Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, October 23, 1896, Sonntags-Blatt., Image 14

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    » « M ichs-einen Oheim mit mei
ner Braut verlobte.
Von Reinbold Franke.
Als mein Onkel Rasmus von sei
ner zweijährigen Reise nach Japan zu
rückgekehrt war, erhielt er einen Ur
laub von acht Wochen, den er natürlich
bei uns derleden wollte. Meine Auf
regung war unbeschreiblich; denn wenn
er auch nur den zehnten Theil von all«
den Herrlichleiten mitbrachte, die er
uns in feinen Brieer versprochen hat
te, brauchte ich mit kein-ern Museum
mehr zu tauschen. Und er packte rich
tig einen großen Kasten mit japani
schen Käfern und Schmetterlingen und«
ein Glas aus, in dem ein fußlangers
Salamander in Spiritug lag. Das-Z
war nicht ganz so viel, wie ich vermu
ckhet hatte, aber doch genug, um »W; II "
einem Triumphgesang zu -hegkisi»?k.
Den-n an mußtc mir Eint meine Pent
ch·- Exdectzskn szko unken, die ich i»
Psstktchsssern aufbewahrte, ein-Platz
willtgt werden, unid·ich brauchte sie
nicht mehr in allen möglichen Ecken zu
verbergen, in siebet urcht, daß sie dort
schon am nii sten age entdeckt wur-l
den und mit dem üblichen Rufe: Pfui,
schon wieder solch’ Unthieri in den
Miklliaften wanderten. ·
Ich hatte mich nicht getäuscht. Von
nun an war meine Reptiliensammlung
anerkannt, und mir wurde ein beson
derer Ver-schlag im Holzstall dafür an
gewiesen-, nur um des japanischen Sa
lamanders willen, — ein deutlicher
Beweis dafür, daß wegen eines aus
ländischen Ungeziefers eine deutsche
fl---2.c-«-- k-fck1 -.---- Ic-- L-:l;-s.
VUUIJLUU ILIUII ZDBPII IL,CI- bPlslUslssl
Grundsätze handelt.
Am meisten Spaß aber machte Al
len eins Bild. Mein Oheim hatte sich
in Yokohama ins einem Rickshaw mit
dem dazu gehörigen Kuli photogra
phiren lassen. Stolz saß er in diesem
seltsamen-· Gefährt, und mir schien-,
daß sich auch auf dem Antlitz des Kuli
ein Anslug M Selbstbewußtsein
zeigte. Hatte er doch nicht alle Tage
einen deutschen- Seeoffizier zu fahren.
»Das ist eine merkwürdigeGeschichte
mit diesem Rickshaw gewesen, Julia
ne«, sagte mein Oheim Rasmus.
»Ich weiß gar nicht, warum Jhr
diese Karte immer Rückschau nennt,"
unterbrach ihn meine Großmutter.
»Du sitzest ja genau so mit der Nase
nach vorn darin, wie in einem ver
mänstigen Wagen, und der Kerl mit
dem Steinpilz aus dem Kopfe scheint
auch nicht rückwärts zu laufen.«
Ohm Rasmus erklärte ihr die Be
deutung des Wortes und fuhr dann
fort: »Wir wußten nicht recht, was
wir den ganzen Nachmittag an Bord
anfangen sollten. Wir hatten eben ei
nen Hai von 20 Fuß Länge geangelt
und die Bestie mit Mühe todt gekriegt.
Du hast keine Ahnung, Juliane, was
solch Thier siir zähes Leben hat. Es
hatte wenigstens- ein Dutzend Kugeln
im Gehirn und war am ganzen Leibe
fürchterlich zugerichtet; aber es schlug
noch so mit dem Schwanze um sich,
daß es uns einen Mann über Bord
segtr. Zum Glück sischten wir ihn
schnell heraus-, denn es schwammen da
noch eine ganze Anzahl solcher Haie in
weitem Bogen um die »Warte Luise«
herum. Endlich gelang es den Leu
ten, ihm den gefährlichen Schwanz ab
zuhauen und dann wurde das Thier
dem Pslastertasten übergeben, der sei
ne Flosseni auf chinesische Art Einma
chen und noch allerhand von ihm für
seit- Sammlungen Präpariren wollte.
