Image provided by: University of Nebraska-Lincoln Libraries, Lincoln, NE
About Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901 | View Entire Issue (Aug. 28, 1896)
Ein goldenes Licht ans dunklem Grunde. Von Wilhelm Hegelen Aus einem bleichen Gesicht sahen zwei dunkle Augen zu ihm hin und diese Au gen fragten: Was nun? Er saß ihr gegenüber, die auf dem rissenen Sopha lag, und wußte aus ihre Frage nichts zu antworten-Nichts als graue hoffnungslosigteit. Jn der Hand hielt er einen Brief. Was darin stand, galt ihnen beiden und war der lette, bitterste Tropfen im Kelch des Unglücks, aus dem sie so lan e schon tranken, ohne daß er jemals eer ward. »Beehre Herrn Kunstmaler holder mitzutheilen, wenn Sie bis Ersten die längst sällige Mie the nicht zahlen, müssen Sie naus. Rosma Schwandel, Hausmeisterin.« Womit sollte er zahlen? Er hatte keinen Pfennig mehr. Und da er nicht zahlen konnte —- wohin? Antoinette und er wechselten kein Wort. Sie saß in einer Ecke des gro ßen Ateliers, das doppelt groß aussah, weilessoleerwar.... Doch vom Bett her sing eine helle Stimme an zu schreien: ihr Kind, das dort in einem Waschlorb lag. Das junge Weib stand aus und legte den Säugling an die Brust. Eine Weile war’s ganz still. Aber dann sing die helle Stimme wieder an, diese Stimme« die vom Leid der Menschheit noch nichts türädetn als den hunger und das Leib Wr . Und die Mutter richtete aus bleichem Antlitz die dunklen Augen sragender empor: Was nun? »Mein Kind hungert! Die Milch, die ich ihm geben kann, macht es nicht satt. Es muß mehr haben.« Er antwortete nicht, sondern blickte leichgiltig vor sich hin. Eine entsetz rche Willenlosigleit, wie sie schlimmer als andere Phantasiemenschen befällt, hatte ihn übermannt. Uebrigens, was sollte er thun, um Geld zu schaffen? Malen! . . »An Bildern sehlt’s wahr haftig nicht. Aber die Käuserl Und "d«ee lann er nicht zusammenmalen. Hinter ihm liegen trübe Wochen, vor Ihm liegt eine trostlose Zeit. Wann wird sie enden? Vielleicht erst mit ihm Seit ihrer Verheirathun ist das Un sglücksnicht von ihnen etrsv en. Er hatte zur Aussiellung ein ild fertig gehabt, ein großes Figurenbild, in das er sein letztes Geld und all sein Talent ge steckt. Nur den Goldrahmen mußte er schuldig bleiben. Eigentlich wollte der Vergolder ihn so nicht liefern. Aber· Fäulder hatte hoch und heilig verspro — n, bis zum Fünfzehnten zu zahlen. «Er wußte zwar nicht wie, doch irgend wo mußte er ja das Geld austreiben Die groben Mahnungen, die vom Sech zehnten ab kamen, beantwortete er nicht. Schade um die Dreiermarlel Doch am Tage vor dem Einlieferungs termin, als er gerade ausgegangen war, kam der Meister und nahm der einge schiichterten Antoinette den Rahmen wieder ab. Nun stand die Leinwand da, und er konnte sie nicht mehr ein schicken. Kein Bild auf der Ansstellung, — das war der erste Schlag! Dann ta men noch die Sorgen fiir das Kind. Um » die Wartefrau und den Arzt zu begab-i len, hatte er versetzt, was tragbar and entbehrlich war. Von ihrem Bette aus I fah Antoinette das Atelier immer kee rer werden, und immer angfivoller, ; wenn Holder beimkam, fragten fbrei dunklen Augen: Was wird nun wer-; den? Was nun? ; an aber hatte diese harte Noth ganz j stumpf gemacht. Die Unmöglichkeit; des Schaffens, das Kindergefchrei. diesj furchtbare