Lederstrrmpf. t Von meinem Fenster aus sehe ich T r die Dächer weg in einen iherrliche-n . tten. Besonders im Mai ist der A-» Uick betauschend schön. Die weißen; ern-d rothen Blüthen der Kirsch- und Psinsichbäusme heben sich prächtig von M fangen Grün ab, und dieses wie der von dem dunklen Hintergrunde der Kiefernhakde die sich weithin erstreckt. Mitten ismGarten steht aus einer kleinen Anhikhe eine Gruppe ivon Schwarztan sen und Birken, die das ganze Bild mit Quem shellgriinen Lasusb an den tief herabhängendensweigen beleben. Wenn die Sonne unter-gegangen ist, ver , schwinden die Farben, nnd man sieht sur die sest nmrissenen Wipsel der Kie Yz fetntsich vorn Nach-thili abheben. Aber andere Schönheiten bieten sich dar, »die der helle Tag mit seinem wir «" ten Geräusch nicht duldet. Von fern , Zwar shört man noch in bestimmten « wischenrämnen das Brausen der Ei errbahnziige, und hin und wieder tönt J aus einem der Nachbarhöfe eine Men -«« i chenstirnme oder das Bellen ein-es Hun-i . s herauss. Aber dann ist es ganz still( f und das geheimnißvolle Schweigen der( Nacht hüllt Alles ein. Jn ruhig-er T Nach-i strahlen die Sterne und die gan- i FeWeltscheint entschlusmmert wie in Dornröschens Schloß. Aus einmal sird diese erhaben-e Stille durch lang -«.»;, Mgmh sehnsüchtig-e Töne unterbro . Das ist der Nachtigall Gesang Dann belebt sich die sduntle Welt um sich herum mit allerlei lieben Gestal ., sen, nnd in der Erinnerung seiere ich frohe und ernste Feste des Wieder f sehens. Am liebsten taucht mein Blick in solcher Stunde in die ferne Vergangen «t meines Lebens, und in stillen räumen ziehen Bitt-er ans meiner äurgendgeit noch einmal an mir vorü Wieder bin ich der ausgelassene Knabe, dem stein- Zaun zu hoch sund kein Graben zu breit, und stolz höre ich auf den Namen Untas, den mir mein-e Freunde einstimmig zuertannt haben. Und aus dem Schatten tritt eine selt same Gestalt hervor, mit langen grau en haaren und seiner großen goldenenj Brille, hinter der ein paar düstere Au- ; gen funkeln. . Oh, Lederftrumpfl Ja, es ist »der Ute Lederstmmpf selbe-et Er trägt im Ier noch sein dunkekbraunes Um-» Ichkagetuch über der Schulter und die ofze schwarze Tasche an der Seite. der Hand hätt er allerdings nicht die nie sehtende Büchse, sondern nur ein harmloses Schmetteriingånetz. Seine Beine find bis zu den Knieen mit dunkelbraunen iedevnen Gamaschen be kleidet. Darum nannten wir ihn spöt tisch Lederstrumpf. Wir begegneten ihm häufig aus un sern Streiszügen in der Umgegend Ehrlich gesagt, wir fürchteten uns vor ihm, denn er sah immer so finster aus« nnd wir dämpften unsere Stimmen, wenn wir ihn in den Büschen erblickten, wo er aus Jagd ging. »Du, Unka5,« sagte eines Tag-s mein Freund Fritz hiervius zu mir, «möchtest Du »dem wohl ein-mal allein begegan« »Du würdest Dich wohl fürchten, große Schisange?" erwiderte ich. »Pah, fürchten! Die große Schlan ge fürchtet sich nie. Soll ich ihn ’mal rufen?« Und als ich damit einverstanden war, sehte er bei-de Hände an den Mund und rief erst leise und schüchtern, dann immer lauter: «Lederstrumps! Leder emmpfx« · - , » Zuletzt rief-en twir Beide um Die Wet te. Aber Lederftvmnpf kehrte sich nicht daran, und triumphirend sahen wir sue-s ob amtierer Heldenthat an. Dieser same blieb an ihm haften; wer und Das der Mann aber war, wußten wir t. Einige Zeit dara-uf.ging er an un . em Fenster vorüber. ,, Liebe Mut ,« tief ich, ,,-da geht ja der Leder stwmpf!