Wir aber setzten uns selbdrei in- ein
« syka N-» k- -.- «
Boot und fuhren an Land. Dort mie
thete sich jeder ein Ricksbaw, und wie
der Wind sauft-en die Kerle mit uns in
die Stadt, nachdem wir ihsnen deutlich
gemacht hatten, daß wir dort einige
SeWwüwigiritm genießen wollten.
Der erste Lieutennnt konnte einige
Brocken japanisch, unsd die Kulis hat
ten ein merkwürdig rasches Verständ
niß, wie wir gleich erfahren sollten.
Aber, Julianse«, unterbrach er sich,
»wolltest Du Rudolf nicht mal schnell
erst zu Eberhardts herumschicken, ob
die nicht Nachmittags zum Kassee kom
men wollen?«
»Er möchte sich wohl erst die Ge
schichte anhören« sagte mein-e Mutter.
-,.Ach, was ihn interessirt, erzähle
ich nachher noch einmal«, meinte mein
Oheim und zwinterte mit den- Augen.
Ich hatte den Korneliuss Nepos vosr
mir aufgeschlagen um mich siir mor
gen aus Themistokles vorzubereiten;
aber ich sah selbstverständlich nicht in
du- Buch, sondern venwanidte keinen
M von dem Gesicht meines Oheims,
damit mir nur ja nichts von der Er
hing-g entginge Damm bemerkte
T dias Ungenzwinkern
»Ich weiß schon Mutter,« sagte ich
in Idalegenem Tone, «es wird wohl
eine Geschichte von einer Braut sein,
dk Oben Rasnms ins Japan sihens ge
Busen hat nnd die soll ich nicht mit
—— · " IUMLMÆIHMAEJHQA s» ,-.—«
W
anhören. Mich werdet Jhr doch nicht
dumm machen wollen. Als ob ich
nicht —'« doch ich unterbrach mich
schnell, denn ich wollte eben sage-. als
ob ich nicht auch eine Braut hätte
»Als ob Du nicht?« fragte mein
Oheim boschast
»Als ob nicht alle Obertertianer
eine Braut hätten!" erwiderte ich ver
legen.
»Nun,« sagte meine Mutter läch
elnd, ,,da sollst Du ja erst nächstes
Jahr lyiniommen, wenn Du recht
ssleißig bis
« »Aber man kann darum doch schon
jetzt Bescheid wissen, was eine Braut
ist, « meinte ich.
»Und was denn, mein kleiner Eier-I
negroß und Klugschnabel?« fragtek
mein Oheim freundlich. T:
Jch sah ihn erstaunt an.
»Das werde ich Dir doch nicht erst:
zu sagen brauchen. Aber damit Du
siehst, daß ich s weiß, will ich s thun. i
Eine Braut ist ein Mädchen. das mani
»was «- bat und später heirathet. Und!
wenn man aus dem Fchlachtfews ver l
wundet worden ist verbindet Je dick
Wunden und pflegt uns, und wenn·
man imKampse siir das Vaterland ge
fallen ist, deckt sie uns mit ihrem Man
tel zu, wie es Timandra mit ihrem
Altibiades gemacht bat Und trauert
Um dek: »eioen.«
»Das war doch nun wohl ein bis
chen anders mit dem Altibiades!«
sagte mein Oheim trocken.
»Aber er war doch ein tüchtiaer
Kerl, meint unser Oberlehrer, wie hät
te er sonst der Freund des weisen So
krates sein können!«
»So, so,'· sagte mein Oheim lachend,
»nun, dann wirst Du wohl Ostern
nach Obertertia tommen und Dir auch
eine Braut anschaffen können. Jetzt
aber rasch, und bestelle Alles richt! g.
Fräulein Hedwig möchte auch mitkom
men, ich hätte ihr noch eine Menge Bil
der zu zeigen. Oder Du kannst Dir
auch erst die Geschichte zu Ende anhö
ren, wenn Du willst!«
»Ich danke sehr, Oheim,« sagte ich
stolz, ich habe gar kein Verlangen
mehr danach.«
Jch ging. Fräulein Hedwig war»
nämlich gerade meine Braut, und es
war mir das Liebste, daß auch sie des
»Nachmittags zu uns kommen sollte.