Sichaufdrängen der All-i iagswelt, der gegenüber er hilflos undl nngefchicktwar, das Alles brach feinel Er hätte am liebsten sich ganz ver- . schließen rnng, diese hungrige Stim rne nicht mehr hören, das dunkle Ange» nicht mehr feh’n. ; Schlan —- vergessenL . . . s Aber jedenf Morgen iftjcznd mkrn Ude;; Wbeit olgen weerau. n ; '.' Tag ging es fchlechter. heut aber IAste ihm eine innere Stimme. daß et-« M kommen müsse, die Qual zu enden. Vielleicht war es ein dunkles, furcht bares Ende. Die Beiden saßen ficlz stumm gegen w, und das Geschrei des Kindes M ihnen wie Wehllagen über ihr ei s Elend. M schellte es draußen. Antoinetie wäbfam auf, um durch’s Schlüs M DI. eben. »Sit- ofibote2 Soll ich aufma , " ks «-ein,« antwortete er. M solch ! Was mag der wobl « , bring-M et W eine Kiste herein nnd sz tschi freundlich: »Macht Mir-U Pfennig-« I Hast DW gehört VEUM zehn Pfennig!« verlegener hast kramte er seine Do e durch, als ob in deren Taschen, die so oft umgekehrt waren, daß alle Brod krummeln herausgefallen, noch hätte Geld sisen können. Sein Weib stand vor ihm, arn Tischrand sich festhaltend, und in ihren dunklen Augen lag wieder die alte Frage . . . Aber doch nicht mehr ganz die alte Angst. Ein tleiner Teu fel kitzelte die Grübchen in ihren Wan gen. dasz sie lachen mußte. ·· - " Denn es ist doch auch zu dumm! Man kriegt eine Kiste, so schwer, als wäre Gold darin, und hat nicht die paar Pfennige für den Boten. Schließlich nach ganz oerzweiseltem Suchen entdeckte sie noch unter alten Rechnungen einige unbeschriebene Post karten. . . Nun waren sie gerettet. Konnten sogar die Grands Seigneurs spielen, ibrxdem sie dem Boten ein Trinkgeld ga n. Der Mann grinste ein weni . Doch was ging sie der fremde Men ch an? Eine seltsame Aufregung war über sie gekommen. Aus die Kiste gestürzt, den Meisel eingestemmt und, da der Ham mer fehlte. mit der alten Bibel draufge schlagen, denn die hatte einen Deckel. Antoinette schaute zu, während das kleine Wurm, das wieder heulte, an ih rer Brust lag. Die Spannung wächst, und das Buch schlägt mächtig drein. Selbst in das Gesicht des Kindes verirrt sich eine au ßer-gewöhnliche Psisfigteit, als wittere es etwas fiir feinen Magen. Endlich springt der Deckel in die Höhe. Ein Brief liegt auf einer Lage Stroh. Sie fliegt beiseit. Wieder Strohhülsen. Mit aufgeregter Hand zieht Holder eine Flasche darunter her vor —- und sein Gesicht wird ganz starr. Heidsiech Extra Dryl liest er auf der Etiquette. Ein Höllengeliichter bricht aus seiner Brust. —- »Jn unser Elend verirrt sich eine Champagner flasche! Wir sollen Seit trinken und haben nichts zu essen!! . . .. Als sich nun eine Flasche neben die andere reiht, malt sich bittere Ent täuschung in das Gesicht des Weibes-. Keine Wurst, kein Schinken, kein Brod laib, wie sie das sonst doch manchmal von der alten Tante bekamen. Zwölf Bouteillen, dickbiiuchig, pro hig, stehen da in einem weiten Kreis, sie scheinen alle vor Wuth den Kollet zu haben über die Schändung, die man ihnen veriiben wird. —- Antoinette und Hans sitzen noch immer starr, bis er schließlich den Brief aufmacht. «Liebster Freundl« beginnt er. »Freut mich riesig, daß Jhr Familien zuwachs gekriegt. Trinkt die Dinger, bitte auf mein Wohl! Jhr Maler seid doch aber Teufelsterlel Da habt Ihr nun schon einen