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About Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901 | View Entire Issue (Sept. 4, 1896)
nes Jammerterls wegen zu opfern! Es ist einfach himmelschreiend!'· Großvater Dechappes wußte daraus nichts zu erwidern, er vermochte beim besten Willen nicht« seiner zugeschnitt ten Kehle einen Ton zu entloelen, seine Tochter bewahrte sich aber auch hier wieder als praktische, von wertthiitiqem Mitleid erfüllte Frau, die mit klarem Blick die Situation überschaute. Sie zweifelte keinen Augenblick, das-, die böseGeschichth wenn sie sich erst in den Kneipen herumsprach, bei der Arbeiter und Bauernbevölterung genug bdses Blut machen und ihr Theil dazu beitra Zeen wurde, ihrem Mann, der sich zur tt gerade um ein Mandat siir die Te putirtenlammer bewarb, bei der Wahl zu einem Durchsall zu verhelfen; sie nahm deshalb auch gleich die Gelegen heit wahr, allen böswilligen Auslegun gen des bedauerlichen Vorfalls von vornherein zu begegnen, und flüsterte in dieser Absicht dem Gatten in’s Ohr «Der arme Mann scheint ja verwundet zu sein. Wir müssen ihn in jedem Falle mit aufs Schloß nehmen und dort nach besten Kräften pslegen.« »Na, das wäre ja noch schöner!« ries der Gras mit dem Brustton sittlicher Entriistung. »Ja, ja, glaube mir, Du wirst schon später einsehen, daß ich Recht babe,« re dete Frau de Feul auf ihren Gatten ein. »Ich deute, wir handeln dabei mehr in Deinem," sie verbesserte sich rasch, »in unserem eigenen Interesse als in dem des Bettlers.« Sie wußte des Weiteren so viele ans schlaggebende und überzeugende Argu mente zur Unterstützung ihres Vor schlags anzuführen, und Großvater Dechavpes gab seinem Einverständnisz mit den Aussiihrun en seiner Tochter durch lebhaftes Kop nicken so entschie denen Ausdruch daß Herr de Feul schließlich llein beigab und aus weitere Einwendungen verzichtete. Aber wenn er sich auch der besseren Einsicht seiner Frau unterordnete, so konnte er es sich doch nicht versagen, seinem Sclnnerz über den Verlust seines Liebling-I- in halblaut gemurmelten Schimpsereien Lust zu machen, die seinem arenteuloi sen Haß gegen das ,,etell)aste Geschmeiß herumlungernder Strolche« beredten Ausdruck gaben.- « ,,ueoer1akz oie Ordnung Dreier gurge legenheit nur mirs« Mit diesen Worten wandte sich Frau de Feul dein verschüchtert dastehenden Bettler zu. Jhrer freundlichen Zu sprache gelang es endlich auch, den ob dieser Ehrung verblüssten Alten glück lich dazu zu bewegen, den Wagen zu be steigen und neben dern Kutschersitz Platz zu nehmen« Joseph und Herr de Feul schassten inzwischen den Kadaver des hundes von der Chaussee weg aus das Nachbarseld und bedeckten ihn noth diirstig mit einer Schicht rasch zusam mengelesenen Holzesz hier sollte er vor iiiusig liegen bleiben, bis der vorn Schloß beorderte starren ihn ablolen würde. Nachdem auch dieses traurige Geschäft beendet war, nahmen Beide ihre Plätze im Wagen wieder ein, der sich in der Richtung nach dem Schloß in Bewegung setzte. Lustig trabten die Pferde zwischen der Doppelreihe der Riesenbiwme dahin, durch deren dichtes Laubwerk hier und da ein slirnmender Sonnenstrahl ausblitzte und goldene Ringel aus den weißen Chausieestaub zeichnete. Raum zu Hause angelangt, sorgte Frau de Feul dafür, daß dem Basta bunden gehörige Wartung und aus mertsame Pslege zu Theil würde. Bald verbreitete sich in der ganzen Umgegend das Gerücht von der Heldentbat des Grasen, der mit eigener Lebensgesahr den alten Bettler den Zähnen seiner ra