Sie war zwar 6 bis 7 Jahre älter, als
sich, und ich hatte noch kein Sterbens
szörtchen von meiner Liebe zu ihr ge
sprochen; aber das hatte doch auch
noch Zeit bis zum Abiturientenexa
men.
Vorläufig war es Seligkeit genug
sür mich, zu hören, wenn sie, »die
Braut des Tertianers« sang, und ihr
allerhand kleine Ritterdiensste zu lei
sten. Jch hatte erstaunliches Glück,
denn sie öffnete selbst, und stotternd
richtete ich meinen Austrag aus.
»Gewiß," sagte sie freundlich, »wir
werden mit Vergnügen kommen. Wie
gehts zu Haus? Was macht Groß
mutter und Deine Mutter und Dein
Oheirn?«
»O«, erwiderte ich, »der sitzt da aus
dem Sosa und raucht einen elligen
Tobak und erzählt eine Geschichte von
sein-ero Braut. die er in Japan hat. «
, «sagte Fräulein hedwig, und
begann die Blumen zu begießem daß
das Wasser immer in die Stube lies,
»Dein- Oheim hat also eine Braut in
Japan-?«
»Ja,« antwortete ich, »und er ist
mit ihr in einem Rickshaw spazieren
gefahren-«
»Jn solchem Ding lann ja nur im
mer Einer si en!«
»Dann wird er sie- wohl aus den
Schopfe aenonnnen haben-. Das darf
man doch mit seiner Braut thun?
Nicht, Fräulein Hedwig?«
Sie antwortete nicht. Nach einer
Weile sagte sie langsam: »Ich danke
schön für die freundliche Einladung,
und ich denke, meine Eltern wer-den
tornmen.«
»Aber Fräulein-Hedwig, mein Oheim
Rasmus hat mir noch ganz besonders
ausgetragen, daß Sie Ia mitkommen
möchten, er hätte Jhnen noch eine
Menge Bilder zu zeigen. Da wird
wohl auch eines von seiner Braut da
bei sein.«
»Ich weiß nicht, ob ich Zeit haben
werde," sagt-e sie. »Lebavohl, mein
Junge, und grüße Alle recht schön!«
Etwas enttäuscht ging ich hinaus
uind zu meinem Freunde Fritz Her
vius, der nur zwei Häuser weiter
wohnte; denn es stand bei mir fest,
daß wir uns unter allen Umständen
ein Rickshaw verschaffen müßten
Fritz wußte gleich Rath. Wozu hat
ten wir denn unseren kleinen Hand
wagen, dessen Vordertheil- nur durch
einen Pflock mit der Achse der Hinter
räder verbunden war! Wenn man
dieses Vordertheil nahm und eine Kiste
daraus trag-eite, hatte man das schönste
Rickshaw, dass sich nur denken ließ.
riy kam sofort mit und nach einer
iertelstusnde fuhren wir schon im
Garten spazieren. Einmal war er
Kuli, einmal ich. Jch kann nicht sa
ngin daß das Fuhrwerk unsere
Schwärmerei verdiente. Wir sausten
damit durchaus nicht davon, sondern
.s nach drei Schritte-n mußte der
Izu-n stehen bleiben und sich verschwu
en
’ Aber es ging doch fiir den Anfang,
und nachdem wir noch eini e Verbesse
rungen besprochen- hatten, schaben wir
es hinter die Laube und die Hinterrä
der in den HolzstaL in dem sich unsere
Waffensammlung ten-d der Verschlag
mit den eingemachten Reptilien befand.
Als ich wieder in die Stube-trat,
fragte mein Oheim: »Nun, Alles be
sorgt? Ader wie siehst Du denn aus-?
