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About Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901 | View Entire Issue (June 19, 1896)
Sündengeld. Vor Kurzem brachten Berliner sei-! tungen die lusrze Mitheilung, daß eine Restauratrurssrau Namens E. in Pol-denn wegen Wuchers streckbrsieflich verfolgt werde. Das ist an sich nicht gerade bedeutungsvoll und besonders interessant, wohl aber ist die Vorge schichte sdieset Angelegenheit in hohem Grade sensationell, den-n sie zeigt, wie aus unlauterent Wege erworbene-z Ver mögen seinen Eig-:ntl)ümern Unglii und Fluch bringt. Jn der seltsamsten Art war nämlich das Kapital entstanden, das aus dem Wege zu der steckbrieslich verfolgten Restaurateutssrau schon drei Vorbe sitzer in Unglück und Tod getriebbt tte: denn es resultirte aus einem rauentaus. ·Das, was wir staunend aus der Urzeit der jetzigen Kultur-völ ler vernehmen; und was heute nur noch bei einigen wilden Vollsstämmen lib lich ist, das ereignete sich auch in der · Rseichshauptstadt Berlin und zwar in der Neuenburgerstraße: »Eine grau äibng durch den Kauf in anderen esitz er.« Jn der Neuenburgeritraße befand sich eine Destillation, deren Jnhaber H. der Gotte einer jungen, hübschen Frau war. Als diese eines Tages erkrankte, tout-de ein in der Nähe wohnend-er Arzt, Dr· S. zu hiilfe gerufen, und zwischen ihm und seiner Patientin entwickelte sich ein Vethältniß, welches schließlich in den beiden Personen den Wunsch nach ehrlicher Vereinigung erweckte Da der junge Arzt unverheirathet war, stand auf feiner Seite tein Hinwderniß im Wege, und auch die anfcheinende Un möglichkeit der Ehefchließung von Sei ten der Frau des Deftiillateurs wußte er zu befeitigen. Er erschien nämlich ei nes Tages bei dem Ehemann und legte ihm die Frage vor, ob er geneigt fei, ihm die Frau fiir eine entsprechende Geldfumme zu überlassen. Der Mann welcher befürchten zu miifsen glaubte daß untei den obmaltenden Umständen doch für ihn von einem glücklichen Zu sammenleben mit feine-r Frau fernerhin reicht die Rede sein könne« ging auf den Vorschlag ein und ließ sich gegen eine Abfindungsfurnme von 90,00() Mart von feiner Frau scheiden, die kurze Zeit darauf den Arzt heirathete, während ein Kind aus der getrennten Ehe bei ihrem ersten Gatten verblieb. Bald aber zeigte sich bei dem Destil lateur der Fluch des durch eine fo un lautern Vertrag gewonnenen Geldes. Er glaubte jetzt, von den Zinsen seines Kapitals leben zu lännen, und hielt sich von nun an fiir zu gut, Schnäpse auszufchänien und Gäste zu bedienen. Er veriauite daher sein Geschäft; die Neigung, sdie et von jeher geistigen Gr triinlen entgegengebracht hatte, gab er jedoch nicht auf, im Gegentheil, sie nahm immer mehr zu, da der Mann ohne Beschäftigung lebte. Seine Kör perkraft hielt dem ftarten «Lllioholge nuß jedoch nicht lange Stand, und der Vntäufer feiner Frau starb balg ein Opfer des S-iindengelde5, etwa zu der-— . selben Zeit da auch der Arzt aus dem Leben schied. Die Wittwe der beiden Männer verlegte ihr Domizil nach ei »nem südlichen Vorort. ; Von dem Sündengeld tam nunmehr « infolge testarnentarifcher Verfügungenf ein Theil in das Eigenthum des Bru ders des Verstorbenen, dem auch die Verwaltung der übrigen Summe, dieH dem hinterbliebenen Kinde, einem-l -H ben, gehörte, zuiiel Der Bruder des verstorbenen Deitillateurs nnd Ren tiers, der bis dahin als Droschtenlut scher sein Brod verdient