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About Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901 | View Entire Issue (Aug. 28, 1896)
Die Brunnenknr. Humor-esse von Wilhelm Herden. Wenn man erst seit vierzehn Tagen verheirathet ist, kann man keinen jun gen hübschen Mann leiden, der aus Meter Entfernung in den Ge rchtitreis des reizenden Weibchens kommt. Zum-M wenn man trotz des gewöhn lichen Namens Schmidt ganz unge wöhnlich eisersiichtig ist. Und das war der junge Rentier Christoph Erich Wilhelm Schmidt, seit zwei Wochen Mann der graciösesten, schelmischsten, entzückendsten jungen Frau in Dingsda. Darum hatte er auch beschlossen, seine Flitterwochen in einem ganz ab gelegenen Gebirgsneste —- Felsbichel zubenamst ·- zu verbringen. Aber mit Schrecken traf er eine ganze Kolonie entserntester Verwandter und naber Bekannter dort. Darunter den oben im ersten Satz schon verpönten »hiibschen jungen Mann« der aus zehn Meter im Um kreis verbannt war — Vetter Odilo Urban — noch zu allem Unglück Lieute nant —- momentan zwar in Civil, ohne aber sein pitantes schwarzes Schnau biirtchen und sein keck-selbstbewußtes, Ressicheres Auftreten abgelegt zu ha So derlegt er sich auf die schärfste, sorgsiiltigste Beobachtung und suchte den unbeauemen Vetter in raffinirte ster Weise aus dem Banntreis zu uchen. Heute hatte er ihn mit zwei Führern aus den Karpfenlegel geschickt, einem nichtswürdigen Berg, der von unten all’ das versprach, was er oben nicht hielt. Die beiden Führer hatte Schmidt dermaßen besiochen, daß sie den guten Odilio als richtige »Ansiiher« erst drei malum den Berg herum und dann erst hinaus weisen sollten, so daß zu hoffen war, er würde noch morgen und über morgen von der strapaziösen Tour der art invalid sein, daß er keine Lust ver spüre, sich in Damengesellschast zu zei nen. Nachdem Schmidt so sein Haus als sorgsamer Ehemann fiir drei Tiige be stellt und zu allem Ueberfluß Frau Ella in sichere Gesellschaft der sechs äl testen Damen der Fremdenkolonie un tergebracht hatte, fühlte er das Verlan gen in sich, wieder einmal allein einen kleinen Morgenspaziergang zu unter nehmen· Und Frau Ella gönnte ihm das Ber gniigen vollkommen. Jhm und sich! « Sie hatte die Tage her sich selbst gleich ihm durch seine Eifersüchtelei gequält gefühlt und sich mehrmals insgeheim versichert, daß Christoph Erich Wilhelm davon geheilt werden müsse, wenn nicht ein leiser Schatten aus ihr s spiegelt-lan ies Ehelgiick fallen sollte. So schlenderte Schmidt denn durch das schmucke morgenfrische Dörfchen, triillerte vergnügt —- er dachte an seinen Betrath an dem Lieutenant — und be trachtete mit so lediger Miene, als er es vermochte, die Welt. »Es thut doch wohl,'« murmelte er, »wieder einmal aus dem Ehejoch ent ronnen zu keins« Und er ·ldete sich ein, er fühlte sich jetzt wirklich um ein Riesiges freier. Vielleicht hundert Schritte vor dem Dorf an einem Kreuzweg stand ein al ter Brunnen. Eine starke eiserne Kette, die iiber eine Kurbel lief, trug einen breiten, festen holzeimer in ziemliche Tiefe hinunter, aus dem er gefüllt mit dem unten gesammelten bergfrischen Naß wieder heraufgewunden wurde. heiter freilich war infolge anhalten · der Hitze der Wasseroorrath fast ganz vertrocknetund seine unterirdische Spei sung versagte. Ein hübsches Dorfdirndl haspelte erade einen Eimer voll herauf und Zellte ihn aus den Brunnenrand. Da kam Schmidt dazu. Gerade in dem Maße, wie er aus seine Frau eifersiichtig war, konnte er selber flatterhafi sein« Es ist das keine novellistische Ver Mnung seines Charakters —- solche "nner giebt es nach Aussage gekrieg ter Sachverständiger mehr. »Laßt nur!