senden Dogge entrissen hatte. Man be sprach in aller Aussiihrlichleit die ein zelnen Phasen des schrecklichen Kam pses. in dessen Verlause es dem Ver theidiger des Vilslosen und Schwachen glücklicherweise gelungen war, der wü thenden Bestie mit der scharfen Klinge seines Stockdegens den Garauä zu machen. here de Feul sah sich jetzt auch in die Lage versetzt. den Zeitrrnagbe richterstattern, die aufs Schloß lamen, um ihn zu interviewen, Rede und Ant wort zu stehen« Laut erklang im gan zen Lande das Lied vorn braven Mann, urn dessen haupt sich der Lorbeer des; Helden wand, und der Bettler-, der sich die grösliche Küche tresslich schmecken ließ und bei der üppigen Ernährung dick und rund geworden war, trug sein Theil dazu bei, für seinen Lebens-better Zeugniß abzulegen und den Edelmnth der de Feukö in’s hellste Licht zu setzen. Dem Grasen verschasste die Geschichte einen Zuwachs ern hundert Stimmen bei der Wahl und damit den Siea über seinen Gegner, einen radilalen Arzt, der sein bischen hab und Gut in Pillen und Mixturen angelegt hatte, die er, um Stimmung site sich zu machen, als All heilmittelg geen jegliche Krankheit unter die Wähler vertheilte. Dragg bat seine letzte Ruhestötte irn schönsten Theil des Schloßgartenä ge-· sunden. s Herrn Dkchappcs aber hat das Dundeabenteuer die Lust gründlich ver leidet, an den Spaziersahrten feiner Kinder fürderhin theilzunehnienx er möchte sich derartigen aufregenden Scr nen nicht gern auf's- Neue aussetzen und Zieht es deshalb vor, zu Hause zu blei en. Ich komme, mein Lieb, ich komme ! Von J. Weist-aged Seines Zeichens Mathematiler bei einem der ersten Versicherungs-Jnsti-" tute der Monarchie, dabei in feinem vollkommen frei erwählten, ohne iede Nöthigung zu Broderwerb ergriffenen Berufe schier aufgehend, war er gleich wohl tein trockener»3ahlenmenfch. Ei nige seiner engeren Freunde —- er hatte deren nicht viele —- erzählten, sie hätten hie und da lyrische Kleinigkeiten von ihm zu Gesichte bekommen, die von reichem Gemüthsleben und vornehmer Deniart zeugten. Sonst wußte man noch, daß er ein namhaftes Vermöaen und eine offene Hand besaß. Vergnü gungen iibten wenig Anziehnngskraft auf ihn aus. Die Jahre, in denen sonst bei Leuten seines Alters Liebeleien eine hervorragendeNollespielm, hatte es der Arbeit und ernstem Studium aetoid met, das Ewig-Weibliche war ihm bis her fremd geblieben. Wie denn über haupt feine ganze Jugend klar verlau fen und sicherlich durch nichts getrübt war, was er hätte verheimlichen müssen. sfr hielt sich an seine Wissenschaft, die ging ihm übör Alles. Und diesen rei nen Menschen ereilte sein Verhängniß in häßlicher Form —- — eine Mervenarnpannung oie er na durch intensive nächtliche Arbeit zuge zogen hatte, trug ihm die scharfe Mah nung des Arztes ein, sich durch minde stens zwei Monate jeder geistigen An strengung zu enthalten. dazu die übliche Formel, er solle trachten, sich in ame nehmer Weise zu zerstreuen. So wid mete er seine freie Zeit dem geielligcn Verkehr mit Freunden und Alters-ge nossen, deren lustige Gespräches und nicht minder lustige Streiche nachgerade oen Wunsch in ihm rege machtesi,!02a.1s ches nachzuholen, wag er bisher ver säumt zu erachten begann. Man traf ihn daraus wiederholt im Theater, im Konzertsaale und aus Mastenbällen, zumeist solchen, wo junge Männer sich am besten zu unterhalten pflegen. Dort tras er sie und dort wurde er mit ilzr be kannt. Ein Madonnengesicht von leuscher Prägung, das selbst den Wissenden trü gen konnte. Zudem im Wesen