« Meine Mutter fah ihn Und sagt-e: »Ich dachte mit gleich, daß Jhr den meint. Der arme Mensch! Jhr werdet ihn doch nicht ärgern?" »Was ift mit ihm, Muttee?'· fragte ich neu-gierig. »Nicht, nichts, mein Junge, das ist nichts fiir Dich!« ; »Wuch, Mutter, ich möchte es gerne k? wissen« Es »Der Mann ift sehr unglücklich-« sagte meine Mutter. »Der Mann ist Its-ast« »Er sieht doch aber ganz gesund ans -d läuft den ganzen Tag draußen . . m. Wie kannv er da krank fein?·' - »Er ift krant,« sag-te meine Mutter T e ernst und küßte mich auf die » tim. ,.Laß Dir das gesagt sein, und zu, daß Ihr ihm nichts in den t« Im andere-n Tag hatten wir uns ei " M stoßasrtigen Uchetfall der Huronen L ausgedacht, die in der Nähe des Tars stiches ihr Lager ausgeschlagen hatten. Es war nicht leicht, unbemerkt heran zukommen, und ich hatte es übernom men, durch den Torsstich zu schleichen. Zwischen den mit Wasser gefüllten Torslöchern waren schmale Streifen stehen geblieben, die mit Gras und Bachbun gen bewachsen waren. Diesen Streifen glaubte ich trauen zu können. Bei einem unvorsichtigen Tritt riß der trügerische Mantel Bach bungen und ich lag bis unter die Arme im Wasser. Nachdem ickxxnich von der Ueberraschung erholt «hate, machte rnir der Unsall zuerst Spaß; als ich aber heraus-zukamen suchte, entdeckte ich zu meinem Schrecken, daß der Rand über all abbröckelte, wo ich san-faßte Da fing ich an zu schreien. aber Niemand antwortete. Meine Freunde mußten zu weit entfernt sein. Amgstvoll sah ich mich um und erbiickte Lederstruinps, der mit schnellen Schritten sheraniam «Breite die Arme aus« Junge,« rief er, »und halte Dich ganz stillt« s Vorsichtig kam er aus dein schmalen Pfade so nahe heran, daß er mir den Reis-en Ides Schrnetterlingneßes reichen konnte. Langsani zog er mich dann so weit heraus-, daß ich wieder feste-n Bo den unter den Füßen spürte. Als ich ganz draußen war und nun meine moorbedeckten schwarzen Beine sah, sing ich laut zu weinen an. »Nun, nun, mein Junge, es ist ja weiter nichts,« sagte der Ledersirumpf sanft und strich mir die Haare ans Der xStirn »Man-» aber, daß Du rasch fnach Hause kommst! — Glücklicher Knabe,'« hörte ich ihn dann murmeln, »ich sehe es -seinen Augen an, daß er noch eine Seele hat!" « »Ja- rannre Io schneu ich ronnre, nach Hause. Als »sich meine Mutter von ihrem Schreck erholt hatt-, tkußte ich Alles noch einmal ausführlich erzählen. Wie ich aber die That Lederstrumpth zu rühmen begann, war ich nicht wenig überrascht, als meine Großmutter mich auf einmal unter-brach und meiner Mutter eine große Standrede hielt, was ich noch nie gehört hatte. »Ich habe iDir ins-mer gesagt. Ju liane,« sagte sie, »daß sder Junge noch einmal Unglück bei seinem Heut-Mol len haben wind. Nicht genug, daß er in’ö Wasser fällt und beinahe ertriirtt, nein, er muß auch noch smit diesem ge fährlichen Menschen zusammen-kom men, von dem Niemand weiß, was er eigentlich treibt. Denn was sie erzäh len, daß er seine Seele sucht, ist doch Untsinn. Jch begreife nicht, daß man solche Mut-schen nicht einfach ein sperrt!