«thut, was er rann· Viel Wahres liegt in dem Wort,das der Ein ähri e Meyer vseinem Vater schrieb: » ie uinmelei hat ihren öhepunit erreicht ——- das N iinentsi xerziren hat begonnen.« m schönsten ist es bei dem Regi rnenthxerzirem wenn das Gefecht be innt, und glücklich, dreimal seli die onipanie, die den ehrenvollen Au trag erhielt, die Avanigarde zu übernehmen. m Kriege ist dieser Befehl wohl nicht o ganz willkommen, denn es steht sest, daß die Ossiziere, welche die Spitze süh ren, sast immer abgeschossen werden, im Frieden aber, um mit Fritz Reuter zu sprechen, »ännert sick die Sack«. Da geht man mit seinen paar Leuten bis aus achthundert Meter todesmuthig an den Feind heran und schickt dann eine Mel dung, daß man allein weiter vorzugehen nicht im Stande sei, gleichzeiti meldet man, wie viel Flaggen sich ,,au der an deren »Cote« gezei thaben. Dann le t man sich aus den auch und watet. bis Unterstützung kommt; unter Umstän den liegt man eine Stunde und noch länger und strampelt vor Vergnügen rnit den Beinen in der Lust. Inzwischen hat der Herr Oberst die Meldung erhalten und versammelt um sich den Kriegsrath Er selbst hat vor dein Ausrücken den markirten Feind instruirt, wann. wie und wo er sich zei en soll —- er hat sich anz genau über egt, wie er sich dein egner gegenüber verhalten will, und so spricht er denn flar und bestimmt zu seinen Stabsossi zieren: »Das Regiment wird den Feind angreisen undihn zurückzudrängen ver suchen« — daß er den Führer des mar-· Iirten Feindes angewiesen hat, sich zu rückzu ieben, sobald der Angreiser seine letzte omvagnie einsetzt, sagt er nicht· Um so größer steht er nachher da, wenn der Gegner, dant seinem mustergiltigen Angriff, ,,abbaut« —- dann ist er mit sich selbst und dem »Regiment« sehr zu frieden. Und das,ist doch schließlich die Hauptsache · Selbstrerständlich gibt es auch unter( den Regimentslonimandeuren Lichters und ebenso Ge —- —— Leuchter wie ins jedem anderen Stand und in jedem tin-s deren Beruf. I Unvergeszlich wird mir der Tag dess ersten Regimentsexerzirens bleiben, das » ich vor vielen, vielen Jahren mitmachte. ; Der Herr Oberst bekleidete erst seit ; Kurzem die sehr schwierige und vereint-s wortliche Stellung des Regiinentsiow ’ mandeurs. So war es nur natürlich» daß ihm sein Herz etwas unruhig schlugi und daß er mit Besorgniß dem Kom menden entgegensah. Um nur nicht zu spiit zu kommen, war er schon in aller Frühe mit seinem Adjutanten fortge ritten, und an dem Eingang des Erkr zierplahes ließ er sein Regiinent vorbei- l marschiren. Aber als eine Kompagnie nach der andern an ihm vorbeizog, als der Heerbann gar iein Ende nahm, schüttelte er sorgenvoll das haupt, und zu seinem Adjutanten gewendet, sprach er die inhaltsschweren Worte: »So viel Menschen, so viel Menschen« i Und plötzlichwußte er gar nicht mehr. was er mit io viel Menschen anfangen sollte, und beim Exerziren bekam er die Truppen absolut nicht dahin, wo er sie dinhaben wollte. So nahm er bei dem Gefecht an, dasz ein anderes Regiment, dessen rechter Flügel da angenommen wurde, wo sich tm Gelände eine Stroh wiepe befand, links vor ihm im Kain pse wäre — er wollte rechts der Stroh wiepe zur Unterstützung des Nachbar reaiments in das Gefecht eingreifem Aber er mochte es anfangen, wie er wollte —-— er tam nie rechts der Stroh wiepe vorbei, sondern immer links. Da zeigte sich