Vaters Pantoffeln. i Humor-alte von Hirn-in Scham-ener »Sag’, liebe Frau, ware es denn sticht möglich, endlich einmal diese alten, vertragenen Dinger bei Seite zu schasfenP Ich habe nun wohl schon tausendmal darum gebeten, aber, wie ed scheint, umsonst. Wozu hat mir denn das Kind die schönen neuen Pan tofseln gestickt, wenn ich nach wie vor in diesen abgetretcnen, zerrissenen Schuhen umhergehen soll!«« Dabei hielt der Rath, auf der Schwelle zwischen Wohnstube und Schlaszimmer stehend, die geschtniihten Pantoffeln in fast tragischer Haltung in der hocherhobenen Rechten. Seine Frau schaute ganz betreten drein. »Gewiß, gerviß,« sagte sie be chwichtigend, »die alten Pantoffeln allen noch heute fort. Ich habe der Auguste wiederholt befohlen, Dir jetzt immer die neuen Schuhe vor das Bett zu stellen. Sie ist nur leider so ver geßlich Jch werde es ihr nun nochmale streng einscharfen Einmi, spring ein nial in die Küche und rus’ mir die Auguste herein l« Gehorsam erhob sich Emmi von ihrer Stickarbeit. Da öffnete sich die Korridorthiin und Auguste, das Mild chen siir Alles, erschien, unt zu melden, daß das Essen bereit sei. »Und dann wollte ich die Herrtchaft noch fragen, ob ich nicht Nachmittags zu meiner « Freundin gehen darf. Sie hat heute Geburtstag Meine Nichte wird schon Alles Nothige hier besorgen. Sie weiß ja wie ed gemacht werden muß. Meine Nichte ist schon da,« schloß Auguste ihre, mit großer Zungensertigleit vor getragene Rede. «Gut, gut, Du magst gehen,« sagte die Hausfrau. »Und diese Schuhe können Sie nur gleich mitnehmen und sie dein ersten besten Bettler schenken, der über den Hof geht. Jch will die Dinger nicht mehr sehen.« Dabei reichte der Haus herr ihr die alten Pantoffeln hin. Augufte nahm die Schuhe und zog sich, fiir die Erlaubniß zum Aus-gehen dankend, in die Kirche zurück. Die kleine Familie ader begab sich in"’0 Speisezimmer, wo die Suppe bereits auf dem Tisch dampfte. ’ , Zum Braten erschien noch Auguste selbst, bereits in halber Besuchetoiiene, mit hochgestecktem Haar und goldigem « Pfeil, der ziemlich unmotivirt auf dein interhaupt prangte. Als aber die iithin nach einigen Minuten nochmals klingelte, kam bereits die Nichte herein. »Meine Tante ist schon fortgegangen,« sagte sie erklarend und besorgte dann schnell und gerauschloa das Gen-anschic Nach Tische las der Hausherr wie immer seine Zeitung und theilte den Damen hin und wieder eine besondere interessante Neuigkeit daraus mit, die diese mit der gebührenden Theilnahme anhat-ten - heult-g stens Nichte raurnte inzwischen ; peisetisch ab, und der Paushetr wars durch die halbgeössnete htlr von it zu Zeit einen wohlgesiilligen lick aus die anmuthige junge S-tell dertreterin. Jetzt hörte man sie auch im Schlaszitnmer hantiten, die Was-b kkiige stillen und Stuhle rücken. Dann zog sich der dienstbare Geist in die Küche zurück, und eine wohlthuende Ruhe und Stille verbreitete sich über den kleinen Kreis in der Wohnstube Der Hausherr blies den Rauch sei ner Cigakre in die Lust und las mit berdoppeltem Eisen Tie Mutter hielt wie immer unt diese Zeit ein Mittags schlitschen in ihrem bequemen Lehnstuhl, während Emmi an ihrer -ticke-rei arbeitete und die rothen und blauen Blumen so eifrig schattirte, als hänge das Glück ihres Lebens davon ab, noch heute mit dem ganzen Blüthenstrauß sertig zu werden. Endlich erhob sich der Rath und ging, einen lächelnden Blick auf seine sanft entschlutnmerte Gattin werfend, so ges riiuschlos, als es seine Stiefel erlaub ten. in das Schlafzimmek hinüber. um seinerseits nach des Tages Last und Mühen der wohlverdienten Ruhe zu pslegen. Ta— schlaftrunken suhr die Mutter aus ihrer bequemen Stellung empor, und Etntni erhob