WSonntags - Blatt Betrage ves»Auz-igcr mai HeroivkszuNm 39", Jahrgang sä. J. V. Windung-. Herausgeka Grund Island Nebraska, den 5. Juni«1896. FoIIjlletonz «·"·«";s?oiin"inovaufk"np » « Roman von Claire v. Gliimer (Fortsetzung.) Sie verstummte. Eine Weile gingen sie schweigend weiter, dann suhr Chri « stine in schüchternem Tone fort: ’ »Bitte, gnädiges Fräulein, denken Sie darum nicht schlecht von uns! Was siir Mühe hat sich der Jakob egeben, unsere heirath zu Stan e zu ringen, und als das Kind zur Welt gekommen ist, hat er’s so lieb gehabt —- so lieb! — Und nun liegt es schon seit acht Ta gen begraben unter dem Schnee, und der Jakob liegt da oben bei seiner bö sen Schwesier, und ich muß in den nächsten Tagen fort —-— ich habe mich nach Oberroda bermiethet. Aber daß ich gehen soll, ohne den Jakob zu sehen, und ohne daß er von mir und meinem Unglück hört, das wird mir gar zu schw-« Johanna redete ihr tröstend zu, ver sprach ihr, von Jakob Nachricht zu ver schassen — sie rechnete aus Johann Leopold’5 Hilfe — und als der Kreuz weg kam, der in’s Dorf hinunter führ te, verabschiedete sich das Mädchen mit dankbaren Worten und erleichter tern Herzen. Gedankenvoll sah ihr Jo hanna nach; vom Thale heraus klang das Weihnachtsaeliiut —- wo war der »Frieden aus Erden,« den es den Men schen oerkiindigen sollte? I NeuntesCapiteL Die Schlittensahrer waren zum zweiten Frühstück nicht zurückgekom men, erst zum Diner sanden sich die Familienglieder wieder zusammen. »War Großpapa zornig?« stüsterte Mageione Johanna zu. Jn demselben Augenblick wurde der Freiherr herein geschoben und seine sinstere Miene gab nur zu deutlich Antwort aus die Frage. hildegard ließ sich nicht einschiich tern. »Lieber Großpapa, sei nicht böse,« sagte sie mit der ihr eigenen hochmütbi aen Vernachlässigung »Ich war schuld, daß wir so lange ausbiiebenx ich hatte Kiausenburcks eine Ewigkeit nicht ge sehen; sie luden uns so freundlich ein zu bleiben: Nein sagen war wirklich nicht möglich.« »Aber basz wir hier warteten. sandest du in der Ordnung?'!- siel der Freiherr ein. »Ein anderesmal erinnere dich ge fälligsi. daß solche Rücksichtslosiqteiten in meinem hause bisher nicht Sihl ge wesen sind und es auch nicht werden sollen . . . Setzt Euch!« »Ich habe es euch vorher gesagt,« flüsterte Karl Witdenhain, als seine Frau an ihm vorüberqing »Ihr seid alle Feiglinge!« antwor tete sie und dann saß sie mit erhobenem, Kot-se und zusammengezogenenBraueni steisnackig und stumm zur Linien des, Freiherrn.» siir den iie nicht mehr zu i exisiiren schien. . Einlilbia aina das Mahl zu Ende« nur Otto sliisterte hin und wieder Jo hanna eiwas zu. das sie lächelnd an hörte. Dann blickte Johann Leopold der noch bleicher und matter aussah als aewöbnlich. von seinem Teller aus, starrte die Beiden an versank wieder m seine Avatbie und Maaelone machte heute keinen Versuch. ihn auszuriiiieln Als sie sich im Wohniirnmer von Jo hann Leopold aetrennt hatte, sagte sie, an Otto’s Seite tretend: »Bitte, schlaue mir itaend eine Toll heit vor —- ich sterbe vor Langeweile« »Garnich- mn mik ma- sei mein Wen-. « · begann er halblaut zu singen und die ilammenden Augen waren viel leiden schaftlicher als der dalbneclische Ton. Maaelone guckte die Achseln .Untinn! Das bat ia der Dichter seldsi Tragödie aenanni « anworiete sie. «Jch will etwas Lusiiges haben. Aber du bist auch schon von der Dön Hiäghausek Schwerfälligkeit enge-I e t." »Wie ungerecht!« ries Otto. »War’ö nicht lustig als ich mich in Klausenburg zu dir in den Schlitten schwang und vor Johann Leopold’s langer Nase mit dir davon jagte?