wieder, was ein Regi mentsadiutant werth ist: der gab sei nem Gaul heimlich die Sporen, so daß es aussah, als wenn der Schinder mit ihm durchging, und ritt die Strohwiepe einfach iiher den Haufen. Als tr sie wieder in die Erde steckte, stand sie auf einmal dreihundert Meter mehr links· und nun endlich kam das Regiment da hin, wohin es s ollte. Wie jedes Kompagnie- und Batail Ionsexerziren endet auch stets das Regi rnentöexerziren mit einein Parade marsch —- das ist immer so gewesen und wird stets so bleiben, zu Beginn des Exerzirens ist noch nie ein Vorabe rnarsch gemacht worden. Die Kompanien bauen sich, jede für sich in Linie, hinter einander auf und dann ersolat der mit Recht so beliebte( «Paradema:s«h in der Reaimentstw lonne«. Der Herr Oberst hält mit den Siehs-« ossizieren vor der Front des Regi- H unents. Er selbst tommandirt das An- ; treten, und ruft er »Regiment —— marsch«, so Lan en die Spielleute an zu schlagen un g tchzeitig tritt die Ko Ionne an. So schön bummeln wie hier bei kann man nie wieder. Eine dichte Staubtvolte, von mehr denn zweitau send Iiißen s— und was für welchen -—— aufgewirbeit, fliegt durch die Luft und hüllt das Ganze in ein geheimnisvolles Dunkel. Ob da Einer die Kniee durch dritctt oder die Fußspihen zur Erde nimmt -—— wer tann das sehen?« »Mit-km ——- halt.« - « »Gewehr —- ab.« Der Parademarsch ist vorüber und damit das Regimentsexerziren — nicht sur immer, aber für heute; um das, was morgen ist, kümmert sich lein Mensch, es ist genug, daß ein jeder Tag seine Plage hat. »Das Regiment steht morgen früh um 6 Uhr auf demselben Platz wie heute zum Exerziren«, heißt es Mittags bei Parole und am nächsten Morgen wie derholt sich dasselbe Bild. — »Regiment —« ,,Bataillon —« ertönt es auch dann wieder und der Ruf hört nicht aus, bis die Besichtigung seitens Sr. Exzellenz des kommandi renden Herrn Generals erfolgt ist. Und glücklich der Kommandeur. der dann nicht fiir immer Abschied nimmt von seinem so geliebten ,,Negiment«! —·——-—OO-———————— Der Erfinder. Von Karl A. Tavaststnr.ra. Er empfing uns ruhig und höflich, nachdem der Doktor einige Male an seine Thiir getlopft und unseren Be such gemeldet hatte. Er bat uns, Platz zu nehmen, aber seine Gedanken schie nen noch an dem großen Zeichentische zu hängen, den er verlassen, um uns die Thür zu öffnen. Er war ein Mann im mittleren Al ter, mager und bleich, mit einem Paar eigenthitmlicher grauer Augen, die uns sehr deutlich sagten, daß seine Gedan ken augenblicklich weit entfernt waren, und er sich nicht bemühen wollte, sie unsertwillen zu sammeln. Als aber der Arzt, mit einer Handbewegung auf uns hindeutend, erklärte, wir seien ge kommen, um ihn seine Erfindungen be schreiben zu hören, wurde er aufmerk samer, musterte uns mit mißtrauischem Blirt lächelte dann trauri« und sagte: »Welche von meinen EreiindungenA ,,Jhre große Erfindung, natürlich,« sagte der Arzt. »Alle Erfindungen sind groß, auch die scheinbar tieinen,«wendete er ein. »Jhre große Erfindung, das lenk bare Lastschiff und das Dampfschiff auf Rädern meine ich,« setzte der Arzt hinzu. ,,Sehr gern,« antwortete er—»aber . . . . aber verstehen sich auch die Herren auf derlei Dinge? Es ist Mechanik und Aerostatit; im Allgemeinen interessirt das Mechaniter und Sportsmen . . »Wir sind Beide Sportsmm,« sagte »Lustschiffsport?