei nen Bibliotlsekziminero, das ihr zu gleich als Wohnzimmer diente, und schaute in tiefen Gedanken in den ver schneiten Park hinaus-. Er war schön, der Pakt von Herstee gen, das hatten die alten Fräulein ihr erst gestern gesagt, die aus dem Stist der Nachbarstadt zum Besuch gekommen waren, schön in seinem glänzend wei ßen Schneekleid, das wie Brotat in der Winters onne gl leerte-Ein Braut lleidP Also wie ein Brautkleid!—Sie schüttelte traurig den seinen, dunklen Kopf mit dem schweren, hoch ausge steckten Haarknoten Brautkleid mitten im Winter, wo Alles todt ist, still und todt? —- Woher kam doch der thörichte, ihr so seen, so unendlich fern liegende Gedanke? Sie strich mit den Fingerspitzen glat tend iider die Schlafen. Die alten Damen hatten sich über die weißen -— mindert, die dort über den kleinen hten ich durch das glänzende M.— Pack da vor ihr im . —- er war todt, still. —- Die W and die Mitte hatteu fasset-en Maske-Inn hatte der Wer mit Äiekseinem todten Ges se das Sie: rtam s ·s ab « —.·-(-s«--»w. W Ihr war auch ihre blühende Jugend, wie einem Baum e Blätter und Blüthen, abgerissen rden von einein harten, rauhen Hagelschlag Sie war till und ruhig geworden wie die osenstiimnie dort im Bostet unter dem hohen Schneeberg Sie hatte mit Allem abgeschlossen. Es lag hinter ihr, was jemals eines Wunsches, einer Hoffnung werth gewesen war. Sie war an diesen Strand geworfen; sie zreute sich, daß die Stürme da draußen eine Macht mehr über sie hatten, aber sie spürte nicht die geringste Neigung, sich in dem· Lande umzusehen, aus das sie sich gerettet hatte. Vor der Welt gerettet! Das war das Gefühl gewesen, das sie gehabt hatte, als sie vor zwei Jahren im Wittwenlleio ihren Einzug in dies alte Haus gehalten hatte und sie sollte noch einmal wieder hinausziehen in neue Stürme?-—Jhre sinnenden Augen schweisten iiber die stilke weiße Land schnit. »Und kommt nicht nach dein Winter, und ist er auch noch so hart, noch so bitterialt, wieder ein Frühling, ein Frühling voll lachender Hoffnung?« Sie schüttelte mit einem resignirten Ausdruck in dem schönen stillen Gesicht den Kopf. Sie wollte sich nicht noch einmal in diese Welt hinanswagen, aus deren wüstem Wirbel sie mit Mühe Und Noth Eines gerettet hatte: Die Achtung vor sich selbst. Die zwei Jahre, die Gerta Herstee gen hier abgeschlossen von der Welt nur der Erziehung ihres kleinen Kna ben gewidmet hatte, waren eine stille, friedliche Zeit gewesen. Zwar erin nerte sie sich, sriiher einen schrecklichen, wüsten Traum geträumt zu haben, einen Traum, in welchem geschniinkte, sreche Gesichter-, verwegene Toiletten, Jockehmützen und eine geballte, ins cherne Münnerhand und rohe Worte eine Rolle aesvielt hatten: dieser Traum war ausgetrtiumt, die wilden Bilder waren in dunkle Nebelschleier verhüllt, die das Vergessen milde über die Vergangenheit breitet. Jetzt, seit sie aus Hersteegen wohnt, war ihr zwar auch wie einer Träumenden, aber es war ein friedlicher, wunschloser Traum —wie die Erde ihn triiutnt da draußen im Pakt unter der ausgebreitetem slimnternden Schneedecke. Sie sah mit großen, sinnenden Augen aus das Schneeseld. Wunsch los? Wirklich wunschlosP Jst das wahr, Du junges Menschenkind? — Was predigen denn die