von je ner weichen, hingebungsiiihigen Schmiegsamleit, welche aus das Män nerherz wirkt, wie zündende Glutb und Mohnsast zugleich —- entflammenr und dennoch einlullend, so sanft, so siiß einlullend ..... Jn der That währte es nur wenige Tage und er hatte schon sein anzes Herz an sie gehängt Daß auch te an ihm Gefallen fand, daß sie ihn möglicherweise sogar liebte, nach ihrer Art wirklich liebte, war kaum zu verwundern. Ein Mann von solch hoher, seinsiihliger Gesinnung —- sein gewinnendes Aeuszere gar nicht in Be tracht gezogen-mochte ihren Weg noch nie gekreuzt haben s« Hatte ct scltlc Beziehungen zu use nicht wie ein Heiligthum in sich ver schlossen und behütet, hätte er einen fes ner Freunde gefragt, er konnte leicht et fnhren, daß sie auf eine seltsame Ver gangenheit zurückzublicken hatte. ja das: selbst ihre gegenwärtige Lebensführung durchaus nicht vorwurfsrei befunden wurde. Allein er schwieg, Niemand ahnte etwas von feiner tiefen Leiden schaft, und so mußte es ihm widerfah ren, daß ein Theil der Wahrheit Ihm brutal und mit jähem Ruck enthiillt ward, als er sich schon mit dem viillig ausgereiften Gedanken trug, sie zu fei nem Weibe zu machen, nein, sie um die Gnade anzuflehen, um das hohe Giiich ihr seinen Namen geben, sie auf Hän den tragen zu dürfen. ? Aus der Gesellschaft, wo von unne fähr die Rede auf sie gekommen war. in einem Tone, der es sofort»-4nzweiselhast erscheinen ließ, daß jeder Versuch einer Ehrenrettung nur dazu gedient hätte, helles Gelächter zu entsesseln, aus die sem derbfröhlichen Kreise hatte er sich davongeschlichen, blaß wie der Tod. Ehe er noch gewahr wurde, daß dumpfe Betäubung ihn den gewohnten Wea ge führt, hatte er schon die Treppe ertlomi men, stand er vor ihr. Ein Blick in fein fahles, fchmerzverzerrtes Antlitz, und sie errieth, daß jetzt einaetreten war, was sie lange vorher befürchtet hatte. Aber weil sie diesen Moment kommen gesehen, sand er sie nicht unvorbereitet. Sie selbst brachte den Erstarrtcn zum Sprechen, und sie war klug genun, nicht Alles zu leugnen. Nur das tnmsch Brandmartende verschwieg sie, sonst gestand sie Alles. Doch unter Witten und Thränen schwor sie ihm zu, sie habe mit dem Augenblicke, da sie ibn kennen aelerni, den großen Strich über ihre Veraangenheil gemacht; von da an habe « sie sich gelöst-It gefühlt, denn ihre erste J wahre Liebe sei und bliebe doch nur er. Vielleicht log sie nicht einmal, wenn sie so sprach, vielleicht waren esechte Her zenstöne, mit denen sie ihn ansieht-, er solle sie nicht von sich stoßen. ? Er seufzte nur tief und schmerzlich auf. Und dieser Seufzer wollte befa gen, daß er den besten Theil seiner Jllu sionen eingesargt hatte, nicht aber feine iLiebe und auch nicht den Glauben an I sie. Bis auch dieser ihm geraubt wer den s ollte. Nach Wochen leidlich guten Einvernehmens, in denen sie Alles Ta ran gesetzt hatte, ihn vergessen zu ma chen und zu versöhnen, begann sie. ihn mit Anderen zu betrügen. Ob dies nur aus rückfälliger Gewohnheit geschah, an der ihr Herz tein Theil hatte, mag da hingeftellt bleiben. Genug daran, daß er’s erfuhr und zornentbrannt Rechen schaft von ihr forderte· Als sie aber verzweifelt sich zu seinen Füßen wand, da erst empfand er, wie weit es mit ihm gekommen war und daß er ihren Thra nen nicht mehr widerstehen konnte. Da rum floh er vor ihr. Fort aus ihrer vernunstraubender Nähe, fort von Wien, in’s Bergland, wo es jetzt — turz nach der Schnee schmelze — noch recht einsam war, wo er zur Ruhe kommen, überlegen, sich selbst