Buben! Na, es freut mich riesig, dasz Du an dem Mädchen festgehalten hast. Wenn sie als Frau , chen so reizend ist, wie sie als Geliebte war. bist Du der glücklichsie Kerl. Ach, « die Weiber! Hier in der Gartison ist gar nichts damit. k- LIE Na, Junge, Du our nun cowr »st lifch berühmt, verdienst Geid wie Heu Vergiß mich nur nicht in Deinem Glück! f Was gäbe ich um Deine Freiheit! Ich drille Rekruien, lanqweile mich riesig, bin noch immer Seit-nd und mit tau send Größen an die Frau Gemahlin. Dein treuer alter Fritz.· »Du, wer ift denn der Fritz?« fragte fie- — »Der luftige Fähnrich damals var drei Jahren -. . . Sie hat schon wieder die Erinnerung gefunden, feine verfchämt verliebten Augen tauchten ihr auf, nnd eine kleine Freude durch zieht ihr müdes Herz. Er mußv noch immer lachen über den f eltfamen Brief und das feltfamere Ge schenk. Eine verdammt merkwürdige Pfkicht, di man ihm da auferlegt, Seit zu trinken in all’ dem Elend. Doch et läßt fich nicht lumpen und wied getren lich feine Pflicht erfüllen. Wenn eine Spur vor Gefchsissinn in ihm stecktx fo würde er vers-den« die Pafchen zu Geld zu machet und den luftigan Schaum in höchst f olide Wurst und kinfifth hat-brav zu verwandeik Aber diese Gedanken sind f · ferne von ihm. Sein Weib betrachtet ihn, glücklich schon, daß er doch wieder für etwas Theilmäme zeigt. , »Mach mal ern auf, Hanfel,« bittet fie, um ilyn zu erfreuen. —- .Aber Kind, wir können den Champagner doch nicht auf leeren Magen trinke-if meint er Beet »So was darf nur in würdiger gleiiung angefahren werden« · »Weißt Du was, HanfeL ich werde mal f eh’n, ab ich vom Dahn (das ift der Krämer an der Ecke) nicht auf Kredit ein bischen Schinien kriege« Aber er fühlt plößlich ie gründlich fte Verachtung fiir den Schinten vom Duhm wie für den ganzen Dahn über Rupi. Diefe Armeleuti-Delikateffen d ihm zuwider. Er fehnt sich nach et was wirklich seinem »Gibt’s denn nichts mehr zum Ver MMV Gestein hatten sie fchon das ganze [ l ystelier durchstöbert und nichts gefun den. Nun wandern ihre Augen noch einmal über die spärlichen Stücke. »Die Federbetteni Wie wär’s da mit?« Doch Antoinette protestirte dagegen. Und ein leuchtender, verheißungsvoller Blick bringt ihn von dem Gedanken ab« Sie hat Recht! ! Sie denken hin sind her. Versetzt muß werden, sonst können sie ja den Sekt nicht trinken. »Du, was mö en wir denn für den Peiroieumiochet riegen ?« fragte sie. »Aber wenn wir den nicht mehr ha ben, woraus sollen wir denn kochen ?« »Wir essen einfach kalte Küche. Bei der Hihe geht das doch samos.·« Und ihm leuchtet dieser Vorschlag ein. Die Julisonne brennt aus das Dach hernieder, durch die großen Schei ben des Nordwestsensters dringt Vom Hof her eine schwüle, dumpfe Lust — da hat man wahrhaftig Hitze geifug. Also Petroleumiocher, du mußt wandern! Er packt das Geschirr zusammen, während seine Frau ihn bittet, auch ja um Gotteswillen die Bersetzerin aus den neuen Trinmphbrenner aufmerk s am zu machen. »Mir hanseb der Brenner! Vergiß den Brenner nicht. Am liebsten ginge ich selber mit. Du läßt Dich immer über’s Ohr hauen.