« fragte er. »Nein, den Sport haben wir noch nicht üben können, der ist bis auf Wei tereå zu theuer. Aber Segel- und Rad vort . . .« ich « »Ja, vorläufi ift der Luftsegelfport ein Vergnügen fgtir Wenige, sehr We nige,« fiel der Erfinder lebhaft ein und wendete plötzlich dem Zeichen ttsch, dem er sich unwilllürlich genähert, wieder den Rücken. »Aber er ift auch der Sport aller Sporte,« fuhr er im selben Athemzuge fort. ,,Laufen und Schwimmen lernen, das fällt dem Menschen verhältnißrniifzig leicht. aber zu fliegen hat er noch nicht gelernt, da rum erscheint die Kunst des Fliegens geradezu als Jdealsport.« »Sie haben sich also mit dem Prob lem der Luftschifffahrt beschäftigt?« fragte ich, vielleicht ein wenig herab lafsend und gezwungen intereffirt. ,,Nein,« sagte er lüh1, ,,nicht das hat mir hier in der Jrenanstalt Logis ver schafft. Wissen Sie, ich habe mehrere fixe Jdeen,« setzte er hinzu und lächelte ganz vernünftig. Wir fühlten uns etwas genirt wie er so freimüthig seine Verrücttheit zur Sprache brachte, und wußten nicht, was wir sagen sollten; aber der Arzt klopfte seinem Patienten gutmüthig auf die Schulter und erklärte, verschmitzt lächelnd: ,,Jngenieur Ellmann ist nicht ber riickter, als ich es bin, er lann es nur nicht fein lassen, über seine Erfindun gen zu grübeln. »Ganz recht!« sagte er sicher und selbstbewußt. »Ich tann es weder, noch will ich es sein lassen, über die Geheim nifse der Natur nachzusinnen, und da ich das hier in Frieden thun kann. habe ich mich hier als aeistestranl einschrei ben lassen. Hier habe ich mein Arbeits zimmer, wie die Herren sehen, hier ist mein Zeichentisch, und hier habe ich Lettüre die neueste Fachliteratur für das Gebiet der Erfindungen!« Ich betrachtete mir eini e hefte einer technischen Zeitung und ah, daß sie neueren Datums waren. Der s ander bare Patient fing an, uns immer mehr zu interessiren, besonders als er unge beten fortfuhr, in äußerst vernünftiger Weise fein Hiersein zu motisvirent »Die Leute sagen, ich sei verrückt, und der Doktor hier glaubt es auch, wenn er auch anders redet, das können Sie ihm ansehen. Na ja, ---— verrückt und verrückt! Jch möchte wissen, wer absolut klug genannt werden kann, undwer die Skala bestimmt hat, nach der Jhr die Vernunft meßt. Jch be I streite, daß es solche Skala giebt, die auf Alle angewendet werden kann. Un sere menschliche Vernunft ist ein allzu verwickelter Mechanismus, als daß Je mand mit einem Maßstock kommen und sagen könnte, diese Vernunft ist besser als jene. Wo haben Sie den vernünf tigen Mustermenscheni Zeigen Sie mir erst den Mustermenschen, den Alle anerkennen, dem Alle zu gleichen stre ben, den ich selbst anerkenne und dem ich nacheifere, dann erst können wir an einem Ausgangspunkt ur Schätzung der menschlichen Vernunft denken. Nun giebt es aber keinen für alle Menschen gemeinsamen Ausgangspunkt, ergo» kann mich Keiner überzeugen, daß nicht i meine Vernunft ebenso ut ist wie diej des Dotiers dort, obgleFch ich, beiläu fiig gesagt, finde, daß sie etwas besser it.'· Der Jngenieur machte mit satiri schem Lächeln eine bezeichnende Hand bewegung, und der Doktor sah ein we nig blöde aus. Um das Gespräch aus weniger polemische Wege zu leiten, be nutzte ich die Pause zu der Frage: »Aber Jhre Erfindung?