« Mir aber wurde von nun an aufs Strengste verboten, mit meinen Freun den je wieder außerhalb der Festungs tkhore zu spielen. Wir hätten Platz ge nug im Garten. So iam es, daß ich mit Lederstrumps lange Zeit nicht mehr zusasmmentam. — sDie Jahre vergingen Die Zeit der Judihnettämpfe war lange vorüber und langsam und vorläufig noch wie spielend trat der Ernst des Lebxnz an mich heran. Der erste Liebesturnmer machte mir das Herz schwer. Ach, sie schien mir unerreichbar, und Keinem durfte ich mein Leid klagen. Damm ging ich, twenn der Abend herein-brach, mutterseelenallein hinaus durchs That irr das Festunsglaciå, setzte mich aus eine Bank, die unter einem großen Flie derstrauch stand, und träumte. Wenn aber die Nachtigall zu schhaen begann, weinte ich vor heftigem Schmerz. So saß ich eines Abends »und hörte nicht, daß Jemand (tam. Erst als er sich ne ben mich sehte, sah ich auf. Es war Ledetstrumps. Ach, Ledersttumps!« rief ich über rascht. Er war unverändert geblieben, mir das Schmetterlings-sieh hatte er nichtsbei sich. Wiesen Namen have ich Truhe: ask gehöri, jun-get Marm," sagte er zu mir «EZ war eine Gefellfcheft wikder Kna ben, die ihn riefen, wenthste mich sahen. Aber ich war ihnen nicht biife darum· Und einer war darunter, den habe ich fes-at einmal aus dem Wasser heraus geholt Der hatte eine Seele, ich fah es in feinen Augen; aber sie gehörte ihm, es war nicht vie meinige.« »Der Knabe war ich,« rief ich, »und ich kann »diese Gelegenheit nicht vor ikbergehen ’liaffen, ohne das nachzuho len, was der thärichte Knabe vergaß. Sie festen fich fett-er einer Gefahr aus-, um den unvorsichtigen Buben zu ret ien, und er lief davon, sinke Ihnen zu danken! Mein Dank ift nicht weniger herzlich und aufrichtig. wenn er auch um einig-e Jahre zu spät konnmt.« Ich nannte ihm meinen Namen. Er drückse mir lebhaft die Hand. »Mein Name kann Ihnen gleich-gül tig fein,« ern-idem er, ,.er bezeichnet ja doch mir ein halbes Wesen. Darum nennen Sie mich nur ruhig Leder frvumpf. Ich sbiibe Sie dar-um« es ifi ein lieber Klang fär mäch. Ach, mein junger Freund, wie-Gange ist es her, c daß ich mit einem Menschen so viel ge sprochen habet Seit meiner großen Kantheit ist es heute das erste Mal, und das ist viele Jahre her. Was bor jdem -war, will ich Ihnen nicht serzählen;’ kaber ich war ein glücklicher Man-n. Ich. hatte ein Weib und zwei Knaben. so; wie Sie damals waren —- und sie star-; —- ich glaube wenigstens, daß sie starben. Asber wenn sie starben, dann starben He in einer Nacht. Es muß wol-l so gewesen sein, beinahe kann ich mich daraus besinnen. Bestimmt weiß ich mir noch, sdaß sich aus einem Trüm merhaufen saß und mit zerrissenen und verbrannten Kleidern verlohlte Balken bei Seite schob, um tsie zu suchen. Als ich nun wieder erwachte sagte der Arzt zu der grauen Schwester-, die neben meinem Bette saß: »So, nun ist das Schlimmste vorüber, und er ist geret tet!