seinen, hellen Spitzen an den langen PappelzweigenP Was arbeitet mit geheimnißvoller Kraft unterm Schnee, streckt winzige, zierliche, rosige Aermchen und Bein chen nach oben und unten und reckt sich und dehnt sich so wohlig, wie Dein kleiner Wulf es macht, am Morgen, ehe er ganz erwacht ist-—in seinem Leutchen-unterm Schnee? Die jun e Frau legt wie in Verwir rung beide ände an die Schlafen, da, wo sich die Silbersiiden durch dae dunkle Haar ziehen. Sollen diese weißen Fäden ihr helfen, das; sie es glaubt, was sie sich durchaus glauben machen will, daß ed Winter fiir sie geworden ist-site immer? »Ein Brief, gnädige Frau, von Herrn Hauptmann von Bärwald. « Sie hat den Eintritt ihres Verwal ters nicht bemerkt Er hat den Brief bereits aus den Tisch gelegt und ist ge räuschlas wieder gegangen. Die junge Frau wendet sich vorn Fenster ab und geht mit leichten Schrit ten durch das Gemach. Sie hat dabei etwas besondere Zierlichee in ihrem Gang, etwas Tastendes beim Aufsetzen des Fußes, alt-suche der Fuß sich jedes mal erst seinen passenden Ruheplatz. Sie lächelt leise, während sie io dahingeht; sie hat plötzlich daran ge dacht, daß der, welcher ihr heute schreibt, einst vor langen Jahren, als er noch ein hochausgeschossener Minia net war und sie noch halblange Kleider Oran- IZ - Ist-II- -Iuav Isaan ts- 00 gestehe-« ..»,, » .»... -... .»v,».. « Mädchen —- ihr itber ihre Art zu gehen etwas gesagt hats- Was war es doch gleich? »Sie ginge so ,t)atent,’ so wie seine Tauben, die mit dein schwarzen, glan zenden Häubchen ! « Wie lange war es doch her, seit sie ihn gesehen hatte? Zehn Jahre! Rich tig! Bei ihrer Trauung! Er war niit seinen Eltern eingeladen gewesen als Gutsnachbam Die alten Barwalds hatten fo finster aus-gesehen, so gedrückt, und waren auch gleich wieder aufge brochen, und er, damals ein junger Lieutenant, hatte so blaß neben dent Pfeiler in der Dorfiirche gestanden. Dann hatte sie ihn noch einmal ge sehen, in dem ersten Jahr ihrer Ver heirathung, auf einem Hofballz er hatte aber nicht mit ihr getanztund nicht mit ihr gesprochen, und sie erin nerte sich, daß ihr diese Thatfache weh gethan hatte. — Hatte sie sonst noch was von ihm in ihrer Erinnerung? Oh ja! Die ganze Jugend war eine einzige Erinnerung an den Freund jener fernen, sonnigen Zeit-Kinder thorhettenl Von ihnen Beiden längst vergessenl Zehn Jahre eines wüsten Traumes lagen da mischen. Sie reßte wie tm Schmerz die Lip pen zu ammen. Sie fühlte, es ging keine Brücke hinüber in jene Zeit der glücklichen, wolkenlosen Jugend. Sie öffnete den Brief. Er enthielt eine Korrespondenzkatte. Beide Seiten eng beschrieme -Gnitdige Franl Ich habe gestern meines Isnige Rock ausgezogen nnd gest-kennte ilein Landmann UgM ers angekommer n alte, liebe Den-, in dem Vater mit Mutter lange Jahre glücklich Men, WO«— » Y,-vu« lebt bebe, tret-paus, treppab gegangen, wie ich als Knabe that, wenn ich one den Ferien nach Hause kam, zweckloo, bis hinauf zum Taubenschlag, qlo müßte ich den alten Winkeln, den ber räncherten Balken, der Luft in dem lie ben, alten Hause sagen: Da bin ich und nun bleib ich!