Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, November 06, 1896, Sonntags-Blatt., Image 16

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    W
- Nathan-.
Von Reinhold Ort-nann.
»Gott sei Dank, daß man endlich
wieder Berliner Pflaster unter sich
spürt,« sagte der Rentier August West
phal mit einem Seufzer wohligen Be
hang als die Gepäckdroschte sich vom
StettinerBahnshof aus rasselnd und
rüttelnd in« schneckenhaft eilige Bewe
gung setzte. Untd die treue Gattin asn
seiner Seite fügte nach einem geradezu
demonstrativen Ausatshmen hinzu:
»Ah —- und die Lust! Es ist eine
wahre Erquickung, mal was Anderes
zu riechen- als Seetang uwd Fische.
Finsdest Du nicht auch, Grete?«
Fräulein Margarethe Westphal fuhr
erschrocken aus dem träumerischen Sin
nen empor, in das sie fast während der
ganzen Eisenbahnfahrt Versunken ge
wesens war.
»,Ja Mama — ich glaube —- wenn
Du· mein —'·
Ihr dreizehnjähriger Bruder Karl
wher, der unter vielen anderen vor
trefflichen Eigenschaften auch die Ge
wohnheit hatte, seine Stimme gerade
dann erschallen zu lassen, wenn Nie
mand in seiner Umgebung es erwartet
oder verlangt hatte, kam ihr zu Hilfe,
indem er nach sehr vernehmlichem
Schnuffeln bestätigte:
»Wirklich, hier riecht es mehr nach
altem Käse. Aber das is jrade was
Schönes."
»Halte den Mund, bis Du gefragt
Wirt-ji« donnerte sein Erzeuin Du
hast mit Deinen Rüpeleien wahrhaftig
auch Deinen Theil dazu beigetragen,
mir diese Sommerreise gründlich zu
bekleiden. Und es wird hohe Zeit, daß
Dein Ordinarius Dich wieder gehörig
unter die Fuchtel nimmt. Du warst
ja schon auf dem besten Wege, ein —
ein — ein richtiger Strandläufer zu
wer-den«
Karl zog den Kopf zwischen die
Schultern und dachte eifrig darüber
wach, welcher gemeingefäbrlichen Men
schengattung wohl ein ,,Strandläufer«
beizuzäblen sein möge. Fräulein
Margarethe versank wieder in träume
risches Grübeln, und es wäre eine sehr
schweigsame Fahrt gewesen, wenn nicht
Herr und Frau Westphal immer neuen
Anlaß zu Aeußerungen des Entzücken-I
iiber die lang entbehrten Reize ihrer
gelizbtien Vaterstadt gefunden hätten.
Der Anblick einer Straßenfegemaschine
stimmte sie beinahe weich, und als sie
dann endlich die elektrisch beleuchtete,
mit Kokosmatten belegte Treppe zu ih
rer Wohnung emporstiegen, da würde
Awguft Weftphal sicherlich im Ueber
schwang freudiger Bewegung die
die schimufende Gattin an seine
Brust gezogen haben, wenn nicht die
beiden Hawdloffer, die Hutschachdel
und die Plaidtasche, mit denen- ihre lie
bevolle Fürsorge ihn bepsackt hatte, sol
che Zärtlichkeiten gebieterisch verhindert
hätten.
Karl war natürlich vorausgeeilt,
unzd aus der Höhe des dritten Stock
werks klang es jetzt ivon seinen Lippen
herab: «
»O jemine, eine EbwnpforteL Feh
len blos noch die weißgewaschenen
Jungfrauen und die Stadtverordneten
mit der goldenen Amtskette!«
Frau Amalie aber stanrd sprachlos.
Eine Guirlande aus griuven Latinen
--:k--- ....-..-s-.-k- Ut
III-Ists Ulsclsusschsk Ucc Psulpcllk Mc GLI
gentshür und hoch oben war in weißen
Buchstaben auf einem knallrothen Pa
piekschildchm zu leer
,,Herzlich willkommen!«
Jhsre Augen wurden feucht, deren
gerade bei Jettem deren schnippisch-e
Art ihr schon so manche böse Stunde
bereitet, hätte sie so viel rührende Liebe
unsd Anhänglichkeit nimmermehr ver
muthet.