« Er ging zu seinem Schreibkisch und wir folgten ihm. Während er in sei nen Papiern suchte, sprach er weiter, in dem er eifrig demonstrirte. »Ich habe, ebenso wie die meisten anderen Erfinder, Unglück gehabt. Un sere kleinen Staaten sind nicht siir Er finder geschaffen, es ist weder Kapital noch Unternehmungslust vorhanden. Jn den großen Staaten giebt es doch noch Möglichkeiten siir einen Erfinder« aber in neun Fällen von zehn verhun gert er auch dort; oder ein Glückliche-! rer kommt mit derselben Erfindung vorwärts, mit der ein weniger Glück-; lieber sitzen geblieben. Genau so ist es mir mit meinem Dampsboot aus Rä dern gegangen, das heißt mit einem Dampfboot, das auf Rädern im Was-» ser läuft.« Der Jngenieur zog eine Menge Va piere hervor und fing an, sie vor uns auszubreiten, während der Doktor. der dieselbe Sache früher wohl schon zehn mal erlebt hatte, gähnte und sich mit der Versicherung zurückzog, der Jngr nieur sei kein gefährlicher Kranier, und daß sein Vortrag recht interessant wäre, hörte man ihn zum ersten Mal. Außerdem würden wir dem armen Manne eine Stunde ungetrübter Freu de verschaffen, wenn wir auf ihn hören und so thun wollten, als fänden wir seine Erfindungen sehr genial. sit st- st Als der Doktor uns verlassen, lä chelte der Jngenieur etwas spöttisch und sagte: »Es ist eine alte Gewohnheit vom Doktor, mich ein wenig zu ermuntern und meine Zuhörer zu ermahnen, mir ihren Beifall zu schenken. Daran thut er übrigens recht. Wenn er nur nicht die sire Jdee hätte, ich sei verrückt, so würde er mir sehr gut gefallen. Jetzt reizt er mich manchmal mit feiner Ver nunftsrederei, wo er doch so dumm ist, daß er vor nicht langer Zeit eingefehen, ich sei hier gar kein Patient, sondern wohnte hier nur wie in einem Pensio nat. Uebrigens-, meine Herren, ein ganz nettes Pensionat für unglückliche Erfinder, das kann ich Ihnen ver sichern!« Wir zwei Gesunden sahen einander an, in unseren Köpfen begann alles- sich zu drehen, und wir fingen an, zu glau ben, daß der Doktor sich mit uns einen Scherz erlaubt, als er uns den Jngr nieur als Geistes-kranken borgestellt· Der Jngenieur bemerkte unsere Blicke, lächelte vielsagend und nickte. »Ja, ja,« sagte er, »Sie finden, mei ne Herren, daß ich mich zu vernünftig benehme, nicht wahr? Und daß ich zu klar und logisch denke und eigentlich allzu klug spreche, um in einer Jrrens anstatt zu sein? Aber darüber brau chen Sie sich nicht zu wundern, ich habe wirklich keine Lust, mich verrückter zu stellen, als ich bin. Also —- ineine Er findung! Ja, wie Sie vielleicht in den Zeitungen gelesen, hat man kürzlich mitVe uchen angefangen,Danipfboote Wahn truiren, die auf Rädern im sfer rollen, anstatt sich durch das selbe vorwärts zu schaufeln. Die Jdee st sehr alt, ich hatte fie schon auf der technischen Schule. Man braucht kein großes Genie zu sein, um einzusehen, daß die Reibung gegen das Wasser un endlich viel geringer werden mufz als in der früheren Art, und die Geschwin digkeit dadurch viel größer. Aber mei neJdee blieb nur Jdee, hier ift die Aus-« führung auf dein Papier, in Wirklich keit kam es nie dazu. Und in diesem Jahre las ich von einem Engländer oder Franzosen, der besseres Glück ge habt als ich, und dem es gelungen ist, Anerkennung zu gewinnen. Bald toll sie ausgeführt werden. Jeh wünsche dem Erfinder Glück.