finden konnte. Dort wollte er gesunden. Gar oft hatte sein in stren ger Geisteszucht geschulter Verstand ihn den Sieg davontragen laffen iiber manche Wallung des Blutes· Immer nur galt es, die präzise Formel zu fin den fiir das, was in ihm -vorgina, Und die Folgerungen, die sich daraus von selbst ergaben, hatten ihn noch stets ror weiterer Anfechtung geschützt. Erkennt niß bedeutete Heilung, und war er erst mit sich allein, dann mußte es ihsn auih diesmal gelingen, den Zustand feiner Seele analytisch bloszulegen. ilnd das gelang, früher als er gehofft hatte. Nach kaum vierzehn Tagen war er über sich im Klarem lein Glied der logischen Kette fehlte, er hatte das Problem eke nau durchdacht und berechnet. Nun be gab er sich nach Wien zurück. Sein er ster Weg war zu ihr. Als sie mit einem Freudenfchrei ihm an den Hals fliegen wollte, wehrte er ab. Sie solle sich ei nen Augenblick gedulden, er hätte ihr was zu erzählen. - .- - l »Ja) toar m O. , orgamt er ruhig, »einem kleinen Orte in den Hochalpem Dort in der Nähe ist ein Wasserfall, von schroffer Felswand stürzt sich ein brei ter Bach in einen schaurigen Abgrund. Hoch oben dunkleTannen, deren nieder bängende Zweige in die Fluth zu tau chen scheinen, gleichsam zuckend unter dern fortwährenden Anprall. Von unten aus der finstern Schlucht dringt der Gischt des zerschellten Wassers, aus und nieder wallend, wie brodelnder Ne bel, und das Getöse, der majestätische Donner des Naturspiels beherrscht die Gegend. Dorthin hat es mich häufig gezogen bei Tag —- häusiger noch bei spielendem Mondlcht. Und do.:t lntte ich einst eine Vision. Vor mir, hart am Ufer, tauerte ein Mann, den Kopf in die Hände gestützt und mit gebenatem Rücken, wie Einer, den schwere Seelen pein wundgedriickt. Sein Antlitz konnte ich nicht sehen, aber seine Stimme hörte ich. »Was denkst Du, was donnerst Du?« schrie er in die tosende Fluth »Mühst Du Dich, den Schmerz zu über täuben, der mir die Brust zerwiiblR — Ei, das war gestern, ehegestern — heute hat’s nicht mehr Noth. Heut’ bin ich ihr entronnen, der Feilen, die mich so elend gemacht, zerbrochen sind die nn wiikdigen Fesseln. Singe mir d’rnm ein Siegeslied, ein Schlummerlieo denn mich dürstet nach Ruhe, ach, so sehr nach Ruhe!« Und dann nach einer Weile: »Das ist der Ton, so th1:t’s wohl, nur leiser, noch leiser!« Und mich selbst wollte bediinten, als hätte das Brüllen des Sturzes sich zu sanfter Harmonie ausgelöst. Dem Manne brachte der zauberische Wohltlann Ficht liche Linderung, er erhob sich, trat Iris den Felsvorsprung und beugte sich lau.:, schend über den Schlund. s Mit einemmale schneute er en drei Höhe, und ein Hohngelächter, schrill undz schneidend, brach von seinen Linden »Du bist auch da, auch hierher versolgst -Du mich? Und da hinab möchtest Du mich locken? Gib Dir keine Miihe. mein Püppchen, das ist vorbei —- vergeblich, all Deine Künste versangen bei mir nicht mehr!« ( Jch blickte hin, kaum wollte ich mei-; nen Augen trauen: Aus dem woziens den Gischt lösten sich weiche Formen, ein Weib schwebte empor, in lanqm fließenden Gewändern, ich sah ihr Ma donnengesicht mit den verträusnten Blauaugen, die wunderschönen, weiszen Arme streckte sie nach ihm aus-. Der Mann am Ufer aber blieb ungerührt, sein Lachen klang immer lauter, als weidete et sich an dem lockernden Spuk. Plötzlich änderte sich das Bild. Die Frauengestalt ließ den Kopf sinken nnd als sie ihn wieder hob,erglänzten Thra nen in ihren Augen. Händeringend wars sie das Haupt zurück, und dann, wie in ausbrechender Verzweiflung schlug sie beide hände vor’s Antlitz. Mit dem Manne ging eine seltsame Veränderung vor, er begann heftig zu zittern. »Mein Lieb’,-« hörte ich ihn zärtlich flüstern, »Du weinst! Und weißt doch, daß ich Deine Thränen nicht sehen lannl Was ist Dir, mein trautes Lieb?