hatte, errichtete nun ein größeres Fuhr-geschäft, fchaffteH eine Anzahl Pferde uno Wagen an, en gagirte Kutscher und lebte selbst un- i thiitigz nber ebenso tvie sein verstor-? bener Bruder wurde er ein übermäßiger Freund des Alloholg, der ihn ebenfalls nach einlegen Jahren in’g Grab brachte-. nzwischen war der älteste Sohn des Detillateuirs so weit herangewachseri, baß er das Fuhrgefchöst, welches nun in sejn alleiniges Eigenthum überging,« und das siich recht gut rentirte selbst- » ständigiibernehmenlonnte. Aber erfand an der Thätigleit wenig Freude, ver kaufte Wagen und Pferde und lebte von den Zinsen feines ganz ansehnlich gsworsdenen Kapitals-. Zu dieser Zeit lernte er in einer Kneipe eine Flellnerin tennen tind lieben, sdie ehemals in ihrer Vaterstadt Leipzig in einer Fabr-il be schäftigt gewesen war und dann in Ber lin den Beruf als Kellnerin ergrissen hatte. Troh aller Abmahnungeni von Seiten seiner Freunde und Betannten schloß or rnit diesem Mädchen die Ehe, welche istch so unglücklich, wie nur ir gend denkbar ist, gestellt-etc an der Brandenburigerstraße, in welcher die jungen Eheleule wohnten, eirrulirten bald die haarsträubendsten Geschichte-n über diese Ghe, und nach turzer Zeit stan der Thema-m der sich schließlich infolge seines Grami ebensalls dein Triunle ergeben hatte, als das dritte Opfer des Sünsdengelbes, das nun das Eigenthum der jungen Wittwe wurde. Diese benuhte die Wirthschaft zu prunlvollen Asntschaffungem trat über all mit großem Luxus auf und verhei rathete-sich nach einiger Zeit mit einem ehemaliger-Militär Namens E. Nach Hsdiem das Ehepaar rasch einen großenj Theil des Vermögens burchgebrachtj hatte, eröffnete es in Potsdam eines Wei«nstube, für welche die noch immer hübsche und ansehnliche Frau als be sondere Anziehungslraft Edienen sollte, aber wie aus der oben erwähnten Mel sdungevsichtlsich ist, begnügte sie sich nicht mit dem Gewerbe der Wir-thin, sondern zog sich für die Wuchergeschäfte, die sie betrieb, eine Anklage zu, der nun, da die Ansgeschuldigte flüchtig geworden ist, ein Steckbrief folgte So hat denn Dämon Gold eine ganze Reihe von Personen, die nach einander .den durch ein-e unmoralische Handlung erworbenen Schan besaszem in das Un glück gerissen, und das Wort, nach wel chem »ve: Fluch der bösen That wiss besteht, daß sie fortzeugend Böses ge bären muß, hat sich zur Evidenz de wahrheitet. ——-...-..——— Gedanken eines Japaner-s über-( ·dte Frauen. . So betiteltsich ein Bändchen, das so eben erschienen ist und den Legations Setretiir der japanischen Gesandt schast Dr. Riotaro Hata zum Verfasser hat. Das Büchlein ist insbesondere den japanischen Frauen gewidmet; es be zweckt aber auch, roie Doktor Hata sebbst im Vorworte bemerkt, eine Darstellung des Musters einer idealen Frau über haupt. Und man muß sagen: Der Verfasser weiß uns trotz seiner Jugend —— er selbst befürchtet, daß seine Amj sichten noch das Gepräge-der Naivetäti tragen —- viel Jnteressantes zu erzäh len; er hat gut und scharf beobachtet und weiß manch zutreffendes Urtheil zu fällen. Zunächst spricht er von den( Pflichten der Frauen, denen er oor deni Männern den Vorzug einräumt Dennt das Wichtigste sei die Bildung des Vor-! fes, und »der Bildungsmangel des? Mannes pflanze sich weniger leicht fort» als durch die Frau. Und auch das? Schicksal der Familie liege zum großen Theile in den Händen der Frau. Wer da glaube, ohne den Beistand einer