« Er breitete die Zeichnung des aller: sonderbarsten Fahrzeuges aus, das ich nur denken konnte. Es war eigentlich kein Fahrzeug im alten Sinne, sondern ein Wagen auf kolossalen Rädern, die u einem Drittel ihrer Höhe in’S Was fer sanken. Der Jngenieur gab auf A uns Acht» um zu sehen, ob uns seine· originelle Jdee impvnire, aber ich glau be, wir sahen ziemlich ungläubig aus, denn ohne die Zeichnung näher zu er-1 klären, suchte er eine Zeitung hervors und zeigte uns in derselben ein unge-! fähr gleiches Fahrzeugsprojekt, zu dem eine Beschreibung gehörte, die er uns zu « lesen bat. Als wir dies gethan, erschien unzweifelhaft die Jdee um vieles aus führbarer, ja ganz einleuchtend. Die Zeitung war nicht sehr alt, und dort stand, daß ein solches Fahrzeug schon intBausri. »Da sehen Sie, meine Herren,« sagte er, »wie eine Jdee viel glaubwürdiger wird, wenn eine große Zeitung sie aus spricht, als wenn ein unglücklicher Er finder in einer Jrrenanstalt sie zeigt! Und um sie davon zu überzeugen, daß ich die Jdee wirklich früher gehabt, bitte ich Sie, das Datum auf meiner Zeich nung zu beachten-sie ist vor acht Jah ren angefertigt —- und das Datum der Zeitung —- sie ist einige Monate alt! Jst es nicht merkwürdig, was Glück und Zufall hier in der Welt bewirken? Ein und dieselbe Erfindung macht den Einen zum weltberühmten Millionär, undduiAndnuibringtsieüVernn haus. Es lebe der Zufall, es lebe die Göttin des Glücks!« Er stellte seine Betrachtungen mit der gleichgültigen Ruhe und Resigna tion eines lebenslänglich Berurtheilten an. Es lag keine Bitterkeit in seinem Ausruf, es glich einem Referat, einer Wiederholung von Gedanken, die er tausendmal schon früher gedacht. Es wurde uns etwas ungemüthlich Sollten wir ihm glauben oder nicht? Jch für meinen Theil zog es vor, daran zu Nvrifdn,daßsenæ Ersindungfrü her gemacht worden war, denn ich will gern an eine allweife Vorsehung und Zie Belohnung des Verdienstes glau en. Als wir nichts sagten, strich er sich mit einer nachdenklichen Bewegung über die Stirn und begann wieder leb haft: »Sie sagten, Sie seien Sportsmen, meine Herren? Segel- und Rad sportsmen? Jch habe auch eine gute Erfindung auf dem Gebiete des Segel sports, die kein Anderer bisher ge macht, aber ich erwarte, bald etwas da von zu lesen. Es ist das Ballonboot—— ein Mittelding zwischen Ballon und Boot. Die Erfindung ist auf Profes sor Andrews neueste Erfahrungen mit der sogenannten Schleppleine begrün det und auf die modernsten Methoden des Yachtbaues. Mein Ballonboot ist ganz einfach eine äußerst leichte Yacht aus imprägnirter Seide, mit einem Schwert in der Mitte oder einem tief gehenden Kiel versehen. Das Jnnere der Yacht wird mit Gas gefüllt und nimmt gerade so viel auf, daß das Boot nicht in die Luft steigt, sondern mit ei nem minimalen Druck auf dem Wasser ruht. Sind Sie Yachtsegler, meine Herren, so begreifen Sie, von wie hoher Bedeutung es für die Geschwindigkeit ist, wenn die Reibung mit dem Wasser so gut wie aufgehoben wird. Nun — mit einem kleinen Segel von Seide will ich mit diesem Boot eine Fahrgeschwin digteit erreichen, die alle bisher gewon nenen Dampfschiffsrecorde schlägt. Vor dem Winde laufe ich mit ihm um die Wette, nachdem der Kiel aufgezogen worden« und ein Sturmwind kann eine Geschwindigkeit von dreißig Metern in der Setunde haben. - ch berühre kaum die Wogen, der Kie hält mit einem kleinen Bleigewicht das Boot aufrecht, und die Elastizität der Seide und des Gases verhindert alle Stöße. Wie eine Schlange schmiegt sich dss Boot den