« Aber er schwört, daß er diesmal ge rieben sein wird, und weil ihm der Durst schon in der Kehle brennt, läuft er eilig davon Sie soll das Atelier schön machen, hat sie ihm versprochen. Aber lieber möchte sie weinen. Und in wunderlicher Trauer sinnt sie, wie närrisch doch die Künstler sind, wie sie nie Geld ha ben, und wie sie, wenn mal ein bischen sich zu ihnen verirrt, es gleich in Tand ausgeben. Aber schließlich tröstet sie der Gedanke, daß sie doch keinen Zieber mag als den Duns. Dann macht sie sich an’s Wert kehrt den Staub ein bischen in alle Ecken, legt über den Tisch, da die Decke längst heidi ist, ihr letztes schneeweißes Hemde. Dann kräuselt sie sich die Löckchen, schnürt die noch etwas starke Taille in ein Corsett und zieht eine Seidenbluse an, die aus ihrem Körper fast wieder schön wird. Und ganz leise wagt my rm Dir-wen Freude in ihrem Kon einzunisten. Sie summt ein Liedchen vor sich bin, an des - sen Sinn sie selbst kaum denkt. »So leben wir, so leben wir, So leben wir alle Tage . . ." Und da das Kind wieder schreit, nimmt sie es zu sich. Die alte Angst wacht wieder auf: wenn das Elend dauert, was dann wohl aus diesem schwachen Ding wird? » So leben wir, so leben wir, sususu .. Aus dem Soldaten- wird allgemach »ein Wiegenlied. Der Kleine beruhigt stich, und mit dem ausvwckgcoseu Ge sicht eines Philosophen schläft er in sei nem Maschle ein. Schließlich kommt Hans auch wie der. Antoinette stürzt ihm entgegen. Wie viel bat die Versatzfrau Dir ge geben-? Wie viel? Das weiß er selbst lanrn mehr · . . So vier Mart circa. ,..hansel, was? Vier Mart? Aber ich Hab’ Dir doch esagt, unter sieben solltest Du ibn n« t fortgehen. Ach, mein schöne-r Petreleumlocher! Nun können wir nur noch talte Küche essen - . . .« ; Jhr eigener Vorschlag fällt ibt jetzt! fürchterlich aufs Herz. ( Er steht ganz zertnirfcht da, und nur« das- Eine kann ihn trösten, daß wenn er sieben Mart bekommen hätte, das Geld auch alle wäre Langsam lramt er seine Sachen aus. Da losrrnt ein Büchjchen Kaviar, An chovis, Antoinetteng Lieblingsspeise, und Lechsschinkem den er seer chil auf einer umgedsebtnr Palette seroirt. Dazu Brötchern frische Butter, selbst Eis baiie er nicht vergessen. Und fiir das Kind hat er eine große Kanne Milch mit ebracht, die Kanne hatte die giitiaeMikchftav ilfn geliehen. XII-h Sonne der Freuden, gehe So viel chöne Frauen in glänzenden Toiletten cnb ihm unterwegs begegnet, daß er den Glauben an das Glistl wie der nden bat. Warum sollen sie sich n freuen, wo alle andern fröhlich sinds Doch in Untoinettens Gesicht liegt noch die alte Trauer. Da stellt er sich ganz entzückt über die Pracht des Ate liers. Welch’ ein binreißender Gedanke, das d der Liebsten als Taseltuchl Daß s Messer keinen Sen dat, sehe-l det weiter nichts. Dasiir bat er ein lostbares Sektglas erstanden. « »Siebst Du. Schad, aus der Flasche können wir nicht trinken. Unsere Was setgliiser sind laput. Und da die billi gen Settaliiier einfach scheußlich wa ren, hab ich ein besseres genommen. Es kostet nur eine Mark . . .« Wie sie auch dann noch den Kopf schüttelt, nimmt et sie um die Taillr. »Mut-, dass nur aqu Wenn der Lf j Pfropfen springt, dann springsi Du selbst vor Freude an die Decke.