Sonntags -.Blatt. Beilage des ,,Anzeiger nnd Herold« zu No. 4o, Jahrgang IS. Z P. Wind-MAY Ictausgebcr « Gkaiis Jscanvfsjizbkiiskag den 12 Jüiii jäh-C Femileton che»-.—-«. .«- . Dänningyaufm Roman von Claire v. Glürner Guitton-m »Bisher lornrnt dir denn diese Wis senfchaft liebe Johanna?« fragte Ma elone, während der Freiherr wieder schweigend auf und nieder schritt. Als ich m s Dorf gehen wollte, war Johann Leopold im Begriff, fortzu fahren,« antwortete sie. Er nahm rnich nnd mein Packei bis an’s Pfarr haus mit . . .'« «Uns nicht einmal Adieu zu lagen, finde ich merkwürdig!« rief Magelonr. Hildegard trat zu ihr. »Kind, er hat dein zärtliches Abmah nen gefürchtei,« sagte sie spöttisch, «oder ist es ihm in der zwölften Stunde eingefallen, ein Verlobungsge schent herbeizuschaffen." Magelone zuckte ungeduldig die Ach seln. In diesem Augenblick tant der alte Christian mit der Lampe; gleich darauf trat Otto herein nnd gab dem Freiherrn einen Brief« »Von Waldemar,« sagte er; »ein Er «presse hat ihn aus Thalrode gebracht.« .Absage —- das wußt’ ich ja!'· flü sterte Hiidegard Der Freiherr setzte sich an’s Licht und begann zu lesen; sein Gesicht wurde immer heller, und ehe er mit der ersten Seite fertig war, rief er: »Das nenne ich überrafchen! Eine größere Freude hätte mir der Junge nicht machen können. Er hat sich ver lobt!« »Wal-demar! —- Verlobt?« —- Mit wem?« riefen verschiedene Stimmen durcheinander »Hört ihn felbst,« ssgte der Freiherr. »Der Brief ist aus Wien. Die dringen-i den Geschäfte, die ihm Weihnachten nicht erlaubt haben herzutornmem ten-« nen wir nun. Also.hört: — den Ein gang erspare ich Euch —- — hier: »Seit gestern der glücklichste der Men schen« —- nattirlicht — »Meine Braut,k Maria Therese Antoinette Walburg, ist die zweite Tochter des Grafen Anton,i paupt der älteren das heißt proteftaml bischen Linie. Jshre Mutter ist- einel Rothtirax die Großmutter-, Theo bore Klaufenburg, hast du gekannt, lieber Großvater Antoinette soll ihr. ähnlich sehen. Sie ist achtzehn Jahre alt, hat hellbraunes Haar, blaue Au-« gen, herrliche Farben; ist groß und träf tig, wie alle Klausenburg'schen stauen, aber, unter uns gesagt, graziii er und eleganter. Jhre Güte, ihre Bescheiden hett, ihr kindlicher Frohsinn erobern ihr alle Herzen« —- und so weiter, und so weiter! Das geht noch lange in die sem Tone fort und· besagt nicht viel, denn der Junge iit verliebt. Aber die Familie ist ut —- und dies Kind wird ja wohl ni t aus der Art geschlagen sein. —- Gott gebe seinen Segen!« J « Tante Thele trockneie die Augen; der Freiherr stand auf und..ging wie der im Zimmer hin und her »Morgen feiern wir Doppelverlob ung und so bald ais möglich Doppel hochzeii!« sin er noch einer« Weile wieder an. «Ziese große unerwartete1 Feudei Ader alle meine Dönning «user sollen sich mit mir freuen. —--’ Ein Fest will ich ihnen geben« von dem. noch Enkel und Urenkel sprechen sollen.’ —- Und du« Theilu, laß dir vom Reui amtmann auszahlen. was du zum Aus bau deiner Kleinkinderschule drauchst.« »Liebe: Johann, ich danke dir tau «-n-dmal!« rief sie vor Freude errö nd· indem sie zu ihm ging und ihn Marmtr. · »Schon gut, Schwester, schon gui!« Hgie er und machte sich von ihr los. »Nun aber rasch! Zündei den Weih nachtibaum an und holt die Kinder —--— ich will fröhliche Augen sehen!'