« hatte Frau Ella als Fräulein Ella zu Denen, die sie davor warmen-gesagt »Ich fessele ihn schon an m . Aber jetzt war sie nicht da. Und er be ann mit dem schmucken Dirndl eins rzhasies Gespräch. Sie hatte ein Lachen, so silberhell, wie frischgemiinzte Neichsthaler. Er haschte nach ihrer braunen run den Hand -—— sie wollte ihm austommen —- em Zerren an den Fingern —- da plizslich sah er einen kurzen goldenen Mis, nnd ein tödilicher Schreck befiel i . IN ist —« rief er und starrte in den Brunnen hinunter. »Ja-« sagte er nach einer halben Mi nute sagten Schauens ruhte-, «da unt-n liest er im Wasser —- mein W —— ist mir vom Finger abge Mk l— —l «Ja, da liegt er drunten!« bestätigte das Dirndl und sah ihn mit bangen Nethaugen an. «J tann aber nix da »Ach freilich nicht!« rief Schmidt aufgeregt. »Ich selbst war der Esel! Das Kameel vielmehr! Das paßt bes ser an den Brunnen nach der bekannten Bibel geschichtet Aber ohneEhering darf ich nicht heimkommen! Ella würde sterben! Sie ist abergläubisch, und ich kann doch nicht —'« Das konnte er freilich nicht! So viel begriff das Dirndl sofort! Denn was Eifersucht war, wußte sie auch — von ihrem Schatz. Das war kein Gu ter, wenn fie nach einem Anderen hätte sehen wollen! »Ich muß hinunter!« rief Schmidt mit jähem Entsc·,·uß. »Da hast Du »einen Thaler Kind! Nimm ihn nur. ; Und nun haspele mich in dem Eimer j auf den Boden des Brunnens und dann J wieder herauf! Jn zwei Minuten habe « ich meinen Ring wieder und mache mei E ner Lebtage keine solche Dummheit Jmehr!« Das Letztere versprach er sich und ? seiner Frau Ella. J Das Dirndl war gleich bereit — theils aus Mitleid, Mitschuld und Zdann wegen des Thalers. J Und« viertens ihres Schatzes halber. Der sollte dazu kommen! Schmidt stieg mit feinen dünnen Sommerschuhen in den feuchten Eimer, hielt sich an der rostigen Kette und sau ste schon hinunter auch, da das Dirndl —- so kräftig es war — die durch sein Gewicht beschleunigte Kurbeldrehung nicht ganz zu mäßigen vermochte. Mit einem Krach, der ihm durch alle Nerven ging und eine Sprühsluth des seichten Wassers unten iiber ihn herein brechen ließ, tlatschte der Eimer auf dem Grunde auf. Dann begann ein mühsames Fischen Wenn man in diesen Ziehbrunnen schon die elektrische Lampenbeleuchtung eingeführt hätte, wäre doch eigentlich anz nett gewesen — unten sah die Ge chichte viel finsterer aus als von oben r. Endlich aber erhaschte er den Ring und athniete tief auf. »He, Dimle rief er aus der Tiefe, —- wie das benommen und tertermäßig klang. »Zieh’ auf!« Aber was war denn da droben auf einmal los! Erst hatte es sich über der Brunnen ösfnung verfinstert, als ob ein jähes Bergwetter käme, und jeszt prasselte auch schon eine Fluth von Schimpfwor ten los. Sapertnent, der Schad! Richtig, wie ein Unglück selten allein kommt, hatte der Kuckuck den Herzaller liebsten vom Felde herbeigeführt ——— ein Blick in den Brunnen genügte, um eine Explosion in seinem leicht entzünd baren Herzen zu verursachen —- und nun prasselte so was Urträftiges von einer Naturscene iiber das arme Dirndl und den noch ärmeren Rentner herein, das ihm unten die haare allmälig in du«-Höhe stiegen. Wenn er nur harre muneigen ton nen! Aber dazu wurden die Aussichten immer trüber. Alle ihre Bitten, Schwüre und Be theuerungen halfen nichts —- der Bur sche wurde immer heftiger, und als er endlich gar mit handgreiflichen Grün den die Berechti un seines Grolles nachweisen zu wo en chien, ergriff das Mädchen laut schreiend die Flucht. Schmidt athmete leichter. Nach menschlicher Ber nung würde lder Bursche nur mit hül e des Geld beutels mit sich reden lassen und den armen Häftlin gegen baare Reichs währung heran haspeln Aber menschliche Berechnungen gin gen an diesem Unmenfchen fehl. «So!