W Zengnissr. Skizze von indivig Klebinder. «Dteiviertel aus Eins unsb der Junge noch nicht aus der Schule da! Wird halt wieder nichts gelernt haben und muß nachsiyen Aber das soll jetzt ein Ened nehmen, oder er kriegt Hau’ von mir, mehr als zu . . . .« »Franzi, solltest Du nicht lieber ein mal zum Lehrer schau’n?« unterbrach die bezüglich ihres Erstgeborenen stets zu einer weniger »thatitästigen'« Er ziehungsmethode geneigte Mutter den Zion-ausbrach des Gatten. »Rudi ge fällt mir gar nicht in der letzten Zeit! Gar nicht! Ganz blaß ist er und . . . .« »Ja, ja, ja! Ganz blaß . . .« ahmie Hm- hieronymus Biersaß spöttisch den weinerlichen Ton nach, den seine bessere Hälfte in ihrem Kummer über dei- ver meintlichen Kräfteversall ihres Bubi angeschlagen hatte. »Du möchtest in Deiner Assenliebe was Rechtes aus ihm machen! Faul ist der Schlingel, sa«q’ ich Dir, stinksaull Aber das werd’ ich ihm schon noch austreiben. Hi Röhrl muß nur ins Haus, a spanisches Nishi-U« Frau Biersaß stiegen die Thränen in die Augen bei dem bloßen Gedanken an dieses samiliäte Marterinstrument und die damit an ihrem Rudi geplante Pro zedur. Als der Rabenbater diese Wir kung seiner an die Nerven gehenden Worte merkte, lenkte er schnell ein. Uebrigens möchth Hinlaufen auch nichts mehr nützen. Wir haben ja schon beinahe Mitte Juli. Die Zeugniise sind vor der Thür, wär’ also schad’ um den Weg» . Aber das sag ich Dir im Voraus: Bringt et mir wieder Liuter Fünset nach Haus, wie’s letztemal, so hilft ihm sein Heulen und Dein Jam mern nichts; dann ists eben höchste Zeit, daß das spanische Röhtl a Wört’l hineinredt il« Frau Biersaß faltete bei dieser neuerlichen Nennung des väterlichen Machtzeichens stumm die Hände und warf einen slehenden Blick zum Him mel empor, wußte sie ja, was Rudi heute so lange vom Hause fernhieltl Es war ihr schon gleich in der Früh ausge fallen, in welch unheimlicher Stille ihr Liebling ganz gegen seine sonstig- Ge pflogenheit sich angetleidet, unsd mit der beängstigenden Blässe, von der sie ge treulich dem Gatten Bericht erstattet, hatte es heute seine Richtigkeit. Vol lends aber, als Rudi — ein io den An nalen der Familie Bierfaß noch nicht dagewesener Fall-seinen Kassee kaum zur Hälfte austrank, die obligaten drei Vutterkipsel bei Seite schob und s chließ ksch sogar die alltäglich mit mütterlicher Sorgfalt zum Gabelfrühstiick vorberei tete Schintensemmel einzustecken ver gaß, waren das für die gute Frau un triigliche Kennzeichender tragische-! Be deutung des heutigen Schultages. Dann war Rudi gesenkten Blickes hin ausgeschlichen und seine Stimme beim Abschiedngß klang so leidvvll bewegt, so ahnungsvoll . . . ., so schicksalsschwer . . . . Den ganzen Vormittag war Frau Biersaß von einer Unruhe befangen, die für die Qualität des Mittagessens ver hängnißvoll werden mußte. Als aber ihr Gatte längst aus dem Bureau heim gekehrt war und man geraume Zeit ver gebens auf Rudi gewaitet hatte, als dann die Suppe ausgetragen war und deren Uebersluß an Salz eine ent sprechende Kritik gefunden hatte, als auch das Fleisch »für die Katz« befun den und die Kirschentnödel in eine Pa rallele