»Sieh nur, August! —- Dafür hat
das arme Mädchen sei-ne sauer erspar
ten- Gtoschen ausgegeben! Wir wollen
ishr statt der Jetbroche und des Mu
schelkastens doch lieber den .Bernstein
schmuck geben, den wir für Taube Pul
vermacher mitgebracht hatten. Nein
— eine so sinnige Ueberraschung!«
Auch August Westphal war tief er
griffen, und J-ette, die in Mitben
weißet Tänsdelschiirze freutdeskrsahlem
den Antlihes ihre heimkehren-soc Herr
schaft empfing, wurde für ihre zarte
Aufmerksamkeit mit Händel-rücken und,
Magmigen reich belohnt Der
M der langen schmerzlichem
Trennung von ihrer »Madame« schiens
Werde-unt in geradan lowwderbenrerr
Mc EIN-lich auf Jette eingewirki
M haben. Von der vorlautms Drei-;
sie-M die svnsi den betvvtstechendsienk
Zug ihres Wesens ausgemacht hatte i
nms nicht-L aber auch rein nichts mehr-i
irr ihrem W. Ein- woblkbuml
W Hauch sonst-er Demnib lau viel-;
Wäldersllenhwassiespmchmrd
F fi- I
that. Ganz so, wie sich Jette an die
sem Abend aufsiihrte, hatte Arnalie
sich immer das anscheinend unerreichte
Jdeal eines Dienstmädchens ausge
malt.
Und wie blitzblsank es in der ganzen
Wohnung aussah! Das arme Mädchen
mußte Tage lang mii Aufbietung aller
Kräfte geputzt und gescheuert haben,
um diese musterhafte Ordnung, diesen
wahrhaft berückenden Glanz zu erzie
len. Ein sinniges Lächeln war auf
Frau Amalienstntlitz, als sie von
ihrem ersten Rundgang durch die Woh
nung in das Speisezimmer zurück
kehrte.
»Gib mir den- Schlüssel zu dem gro
ßen Koffer, August,« sagte sie, und als
die treue Dienerin des Hauses sich dis
iret zurückziehen wollte, fügte sie mit
einer gewissen Feierlichkeit hinzu:
»Nein, bleiben Sie noch, Jene! Sie
sollten es zwar erst morgen ha
ben; aber jeder Arbeiter ist seines Loh
nes werth, und was man thun will,
das soll man bald thun.«
Jetie schien vor freudigem Schreck
einer Ohnmacht nahe, als ihr die von
Bernsteinperlen zusammengesetzie Bro
che mit den« dazu gehörigen riesengro
ßen Ohrgehängen goldhell aus der
weißen Pappschachtel entgegen leuch
tete.
»Ach, Madame, das ist ja viel zu
schön fiir mich — das kann ich ja gar
nicht annehmen! — Nein, wirklich —
so was tragen doch nur die feinen
Damens.«
»Jch freue mich, daß Sie es zu wür
digen wissen," meinte Frau Westphal
sehr gnädig, und ihr Gotte ergänzte
nicht ohne einen gewissen Nachdruck:
Der Bernstein ist nämlich echt! Sie
können sich selbst davon überzeugen.