be scheidenen tugendhaften Frau es vor wärts bringen zu tönnen, gehe völlig fehl. Die Frau habe aber die Pflicht, den Mann an’s Haus zu fesseln. Es will ihm aber scheinen, als ob viele Frauen, die in der Gesellschaft stets strahlend und sorgfältig gekleidet er scheinen und in Sprache und Benehmen die vornehmste Zurückhaltung zur Schau tragen, zuhause gerade das Ge gentheil von dem seien, was ihre Pflicht dem Manne gegenüber erfordert. Ein interessantes Kapitel ist der Kindern ziehung gewidmet. Dr. Hata macht da eine seine Unterscheidung: »Der Va ter soll gegen die Kinder streng und doch liebevoll, die Mutter wiederum lie bevoll, zugleich asber streng sein« Jn diesem Zusammenhange bekennt er sich auch als entschiedener Gegner des Frauenstudium5· »Die Mädchen ha ben Fachstudien nicht nsur nicht nöthig, sondern sie sind fiir sie nicht einmal zu empfehlen, weil sie dadurch den passen den Zeitduntt zum Heirathen versäu men, oder weil ihre Gesundheit daran ter leidet, oder weil sie jene Kenntnisse, die jede Frau sich nothwendig aneignen muß, zu erwerben dersäumen.« Ja er meint sogar, wenn der Staat sich von »unnatiirlichen Wesen« srei erhalten und die bestehende Ordnung der Gesell schast nicht verwirren will, so soll er sich davor hüten, dem Frauenstudinm die Wege zu ebnen. Dann erhalten die Mütter, die heirathgsähige Töchter has ben, einige Rathschlägr. Dr. Oata hält eH sijr die Pflicht der Mutter, siir die Töchter einen Lebensgesährten zu wäh len, denn die freie Wahl, sär die die heutige Jugend schwärme, hätte ost schlimme Folgen. Herzenssteigung dürse allerdings nichtsehlen. Man sollte daher den jungen Mädchen Gelegenheit )geben, einen Kreis von Männern ge nau lennen zu lernen, um in längerem Vertehr sie zu präsen. Die Mutter möge daher ihr Haus Freundinnen und betannten jungen Leuten öffnen, dabei aber ernst und strenge die Aussicht füh ren. Daß auch die Schwiegermutter insit allen ihren Fliegenden-Blättern Schrecken in Japan betannt ist, bewei ysen zwei Kapitel des Buches, die sich jmit dieser Frage besassen und wieder holt die diesbezüglichen japanischen Verhältnisse berühren. Zu den ento päischen Gebräuchen, die Dr. Hata nicht gerne nach Japan ver-pflanzt sehen möchte, gehört das Tanzen; er betennt aber sreimiithig, selbst ein schlechter, aber eisriger Tänzer zu sein. Zur Be kräftigung seiner Ansicht führt er an. daß Fürst Bis-mutet sich einem Japaner gegenüber geäußert habe, sdie Bälle seien vom sittlichen Standpunlte aus zu ta-« deln. Man sollte sie eigentlich abfchaf- « sen, aber -da fee seit lan en Jahren fest eingewutzelter Gebt-an seien, so halte es schwer, ganz unvermittelt ein Ende damit zu machen Es wäre noch man ches aus dem Büchlein zu verzeichnen;«I Zenit wollen schließlich nur noch die Tu-l genden anführen, welche die Frau zum Jdeale machen: Treue, Sanftmuth und Vescheidenheite Mitleid, Willensstärte, « Einsicht, Vetschwiegenheit, Liebe ns- s würdigleit, Fleiß Und-« Spatfamkeit. I Aus alter Zeit. I Ein dell aus entschwundener Zeit: wie vor fünfzig Jahren die Dorfpoli-; zei im Vogt-liaan gehandhabt wurde,’ finden wir in dem letzten Heft der an-l regenden Halbrnonsatsschrift »Unser: Vogtland«, begründet und herausge eben von Dr. Gottfried Dort-lud ort erzählt Herr C. Parucker der jetzt , in Joinoille (Brasilien) ansässig ist,s aus seinen Erinnerungen: l Eine Schmarre am Kopfe, die inun schon über sechzig Jahre alt ist« erin-; ;nert