mit Bleipahen gebracht worden waren » . ., als der Herr des Hauses sein gewohntes Mittagsschtäfchen ad solvirt, von Rudi aber, dessen Heimkehr die Sehnsucht nach Mutters Fleisch töpfen sonst stets ,,gleichsörmig be schleunigte«, noch immer kein Lebens zeichen einlangte, da hielt es die besorg te Frau denn doch an der Zeit, den Gat ten auf das bevorstehende Familiener eigniß schvnungsvoll vorzubereiten »Du, Franzi, hör’ einmal, mit Rudi kommt’s mir nicht ganz geheuer vor· Jetzt ist's gleich zwei Uhr . . . . so lange ist er doch nie ausgebtieben!« ,Sicher hat ihn der Lehrer wieder z» Strafe iiber Mittag zurückbehal M,« gröhtte, brummte und gurgelte er um Divan her. »Weißt, Franzi, wenn Du in’s Bu reau gehst, könntest Du Dich jedenfalls unterwegs in derSchuleaufhalten, wasz denn eigentlich mit dem Buben los ist.«i »Wind viel los mit ihm sein! Seins Aufgab« hat er nicht gehabt, oder ge-j .- schweift hat er oder nicht weiter gewußt beim Ausrufen!« »Mit schon Recht haben, qfranzi. aber ich mein« halt doch, besser ist besser. M nimmt Alles gar o zu Her sooeuud« mdiezn Mo z- W, Ye- H·«heaie E sei-X - assiswieeäis M mLssusmMiiipnw Herr Bierfaß sprang vom Sofa aus »Ab, steht der Zeitpunkt so! Ja, dann muß ich freilich hinschau’n. Aber nus dem Weg iauf’ ich’s gleich, ’s spanische Röhrl; i werd’s brauchen, s onst wär’ der Galgenstrick längst hieri« »Mein-st nicht, Franzi, man sollt’s noch einmal im Guten probiren?« Frau Vierfan sprach es in einschmeichelndem Tone und schmiegte sich mit verführeri schem Augenausschlag besänftigend an den Gatten. »Ja freilich! Aber das einzige Gute für den Nichtsnutz ist ja eben das Röhr’l.« »Geh’, Du Schlimmer, geh’! Kannst noch Witz’ machen, indeß ich in tau send Aengsten bin, ob der Bub’ nicht « etwa gar aus übertriebenem Ebrgefühl . . . . aus Furcht vor Deiner mittelal terlichen Straf’ . . . Man liest’s ia alle weil’ in der Zeitung!« Kaum hatte die mütterliche »Verthei digerin in Strafsachen" gegen den ge strengen Richter diesen letzten, entschei denden Trumpf ausgespielt, als der selbe auch schon geänstigt nach Hut und Stock griff —- letzteren nahm ihm die verständige Hausfrau noch in der Thür wieder ab —- und über Hals und Kopf davonstürmte. Barg sich doch unter dem Mantel seiner väterlichen Strenge eine nicht minder warme, aber jedenfalls zielbewußtere Liebe, als die des allzu nachfichtigen Mutterherzens. Rudi hatte inzwischen nach dem für ihn jeder Berechtigung entbehrenden »Dank«-Gottesdienst« sein Zeugniß in Empfang genommen, bei welcher Gele Jgenheit der Lehrer eine rührende An ksprache an ihn hielt, in der er ihn als den »größten Schlendrian und Thu nichtgut in der Klasse« bezeichnete und seine ,.grenzcnlose Faulheit« als wor nendes Exempel den Mitschülern vor Augen hielt. Draußen auf der Straße hatten ihn auch noch einige schadenfrohe Kameraden mit dem schmeichelnden Chorus »Repete! Repete!