Wogen an, ,,zu schwer für die Luft, zu leicht für die Wogen«, wie Jbsen vom Dichtervogel sagt. 30 Meter pro Se kunde, das macht 1800 Meter in der Minute, 108 Kilometer in der Stunde, d. h. eine Geschwindigkeit von 60 Kno ten! Jch glaube kaum, daß mein Dampfboot auf Rädern mehr schaffen wird. Bei Seitenwind und beim Kreu zen muß man vielleicht die Segel reffen und sich mit 10 bis 20 Knoten begnü gen, so viel wird das Boot schon aus halten. Aber ich möchte unsere besten Schnellsegler mit dem Ballonboot wett segeln sehen! Sie wenden ein, das Gas sei bald zu Ende. Wochenlang tann es das Boot gefüllt halten. Aber verschwindet es all mählig, so wird es durch Luft ersetzt. Natürlich ist die Luftpumpe im Boot. Und wird das Boot auch etwas schwe rer, so hält die Luft es dennoch über Wasser, und es bleibt auf jeden Fall so leicht, daß ich mit ihm doppelt so schnell fahren werde, als je bisher ein Segler. Hier ist die Zeichnung, wenn es Sie in teressirt!« Wir sahen eine Zeichnung, ungefähr wie zu einem Segeltanot, es lag nichts Sonderbares darin. und unsere Sportsmaninstinkte fühlten sich nicht durch das Projekt beleidigt. Wir woll ten gerade unsere Meinung sagen, hätte der Doktor nicht gerade im selben Au genblick zur Thür bereingeschaut. Er fand, daß wir uns lange genug bei dem Erfinder aufgehalten, wir waren er staunt, die Situation ganz vergessen zu haben, und beeilten uns, vom Jngr nieur Abschied zu nehmen, indem wir ihm versicherten, daß seine Erfindun gen uns aus das Höchste interessirten. Er begleitete uns höflich bis zur Thür, lächelte in seiner eigenthümlichen Weise und sagte zum Abschiede »Wenn Sie mir ein ganz besonderes Vergnügen bereiten wollten, meine Her ren, so senden Sie mir bitte, die erste Sportzeitung, in der mein Ballonboot beschrieben ist.« »Aber weshalb senden Sie nicht selbst Jhr Projekt an irgend eine Fach zeitung?« fragte ich in der Thür. »Meine Projekte kommen niemals aus den Pension heraus,« antwortete er trocken. »Ich habe schon mehr als einmal versucht, aber — sie sind ja wahnsinnig, natürlich!« Bevor wir uns trennten, theilte uns der Doktor noch das über den Erfinder mit: Er war ein wohlhabender Mann ge wesen, hatte aber seine sämmtlichen Einkünfte für Erfindungen und Ex perimente vers chwendet. Niemand zwei felte an seinem Wissen und seinem Ge schick, aber er wendete es niemals fruchtbringend an. Eine Stellung, die er in einer mechanischen Werkstatt in negehabt, mußte er verlassen, weil er sie Jnicht ausfüllte, sondern nur seinen ’Theorien nachgrübelte. Als er kaum Inoch die Kleider an seinem Köper be . saß, nahmen sichsreundliche Verwandte » " seiner an, und damit er es so gut wie’ l möglich haben sollte, wurde er mit sei nem Willen in diese Pflegeanstalt für IGeisteskranke geschickt. Er fühlte sich Thier wohl und äußerte niemals den «Wunsch, fortzukommen. Was er uns soeben gesagt, klang bitter, aber Nie »mand zwang ihn, zu bleiben. Er that ’es aus freien Stücken. » st er denn verrückt?« fragte ich. »in — ja!« antwortete der Doktor ausdrucksvoll. ,,Verrückt und verrückt! »Wo ist die Grenze zwischen Vernunft und Verrücltheit?« . --....