—— Jiun habe ich mich in meines Vaters Arbeitsziminer in seinen Sessel gesetzt nnd da meine ich ich sehe es deutlich: Vor ihm, vor dem Vater stehen zwei Kinder, der Eine bin ich nnd die Andere ist »Hei-to Gerste’ mit zwei kurzen, dicken, schwar zen Zöpfen und sie beschwert sich iiber ,Deinen großen, angezogenen Jungen, das Bärenkind, Onkel !’ Aber der Onkel hilft der Stlägerinnichtz er lacht und behauptet, ein Mädchen müsse einem dummen Jungen unter allen Umständen iider sein. — Soll ich noch weiter nach Reliquien suchen? Das ganze alte Haus ist voll davon. Jeder Winkel, jede Ecke erzählt ihre besonde ren Geschichten: Liebe, herzige oder tolle Kindergeschichten und von allen Wänden ruft ee scheltend nnd lichernd: Wo ist Herta GersteP Du Bäreniind, wo ist Herta GersteP-ES liegt ein so prächtiger, tiefer Schnee Wir wollen uns zueinander setzen und wollen · unterm Schnee nach den lieben, alten die Fäden da wieder an, wo sie vor zwölf Jahren so nndarmherzig zerrissen wurden. Gerhart von Bärwald.« Sie hatte das Blatt schon längst sinken lassen, da erst fand sie sich and der fröhlichen Jugendzeit wieder in diese Stunde lzuritck Von dein Kontrast überwältigt, esgte ie die weiße Hand, welche keinen Ring zierte, über die sie gegen Den, der sie in ihrer tiefen Pub- in ihr-»so stillen Tosen-me- stät-» in dern ich die löstlichste Jugend vers ( Geschichten graben. Wollen wir? Und wenn eo Ihnen recht ist, knüpfen wir « Augen, die ihr feucht wurden. Und ; dann kanr es wie eine Abneigung über · --s-s-, , --- ,---.. Jhre Züge waren wieder still gewor den, ihre Augen träumend, verschleiert. Die Hände glätteten wieder das Haar an den Schläsen In dieser Stimmung setzte sie sich hin und antwortete: »Herr Nachbar! Die alten Geschichten liegen unterm Schnee-! Requiescatl Der Frühling war kurz: es thut weh, an ihn zu den ken, der Sommer regnerisch: meine Augen reden davon. Der Herbst brachte schon Schnee: mein Haar sagt es mir. Jetzt ist«s kalt und tiefer Schnee liegt auf den alten Geschichten. Wenn Sie mir ausgraben hülfen——tliun Sie es « nicht, ich bitte Sie, Sie wiirden todte Erde finden, verweilte Blumen Wenn Sie kommen-und ich bitte - darum —- dann wollen wir nicht todte Reliquien betrachten, sondern wollen miteinander über die kleine Menschen- . bliithe, über meinen kleinen Wulf be rathen, aus dem ich so gerne einen ehrenfesten, ritterlichen Mann machte, wie Sie immer einer gewesen find. Kurz, ich will Ihren Rath in Anspruch nehmen, nicht Ihre Hilfe.« Sie wollte den letzten Satz wieder ausstreichen. Aber dann besann sie sich, mochte er gleich wissen, wo feine Schranken wären. Der Satz blieb stehen. Nun noch die Unterschrift: · »Herta Gerite.« —- Er sollte doch auch - nicht glauben, daß sie die alten Erinne rungen verachtete-. s . Als der vierjährfge Wuli Mitte Nachmittags zu Füßen seiner Mutter : eingeschlafen war, fiel derselben eine fieberhafte Rathe aus, die das lxiesicht ( des Kindes bedeckte. Als sie ihn aus seinem unruhigen Schlaf weckte, llagte der kleine Mann über »so heiße Haut,« wie er sich ausdrückte. Die Frau des Verwalters wurde gerufen und glaubte · zu erkennen, daß die Masern im Anzug ; wären; sie meinte, daß weiter nichts zu thun wäre, als daß der kleine Kör per möglichst gleichmäßig warnt gehal t-- -L- —h Aber tsierta konnte sich nicht dabei beruhigen. Zie befahl, das; Einer