« Die Gestalt neigte den Kon matt zur Seite und wies mit dem Finger nach abwärts. Von ihrem Gürtel hing eine lange, schwere Kette nieder, deren Ende sich im Ab rund verlor. Jetzt er griff sie die masi ige Fessel mit ihren fei nen Händen Und schüttelte sie mit aller Kraft, als müsse es ihr gelingen, sich zu ’ befreien. Doch ihren ohnmächtigen Versuchen zum Hohne, schien das Ge wicht der Kette sich nur zu mehren, mä lig und langsam begann die Gestalt zu versinken, den angstvollen, hilfeflrhem den Blick unablässig nach aufwärts ge richtet. Da verlor der Mann auf der Fels platte alle Besinnung. ,,Gefefseli!« feuchte er, ,,Angetettet und in Nöthenl ....Mein Mädchen, Hilfe heischend! Jch komme mein Lieb, ich komme! —— Z . s I s « Du sollst mir nichtversinten, mein Lieb, Du sollst mir nicht untergehen!« Noch einen Augenblick schien er zu zaudern, dann wars er beide Hände in die Höhe: »Ich komme, mein Lieb, ich komme!« schrie er jubelnd aus, und topiiiber stürzte er in die grause Tiefe. Der Sprecher war ausgesprungen, und was er noch sagte, kam heiser und stoßweise aus ihm: »Ich habe den Mann noch einmal gesehen . . .. weiter unter, wo das Wasser hervorbricht · . . ich sah eine blutige, verstümmelte Lei che . . . . sein gräßlich entstelltes Antlitz . . . und ich will jener Mann nicht sein ich will nicht! Hörst Du? Jch will nicht!« Noch ehe sie ein Wort der Erwide rung finden konnte, war er aus der Thür. D- c-j.1- -- .«:-s. .«:1 Li-- —..:s-1.-—.-L-— WU VULLL LL III-V uns IVL uukccllullUfLP gesetzt, indem er ihr zeigte, daß er sich1 bewußt war, wohin sein Weg .t,-n süh ren mußte, wenn er die Kraft nicht sand, sich rechtzeitig von ihr zu lösen. Klar und deutlich hatte er das Endre iultat feiner Berechnung hingestellt, wie es nur die Mathematiker thun, oder etwa noch die Poeten. Nur Eines hatte der gewiegte Mathematiker nicht be dacht: Daß man bei jedem richtig be rechneten Resultat auch die Probe auf das Exempel machen kann. Und doch war dieser Gedanke so naheliegend! So naheliegend, und genau so alt, wie die Sage von Simson und Delia.. Einige Tage ließ sie nichts von sich hören, dann aber war sie plötzlich Las i ner Wohnung. Abgehiirmt und mit vermeinten Augen, sie, die er nur im Wohlleben gekannt, fast dürftig. Sie bat nicht und sie weinte nicht, aber sie richtete ihre Augen mit solch hilflofcm Jammer auf ihn, daß sich ihm das Herz zusammentrampfte. Sie wisse, welches ihr ferneres Schicksal sei, und sie aebe sich darüber keiner Täuschung hin. Sie werde in den Sumpf zurücksinten, ans dem er sie zu sich emporgehoben, da sei keine Rettung, das müsse sie verwin den. Aber eine Bitte möge er ikr ge währen: Noch einmal möge er zu ihr kommen, wie in den alten Tagen nnd dann von ihr gehen, aber nicht so wie er’s zuletzt gethan, nicht so liedlosl Er hörte schweigend zu, sie konnte nicht errathen, was in ihm vorging. Aber zuletzt sprach er mit gebroclener Stimme: »Ich komme, mein Lieb’, ich kommt-l« Das- waren prophetische Worte, sic erfüllten sich an ihm. Er karg tmd es blieb nicht bei dem Einenmal. Er tam wieder, und als er es dennoch einmal versuchte, sich los-zureißen, vermoch: e er es nicht mehre Er war ihr verfallen mit Leib und Seele, gänzlich verfallen, und ihre Schande war auch die seine ge worden Hohläugig und mit fallen Wangen schlich er zuletzt umher. Und eines Tages hat man ihn im rlrater gefunden mit durchschossenir Schläfe »Motive der That unansge klärt, « stand Tags darauf in den Mor genblattern zu lesen ffs ,,Eber« und »Jltis«. Wir lesen im »B. T.