« — - - - -—-———,-—« -- Sein Stellvertreter. Humoreste von Max Hirschfeld Es fand ein Liederabend des be rühmten Tenoristen Hochzeh statt. Un ter dem athemlos lauschenden Publi kum befand sich auch Laura. Jhre schwarzen Augen hingen wie gebannt an der schlanten Gestalt des göttlichen Sängers, ihre-Ohren gewissermaßen an seinen Lippen. Auf ihrem Schooß hielt sie einen Handschuhkasten, in welchemi noch drei Paar neue Handschuhe lagen. i Ursprünglich war es ein volles hal-’ bes Dahend gewesen, aber während »der Vorträge hatte sie bereits zwei Paare zertlatscht und als total un brauchbar fortgewvrfen. Das dritte Paar hatte sie auf den Händen, es soll te bald den beiden ersten folgen. Neben Laura saß Waldemar, ein schüchternen junger Mann, der sie anbetete. Sie hatte ihn niemals erhört, sie wollte nichts von ihm wissen. Jn der Nähe des Tenoristen erschien er ihr geradezu als eine klägliche Figur. Er konnte nicht singen, das war barbarisch, er war unmusikalisch, das fand sie im höchsten Grade verächtlich. Und doch, gerade heute sollte Walde mar einen Augenblick höchster Seligkeit erleben. Der Tenorist hatte soeben eine Glanznummer beendigt. Laura klatsch te in überwallender Begeisterung das dritte Handschuhpaar zu nichte, es fiel in kleine Fetzen zerrissen zu ihren Füßen. Ein neues Paar anzuziehen, dazu fehlte die Zeit, aber wohin mit dem Ueberschwang des Enthusiasmus Sie wandte sich nach der linten Seite, » an welcher eine ihr gänzlich unbekannte - alte Dame saß. Laura umarmte sie und vergofz an ihrem Busen Thränen tief sten Empfindens. Aber die alte Dame schüttelte sie ab, und doch war noch ein » Rest von Begeisterung vorhanden. Lau sra wandte sich nach rechts und um Iarmte Waldemar, der sie entzückt an Isein Herz drückte und »Mein, meint« l stammelte. Da war aber gerade Lau ras Begeisterung zu Ende, und sie stieß den Anbeter mit dem Ausruf: »Ab scheulicher!« zurück. Sie wurde ruhig « und zog das vierte Handschuhpaar an. Er sang die Schlußnummer. llnter »Er« verstehen wir immer den Tenori sten Hochzeh, nicht Waldemar. Er war zu Ende. Man überschüttete ihn mit lBlumen. Laura hatte keine Blumen bei sich, eine Vergeßlichkeit, für welche Waldemar ein böser Blick aus den dun keln Augen traf. Sie warf ein Zehn markstück auf das Podiuin So viel hätte sie für ein Blumenbouauet ausge l geben, wenn sie daran gedacht hätte. . Und nun hinaus, hinaus an das ZPförtchem aus welchem der begnadete iKiinstler heraustreten mußte. Hun fderte weiblicher Enthusiastinnen war teten darauf, denn sie wollten ihm die Pferde ausspannen. Sein Diener er lschien. Man umringte ihn, man fragte , ihn aus. Der Herr werde in einer Droschte nach Hause fahren. Es stand l— eine ganze Reihe von Droschten auf der Straße. Jm Nu hatte man sämmt lichen Droschien die Pferde ausge spannt. Laura hatte das Glück, die Droschie ziehen zu bei-sen, welche der Tenorist erwählt hatte. Es war der Zug ihres Herzens. Er bewohnte drei Zimmer im Hoteb Das erste war das Schlafzimmer, das zweite das Audienzzimmer, das dritte das Wartezimmer. Jm letzteren stan die Verehrerinnen Hochzehs und nah men die Nummern in Empfang, welche der Diener unter sie vertheilte. Jn der Reihenfolge der Nummern sollten sie in das Audienzzimmer treten, um dem Künstler persönlich die Hand zu drücken und ihm für den Genuß des Abends danken zu können. Laura hatte Nummer 107. Sie war eine der Letzten Geduldig wartete sie, bis ihr Nummer aufgerufen wurde, dann stürmte sie hinein. Da stand er. Beinahe hätte sie ihn nicht wieder erkannt, so abgespannt sah er aus. Auch schien er in der kurzen Spanne