« lächelte er mit satanischem hohn in Brunnentiefe. »Und Du bleibst da drunten hoclen bis zum jüng sten Tag —- ich geh’ nimmer weg da, gis .Dich net die Rasen aufg’fressen ha n.« Und nun begann der Entsetliche ebenso falsch als kräftig: Fest steht und treu Die Wacht die Wa—a——cht am Rhein! Recht nette Aussichten das! Schmidt zog alle Re ister seiner Ueberredungstunst —- ver icherte dem Burschen auf Eid,tdaß nicht, rein gar nichts zwischen ihm und dem Dirndl sei —- er stellte ihm die unendlichen Qua len eines langsamen ungertodtes in dieser Gruft vor und itgte bei, daß nachfeiner unmaßgeblichenAnschauung auch fiir den Wächter droben das War ten mit der Zeit lan weilig werden müßte —- er« machte i n darauf auf merksam, daß er sich nach dem beut-· schen Mösirafgesehbuch eines bedach ien Mordeischuldig mache und leider ’ wahrscheinlich dafür ekspft wiir — er beschwor ihn endl um seiner hübschen jungen Frau willen, die nun a S vierzehntagige Wittwe elend an gebrochenem herzen zu Grunde Anse ber den Tyrannen oben rührte das f s s Alles nicht« Er schien einen unerschöpf lichen Liederschaxezu befisen und sang :mit einer Ton ii , die alle Kla en sei nes Gefangenen er ickie, darau los. Endlich aber g chab ein Wunder. Was kein Appell an sein her ver mochte, brachte ein Mabnruf an feinen Magen zu Stande. Die Mittagsgloeke aus dem Dorfe ertönte. Da spra der Bursche auf, warf nach einer wen liebkosenden Ab schiedsformel einen grossen faulen Apfel, der in der Riibe lag, auf den iKopf seines Arrestantem an dessen I neuem Strohhut das Geschoß —- durch aus nicht spurlos — zerschellte, und « lief dann weg. Dem Rentner unten wurde ein we nig boffnungsvoller um’s Gemütb. Nun galt es nur, Vorübergehende durch Anrufe aufmerksam zu machen und durch reiche Bersprechungen für das Rettungswerk zu gewinnen. Aber Schmidt sah bald, dasz er seine La e etwas zu optimiftisch auffaßtr. er Kreuzweg schien auch rein gar gichts von einer Frequenz an sich zu ha n Ueber eine Stunde lauschte er aihem los, ohne nur das geringste Geräusch oben zu vernehmen. Endlich aber tamen schwere Schritte. Der Gefangene rief aus Leibeslräf ten um Hilfe und erlebte wirklich die Freude, wahrzunehmen, daß die Tritte sich näherten. Er zog die Börse und nahm ein Gold stück heraus. Da ward auch schon oben ein Kopf sichtbar. Leider war es nur der einer — Kuh, » die mit verwundertem Brunnen den [ seltsamen Gast da unten betrachtete ; und dann ihren gemüthlichen Spazier Hgang wieder fortsehtr. i Der ärmste aller zur Zeit atbmenden Schmiditen litt fürchterlich. Magen-, Rücken- und Seelenschmerzen peinigien ihn unglaublich. Was würde Frau Ella von ibm denken? Hielt sie ihn für verunglückt, geraubt, entflohen? Und dazu die wunderbaren Forellen, die es heute gab! Bei der Erinnerung an sie begann sein Magen wie ein sibirischer Wolf zu bellen und gleichzeitig summte sein eingeschlafener linker Fuß fast hör bar. Soverstrich wieder eine Stunde· Da kam neuerdings ein Geräusch ge gen den Brunnen her. Der häftling schrie jämmerlich und herzzereiszend Gott sei Dank —- ein Mensch —- das runzlige, von einem Kopftuch um rahmte Antlitz eines alten Weibleins erschien einen Augenblick über den Brunnenrand. — Dann aber ein erschreckter Schrei. »Jesses, der Teufi!