Seine Mutter. Von Karl Basse. Am Gehänge stand die Wolfsmilch Unten spiilten die wenig belebten Wel len M Stichen-fees die ibunten Riesel steine glatt san-d eins Endchen weiter ver sperrten Haseknußstriiucher und dicht verwachsene Brombeerhecken knie Aus lsicht. Das that »aber nicht viel, denn der kleine Man-n, -der sda hernmsbotanisirte, kannte genau Alles, was sich hinter den süfcben bar-g: den fernen Gutshof mit Dem weißen Herren-haus, den anderen Zipfel des Sees, der sich da herumzogj die-Wiesen unt-Felder die den danieder-J rij gehörten seit zweihundert Jahren. ! Wiegesiagh er kannte es Deshalb war er mich gar nicht neu-gierig, sondern er . ing langsam hin, blieb stehen, bückte unsd fügte eine neue Blume zu den iisbrsigem Der Strauß, idsen er in der band hielt, war schon recht stattlich, aber der tlekne Mann schien gar nich-il genug kriegen zu lönn·.en Wenn er eines weiße Federnelke am Hange erspähte, » kletterte er schiner empor, unsd war Psie gar roth oder gesprenlelt, so hielt ihn überhaupt nichts-. Die Sonne meinte es gnt heute. Er blieb öfters stehen, holte ein rothes Schnupftuch hervor und trocknete sich die Stirn damit. Es war eine wun lderliche Stille ringsum. Kaum ein Glsucksen Vom Wasser oder das Rollen der Räder von der Chaussee, die hinter den Hügel-n versteckt lag. Ein paar Schmetterlinge flogen auf uwd setzten sich, ein-e Eidechse raschelste durchs nie drig-e Kraut. Das war Alles-. Der Strauß hatte allmälig einen ganz gewaltigen Umfang angenommen, und der klein-e Mann entschloß sich, cheimziugehem Er überstieg also den Kamm des nächsten Hügels und sah Felder vor sich, auf sdenen der Roggen gedieh unid ges-be Lupinen leuchteten. Da faßte ihn ein neueerdcrnke. Wenigst lich, als ob er ein Verbrechen beginge, schkich er sich vorwärts, pflückte mit zit Sternder Hans-d ein paar Aehrsen, nalzirn noch ein paar Lupinen mit und eilte dann spornstreichs mit seiner Beute aus den Fußpfad zu, der in die Chaussee wärt-dein Der kleine Mann hieß Friedrich Fahl. Er wohn-te in sder dunkelsten Straße des Lanoftäsdtchen-s. Aber das trübte seine Stimmung nicht. Unsi- als er jetzt so die Chnussee entlang mar schirte, war er herzlich zufrieden trotz »der Gewissensbisse über die entwendeten Aehren unw Lupinen. Die Landleute zogen an ihm in Schaaren vorbei; see waren Vormittags in der Kirche gewe sen und wanderten jetzt ihren Dörfern zu. Manchmal flog ans ihren Reihen auch ein Gruß zu dein Stoaußträger hinüber-, und dann ermangelteFriedrich Fahl nieste-ais, recht ties den Hut zu ziehen. Er hatte ja auch gewiß Gran-'D, bescheiden zu sein! Der Geringste war ihm gegenüber ja noch immer reich »und vornehm. Wenn er sich so die Klein bauern Und Jnsassen ansah — die hat ten ihr klein-es Gütchen, und wenn es auch nur aus ein paar Morgen Land bestand, ifatten ihr Häuschen mit dem kleinen Ansba«u, too ihre Eltern das Al tentheil verzehrten — ja, die konnten gewiß zuerst von hm einen Gruß ver langen-. Den-n er? Lieber Himmel, daß er seinen Vater nicht gekannt, das ließ sich ja noch leich ter Des-schmerzen Er wußte auch rein Nichts Von ihm. Nur mußte er wohl auch Fahl geheißen haben, hihi, das war doch schon Etwas. Geld hatte e’r"ge"roiß nie besessen, sonst wäre doch sein Sohn lj nicht so ganz leer ausgegangen Nein, g »das that Nichts« deshalb grämte er sich E nicht. Er