« ein gutes Stück Wegs geleitet, dann war er allein geblieben mit seinem Zeugniß und sei nem herben Weh. Jetzt, in der Verlas senheit, erinnerte er sich, daß zu diesem peinigenden Seelenschmerz zu Hause noch ein zweiter, weitaus fühlbarerer, sich gesellen dürfte, und der Gedanke an dieses bevorstehende bvchnothpeinliche Gericht stimmte ihn tieftraurig. So lange als nur irgend möglich, wollte er den «schlagenden Beweis« väterlicher Theilnahme an seinem Studium hin aus-schieben, und so irrte er denn stun denlang ziellos umher. Jeden Men schen, dem er begegnete und von dem er annehmen konnte, er trage kein so un heilvolles Doiument in der Tasche, be neidete er um dieses, nach seinen Be griffen sorgenloses Dasein, gleichviel, ob es ein Kutscher-, Dienstrnann oder Maurer war. Letzterer Gattung »von Zengnissen verschonter Individuen« sah er bei ei nem Neubau in der Arbeit zu und wur de, als dieselben Mittags ihr Werkzeug bei Seite legten und sich anf einem Sandhaufen zum karzen Mahle nieder ließen, hierdurch lebhaft daran erin nert, daß neben der trostlosen Oede sei nes Herzens nun auch eine solche des von diesem Sitze edleren Regungen nicht gar weit entfernten Organs der Ernährung sich gar hartnäckig anzu melden begann. Diese Entdeckung be wirkte nun, daß er seine Wanderung unwillkürlich in der Richtung des elter lichen Hauses wieder aufnahm, und sein einmal geweckter Appetit brachte ihn denn auch bald an die Stätte des drohenden Ungemaches. Nachdem er urn die Küche, aus der Oerlockenxde Duf te ihm entgegenströmten, wie die Kahe um den Brei herumgeschlichen, fein durch die Furcht geschärstes Ohr sich lauch vergewissert, daß an dem Orte seiner Sehnsucht momentan Niemand weile, trat er leise auf den Fußspihen ein, fand aber zu seinem lebhaften Be dauern die zur Linlderung seines »Ma genleidens« nöthige Arznei nicht mehr vor. Da fiel sein verzweifelt umher schweifender Blick aus den schon öfters sheirnlich entlehnten Schlüssel an der sWand über dem Heerde. Blitzschnell schoß ein rettender Gedanke ihm durch’s jHirm Den Schlüssel ergreifen, die im Hausslur befindliche Speisetammer öffnen und, nachdem er eingetreten, die Thitr hinter sich von innen verriegeln, war das Werk eines Augenblickeö. Dann, nachdem sein Auge sich an das Halbdunkel in dem duftig kühlen Rau me getoöhnt, sah er sich eifrig nach einer sättigenden Substanz um, fand aber leider Alles verschlossen. Dieser Unt stand, und nicht weniger die allmälig erwachende unsd inuner lauter mai-nen de Stimme des Gewissens lösten endlich den verstotkten Sinn des achtsäbrigen Knaben in heiße Thriinen auf. Er sah zertnirscht sein Unrecht ein- und gelobte in seinem Innern, irn nächsten Schul .jahre Me- daran zuxsehem Eltern und Lehrer zufrieden Zu steilen und ein gu tes Zeug-riß zu er angen. Und tote zum Lohn sitt diese innerliche Eint-It Und W den löblichen Borsaß zur Besserung lenkte ein einsichtsvolles Geschick seinen Blick auf ein weitbauchiges Gefäß, das in der dunklen Ecke von ihm unbemerkt geblieben war und in dem jüngst seine Mutter als vorsorgliche Hausfrau Weichseltirschen fiir den Winter einge sotten. Hastig stieß er die schützende Pergamenthiille durch und stillte irr Er mangelung einer lompalteren Nahrung gierig seinen Hunger mit dem si:ßen ! Inhalt, in den die erleichternden Ihrs nen der Neue leise rieselnd sich meng ? ’.ten ———————— ? Herr Biersaß