Du schwitzest ja ordentlicht«
»Wir haben eben etwas gebaut«,
sagte ich, »aber es soll vorläufig noch
ein Gebeimniß bleiben, bis es ganz
fertig ist«
»Na, das wird wieder etwas Nettes
sein,« meinte meine Mutter, «natiir
lich hat Dein Freund Fritz geholfen?«
»Natürlich, Mutter«, sagte ich, »Du
weißt, ich mache solche Sachen nicht
ohne ihn. Und Eberhardts werden
gern kommen, aber Fräulein Hedwig
weiß »Ich nicht« ob sie Zeit haben
wird.«
Meine Mutter lachte. »Sie wird
schon Zeit haben, Rasmus, verlaß
Dich darauf und laß nicht gleich die
Nase hängen.««
Nachmittag iamen dann Herr und
Frau Eberhardt und Fräulein Min
chen, die mich aber nichts an ing, weil
sie mit ihren 14 Jahren vie zu hoch
näsig und zu dumm für uns Tertianer
war. Hedwig würde wohl nachkom
men, sagte Frau Eberhardt au eine
Frage meines Oben-nd »Das war doch
hübsch von ihm, daß tr sich so für mich
in’s Zeug legte und dafür sorgte, daß
meine Braut auch an dem Vergnügen
IMI UMUUL
Während nun Alle in der Laube
saßen und plauderte schlenderte ich
müßig aus der Straße vor dem Hause
aus und ab und wartete aus Fräulein
Hedwig. Richtig, da lam sie. Sie sah
aber gar nicht so lustig aus wie sonst.
Jch eilte ihr entgegen und ries: »Das
ist nur gut, Fräulein Hedwig, daß
Sie tommen,· der Kassee wartet schon
auf Sie! Aber erst muß ich Ihnen
etwas Feigen. Es ist ein Geheimniß,
und es hat es noch Niemand von den
Andern gesehen. Erst wenn es ganz
fertig ist, will ich es Allen zeigen, und
Sie sollen auch darin fahren!'«
»Was ist es den-n. Rudolpb?« frag
te sie lächelnd.
z, »Ein Rictshawi Wir haben uns
iein Rickshaw gebaut. Es ist noch roh;
aber wenn erst eine Polsterbant darin
ist, und wir leichtere Räder daran ha
ben und eine andere Deichsel, nicht so
ein dummes Ding, das immer gleich
in die Höhe schlägt, wenn man sich
hinten überlegt, dann wird’s fein!
Wollen Sie es mal sehen? Es steht
hinter der Laube, und damit die An
deren es nicht vor der Zeit entdecken,
wollen wir hinten rum gehen und durch
die Hecke gucken!«
Sie lam« wirklich mit. Als wir hin
ter der Hecke standen, hörten wir die
Stimme meines Odeims, der gerade
wieder erzählte.
»Nun aber ganz leise," sliisterte ich.
»Hier gucken Sie durch!«
Sie bückte sich und sah hindurch.
Sie mußte sich das Rickshaw sehr ge
nau ansehen, denn es verging eine ge
raume Zeit, bevor sie sich wieder um
drehtr. Mittlerweile hörte ich folgen
de Unterhaltung.
»Ja«, sagte mein Oheim, »meine
»Tschin;Tschin ist ein süßes Geschöpf
unid ich habe sie sehr schnell lieb ge
wonnen. Es fiel mir ordentlich schwer,
imich von ihr zu trennen. Einmal
ihahe ich sie allerdings prügeiu müssen,
Iweil sie das ganze Salz in die Suppe
geschüttet hat; aber nun hat sie sich
das und auch das Naschen so ziemlich
abgewöhnt Uebrigens ist sie in Kiel
sehr gut aufgehoben-.«
»Warum hast Du sie denn nicht
mitgebracht?« fragte meine Mutter·
!,,Wir hätten unss Alle gefreut, sie ten
nen zu lernen.«
»Wie kann ich sie denn hierher brin
gen! Die Leute hätten mich ja ausge
lacht. Jn Mel fällt so was nicht so
auf. Aber ich kann sie ja mal her
schicken!«
»Sie kann doch nicht allein fahren?«
,,J freilich, ich sperre sie in eine
große Kiste und schicke sie hierher!"
»Komm schnell fort, Rudolf«, flü
sttttk sie, schnell schItll!«
Fräutein Hedwig richtete sich auf.
Große Thtänen standen in ihren
Augen. Als wir ein Stück fort wa
ren, sagte sie schluchzentd: »Ich gehe
jetzt nach Hause. Und sage Deinem
Oheim. daß er ein ganz niedriger
Charakter ist, ein ganz niedriger Cha
rakter! Wenn ihm aber an meiner
Achtung etwas gelegen wäre, soll er
das Mädchkn auch heirathen. Aber
sie wie eine Sklavin behandeln uns-d
sich-Wem weit sie noch nicht sei-much
tochen kann-, und sie uns dann in- einer
Kister her-schicken zu wollen, das ist
,
——— i
schiindlich, schändlich! Das hätte ich
ihm nicht zugetraut, ihm zu allerletzt
von allen Menschenl«
Jch verstand sie zuerst nicht; dann
aber dämmerte es bei mir.