« »Noch wenigen Minuten strahlte das Zimmer im magiichen Lichterglanz des Weihnachtsdanmei; Kinder-stimmen jauchzien, und verlangen-de händchen streckten sich nach den lesten im Tonnen grün verborgenen Süßigkeiten aus« die ihnen der Urgroßvater reichte· hildses gard und hebtoig tauschten hocherregt mit Magelone und Otto ihre Kennt nisse iiber die Walburg’s und Roth tirch’s aus«-nd Tante Tihetla lauschte aus das wachsende Toben des Windes ,.Wo nur Wildenhann’s bleiben, und Johann Leopolb!« sagte sie; »so schnell wie der Expresse mit dem Briefe hätte sein Wagen doch auch zurück sein müssen.« »Vielleicht wartet er auf denAchtnhr zug," meinte Johanna. « »Wenn ich wüßte, daß er das in Thalrode thut, möchte ich einen Boten hinschicken,« sagte die.Tante. ,,Freilich, wenn er in der Stadt geblieben ist · ." Sie vollendete nicht: der alte Chri stian kam und bat, daß Johanna einen Augenblick hinaustommen möge. »Was gibts denn?« fragte Tante Thetla. »Es wünscht Jemand das gnädige Fräulein zu sprechen,« antwortete der Alte in sichtlicher Bestürzung. Jo hanna. die an Christine dachte, ging schnell hinaus, um weiter Ertundigum gen abzuschneiden; aber statt der Er warteten stand ein Mann da, eine gro ße, breitschulterige Gestalt. »Liebe Johanna!« sagte er vortre tend und streckte ihr die Hand entgeq gen. ,,Ludwig!« rief sie jubelnd; aber dann fiel ihr auf, wie bleich er aussah. »Um Gottes willen, was ist dir wider sahren2« fragte sie, indem sie seine Hand in ihren beiden festhielt. »Was führt dich hat« »Ich tomme von Hannover, vom Sterbebette eines Freundes,'« sagte er, .uber das ist's nicht, um was es sich handelt s-— laß uns beraihen« Sie flüsterten eine Weile mit einan der dann folgte Ludwig dem alten Christian in das obere Stockwerk «- o hanna tehrte in das Wohnzirnusk II rück. Mit zö ernden Schritten ging Dust den Freitserrn zu, der jetzt, dps des Kindern umgeben, am Feuer saß. »Lieber Großvater,« sagte sie, hin ter seinen Stuhl treiend, so daß er ihr Gesicht nicht sehen konnte, »mein Pfle-; gebruder, Doktor Ludwig Werner, ist geiommen.« »Dottor Ludwig Werner?« wieder holte der Freiherr-· a, ja, ich besinne mich . . . Nun, wo tecit er denn?" Johanna rang nach Athenr - »Er ist nicht zum Besuche gekom men,« sagte sie. »Er war in Han nover undJoollte direkt nach Linden bad zurück, aber als der Zug in Thal rode hielt, ist Johann eopold beim Aussteigen gefallen . " i ,,Todt!'« schrie der Freiherr, indem erooon seinem Sessel auffuhr. » Sag’ gleich das lehte Wort! —- tein langes Qualen und Vorbereiten,« fügte er hinzu, während seine Schwester zu ihm jtrat und seine Hand faßte. »Nein er lebt, oerlaß dich daraus!« sagte Johanna. »Er ist nur betäubt von dem Fall, darum ist Ludwig mit hergekommen Sie haben ihn in sein Zimmer gebracht.« Einen Augenblick war es, als ob der Freiherr in sich zusammentnickte, aber mit einer gewaltsamen Anstrenng richtete er sich auf. « »Komm’, Thetla!« sagte er mit ht loser Stimme. »So lange ersioä CO met, wollen wir die Hoffnung f - lienR l Zehntes KaplteL Es war ein trauriges Neujahr für« Dönninghaufem Statt des beabsichtigq ten Doppelfeftes mit seinen heitereni Zutunftsperspektiven ein Krankenla-" ger, das von Stunde zu Stunde mit schwereten Sorgen erfüllte. Johann Leopold war noch immer nicht zum Be wußtsein gekommen; der alle Haus arzt zuckte rathlos die Achseln, und der aus der Stadt berufene Medizinalrath erklärte dem Kollegen daß seiner An sicht nach Johann LeopolW Zustand in Tod oder Jrrsinn enden müsse. Nur Ludwig gab die Hoffnung nicht anf, ließ dem Kranken unermüdlich lalte Umschlöge auf den Kon legen und die Ruhe feines Wesens flößte auch seiner Umgebung Muth ein Der Freiherr wollte sich auch darum nicht dazu verstehen, ihn fort zu las sen. »Bitte, bleiben Sie! — Wenn Sie augenblicklich auch noch so wenig für den Kranken thun können, Sie erzeigen mir eine Wohlthat durch Jhr hier fien," sagte er, als Ludwig um einen Wagen nach Thalrode bat. »Ja, wenn Sie irgend können, blei ben Sie bei uns!