hatte ja sein Auskommen - Aber daß seine Mutter ihm auch unbe ramstet geblieben! O, du lieber Gott. Er hätte oft an die Menschen herantre ten möaen ern-v sag-en: »Begreist Jshr den-n nicht, was das heißt, seine Mutter : nicht gekannt zu haben! Begreift Ihr denn das nicht? Das ist schon an und ; fär sich schlimm, aber nun erst meine Mutter! Liebe Leu-te, kommt, seht Euch " ihr Bin an. Jht werdet mich verstehen. Und selche Mutter niemals gekannt zu Sei-hätte er ost sprechen mögen. Na » Erlich that er es nicht. Seine ange -; boten-e Schächternsheit verhinderte es schon allein. Und Doch drückte es ihm · Das Vers ab. besonders in- der Zeit, als er zwanzig Jahre alt wart-. Jetzt kam T " der Gedanke seltener, fett hatte er einen Its-O Mund-i . . . . Ali er die Ladenthlir aufschloß, ging MW sitt die kleine Welt-ge Gasse Mr, währt-d sie der til-einen Welt « eine ganze Weile sortlenchtete. Der M bemerkte es nicht. Er ,dieÆrhtnter«Mzu Meer » ste. Date-traten ohneme . · wettet auszuhaltenz in sein Zim «Js·, M ihm als Komptoin Wohn sMsosmn dienen mußte. Es " III-Its Unssallerrtdes writt. Die Möbel ganz einfach und bescheiden. auf dem Tisch eine Kontos-ach und über dem Bett — sAber wein, was dort hing, war nicht so ganz einfach. Es paßte sogar nicht recht zu dem Uebrigen. Dort hing irn Rahmen ein rauensbiloniß: ein lan ges schmoles esichi, verträunrie, etwas schwerrniitshige Augen, der Hals frei nach der Sitte der Zeit. Auch die Hände konnte man noch sehen. Es waren? lanige vornehme han«-de von schmaer For-m und weißer Zartheit Hände, sdiei nie ein-e schwere Arbeit gethan, die im-! rner nur still im Schooße geruht hattenJ Tag für Tag und Jahr um Jahr. Friedrich Fahl saß vor ihnen wie vors einer Offenbarung Und er dachte nur immer, wie diese schön-In leichten Finq ger, die leine Rauhheit und Uniebenheitj »iannten, einen streicheln müßten. Unsd sleisir. leise wie ein« Lustzug ging es dann jäher sein Gesicht, und sein Gesicht slächelte leise in Sehnsucht und Glück. Irr-wohl ihn hätten diese Hände ge sireichelt.· Denn sie gehörten seiner» Mutter. ( Er wußte auch von ihr nichts. Sie hatte die Erde früh verlassen, dann war er in die Lehre gekommen. als blöder Junge, hatte als Kommis später hin terrn Ladentisch gestanden unsd sich sdie Händedlau und roth gefroren. Von seinen Ersparnissen hatte er sich in Ber lin nach »der kleinen Photographie, die er besaß, dies große Bild seiner Mutter malen lassen, und als wieder Jahre vergangen waren, konnte er sich hier in dem dunklen Gäßchen den Laden knie then, in dern irütdselig ein Herings tonne neben einem Peiroieurnbehälter stand, in dem es Zucker und Seife. Bon bons und Wachslichter gab. Reich wer den konnte er dabei nicht« das war auch gar nicht sein Streben. Er war glück lich, daß er nun sein eigener Herr war. Denn sein ganzes Leben hindurch, so bang-e er denken konnte, war er immer wur geduldet worden; aus einer Ecke hatte man ihn in die andere gepuift, rend er hätte stets noch »Da-nie schön« sagen sollen. TO. wie ost war er des Abends, wenn der Prinzipal schloß, in sein Dachlamnrer gestiegen, um dort jämmerlich zu heulen-. Aber dann halte ihn stets das Bild wieder aufgerichtet, erst das kleine und später das große, und je mehr seine eigenen Hände roth und rissig und plump wurden, um so gehn-schien es ihm, insußte er nur die