Wenn man ihn reibt, wird er elek
trisch.«
»Auch noch elektrisch!» sliisterte Jet
te. »Nein, es ist zu schön! Ich kann
diese Nacht gewiß kein Auge Zuthun
vor lauter Freude.« «
. Sie küßte der Madame die Hand,
reichte dem freigebigen Gebieter treu
herzig die arbeitsharte Rechte und zog
sich mit ihrem Kleinod aus den Häng e
bodew zurück. Herr August Westpbal
aber sagte, als er sich bald nachher in
dem ehelichen Schlasgemach voll süßen
Behagens in den weichen Kissen
streckte: s
»Weißt Du, Amalie —- dieser Dot
tor Hellwig war mir sonst nicht sehr
shmpathisch—irtEinem aber, glaube ich, «
hatte er doch Recht. Als ich ihm klag
te, daß ich mich eigentlich während des
ganzen Seebadeausenthalts nicht recht
wohl gefühlt hätte, meinte er, das hätte
nichts zu bedeuten —- die Hauptsachek
wäre die Nachtur zu Hause· Und es
muß wohl so sein. Jch fange schon an, Z
die günstige Wirkung aus mein Besin- «
den zu spürenZ s:
»Weil Du hier Dein-e Ruhe und
Deine Ordnung hast, August, und Dich
iiber Nichts zu ärgern brauchst. Aber
was diesen Doktor Hellwig anbetrisft, I
so hättest Du ikm doch vielleicht nicht
so schroff behandein sollen. Er wars
ein« ganz nett-er Marsch, und vielleicht
hatte er ernstliche Absichten «
»Ehe-a deshalb!« brummte Augustj
Westphal. »Ich kann diese geleckteni
Dem-»A- westk De UZIÄOIIOI um«-« ZÅ II
------- Wis--,-,qs--q-v
danke mich für einen Schwiegersohn, s
der nicht ’mal Slat spielen kann Es O
war die allerhöchste Zeit, daß wir ab
reisten Grete machte ja schon ganz
verklärte Augen, wenn der blonde .
Schnur-hart des Herrn Doktors aus!
der Bildsläche erschien!«
»Wenn sie ihn nun aber wirklich
liebt, August! Man hätte sich doch
wenigstens unter der Hand nach seinen
Verhältnissen ertunsdigen lönnen.«
»Unsirrn! —- bei ihren achtzehn Jah
ren wird sich schon noch was Besseres
für sie finden. Und nun gute Nacht, .
Arnaliet Ach, es geht doch nichts iiber
eine gesunde Müdigleit und ein gutes
Bett! Jch denke einen langen Schlaf
zu thun, denn dieser Badereise Qual
war groß.«
Das Licht im ehelichen Schlafge
mach erlosch, und Frau Amalie, die
aus irgend einer räthselhasten Ursache
den ersehnten Schlummer nicht zu sin
den vermochte, wartete in stiller Erge
brmg aus den Moment, wo die wohl
bekannten kraftvollen Schnarchtöne die
nächtliche Stille angenehm beleben
würden« »
Aber sie wartete umsonst. Ruhelos
wälzte sich Herr August Westphal auf
seinem weichen Lager, und halblaute,
unchrsistliche Verwünschimgen kamen in
immer kiirzeren Zwischen-räumen von
seinen Lippen. Wohl eine Stunde oder
mehr mochte aus diese Art bereits vers-«
stritt-m sein« da duldete es die zärtliche
Gattin nicht länger m ihrem mthätis
gen Schweig-m
«»Augu«ft,« fragte sie leise, »ist es Dir
auch so merkwürdig? — Mein Gott,
es wird sich doch nicht so was bei uns
eingenistet haben-? Das wäre ja schreck
lich!«
»Hol’s der Teufel, Amalie —- aber
ich glaube, es ist so. Seit unserer ita
lienischen Reise habe ich solche Qualen
nicht mehr ausgestanden Wenn- es
welche sin-b, sind es wenigstens tau
send.«
Frau Westphal stieß einen Schrei
des Entsetzens aus, und in derselben
z Minute noch hatte sie die Kerze wieder
Hangeziindet Wie gräßliche Entdeckun
Jgen ihr auch immer bevorstehen moch
» ten, diese furchtbare Ungewißheit konn
te sie nicht länger ertragen. Eine hoch
nothpeinliche Untersuchung begann —
und, wahrhaftig! Frau Amaliens
schlimmste Befürchtungen blieben weit
zurück hinter der grauenhaften Wirt
lichleit. Es waren wirklich »welche«
und ihre Zahl war nicht gering.