lauschend das an muthige Köpfchen War das nicht des Vaters Stimme, die in halberstickten Tönen aus dem Schlasgemach heriiberllangP »Zum Donnerwetterl Diese Satans dingerl«— Ganz bleich vor zorniger Errettung erschien der Hausherr in Weste und eindsärmeln auf der Schwelle und « chaute, als ob er seine-it eigenen Augen nicht traute, aus die Schuhe in seiner Hand herab. Dann, in einem plötzlichen wilden Ausspruch seines Grintmes, schleuderte er die verhaßten alten Pantoffeln ven sich, daß sie in weitem Bagen durch sie Lust sanften und an der Schwelle des Eßzinnners zu Boden fielen. »Seit ich denn bis an mein Lebens ende von diesem elenden Paar verfolgt wer-heul« rief er dabei, ganz zitternd nat Eins-Umg. »Ich glaube fast, man legt es· daran an, mich zu Tode zu He beiden Frauen schauten einander au. So zornig Whatten ile den J; - Ists Mann noch nie gesehen »- « M M tee selbst erhob-Ich schnell Ei til-i neu Sis, unt nach Kerl-irae - eiet und in gelte-idem Ton mä Nichte-, der sustisterin all’ ".«»« —M ,MM www Mutter, sie habe die Schuhe aufdetn Holzlasten in der Kiiche gefunden und in der Meinung, Auguste hätte in der Eile vergessen, sie in’o Schlafzitnmer zu bringen, dieses Versuuinnisi nachge holt. -Jch weiß fa doch, wo die Pan toffeln stehen miisfen,« schloß sie zu versichtlich. »Ich lenne die Schuhe Ia lange und habe sie schon oft genug in's Schlaszimuier gebracht. « Bei den Worten »Ich kenne sie sa lange« lachte der Rath höhnisch auf. »Ja, lange. lange. das glaube ich. Diese Schuhe sind wohl ungefähr ebenso alt wie ich selbst. Sehen Sie sich-die Dinger doch ’mal an, liebes Kind. Glauben Sie denn wirklich, das; man solche Pantoffeln noch tragen lanu, selbst itn engsten FeinilienliseiseT-« »Sie sind allerdings schon recht alt,«« meinte dao junge Mädchen zögernd »Sol! ich sie wohl zuin Schuster tra ensf Vielleicht könnte er sie noch ane slickenX - Dabei hatte sie die Schuhe vorn Boden aufgenommen und betrachtete sie prüfend von allen Seiten. »Nein, nein, werfen Sie die Dinger fort! In den Schuttlasten—in den Graben —- wohin Sie wollen« Oder, noch lieber,« fügte er mit plötzlicheut f Entschluß hinzu, «geben Sie die Schuhe zher. Ich selbst werde sie ans dem i Ost-se schaff-« »Aber, lieber Mann,« wandte die i Mithin freundlich mahnend ein. . selbst schaffe sie and dem Heut e,« wiederholte der Rath euer gifch. »Sonst tauchen sie doch noch ein mal unvermuthet wieder auf, wenn ich an den Schrank gehe, utn meine Staatskleider herauszuholem oder wenn ich mein Schreibpult offne, um nach wichtigen Dotutnenten zu suchen. Man kennt das!« Und er nahm die Pantoffeln an sich, befahl Einmi, fie sorglich in reines s Papier Zu hüileu und mit einer saube jren Schnur zu umwickeln. »Daß sie nach was Rechtem aussehen,« fügte er in einer Anwendlung von Gnlgensf humor hinzu. ; »Was willst Du mit ihnen anfan-; sent-« wagte die Mithin zu fragen. ; »Wir nur. Das ist meine Sache.ä Ich weiß schon, was ich mit ihnens thue,« wehrte der Rath euergisch ahs Ich muß ohnehin zu Liidetetu um mir s Eigarren zu beim-Leu Unterwegs wer- j den die netien echuhchen dann auchj abgethau.« Und der Rath wandte sichs zum Vorzimmer. Z »Kleide Dich nur recht warm; ed isti heute so rauh,« mahnte die Hausfraus besorgt. »Und nimm Dir auch fa eine z Drofchtr. Der Laden-ist so weit, unds Dein Bein muß doch noch geschouh werd-ek« « i « - i »weetnertoegen, brummte ver main beim Anziehen des Pelzee »Wenn eo Dich beruhigt, nehme ich mir eine! Droschle aus Zeit, obgleich es eigent- I lich lächerlich tst daß ich den Fuß nun ewig als Invaliden behandeln soll, weil er einmal vor Monaten ein wenigl verstaucht war. :,!tun lebt wohl. In! einer Stunde bin ich wieder Intuit, s und die