« " Der We n liegt in der Waschschiissel. Er kann laum erwarten, bis er sich ab brennen vor Begier. Wie schmeckst eliihlt hat. Dann macht er die erste lasche auf. Bann lrachi der Pfropfen —— sie schrickt zusammen, als sei ein Schuß durch’s Atelier gefahren. Der Schaum zischt über das schlanke Kelch glas. Flugs getrunken; seine Augen Sie nickt. »Es schmeckt schon gut. Besser als jKindsbrei und Haferschleim." T Er trinkt auch. Langsam läßt er sich idie Perlen auf der Zunge Pricleln, mit ! der verhaltenen Lüsternheit eines Fein schmeckers. »Ah! Pil! Pitseint Wirklich ..... achtl« Antoinette muß lachen. »Du machst ein Gesicht, als hättest Du Dein Lebtag lauter Sekt getrun ten.'« Er denkt nach, wann er wohl das letzte Mal welchen gekostet haben mag. So gerne möchte er jetzt ein bischen re nommiren· Aber er kommt nicht d’raus —- es muß halt lange her sein. Und übermüthig nimmt er sein Weibchen aus den Schooß. »Nur munter! Munter! Trin lent . . .« Mit den Kabiarsemmeln stopft er ihr den Mund voll. Aber weil sie noch immer traurig ist, fängt er zu schelten an. Jhr ist das wohl nicht gut genug, der Schleckerinl Sie möchte Austern haben. »Ach Gott ja," meinte sie. »Das al les ist ja wunderschön. Aber was sollen wir morgen essen?« Wie ein Gespenst huscht die Von-Ih nung von Morgen an ihnen vorüber. . . Aber er will vergnügt sein! Er will sich freuen! Und wie der Selt so über das Spitzglas schäumt, da läuft ihm die Phantasie über. Aus Mitleid sängt er an zu schwin deln. w M,.«» k-:1t..t --. ----s Jih uuc Mcuch uuy qui u gut-z »H schwitzt. Also wie er so über die Straße geht« trifft er einen alten Freund, der den großartigen Auftrag hat, ein Re staurant auszumalen Und der Gold mensch hat ihn gefragt, ob er dabei hel fen will. Fünf Mart pro Tag! Ebenso viel wie ein Maurer verdient — hat der Freund triumphirend gesagt. Außer dem noch freie Kast! »Als-I wirklich, wir haben wieder was zu essen?« Nun athniet Antoinette auf. »Nicht blos zu essen«, sagt er. »Je lden Tag können wir uns den Magen i verderben. Natürlich werde ich das Re iftaurant mit Hummern, Lachsen und Rehriicken ausmalen —- nach der Na tur. Die Vorlagen dringe ich dann je » den Abend heim«. Gott, wie sie schlingen werdens Sie hat sich schon in Gedanken den Magen verdorben. »Nein, nein! So viel darf ich nicht essen, sonst wird mir meine Taille zu starl.'· Ader den Seit stürzte sie hinab. Und mit einein Mal wird’s ihr im Kot-s ganz wunderlich. Jn ihrer Seele zün den rothe Lampions sich an. Ein un geheurer Muth erfüllt sie, eine Lust, mehr, immer mehr zu trinken. Da sieht schon eine Flasche leer. Aber sie tönnen heut ja im Cham pagner schwelgen. Bums, kracht eine zweite Flasche. Immer hurtiger lau fen die Perlen hinab. Er hat sie zärt lich umschlungen —- und da wacht wie ein Frühling, der lang unter Frost be graben lag, das Glück in ihr aus« Sie zieht den Liebsten noch näher Fu sich, damit er sie recht tiissen kann. Und während dicke Thränen ihr ans den Augen tugeln, schluchzt sie: Ach mein hanseL mein Asset Mein lieber, fiißer Kerl, ist das Leben schön! Jst das schöntt Jst das schön!!! . . . .« Sie ru t in seinem Arm, von Küssen fast erst· t. Er schmeichelt ihr alles Schöne vor, wie sie gäicklich sein wer den. Bald! Bald! In ein paar Wochen, ein pack en! nd schon nöchte er, schier allzu , der tsgen Zeit voran eilen-—da meldet sich der kleine Schrei hale in der Wiege, act wenn er Unheil ahnte. und erhed ein fürchterliches Ge chrei Antoinette miß herzlich lachen. Dieses Guckindieweli hat mehr Ber nunst als ein verwesener herr Papa. Mit — a liebstern Schwanken, ge wiest von ihren