»Dann tann nur die Fette-schuld
sein. Aber was in aller Welt mag sie
nur angestellt haben? Und was sollen
wir jetzt anfangen? Diese abscheuli
chen Thiere werden uns keine Minute
Schlaf gönnen — es ist ja, als ob eine
Hungersnoth unter ihnen geherrscht
».hiitte.«
f Herr August Westphal bemühte sich
; seine verzweifelte Gattin zu trösten,
» obwohl er selber sich begreiflicher Weise
keineswegs in der rosigsten Stimmung
» befand. Er versprach, in aller Herr
gottsfriihe den berühmten Kammeer
ger kommen zu lassen — es koste. was
-
c
f
es mone, und das nächtiiche Arme-unt
endete damit, daß sich das bedauems- z
Ehepaar eintdeilen vor der Uebermachts
ider Feinde zuriictzog um sich für denj
Rest der Nacht im Wohnzirnmer einzu- i
richten, so gut oder so schlecht es dass
fteiflehnige Renaissance- Sopha und dies -
kurze Causeuse eben gestatten wollten-. s
Das strenge Verhör, dem Jette am?
nächsten Morgen unterworfen wurde,l «
verlief natürlich ohne jedes Resultat. s
Ein Kindlein von vier Wochen tonntes
nichts ahnunasloser und unschuldiger;
sein als sie. Sie hatte das Schlafzim- å
mer der Herrschaft nur betreten, um ess
zu lüften und zu reinigen Und wie’
sie es gereinigt hatte! Nein, wenn «
Madame wirklich »welche« gefunden
hatte, so mußten sie durch ein Wunder
aus dem Nichts entstanden sein, oder l
der Wind hatte sie durch’s Fenster her
eingetveht.
Frau Amalie sagte nichts weiter,
aber ihre Stirn blieb umwöltt, und et- ·.
was wie schwüle Gewitterftiminung !
lag demzufolge über dem trautenit
Westpa-hl’schen Heim. Fräulein Mar
garete hatte heftige Migräne, wie sie q
auf die väterlichen Ertundigungeni nach 1
der Ursache ihrer vermeinten Augen
versicherte, unid Karl kehrte um die l
Mittagszeit mit zerrissener Jacke und (
einer start oerschwollenen Nase aus der
Schule zurück —— den Folgen einer
freimdschaftlichen Auseinanderseszung s
iiber die Vorzüge der verschiedenen 1
Sommerfrischen. in denen die herren
Unter-Tertianer ihre Freien verlebt l
hatten. Zum Diner gab es Brühtar
tosfeln, wie immer, wenn Frau Arnalie
ihren schlechten Tag hatte, und als sich 1
Herr August Westpahl nach dem Essen s
in sein »Arbeitszimrnn«· zurüong, 1
IWL Is- lll Ocpug Uus Ul( Hulclclgcll41
Wirkungen der heimathlichm »Noch
l«ur« schon viel weniger zur-ersichtlich
als am verflossenen Abend.
Und es verbesserte feine Laune nicht«
als er in der Kiste, aus der et sich zur?
Auffrischung seiner etwas gedrückten
Lebensgeisier eine Sonntags-Cigarre
hatte vergönnen wollen, nichts mehr
vorfand, den-n eine trostlose, gähnende
Leere. Und er hätte doch schwören
können, daß sie fast noch voll gewesen «c
war, als er abreisie. Seltsam für-;
wahr, höchst seltsam! Denn daß Jet«te« ! «
die erklärte Männerfeindin -—— nein, es H«
war unwiirdig, angesichts der Grüqu
lande und des herzlichen Willkommens h
auch nur ein-e Selunde lang lolchentk
fchwarzen Verdacht zu hegen. Wo sie
nur geblieben fein konnten? Und sieI
hatten 400 Mark pro Mille gelosiett
eine angenehme Ueberraschung war es
immerhin nicht.