der . Leute sofort nach der Ztadt ritte, um den Hang-Irrt heraus zu bitten Un glücklicher Weife war in dir Dorf ifchenie irgend eine Tanzbeluftigung und ee war Niemand zur Hand als der alte Verwalter und einige Hoffnngen Die junge Frau trat vor die Thiir hinaus. Zie iiberlegte, daß nicht daran zu denken ware, einen der Anwesenden « in die Stadt zufenden. Der Abend « fing bereits an zu dämmern und die Luft war von dichtern, fallendem Schnee ; erfüllt, der von einem kalten Litwind « gejagt iiber den Wirthfchaftehof trieb - und an der Lange-fette des Viehhaufee i bereits im tollen Wirbel feine Walle - baute. Sie trat in’5 Hand zuriick, sah noch einmal nach ihrem stind und befahl dann, ihr Pferd vorzufiihren. Zehn Minuten fpater faß fie trotz aller Ein wendungen des Verwaltere im Sattel. Der tleine Lithauer, ein leichtes-, aber arti-dauerndes Pferd und von fei ner Heimath her mit tief verfchneiten Wegen vertraut, machte fich tapfer auf den We ; außerhalb der Hofgebitude, wo der g durch Gehölz geschützt war, verfuehte er, trotz des tiefen S,chnees einen fchlanten Trab, der ihm nicht übel gelan . So ging es eine Viertel- · ftnnde meist auf gefchiihten Wegen rafch vorwärts Ueber die Neiterin kam es wie ein Gefühl ruhi en, ftolke nSeibsfti « bewußtfein0. Sie reute , daß ie klaren Willen genug befesfen hatte, sofort du Nichtige zu erkennen nnd das als tat iErkannte auch tret alter indernsse durchzuführen Mvchte das chiek m i der alleinitehendeu stach-ach vie noch fordern-sie var( W W »Mens- its-neige ———— s- -.«v— » ier Stimmung doppelt recht gehandelt su haben, als sie dem Jugendsreund, der alte Bande um sie zu schlagen ver "uchte, heute Morgen schrieb: »Ich Drauche Nath, keine Hilfe.« . Die Reiterin athtnete auf, als sie Die breite Chanssee in einiger Entset-» iung vor sich sah. Aber gerade hier, vo der wenig besahrene Weg von Her "teegen mündete, waren hohe Schnee-; nassen von den nahen Koppeln herüber iber die un eschiitzte Fahrt getrieben» durch das vchneetreiben hindurch er-. Pannte Gerta, daß sich eine hale agernde, halb noch treibende Schnee-. nasse in einer Höhe von stellenweise swei Metern und in einer Länge bons iber hundert Metern bis zur Chanssee T sin ansdehnie « Die junge Frau biß sich aus die Lip -en. Ihre Wangen rötheten sich noch ebhaster. War es ein Gesiihl der Angst Ider war es Beschamung darüber, daß "ie fühlte, daß Verzagtheit und Angst eise an ihr Herz pochten? Aber was sals alles Zaudern?——Anfan S ging es sut vorwärts. Das kluge hier ver uchte durch kurze, hol-c Galoppspriinge Die weiche Masse nirderzutretem So sing es zwanzig, dreißig Meter. Sie oaren Beide sich einig, der Lithauer tnd seine schöne Reiterin. Sie waren Tich wohl gar zu einig, denn plötzlich iesanden sie sich von sesten Schnee nassen umschlossen, die bis an den Gurt des Pserdee gingen, die Gestalt Ier Reiterin aber verschwand in wehen rern Schneetreiben· Der Lithauer führte kein Glied. Sie schrie laut ans. ’ Und da kam es mitten aus dem Weg entlang durch den Schnee — ein mäch iger, hochbeiniger Rappe, welcher eine rreitschulterige Männergeftalt trug. Bon seinem Reiter hin und her ge enkt, bahnte sich das große Thier in» nachtigen, stoßweisen Sprüngen eine Bahn durch die