war, nachdem er in der z Schule das traurige Resultat der wis senschaftlichen Bethätigung seines Söhnchens vernommen, nach Hause ge eilt, und sein Zorn über das »ungera thene Kind« war alsbald lebhafter Sorge iiber das räthselhafte Ausblei ben des schon um neun Uhr früh aus der Schule entlassenen Sünders ge wichen. Zu Hause empfing ihn hände ringend die Gattin, die inzwischen bei allen Bekannten nach dem Vermißten geforscht, und machte ihm die lustigsten Vorwürfe über sein herzloses »Statut Erziehungsshstem«, das ihr armes, un glückliches Hascherl nun vielleicht gar in den Tod getrieben. »Meis; Gott,« schloß die in ihrer un säglichen Angst von allen möglichen Schreckensbildern verfolgte Frau fchluchzend ihr Lamento, »weiß der lie be Herrgott, wo jetzt mein armes Kind ist! Ob er nicht gar schon aus Furcht vor seinem barbarischen Vater ver zweiflungsvoll in den Wellen . . .« Die Arme konnte vor Herzeleid nicht weiter sprechen. Thriinen erstickten ihre Stimme. Auch in der keineswegs den Regun gen des Mitleids starr verschlossenen Brust des so schwer beschuldigten Herrn Bier-saß waren bei dieser lebendigen Ausmalung des gewaltsamen Endes seines heißgeliebten Stammhalters jeg liche Exelutionsgeliisie erstorben. »Wein’ nur nicht, Alte, wein’ nicht! Man muß nicht gleich immer an’s Schlimmste denken. Jch geh’ jetzt so fort auf die Polizei und lasse . . . . Aber was ist denn das?« unterbrach er plisp lich seine warme Troftwortr. Auch Mama Bierfaß lauschte erstaunt auf das heftige Pochen, das aus der Ge gend der Speisekammer herüberschallte. Jeßt besann sich die Gute, daß sie bald nach dem Mittagessen in der Tdür der Speiselammer den Schlüssel stecken ge sehen und densele in der Meinung, ihn daselbst vergessen zu haben, umge dreht und abgezogen hatte. Da mischte sich in das Poch-n dringmveg. kläg liches Rufen einer wohlbekannten. jede gehegte Befürchtung zerstreuende Stirn me: »Mach’ auf, Mutterl! Schnell! Mach aufl« Das hemgeioirene harre seine paya gonische Wirkung gethan. — —- -—— Freudestrahlend slog die Mutter her bei, um Rudi aus seiner Haft zu be freien, und auch Herr Hieronymus Viersas; dachte wohl kaum mehr ans spanische Röhrl, als sein Rudi heraus stiirzte, um in der kleinen Thiir bis-a vis mit den hastig hervorgestoßenen Worten zu verschwinden: »Vatet, an’s Turnen hab’ ich »Ein3'« und in Sitten hab’ ich mir auch den »Bierer« verbessert —- das Andere zeig’ ich Dir nachheri« « - »-—«...-. -«»..-,, . Kellner ! . . . trellnerrrr ! Von par-l Mahn Jch war heute durchaus in keiner guten Stimmung. Das Essen ließ wie der mal verdammt lange aus sich war ten. Da war man jetzt den ganzen Abend angestrengt thiitig gewesen« hatte herumschwiitzen müssen mit jungen und alten Frauenzimmern, aus die dämm sten Fragen thun müssen, als ob es ge scheidte wären und schließlich ein regel rechtes Diner heruntergerissen —- jetzt lam man vertrauensvoll in seine Stammlneipe, und nun die Behand lungl Drei Minuten wollte ich noch war ten. Dann aber . . . .! Jch sagte im Allgemeinen nicht gern etwas· Wenn ich aber mal deutlich wurde —- —- na! Es war ja sonst recht gut hier, das mußte man