Mii einem Gefühl allgemeiner Zer
—--—- -s—
schlagenheit in den Gliedern streckte sich 4z
here August Westphal auf die Chaise
longm, und eben hatte die holde Göt
tin der Träume ihn sanft in ihre Arme
genommen, als die Thin des Zimng
recht ungesiüm aufgerissen wurde, und
ein-e wohlbekannte Stimme mit etwas
scharfem Klange den Schlummernden
ausschreckte:
»Mir das sind Deine Bezirks-Ber
elnisitiungens nnd Deine Mahlber
lammlungens —- Dn solltest Dich
schäme-il In Haufe machst Du ein
Gesicht als Mundes Du nicht drei jäh
len irr-d draus-n spielsi Du den Wüst
e
l
A
l
- —
to
—A-—-«-t
I—
—
ling. Es ist« unerhört! Ein; alter
Mann, der vielleicht über’s Jahr schon
Großvater ist! Willst Du, daß ich
mich von Dir scheiden lasse — fiins
Jahre vor unserer silbernen Hochzeit?«
Herr August Westphal rieb sich die
Augen, und in diesem Augenblick sah
er wirklich so aus wie Jemand, dem
das lleineEinmaleins ein nun-gründ
liches Näthsel ist.
»Erlaube 'mal, Amalie — Wüstlintg
—— was willst Du damit eigentlich sa
gen?«
»O, stelle Dich nur nicht obendrein
unschuldig! Wer den traurigen Muth
hat, hinter dem Rücken seiner FrauOt
gien zu feiern, der soll auch den Muth
haben, es offen einzugestehm Dein
Leugnen würde Dir außerdem nichts
mehr helfen. Du hättest die Koupons
oon den Eintrittslarten nicht so sorg
fältig aufheben dürfen, wenn ich Dir
nicht hinter Deine Schliche kommen
sollte. —- Da, sieh’ nur gefälligst her,
Du Reue: Schippanowsly’s Weltmu
sii —- sionzert de Noblesse —— Academy
of Music! — Sogar bei den III-howev
Amazonen im Panoptitum bist Du ge
wesen— Natürlich —- die sollen ja auch
blos mit ein paar Perlschniiren und ei
ner Lanze bekleidet sein. Jn solchem
Kostiim kann ich hier freilich nicht her
umlaufen-« -
»Der Himmel derbiite es, Amalie!
Aber was zum Teufel soll den-n der
ganze Unsinn bedeuten? Wie kommst
Du zu den Papiereren da? Und
mag habe ich damit zu schaffen?«
»Wie ich dazu komme? Jn der Ta
sche Deines schwarzen Gesellschafts
PAXOE hob Hefe It est-sinkst .«-72 ZJQ ZE
-- --·, sss v-- san-s- , as
nachsehen wollte wegen der Motten.
Denn davon, daß Jette das Zeug wäh
rend unserer Abwesenheit alle acht Ta
ge auggetlopst hat, wie sie behauptet,
glaube ich selbstverständlich kein Wort.
Du mußt es in der letzten Zeit vor uns
serer Abreise ja wirklich recht hübsch
ietrieben haben ——— Du —- Du —— Ca
ianova!«
Herr August Westphal sagte tein
Wort; aber nachdem er drei Mal mit
starken Schritten das Zimmer durch
nessen hatte,riß er die Thür aus und
rief mit Donner-stimme auf den Kor
ridor hinaus:
»Henriette!«
Lächelnden Antlihes stellte sich die
setusene ein.
»Ja wohl, Herr Westphal —- womit
Eaim ich —«
»AnttvortenSie mir aus meine Fra
;en! Wer hat während unserer Ab
vesenheit in unseren Betten geschla
’M?«
»Herr Westphal, —- ich will doch
gleich auf der Stelle todt hinfallen,
verm —'«
»Wer hat während unsererAbwesen
yeit meine theuersten Cigarrens ge
-aucht?«
»Herr Wescphal, ich schwör-e Sie-«
»Wer hat während unserer Abwe
enheit meinen schwarzen Gesellschafts
vck getragen?«
»Hm Westphsb fv wahr ich biet
yor Sie stehe —«
»Amalie —- hole die Polizeik«
Das hatte gewirkt· an herzerschiit
erndes Geheul ausbrechend bequemte
ich Jette zu einem Geständniß. Sie
yatte ,,Logirbesuch« gehabt; ihre ver
Heirathete Schwester aus Zossen war
n Begleitung ilyres Gatten nach Ber
in gekommen, um sich die Gewerbe
Iusstellung anzusehen und Jette hatte
s für ihre Pflicht gehalten, ihnen
ürstliche Gastsreundschclft zu erwei:
en. Alles weitere ließ sich leicht erra
ben
Frau Amalie war erst ein paar Mi
iuten lang sprachlos-. Dann deutete
te mit einer wahrhaft löniglichenGeste
zuf die Thür.