« fügte Tante Thekla hinzu, und Ludwig wars nicht im Stan de, den Wunsch des alten Geschwister paares abzuschlagen. Am Neujahröabend hatten sich einige der jüngeren Familienmitglieder im Wohnzimmer zusammengefunden. Hedwig, die zuletzt gekommen war. trat fröstelnd an den Karnin und streckte die Hände nach der Flamme aus. « " »Mich friert bis in’s Herz hinein,'« sagte sie. »Eben ging ich am Banki saal vorüber, die Thitr stand offen; im Lampenlicht, das vom Gange hinein fiei, sah ich die lange weißgedecite Ta fel und dachte, wie bald vielleicht ein schwarzes Gerüst da stehen wird. Ich wollte, wir wären fort!———aber Eduard sagt, wir müßten aushalten.« »Natürlich müssen wir das-l« ries Hildegard »Was würde Großpapa von uns denlen, wenn wir ihn jetzt al lein ließen? —- Jn solchen Zeiten müs sen die Familienglieder zusammen stehen«. » ch wüßte nicht, daß unser Zusam men tehen etwas niihte,« sagte Mage lone. ,,Johanna ausgenommen, die das für sorgt, daß Großpapa und Tante Thetla am Kranienbette nicht verbun- l gern . . . »Dasiir würde auch olme sie gesorgt werden, « fiel Hildegard ein. Uebrigens wenn sie die Martba spielen will, magt sie s thun — —- unsere Aufgabe ist eine andere schwerere, am Todtenbette und beim Begräbnis « »Wie könnt Jhr gleich an Tod unt-l Begräbniß denken, wenn Einer malj sein Fischen auf dsn Kon fäll t!« rief; Magelone, siand auf und trat in eine! der Iensternischen. Hildegard lachte spöttisch »Die Geschichte vorn Vogel Strauß,« i sagte sie. ;,Aber was geschehen soll, ge schieht, und wenn man noch so fest die; Augen zumacht«. I »So glaubst du auch, daß er sterbenz muß?« fragte hedwig I i l »Der Medizinalrath hat ihn aufge gebe-Mr antwortete Hildegard. Hed wig starrte in’ö Feuer; nach einer Pau se sagte sie iaurn hörbar: l »Wenn ee stürbe, wäre Bruder Otto Majoratserbe.« »Und die übermüthige Magelone! stände ,,vis-a-ois de rien," fügte Hil- . degarb hinzu. » »Das glaube ich nicht —- sie würde höchstens den Bräutigam wechseln, sieh’ nur!« sagte hedwig und deutete nach rückwärts. Sie hatte im Spiegel ge sehen, daß Otto von idem Tische, wo er Zeitungen gelesen, aufgestanden und zMagelone nachgegangen war. ! Hildegard lächelte mit überlegener iMienr. I »Sei ruhig« gab sie zuversichtlich zur FAMon »für den unliedmöwiirdigen, lmenschenscheuen Johann Leopold war iMagelone passen-d, aber Otto kann, Ewenn ihm die Erbschaft zufällt, auf ei ne brillante Partie Anspruch machen und wird es thun Jch tenne unseren Bruder.« Sie wäre vielleicht nicht so zuversicht lich geblieben, hätte sie das Gespräch am Fenster erlauschen können »Bist du traurig, Magelone?« fragte Otto, indem er die Hand der juisen sFrau erfaßte; »grämst du dich um Johann Leopold?« · »Grärnen. nein —- geärgert halte ich mich über deine Schwestern,« antwor tete sie »Ich lann’s nicht leiden. wenn man die Mücke zum Elephanten macht. Denk nur« sie reden ganz tragisch von Tod und Begräbnisz.« »Du haft Recht — es ist durchaus nicht nöthig, jetzt schon die Hoffnung aufzuricme sagte Otto. »Aber ist es nicht auf der anderen Seite natürlich, daß sich unsere Phantasie alle Möglich teiten vorstellt? —- Auch ich, Magelone, so sehr ich msich sträube. schwarz zu sehen. habe mich seit dem Unfall immer fragen müssen, wie dir zu Muthe fein würde wenn — —- wenn wir Johann »-«»— -.