Pantoffeln sind wir dann fürs immer lob « l Dann schritt der Rath die Treppen! hinab. s Die Ritthin und Emtni, die demi Hausherrn wie imtner das Geleit bieII an die Thür gegeben hatten, iehrtenj in s Wohnzimmer zu ibtcr Arbeit »Hu-; riick und vertieiten sich in ein eisrigeei Gesbtiich darüber ob Emmi sich Zumf Hausball bei Weben- ein rosa Kleid? oder ein weißes anschaisen sollte k Dabei gab ee dann eine lleine Mei nungeverschiedenbeit Emtni wollte durchaus eine Schleppe, wenn auch nur« eine ileine, haben, die Mutter dagegen sand, daß ein langes Kleid beim Tan zen nur hinderlich set, und erinnerte an den traurigen Fall mit Lina Fischer, ? der man beim Tanzen auf die Schleppe i getreten hatte, in Folge dessen sie so ungliicklich auf den Hinterkops gefallen war, daß sie nun seit Wochen träufelte. j »Ja, ttina war immer ungeschickt,« ; meinte Emtni achselzuckend » Zie thut « mir gewiß leid. Aber sie tvare attchi ohne Schleppe sicher einmal beim Tan zen gestürzt. Sie glitt ja überall auss,1 und ans der Eidbahn lag sie sast immer auf dem Rucken. Mit Lan brauche ich mich nicht zu vergleichen Der Tanz lehrer sagte mir beim- Zchluß der Stansz deu, ich sei eine der besten Schülerinsz nen, die er je gehabt « « »Ach, das sagt er gewißjeder einzeln im Vertrauen, um iich beliebt zu machen, « meinte die Mutter ungläubig. Aber in ihrer Stimme klang doch der schlecht verhehlte Triumph durch, eine so talentvolle Tochter zu haben. »Assessor Kleinstedt wird auch aus dem Bau Iciu,« warf Emmi wie bei-! läusig hin. Der Ton sollte recht unbe fangen ilingeu, aber das Noth ihrer Wangen bertieste sich dabei in so be denklicher Weise, daß Entmi es siir gerathen hielt, den hübschen Kot-s wie der über die schon so ost betrachteten Stoffs-toben u neigen. »Der Asse sor? So, so.——Nun, wenn Dir so viel daranliegt, kannst Du das Kleid ja auch mit einer Schleppe machen lassen.« Emmi siel ihr stürmisch um den la »Aber nur eine ganz kleine das bitte ich mir aus-« sagte die Mutter, um ihre Autorität zu wahren »Gewiß, gesiß,« icherte Emmi nnd meinte im St ten, daß die Schleppe mindestens eine halbe Elle sein müsse. u tun-de das Modeiournal her dieses-di und die darin abgebildeten Uttoiletten einer ernstlichen Leistung Wein Die Damen waren so versunken in ihre Betrachtung, daß sie erschreckt zit sarnmeufuhren, als jetzt die Hausgloeke erklang. »Es wird der Vater sein,.« ries die - Ritthim einen Blick aus die Uhr wer fend. .Wie schnell doch die Zeit ver geht !" llnd Beide eilten in den VorsaaL um den Vater zu empfangen. s Die Thiir öffnete sich, und der Rath . war im Begriff einzutreten, da hörte man eine athetnlose Stimme- hinter I ihm dreinrusen: »Entschuldigett Sie, z Herr Rath, ich sah, wie Ihnen dieser s Packchen aus der Hand siel.« llnd mit J ein paar großen Sätzen kam der junge iMusiker aus dein vierten Stock Oder ;Hungerleider,« wie ihn der Rath im Stille-n titutirtd die treten Stufen der Treppe herumgesprungen »Bitte!« lind er hiel dem finster dreinschauenden Rath hofli ein Packchen entgegen »Dann-, danke,« brummte der Rath, dan Packrlteu verdrießlich entgegennehi mend. Dann schloß cr die Thitr ntit energiickietn Ruck dem jungen Mann dicht vor der Nase zu. Wie unhöslich doch diese wohlsituie ten Leute sind, dachte der junge Musi ker kopfschüttelnd, indem er die end losen Stusen zu seinem Dachstiibchen hinanlletterte. Sicher war etwaeWerths volles in dem Paelet, und doch hielt der Rath es kaum der Mühe werth, » mir zu danken. Hatte ee nun ein un ehrlicher Mensch gesunden, so konnte der da unten jetzt vergeblich nach sei » nem Einkauf seufzen! Aber daran den « ten diese Leute eben nicht. «Wie zudringlich doch dieser Kerl ist!