« Die Thorenl was niißte es mir, wenn sie meinen Leib gerettet hat ten, und dabei dulteten, daß mir vie Seele sortslog. Zuerst glaubte ich, sie hätten tsie nrir gestohlen als ich be merkte, daß ich keine mehr hatte; aber das war Unlsrnm was sollte Einer mit zwei Seelen ansangsenl Dann fiel mir ein, daß ssie als Schmetterling fortge flogen sein könnte, und ich kaufte mirj das Netz, um sie zu fangen-. Jch habej viele iausewde gefangen, aber alle hat ten idiese dummen Jnsettenaugen ausi keinem ihrer Augen sah mich eine Seele an. Und ich brauchte meine Seele! Wiej tonnte ich alone Seele um Weib und Kinder klagen, die ich verloren Hatte! zDarum suchte ich sie, darum suche ich; jsie noch! Aber ich werde sie nicht jin ! den den-n nun weiß ich, daß sie in einen jVogel arschliipst ist daß eine Nachti lgall meis- e Seele hat! Hören Sie! I Er hatte sich halb aufgerichtet und lljorchte mit vorgebeuatern Kopfe nach dem Busche hin, in welchem die Nachti gall mit heißer Inbrunst sang. Jch saß gaan still da und riishrte rnich nicht. Jch fürchtete mich. Der Mann war also wahnsinnig das war seine Krank heit. Gleich daran fuhr er fort, indem er die Hand san meine Schulter legte: »Sie werden mir nicht glauben, und doch miissen Sie es. Hier sitzt Einer neben Innen, der Keiner ist, eine leere menschenähnliche Hülle. Einer, der le ben muß und nicht stets-den kann, weil er keine Seele hat. Ader auch Sie können die Jhrsige verlieren, wenn Sie nicht Acht geben. Nicht ani Tage, son dern in der Nacht, in der langen ban Hn Nacht! Darum sehen Sie ani argen ja nach, ob Sie Jhre Seele noch haben; am besten ist es; wenn Sie gar nicht schlafen. Für mich ist es ja zu spät; aber ich will das wenig stens nachhvlesn, was ich zu lviel ge schlafen hobe. Sie aber müssen wa chen, wachen! Denn Jslynen möchte ich das Elend ersparen, das ich tragen muß. Vielleicht können Sie aber beten, das ist auch sehr gut. Jch kasnn ez nicht, ich kann nur suchen, ob ich sie nicht doch noch finde!« Er sprang auf und eilte fort· Jch hörte den Eies unter seinen Füßen knir fchien. Dann war Alles still, auch die Nachtigall fang reicht mehr. Langsarn stieg der Mond am Himmel auf, die Bäume warfen lange Schatten auf die weißen Wege. Die Thurme-he schlug eins. Es war Zeit, nach Hause zu geh-m Ich habe ilen nicht nicht wieder-ge sehen. Nach einigen Wochen erfuhr ich, gäß der Nuhelose seine Ruhe gefunden tte, . Wirt-Häufig taucht lfeine Gestalt vor mir aut, wenniich nächtlicher Stille die Nachtwall bäte. Aus den holden Tönen grünt mich die klagende Seele des armen Lederstrunipf. . Zigeuner-Rathe Jn der Awndvämmerung überfiel mich ein heftiger Regen. Es goß in Strömen herab, den letzten Tages schimmer verlöfchend. Neben unserem e den, bolperigen Landwege rauschte In Waldbache fein wildes Brausen iibertiinte das Getöse, das die wieder prasselnden Wasser-messen auf das heraufgezogsene Dach meines alten Reifekvagens verursachten Trotz des warmen Mai-abends be qsansn mich unter meiner Reisevecte zu fröstrln. »Schlag auf das Handpferd ein, Eimmerich —- aleich werden wir von undurchdringlicher Finsterniß umgeben fein! Nimm die Züqu straff —- das herrmäaus ten-n nicht sweit fein—!