»Hinaus! —- Sie ziehen morgen,
»der sobald ich eine Andere habe! ——
lus Zossen also stammen die Biester!
lla ja, dann wundert es mich nicht,
saß sie»so verhungert waren. — Und
Dir haben dieser unverschämten Person
inen echten Bernsteinschmuck mitge
-racht!«
Da wandte Jette, die schon aus der
Schwelle stand, ihr thräneniiberström
es Antlitz noch einmal in’«s Zimmer
uriick:
»Den Jux können Sie gerne wieder
riegen, Madame! So was trägt
seutzutage doch kein Mensch mehr —
md mit das Elektrische, das is auch
ploö Mummä!«
«Hinaus!« den-werte Herr August
Besile —- und Jeiste verschme
Frau Amalie«enizog sich durch einen
lebten Nervenansall der nun-named
wen Nothtvendigkeit, ihren Gatten we
ken des falschen Verdacht-» und Ent
chukdiauna zu bitten; aber sie wagte
s auch nicht, Einspruch zu erheben,
ils er am M erklärte, daß die Ge
ellschast zweier an Migriine leiden-der
— T AJ
Damen. ein-es maulenden Wir-süd
chens und eines wegen »der verschmol
lenew Nase beständig schnaufende
Jünglings selbst bei den allerbeschei
densten Ansprüchen nicht sehr amüsant
zu nennen sei, und daß er es deshalb
vorziehe, sich in seine Stammkneipe zu
begeben. Für heute mußte sie ihm
schon wohl oder übel durch die Finger
sehen-. Der erschlichene Ausgeheabend
ließ sich ja ein andermal wieder in Ab
zug bringen. —
Freudig bewegt schüttelte August
Westpbal den lang entbehrten lieben
Freunden am runden Stammtisch der
kleinen traulichen Weinstube dieHände.
»Kinder! Mag man- sagen, was
man will in Berlin ist es doch am
schönsten-, und das beste an so einer
Sommerreise ist die Nachiur zu Hau
se·"
Der lange dürre Oberlehrer Grie
penkerl s- eigentlich hatte ihn August
Westphal nie recht ausstehen können
— lächelte spöttisch.
»Vielleicht für behäbige Philister,
denen die Bequemlichkeit das höchste
aller irdischen Güter ist,« sagte er mit
handgreiflicher Anzüglichteit· »Wer
wir unsereins seine kargegg gggggggg
wie unsereins seine karge Muße dazu
verwendet, die Kräfte des Geistes und
des Körpers zu stählen im unaufhör
lichen Kampf mit der Gefahr, der kehrt
ungern genug in das Getriebe des
niichternen Alltagslebens zurück.«
Griepenkerl war ein « Alpenfex und
er hatte an diesem Abend schon lange
mit Sehnsucht aus die Gelegenheit ge
wartet, seine gesahrvolle Besteigung
her- Qtniiffiemeeshibp »k. Grösse-»
s----, su
Dem arinen, ahnungslosen Westphal
war es Vorbehalten gewesen ihm diese
Gelegenheit zu verschaffen, und unaus
haltsam brach nun die lebendige Schil
derung jenes verwegenen Kletterunter
nehmens aus die Stammtischgenossen
herein.
Herr August Westphal war sonst ein
geduldiger Mann und den Ruf eines
Helden hatte-er eigentlich nie erstrebt.