weiße, ftiebende Masse. ; »Von-« Die junge Frau rief ihn laut mit dem Namen, mit dem sie ihn als Kind jenannt hatte. Ueberrascht wandte er sich seitwärts. Einen Augenblick war er vollständig Erwirrtz dann aber griff er doch ogleich mit starker Hand nach dem sion des Lithauers und seinem eigenen Bferd die Sporen gebend, riß er das indere aus der Bodensenkung heraus iuf den Weg. »Beisuchen Sie zu folgen l« Er bahnte sich einen Weg in der Richtung nach Hersteegen zurück »Aber ich wollte in die Stadt, zum Itzt, Wulf ist irant.« Er schien es nicht zu hören. Der charfe Wind und der dichte stiebende Schnee trieben ihre Stimme von ihm ib. Er wandte sich ein wenig Zu ihr zu rück: »Die Hilfe kam zur rechten sein« sagte er. Aue seinen grauen klugen spmch die große Angst, die er im sie hatte. Sie aber hörte nur das Wort »Hilse k« Scham und Trotz ver "chlossen ihr den Mund. Schweigend ritten sie nebeneinander Den Weg zurück, den sie gekommen var, ein Jedes mit seinen aufgeregten Gedanken mühsam beschäftigt Die junge Frau sah mit Augen, aus Denen bald Schmerz, bald Trotz schaute, n die stille, todte Landschoft hinaus. »Und hat er mich mit seiner starken Hand aus dem Schnee gerissen; er chafft doch die Schneemassen nicht weg, Die zwischen mir und meiner Jugend .iegen!« Sie sah verstohlen zu dein Reiter Jor ihr hinüber. Wie der Rappe so icher seine Sprünge that und dem «leinen Lithauer die Bahn frei machte! Oh- ja, dieser Mann mochte wohl Einem Weibe Schutz und Hilfe sein! Warum der große, schöne Mann wohl iicht geheirathet hattet-— »Nein,« schrie ee trotzig in ihr auf! .Dent’ an jede Stunde, die Du ver ebt imsti Faust kein-m Cis-Janus sci "oll mich irn Schnee lassen!« Sie waren in den Wald eingeritten. Dier trieb der Schnee nicht mehr; dicht, autloe nnd schwer wirbelte es durch einander. Barmald ließ fein Thier in Zchritt fallen und ritt jetzt neben Isierta. Ueber sein andatiernded Schwei ien verwundert, sah sie ihnfragend an. Jshre Augen begegneten sich. Bärwald fühlte, daß ihm dae Herz zu klopfen anfing und daß ihm die helle Röthe in Stirn und Wangen schoß. Er "agte fich, daß er diesen Augen jetzt Ebenso wenig als vor zehn Jahren ge vachsen wäre, nein, jetzt noch weniger, iachdent er zehn Jahre lang um diese Stunde gebangt und gehosft hatte. Er fühlte, das; es llar werden iniifse zwi chen ihnen. geht gleich! Er fah zu ihr hinüber, wie sie so still neben ihm dahin ritt, die Augen zeradeaus gerichtet, den Mund fest ge ichlossen Sie war ein wenig stärker ;ewo«rden, ein frauenhafter, weicher Zug lag in dem süßen Gesicht. Aber sonst war sie dieselbe geblieben. Selbst ihre Kleidung erinnerte ihn an die rJugend! Das kurze, mit schwarzem Pelz besehte Jacket und die niedrige, runde Pelzmliye. So hatte ersie früher nich gesegem die ganze, zierliche Figur rnit wei etn Schnee bedeckt, nur die klugen dunkel und das junge Gesicht mit frischer Nöthe bedeckt. Wie oft hatte fie so var seinen sagen gestanden, in den einsamen zehn Jahren, einsam um ihretwillen. Seine Stimme klang gepreßt, als er sich aufraffte und sagte «Ich danke herein Gesta, daß Sie meine kühnen e m heute Morgen so freundlich ecwideet haben-. Es End da Einiges in Ihrer Antwort, m mich tief traurig gemacht hat-— Imei