- -.. — .. . . ---.».—,.-—-.. -.—.....—————.. — Leopoid verlören?« und indem er sich niederbeugte, daß fein Athem ihre Wan ge treifte, fügte er leiser hinzu: »Mitt de du dich grämen?« »Ich würde sehr traurig sein, wie wir Alle,« sagte sie dann »Nicht wie die Braut, die den Gelieb ten verliert?« fragte er wieder. Sie sah schnell zu ihm auf, dann schlug sie die Augen nieder. «Kom·odie spielen kann ich nicht,« flüsterte sie. »Aber was quälft du mich? —- was geht’s dich an ?« Sie wollte ihm die Hand entziehen, er hielt sie fest »Magelone,« flüsterte er mit leiser, leidenschaftlich bebender Stimme, ,,hast du noch nicht daran gedacht, daß, wenn Johann Leopold stirbt, ich sein Erbe bin? —- Verstehe, was das sagen will —- — auch du wirst dann mein!'· »Stillt unterbrach sie ihrs halb un willig, halb erschreckt. »Um Gottes willen, still! —- ich will nichts weiter hören!« und indem sie sich ungestüm losmachte, kehrte sie zu Otto’s Schwe stern zurück. Aber seine Worte waren auf em pfänglichen Boden gefallen Mage lone mußte immer wieder n die Mög lichkeit denken. die er ange eutet hatte, und ihre Phantasie malte Zukunft-Wil der aus, die auf sdieser Möglichkeit be ruhten. Selbst ihre Empfindung war anders geworden. Otto’s Worte an diesem Neujahrsabend mußten mehr kgetvesen sein als ein koletieå Spiel, und ihr Herz antwortete in lauteren JSchliigen als bisher. Vorübergehend Itam wohl das Bewußtsein eines Un srechts über sie; dann weinte sie, fand Esich grenzenlos unglücklich, aber sie suchte Trost im Weitrrträumen, und wenn sie mit Otto zusammentam lag »in ihrem Ton, ihren Worten und Bli cken eine unterdrückte Erregung, die iihrem sonst so kühlen Wesen einen meuen Reiz verlieh. Otto war, wie er sie-T selbst gestand, sterblich in sie ver ie t Tage vergingen, ohne daß in Johann Leopold’s Zustand wesentliche Ver änderungen eingetreten wären. »Alles beim Alten!« war die troftlose Ant ’wort, die der Freiherr immer wieder Hauf die Ertundigungen der Seinigen sgab, und dann ging er finster umher oder saß schweigsamer als je zu Häup ten der Tafel. Der Einzige, mit dem er sich zuweilen in ein Gespräch einließ, war Ludwig. I »Wenn ich nur begreifen könnte, was Großpapa an dem arroganten iMenschen findet, « sagte Hildegard i :»Et kommt und geht und spricht seine Meinung aus, als ob er ganz zu uns igehörte Aber freilich, wo sollen solche Leute Manieren lernen!« Magelone sagte: i ,,Aso das ist der vielgepriesene Pfle gebruder, Johanna s Jdeall —- ein Bulldoggentopf auf einem Elephan-l ienleibe.« Eduard und Karl erklärten ihn, nachdem er eine Cigarre mit ihnen ge raucht hatte, für einen prächtigen Bur schen. sOtto san-d ihn zu langweilig und Tante Thetla nannte ihn »das beste, mildeste Gemüth der Welt,« während sich Johanna immer wieder durch seinen spötisch-herben Ton ver letzt fühlte · Am zweiten Tage nach seiner An-! kunst hatte sie ihn zu einem Spazier-! gang aufgefordert. Als-sie unter dem! grauen Winterhimmel hingingen, eine« Kriihenschaar irächzend vorüberzog, und der Schnee unter ihren Füßen knirschte, sagte Johanna: »Das ist wie in der guten alten Zeit, wenn du zu den Weihnachtsfereien nach Haus kamst. Weißt du noch, wie wir dann umherstreiften, um unsere Som merplätze im Wintertleide zu sehen?