inich noch heute an die Einrichtungs Jund Handhabung der Polizei, wie sie in jdamaliger Zeit in meinem Heimat«hs sdorfe und wohl auch in anderen Dör sfern zu Recht bestanden. Die Aus-v übung der Ortspolizei ging von Haus zu Haus. Jedes. Haus hatte eine Wo che lang die Polizei, am Sonntage tout-l de dann das Zeichen der Würde, eine’ alte Hellebarde, in’s Nachbarhaus ge-i tragen und so ging es das Jahr hin durch. Als Wächter der Sicherheit :jen-l ten alte Weiber, arbeitsunfähig-e Grei-; se, halbwüchisige vertriippelte Bursch-em iiberhaupt Personen, die in der Haus wirthschaft oder im Felde nicht zu ge-; Jbrauchen waren. Da konnte man häu-i ffig ein altes Weib oder einen alten’ JMann Strümpfe strickend, auf einemi iSteine am Eingang des Dorfes oider vor dem Hause sitzend erblicken; die« Hellebarde lag zur Seite am BodenJ um das Bettelvolt zu schrecken· Einige 1bissige Gönseriche pflegten die Polizeiz Izu unterstützen, indem sie mit lautemi ;Gefchrei auf jede ihnen unbekannte Per-» kiönlichteit losfuhren. Jn einem Bau-« Yernhofe befand ssich damals ein blöd Isinniger etwa achtzehnjähriger Bursche,i der auch zeitweilig als Sicherheits-. wächter mit dem »Spieß« amtirte.x Wir Jungen pflegten ihn weidlich zu necken und stießen mit Bohnenstangen nach ihm. Bei einer solchen Gelegen-; heit drehte er sich aber unversehens um,« ich war der nächste und erhielt von ihm einen wuchtigen Hieb mit der Hellebar-s de inden Kopf, so daß ich zusammen-. stürzte und siir todt in’s Haus getragen wurde. Der Bursche warf den Spieß lweg und entfloh. Die Schmarre ist smir geblieben, und ich habe seit dieser» Zeit die Polizei nicht wieder geneckt. , Bei Nacht, die Polizei war zugleich sNachtwächteL war der Dienst viel leich iter, als bei Tage. Jn dem mit der Po llizei betrauten Hause blies man aus ei-—·. snem alten Auhhorne in beliebigen Zeit lriiumen zum Fenster der Schlaflamnier zheraus und gab damit dem schnarchen den Dorfe den Beweis, daß das Auge ides Gesetzes wache. Mehr war auch nicht ;nöthig, denn bei Nacht wurde die Poli Lzei besser als bei Tage besorgt, und Izivar durch die Hunde. Bei einbrechen sder Duntelheit wurden die Reiten hunde von ihren Fesseln befreit, sie jscharrten sich auf der Straße zusam zmen und besetzten die Dorfeingänge, Tjedes verdächtige Geräusch aufmerksam Ibelauschend und sich durch Bellen zur jWachiImteit anreizend Wehe dem TFremdling, der in der Nacht ein fo be wachtes Dorf paffirtex wen er nur mit zerrissenen Kleidern davon kam, konnte ler von Glück sagen. Allwöchentli ch er schien auch die großte Respektsperson, I»der SchandarmC im Dorfe und fahn Edete auf die Naitcher smit brennenden ineifen ohne Dectel und solche in den ,-Höfen und Scheimen. Die ertappten Sünder wurden mit 8 Groschen Strafe iund dem Verluste der Pfeife bestraft Trotz dieser urwüchsigen polizeilichen Zustände war die Sicherheit des Eigen fthums wenig gefährdet. Wir hatten szwar eine profefsionelle Diebesiamilie Hirn Dorfe, diese entwendete aber im jDorfe selbst keine Stectnadel. Desto schlimmer aber mußten es ihre Glieder auswärts getrieben haben -—— sie stan den nämlich in dem wohl-begründeten Rufe, sog Weißtäuferd h Marttdi ebe! zu sein — ,denn in einer schönen Nacht erschien die Gensdarmerie, umstellte das Haus und führte sämmtliche Jn fafsen geschlossen ab. Jn den Prozeß« wurden mehrere wohlhabende Bauern der Umgegend verwickelt, welche der weitsverzweigten