schmalen weißen ver Frau lieben, vie ihn geboren. Kam die liebe Sommer zeit, so ging er in seinen freien Stun den- in den Wald oder an Den See und pflückte die schönsten Blumen, die er sorgsam in’s Glas steckte. Nicht siir sich etwa, bei Leibe nicht, Alles für das Bild, für seine liebe Mutter. Zu ihr trug er Freude und Schmerz, zu ihr be tete er, ihr dankte er Alles, was er er reichte. Seine Kameraden nannten ihn tvlpatschig, weil er weder im Trinken noch im Tanzen noch im Karten-spielen recht Stange hielt; die Mädchen lach ten ihn aus, seiner dicken rathen Hände wegen und rveil er immer nich Perio leurn und sein«-ern Laden roch. Da zog er sich still von Allen zuriiab und ink mer mehr beschränkte er sich auf die stumme Unterhaltung mir dem Bilde. Es sing fin ihn an, zu leben, es be schirmte ihn, und wenn er sich nach Ta ges-last und Arbeit auf sein nicht ge rade weiches Lager streckte, sah das Bild herab aus ihn und segnete seinen Schlaf. Heute am warmen Sonntag geschah es auch, wie immer. Das mächtige Bonn-net war-d sorgsam in’å Wasser ge stellt unid möglichst nahe an das Bild gerückt Dann aan Friedrich Fahl händereibenv und lächeln-d aus und ab und ließ seinsenVlicl hin und wieder mit heimlicher Zärtlichkeit von dem Strauß aus das Bild suwd vorn Biide auf den Strauß schweifen. Am nächsten Tage passirte etwas Außervrbentliches. Friedrich Fahl be diente gerade ein Dienstmädchen und wag ihr Zucker erb, als ein Fremder in die Thür trat. Es war ein mittelgroßer Mutw, über sdie besten-We schon lein auz, mit grauem M verrunzel tem Gesicht. » szz »Viel ich nicht bei Herrn Fahl?« fragte er einleitend, und behielt »den hat in der Haut-. «Ia-wohl,« stotterte der Kleine, »was steht zu Dienste-n, mein Herr?« Die Küchensee war neugierig an sder Thär stehen geblieben, bei-neigte sich fest aber schweren Herzens dazu, den Laden zu verlassen. So blieben die Beiden allein. »Ich wollte man — —" sagte sder Fremde nnd holte ein Notizbuch hervor, in dem er zu blöttem begann. Friedrich Fahl zitterte, er wußte sel-« ber nicht, warum. «Sitkd Sie am 10. September des Jeslmi IM geboren—?« Mr zitterte Friedrich Fahr so, daß er sich am Ladentisch festhalten mußte. Er konnte nicht gleich antworten Und ein weis-sicher Gedanke durchschosz ihn wmn MS der Juspertor der M Köck rifschen herrschast war, wenn man ihn gesehen hatte, wes-m er wegen Fett-dieb siahl »und Jlnrfrael beth werden solltes! - «Z·a,« stammelte er. »Weder Herr-« » a? Na, dann stimmt es. Er kennst Dir-mich nicht, mein Junge?« Und der Fremde breitete lachend die Arme aug. Friedrich Fahl wußte nicht aus noch ein. Lieber Herr,« sagte er, noch immer nicht beruhigt »Ach was, Herr! hat sich was mit Herr! Dein leidhasstiger Onkel bin ich, Onkel Dietrich, unsd Dein Pathe oben drein. Na, Du kannst mich ja nicht kennen, das stimmt nu’ ’mal. Ader glauben kannst Du mir’s schon. Deine Mutter selig war meine Schwester.« Es dauerte lange, aber endlich glaub tesFriedrich Fahl es doch. Und er kam hinterm Ladentisch hervor und stürzte sich wirklich in die ausgebreitet-n Arme. «Usf- JMMX meinte Lder Onkel nach her, »das riecht bei Dir aber nach Pe troleum und hereing, Kreuzwetter strich-i noch ’mal! Hast Du hier nicht ’n«e Ba racle, wo man ablegen kann ?