« »Ich weiß es," antwortete er, »aber junsere heutige Wanderung würde uns Inicht daran erinnern. Damals gingst du nicht nur zufällig denselben Weg mit mir; meine Heimath war auch die ;deinige. Vergiß nicht, daß du seit-dem jdiese Heimath verschmäht und Dön "n-ina-hausen gewählt hast.« l »Ich hoffte, du hättest meine Gründe Hderstanden und gebilligt,« sagte er. »Verstanden, ja! —- gebilligt, nein!« antwortete er und gab dem Gespräche seine andere Wen-bang. Wenige Tage später-, während einer der Familienversantmlungen im Wohnzimrnet, sagte er: - »Ich glaube doch, liebe Johanna, daß du Talente zur Schauspielerin ge habt hättest. Es ist bewuswderungs würdig, wie du deine Rolle als »Mä diges Fräulein« durchsührst. Selbst die Huldigungen dieses saden Reute tenants, die dir geradezu unerträglich sein müssen, nimmst du so gnädig aus, daß Jeder, der dich so kennt wie ich, sich täuschen lassen könnte.« Johanna wurde roth. »Du irrst! ich finde Vetter Otto an genehm; ich unterhalte mich gern mit ihm,« antwortete sie; Ludwig lachte bitter auf. »Dann muß ich dich noch mehr be wundern,« sagte er. »Jn jeder Lebens lage nicht nur scheinen, sondern sein können, was die äußeren Verhältnisse verlangen . . Wünsche und Urtheile dem Wechsel der Umgebung anpassen, welch’ ein seltenes wunderbares Ta-» lent.« « ., »Du vertennst mich!« rief sie ge tränkt. »Das habe ich immer gethan!« gab er bitter zur Antwort. Jm Augenblick fühlte sich Johanna durch solche Aeußerungen verletzt, aber nachhaltig zürnen konnte sie Ludwig nicht. Vielleicht hatte sie die leise Ah nung, daß sein Mißtrauen und Miß verstehen getränkter Liebe entsprang, oder ihr Herz war anderweitig zu sehr beschäftigt. Zur Erklärung sagte sie sich selbst, daß sie dem Jugendfreunde, um des Beiftands willen, den er Jo hann Leopold, dem Großvater und Tante Thetla leistete, alle Härten sei nes Wesens verzeihen müsse. Seit einer Reihe von Jahren war es eingeführt, daß die Weihnachtsgäste den Dreitönigsabend noch in Dönning hausen verlebten und am siebenten Ja nuar Abschied nahmen. Am Morgen des Sechsten standen die beiden Wil denhain’schen Ehepaare mit Otto und »Magelone zusammen und beriethem ob sie unter den jetzigen Verhältnissen wie gewöhnlich abreisen oder ohne Weiteres bis zu irgend einer Entschei dung bleiben, oder den Großvater nach seinen Wünschen fragen sollten. »Ich muß fort, mein Urlaub geht zu Ende,« sagte Otto, und leise, nur Magelone Verständlich, fügte er hinzu: »zum Begräbnß komme ich wie-den« »Du sollst nicht so sprechen!« ant wortete sie vorswurfsvoll Gedacht hatte sie dasselbe. Jn diesem Augenblick trat der Frei herr ein. ,,Kinsder!« rief er auf die Gruppe Izu-gehend. »Danit Gott mit mir — Johann Leopold ist außer Gefahr.« Ein vielstimmiger Freudenruf gab Antwort; daß Otto stumm blieb, wurde nicht bemerkt. Magelone trat er blassend zurück; sie schwankte. Etdu ard, der ihr zunächst stand, sprang zu,! die Halbohnmächtige zu stützen. ,,Laß nur, es ist nichts!« sagte sie und machte sich los. Der Freiherr ) wurde aufmerksam »Liebe Magelone, fasse dich!« sagte er freundlich, indem er zu ihr trat; aber sie tonnte seinen Blick nicht ertra-· gen, beugte sich nieder und küßte ihm, l in Thränen ausbrechen-d, die Hand. ; »Unsmn, Kind! Jetzt ist ja Alles guts Komm’, komm’, wer wird sich so gehen lassen!« ries er, indem er sie zum näch sten Sessel führte, dachte er: »Sie ist doch ein warmherziges kleines Ding und hat den Jungen lieber, als ich gl—aubte.