Bande als Hehler und Wiedewertäufer der gestohlenen Waa ren gedient hatten und nun ihre Bei hilfe mit Zuchthausftrafe büßten. Mehr Gelegenheit als Diebstähle, um ftrafend einzugreifen, boten der Ge rechtigkeit die Tanzbodenteilereien, wel che, da man dabei mit Schlageifen und kleinen Messern arbeitete, gewöhnlich blutig verlieer. Namentlich während der Kirbe (Kirchlvei’h) gehörte dies zum Vergnügen, indem ssich die Burschen verschiedener Dörfer dabei oft förmlich zum Kampfe herauszufordsern pflegten. Da wurde denn nicht eher geruht, als bis der Tanzboden völlig geräumt war und die siegende Partei noch allein auf dem-Platze war. Eine folche Räumerei lief in meinem Heimathsdorfe einmal fehr unglücklich aus. Der Tanzboden befand sich üiber dem Kuhftalle und zu ihm führte von außen eine hölzerne, fchon etwas morfche Treppe. Die Kei lerei begann, aber unter der Last der Flieherrden brach die Treppe nieder, zum Ueberfluß lag unten ein großer Haufen gebrochener Steine. Durch den Wegfall sder Treppe trat eine-Stauung der Menschen am Ausganae ein, die die siegende Partei zu noch größerer Kraft äußerung an.fpornte, bis endlich auch der Letzte in den Abgrund befördert war. Sieben bis acht Arm- und Bein briiche waren das Schlußergebniß, die tapfer-en Helden aber wuden zum Lohn hinter Schloß und Riegel gesetzt. H .schristen verfaßt hat, Die littauische Bewegung in Ostprenßeu. Unter den Lsittauern in Ostpreußen —- sie zählen 114,000 und bilden etwa den achtzehnten Theil der Bevölkerung jener Provinz — wird seit einigen Jah ren heftig gewählt, um«das ihnen, wenn jemals vorhanden gewesene, so längst abhairden gekommene Nationalgesiihl zu werten und-sie zu veranlassen, sich als Littauer zu bethätigen. Das ist auch in soweit gelungen, als die Littauer bei der letzten Reichstagswahl in mehreren Kreisen eigene Candidaten aufgestellt, und einen derseliben saaich erwählt haben. Neuerdings ist nun ein-e mit 30,000 Unterschriften bedeckte Petition in Ber lin eingetroffen, in welcher littauische Schulen und littauische Lehrer verlangt werden. Daß diese Forderung eine po litische ist läßt sich daraus ersehen, daß schon bisher in allen Gemeinden, in welchen auch nur ein paar Littauer wohnten, keine Geistlichen und Lehrer angestellt wurdens-die nicht beide Spra chen beherrschen-und daß der Gottes dienst stets abwechselnd deutsch und lit tauisch abgehalten wurde. Wenn die überwiegende Zahl der Lehrer Deutsche sind. so hat das seine sehr einfache Er klärung darin, daß es dem Littauer gar nicht einfällt, seine Söhne Lehrer wer den zu lassen, weil ihm dieselben zu schlecht bezahlt sind. Den kleinen und den jüngeren Kindern wird der Reli gionsunterricht stets littauisch ertheilt. Jetzt aber verlangt man ausschließlich littauische Schulen; man will das Deutsche daraus vertreiben. Daß das angesichts ihrer tleinen Zahl unsinnig ist, und siir das Fortkommen der Ju gend schädlich sein würde, liegt aus der Hand. Diese Hauptagitation wird von dem Verein ,,Bnrute« getrieben, der aus ei nem seiner Stiftungsseste die »Schlacht bei Tannenberg« aussiihrte, und die Niederlage der Deutschen durch die Po len und Littauer bejubelte, und ein an deres Fest mit einer Apothese des Ja giello, des Großsiirsten von Littauen und Polen, unter dem Titel: »Die Lit tauer huldiaten ihrem Fiönia« be schloß. Hinter diesem Verein aber steht merlwiirdiger Weise ein Deutscher, und zwar ein