« brummte währenddessen der Rath, seinen Pelz abnehmend. »Zum muß er aus der Treppe laut grüßen, und nun kriecht er mir gar disin meine Wohnung nach. Ich glaube fast, der alberne Mensch hat es aus unsere Emtni adgesehenl« Hochst beleidigt iiber eine solche Ver muthung, warf Emrni das Köpfchen in den Nacken. Die Mutter aber sagte; begütigend : »Es war doch freundlich von i dern jungen Mann, daß er Dir die vers : lorenen Cigarren aufhob und-. « Dies Mutter verstummte mitten im Saht denn eben hatte ihr Blick das Pacfets gestreift, und zum llebersluß zog nuns der Rath in sinsteretn Schweigen breit kleine Packchen mit dem wohlbekannten! gelben Bande der Cigarren, die recht-! mäßig die Grenze passirt haben, autts der-Pelztasche. . I Mutter und Epaiter diiaten nach mald ans das verhangnißbolle weis-e Packet Es war lein Zweifel.1«ie alten Pantoffeln lehrten nach Hause zurück! : Emtni konnte nur mit Miihe ein Lachen unterdrücken, die Mutter aber nahm die Suche tragischer Eber wie lam es denn?« sragte sie in bekiirnmertem Ton und klopfte ihren Mann liebevoll aus den Arm ..jWarurn warsst Du die Schuhe erst hier aus der Treppe sort? Ware es nicht besser ge wesen, sie schan aus der Straße-— «Habe ich auch gethan! Habe ich ia auch gethan!« brach der Rath nun zor nig ane. Aber es ist ja rein, als ob diese Tinger vorn Teufel besessen sind. Stuf halbem Wege zum Eigarrens laden, weißt Tu, an der stillen Stra ßenecke, bei der früheren Apothele wars ich das Partei mitten in einen Schnee hausen hinein, ohne daß der Droschlens iutschet ed merkte Dann trieb ich den Kerl an, recht schnell zu fahren. Aber Du weißt, ich hatte ihn auf Zeit ge nommen, und so schlich das Pferd denn wie u einem Leichenbegiingnisz einher, und Schon nach wenigen Schritten hörte ich eine Stimme hinter inir schreien: »Halt, halt, gutesteb Herrchem Sie haben was verloren !’ Der Kutscher wendet den Kopf, aber ich herrsche ihn an: ,Tae gilt nicht uns. Ich habe nichte« verloren. Bor warts, vorwärte!·« Nun fahrt der Kerl womöglich noch langsamer und durchsucht dabei unauf hörlich seine Taschen, ob er nicht am Ende etwan stostbaree verloren habe. Und hinter uns her llingt ee stets: ,Httll, hallP ,Merlen Sie denn nicht, ’ sagte ich endlich zu dem Dioichlenlutscher, der Mensch da hinten will und narren, und Sie sind unschuldig genug-« idumm wollte ich nicht sagen, diese Kerls sind sa grob»«j—unschuldig genug, ihni aus«-z Wort zu glauben Das ging ihm denn doch wider die Ehre, under schlagt auf e Pferd ein, daß wir in einem leidlichen Trab beim Laden ankommen ich will herausspringem verwickle mich aber in den Pelz, so daß ein paar Zeinnden ver gehen, bib ich mich sreimache. lind da hat mich auch schon Jemand beim Arm etfaßt, und eine klägliche Stimme win selt: »Hier, hier ist Ihr Variet, gute ster Herr. Jch sah, wie ee bei der alten Apothele heruntersiel, und bin den ganzen Weg hinter Ihnen berge lansen.’ ,Es ist gar nicht mein Backen ver suche ich einzuwenden, aber da hat es der Droichteniutscher auch schan sorg fältig abgeilapst und halt ed mir unter die Nase. Sehen Sie nur« Herr, das ist das nämliche Piickchen, dasS Sie in der Hand hielten, als Sie in meine Droschle stiegen Ich erkannte es gleich an dem blauen Bändchen. Gegenüber solcher Heugenschast half keine Einrede. So nahm ich denn das Packet und wallte in den Laden treten Aber da wars der Junge sich mir heu lend in den Weg in Trinkgeld, gutester, gnädigster Herrl bin so weit gelaufen. Meine Brit chmeth o arkgIL !’ Und er hustete ganz schwind Zchc stellte ihn mitspeisen aber —-.-— M-z p— ,.:.-k«-,1« s· s-. i l ( i auo der Gerippe der schnell versammel ten Zuschauer erhob sich ein drahendes Murren. ,Welche Harthettigleitl Der Junge läuft sich faft zu Tode und soll nietxt einmal einen Lohn dafiir haben. Tab ist etnvörend !’ Und so mußte ich denn-ed ift lächerlich!——fiir diese alten Pantoffeln —diese Teufeledingec—dent Burschen eine Mark geben« Denn kleinere Münze hatte ich leider nicht bei tnir.« »Und so brachtest Tu sie denn wieder rnriick und Ivarfst sie hier auf der Treppe trink-« fragte die Mutter, die es sich schon wieder in ihrem Sorgen ftuhl bequem gemacht hatte. »Nein,« sagte der Hausherr, mit großen Schritten in der Wohnstube aufs und niedergehend. »Ich machte noch einen Versuch. Aber auch der miß lang· — Erinncrft Du Dich noch, wie ich itn vergangenen Winter Lein Gra natarrnband zur Esienaratur bringen sollte und vorher einen Auenblick beim Wurstheindler versprach? ta war dae Arntband, daes ich auf dem Laden tisch vergessen hatte, spurlos ver schwunden, als ich nach einer halben Stunde zurückkehrte, um das Vermißte u holen. Es verkehrten so viele in seinem Laden, sagte der Wursthitndler entschuldigt-nd; da sei es ihm unmög lich, sich an jedes Gesicht, das etwa dagewesen und den Schmuck mitgenom men haben konnte, zu erinnern. Und der Mann hatte ja auch vollkommen recht. Ich habe ihtn tnit keiner Silbe einen Vorwurf gemacht —- obgleich ich selbst Vorwürfe genug von Dir zn hören bekam-« »Aber, lieber Manni« warf di HRitthin gekränkt ein. ’ »Nun, ja, alles, was recht ist Davon bin ich jedoch überzeugt, wäre es der Granatschtnuck gewesen, den ich heute absichtlich auf dem Ladentisch vergaß, so hatte gewiß Niemand daran gedacht, mich noch dicht vor der Thiir aufzuhalten. um mir das Päckchea wie der einzuhitndigem Bei diesen ver dammten Schuhen aber —- nun, da wundert mich schon überhaupt nichts mehr!« »Ich werde die Pantoffeln jetzt in meiner Aamtnode verschließen. Dann bist Du sicher vor ihnen,« schlug die Mithin vor. »Nein, bitte, Mama, gebt sie mir,« sagte Ecnmi wie in tilde-lichem Ent schluß. »Ich mache noch einen kleinen Spaziergang und nehme die Schuhe mit.« »Es ist eigentlich schon zu dunkel siir Dich,« warf die Mutter zogernd ein Aber der Nath, der Oberhaupt nicht fiir Zimperlichkeiten war, sagte energisch «Slch wad! Niemand wird sie ausfres sen. Wie viele junge Mädchen, die ihren Unterhalt durch Stundengeben verdienen, müssen nrn diese Zeit noch auf der Straße sein. Weit richtiger ist es, im Hellen zu Hause arbeiten und in der Dämmerung pazieren gehen ald umgekehrt. Und überhaupt, diese klein lichen Bedenken! Wozu find wir denn Residenzbewohner — deinah' Großstads ter?« »Ganz recht, Herzenepapa,« sagte Emrni iiberzeugungevolL »Und dann bist Du endlich die Unglückdschuhe und den Aerger lod.« Dabei hüpfte sie hinaus und stieg schon nach wenigen Minuten die Trep pen der elterlichen Wohnung hinab, dae Wachen mit den Schuhen sorgfältig unter detn Mantel versteckt. ; Auf der Straße angelangt, schautei Ernmi mit strahlende-n Augen nacht rechts und linke, wie unschliissig, wohin T sie sich wenden sollte. Dann schlug sie s den Weg nach linls ein« Man mußte hier zwar etwas weitergehen, bis man z eine Brücke erreichte, aber nach rechte hin war der Weg Abends immer so. dunkel und traurig. Und dann war auch dort so gar nichtd Jnteressanted zu sehen. Wandte man sich aber linke und ging an ein paar Querstraßen ooriidei, so konnte man bald all’ die hellerleuch- ’ teten Laden bewundern, vielleicht auch ; Bekannte treffen. Und dann — Ennni hatte dies zwar keiner lebenden Seele zugegeben und gestand ee sich selbst kaum im Stillen ein »- dann war dica auch der Weg, den Assessor stieinstedt einschlagen wußte, wollte er sich von seinem Burcau nach Haufe oder in dae Emtni bekannte Restaurant begeben, in dein er after verkehrte. Zwar war durchaus