« Zum Lohn richtete der Freiherr seine Mittheilungen speziell an sie. Aus? sührlich mußte sie hören, wie Johann Leopold nach und nach zum Bewußtsein gekommen war und Grostoater und Tante erkannt hatte. »Jetzt schläft er,« schloß der alte Herr, »Christian und Thetla sitzen bei ihm und bewachen seinen Schlaf, wie die Drachen das·Gold; aber sobald er aufwacht, sollst du ihn besuchen, liebes Kind« Ludwig war eingetreten und hatte die letzten Worte gehört. »Verzeihen Sie, Herr von Dönning hausen, hier muß ich ein Veto einle gen,« sagte er in seiner entschiedenen Weise. ,,Dem Kranken ist für lange l Zeit noch Ruhe nöthig, und ich bitte dringend, daß sich außer seiner gewöhn- · lichen Umgebung Niemand ohne meiW--«"" Erlaubniß an seine-m Lager blicke-risk« läßt.« Hildegard warf dem Tollkühnen, der sich unterfing, dem Freiherrn ohne Um sckweife zu widersprechen, einen hoch müthig verwunderten Blick zu. »Lieber Großvater,« sagte sie, in der Absicht, den alten Herrn noch mehr zu reizen, »wenn wir uns den Anordnqu gen des Herrn Doktors fügen müssen, sind wir hier überflüssig und thun am besten, morgen abzureisen.« Sie erwartete hierauf im grollenden Tone den Bescheid zu hören: »Ihr bleibt und werdet Johann Leopold so bald als möglich sehen.« Statt dessen erwiderte der Freiherr: »Ja, Kinder, reist nur. Zur Ge nesung- und Verlobungsfeier kommt Jhr wieder her.« Und ohne zu beach ten, daß seine Enkelin tief verletzt war, gesellte er sich zu den beiden Wildw hain’s, die mit Ludwig über den Kran ten sprachen. Hildegard zog ihre Schwester an das das nächste Fenster; Otto war wieder zu Magelone getreten, die in einem Lehnstuhl am Sophatische saß und ge dankenvoll mit ihren Armbänsdern spielte. »Was nun?« fragte er leise. Sie sah zu ihm auf; was die flim mernden Augen ausdrückten: ob Schmerz, oder Unwillen, oder Spott, konnte er nicht unterscheiden. »Was nun?« fragte er noch einmal und versuchte ihre Hand zu fassen, aber die schlanken Finger entzogen sich ihm. »Vorsichiig sein!« antwortete sie in gelassenem Tone. Er wurde roth. »Das heißt mit anderen Worten, »daß du nun wieder Johann Leopold’s iBraut bis ,« sagte er bitter. »Du tmachst es wie die Hauskatze, der ist auch Ivek Besitzer gleichgiltig — sie hängt ieben am Besitz.« , Fortsetzung folgt.) i ». I Yumoristischeg. A n g e m e s se n. A.: »Wie gefällt Jhnen mein-e junge amerikanische Nichte?« « B·: »Ganz vorzüglich! Sie sieht in der That sehr ,,chic« aus!« A.: »Ja, sie kommt auch direkt von Chicago!« ———-—.0-O-s——————— Stets zielbewußt. »Lieben Sie Goethe, Fräulein?« s »Aber wie können Sie denken . . . seinen Mann, der schon längst todt ist und noch dazu verheirathet war!« —————.s.s. z Bele i d i g t. « Dame: »Was wir in diesem Winter für schreckliches Wetter hatten!« Herr: »Ja, aber wenn Sie sich erin nern wollen, der Winter von 1850 war noch viel kälter.« » Dame (empört): »Mein Herr,·das · verbitte ich mir!« i AAA Modernes LiebesoraleL Junge Wittwe (zu einem Stellt-ich ein sich rüstend): »Ein recht stattlicher Mann ist er ja, aber hat er auch recht viel Gew, lieber Amor?« Amor: »Oh, dafür, daß ich ihm eine so reiche Wittwe zufüh-rte, hat er mir dereimal so viel Trinkgeld gegeben wie Du!« — -.. . . Klassische Definition. Gattin: »Was ist denn eigentlich llassische Musit?« . Gatte: »Das ist die Musik, die Dir gefallen muß, wenn sie Dir auch nicht gefällt.« Die Autographin. Fräulein: »Bitte, Herr Maier, schreiben Sie mir etwas Schönes in mein neues Poesiebuch. Jch ließe es gerne von einem geistreichen Herrn ein weihen.« Maier (fchreibt): »Was Du thust, thue Gans!«