« Mein Kutschen ein junger Deutsch Un-ga-r, that wie ich ihm geheißen. Er ickmalzte mit der Zunge. hieb auf die beider-. kleinen. stauen Gäule ein. sdaß sie mit den Hinterfiisisen ausfchluaem erreichte. aber feine-n Zweck, denn sie fie len in Galopp· Bequem war das allerdings fiir mich nicht« Auf dem ausqefalkrenm tautn mit etwas Schotter bestreiten Weae fiel die Kalesche Von einer Seite auf die an der-e — ganze Stücke aufgeweichten Moraftes flogen ineir in’s Gesicht, wr welches ich den Zipfel meines Plaidö hielt — asber wir tamen vorwärts. Rechts und links flogen Tannen victichte nnd alte Eichengruppen an uns vorüber-um eine schmale Steinhriicke passirt —- dann einige hundert Meter einer hohen, mit spitzen Eiferme be fetten Mauer-, nnd endiich hielt der Wagen vor dem breiten Gitterthore. IES war die höchfte Zeit gewesen. Ganz plötzlich erhob sich ein heulen der Sturm, der durch die breiten Alleen und Taxushecken fuhr, die das Herren haus umgaben. Innerhalb der Mauer, nahe dem al ten Portale, über dem in Stein gehauen das Wappen der Gyertyan-Allnrassh Katz befand »sich das Pförtnerhäusk Man fchien nnich erwartet zu haben. Ein breitfchnltriger Mann in lan gem, grauem Paletot trat heraus, öff nete das breite Giterthor und fragte höflich: »Herr Rechtsanwalt Doktor Mark —?'« »Das bin ich , mein Freund« ——— sagte ich und ibemiihte mich, mich aus den nassen Umhiillnngen zu befreien und sichtbar zu machen. »Die Zimmer fiir den- Herrn Dai tor ssind feit zwei Tagen in Bereitfchaft. Der Her-r Graf find zwar noch nicht an wesend im Schlosse, stommen aber spä testens bis übermorgen zurück. Kut fcher —- fahre lints herum um die Von tainen und dann gleich bei der Rampe vor!« Zehn Minuten später war ich in ei nem wohlvurchwärmten, eichen-holzge tiifelten, geräumigen Zimmer installirt Ein langer, hager-er, livrirter Die ner mit einem wahren Diplomatenge ficht und den geränfchlofen Bewegun gen eines Angorataters bracht zwei große, moderne Lampen, deren gelb Ieivene Spitzenschirme den in fast puri tanifcher, gediegener Einfachheit gehal tenen Raum in mattes, freundliches ILicht tauchten. vor mir, aus dem mir der toftliche Souchong entgegen duftete. Etwas ge räucherter Lachs, frische Butter kaltes Geflügel und ge- rösiete Brodichnitten wurden aufgetragen —- ich griff wacker zu, weil ich ehrlich hungrig geworden Ab —! Da ließ sichs wohl sein. Nachdem ich meinen Appetit hin länglich befriedigt, nat-n ich eine gute Ciaarre aus dem prächtigen Lavabe bölter und blickte an den braunen, ge schnitzten Wänden umher. Es war offenbar ein Junggesellen Speifezimmer, indem ich mich befand. Außer einer Reihe hocharmiger Ses sel, einem kostbaren Buffet uno ver-» schiedenen Rauchgarnituren befanden sich noch mehrere große Oelbilder da- « rin: hier Männer in ungarischem Ga-» lakoftiim, den Kalpal mit der Reiher feder auf dem Haupte. den netzt-r brämtrn Attila über sdie linke Schulter geworfen, in der Faust oder an der Seite die scharfgeschliffene Dank-see nertlinsge — Männer iin weißen Allon geperriicken, wie ssie die damalige Hof etikette vorgeschrieben, alle aber mit listigen-den schwarzen Augen, ins den feingeschnittenen Gastchtsziigen Le bensluft und Tapferkeit »Es find die Ahnen des Herrn Gra fen« — belehrte mich, tsichtlich stolz, in einem so vornehmen hause angestellt zu sein, der diplomatische Diener, welcher eintrat und meinen Beobachtungen ge folg two-r Fund das Bildnis des Besitzers die fes Schlosses, und feiner Familie —?