« Der’ihim-mel mochte wissen, ob der Reife es gern that, aber er konnt-e nicht remain, den Onkel in sein Zimmer zu führen. Dort setzte sich der alte Man-n, trank einen Schnaps nnd fuhr mit der Hand über den Bart. »Ja,« sagte er, »weil's doch nu’ schon an die dreißig Jahre sind! Die Zeit rennt mit Postpserde, sagt meine Frau immer, aber ich sag’. wie ’ne Lokomo tivr. Und da lam ich gerade hierhin in die Nähe, nach Großdorss, da hat mich mein Prinzipal hingeschickt, ich bin nämlich Maschine-ahnen und es war wegen einer Maschine Und da «d-acht’ ich: nanu kannst Du gleich ’ma«l nach seh’n. was aus dem Fritze geworden ist, weil’s doch Dein Paihentind ist und dann auch von wegen die Alma, die doch meine Schwester war. Deine Vor namen habe ich ja aufgeschrieben und Deinen Geburtstag auch, eben als Paiizsr. Jch weiß noch, wie die Alma sagte: Fräse, sagte sie, er soll nach Dir heißen. Na, dabei blieW auch, den-n wenn die Alma was sagte, dann war’s halt bombensest.« Friedrich Fahl hatte die Wagen aus das Bild sei-net Mutter geheftet, dem der Onkel den Rücken zulehrte. Also das war ihr Bruders Schwer glaub lich, so selir er auch trachtete, eine Aehn lichkeit zu entdecken. Als der Alte aber schwieg und sich einen neuen Schnaps einsah bat er doch: uErzähle mir weiter von meiner . . . . Mutter.« »Nu, das is halt nicht viel zu erzog len,'« fubr Onkel Dietrich fort. »Ich dass ia gleich nich haben wollen, daß sie sich den Schevindiuchtskandsidnten nimmt. Junge, '3 war Dein Vater, nichts für ungui. Da hat sie’s im Schloß besser gehabt. Aber sie wollte pa«riI-ut. Und nachher bat sie richtig mit Dir Göb:’ dagesessen. Damals war ich schon in meineMaschinenfabrik Und dann, wie alt kannst Du gewesen sein? zwei, drei Jahr, is sie holt auch gestorben war so ein geiundes Weib immer. Da Hättest Du sehn können, was aqu Dir geworden wars wenn nicht das gnädiae Fräulein noch ein Wort gesprochen hätte.« Der Onkel nickte energisch, während der Neffe sonderbar starr nach dein Biide sah. - »Was gloyeft Du denn immer so nach der Bands-« fuhr der alte Dietrich plötzlich hier-aus und drehte sich sam. Jetzt sah er das Bild. »Wa-as?« fragte er und sprang aus. »Wie kommst Da’n dazu ?" »Ich hsab’s nach sder kkeinon Photo graphie machen lassen,« brachte , —k,-l miibsam und errövhend heraus. Es war ihm weh uns-s Herz, als hätte der Onkel von feiner Mutter viel zu wenig heilig geredet. Entschuldigend setzte er hinzu: »Man will doch von seiner Mutter — Z, Onkel, ein Bild will man looch ba n.« »Von der —- — Junge, bist Du ein bischen übergeschnappti Von der Mut ter? Der kannst Du allerdings dan ken. Ohne die da (er wies ans idos Pottraitft wäre es Dir, als sie Dein-e Mutter begraben —baben, jämmerlich ge sangen-« Er erschra! etwas, den-n Friedrich Fahl war weiß geworden. wie der Kalt an der Wand, Wo saß ba, unbeinviich ruhig, nur die Lippen zitterten ern-ad »Na ja,« polterte sder Alte, um seine Verkegonsheit zu verbergen, »das ist doch das gnädige Fräukein vom Schloß, wo die Alma gedient hat. Wie ein Kind im Hause sbaben sie sie da schalten und was meine Frau ist, die damals noch meine Brani wor, die bat innerer ge sagt: Einrei, wen-n Du da weggebst, dann verdienst Du PrägeU Was meinst Du, Hat sie sich verliebt, heidi. do wurde Alles in den Wind geschlagen und »was-te gebeirathei werden. Ich hab's ja vorausgeseben, aber ich wußte, da nütt kein Reden. Und ich kam auch q gleich