»Sie meinen, daß mein «
seiner Braut sprachs«
»Von wem denn sonst? O,
zu schändlich!«
Sie eilte davon. Jch war wie von
Donner gerührt. Das war wirklich
niedrig gehandelt von Qheim Ras
nius. Und mit Thränen des Schmer
zes und Zornes eilte ich in die Laube.
»Fräulein Hedwig läßt Dir sagen,
Oheim,« rief ich mit halberstickter
Stimme. »daß Du ein ganz niedriger
Charakter bist! Und Du sollst das
Mädchen heirathen, das Du ungliickij
lich gemacht hast und nicht schlagen,
weil sie einmal die Suppe versalzen
hat. Und in eine Kiste sperren sollst
Du sie auch nich!.« i
Mein Oheim wurde ganz ledergelb
im Gesicht. »Bist Du närrisch, Nu
dols!« rief er, was saselst Du da?«
Fräulein Hedwig hat Alles gehört,
rvas Du eben hier von Deiner Braut
erzählt hast. Jch wollte ihr mein Ric
Fhaw zeigen, das hier hinter der Laube
steht, und da mutzie sie Alles hören
und ich auch. Und mir thut es jest
leid, daß Du mein Oheim bist, Und
Du kannst Deinen lumpigen Sala
mander und die Käfer und Schmet
terlinge auch nur wieder gleich mit
nehmenl Ich will von Dir gar nichts
mehr haben.«
Ich mußte A them schöpfen. Wie er
staunt war ich aber, als Herr und
Frau Eberhardt ganz laut zu lachen
anfingen, meine Mutter ihre Kaska
tasse umrisz und Minchen beinahe an
einem Stiick Kuchen erstickte. Mein
Obeim aber nahm rasch ein Bild vom
Tische und wickelte es in ein Stück Pa
prek.
»Ja» musan sagte er. nch vor
Lachen schütteln-d, »das hast Du brav
gemacht! Und nimm hier das Bild
von meiner Braut, von der ich eben er
zählt habe. Sie soll es sich ansehen, i
und wenn sie mir dann noch den Rath’
giebt, sie zu heirathen dann will ich si
thun-« ;
Verlegen sah ich mich um. »Geis
nur, geh’ nur!« sagte Herr Eberhardt.
Jch ging und fand Fräulein Hed
wig in Thränen. Mir fiel nicht ein«
womit ich sie hätte trösten können.
Darum reichte ich ihr das eingewickelte
Bild hin und sagte: »Hier schickt Ih
nen Oheim Rasmus das Bild seiner
Braut. Und er will sie heirathen,
wenn Sie wollen-«
»Mich?« fragte Fräulein Hedwig
entrüstet·
»Nein doch, die Braut aus dem Bil
de da.« Sie wickelte es aus. Zuerst
wurde sie ganz blaß, dann athmete sie
tief auf, schüttelte den Kopf, zuletzt
wurde sie glühend roth und sing laut
zu lachen an.
»Ich glauhe, Rudolf, wir sind Beide
herzlich dumm gewesen.«
»Wieso denn?« fragte ich verletzt.
Sie zeigte mir das Bild. »Das ist ja
gar tein Mensch, das ist doch eine
Meertaye.«
»Ich habe nicht gewußt, daß mein
Oheirn einen Affen hat, « sagte ich.
»Nun gehe nur wieder nach Hause,
lieber Rudolf. »Ich nehme Alles zu
rück, was ich vorhin s agte, und ich ließe
ihn um Verzeihung bitten, daß ich
ihm auch nur einen Augenblick so et
was habe zutrauen tönnent«
Da öffnet-e sich die Thür und mein
Oheim stand auf der Schwelle.
»bedwig!« rief er und breitete die
Arme aus.
»Erasmus!«
Jch stand sprachlos. Meine Braut
läßt sich von einem anderen Manne
um«-IN .