nicht jedesmal so bestinnnt’ aus eine Begegnung zu rechnen-Erntni « dachte im Grunde so gar nicht daran, T machte sich überhaupt gar nicht so viel ( aus dem Affe-sieh wie ihre Freundin- 2 nen sich einbildeten· Es ware ja fonit s auch geradezu taktlos gewesen, diesen; Lzeg zu wählen, besonders da der cBisses sor aus den drei letzten Ballen stets den ziotillon ntit ihr gelangt hatte 4 Lilli Weber hatte noch neulich gemeint, ; wenn sie, t«illi, an Emntie Stelle ; wäre, so wiirde sie tagtäglich auf eine ; Erklärung des Assessore gefaßt sein-— « Unter solchen Gedanken war Ennni z achtlos an all’ den geschuriirkten, erleuch teten Schaufenstern vorübergegangen » und stand nun zu ihrer ei enen lieber raschuug wirklich schon auf der Brücke, dem Ziel ihrer Wanderung . Den Laus vorgebeugt, schaute sie in den Fluß hinab; er schien an dieser Stelle fest gefroren. Jn’d Wasser, wie sie erst gedacht, konnte sie das Parket also nicht werfen; aber daa schadet nichtdz auch wenn ed ans dem Geiz-» liegen blieb, war ed ja sicher g gen. Bon dort unten holte ed wohl Niemand so schnell herauf. Jhr konnte ed nicht so ergehen wie dem Vater bei der alten Apotheke. Bei die ser Vorstellng mußte sie lachen. ; Und dann holte -«sie das Nachen unter dein Mantel-Hervor nnd wars ee I i i t in die Tiefe, wo ed tlat chend au dein Eile aufschlug. f f In demselben Augenblick llhlte sie ihren Arm mit eifernent ff unt spannt, und eine rauhe Stimme fragte drohend: »Was haben Sie da hinun tergetvorfen'.- »de, Antwort gegebenl Wird’b bald«.-" Waisen Sie mich losl« riesEmml in Todesangst nnd suchte sich von dem Griff zu befreien. Da ertönte ein schriller Pfiff nnd der Ruf: »Hierher, Schar-mann, hierher !« Emmi, die sich gewaltsam ningedrelit hatte und ihrem Lingreifer entsetzt ink Geficht schaute, fah statt det- vermeint lichen nnoerschannen jungen Herrn, der ein schublosee Illiiidchen erschrecken wollte, einen einfach gekleidete-m alt lichen Arbeiter vor sich, der sie mit aufrichtiger Entriistung betrachtete. lind ihm zur Seite stand ein Weib mit gemeinen Zagen, die in diesem Augen blick den Anedrnet unverhohlener Echo-· denfreude trugen. Wie stets bei solchen Gelegenheiten, war die Gruppe im Nn non einer dich ten Schaar Neugieriger umgeben. Der anf den Ruf dee Arbeiters herbeigeeilte Schutzmann konnte sich nur mit Mühe bis zu diesem nnd Emmi hindurch-, drängen. »Was gibt’S denn lsier·.-« fragte er barsch, sich an den Angreifer des jun gen Miidchend wendend. .Jch«—-—begann Emmi schluchzend. Aber der Angreifer unterbrach fie. »Diese junge Frauenspersan warf eben ein Blindel in den Fluß hinab. azch fürchte, es war was Lebenbee d’r n.« Sie hielt es so vorsichtig unter dem« sMantel oersteckt.« « H »Ja, und ich hörte ganz deutlich, 7 wie es in dein Bündel wimmerte. Und ! Hals ed unten aufschlug, trachten die s Knachelchen so schrecklichs« ergiinztes F das Weib mit dem boshaften Gesicht. s - »O Gott! Glauben Sie ihneni ;nicht, Herr Schnbniannl« rief Emmil angstvoll. »Es war nichts Lebendigess in dem Bündel. Nur ein Paar Pantosi « »sein. Das Partei fiel zufällig in den; Fluß hinab. « « » »Das iit eine Liige,« erilitrte deri Arbeiter ruhig. »Ich beobachtete dies junge Person schon eine ganze Weile, ohne daß sie mich benierlte. Sie war fo in Gedanken versunken lind ich sah » deutlich, wie fie erst iiber das Geländer « Jsschaute und dann das Wandel hervorzog ; »und hinunterwarf. Nein, das Bündel j I fiel nicht zufällig hinab.« ! » »Nun denn,« rief Entwi, die mit: Entchen erkannte, wie untlug es geil ; wesen war, nicht gleich die ganze Wahr-« I ’heit zn sagen. »Ja, i warfdas Packet I xabsichtlich hinab. Die ntoffelnioarenl ganr alt, und da wollte ich—« Z : »Ernst-eigen Sie! Schiimen Sieä »sich!