«: Der Unter ang des ,,Jltis« der die Gemijther in Po starke Erregung versetzt hat, ruft die Erinnerung an jene schreckliche, von gleichen natürlichen Ursachen herausbe schworene Ratastroplje wach, in die am 15. und M. März 1889 in der Bucht von Apia drei deutsche Kriegssahrzeus ge, der »Eber«, der ,,Adler« und die ,,Olga« hineingezogen waren. Die da maligen Berichte geben von der Furcht barteit der in den Tropen herrschenden Wirbelstiirmeein so anschauliches Bild, daß sie ohne Zweifel auch für das neue Unglück charakteristische Merkmale ent halten. Namentlich springt die Ana loaie zwischen dem damaligen Schick sal des ,,Eber« und dem »Jltis« in die Augen. Wenige Tage vor Ausbruch des Sturmes war das Wetter sehr trübe gewesen, und das Barvmeter war be 1 ständig gefallen, aber Niemand hatte einen so fürchterlichen Sturm, wie er am Freitag, den 15. März, Nachmit-» tags losbrach, erwartet. Gegen 11 Uhrs Nachts war der Wind zu einem Orkan l angewachsen, und auf fast allen Kriegsschifer arbeiteten die Maschi nen, um den Druck desSturmeTz auf die Ankertaue zu mindern. Die Mann fchaften auf den Segelschiffen hatten meist Referveanker geworfen und wa ren dann ans Land gegangen. Um Mit ternacht begann es zu regnen, und der Orkan nahm immer mehr zu. Vom offenen Meer aus brachen mächtige Wellen in den Hafen hinein. und die Schiffe wurden wie Nußfchalen hin und hergeschleudert. Jeder Mann an Bord war auf seinem Posten. Die An ker des ,,Eber« verloren gegen Mitter nacht ihren Halt und eine Stunde spä ter die der »Vandalia« ebenfalls, aber beiden Schiffen gelang es durch Be nutzung voller Dampfkraft, sich von dem Riff und den übrigen Schiffen fern zu halten; stärker und stärker rafte der Sturm, und der Regen gofz ir. un aufhaltsamen Strömen herab. Gegen drei Uhr wurde die Situation beänftigend; fast sämmtliche Anler hatten sich losgerissen, und die Gefahr von Kollisionen lag fehr nahe. Auf verschiedenen (amerikanifchen) Schiffen brach eine Panit aus, und nur mit Mühe gelang es den Offizieren die Ordnung wieder herzustellen. Das Un wetter hatte auch die Bewohner der Stadt aus der Ruhe aufgeschreckt, Männer und Frauen eilten auf die Straße, und die Eingeborenen schienen besser als alle Anderen die schreckliche Lage, in der sich die Schiffe im Hafen befanden, zu verstehen, denn sie eilten alle an’s Ufer und blickten mit ängst licher Spannung in die fürchterliche Nacht hinein. Vom Ufer aus konnte! man die Lichter der Kriegsschiffe unter scheiden, doch sahen die Leute am Ufer, daß sämmtliche Schiffe ihren Ankerhalt verloren hatten und nach allen Richtun- « gen hin- und hergeschleudert wurdenJ sie hörten auch durch das Heulen desi Sturmes einzelne Kommandorufe, und athemlos standen fie da, jeden Augen-! blick erwartend, daß zwei der Schiffes gegeneinander geschleudert und eins H oder auch beide in die Tiefe versinleni würden. ! Etwas nach funf uyr fing es an zus tagen, und das erste Iltiorgengrauenl enthüllte ein Schauspiel, wie man es nicht häufig zu sehen bekommt. Die Position der Schiffe hatte sich seit dem Tage vorher vollständig geändert; der starke Nordoftwind hatte die sämmt lichen Schiffe von ihrem bisherigen An terplatz losgerissen