Kindl« . --- is Er reichte ishr die Hand, in welche sie zagend die ihre legte. Unter seinen ehrlichen, treuen Augen thaute der Schnee um ihr Hers, ihre Augen sittl ten sich mit Thranen und ie senkte den dunklen Kopf So ritten die Beiden Hand in Hand durch den fallenden Schnee. Ihre Ju gend hatten sie mit großen, strahlenden Augen angesehen ; darum waren sie verzaubert. Sie hielten den leise herabsinkenden Schnee siir Blüthen bliltter, die einstens sie Beide herunter gefallen, damals unter den Apfelbau men, im Parl von Bärwalde, im Mai. »Darf ich sprechen, Gerta?« Sie entzog ihm leise die zitternde Hand. »Sprechen Sie,« sagte sie bebend in Sorge um ihn und sich selbst. »Darf ich Dir tagen, warum ich nach Bärwalde gekommen bin und was ich ietzt in Hersteegen wollte?« Sie sah ihn traurig an und sagte statt einer Antwort mit verschleierter Stimme: »Ich habe so unendlich Traurigee erlebt, Gerhart l« »Ich weiß ein« sagte er mit dump ser, grollender Stimme. »Aber was hat das mit dieser Stunde Zu thun?«· »Ich habe das Glauben und Hoffen oerlernt.« »Du bist ganz verbittertl Herrgott ! Was hat der Mensch aus Dir gemacht l« Es klang wie der Schrei eines todwuni den Thieres aus der erregten Männer brust. »Er hat auch meine Jugend ver nichtet, weißt Du das, Gerta?« »Ich wußte nicht,« sagte sie leise, »daß Du an mich dachtest.« »Armes Kind!—Dusollstmirsagen, Gerta, daß Du noch an ein Glück siir uns Beide glaubst. Hörst Tu, an ein großes Glück, das man nicht auereden kann. Du iollft mir sagen, daß Jener uns« wohl einige Jahre unseres Leben kllllocll lclllllc, llllcc Ulcyc Millllllcll llllc Liebe und Hoffnung.« Er hatte sein Pferd dicht an ihre Seite gelenlt, die still vor sich hin fah. »"«u haft mir noch heute geschrieben, fiir wen Du mich hältst. Ich weiß, Du traust es mir zu, daß ich Dich auf den Händen trage· Dein Glaube an mich ist nicht todt, aber der an Dein Glück, an Deine Jugend-« Er hob feine Hand und strich leise über ihre blaiie Wange: »Durste ich es früher thun, wenn Du einen kleinen Kummer hattest, so laß michs auch heute thun, da Dein ganzes sonnigea Wesen verkehrt ift.« Sie weinte still vor sich hin: »Mein Glück und meine Jugend und mein Glaube an die Liebe: A les liegt unterm Schnee, Gerhart.« »Aber unterm Schnee schläft der neue Frühling. Willst Du an ihn glauben?——— Jch will nichts weiter von Dir, als daß Du wieder ,Gerhart’ sagst, wie friiher und daß Du mich mit Deinen großen Kinderaugcn anfiehst—— wie friiher.« Sie reichte ihm freiwillig die Hand, nach der er die feine ausgestreckt hatte »Du sollst mir nicht allein Rath geben, sondern auch Hilfe, Gerhart Vielleicht, wenn ee Gott will, finde ich mit Deiner Hilfe den Frühling wieder-—unterm Schnee.« Sie setzte ihr Pferd in Trab. »Ich habe mein Rind, meinen Lieb ling vergessen,« klagte sie. Sie er zählte ihm, tvaesie zu dein tvaghalsigen Ritt veranlaßt hatte. Er hörte aufmerk sam zu, dann sagte er: »Wir reiten nach Hersteegeu zurück, das wir in zehn Minuten erreichen lönnem dort sehen wir nach, wie ed dem Kleinen geht. Jst Gefahr da, so reite ich sofort nach der Stadt. Dann bleibst Du bei Dei nem Linde. Das ist unter allen Unt ständen das Richtige-—« O Eine ViertelstitndT später beugten sic sich Beide itber das Bett dee gelei nen, der aus großen, verschlafeneu und erstaunten Augen abwechselnd Von dein Einen zum Anderen salz. Er touszte offenbar nicht, was er mit dem großen Mann anfangen sollte, der and freund lichem grauen Augen zu ihm hernieder ah. ,.Papa !