weg, so Stücke-r zwar-Fig Meilen weiter, da kanns ich’e erst recht nicht dern. Ja, nnd was ich fagen wollte s gnädige Fräulein da, die bat der Wa noch manchen Thaler zweite-L hat tbr sogar ihr Vikd gesehen-it sdie kleine - otvgrapbie, wonach das ge machtt . Die num- hqt m sich most ja im Leben tein Bild habt. Na, und als sich das gnädige Fräulein verbei ratbete —- Nickier beißt sie, von Rickier —, da ließ sie Dich Wurm noch zu dem Kerl bringen, zu dem Seilermeister, den kannte sie, und der s ollte Dich ausziehen gegen Geld und gute Wort-. Mehr weiß ich nicht· Von da bifte dann ja wohl in’s Heringsgeschöst gerathen. Junge, sdas riecht aber. Na, gieb mir die Hand. Die Hände hast Du von Alma'n, die Dinger sind geerbt. Prost!« AberFriedrichFabl antwortete nicht. Jm Laden tönte die KlimgeL Mecha nisch sprang er aus. Er war so ge swöbnt daran, sdaßer es auch sent that. Er bediente auch richtig. Aber er tam nicht zurück Der Kunde war abgeirr tigt, war gegangen. Onkel Dietrich fühlte sich unibebaglich End trat »in den Laden. Da saß der tleine Mann, sein Neffe, auf einer niedrigen Kiste und hatte den Kopf sest in die Hände gelegt. »Was fehlt Dir denn?« fragte der Alte verlegen. · Keine Antwort. »Na, aber Junge!" Keine-Antwort Er pack-te ibn an den Schultern, ritt ielte ihn. Friedrich Fahl gab teine Antwort. Der Onkel brummte etwas vor sich bin, dann setzte er den Hut auf ,,So brauchst Du mich gerade auch nicht ’rauszuschmeiszen,« sagte er noch, «·tvo man doch aus gutem herzen tommt.« - Als er wieder vergeblich aus eine Antwort gewartet, drehte er sich zwei mal unschliissig um sich selbst. Miso Adieu!" ries er dann plötzlich und ging brumntig von dannen. ' Das Lauten der Ktingei beim Oeff nen der Ladenthiir brachte den kleinen Fahl wieder zu sich. Also nicht seine Mutter! Eine fremde Frau, die vielleicht noch irgendwo lebte. Er verstand es nicht. Es stürzte Ailes in ihm zusammen. Und seine richtige Mutter ein Dienstmädchen mit genau so rothen rissigen Händen, wie die sei nen waren! Er besah see sich lange. Und dann machte er seinen Laden zu und machte ihn diesen ganzen Tag nicht wieder aus. Später sagten die Leute von Fried rich Fahl, er sei tonsus geworden. Er hielt sein Geschäft wohl noch leidlich im Stande, aber er sstarrte ost in die Luft, sprach siir sich, nichte. Wenn er Sonn tags in der Umgebung spazieren ging, suchte er wie gewöhnlich Biumerr Aber piötzlich, als ob ihm etwas einsiele, starrte er trostlos zu Boden und ließ die armen Kinder des Sommers fallen· Er brachte nie mehr welche nach Hause. Für wen auch? Er war ein baltlaser Mensch gewor den und ein ganz einsamer Mensch. Und wenn er daran dachte, wie giiicklich er früher gewesen war, schüttelte er ver rate-den den Kopf. Sie hatten ihm jetzt sogar die Mutter genommen, und das war Alles. was der kleine Fahl in der dunklen Gasse der kleinen Stadt überhaupt besessen hatte. Der Topp-Mitten Eine Mär von The-while Gautier. Was bei-riin Die blank-e Hedwig so sehr? Warum sitzt sie schwermiiiiyig in einem verborgenen Winsiels Sie ver gräbt ihr Kinn ins vie Hand, stützt den Ellen-bogen auf das Knie; ihr Antlitz ist sdiisierer als das der Verzweiflung unld bleicher als vie Alabassterssiatue, welche Tiber einem Grabe weint. Ueber ihre fammetweiche Wange rollt eine schwere Thriine, eine Thriine wel che jedoch nie