« sagte der Schumann streng. »So sung, und schon so verlogen und verstockt!« , Die Zuschauer drängten näher hinzu. i Von allen Seiten ertönten Ausrufe: i .Schreeklich!« »He-um glaublich!« »Eine so junge Verbrecherin!« Etntni weinte still vor sich hin,x während der Schutzmann iiber das Ge ltlnder hinablickte. Richtig, da schim merte es weißlich aus derTiese heraus. Aber ee war schon zu dunkel, unt das Bündel genau erkennen zu können. Sogleich solgten die zunächststehenden Neugierigen dem Beispiel des Poli zisten, und ein junger Bursche, kaum dem tinadenalter entwachsen, rief eisrig: »?ars ich ·tnal hinuntersprini gen und dae Würmchen herausholen?« Der Schutzmann maß ihn prüsend mit den Augen. »Gut, geh’, mein Junge,« sagte er ernsthaft. »Aber nimm Dich in Acht; vielleicht ist dae Eis noch nicht seit genug.« »L, mich tragt’e schon,« betheuerte der Bursche gutherzig »Wenn man zu lange wartet, ersriert dat- Würmchen am Ende-« - Und unter der athemlaien Spannung der Menge kletterte er das steile, ver-« schneite Flußuser hinab, um dann vat sichtig tappend aus dem Eise vorzu schreiten. 1 «’eistgan3 sest l« ries er dabei trinmi F phirend. Und gleich darauf: »Jehhabe das Bündel gesttnden!« « Ein lautes Bravo belohnte seine Worte-. ; In diesem Augenblick ging ein jun ger, elegant gekleideter Herr über die i Brücke Er wäre froh deb Menschen- Z zusammenlauiee wohl ruhig seinees Weges gegangen, aber da ertönte daek laute, rietstimmige Bravo, unduntvilt- s ’"kürlich näherte er sich der Gruppe i »Was gibt e denn-« sragte er im Ton rniißiger Neugier ; »Eine junge Person hat ihr tiind in den Fluß geworfen. Eben holen sie ev wieder heraus,« erklärte ein Weib eifrig. Noch halb ungläubig wars der junge Mann einen Blick aus die Gruppe. Da erweiterten sich -seine Augen wie in starrem Schreck, und mit einem Sprung war er, die Leute rechte und linke zu rückstoszend, bei Einmi, dieittsassunge losem Jammer dastand. Da erkannte sie ihn, und mit einem Freudenschrei wars sie sich ihm ent gegen. »O, Herr Assessor, retten Sie! Heler Sie! Diese»Leute glauben-— Und Emtni brach in lautet-, irampsi hastee Schluchten ane. Der Schumann richtete sich strom tner empor und nahm eine dienstmitßtge ltung an, alo er den seinen, neu hinzu getretenen Herrn mit «Herrilfs es · or« anreden hörte. Evas stillt Ihnen denn ein, die Zunge Dame hier anzuhalten! Ich enne sie und verbürge mich sürihre ärgechuldx begann der junge Dei-r ent ——.-Is .— ».. EIN Da erscholl der vielftitntnige Rtt :,·. »Er liringtsdae Bündel! Er bringt ei Wie llnd Alles reckte sich ln die Höhe, ; um besser setzen zu lönnen. J .,Plah da—-«Plan sage ich!« herrschte I der Polizist, utn seine dienstliche Würde aufrecht zu erhalten. " »Es ist nur ganz klein. ilnd esfcheis nen wirklich Schuhe oder so ’was d’rin zu sein,« tneldete der Bursche, dem zManne der Ordnung dat- blauum schnürte Packet iiberreichend. Der Polizist öffnet ed zögernd Es "W0k M Mk hat sehr tlein. So lleinc Kinder gab ed wohl kannt. »Nun,« da habt Ohr-ei Alle großer «Dieniteiter thut auch nicht gut. Ich werde diese Sache noch beim Gericht zur Sprache bringen,« erklärte Affcssor ; Aleinstedt in höchster Empdrung und tisi dein Zchnutnann die alten, bddi artigen Pantoffeln deo Rathefaftge waltfatn and der Hund« »Ach, entschuldigen Zie nur, Zerr Asscssor, und auch Zie, Fräulein en; aber wie lonnte ich denn wissen « der duintnc Kerl-J lind drohend fuhr er den Arbeiter an, der ihn herbeigerufen hatte und ietzt selbst ganz verwirrt da stand. . »Wer hatten Sie denn eigentlich Ihre Augen, daß Sie auf so ’ne ver riielte Idee lamen?'