»Warum mat, ueoer tut-um« sagte
ich und faßte seine Hand, »ich bin auch
noch da!«'
»Nun, unsd was hast Du für Wün
?
»Jch wollte Dir sagen, daß Fräu
iein Hedwig eigentlich meine Braut
ist.
Hedwig lachte. »Aber Rudolf, wa
rum hast Du mir denn das nicht gleich
gesagt? Dann hätte ich mich mit die
sem schlechten Menschen gar nicht erft
eingelassen!« Dabei gab sie ihm aber
einen Kuß.
Betrübt sagte ich: »« a, ich dachte
doch, das hätte noch ünsdteiviertel
Jahre Zeit bis zu meinem Abiturien
tenexamen — und nun kommt der
Ohm und schwappt mir die Braut
DOM«
»Komm her, mein Junge«, sagte
Fräulein hedwi gerührt, »und gieb
mir einen Kuß! Das war der erste
und letzte Kuß, den ich meiner ersten
Btaut gab.
,,de«, siigt meinOheim hinzu, »da
mit Du nicht böse aus mich bist, will
ich Dir nur mittbeilen, daß ich für
Dich noch einen heriulestäser bestellt
habe, den mir mein Freund von der«
»Medussa« mitbringen will, der jeyt
aus Miit-dies zurücktommt.«
J l
« »Einen herkulestäser, Obeim?" ries
ich und flog an seinen Hals, d. b. von
der Seite; denn vorn befand sich
Fräulein Hedwig.
»,,Ja, den sollst Du haben, wenn Du
mir freiwillig Deine älteren Rechte
aus dieses junge Mädchen hier ab
trittst. Außerdem darfst Du aber im
mer noch bis zu unserer Hochzeit ihr»
Bräutigam sein!« l
»Nein, ich verzichte, Ohm; aber dasJ
mit dem Herkulesläfer stimmt doch?«l
»Das stimmt«, sagte mein Oheim,
»mein Wort daraus!«
« . »Das muß ich gleich Fritz erzählen«,
rief ich, »Ihr seid doch nicht böse, wenn ,
ich Euch jetzt allein lasse und schnell zu«
Fritz binsptinge?« i
»Nein. nein,« sagte mein- Oheim,f
Rasmus lachend. Jch stiirmte hinaus, E
um meinem Freunde mein Glück zu!
verkünden. Also verkaufte ich meine
Braut an meinen Obeim für einen
Hertulestäser.
—,—.-.. .-.».- ..
Teusetssonteim
..---.
END Csansvaalgeschtchte von K. Fleming.
Vor siinsundzwanzig Jahren stand
draußen vor der Cato-Stadt ein
Wirthshaus, in dem Boerett und eng
lische Squatters, die vom Jnnern zum
Martttage zogen, sich die ersten stiidti
schen Genllsse leisteten. Jeder ließ dort
seinen Zoll zurück,aber keiner lobte den
Schnaps, wenn er das Haus verließ,
hatte auch keinen Grund dazu. Trotz
dem widerstand weder Astitaner noch
Brite der Versuchung, wenn er zum er
sten Male wieder die Stadt erblickte.
Dort, wo das morsche Blockhaus
stand, erhebt sich deute ein stolzerPalast
mit Part, Lawn-Tennis-Plötzen und
üppigen Ställen, derSitz des Mynherr
I
Cis-« v-«- Mk
Er bat sich noch nicht recht an das
fürstliche Leben gewöhnt, das wird
sich aber schon geben « Zeit hat er,
nach menschlichem Ermessen, zum An
gewöhnen, denn er ist erst dreißig
Jahre alt·
Es war also svor fünfundzwanzig
Jahren, da ritt ein Wanderer aus je
nes Wirthshaus zu. Mynheer van
Leyden, der gastliche Wirth, trat vor
die Thiir und wollte den Fremden mit
jovialem Gruß zum Trunle bitten, da
schwankte derselbe im Sattel und fiel
»in die Arme des Wirthe5. Kaåpar
.van Lenden war durch und durch ein
Schust, der dem Fremden den letzten
Qnt abgenommen hätte, aber die Gast
sreundschaft hielt er auch dann in Eh
ren, wenn nicht viel dabei herausschau
te, kam auch dabei nicht zu kurz, denn
er galt als guter Kerl —- sogar bei de
nen, die seinen Whisly verwünschten.