ver-sich Gleichwie Ider Wasserirppsen, «der aus Jdem Felsense wölbe sickeri, nrii der Zeit den Granii englisch-ist« so hat »diese eine Tchriine, wei che ohne Unterlaß »aus ihrensbzbngen aus ihr herz fiel. Mssekbe durchbohrt Mig, sbipnde bei-W, glaubst du nicht mchr an Jesus Ghristus den lieb reich-n Erlösets Zweifelft Du an der allmächtsigen Für-bitte ver nlleriheilisg ssien Jungfrau Markt-? Warum legsi Du immer Deine kleinen crbgemagerten Hände, die durchsichtig sind wie die der Eisen und wer Willis, an Deine Seite? Du swivsi Mutter werden; Dein edler Gemahl, ver Graf Lobi-rog, hat, falls Du sihn mit einem Sohne beschert-ten solltest, das Mde gethan, in die Kirche des heiiisen Enthbertmö einen Ame aus gediegenem Silber und ein goidmes Eil-privat stiften. Ach! Der sonnen wig Herz durch W die isteben Schwerier der Mater Bote-wies ein- furchtsbares Geheimnis lasset qui ihrer See-le. Vor einigen 1 Monden lanr ein Brandt-eng « aufs Schloß- Oas Wetter war stiirsnrisch in jener Nacht: sDie Mrme swantten in ihren Fug-h die Wetterfahnen ächzte-h die Flamme inr Kam-in direkte sich, und der Wind schlug an die Scheiben, wie ein sit-dringlicher Mensch, der Einlaß begehrt. - Der Freier-Ring war schön wie ein Engel, aber wie ein gesallener Engel; er lächelte süß tun-d blickte mild. nnd doch machte idieset Blick vor Entsetzen erstar ren End slößte Schrecken ein, als sbeugie man sich iider tden Rand eines Abgrun des. Alle W dieses Nara-es waren verrätherisch schmachtend. ver rucht anmuthig, gleich denen des Ti gers, der seiner Beute auslauertz wie die Schlange den Vogel sascinirt, so be hexte er die Menschen. sDieser Fremde war ein fahrender Sänger; seine get-könnte Haut erzählte von andere-n Himmelsstrichen die er ge sehen; er sagte, er komme aus idem Innern Böhmerre, misd tdat um gast sreundliche Ausnahme nur für sdie eine Nacht. Er blieb, aber nicht nur diese Nacht, sondern nach manch anderen Tag und manch andere Nacht; denn der Staren sann-te sich nicht legen, und das altel Schloß erzitterte in seinen Grunsdsestem als wollten es die Windstöße entwur zeln und sei-ne Mauerlrønen in sdie schäumend-en Wasser des Stroms stür zen. Zur Erheiterung der langen Stin den sang der Fremdling seltsame Wei sen, die Herz und Sinne verwirrte-m so lange-er sang, saß ein glänzen-d schmar zer Rade aus seiner Schulter; mit sei-s nein ebenholzschrvarzen Schnabel schlingt r den Takt und schien mit den Flügel-sit Beifall zu ilatschen. —- He;,«s.vig main-Z bleich, bleich wie das Mandenlichy Hedwig wurde roth, roth stvie die Mor- j genrötye, unsd sie lrkknte sich lässig zu-; rück in ihren großen Arm-sinnl, schmach- ! tend, halb betäubt, berauscht, als ikiitte sie den unseligen Dust tät-dringender Blumen eingeathmet. i Endlich konnte der Sänger ausdre-J chen5 lachendes Bzau hatte das Hirn-; melsantlitz ousgeheitsert. Atber seit die-« sem Tage weint Hedwig, »die blau-de Hedwig, unablässig in der Fenstererle.