« Und davon stürzte die abergläubische Alte und er zählte daheim noch nach sechs Wochen Schauderhaftes von der drei ellenlan gen glühenden Zunge, die Spadifanlus lechzend aus dem Brunnen nach ihr her ausgestreckt habe. »Ja, ein Teufel war er, aber ein recht armer! Er verfiel m dumpfbriitende Melan cholie, gab Frau Ella und die Welt ver loren und rechnete schon resignirt aus, wie lange er wohl sein Leben da unter fristen konne. Wasser war ja, wenn er sparte, siir einige Tage da —- aber mit dem Essen sah? windig genug aug. Eini e Mahl zeiten konnte am Ende der trohhut mit Apfeltonipott geben — mein Gott, viel Appetit hatte er ja nicht — und eine gewisse Abwechslung ließ sich viel leicht durch rohes Geldbörsen- Beefsteal und Cigarrentaschen- Lende darein bringen. Aber fpiiter dann? Wie Liistrejaquet und Piauetweste ihm be kamen-davon hatte er allerdings noch keine blasse Jdee. Während er so tummervoll seinen haushaltungsplan entwarf, hörte er plötzlich —- ei war schon gegen Abend —- wiederum Stimmen. Bekannte —- entseßlich bekannte ;Stimmen, zwei Stimmen, die sein tief jstes Innerstes erregten, die ihn sast zur Ra erei brachten , rau Elle und der Vetter Lieute knantt ! Wo kam denn der her —- er, der zu Idietser Stunde vrogrammmiißig noch mitten im Gebirge herumftolpern ssolltei I- Die Eifersucht dehnte und reckte dem armen Rentner den Hals in die höhe II— aber eö niihte nichts —- er sah aus seiner Tiefe nicht empor. Dafür hörte er um so besser. I Was war das? Sie lachten mit ein ander. Ella lachte und scherzte mit ei Friem Anderen, während sie ihn vermis ssen mußte, während sie, —- wenn aus )Schmerzen n nicht ganz todt — doch Lnach sein«-r An chauun auf dem besten Wge in z Jen eitö hat e sein sollen! Schlange, Natter, Biper von ei - nAht WeiSie festen sich ahnungölos ne i ben den Brunnen auf das Holzbänichen unter den Apfelbaum s So konnte er unten Alles belauscheni »Ach, theuerste Kontine, wie froh s dürfen Sie sein« — lachte Urban, »den faden Gecken ans so nette Manier los zu werden! Jedenfalls- mit Ballerine oder so wag durchgebrannt! Ehemiin net von heute! Lenni man jal her zens-Strohband in vierzehn Tagen vollkommen verslo n! Na, werden ihm aber Standpunkt lar machen! Schnei digen Anwalt nehmen—in drei Wochen Scheidung —- und dann —« Eine Pause, gerade lan e genug, um einen Kuß zu tauschen, fo gie. Schmidt hörte zwar nichts, aber er ahnte Alles und die Eisenkette llirrte in seiner hand. »Sollte mir lomment« hob der Lieus tenant wieder an! »Wollte ihm mal elend Wahrheit sagen! Und wenn erl sich in Erdboden vertröche. wenn er in diesem Brunnen schliefe — wollte ihn schoimherauforgelni Sehen Sie mal — V.« i Mit Entseßen fühlte Schmidt da ei-» nen Ruck im Eimer und noch einen undj wieder einen —- ! Ha! der Verräther wollte ahnungs- T los ihn km das Licht vers-dem ! Aber jetzt nützt- ihm dieses Gescheites nichts mehr! Jetzt wollte er nicht mehr H leben! Er wollte die Ungetreue nicht mehr sehen! Hier unten wollte er jam- « mervoll zu Grunde geben« damit die Sa che später einmal in alle Zeitungen, ja, in fünf ergreifenden Akten ausalleBiih nen käme —- das sollte seine Rache sein! » Er fpreitzte und ftemmte sich mit. Händen und Füßen, blies die Backen. aus und machte sich schwer — aber derJ Lieutenant schien die Kraft eines Her-s tules zu besitzen — Ruck um Ruck und; plötzlich, wie er sich zusammeniauerte,z ward Schmidt gleichwohl iiber demf Brunnenrande sichtbar. ! Mit einem Satz sprang er wüthendI aus dem Eimer auf die Beiden los:! Sein Anblick sollte sie vernichten! l Aber was war das? Statt glimmftengelstarr in Ohn-· macht zu fallen, brachen Beide in helles Lachen aus und die alten Tanten und Muhmen — die standen alle vollzählig —- lachten vergnüglich mit. lachten vergnüglich mit. Und der Riesenbursche, der die Kur bel drehte —- ’5 war also gar nicht Ur ban gewesen! — lachte auch und hinter ihm das verschmitzte, wohlbekannte Unheilsdirndl lachte mit. » »Was soll denn das feint« stammeltei der Rentier. j »Eine tleine Lehre, Otto, Erich, Wilhelm!