sagen. Essen tadellos, seh-e sauber, geradezu peinlich; Franz aber, Kett Obertellner, ein Muster seiner Gat ng. Franz ließ mit lautem Geräusch ei nen Teller sallen. " heute war der Mensch ja geradezu unglaublich. Stand da wie im Schlaf oder ging mit einein Gesicht umher, als ob er einen Tons Mäuse gegessen hätte. Dirett unausmertsani war er heute. « Vorhin schon hatte ich ihn einmal keck-i Manch versprochen hatte mit W wahrhaftig dunkles Bier gebracht! Jch trank doch stets das helle, nur dann « und wann- das andere. Was hatte er anzunehmen, daß heute »dann und wann« warf Selbst das Glas hatte er mir ver kehrt hingeseht Ein Jahr lang ver kehrte ich jeht im Lokal; er wußte ge nau, daß ich stets von links trank und niemals von rechts, wo Jedermann sei nen Schnabel hinthat—— ollte ein Jahr nicht genügen, um das fiir immer ein zuprägen? Was hatte so’n Mensch denn weiter in den Kopf zu nehmen! Jch sah nach der Uhr. Drei Minuten waren reichlich vorbei. »Kellner!« rief ich lurz. Schon das war Ungnade. Jch pflegte ihn sonst beim Vornamen zu nennen — diese Menschen haben ja nur Vor namen. Kein Bein rührte sich. Der Kerl schlief offenbar wieder-. »Kellllnerrr!!« rief ich in heller Wuth Franz stürzte mit langen Schritten auf mich zu. »Sie sitzen wohl heute Abend auf Ih ren Ohren?« fuhr ich ihn an. Er hatte wieder fein unglaubliches Gesicht. Das sah ja beinahe aus, als wenn der Kerl weinen wollte. »Machen Sie nicht so’n dummes Ge sicht!" rief ich im vorigen Tone. »Thun Sie Jhre Schuldigkeit und passen Sie auf! Ich möchte nämlich heute noch essen.« Er fah mich jetzt nicht nur trübselig. sondern ganz verstört an. Jch merlte deutlich, daß er das Essen überhaupt nicht bestellt hatte. Das ging denn doch iiber den Spaß. Während ich hier saß und hungerte, stand so ’n Mensch da in seiner Ecke ,un—d verdautes Er hatte ja gegessen; «den Hunger hatte ich; ich konnte also auch sehen, wie ich ihn los wurde. »Sie haben das wohl vergessen?« fragte ich langsam und bedeutungsdoll. Er stammelte etwas von »Ich werde ....Jch nzerde gleich....« »Sie werden! Sie werden!« rief ich aufzer mir. »Ich werde Ihnen! Jhren i Prinzipal werde ich mir kommen lassen . und dem sagen, was Sie fiir ein Herr sind. Sie sind ja ein völlig unbrauch barer Mensch!« Er schien etwas sagen zu wollen. Ich ! fuhr fort: »Machen Sie, daß Sie mir jetzt etwas zu essen bringen! Ganz J egal, was! Nur sofort!« s Franz eilte mit fliegenden Rock 1 schößen zum Büffet. Jn lürzesier Zeit brachte er mir ei I nen Gönsebratent der Gänsebraten Zwar gut. Kleiner wurde er und klei I net; und kleiner wurde auch mein ; Groll. s Es war im Grunde gar nicht so übel, « daß er das Filet vorhin vergessen hatte. I Filet hatte man ohnehin alle Tage, und der Gänsebraten war gut. Jch lehnte mich befriedigt zurück aus .meinem Stuhle und zündete eine Ci z garre an. Franz stand noch immer wi-. verunglückt umher. Meriwiirdig, daß man sich nie auf diese Leute verlassen konnte! Sonst ein so tüchtiger Mensch, dieser Franz, und heute der reine Nachtwächter! Sollten meine Worte von vorhin ihn noch mehr verschnupft haben? Gewiß, ich war ja etwas heftig ge