Heu-te aber verdrossen ihn die Renom
»mistereien des langbeinigen Oberleh
trers und der ,,behäbige Philister« srasz
Hso lange an seinem Herzen, bis er sich
in einem schwachen Augenblick verlei
ten ließ zum ersten Mal in seinem
tLeben einen wirklichen Schwindel zu
risliren·
»Alle Achtung vor Jhren Klimm
stünsten, Herr Oberlehrer, und meinet
wegen auch vor Jhrem Muthe! Aber .
was ist siir die Welt damit gewonnen,
Iwenm Sie wirklich mit Müh und Noth «
aus so einen Dolomiten hinausgeirm
Ixelt sinds Da darf ich mir doch das
iZeugnisz ausstellem daß ich meinen .
Vorrath an Kourage besser angewendet
habe «
I »Wieso denn?« hieß es von verschie
denen Seiten, »was haben Sie denn in
Ihrem Ostseebade Großes gethan?«
»Was ich gethan habe? — O nicht
Viel! —— ich habe nur einem Menschen
mit eigener Gefahr das Leben gerettet
einem jungenManne, der sich beim Ba
den zu weit hinaus gewagt hatte, uns-d
ider ohne mich unfehlbar ein- Kind des
Todes gewesen wäre.«
»Piccolo!« krahte der abscheuliche
GriepenterL Das größte Tranchiv
smesserl herr Westphal will aufschnei
M «
I Jeht gerieth der Rentier, der seine
unre- angetastet fuhlte, m Hitze.
»Wie können Sie sich unterstehen,
an meinen Worten zu zweifeln? Jch
will Jhnen sogar den Namen des Ge
retteten nennen. Es war ein gewisser
.Doltor Hellwig aus — aus -———«« «
s »Aus Frankfurt am Main! — Ja
wobl, meine Herren —- ich kann Jhnen
die Erzählung des Herrn Westpbal be
stätigen, denn ich selbst bin der Glück- «
liche den er todesmutbig den bransden- »
den Wogen entrissen.«
Und der hübsche jungeArzt nsit dem »
martialtschen Schnurrbart verbeugte
sich lächelnd gegen die erstaunte Tafel-—
run«de, um dann seinem »Netter« voll
warmer Herzlichkeit beide Hände ent- ,
gegen-zustreclen. Und Herr August
WestpbaL wenn auch von der Gefahr
eines Schlagslusses nicht allzu weit
entfernt, ließ nach diesem schrecklichen
Augenblick willenlos alles mit sich ge
schehen Er lauschte aus die abenteu
etliche Geschichte, die Dr. Hellwig von
seiner tollliibwen Rettungsthai erzähl
te, bis sie ihm am Ende gar nicht mehr
so tmglaublich vorkam —- er liess sich
mit Würde von seinen Stammtischs
steunsden beglückwünschen —- gewiilyrbe ·
dein zweifelziichtigen Griepenlerl der
zsich betreten entschuldigte großmütbig
seine Verzeihung und traktirte schließ
lich die ganze Tafelnmde mit Cham
wann-— Kupfer-Eos Gold
----·----—----——-—
s Als er lange nach Mitternacht am
I I M
Arm des »Geretteten«, etwas unsichevensgi
Fußes zwar, doch in gehobmsterSti -
mung seiner Behausung zuschritt )
meinte er jovial:
»Und nun, Sie Windbeutel, sagen
Sie mir endlich, ob es wirklich nur
reiner Zufall war, daß Sie wie ein
Geist gerade in meiner Stammkneipe »
auftauchen mußten Sollte da nicht ;
vielleicht ein gewisser vorwiyiger Back- "
fisch seine Hände —- "-·««
»Herr Westphal — in solchen Ange
legenheiten ist Distretion Ehrensache.»J-E«
Wenn Sie mir aber giiiigst gesiatt
wollen mich morgen- persönlich nass·
dem Befinden der Damen zu erkun«
gen —« -
»Ach so, nun fange ich an zu
stehen: das soll die Nachtur sein, v
der sie sich so viel versprachent Jch ha
te das Wort nur falsch geschrieben
Na, kommen Sie in Gottes Namen -
und richten Sie sich so ein daß Sie zu; ;
Tisch dableiben können-Guten Mor
gm!« (
.-.-.—-- -
Weibliche-r Toilettcnsmn.