und trieb sie dem Riff zu; schwarze Rauchwolten stiegen aus den Schornsteinen aus, ein Beweis-, daß man verzweifelte Anstrengung-en machte, gegen den Wind anzukämpfen. Die Decks waren voller Menschen, die irgendwo an den Masten oder im Ta kelwert einen festen Halt suchten; wie Korkstiicke flogen die Schiffe hin und her, bald schien es, als ob sie auf dem Bug ruhten, bald standen sie senkrecht« auf dem Stern nnd im nächsten Augen blick hatte eine heftige Welle das Schiff scheinbar vollständig verschlungen. Am deutlichsten zu erkennen waren ,,Eber«,' »Adler« und »Nipsic«; sie befanden sich dicht zusammen Und waren nur noch wenige Yards von dem Riff entfernt. EIN-.- «-;-«- 0»vm-»mkmni- Glief«s machie die verzweifelten Anstrengun-« gen, dem Sturme zu trotzen, aber mit jeder Minute trieb es näher an das Rifs hinan, und sein Schi sal schiezi besiegelt , zu fein. Plötzlich machte es noch einen « verzweifelten Vorstoß, die letzte An strengung, dem sicheren Verberben zu entgehen; die starke Strömung aber trieb das Schiff nach rechts und traf mit dem Vordertheil die Breitseite der »Nipsic«, so daß ein Boot und ein Theil der Brüstung derselben fortgerissen wurden. Der »Eber« fiel dann zurück und stieß mit der ,,Olga« zusammen, jedoch ohne daß eines der Schiffe durch diese Kollision erheblich beschädigt wurde. Die beiden Kollisionen schienen indeß die Kraft des »Eber« gebrochen zu haben und das Schiff absolut un fähig zu sein, noch irgend welchen Wi derstand zu leisten. Das Boot drehte sich mit der Breitseite dem Winde zu und trieb dann langsam nach dem Riff hin. Gewaltige Sturzwellen brachen auf das kleine Fahrzeug ein und trieben es unaufhaltsam ins Verderben. In diesem Momente kam eine gewaltiges Woge angerollt, der ,,Eber« wurde wie ein leichtes Stück Kori aus den Kamm der Woge gehoben und dann mit der Breitseite gegen das Risf geschleudert. Der Krach war entsetzlich, und in weni aen Augenblicken war das Schiff spur los verschwunden; es hatte mit dem Kiel das Riss getroffen, rollte dann vollständig über die Seite und ver schwand im tiefen Wasser. Jeder Bal ken des Kanonens- oots muß durch den Krach zersplittert worden s ein, und die meisten der Unglücklichen, die sich an Bord befanden, wurden jedenfalls zer malmt, ohne zu fühlen, daß die Wogen über ihnen zusammenschlugen. Hun derte von Leuten befanden sich zur Zeit auf dem Strande, und vor Aller Augen ging das furchtbare Werk der Zerstö rung vor sich. Einen Moment standen die Leute da, wie vor Schrecken ge lähmt, dann aber klang ein Schrei des Entsetzens von allen Lippen, und wie auf Verabredung stürzten Alle, soweit es die tosende Brandung erlaubte, auf die Stelle los, auf welcher der ,,Eber« untergegangen war. Die Eingebore nen drangen tollkiihn und die branden den Wellen nicht achtend vor und war teten mit ängstlicher Spannung« ob nicht ein paar der Unglücklichen wieder auftauchen würden. Niemand dachte an den Krieg zwischen Deutschland und Samoa, und Niemand kümmexte sich darum, wer Freund oder Feind war. Zuerst schien es, als ob jedes lebende Wesen mit dem Schiffe zu Grunde ge gangen sei und Niemand wieder auf tauchen würde, aber schließlich fah man doch ein paar Unglückliche mühsam ge gen die Brandung an dem Riff an kämpfen. . Jn dem Augenvtrcre wurde auch ern Mann entdeckt, der sich an den Pfählen einer kleinen Werft festzklammern suchte; sofort stürzten mehrere Perso nen darauf los, und kräftige rettende Arme trugen den Unglücklichen an’s Ufer. Es war ein junger Mann mit