trunknen Sinnen, steht sie aus und holt die Mikchtannr. Gott sei Dant, daß sie etwas hat; um den Hunger des Kleinen zu stillen. Die Milch gießt sie in eine dicke Champagnerslasche, seht den Sauger daraus und legt dieses Surrogat der Muttnbrust in den Waschlorb. Der Siiu lin trinkt mit heftigen Einem A d e Champagnerdlasen gen ihm in die Beine, daß er vor gnägen strampelt. Er trinkt und trin t, und schließlich schläft er ein, den Schlaf aller gerechten und frommen Christen. Vater und Mutter aber kosten weiter. Wie ein Umselpaar. das sich noch lockt, noch scheu sich flieht cui hohen Zweigen tltngt zwischen ihnen die seh-UN gällldefLiebesmelodiu Aber bald! Aber Noch einen Kuß. und Antotnette macht die Augen zu. Gut’ Nacht! Draußen versinkt im arbenrausch die Sonne. Leuchtende lammen tanzen iiber die nackten Wände. Bunte Bilder tatBen in Holder’s Seele. nd es beginnt zu dunleln· Der letzte Abendschein schmiegt sich leicht auf An toinetten’s Antlitz. Wie schön sie ist! Aus dem dunklen Grunde liegt sie da, ein goldenes Licht, in all’ dem kargen Elend eine wunderschöne Blume. Dreimal füllt Holder noch sein Glas. Dreimal trinkt er. Auf sein Weib! Auf seine Kunst! Und darauf, daß er doch mal durchtommtl Dann sinkt sein Kopf zurück. Die Nacht lornmt mit ihrer dunllen Schwester, der Vergessenheit Wenn man Schutze heißt. Von Theodor Lange. Als der allmächtige Zeus mit seinem Blißszepter noch die Welt regierte, be schuldigte Juno ihn eines Tages wieder einmal der Untreue. Schimpfend, scheltend und leisend hielt sie ihm einel derbe Gardinenpredigt und brachte ihnl schließlich dermaßen in Harnisch. daß er in seinem Aerger ern wuchtiges Schwert erfaßte und beide Geschlechter, welche damals noch — wie uns der griechische Dichter Aristophanes in ei ner hübschen Sage erzählt ——·auf’s engste mit einander verwachsen waren, mit einem gewalti en Hiebe nach Art jenes schwä ischen eitersmannes mit ten durch in zwei Hälften spaltete. Diese streute er dann nach allen Rich tungen der Windrose aus und ver dammte sie, sich unablässig und ewig zu ; suchen. Dem Machtspruche Jupiters mußte auch Eduard sich beugen, und lange, lange hatte er gesucht, bis er endlich ausrufen konnte: »Eureta!« Ja, er hatte sie endlich gefunden, die blaue Blume seiner Nomantit, und wie ein echter Dichter warb er um sie und wie ein Dichter gedachte er sie heimzufüh ren. Die reizende junge Kuniaunde,f die hochgewachsene. lilienhafte Blumek mit den schwärmerisch blickenden Augen , hatte sein lebhaft suchendes Herz bei der sf ersten Beaegnung gefangen; ihr offe-; nes, lebendiges, sich selbst nicht ver-; stehendes Wesen, ihre unaelünsteltes Hingebung und ihr fiir alles Große nndi Erhabene empfängliche Herz hatten ihn « dermaßen hezauberi, daß er sich der Glücklichsten Einer düntte, mit diesers Gefährtin vereint den Becher der Freu de zu schlürfen und den Stürmen des, » Bellen-d zu klugem s Nach kurzer Betanntschaft hielt er um Kunigunde’s Hand an und sie oerlobte sich mit ihm ohne Zögern und mit einer Einfachheit, als thue sie damit nur et was Selbstverständliches; als habe sie ihm schon von jeher angehört; als seien sie Beide jene zwei hälftem die vom Donnerer in seinem Zorn zu langem Suchen verurtheilt, sich jetzt endlich zu sammengefunden hatten. Glücklichere Brautleute gab es wohl