wesen —- aber, mein Gott, man hatte eben Hunger. So ’n herr ahnte na türlich nicht, wie einem hungrigen Menschen zu Muthe war. Etwas maßvoller hätte ich ja viel leicht sein können. Aber auch das hatte seine zwei Seiten. Maß war Schwäche und Schwäche bei solchen Leuten am wenigsten angebracht. Wenn man de nen ein Mal etwas nachsah, so war man fin alle folgenden verloren und die ganze Erziehung wieder zum Deubel-— man durfte eben nichts durchgehen las - sen. schon aus Prinzip nicht! Jm Uebrigen aber könnte man ja mal ein paar Töne mit dem Manne re deny So war man ja schließlich auch nicht. Dazu war man doch wieder zu viel Mensch. Selbstverständlich nicht, daß er was merkte! Nur nicht mitleidig u. s. w. Das war wieder ganz falsch. Dann fühlten diese Leute gleich Oberwasser, wurden üppig u. s. w. Nein! Leutse lig, gutmüthig, als wenn überhaupt nichts geschehen wäre. Das war das Richtigr. Ich tbat so etwas öster. Das war Grundsaß bei mir. Dergleichen glich die gesellschaftlichen Gegensähe aus; alle Besitzenden das verstanden: den richtigen Ton anzuschlagen gegenüber ihren Untergebenen, mal einen ordent lichen Dröhnschnack zu machen, daß diese doch auch sahen, daß sie Menschen waren, dann wäre die ganze Lage an ders, der ganze Gleichheitzschwindel wäre nicht ausgeiommen . . . . Aber das ex ask-»s- nn r ranz n und sprach ihm meine volle Zufriedenheit iiber die Be das war praktische Sozialpolitik. Wenn . i i O i W schaffenheik des Gänsebratens aus. Wenn ihn das nicht glticklich machte, dann wußte ich nicht. was. Er machte einen verzweifelte-: Ver such, freudig bewegt zu lächeln; was heraustam, war nur ein geauiiltes Grinsen »Menschenstind!« rief ich betroffen. »Sagen Sie bloß, was haben Sie heute? Sie machen ein Gesicht —- solche Gesichter giebt’s ja nicht. Hat JhreFrau Sie schlecht behandelt? Oder trieat der Junge Zähne?« Der lange Kerl stand wie aufgelöst vor mir da. Jn den Augen stand ihm das helle Wasser, und im Halse wiirgte er mühsam ein gewaltsames Schiuchzen herunter· Von einer plönlichen Ahnuna ergrif fen, fragte ich: »Fehlt dem Kleinen et was?« Er sah mich unter Thränen triibe an und stieß hervor: »Todt! Heute friih!« Mir war, als betäme ich rechts und lints ein Paar Ohrfeigen. Jch gerieth vor diesem einfachen Menschen, den ich von der Sonnenhöhe meines Daseins nur mit den Augen meines Magen-e an gesehen hatte, in Verlegenheiten Jn der Noth, irgend etwas zu sagen, brach te ich nur Dummheiten hervor. »Todt?« fragte ich. »Hören Sie, das hätten Sie mir auch eher sagen tön nen. Ich wußte ja gar nicht, daß dem Kleinen iiberhaupt etwas gefehlt hat. Na» Franz. nicht den Kopf hängen las sen! Hoch das Kinn und raus die Brust! Sind ja Beide noch in den be sten Jahren!