——— Der Fremde sah allerdings nicht
sehr verheißend aus; abgerissen und»
halb verhungert lag er auf dem BetteHI
unverständliche Worte im Fiel-ermah-;
ne murmelnd. Seine Effekten hattej
Kaspar bald abgeschiitztz fiir den Gaull
gab tein Schinder einen Nictel, unds
sonst war nichts da, ausgenommen ei-«
ne schäkige Ledertasche mit Steinen. »
Nach drei Tagen starb der Fremde
und wurde im Kirchhof der Namenlo
sen begraben. Jahre lang noch harr
ten fern in Europa die Lieben eines
jungen deutschen Gelehrten aus dessen
Rückkehr aus Südafrika, wohin er auf
eine geologische Expedition gezogen.
Kaspar betrachtete den Vorfall als
ein schlechtes Geschäft und nahm sich
vor, den nächsten um so gründlicher zu
rupsen. Den Gaul Qertaufte er da
rum um theures Geld an eine jungen
Engländer. Die Ledertasche wollte er
eben wegwerfen, als er ein Knistern
darin verspürte. Bei näherem Nach
.I-b·n feind-n sieh in sinn- wrfiockim
Tasche Karten, die der alte Fuchs von
seiner calisornischen Goldgräberzeit
her als geologische erkannte. Jetzt
wurde er doch aufmerksam und un
tersuchte die Steine genauer, wusch
Koth und Staub von ihnen ab und
hielt sie an’s Licht. Und da erbebte
der starle Man-n, daß er sich an die
Wand lehnen mußte, um nicht zu fal
len, kalter Schweiß trat ihm auf die
Stirn und die Augen« schier aus ihren
Höhlen springend, hefteten sich starr
aus den Stein, den beide Hände
krampshast saßten. Einen Moment
dauerte der Anfall, dann heulte er vor
Freude aus und küßte den Stein und
die Tasche und die Karten mit heißer
Inbrunst. Es war schwer goldhalti
ges Gestein.
Keiner wußte, weshalb Kaspor van
Lenden binnen Wochenfrist Haus und
Hof um einen Schleuderpreis hingege
ben hatte und spurlos verschwunden
war. Jn Ermangelung weiterer Kun
de nahm man an, er habe neuerdin s
Grund, der Justiz auszuweichen; so
ganz absonderlich war das nicht« denn
man hatte schon längst sich Merkwür
digkeiten über sein Borleben in Cali
sornien zugesliistert. Aber man war
diesmal im Jrrthurn. »
Zwei Monate später traf ein neueri
H r- -—-—-—’ — -—« —
!
Ansiedler in Witwatersrand ein-, der
sich Pret Falk nannte, aber »dem ver
schwundenen Kaspar van Lenden zum
Verwechseln ähnlich sah — nun, wir
haben ja keine Geheimnist Piet und
Kaspar waren dieselben. Damals«
weideten Rinden wo heute Opernhau
ser und Bauten stehen und elettrischek
Straßenbahnen laufen. So blieb·
denn Kaspar oder Piet um so weniger
beachtet, als er sich die schlechteste Form
auisnchte, die weit und breit im Rand
zn finden war. Teufelöfontain hieß
seine Yesitzung so genannt, weil dort
der Bose nichts gedeihen ließ. Piet
hatte Mühe, einige Kafiern anzuwa
ben, um ihm die Wirthfchaft u besor
gen, denn der Ort war vertagen Sei
ne Bretterhütte wurde selbst Von den
einsamen Boeren gemieden — war
ihm übrigens ganz recht.
.Jn einer abgelegenen Bergschlucht
trieb er sich mit Picke und Spaten um
her. Er hatte den Stollen gefunden,
den der Fremde mit dem letzten Rest
seiner Lebenskraft gegraben, um dann
einsam zu sterben, als er den Lohn der
Arbeit und Kühnheit einzuheimsen ge
dachte. Piet verfolgte den Erzgang
über den ganzen Bergtiicten und wuß
te, daß er in der Tiefe sich reicher und
reicher fortsetzte, wo er von der Ober
fläche zurücktrat Unermeßliche Reich
thümer thaten sich Vor feinem Auge
auf, und wer weiß, was aus dem al
ten Abertenrer noch geworden wäre,
wenn nicht eines Tages eine Pulver
mine im Stollen sich vor-zeitig entla
den hätte. An die zwei Tonnen Ge
stein fielen auf Piet herab und brach
ten seine Erpedition zu bündigem Ab
schlufz.