« JGraf Cgon Gyertyan-Allmasso ift unverheiratbet —- feine einzige Schwe ster starb als Priorin eines adeligen Damenftisftes vor anebreren Jahren!« Nachdem ich mich in gebährensder Aufmerksamkeit diese mich sehr in terfsirende Mittbeilung angehört, be eilte ssich der Diener mir zu melden: »Wenn dorther-r Doktor oor der Rückkehr des there Grafen Einsicht in die Æten des langjährigen Prozesses zu nehmen wünschen — dieselben lie zfien im Anbeitszimmer des herrn Gra n —- — Bald stand ein isikbernes Schreien-ZU. ( Das kam mir erwünscht. Vor einigen Monaten halbe ich das Buteau und die gerichtliche Hinterbl fensschaft eines älteren Kollegen, Dr. Ligtwki. übernommen, Iher plötzlich am Herzschlag verschieden-wein Er war über dreißig Jahre der Sack-verwaltet des gräflichen Haus-es Gvettycen-Allmassy gewesen. Der Schloßbekt hatte mich Meerka pbisch gebeten. ihn auf ein bis zwei Wo chen zu besuchen, um Ordnung in ver schieden-e Angelegenheiten zu bringen, die eines schneidigsen Avoolseen be durstm. Anwenblicklich handelte es sich um 40 och Wall-; endlich um eine Art Ge bitgslchluchi, die zu dem Güter complex der GnetlyaniAllmasiv ge hörten, mid welche vor etwa acht Joh L— A ren ein neuer Nachbar, Baron Tilai Esermanengyel, als ssein Eigenthum retlaniirte. Dem vorauseilenden Diener, welcher eine der Lampen trug, ging ich nach. Das Arbeitszimmer des Grasen war ein achtectiger Dbumibau mit Balcon nach dem uralten Parte zu. Man hörte das Rauschen der Eichen War der kleine Speisesaal fast ganz ohne Mobiliar so machte das ,,«buen retiro« des Schloßherrn fast den Ein druck eines KünstlerMieliers f Moögriine, goldgestickte Tabouretz und Ottomanen anden überall umher; herrliche Veneziasner Spiegel gliherten zwischen riinem Evbeu und seltsamen Schlingpflanzem da eine Vase aus töstlichein Porzellan, dort eine solche aus Onyx in der sarbenprächtig Bin-· men sich wiegten. Der breite Schreibtisch trug hohe, silberne Arnilenchier, die einen fabel unbOttoenanen standen überall umher; ben mußten daneben die Schrei-baten silien in Malachit und getriebener Goldsassung Aber es war nicht der Schreibtisch, der mich interessirte. - Drüben, nahe iden Baltonsthiiren, gab es eine, mit grünem Sammt aus geschlagene, große Nische, vor der eine Stasselei ausgestellt war. Eine große, mit Krokobilleber über zogene Kassette mochte Palette, Bin-sei unsd Farben enthalten —- aus der Staf selei sbie hübsche Stizze eines rosenum sponnenen Dorf-Kirchhofes mit der Kapelle. »Das war die G: äfin Jlta —- und dies ist ein früheres Portrait des Herrn Grasen.« Der Diener hatte einen der Arm leuchter angeziinbet und hielt ihn hoch, Um mir das Betrachten der Gemälbe zu erleichtern. Neben einem jungen, schwarzhaari gen, aber blauäugigen Mädchen im rei chen Schmucke einer ungarischen Edel dame vergangener Jahrzehnte das Bild eines jungen Mannes in ben zwanziger Jahren.