« Wig itst Mutter; sie hat ein schö-» nes Kind mit blendend weißer und ro-. suger hautsardr. — Der alte Gras Lod- « brog hat beim Gießer den Altar aus gediegenem Silber bestellt und dein Goldschmiede in einer Börse aus Nenn-» thiersell taufen-d Goldstücke zur Unser-« tisgung des Cidoriurns überreicht; es" wird groß und schwer wenden iund viel Wein safsen. Der Priester, der es lee ren wird, tann sich viilytnen ein guter Trinker zu sein. Das Kind sist ganz weiß lein-d rosig, asber es hat den schwarzen Blick des Fremdling-L feine Mutter hat es wolfl bemerkt. Ach! arme hedrvigi warum haft Du dem Fremdling rnit feiner Harfe und feinem Raben fd tief ins Herz geschaut? . . .. T Der Kaplan tauft das Kind; — nmsiabt ihen den Namen Otnf, ein wunderschönerNameE M Der Stern deuter steigt auf den höchsten Thurm, um dem jungen Grafen das Horofldp zu stellen. Die Luft ist rein und htt: sdie Zacken des fchneebedeckten Gebirges bohren sich in den Himmelsrand smie das ni: t fpi tzen weißen Zähnen ausge- « stattete Gebiß eines Luchfes Gleich Silberfonnen funkeln die großen, blei chen Sterne durch das tiefe Blau der Nacht. J Der Stundenfchauer firirt den Auf gang, bezeichnet das Jahr, den Tag nnd die Minute; er macht mit rdther Tinte bange Berechnungen auf einem! großen Pergament, Ida-«- ganz bedeckt ist mit tabbakiftifchen Zeichen; er geht in fein wahinet zurück und ssteigt alsdann wieder zum Söller empor. Er san-n fich doch cin feinen iBerechnmigen nicht geirrt shabenz die Raiditiit steht fest wie eine Gott-wage zum Wägen der Edel-; steine; trotzdem beginnt er auf's neue: er that Iteinen Fehler gemacht l tDer kleine Graf Olsuf hat einenDop pelstetn, einen grünen und einen ra- i then; der eine grün wie die hoffnung, der andere roth wie die thöllex der eine Dienst-ig, der andere unhetkiiindend hat ginbtxind jemals einen Doppetstern ge a t Mit ernster, feierlicher Miene tehrti der Sterswdewter in das Gemach der Wöchnerin zurück und verstünde-L wäh rend feine tndchige band den waltende-I Miettbart streicht: .,Griifin Vedwig und Ihr. Graf Lodbrpgt ZweierleiI Eins-lüfte W sich bei der Geburt Eures theimnSahned geltend gemacht: ein guter tin-d ein fchliinsrnerx deshalb hat er einen grünen und einen rothen Stern. Er ist meist-eher Beegnfkust fang unterworfen; er wird fehr glück lich aber fehr ungkitctlieh fein; ich weiß reicht db das Erster-e oder das Lehtere —- viellei tBeides zugleich. " I Dara antwortete der Graf IHLads brog: »Der grüne Stern wird den l—« T Sieg ««dadonteagen.« Ader Heda-is fürchtete in ihre-n Muttettlyerm, daß es der rothe sein möchte Sie denng das Kinn wieder in i re hand, stüyte den Ellenbogen aufs- rriesmrd überließ säh jin einer Fensterecke ihren Tdritnern »Man-Ehre M M gestillt hatteer ! « tigun , sdur Odie HEwa »die Schneefowcksen zuIdeg JMIW, Mc sie so Wht und so eilig bkmbkamw Eli hätte man sdort oben die weißen Flügel aller Engel und Ghe rubine gerupr s Von Zeit zu Zeit sslo ein Rade vor dem Fassan nnd ttelte wich zend den Schneesturm von seinem Ie sieder. Das lenkte Her-wiss Gedanletr ans sden seltsamen Raben, welcher km mer aus der Schulter des Jrenrdlin I gesessen,detFrem-dlirrgs mit dem glei - tierischen Sigm-lich mit dem zau derndesn Schlangenlitcheln Und ihre lItcdriinens fielen rascher aus ihren Nu gen auf ihr Herz, ihr armes, durchbohr tes Herz. Der kleine Olus ist ein wunderliches Rind: man lönnte behaupten, in dieser kleinen, weißen und rosigen haut stiilerr zwei Kinder von verschiedenem Charak Eter. Den einen Tag ist er gut wie ein zEngeL den anderen sböse wie eins Teu Jselz er sbeiszt die Brust sein-er Mutter Hund zerkratzt mit seine-n Nägeln das HGesicht seiner Wärterin Der alte Graf Lndbrog lacht in seinen Bart und Ysagh »Oluf wird ein guter Soldat werdet-, er hat trsiegserischen-»Sin«n.