Zeit wesentlich magerer ge worden zu sein. Von seinen stolz her abwallenden Haaren waren nur noch einzelne Strähne zu erblicken, das Ueb rige war den 106 Verehrinnen als Locken-Andenken anheimgefallen Me chanisch reichte er Laura eine Scheere hin Sie schnitt noch zwei Strähne ab, — es blieb gerade ein Rest für die paar übrigen Damen im Wartezimmer üb rig Die Größe des Augenblicks machte Laura stumm. Nur durch eine Art s chnellerfundener Geberdensprache konnte sie einigermaßen ihre Empfin dungen ausdrücken Dann aber konnte sie nicht anders, —- sie stürzte auf den Künstler zu und umarmte ihn innig. Er erwiderte ihre Küsse mit einem ge wissen Eifer, das war sehr nett von ihm, das muß man wirklich sagen. Nur mit schwerem Herzen riß siquch los-. ZWIfchM Alldienzsi und arti-zün met be and sich nicht nur eine Thüre, sondern auch eine Portiere Als Num mer 108 eintrat, schlich Laura ihr nach und versteckte sich hinter der Portierex Wenigstens wollte sie den Anblick des geliebten Künstlers noch eine Weile ge nießen. L « is Endlich war die Zahl der Besuche rinnen erschöpft. Laura wollte sich ge rade aus ihrem Versteck entfernen, als die Schlafzimmerthüre geöffnet wurde und —- der Doppelgänger des Tenori sten eintrat. Nein, kein Doppelgänger, jetzt erst bemerkte Laura, daß der Neu eingetretene der wirkliche Tenorift war und der Andere ihm nur entfernt ähn lich sah. »Kouschke«, sagte der Künstler mit finsterer Miene, »Sie überschreiten Jhre Befugnisse. Jch habe Sie enga girt, weil Sie mir einigermaßen ähn lich sehen, um mich von den Ovationen meiner Verehrerinnen zu entlasten. Aber wenn Sie jede dumme Gans ab iüssen —— ——« Ein Schrei aus einer weiblichen Kehle und das donnernde Zuschlagen einer Thüre unterbrach den Sprechen den. Laura stürzte auf die Straße, wo sie Waldemar, getreu ihrer harrend, fand. ,,Waldemar«, rief sie aus, ,,können Sie mir verzeihen?" »Alles!« sagte er auf’s Geradewohl. ,,Morgen können Sie die Verlo bungsiarten drucken!« hauchte sie. Er war nämlich Buchdruckereibe sitzen —- ----- —. y-—»« — Eine feine Familie Man schreibt aus Madrid: Vor Kur zem ist in Saragossa Jose Gonzalez, der dortige Henker, im Alter von 84 Jahren gestorben. Derselbe ist 56 Jah re ,,im Amte« gewesen und bat während dieser langen Laufbahn 192 Verirr theilte in die Ewigkeit befördert. Seine beiden Brüder, Severo und Ramon, sind ebenfalls Henker gewesen. Der erste starb in Barcelona im Alter von 89 Jahren. Man sollte glauben, das Handwerk, das darin besteht, seine Mitmenschen aus diesem irdischen Da sein zu fpediren, vertiirze keineswegs das Leben Derjenigen, die es ausüben Ramon, der jüngste der Gebrüder Gonzalez, Henker in Burgos, starb je doch am Fuße des Schafsots, auf wel chem er drei Verurtheilte gleichzeitig hingerichtet hatte. Ein Vetter der Gonzalez war Henker in Valladolid. Der Vater des Verstorbenen war Ackersmann in Grisen, einem aragone-· fischen Dorfe. In Folge einer Wette trat er beim Hen er in Saragossa alk Gehülfe ein, verblieb dort und ersetzte den »Meister« nach dessen Ableben. Jo se Gonzalez Hinterläßt eine Wittwe und zwei erwachsene Söhne. Der älteste von diesen wird die Stelle des Vaters übernehmen «-----s-.-- «-« LeichteAbbilfe Sie (nach vorausgegangenem Streit schmollend): »Das ist nicht schön von Dir, Max, daß Du so einsilbig bist!« Er (ärgerlich): »So nenne mich halt « Maximilian!«