· · Das keine, eoie Ema-r im Brenner tel-Profil, von schwarzen Locken um geben, in den Augen den lachendxn Sonnenschein der Jugend. Aber dort, rechts, neben dem vergol deten Kantin, fesselt meinen Blick ein Angesicht von berückender Schönheit Ein junges Weib, groß, ebenniäszig gebaut. mit goldschimsmerndem, melli gem Braunhaar, dunklem Tenn, dich ten, schwarze-n Brauen und Wimpern, mit seltsam grün-grauen oder gerau griinen —- nein, meet-blauen Augen — ein vieldeutsanies Röthsel — — Der Maler hatte sich dies mystische Wesen in einem Felde von shochrothen Mohndlurnen gedacht-das Feld ward qom Asdent-roth seltsam beleuchtet, uns-n der handbreite, schwarze Holzralpmen der das Portrait zierte, umgab es wie mit einem Trauerflor. Und sda —- und dort, neben und un ter dem großen Gemälde Studien und Stizzen —- dassekbe interessante Weils als Else über schimmerndern Waldbach —- dann in einer weißen lSpitzenkode zum Balle geschmückt —- nnd hier im phantastischen Sonntagöpuye ein-et Ziegeunerin. Unleugbar —- der Gras war ein gro ßes Talent. Ich sah den Diener fragend an — aber aus seinen schmalen, blassen Lip pen erschien das allerverschwiegenste Lächeln —- diesmal nannte er mir tei nen Namen ,,Dahinter steckt ein Geheimnisz« — sagte ich mir. Es war seastig und unsreundlich in dein so eleganten Zimmer. Jch zog es vor, die betreffenden Akten in mein Schlafgemach mitzunehmen Aus einein unteren Fache des Schreibtisches, das mir der Diplomw tischezeigte entnahm ich das ziemlich umsangreiche AlMiindeL lBald saß ich in einem hohen, weichen Atmsessel vor dein Kamine, in dem ein paar Scheite guten Eichen-hohes aus lärckerten und wohltge Wärme verbrei « en. Klatschend schlug der Regen an die tleinen Busens-beiden —noch immer swükhete der Orkan. — Einen warmen Nachtstunk hatte man mit gebracht und mich dann al lein gelassen. Obwohl die Reis-e aus der kleinen Komiiaisstadt hierher mich ermüdet Hatte, griff ich nach den Pa pier-ern getreu der Devise, die ich in mei nem Bureau angebracht ,.Was Du heute kannst besorgen, - Schiebe niemals ganz aus singe-W Hm! Kosteniibersch:äae —- Grenz markungen — Klage —- Gegenklage — Gutachten in- der Sack-verständigen Revkik —- Duplik — und hier —- —2 Wie kam das zwischen die staubigen Akten? Eine schmale, längliche Wappe; die einige lose, beschriebene Blätter ent hielt; oben-aus ein« gepreßtet Strauß frischer Veilchen, fder meinen VII-den r entglitt. Als ich ihn vom Boden aushob, bemerkte ich, daß auch ein Bild, ein sAquarelL dabei lag. — — Jenes Mädchen aus dem Wohnt-lu menbeete — unverkennbar, hier bleich, eten Kranz von weißen Rosen im haar, aus dem Todtenlager —- todt «- die Sarghullen verschwenderisch mit Ro sen unsd Lilien liberstrent Sollte ich diese Blätter nngelesen bei Seite legen? Sie waren von lrästi e Hand he schrieben, und es zeigten - ch hie nnd da Eigenthümlichkeiten in der Schrift, die jeden Graphologen lebhast interessiren mußten. Ein wenig kämpfte meine männliche Würde mit der Neugierde —- — und wie meist im Leben das böse Prinzip den Sieg davonteägt —- die Neugierde behielt die Oberhand. »Dir allein, Jlta, geliebte einzige Schwester-, Dir soll meine Beichte gel ten; was an mir Seltsames, Sinnes, Sonderliches — warum ich die Men schen geslohen und ruhelos seine Län der durchjagt, darüber sollen diese Blätter Dir endlich Ausschluß geben: I Welch’ eine liebeleete, trostlose Jn gend wir armen, reichen Girasentinder derlebt — Du sweißt es selbst! Der Va ter, ein sinsterer, sanatischer Politisler, ist uns allezeit ein Fremder geblieben. Die Mutter, stets träntlich und bleich, hatte dem Ungeliedten nur ans Beseht ihrer verarmten Eltern die Hand gereicht. Noch heute steht das milde, ver-blühte Anaasicht vor meinen Anden, das ihre 28 Jahre Lägen strafte, als sie uns starb. . Acon sllllolc Uns "MNMlslc lll ch Fremde. Dich nahm ein Kloster auf — mich drillten Gouverneur und bezahlte Lehrer. Alk meine Talente wurden unterdrückt; man versuchte aus jede Weise den in mir wohnenden Gottes funten zu derlöschen —- Priester sollte ich werden« auf des Vaters Geheiß. Tausend Fesseln- engten imich ein in solchem Dasein-, und jeder New meines kräftigen, jung-en Körpers bäusmte sich aus gegen solche Gewalt. Eines Tages entfloh ich meinen Peinigern, nachdem ich eine Summe Geldes aufgenommen, und enttam glücklich auf einem Schiffe nach Au stralien. Nicht lange bielten meine Mitel vor —- aber einen Freund fand ich in der Fremde, einen vortrefflichen Maler, der mir seine Kunst mit Lust und Liebe lehrte. , So griff ich zu Pinsel und Palette und hatte Erfolge, die ich gewiß in mei nem Vaterlande niemals errungen ha ben würde. Die Noth lehrte mich beten und arbeiten. Aus meiner Heimatl; em pfing ich mehr als zehn Jahre teine Kunde. « Endlich ging ich nach Paris. Von biet aus bemühte ich mich, nach den Meinen zu forschen. Es gelang mir, durch eine alte und treue Dienerin unserer Mutter Nachricht zu erhalten. Sie erschütterte mich tief. Der Vater war aus der Wolfsjagd mit dem Pferde gestürzt und ruhte be reits lseit Wochen in unserem prächtigen Erbbegräbniß; meine arme, geliebte Schwester aber lebte noch zwischen den Klostermauerm weil die beimath ishr fremd geworden und Niemand da war, ihr Schutz und Stütze zu sein. I Mit dem nächsten Zuge verließ ich Paris. Auf Schloß Allmassy fand ich wenig verändert —- obgleich meist fremde Ge sichter. Zu meinem Erstaunen date sich tetn Testament vorgefunden —- ich war nicht enterbt, wie ich erwartet, und man übergab mir das ansehnliche Vermö gen. Kaum war das nötbi ste geordnet. so eilte ich zu Dir nach rag. Ach, Jlta —- Schwester, erinnerst Du Dich noch unseres Wiederfebens — und der überströmensden Zärtlichkeit, mit der wir Armen uns usmhalsten? « Jch geleitete Dich sorgsam in die Heimat-b und nahm eine warmherzige, würdige Dame in unser Vani. Wir lebten nur fiir einander, vermiedens die Welt, und Frieden und Freiheit, die «uns umwehten, oerschönten unsere Tage. s Allein — wir schienen für das Glück nicht geboten! Es konnte bei Deiner Jugend und Schönheit nicht ausbleiben, daß die adiige Nachbarschaft sich bat-D um uns bemühte. Wir erhielten Besuche unsi niußten, obwohl gezwungen, viesecben ein-mal erwidern. Unter Allen, die mir am lästigsten . und unsympathischesten swakem ver suchte der junge Milnn von Beschede ein serbifchek Großgeunvbesißer, uns seine Freundschaft ausgudrängen» « Was ihm bei mir nicht gelang — mein Vertrauen zu erwerben —- Dein Iahnungslose3, junges Geiz stahl et tm Fluge; mit seinen süßem gleiszneris schen Worten, seinem inmitten Helden mukbn feinen glühenden Geständnissen bethökte et Dir Auge und Ohr —- mit