« Meine feilen Trostgriindes schienen ihm wenig genug zu sagen. Nach ei nem wiederum verunglückten Versuch, freudig aus-zusehen, drückte er sich still in seine Ecke. Jch blieb in recht unbehaglicher Stimmung zurück. Das war alsn meine Heldenthat! Einen armen Teufel hatte man angefahren, der an sich schon wehr los war und heute obendrein noch nicht einmai fiir sich einstehen konntet Wäh rend er mit feinen Gedanken bei dem kleinen Menschenkinde weilte, das bei ihm zu Hause hingestreckt lag, sollte er Filets im Kopfe haben und Gänsebra ten, helles und dunkles Bier, und das ganze Wohlbefinden so viel vermögen der Gönner! Oh, du Misere! Freilich, freilich! Jch konnte ja nichts wissen von dem Allen. Jch konnte ja nicht ahnen, wenn ich einen Menschen unter den alten Umständen traf, daß ich ihn nicht auf die alte Weise behandeln durfte! Wenn ich das gewußt hättet So etwas mußte Einem eben gesagt werden. Oder besser noch, man durfte überhaupt nicht in die Verlegenheit kommen. Richtig, da lag es! Der Wirth hatte schutd. Der hätte zu seinem Kellner gehen müssen und ihm sagen: Bleiben Sie zu Hause heute, machen Sie sich ei nen freien Tag. Sind ja doch nicht zu gebrauchen heute! »Ja, schön! Jch hatte gut reden und räsonniren von «miissen« und von »sollen« — was wußte ich denn, was Franz siir Gründe hatte, heute doch zu kommen? Einen Grund mußte er doch wohl haben, denn gesagt hatte er sich das Alles sicherlich ebenso gut wie ich und zum Vergnügen stand er offenbar nicht da. — Vielleicht hatte er dem Wirthe über haupt noch nichts berichtet von seinem Falle, weil er eben das fürchtete. was ich wünschte . . . . Vielleicht brauchte er gerade noch die paar Groschen, die er heute zusammenbrachte, um die Apothe terrechnung zu bezahlen . . .. den klet nen Sarg . . . . Es war ja schändlich! Statt sich zu fragen, wenn Einem ein trauriges Ge sicht iiber den Weg lies, was er siir Gründe zu seinem Aussehen haben möge, stellte man einfach bei sich fest, dasz Einem das Gesicht nicht paßte. Es gehörte einsach nich-i in's Lokal, was hatte man nöthig, grämliche Visagen anzusehen? Die ganze Wirkung des Gänschen tens war dahin. Was auch zur Ent schuldigung gesagt werden konnte, die einfache Thatsache blieb, daiz ein Mensch in einer Stunde, die ihm das Mitgesiihl der »Briider« sichern mußte, aufs Schmählichste mißhandelt war. Da stand der arme Kerl jeyt wieder in geduriter haltung am Biifset —- ich konnte ihn kaum noch ansehen, so quäl te mich mein Gedante. Jmmer itiirter arbeitete ein Bedürfnis, wieder gut zu machen, was geschehen, an mir herum. Ich dachte einen Augenblick daran, ihm beim Weggehen ein besonderes s Trink geld zu geben; aber als ich ihn zum Zahlen rief, ließ ich es. Eis schien mir zu gemein. Jch erhob mich indessen bald zm Ge ben. Ich konnte es nicht mehr aushal ten iin Lokal. Als ich an Franz vorbei tam, hatte ich ein Gefühl, wie Einer der fiel um eine Pflicht hinwegdriickt. Als ich in der Thitr stand, rief Et was in mir meinen Namen, begleitet W oon einem Schimpsioort Was es war, habe ich nicht genau verstanden, oder etwas von »Gemeinheit« wor dabei. ch lehrte plötlich um, schritt wieder au Franz zu und sagte: »Na, Franz, war nicht so bös gemeint vorhin. That mit wirtlich sehr leid. Habt das aber Alles nicht so gewußt. Wollen wieder gute Freunde werden« was ?« Mir wurde leichter, als ich das sagte. Franz stand halb ängstlich, halb be troffen voi- mir, starrte mich an mit os senem Munde und sagte verständnis Mt »Ja Woll. Herr Doktor! Jewiszi Soll Allens besorgt werrn.