Hannoveraner, Dr. Sauer wein mit Namen, der unter dem Namen Girenas eine Menge littauische Heh und unter an dern gelegentlich des Todes deg polnis schen Fürsten Czartorsli eine Klage-: schrist drucken ließ, woan er offen die Wiederherstellna Poleng in seinem gan-» zen Umfanae befürioortet « natürlichi in der Hosinuna, das Deutsche Reich dadurch tu zerstückt-in und Hannaoer die Selbstständigteit zuriielz nacbem Wir glauben nicht, daß die Beweg ung einen nennensrverthenErsolg haben wird, namentlich so weit sie aus ein ge meinsames Vorgehen der Littaner mit den Polen abzieht. Denn die ostpreußi schen Littauer sind säensintlich Pro-. testanten und zum größten Theile auch, gut preußisch gesinnt. Die Zahl deri aus-schließlich littauisch redenden ists merllich im Abnehmen und die Ver-! mischung mit den Deutschen geht schnellt voran. Da die Littauer nie etwas zur Förderung der Cultur beigetragen ha ben, so sprechen auch leine sentimentaq len Gründe für ihre nationale Rettung.s Der Maientynu. ! Nach Art der Stadtbetvohner schlie fen wir ziemlich lange ckn den Tag hi nein. Oft schon hatte ich gelesen von der Wohlthat des Frühaufstohens. Als» junges Mädchen aber intekefsirte mich! das am meisten, daß es ein frische-As schönes Aussehen schaffe und lange ju gendlich erhalte. Welches Mädchen wollte nun aber nicht gern schön sein, und noch mehr, es lange bleiben? Da kam mir ein Blatt in die Hände, wel ches schreibt, die altdeutschen Mädchen wuschen sich mit Maienthau das machte ihr Gesicht frisch, sie wälzten sich sogar Jim Mai im srischbethauten Grase, das tmachte ihren ganzen Körper schön. Das; Jlag mir nun sehr im Sinn. Jch sin girte nun, ich wollte alle Morgen im Frühjahr jetzt mit meiner Freundin Martha einen Spaziergang nach dem Milchgarten machen. Meine wirkliche Absicht durfte ich Niemand sagen, denn da wäre ich natürlich sehr ausgelacht worden. Trotz der Ungewoihntheit der schlief ich die schönen Morgen nicht. Aber ich ging ganz allein an eineml möglichst Versteckten Ort mit duftisg grüner Wiese. Ja es war wahr. Wie erfrischend wehte »die Morgenlnst, wie golden strahlend kam die Sonne em por, welch’ belebender Hauch lag über der ganzen Natur! Wen-n ich aus nahmsweise um sieben Uhr hinauskam, wie abgelebt war da schon die Welt, und früher hatte ich nichts von dieser Frische gewußt mit dem jubelnden Vo gelgesang. Aber nun erst, wie ergötzend war die frischen Hauch ausströmende Gras fläche zu schau-en? Tausende von Was serperlen glitzerten im Morgensonnen scheine. Jch sah mich genau um; Nie mand war zu sehen. Rasch griff ich in die Halrne, und vollständig befeuchtet waren meine Hände. Damit fing ich nun an, Gesicht, Haare und Hals, so weit wie es ging, zu waschen. Jch ver spürte einen merkwürdig belebenden Einfluß. Nun wanderte ich schnell nach Hause, denn es soll ja nicht abge troclnet werden« Hier erst wusch ich mich von Neuein, um mich wenigstens wieder abzutrocknen. Jch wartete-schon auf den nächsten Morgen, usni »das Spiel von Neuem zu beginnen, unsd ging ungewaschen. So soll es ja sein, damit der Einfluß frisch wirke. ! Ja, die ersten Tage macht das Wan dern am zeitigen Morgen etwas müde. Aber, ich empfand ein solches Wohlge fühl. dabei, daß ich mich manchmal an genehm schüitelte. Jch spürte, das ist Gesundheit. Jch hatte bald den Mor gen wirklich lieb gewonnen. Allein, das ist nicht vdas Einzige. Man muß es’ empfunden haben, um zu wissen, wie das