« sagte da seine Frau freund lich und streckte ihm die band entgegen. »Die Kleine da hat beim Mittagessen aus Schreck Alles gebeichtet und wir; hat-m beschaffen Dich von Iatteksmni und Eifersucht mit einem chlage zu kuriren und diese tleine Komödie zu spielen!« «Komödie? Alles? Auch die Pause? srug Schmidt argwöhnisch. »Aus Schnurrbart!« schwor der Lieutenant lachend. »Frau Gemahlin zwar reizendste Eousine des Planeten shsiems — aber Eifersucht vollständig unnöthigt Berehre nur per Disianee, wie Vetter zutarnth »Na!« sa te Schmidt und traute sich hinter den hren. »Dann laßt uns was essen, Kinder! Die »Brunnentur« hat geholfen —- ich verspreche Dir’s, ( grau Ella! —- aber hungrig macht sie! ; ommt!'« « Ein Bkikswechskr. Skizze von G. Holrath· Bei der Lands-artig die der laus männische Verein «Unitas« demnächst; veranstalten würde, hatte Robert sich! anz bestimmt vorgenommen, das ent-’ fcheidende Wart zu sprechen. Entwe der —- oder! Er mußte doch schließlich einmal wissen, woran er war, nachdem er den anzen Winter hindurch sich um die! uust des Mädchens in Gesellschaft-H und ans Ballen bemüht hatte. ( Der sehnlichst erwartete Tag warj herangekommen. Jm schattigen WaldeJ unter dem Verwande, Erdbeeren u suchen, führte er sie abseits von den - ten und ungen. Aber es wurde ihm schwer,m t der Sprache herauszuriickeir. Alle dccheim wohl überlegten und reis lich bedachten Einleitungen, die scherz haften, wie die ernsten, blieben ihm in der Kehle stecken. »Gott, wie sade!« dachte Bertha und beobachtete ihn unbemerkt von der Seite. Er ging, langsam schlendernd, neben ihr her, fah sinnend zu Boden und schweigend griff er hin und wieder nach einem Eichenblatt, das er zer psliickte. Dabei färbten sich feine Fin get-spitzen grün. Wenn er wenigstens hübsch gewesen wäre, wie der Assessorl — »Warst Du wasi« fragte, als die beiden jungen Leute im Walde der schwnnden, die Mutter den Later »Amt« meinte der nnd kaute ruhig an dem kalten Dühnerflügel weiter, dein lesten schönen Reste des mitgenom menen Frühstück-. s l .Jch glaube, der junge Worst wird heute mi unserer sertha reden. Diese Ent ernun ist gerade u ausfällig.« « a, mr wär’ss on recht, wenn endlich mal einer Ernst machte mit dem Mädel, damit die ewige Poussirerei mal aufhörte! Dabei kommt nichts raus Fiiinsundzwanzig oder sechsundzwan »so-« »Sechsundzwanzi ein halb!" »Na dent’ nur! ie ost Du schon eglaubt hast, daß eine Verlobung zu tande tommen würde, bald mit diesem, bald mit jenem! . . . . Jmmer war’s ’ne Vorhossnung . « hat denn der nun wirklich reelle Absichten ?« »Aber hermanni Was sollte er denn sonst für Absichten haben, wenn keines reellen?« entrüstete sich die Gattin. »Gar leine!« versetzte phlegmatisch der Ehemann und wars den weißen, glänzenden Knochen des Hühnersliigels nach einem neugierig zuhörenden Fin len. Inzwischen hatte der schüchterne Ro bert noch immer nicht den Muth gesun den, sich zu erklären. Das ärgerte Ber tha. Sie war ihm zwar nicht gut, aber sie hätte sich doch lEiern mit ihm so bald; als möglich verlo t, vorausgesetzt, daß« nicht . . . . indessen, hm, darüber konnte sie sich ja innerhalb vierund wanzigz Stunden Gewißheit verschafsen . . . . ! nachträglich! ——— Wenn sie nun zu den; Uebrigen zutiickiäme, sollte sie danni wieder keine bestimmte Antwort geben; können aus die lästigen Fragen der Mutter? Sollte sie wieder die malitiii- » sen Blicke des weiblichen Theileö derz Gesellschaft ruhig hinnehmen ?. . . Nein, I das durfte nicht sein, ganz entschieden: nicht! T »Herr Worst, ich denke, wir wollten Erdbeeren suchen ?