« In der That ist er ein nnerträglicher kleiner Bursche; bald weint er, sbald lacht er; er ist mumienhaft wie der Mond und schwäcmerisch wie eine Franz er los-rni, geht, bleibt plötzlich nlyne ersichtlichen sGrnnd stehen, läßt im Stiche, was er Terst begonnen, und soeben noch ausge ;l-:1ssen surrv stünmisch, ist er aus ein-mal jstarr unsd undemaglichz wenn er auch ifiir sich allein ist« scheint er doch ein E vaeigrspräch mit einer Unsichtbaren Person zu führen. Frägt man ihn als dann nach der Ursache seiner Unruhe, »so antwortet er, der rothe Stern quäle ihn. Olrrf ist bald fünfzehn Jahre alt. Sein Charakter »wir-d immer unerklär licher. Obgleich sein Gesicht von vol lendeter Schön-Zeit ist, hat es doch einen Ausdruck, welcher peinlich berührt Der junge Graf ist blond wie seine jMutter und oiyat sdir Züge eines Nord Händersz aber unter sein-er schneewei szen Stirne, welche sicherlich-die Stirne derer von Lodbrog ist« funtelt zwischen orangefurbenen Livern ein pechschwar ,zes Auge, aus welchem die Gluth italie nischer Leidenschaft flammt, ein der schleierter Blick, grausam und verliebt zugleich wie ider des sbähmischen Sän gerä. Wie die Monde fliehen und wie viel rascher noch die Jahres Hedwig ruht nun unter dem diisteren Gewölbe der Lodbrog’schen Gruft neben dem alten IGrafen Landtag, welcher in seinem "Sarge glückseiig lächelt, weil sein Name nicht erlischt. Sie war schon so bI-eich, daß sie der Tod nicht bleicher machten ltonnte Auf ihrem Gran-male ist eine "liegende-Statue mit gefalteten Händen, deren Füße auf einer Windhiindin aus Marmor, der treuen Gefährtin der Todten, rujhrm Niemand weiß, was sHedwig in ihrer letzten Stunde arsagtz aber der Priester, ier ihre Beichte ge lhiirt hat, ist noch bleicher geworden als , die Sterbende. Oluf, der braune und blonde Sohn Hedwig’s, der Trostlosen, ist heute zwanzig Jahre alt. Er ist außeror dentlich gewandt in allen ritterlich-M Uebungem keiner führt den Bogen wie er; er spaltet den Pfeil wieder, der sich soeben erst zitternd in idas Herz des Opfers gebohrt. Ohne Zügkl noch Sporen bändigt er die wildestenPferdr. Nie-mais hat er eine Frau oder ein junges Mädchen angeblich ohne ihnen Liebe einzuflöszem aber keine von allen, sdie er geliebt, ist so sgliicklich gewesen. Die unselige Zwiespaltisgtkeit seines Charakters widersetzt sich jeglicher Glückesoevivirtlichung zwischen einer Frau und ihm. Die ein-e seiner Dop oelnaturen fühit Liebe, cdie andere Hab; bald siegt sder grüne Stern, bald sder rothe. Genie spricht er mit Begrier runig: »Wie dort-lich sei-d ihn doch, ihr weihen Jungfrauen des Nordens. die ishr strahlend suan rein wie die Eise-e Tfiide des Poles ; Augen mitd wie Mon deiglanz, Wangen vom rötihlichm Scheine ides Rordlichts gefärbt!« Und insovgen ruft er ans: »O Mädchen Jtas Weni, M der Sonne veraoidet wie die niiihersdens Orawgonl Ihr Flammen IIMIII tin bronszefanbenemsuien!« Aber lkdai Betrübende war, daß diese entge pgengesetrten Empfindungen aus einem .a:usoichtigen herzen tandem Ach ihr arme-n Verlassenen, traurig klagende Schatten! Ihr selbst zeiljt kihn seiner Schuld; denn ihr wißt, daß er Jung-tückischer als ihr. Sein herz niercht einem Kampfs-law erreichet Ihm Unterlaß non den Füßen kroeier Geg «-ner zerstampst wird.