ei nem hübschen, knabenhaften Gesicht, der Offiziersuniform trug: der Lim tenant zur See Gaedecke und überhaupt der einzige Offizier vom »Eber«, der gerettet wurde. Er war halb betäubt und konnte sich gar nicht in seine Lage hinein-finden. Lieutenant T. G. Fil lette, der Marineoffizier der ,,Nipsic«, der schon seit Monaten das Kommando im amerikanischen Konsulatsgebäude hat« nahm seinen deutschen Kameraden unter den Arm und führte ihn in’s amerikanische Konsulat, wo der Schiff brüchige verpflegt und wieder zum Be wußt sein gebracht wurde; der junge Mann brach aber fast zufammen, als er das Schicksal seiner Kameraden in sei nem vollen Umfange erfuhr. »Er hatte sich, als der »Eber« gegen das Riff ge schleudert wurde, auf der Brücke befun Ien, während sämmtliche anderen Offi ziere unter Deck waren und wahrschein lich alle zerquetscht worden sind. Bald iachdem, so erzählt der Gerettete, das soot gesunken wa, befand es sich wieder an der Oberfläche des Wassers, und Ihne daß er (Gaedecke) selbst im Stan Ie gewesen wäre, sich zu rühren, fühlte er, daß er gegen das Ufer getrieben vurde, wo er dann auch gerettet wurde. Zur selben Zeit wurden auch noch vier Matrosen, die in der Brandung mit Dem Tode rangen, von den Eingebun ien gerettet und an’s Ufer gebracht. Es war gegen sechs uyr Morgens-, als der ,,Eber« untersank. Während der Aufregung, die diese Katastrophe hervorgerufen, hatte man die anderen Fahrzeuge einen Augenblick aus den Augen gelassen, aber bald überzeuate man sich davon, daß die Lage einzelner derselben inzwischen ebenfalls eine sehr beängstigende geworden war. Der »Adler« war durch die ganze Bai ge schleist worden und war auch mit der ,,Olga« in Kollision gerathen; ,jetzt be fand sich das Schiff ebenfalls in der Nähe des Riffs und zwar etwa 200 Schritt westlich von dem Punkte, an welchem der »Eber« gescheitert war. Ebenso wie der ,,Eber« trieb der »Ab ler« mit der Breitseite auf das Riff zu; das Schiff wurde auf die oberste Spitze des Riffs geschleudert und legte sich dann vollständig auf die Seite; fast sämmtliche Mann auf Deck wurden ins Wasser geschleudert. Glücklicherweise war das Schiff so gefallen, daß es, als es sich auf die Seite legte, vollständig aus dem Wasser herausragte; das Deck bildete einen rechten Winkel mit der Oberfläche des Wassers und war dem Ufer zugekehrt, so daß es aslo ziemlich vor der Wuth des Sturmes geschützt war; die vielen Leute, die in’s Wasser gestürzt waren, konnten sich also wieder retten und suchten auf dem jetzt senk recht stehenden Deck Schutz. Von den 1220 Ofsizieren und Mannschasten, die sich an Bord befanden, ertranken zwan zig Mann: alle Ofsiziere mit Einschluß des Korvettenkapitäns Frie, des Kom mandanten des deutschen Geschwaders, wurden gerettet. Verschiedene vom ,,9ldler« erhielten jedoch noch schwere oder leichtere Verletzungen, wie zum Beispiel der Kapitän Fritze, der ziem lich schlimm mitgenommen worden ist. Die Eingeborenen brachten es fertig, durch ein starkes Tau dasDeck des »Ab ler« mit dem Ufer zu verbinden, und mit diesem Tau wurden verschiedene Von der Mannschaft gerettet. Leider ris-, das Tau bald, und so mußte der Rest der Unglücklichen sich an dem Deck festklammern und den ganzen Tag so wie die ganze Nacht dort aushalten. Der »Eber« hatte damals 87 Mann an Bord und 70 verloren, der ,,Jltis« hat jetzt 73 Seeleute eingebüßt und nur zehn sind gerettet worden. Die näch sten Tage werden nun wohl die traurige Spannung über die Einzelheiten des furchtbaren Unglücks lösen.