taum auf der ganzen weiten Welt! Acht Wochen schwebten jetzt Beide schon in dem befeeligenden Gefühl jener er sten, wahren, echten Liebe, die zwei ei-E nes tiefen Glückes fähige Naturen sich finden ließ; und noch war das Ende des stummen Händedrückens, der ver-z ftohlenen Küsse, der toufenderlei lleinen Aufmertsamleitn nicht abzusehen. Zwar war es nicht im Wonnemonat Mai, dem vom frivolen heinrich so prächtig in Reimen oerherrlichtenx das . Wetter war rauh und unfreundlich und jene Knospen und dazu wunderbare » Blumen und beim Hauche Zephirs ver- z fchwindende Blätter malte der grimmef Frost mit der ihm ausschließlich zu Ge- « ote stehenden Meisterschuß an die Fen fterfcheiben und auf die Wangen leuch- « tender, schelmis dreinschauender Mäd- T· chengesichter. rauernd hüllte sich der Erde in ihren weißen, weichen Mantel undschiitzte mit mütterlicher Sorgfalt ihre zartgebauten Kindlein vor der er- J siarrendenUmarmungdes eisi en Nord- « windes, der in wilder Wut über die. Ebene sauste und an den Ufern des rau schenden Sees prächtig im Sonnenlichti funlelnde Gebilde schuf. l Die Familie faß eng um den Tilchj gefchaart, sich die Abende mit dem be liebten Domino verliirzend, und dass I Feuer prasselte dazu im Kamin und der ’ messingene Theelessel fummte leise sein anheimelndes Schlummerlied. Kuns gunde’z jüngere Geschwister freuten sich der mit Eile näher und näher heran riickenden fröhlichen Weihnachtszeit und lauschten mit gespanntester Aufmerk- , famteit den hübfchen Märchen und Sa- T gen, die ihnen Eduard und feine anmu- « thiae Braut in anmuthiger Form zu erzählen wußten. Beide, die natürlich mit dem Eristiindchen die engsten, freundfchaftlichen Beziehungen unter hielten, mußten die Wünsche der Klei nen sowie das den Kindern bei solcher Gelegenheit geläufige feierliche Ver l sprechen übermitteln, von nun an stets artig und fol sam zu sein. Entmu, die Kleinste, bat sammelnd um eine schöne, ; vor allen Dingen aber recht große Pup pe mit dem unabänderlich dazu ehrs renben Wägelchen; Paul, der fün jäh rige Krauskopf, möchte den Weih nachtsrnann um ein großes Schaum pserd und eine lange Peitsche erleich tern und Emil’s in die Ferne schwei fender Sinn wollte aus den Abenteuern Rabtnson Crusoe’s reichliche Nahrung : schapsen für seinen unbestimmten Tha- . tendrang. Und so kamen die Kinder in - liebenswürdigster Weise dem geheim- ? nißvollen Gebet freundlich entgegen und erleichterten ihm nach Kräften sein « schweres Geschäft, Jedem ein süßes Lächeln zu entlocien und über Jeden die Schale der Zufriedenheit auszu gießen. Nur Kunigunde berrieth auch nicht durch die leiseste Andeutung ihren Her enswunsch. und auf Eduard’s direkte Frage erwiderte sie, stets schelmisch ächelnd, das Bewußtsein, ihn zu be sitzen, sei für sie schon mehr als genug. Eduard, der in solchen D ngen mit ei ner eigentlich lobenswerthen Unersaz . renheit begabt war, raufte sich man - mal, wenn er des Abends seine stille J Klauseerreichthatte, in heller Verzweif lung sein dunkles Haar; auch nicht eig« einziger armseliger Gedanke wollte ihm kommen, dessen Ausführung feiner An sicht nach geeignet gewesen wäre, seiner Braut eine rechte Weihnachtsfreude zu bereiten. Keineswegs etwa, daß sie so schwer zu befriedigen gewesen wäre; sie, · die genügsamfte vastochter unter der — Sonne, die eitlen Tand und Flitter, "« Putz- und Gefallsucht so gründlich ver- « achtete, wie selten ein hübsches, hei- ? rathsfähiges Dämchen unserer moder nen, nur auf Täuschung des Auges be dachten Zeit. Mißmuthig und beküm mert schlich er einher, so daß seine Freunde, die einen solchen Zustand bei ihm nie zuvor gesehen hatten, um seine Gesundheit besorgt, sich angelegentlichst erkundigten, was ihn bedrücke und wel chen Traumgebilden er nachjage, wenn er, in ihrer Gesellschaft plötzlich ange redet, wie aus einem tiefen Schlaf er wachend, sie verwundert anstarrte. Eduard machte sie zögernd zu Mitwis fern seines nagenden Kummers, und nun regnete es ute Rathschläge in un geahnten Massgen auf den Aermsten herab. Der Eine meinte, ein mit Pelz verbrämter Mantel sei· das beste Mittel, der genevten Braut seine unveroruch liche Liebe kund zu thun; der Andere schwärmte mit Aufwand seiner bedeu tenden Nednergabe fiir Hüte, Bänder und duftige Spitzengarniturenz der Dritte hielt Ketten und Spangen von lauterem Golde für das passendste An- , ebinde, mit dem Amor dauernd zu fes seln sei, und der Doktor, eine start rea liftisch angehauchte Seele mit merklicher Neigung zur Sathre, redete ihm heftig in’s Gewissen, die praktische Seite des Lebens etwas mehr in's Auge zu fassen, das Nützliche mit dem Angenehmen zu verbinden und feine Auserwählte mit einem siir den zu gründenden Haus ftand passenden Möbel zu überraschen. Dem armen Eduard wurde endlich ganz schwül zu Muthe von den vielen wohl emeinten Empfehlungen, als aber schlie lich sein Freund, der dicke, zu derben Scherzen ausgelegte Kapellmei ster, schüchtern aus die natürlichen Fol gen der ja nicht mehr in so weiter Ferne liegenden Ehe anzuspielen und jenen Gegenstand in Vorschlag zu bringen bringen wagte, in welchem die Minia turausgabe des Menschengeschlechtes die ersten Jahre zu verbringen pflegt, da war es mit der Geduld des Geplag ten zu Ende. Polternd brauste er auf, ergriff Hut und Stock und verließ die schnöden Gesellen, die ihn augenschein lich zum Besten haben wollten und ja unmöglich ahnen konnten, wie ihm, dem rathlosen Bräutigam, urn’s herz war. Sträfliche Vermessenheit aber dünkte es ihn, in dieser Gemüthsverfassung seine Wohnung aufzusuchen. Drüben winkte eine röthlich strahlende Laterne und die flackernden Lichtwellen schienen ihn einzuladen, bei feurigem Tokayer seine ruhige Besonnenheit sich wieder zu est-dem In der frohen Mung. bei periendern Saft der Traube möge auch ihm sich vielleicht ausnahmsweise einmal die Wahrheit unverhüllt zeigen, trat er ein, bestellte ein Glas Wein, leerte es und ertheilte nun den auf ihn einslllrmen Gedanken Audienz. Der Doktor war ei entlich doch nicht so ganz im Unrecht. « ur immer pral tisch!« war ja auch sein Wahrspruch, aber mit einer Zimmereinrichtung oder gar einem Kochosen lonnte er doch am Weihnachtsmorgen unmöglich vor seine Braut hintreten. »Noch ein Glas Wein, bitte!« tiefer den männlichen Hebe. Ein Kragen und ein Paar Manschetten aus echten Spihen wären ja am Ende ganz hübsch, aber in der Brauche war seine Braut, so viel ihm bekannt, leider ge nügend versehen; ein Mantel wurde wahrscheinlich zu kostspielig und Schmuck egenstände konnten, wenn auch son zu solchen Zwecken sehr geei - net, höchstens dazu dienen, seine hei - i z