gesammte Wohlgefühl, die Le bens- und Schaffensfreude erhöht wird. Die Morgenluft und der frische Thau übt eine wunderbare Wirkung auf den menschlichen Körper aus. Sie macht ihn gesund und damit zufrieden mit dem ganz-en Leben. Jch bin seit dieser Zeit eine ausgemachte Frühaufst·eherin, ein Liebhaberin des Morgens, des Was sers und des Thaues geblieben. ; Und wie war es mit der Schönheit? Nun, ich kann mich doch nicht selbst rüh Imen. Aber ein ganz alter Schriftsteller isagh »Wenn der Thau deine Augen netzt, so werden sie hell und klar,« und dies unterschreibe ich. Mit der Ge sundheit ist übrigens die Schönheit und Frische eng verbunden. Es liegt ein tiefer Sinn in den An schauungen unseres alten Naturvolkes. s R. R e i n. ——.. ,0 —-. -- ’ Das Kysshäuscr - Denkmal. Das Kyfshäuser-Dentmal schreitet tseiner Vollendung entgeger Jn seiner sganzen imposanten Pracht steht der Dentnialsthurm frei da, und nur an »der Frontseite auf der Riesentonsole, «die das Reiterstandbild trägt, erhebt sich noch ein Gerüst, durch dessen Balken man das nahezu vollendete Heldenbild staiser Wilhelm-s des Ersten deutlich erkennen kann. An den beiden Ftolossal gestalten dex Geschichte tin-d des germa nischen Krieger-J, die das Reiterstan«d btld slantiren, wird noch gearbeitet; doch geben die bereits zusamniengenie teten Theile schon eine Vorstellung Von der lvuchtigen Schönheit der Gesammt gruppe. Mit großer Spannung hat man hier iinmer der Aufstellung des statuarischen Schmuckes des Denkmals e.ntgegengesehen. Jmmer hatte man bei-m Anblick des Mo-dells, in so gro ßem Maßstab es auch ausgeführt war, den Eindruck, als msiißte die Kaiser gruppe durch die gigantischensMassen des Thurme-s erdrückt werden. Diese Befürchtung hat sich ais gänzlich grundlos erwiesen, und das Verhält nciß zwischen dem architektonischen Werte von Schmitz und den plastischen Schöpfungen von Hunsdrieser und Gei ger muß als ein durchaus harmoni sches bezeichnet werden. Die Weisheit in der Berechnung der Maße, die durch dachte Berücksichtigung der optischen Verjüngung der dem Auge ferner lie genden Massen, die z. B. am Kö«lner Dom das Auge des ästhetisch gebildeten Beschauers entzücken und ihn mit so hoher Bewunderung erfüllen, -dieseDa-r stellungsimittel des wahre-n Genie-s sind auch von beiden Künstlern in entzü ckender Vollendung zum Ausdruck ge bracht, und es kann wohl als zweifellos gelten, daß das Kysfhäuser-Dmksmal " von keinem der zahlreichen Monumente Deutschlands an harmonischer Zusam xmenwirkung aller Theile und an impo -santer Mächtigkeit der Maße übertrof fen wird. Mehr als an dem« herrlichen National-Denkm’al aus dem Nieder wald entsprechen hier die gisgantischen Bild-werte die marligen, kraftvollen Ornamente untd die architektonischen Formen dem echt germanischen Eim pfinden, wie es sich in der gotischen Ar chitektur und in den mhtihischen Vor stellungen der Edda äußert. Alle Ge stalten, der sitzen-de Steinkoloß des Kai sers Barbarossa, in der Nische am Fuße des Denkmaltshurmes, dise beiden alle goriischen Figuren zu beiden Seiten des Reiterstandbildes Kaiser Wilhelm-s und dieses selbst sind von gleicher Recken haftigteit. Zur Andeutung der Grö ßensverhältnisse mag hier angesliiihrt werden, daß die Hand des aus oem le bendig-en Felsen des Kyfsshäusserbevges herausgiemeißelten Barbarossa etwa 1 Meter mißt, daß in dem Kopfe des Pserdes 4—5 Personen aufrecht stehen können, daß der