« sagte er plötzlich, lacht-lud, daß diese von feiner Seele schon em piundene Lücke seines Daseins ietzt glücklich auggefiillt sci. Gerta beugte sich noch tiefer ans ihr Feind herab. »Es ist ja Onkel Bar, Tu llein’ dummer Junge, von dein ich Dir heute Mittag erzählte-« - »Mag aber teinen Onkel mehrt« behauptete er. »Ich auch nicht, Wulst« sagte Bar » wald mit stockender Stimme ; Der itleine hatte die weißen Acri-i chen um den Hals deriMutter gelegt fund bat sie schmeichelnd, nicht mehr zu s weinen, er sci jegt ganz gesund. « Sie sah mit schimmernden Augen in das kleine, rosige Gesicht, dat- in der That vom Fieber keine Spur mehr zeigte. Dann deckte sie ihn sorgfältig g- und ging mit dem Jugendsreund in S kleine Bibliothetzimmer hinüber Dort standen sie einander schweigend gegenüber. - »Sol! ich gehen, Gerta2-« »Für heute, Gerhart l« Er schwankte noch; dann beugte er sich ties über die kleine, zitternde Hand und vers wand durch die Portiere. Sie ab ihm mit sehnsüchtigen An Tage-a h Gli de n verging durchi re e r: »Meine süße, s ne Ju endi« Sie stand noch a, als e alte Ber tvalteeia leise hereintrat: Ein Gruß vom Herrn Hauptmann- Der Rappe var zu weit nach dem Rasen gekommen »der dumme Hossunge konnte ihn MA nicht i;alten; es liegt ja auch Alle - unterm Schnee. —- Da hat der Rappe die Erde bloß gewü lt und das soll ich Ihnen vom Herrn auptmann bringen und soll sagen: et hätte es gefunden, unterm Schnee.« Sie legte ein voll erbliihtes Schnee gliickchen in ihre Hand. Getta beugte tief den dunllen Kaps. » »Ist Gerhart —- ist der Herr Haupt smann noch draußen? . ; »Er kann noch nicht weit sein.« « Musen Sie ian zurück, Frau Niet sen, taschi« stundenlang beieinander und suchten idie alten Geschichten »unterm Schnee« s und langsam-—allmälig sing der Schnee z an zu schmelzcn nnd sie standen wieder Iunter den alten Apfelbaumen itn Bär xwalder Garten und die weißen Blit Ethenblätter fielen aus sie niederund sie Jliichclten iiber die« grauen Fäden an den »Schliisen und er sagte, es wiire Blüthen jschnee und es wäre warmer, sanniger Esunimonan » -—- « »—.»., Z Der entthroute Tvuossamm s Aus dem Reisebericht dee japanischen iSchriftstellers Sselilutschi, der im Ivorigen Jahre die ehedetn ganz und dann halb japanische, seit 1875 ganz kussische Insel Sachalin bereist und I seine Erlebnisse unlängst in der bedeu I tendsten japanischen Zeitschrift »Taijs« Iverösfentlicht hat, entnehmen wir die t Erzählung einer Begegnung mit einem alt-n Oliv-n chinnpbnkmwni die- ein-n Und dann saßen sie Hand in Hand ? g linteressanten Einblick in die früheren fund jetzigen politischen Verhältnisse i der Insel gewahrt. T »Ich lud auf Sachalin,« soschreibt ! Herr Sselikutichi. »eines Abends etwa szehn Ainos, Männer nnd Frauen, bei Linie ein; nnd nachdem fie gegessen nnd fgetrunien hatten, spielten einige auf iganz einfachen Instrumenten, und alle ls angen dazu, bald lustig, bald traurig. Da fiel mir besonders ein Greis ans, dessen