« s Robert lächelte verlegen und errö-; thete ein wenig. »Dachien Sie das sal- ; tisch, Fräulein Berbta ?« ? Und mit zärtlichem Blicke strafte erj sich selber Lügen. ; »Gewiß... was denn sonst, Herr Worst?« H ,,··’Fräulein Vertha, ahnten Sie wirk- ? lich nicht, daß das nur eine AusredeF war, um Sie allein unter vier Augen, zu sprechen ?« . ? ( « »Um sausreoez . . .. Was rannten Sie mir allein unter vier Augen zu fa gen haben ?'« ; »Daß . .. daß . . . ich Jhnen gut bin; Fräulein Bertha!« ; Sie schwieg und er auch. Das Paar , war stehen geblieben. Robert bemühteL sich ängstlich, die Antwort aus ihren? Mienen zu lesen. Aber darin fiandi nichts geschrieben; weder Ueberrasch-« ung, noch Freude. noch Unmuth. ’ Peinlich berührte ihn, ungemein ko mi ch sie diese Pause. ndessen, die Sache mußte doch ihren ; Fortgan nehmen. Darum kam Ber-" tha dem reiek zu Hilfe: »Sie sind mir gut, Herr Worft? . . .. Sie sollten das einem Mädchen nicht sagen, das Sie achten; es sei denn, daß - Sie . . . ernste Absichten hätten . . ." »Bertha, liebste, theuerste Bertha, können Sie daran zweifeln?« Und Robert ergriff ihre hände und führte sie etwas zaghaft an seine Lip pen. Wie er sich dabei bückte, schaute das Mädchen gleichgiltig über ihn hinweg in’s Grüne. Muthig, weil er keinen Widerstand fand, wagte er jetzt· sie auf den Mund zu küssen Auch das ließ sie geschehen —- — aber sie dachte dabei an die Küsse eines Anderen. Wie nun das Paar zu der Gesell schaft zurückkehrte, wußten sämmtliche Damen: Der junge Wor t hat ge sprochen » Robert in seinem Jubel hatte am liebsten allen,die von der Parthie waren, Bertha und sich als Verlobte dargestellt, er war aber von demMiidchen ausdrück lich geheim worden, heute noch nicht die Eltern um ihre Einwilligung anzu gehen; er möchte noch einige Tage da mit warten. »Warum denn, herz ?« hatte er schüch tern einewandt. Doch ein entschiedenes: »Ich will, daß Du erst übermor en an halst!« war ihm statt aller Er iirung zu Theil geworden. —- — An demselben Ta e Abends schrieb daheim in ihrer Stu Bertha solgen den Brief: ««Lieber Osiart Jch wünsche, daß Du Dich umgebend ohne die gewohnten Ausreden klipp und ilar dartiber äußerst, ob und wann Du Dein Wort einlöfen und mich heirathen willst. Wenn es Deine Lage noch nicht ge stattet, to werde ich eventuell noch ein ahr warten, aber ich verlange ein christliches Versprechen, und zwar um gehend. Deine Dich liebende Be t « c . Dies-istsqu mit ver zweit-sach M M : · sitz Wi« NR sei is H alm ils c kck an i kqihku wirnsch noch nicht denkenf Es - i können dariiber noch Ja e ver eben. » Jch werde Dir Ende ngtchster hoche s« " aussiihrlich alles Nähere mittheilen. Fiir heute griisze und lüsse ich Dich. Jn Eile Dein Ostar.« Bertha las den Brief-. einmal. — zweimab Dann lachte sie höhnisch, zer riß ihn in tausend Stiiete und schrieb k. mit rascher, nerviiser Hand: »Mein theurer Robert! Komm’, bitte, heut’ Mittag zu uns, . ja? Ich gehe fett, die Eltern aus Dei- « nen esu vorzubereiten und zweisle nicht, daß u ihnen als Schwie ersohn hochwilltommen sein wirst. Mit herz lichstem Gruß und Kuß Deine Dich innig liebende ; Bertha.« —— — .-- .,.