« Der Arbeiter stotterte ein paar un verstandliche Worte. . »Und wo ist denn die Frauensperqu fon, die das Würmchen im Blinde-HE wimrnern hörtest-« fuhr der Polizist mit erhobener Stimme fort. Aber die Frau blieb ihrn die Anti wort schuldig. Sie hatte sich schon un bemerlt aus dein Staube gemacht. »Kommet: Sie, Fräulein Emnii,«« driingte der Aisesfor. »Ich bringe Sie ietzt nach Hause-. Das rniisfen Sie rnir schon gestatten. Ehe ich Sie nicht sicher ’ Ihren Eltern weiß, könnte ich ietz th nicht ruhig sein.« Suchend schaute der junge Assefsor nach einer Droschie aud. Sofart mach ten sith ein Dutzend Leute-, an ihrer Spitze der Srliuuinann, daran, nach allen Seiten: ,.T«roschle! Droschle!" zu rufen. Die öffentliche Meinung war urplötz lich umgeschlagen. Ee zeigte sichanf einmal, daß Niemand recht an ein Ber brechen geglaubt hatte. «Eine so seine junge Tarne sollte dad gethan haben! Es ist wirklich lächerlich!« tneinte der Eine. »Mir lam ee auch gleich ganz nn ntdglich vor,« versicherte ein Zweiter-. »Aber die Polizisten haben ja überall etwas Verdachtigee zu wittern. Es ist eine Sünde und Schande!« liestsich ein Dritter vernehmen. »So ’n nettee, junges Fräulein rnir nichts dir nichts zu erfchreckenlsp Sie hätte den Tod davon haben könne-M beunruhigte sich ein Vierter jetzt Ochs tröglieh Inzwischen war die Drafchle ange langt. ist« « Funer oreniieisrige lprint-e wol-ten der noch immer sassungelosen Etnnti beitn Einsteigen behilslich sein, aber der rissessor wehrte Alle ab nnd hob die Weinende in die Drosrhle, worauf er selbst hineinsprang und dein Kutscher ein lautet- .Vorwa"rte!« zuries. Die Leute spitzten die Ohren, ab man nicht vielleicht Namen und Adresse der jungen Tame ersahren idnne; aber der Assessor wiederholte nur wieder sein barschee »Bist-wenn«a und die Droschle entschwand den Blicken der Zuriickbieibenden »Fort! Scheert Euch sort2« besahl der Schutzmanm der mit des Assessorss Verschwinden seine ganze Wurde wie dergefunden hatte. «lean habt Ohr hier noch zu suchen? Hier gibt's nichts mehr zu gassen !«· Murrend, iangsani, nur halb bestie digt, vertheilte sich die Menge nach allen Seiten Der Assessor aber hatte die nur dürs- « tig umwickelten Pantosseln in die weite Tasche seines Mantels versenkt und den Arm liebevoll unt Enttni ge schlungen. ,,t-ei1nen Eie sich nur sest an niich,« bat er in weichem Ton»L »in-heil Sie wieder Muth zu fassen. sx Wenn ich bei Ihnen bin, dars Ihnen H nichte geschehen « · Wie im Traum iehnte Einmi ge horsani ihr tierischen an seine Schulter-, und nach und nach zog bei seinen ieisen Trostceworten eine seligc Ruhe in ihr geangstigtee armes Herzchen ein. O, wie schön war es doch, eine solche Stube zu haben in aller Noth und Be drilngniß dee Lebens! E lind aie der Assessor ihre Gedanken i errathen, sprachet ietzt weich : »Entmi, süße-, geliebte Einmi! Konnte ich doch Zie--—--T’ichs—inein ganzes Leben hin durch so still-en und behiiten wie eben jetzt. Zugs Einmi, Geliebte, willst « »Du Dich tnir wohl anvertrauen siir innner2-« lind Emmi, ganz ausgelöst in Theil nen und Seligkeit, stieß ein leises »Ja« hervor, so leise, daß nur bat Ohr eines Verliebten ee vernehmen i konnte. Aber da der Asfessor sehr vers CI liebt war, hörte er ed doch-«- « lind dann-»die Fahrt verging wie itn Traum --— hielt die Drosrhle vor der T Wohnung des Rathe. k Einnii siog die Zinsen zu der eitel-—- « lichen Wohnung hinaus, riß wie in Todesangst an der Glorie und stürzte dann, an Vingusteuo Nichte, die bssnete, l vorbei in’e Wohnzimtner nnd der Mitl- « ler unt den Halt-, während lie, seht wieder von ihrer Getniithebewe us , überwäitigt, laut schinchzend in kam meivollem Ton ausrief: »Wir haben nne verioth Ach, Gott, wir haben uns ·«" Mlsb1!« ": Der Rath toar sprachlos vor Uebers i i