Alter ich auf etwa 80 Fahre ,schiihte, denn er selbst wußte nicht, wie Ealt er war, und auch die Uebrigen wuß ten es nicht. Weil der alte Mann auf mich einen vornehmen Eindruck machte, fragte ich ihn nach seiner Vergangen . heit, nnd er erzählte mir: j »Ich war frirher der Tonosfama ItHerrfcher oder Hanptling) von dieser ! Insel nnd stand unter dem Tonofsama E in Matsnmaie idem japanischen Statt Ihalter von Hockido und den Kurilen), - der mich hier eingesetzt und Ulitfchi ge Inannt hatte. Von diesem Tonofsama vktvurbe ich lehr gut behandelt, er gab Imir Sake Meiewein und Speisen, so Eviel ich wollte, und ich hatte daher leine Sorge um mein Leben und stand Fbei allen, Schamae (Japanern) wie Ainos, in hohem Ansehen. So oft ich nach Matsumaje kam, wurde ich von» dem dortige-« Tonoifama stets in feier lichster Audienz empfangen. Jetzt aber ist alles anders geworden, seitdem Japan die Insel an Rußland (fiir die Rurilenl abgetreten hat, denn ich habe deshalb meine Stellung als Tonofsama verloren und bin jetzt ein gewöhnlicher Mann, man schätzt und ehrt mich nicht ; mehr, und ich muß felbst liimmerlich für meinen llnterhalt sorgen. Taran zeigte mir der alte Haupt ling eine feine Tabaldose nnd einen feinen Rock und sprach dazu: ,Diese Sachen habe ich vom Tonossama in Matsumase geschenkt bekommen, als · ich noch Tonossama von-Sachalin war·’ s Nachdem fang der Alte ein Lied, das erst «lnstig, dann traurig und dann wie XII-I lusllkch IKUUV ssllU LIIUU sU Uslslllu v L Zchainiy du lsasi nun erialireiiI Ein armer Arno Hi bin, Toch Tonoiiaina ir: .r ich tin Jahren, Beherrscher von Hachalun Tat- Iuareu noch glückliche Zeitenl Tit lierilichite ·.I»1iunneri(ltaar Mußte niich ftikndig begleiten, So oft ich ani Reisen war Dann heißt es weiter: drein Mensch will mich noch ehren, Seit ich den Nann verlor, Toch wollt’ ich iisn entbehren, ; Hatt ich’a nur wie zuvor. O häit’ ich’s nur wie heute, » Nur Sake nnd Tabal genug, ! Was schienen inich Land und Leute, Z Ter Titel auch, den ich trug! L Schaum du haft inir deut’ Abend l Verein-l das hiichfie Glück « Mit Tobak und Tale mich labend z Trost denk ich noch oft zurück Nachdem dies einfache Lied verklun gen war, wurde die ganze Gesellschaft noch viel lustiger als zuvor; und zuletzt gab es zwischen zwei oder drei vom Sake erlfitzten Männern einen Streit, der schließlich in eine arge Schlägerei ausartete, da die Uebrigen sich nicht einmischen wollten. Zuletzt kamen einige Frauen von draußen herein, prügelten voller Zorn ihre Männer durch und schlepptensie an den zeitigen Haaren nach Hause. »Das ist dort so landesüblich,« F schließt Herr Sseiiiutschi seine schlichte Erzählung Nuß als Düngemittel. Der Nuß sollte stets von Gartendesiyern ange amarelt werden, um die Gemisc und lumenbeete damit zu bestreuen; die damit verbundene Mühe wird durch erfiedigere Ernten, durch schöneres B iihen der Gewächse. sowie urch ein saftiger-es Grün des Nasens reichlich belohnt. Der Nuß befördert nicht nur das Wachsthum, sondern gibt den Pflanzen neue Triebkrast und vertreibt das Unqeziefer. Die Einwirkung des Nußes aus Schnittlauch istal ein bekannt. doch auch Erdbeeren, d e man im Winter damit bestreut hat, treiben gut und dringen größere Feindin