« - - - ———---—O-O-———--——— Gedichte in Psälzer Mandat-i Von Lseeni stehen Blnmmelehr. ’ Worum mer d’ Blunune uhne Zahl So sehr an’s Herz Kewachse sin, Warum ? Es licht n ehrem Blick Kse Dippelche von Folschheet d’rin. Un schteckt die Stumm sichfnoch so schlicht « n’s alleralleree’sochscht’ leed, as meer so g’sallt, das eich so g’rad’ Die Tuged der Bescheidenheet. Der S tol,I bewohnt die Menschen-nicht« s ’s will ide teet Mit Schåinel alti’. Doch d’ Blumen die it sich, wie se schtehl, eIII-um scheint mer je i Blumm so schüi.’ Zu Blumine wohnt e guder Gericht, e Mensche sitt-lett zu Trouscht un Lichts Doch Wenni ochden oss sei’ Wink In Gaarde, Feld un Wald umher. Dhnt hie un do e Jungfer sei’ eIIie Blum-ne onz un gar oerschtüi’, So holst se siäp in Trei’ beduhcht Un werd sorwohr, wie sie, so schäi’. Söhnsucht. Was Ebd’ un Fluth sor’s Weldemeer Mit Welle groaße, kleene, Tag esch for dich, o Meni eher-s, Dei’ nimmer raschtend So ne. Wiss Mandelicht die Wasser mahnt: »Hei t Eich oum Schlos entwäine«, So ieht mer deck Cost) der Söhnsucht Bild Der Vossning Flichel loine. A alle Gäitkde oss der Welt i’ Lebdag sindscht te Blimmel So sisz, wie d Sühnsncht, un so zart; Sie schtonimt, wie d’ Lieb’. vum Himmel Un d’ Lieb verweilt, do schlellt sich ei’ Die Sätznsucht u’ elade; Die Lied’ un d’ Sohnsucht geww’n sich g’rnd’ Wie gude Kamerade. Un oach ’m Glöäwe sin se hold Die Sälznsachtowinschh die zardex Sie ron en sich am Glöåwe ’noss, Wie d« Dieb« ani Bäitm vuni Gar-ede D’tum g’lechn’t selt die Söhnsucht set’, Sie schtehi u'twwertro e; Dann sie verklärt. oersi t, ocrichåint De Glaswe, d’ Lieb un’s Posse «) Verfasser von »Zwewle, Know loch un Mokau’«. Für die hübsch edundene Sammlung ist der Lodenpreis 95 ento. Sie wird von der Ehieagoer Buchhoiidlungesirma Loelling « Klappenbo . No. 100 und 102 Vorwole Ste» gegen insendung oon Cl Bestellern in irgend einein Orte der Ver Staaten portosrei per Post zugesandt -—-.— «. --.- .--s- - . t· X ! Citlldtsitso Jan I. Spur-many Zch bin do der Reichfte von Men, ch närrif r, armer Gesell: Der Wald mein Palast, meine halte-, Der Vögel Chor meine Rai-etc Hoch über mir tauschen die Blätter, Leis flüstern die Wellen im Grund Gin Menschenkind weihten die Götter Zum Glückltchften weit in der RunW Auf thaudiamantenen Wegen W Fltedersdurchdu teten Das webft, Lichtelfe u, mir entg en Du Liebste, mein Leben, mein Yas Die Blumen, Dein Hofstaat, sich net SM Buntfalter umgauteln die Bahn und fuhren Dich fröhlich im neigen Zu mir, Deinem König, heran — Vem König von göttlicher Gnaden, Dte tmmel und Erde umgibt Und euchtet auf dunkelften Pfaden — ————————-·—— Jch liebe. . . . und werde geliebt. —Ein Freund des-Gründ lich t eit. Amtmann: Nun, Uran, ich habe gehört, daß Euer han« dts auf den Grund abgebrannt ist. will hoffen, daß hr versichert wart —- Arvm Nu, S tuß, t werd’ nicht versichert fein! ch fag Ihnen, as der Aron abvrenn , brennt er ordent lich adt DerileineMenfchenfreund. Frißchm rutfcht mit feinem guten Anzugjortwahrend auf einem Trep penge a«nder herauf und herunter. »Ric! ruft die Mutter ärgerlich» »was machst Du denn das« »Mein fitr arme Bude-M Jude «