SeinGesinde verlief sich, als er nicht
mehr zurückkehrte und im ganzen Ran
de tonnte man sich fein Verfchwinden
nincht erklären.
Teufelsfontein wurde von keinem
sdverm meyt oelrklen usw Io rauscht-n
zwei Jahrzehnte dahin, bis es einen
Liebhaber fand. Johannesburg wurde
aus einem Dorfe zur Stadt, die, wie
von der Hand eines Zauberers erbaut,
mit Blitzesfnelle aufwuchs.
Gold war gefunden worden und
mächtige Pochwerle hatten die friedli
chen Heerden verscheucht. An derStel
le von Blockhütten erhoben sich Paläste
mit torinthischen Säulen, und wo sin
fainer Genefre ein kostbar-es Labsal ge
wesen, flofz der französische Seit in
Spiegelsälen. Schaarenweise ström
ten sie in das neue Goldland, unerhör
te Reichthümer zu finden
Jn Teufelsfoniain war noch nichts
von dem neuen Treiben zu merten, und
Jan van Dyt, der junge Voer, tauchte
in Frieden seine Pfeife. Jhrn war
nicht eingefallen, sich an der Jagd nach
Gold zu betheiligen — nun, weil es
ihm eben nicht eingefallen war.
Eines Abends war Jan auf der
Jagd gewesen und kam durch eine
Bergschlucht hinunter, die er selten be
treten hatte, nicht weil erden Teufel
fürchtete. der nach der Aussage jedes
braven Boeren dort hauste, sondern
weil die Schlucht von seinen Wegen
ablag. Da schlug ihn der Sturm
wind in’s Gesicht, heiße, dicke Regen
tropfen peitschten ihn, und mit gräß
lichem Schmettern fuhren die Donner
schläge herab. Jan suchte unter einer
Atazie Schutz, aber das half nichts,
nnd so kroch er an der Wand der
Schlucht hinan-. in der Hoffnung, sich
unter einem Felsbloct bergen zu tön
nen. Wie es das Geschick wollt-e, stieß
er auf einen klaffenden Gang, der sich
in die Bergwand hineinzog, und hier
zhinein kroch er, um vor dem Sturme
geschützt, das Ende des Tobens abzu
warten. Wenige Minuten nur hatte
er da gesessen, als mit lautem Donner
ngroll wieder ein Bliy die Umgebung
! blaßblau erleuchtete,
» Jetzt traf ein Anblick sein Auge, der
;ihm« einen« lautm Entsetzensschvei ab
zprekzte uno iyn einer svynknachi nac
brachte. hart neben ihm, daß er ihn
mit der Hand berühren konnte, lag ein
menschlicher Schädel und grinste ihn
im erneuten Blisesleuchten »an. Jan
hatte seinen eigenen Schrei gehört und
stutzig um dann in ein lautes Geläch
ter auszubrechen. Er fürchtete, wie ge
sagt, den Teufel nicht, und hatte schon
manchen Todten gesehen.
Immerhin wurde er wieder etwas
nachdenklich. als er sich überlegte, wie
wohl der Mann in dem seltsamenGan
ge zu Tode gekommen sei. Als sich der
Sturm verzogen hatte, bedeckte er pie-—
tätvoll den Schädel mit dem Geröll..
das umherlag, und steckte, wie zum
Art-deuten« einen Stein in die Tasche.
Er dachte sich nichts Bestimmtes dabei
und hat sich in späteren Jahren ver
geblich gefragt, wozu er eigentlich den
kleinen Block mitnahm.
Als er seine Hütte betrat, fand er ei-·
nen Fremden, der vor dem Unwetter
hineingesliichtet war. Der Mann war
für Wind undWetter ausgerüstet, aber·
europäisch gekleidet und trug einen
Stahlhammer und gelehrt aussehende
Jnstrumententaschen. Jan lud ihn ein,