-..s-.. Das Wetter und das mensch liche Gemütli Ein englischer Arzt hat sich während eines Zeitraumes von sechzig Jahren s die Mühe gegeben, den Cinslusz des i Wetter-Z aus die Gemüthsstimmung der Menschen zu beobachten, und hat e funden, daß wir geplagte Erdenwifr. mer mehr oder weniger unter dem ge heimen Einslusse der Atmosphäre und ; der Richtung der Winde stehen. Nicht unrichtig theilt er die Menschen in zwei,,-( Klassen, nämlich in sanfte und «stige. Freilich gibt es zwischen diesen lassen noch unzählige Spielarten, nämlich beim sogenannten schönen Geschlechte, jedoch gehören diese hier nicht her Den Erfahrungen des scharssichtigen ( Briten zufolge sind nun im Winter bei troclener Kälte und herrschenden Nord und Nordwestwinden die Sansten leb hast, ja, zuweilen jähzornig, die Desti gen rauh und verdrießlich; bei demsel ben Winde mit Schnee, Regen und Kälte sind die ersteren blos wunderlich, die letzteren leidenschaftlichen Auswal lungen unterworfen; bei Nordost oder Ost mit trockener Kälte besällt die sanf tesie, weibliche Taube ein bischen Un geduld und Wunderlichteit, während der hestige Herr Gemahl aufgeregt und zu Beleidigungen sehr diöponirt ist, was sich beides unter dem Einstusse desselben Windes bei Naßlälte noch steigert. f s Sind die Sansten recht getchmetdtg und höflich, die Brausetöpse in einer recht erträglichen Stimmung, dann dürfen wir überzeugt sein, daß der Wind von Süden herweht, und wir werden die Pelzhandfchuhe auch ein bischen ausziehen dürfen. Sind dage-« gen die lieben Erdengel iibel aufgelegt und leihen teiner Bitte gern ihr Ohr, die Aufgeregten dagegen ertlectlich är gerlich und voll Verdruß, dann heißt es Südost, feucht und weni kalt. Reiner Weftwind mit trockener Halte macht die Sanften munter und fröhlich, die Hef tigen unternehmend, jedoch mit Aufre gnug-bekanntlich herrscht solche Wit terung meistens um Fastnacht. Der selbe Wind mit feuchter Kälte, wie sie meistens unter unserem Himmelsstrfiche in der Fastenzeit einzutreten pflegt, be fördert bei den Sanften Wunderlich leit, und macht die Heftigen sehr ver drießlich Nebel, diisterer umwiiitter himmel, starker Wind und Gewitter wirken sehr ungünstig ein und die Stimmung wird erst freundlicher, wenn sie vorüber sind. . Der Einfluß der Winde zu anderen Jahreszeiten läßt sich aus dem Ange iihrten folgern; nur muß eine vor theilhastere Lufttemperatur immer für iinstiger angeschlagen werden. Jm stühlmgnimmt dieGemiithsstimmung ei beidtkn Hauptcharatteren um »so schneller eine heitere Färbun an, je höher die Sonne steigt, desto he er wird die Laune. Jm Sommer bewirtt die Di e Abspannun , welche, wie wir Alle wisem die Men chen gegen alle ange strengtere Beschäftigung abgeneigt macht. Diese Abspannung zei t sich da am sichbarsten in den höheren ttinden, und die gnädigften herren werden ge gen Bitten aller Art höchst ungniidtg, der Witterungscharatter rn sem, we - cher er will. Wer bei sol en etwas . nach usuchen hat und tann es nicht ver schie n, dem riiih der ehrliche Englän der seinen Besuch nicht eher abzustatten, oder seinen Brief nicht eher abzuschicken, als um zwei Uhr. Er räth überhaupt, in solchen Lagen Niemanden zu stören als bis-er sich restaurirt hat« und meint, die freudigsten hoffnungen tönnen da durch gestört werden, dofz dem Früh stiicke nicht Zeit genug gelassen wurde. die Walten von der Stirn des Gönners zu verjagen, mit welchen er aufstand. Jedermann muß gefühlt haben, daß man nach dem Aufstehen zu allen Jah reszeiten einige Zeit braucht, um den Geist fiir seinegewöhnliche Thätigteitin gehört e Stimmung zu bringen. Das Blut wegt sich träge, bis Bewegun und Erfrichung von innen den Lan desselben munter macht. Daher ist der Morgen selten eine Zeit, um die gute Laune des Gnadenspenders in Anspruch zu nehmen. —- —- -