« Magelone lachte; Otto fuhr in lei denschaftlichem Tone fort: «Bis an’g Ende der Welt-hätte ich dich entsiihren mögen. Der Gedanke, dich in Johann Leopold’s Armen zu sehen, macht mich wahnsinnig . . . jwarum siehst du mich so spöttisch an? Das soll dies Lächean »Es sragt vielleicht, was du bei Tisch mit derselben Miene Johanna zugeslü stert hast,« antworete Magelonr. »Ich glaubte, daß ich dem Befehl, ihr den Hof zu machen, gehorchen müsse,« sagte Otto. »Gihst du Contreordre?« »Durchaus nicht!« rief Magelone. »Es ifi auch besser, die Komödie wei ter zu spielen,« fuhr Otto in ernstem Tone fort. »Johann Leopold’s Eifer sucht ist unverlennbar, es ist am besten, ihn auf falsche Fährte zu bringen . . « »Und zugleich zwei leichtgläubige Frauenherzen zu beschwindeln,« fiel Magelone lachend ein. »O Don Inan, Don Juan!« »Spiele die Don Juan-Ouvertiire," bat Otto; »du spielsi sie herrlich« »Heute nicht«-heute dürften sich nur Chorale hören lassen,« sagte Mage lone, und mit spöttisch toiettem Blick wandte sie sich ab und ging an das Ka min. wo Tante Thella und die Cou sinen saßen Während dieses Gesprächs war Jo hann Leopold zu Johanna an den Kaffeetisch aetreten. »Wie gefällt dir der neue Vetter?« sagte er. Aber ich brauche nicht zu fragen: Ihr scheint seit gestern Abend Fels-on die besten Freunde geworden zu e n.' »Nicht seit gestern Abend,« antwor tete Johanna mit leichtem Erröthen »Er war bei mir gleich nach dem Tode des Vaters und war so theilneh mend . . .« »Das tann ich niir denke-W fiel Johann Leopold ein. »Er weiß über all den rechten Ton zu treffen, dieser neue Rattenfänger von Hameln Nimm dich vor ihm in Acht.« Sie sah fragend zu ihm auf, aber da iam das leidige Erröthen schon wie der; unwillkürlich wendete sie sich ab, es zu verbergen, und plbßtich —- sie hätte nicht zu sagen gewußt warum — fiel ihr das Liebespaar ein, dem sie Hilfe versprochen hatte. »Ich habe ein Anliegen an dich,« sagte sie im ern sten Tone. »Der rothe Jakob ist dabei im Spiel.« »Laß hören!« bat, er indem et einen Stuhl an ihre Seite zog, und von sei ner Theilnahme erwärmt, erzählte sie ihm von der Scene im Föksterhause und dem Leiden der armen Christine, und als sich Johann Leopold bereit er klärte, dem Mädchen zu helfen, berie then sie, wie das am besten geschehen könnte »Ich bitte dich, Magelone, sieh’ dich einmal um,« sagte Hildegard, nachdem sie das Paar am Kasfeetische eine Weile beobachtet hatte. ; »So eifrig unterhalten die sich nuns schon seit einer Viertelstunde. Nun, wie ist’s, wirst du nicht eisersiichtig?« Magelone lachte. « »Eisersiichtig aus Johanna, o nein!« ries sie mit übermütbiaetn Tone. " »Nu: nicht so selbstbewußt, liebes Kind!« gab Hildegard spöttisch zur Antwort. »Trotz deiner Unwidersteh-. licht-it hast du, so lange ich hier onus Johann Leopold noch nicht einmal zum f Sprechen gebracht, wie das jetzt Jo hanna thut.« ? »Ja, wirklich. er ist wie ausgetuscht,«j fiel Hedwig ein. »Jetzt kann er hören und reden —- neben dir sitzt er immer; wie eine holzpuppe.« H »Natürlich, die Liebe, ach, die Liebe, : sie macht den Menschen stumm!« sagtef Magelone mit lächelndem Munde, aber« ihre Augen flimmerten nnd in ihrem; Herzen re te sich eine Mißempfindungz gegen Jo nna leise nur und schnellJ verilin end und doch war es der Anii sang ener verhängnisvollen Wand-I iung im Verhältnisse der Beiden. Am folgenden Morgen war Johanns lLeopold itn Förfterhause beim rothen Jatob gewesen. Als er zuriicktarn, straf er Johanna im Corridor und er Iziihlte thr, daß der wilde Busche bei der Nachricht vom Tode feines Kindes bit terlich geweint und inständtg gebeten habe, ihm Christine zu schicken. »Das Beste wäre, wenn du sie mor gen früh hinauf begleiteteft,« fügte er hinzu; »das würde ihr den schweren Gang erleichtern, und ich würde mich dann auch einstellen, sie bei dem Kran ken einzuführen." »Gewiß, ich bringe sie hin," antwor tete Johanna; ,,um elf Uhr wollen wir dort sein . . . O Johann Leopold, wie gut du bist!