Adam: ,,Eva!"
Eva: »Liebe-r Mann?« »
Adam »Du bist heut’ so nachdent J
Adam: »Doch2 Doch! Jch kenne
Dich Ia! Du siehst gerade so aus, wie «
eine Frau, die einen Wunsch auf dem -«
Herzen hat. «
Eva: »Was sollte ich denn wün-— ,-—.·-·
Adam: »Ja, eigentlich sollte ma E
meinen, daß Du hier Alles hast, was
man wünschen tann.«
«k!va: »Na also!"
Adam: »Zuerst hast Du mich.«
Eva: »Ja, ja, ich weiß.« «
Adam: »Dann hast Du ein-en geo
ßen Garten fiir Dich ganz allein, da.
kannst Du spazieren gehen, so viel Du.
willst, ohne Furcht, Herren zu treffen
die Dich ansprechen.« "
Eva: »Das ist wahr.« -;«
Adam: »Die ganze Natur ist fiir
Dich da und giebt Dir fortwährend «
Feste; die Sonne scheint fiir Dich, für
Dich erglänzen die Sterne.
Eva: »Ja, ja!«
Adam: »Wenn die Vöge« singen, für
Den schmettern sie ihre Kadenzen und
flöien sie ihre TremoM Fiik Dich ———«
nicht wahrs«
Eva: ,,Fteilich!« «
Adam: »Wenn die Blumen blühen,
für wen schmücken sie sich mit den zar
testen Farben, fiik wen hauchen sie die
lüfzefien Düftae aus? ——· Fiir Dich!«
Eva: »Allerdings!« -
Adam: »Für wen sind die Früchte
"o saftig und das Gras so weich?«
Eva: »Gewiß!«
Adam: »Na alfo! Was fehlt
Dir denn noch?'«
Eva: »Foe«che nicht weiter». Du
iindeft es nicht« «
Adam: »Siehst Du! . · . . Also fehlt
Dir doch was?«
Eva: »Nun denn —- ja!"
Adam: »Und was, wenn man fra- »
gen datf?« -
Eva: »Sieh’ mich doch einmal an!« «
Adam: »Nun gut, ich seh’ Dich an. ;
Ich bemeriet Nichts«
Eva: »Das ist es ja eben.«
Adam: »Was genirt Dich denn an »
deinem Aussehen?«
Eva: »Daß ich nackt bin.«
Adam (entrüsiet): »Was, bist Du »
Irüde?« -
Eva: »Nein, durchaus nicht. Aber
find-est Du es nicht furchtbar dumm
siik eine Frau, immer ins demselben Ko
tiim hetumzugehen? Besonders, wenn
es keins ist?«
Adam: »Nicht im Geringsten.«
Eva: »Fin«dest Du denn nicht, daß
richts mehr zu wünschen übrig bleibt, «
venn man Alles zeigt?«
Adam: «Jchversichete Dich....«
Eva: »Laß! laß! Jch hab’ meine
tun-z bestimmten Jdeen darüber, und
oenn Du nett, sehr neti wärst . . . .«
Adam: »Nun?«
Eva: »Dann möcht’ ich mir was
zum Geburtstag wünschen!«
Adam: »Was damit«
Eva: »Eine Toilette.«
Adam: »Ein-e Toilette2 — wozu?«
Eva: ldie Aug-en niederschlagend):
Damit ich mich dekollettten kann.«
Auch einystanlheit
A.: »Wie geht es Deiner Tit-aus«
B.: »Schlechi!«
A.: »Ja, was fehlt ihr denn-W
B.: »Sie leidet an Dienstboten
Wechsel-Ziehen«
Eine neue Jahreszeit
Lehrer: »Sag’ ’mal, lieber Paul,
vie nennen wir die Jahreszeit in wel
.-t es schneit?«
Paul (Sohn eines ORDNU
Schnetdige JahreszeiiP
l