Arm der weiblichen Figur, einer echten Wallkxüre die Tail lewweite eines stattlichen Gardemannes hat u. s. w. Höchft einfach sind an dem Reiterstan«dbil«de, «wie es der Technik der in Kupfer getriebenen Wer-le ent spricht, die Details geh-alten, reicher an den allegorischen Figuren, und der brei te Saum des Kaisermantels des Kai sers Barbarossa ist mit feinen durch gebildeten Onamenten geschmückt, de ren Motive den ältesten unterlegten Sticlereien des Mittelalters entlehnt zu sein scheinen. Aluch hier ist dem Material, in welchem die Gestalten ausgeführt sind, in sinniger Weise Rechnunggetragen und-die Entfernung aus der-jedes Einzelne gesehen werden wird, verständig berücksichtigt Die Einzelzijge des Reiterftandsilidesfsinsd ganz schlicht und einfach gehalten, desto mächtiger und pompöser ist der Falten wurf des Kaifseumantels und der Ge sswandung der weiblichen Jdealgeftalt, fund hierin zeigt sich eine hochentwickelte jTechniL die namentlich in kupferge striebenen Werken erreicht werden kann. iFür eine jahrhundertlange Dauer bür jgen die Stahlgerippe, die den getriebe nen Platten zu Trägern und den gan fzen Gestalten zur Stütze dienen, wie lman sich noch durch einen Blick durch seine offene Stelle der Basis page-wis .sern kann. Auf dem von mächtigen cyilopischen Mauern umgebenen Burg hose und in tder riesigen Rotunde sieht· es noch wüst aus Eine Unzahl schön iprosilirter Werkstücke für das ausge idehnte Treppensnstem und die ansto ßende Bautheile liegt wirr durcheinan der, an anderen wird noch gemseißselt, dazwischen befinden sich noch Vertief ungen, asus denen der zum Bau ver wandte rothe Sandstsein heraus-gebro chen ist, und der Laie kann sich der Be sorgnifz nicht erwehren, daß es unmög lich sei, in Monatsfrist das ganze Werk fertig zu stellen. Der leitende Architekt iversicheri jedoch unter Hin-weis auf sei Ene nahezu 300 Arbeiter, daf; bis zum 18. Juni alles zum Einpfange des Kai Isers unsd der Fürsten, sowie der 36,000 Delegirten der deutschen Kriegerver eine die Zur Einsveihunasfeier ange meldet sind, fir und fertig fein w: rd 1 — — - « OO --—- s-—«— Eine neue Forschungercisr. Dr. Skvesn Hedin, der schwedische Forschungs-reisende, der seit einigen Jahren in Centralatsien weilt und im vorigen Jahre bei dem Versuch, die Takla-Utanwüste zu durchqueren, fast seine gesanimte Kam-warne und Aus riistung verlor, hat in diesem Frühling von Rasch-gar aus eine neue Wüsten reife unternomnien, die glücklich verlief und ihn über Yarkland, Kargalsik und Fihotan bis zur kleinen Stadt Schad jnr am Unten-Flusse führte. Seine Lamm-am legte in 41« Tagen, davon ei «nen großen Theil im Wüstensande, üiber 600 Krit. zurück. Die Wüste Influ Makan wurde an der breitesten Stelle durchquert. Jn der schwierig-stet! Sandwiiste zwischen Keria und Schab jar entdeckte Hedin Ruinen von zwei uralten Städten, von denen sich die eine als- vson gewaltiger Ausdehnung erwies. Beide Städte zeigten deutlich, daß sie von Buddhisten betoolhnt gewesen sind Inzwischen hat Hedin den Weiter niarsch durch die Urwälder des Tarim gebietes nach Knrla und zum Lob-Vor eingetreten Dann geht es durch das eigentliche China untd Sisbirien heim wärts. Eine klassische Köchin. »Da sehen Sie her, Marie, schon wie der haben Sie etwas verschsüttet!« »Aber, gnädige Frau, im Alt-ertshum wurden zwei Städte verschüttet! Die Gelehrten freuten sich darüsber und Sie schimper bei jeder Kleinigkeit!«