« Sie waren an der Wohnstubenthür stehen geblieben. Magelone, die von oben lam, glitt geräuschlos heran und hörte die letzten Worte. »Was hat er denn so Gutes ge-» than?« fragte sie. ,,Sagt es mir —i ich will es mit bewundern.'« i Johanna wurde verlegen. Der Vet ter tarn ihr zu Hilfe. »Lasz es gut sein, liebe Magelone," sagte er in dem kalten, überlegenenl Tone, in welchem er mit ihr zu sprechen pflegte. »Du fändest am Ende nur je- s nes unerträgliche Kolettiren mit Hu manitiitshestrebungem das du neulich so scharf verspottet hast« Bei diesen Worten hatte er die Thür geöffnet. Mit unwilligem Erröthen ging Magelone an ihm vorüber. Wie pedantisch, ihre Aussprüche so ernst zu nehmen! Johanna freilich sagte der gleichen nicht, —- sie wurde ihr immer unangenehmer. Der Verabredung gemäß stellte sichs Johanna am folgenden Morgen mit ihrer Schudbesohlenen im Fdrsterhausel ein. Chrisiine glaubte noch immer nicht, daß sie den rothen Jakob sehenl würde. »Seine Schwester bringt sicherlich wag dazwischenf sagte sie immer. Aber Johann Leopold’s Macht- I spruch hatte den Widerstand der Itzt-Z sterin gebrochen; sobald sie Johanna; mit ihrem Schützling tommen sah, zog! sie sich im stillem Zorn zurück und be-! gniigte sich, durch die Thürspalte zui beobachten, was vorging Viel war es nicht, was sie erspähte Johann Leopold tam den Beiden ent-l gegen. i »Kommen Sie, liebes Kind, der Ja- - lob erwartet Sie,« sagte er mit einer Freund lxchteih die den Unwillen der Försteri verstärkte. Nie hatte er mit ihr oder ihrem Mann in solchem Ton gesprochen. »Fürchten Sie sich nicht« suhr er fort. Niemand wird Jhnen in den Weg treten; wenn es aber ge schehen sollte, lassen Sie mich’s wissen.« Dann össnete er das Krankenzimmer »Christine, bist du endlich dal« ries JaloW Stimme aus dem Hinter grunde. Mit einem Ausschrei stürzte das Mädchen hinein und Johann Leo pold zog die Thitr zu. »Komm’, Johanna, wir haben hier nichts mehr zu thun,« sagte er und Bei de verließen das Haus Als die Försierin in der Wohnstube an’s Fenster trat, gingen sie neben einander den Waldweg hinunter. Sie lächelte spöttisch. » »Nein-It soll mir weis machen, daß die dem Jakob und der Christine zu lieb heraustommen,« dachte sie; »aber es soll ausgepaßt werden, darauf mö gen sie sich verlassen. Wenn ich nur hören könnte, was sie miteinander re den! Sie sieht"an ihm in die höhe, ais ob er der Herr Pfarrer auf der Kanzel wäre.« Es war ein seltsames Gespräch, das die Beiden führten; eigentlich mehr ein Monolog Johann Leopold’s, dem Johanna zuhörte. »Die glücklichen Unglücklichen!« sing er an und starrte mit seinen gianzlosen Augen in’s Weite. »Schon gestern, als Jalob um seinen Knaben weinte und in Schmerz und Sehnsucht nach Ehristine schrie, habe ich ihn beneidet. Wie muß solche Empfindung die Seele ausweiten und siähleni Aus Glück und Unglück kommt es nicht an, nur ein ganzes Gefühl, das den ganzen Menschen packt und ausriittelt . . aber wer hat das noch? Wir sogenann ten Höhetsiehendem Gebildeten, gehen an unserer Halbhett zu Grunde, am FSchwankem Zweifeln, Rechnung tra gen.« Mit schmerzlichem Erstaunen hörte iihm Johanna zu. Wie konnte er seine eigene Vergangenheit, die Liebe zu der verstorbenen Braut —- Tante Thekla behauptete, er trüge sie noch im Herzen —· vergessen oder verleugnen? —- Ihn daran zu erinnern, wagte sie jedoch nicht und sagte nach einer Pause ,,Jch glaube, du irrst, ich glaube, die Liebe wird nicht von Rang oder Bil dung beeinflußt — denk’ nur an meine; ;Mutter.'« , i Er schien sie nicht gehört zu haben. i »Dasiir werden wir denn auch ,wiei sich’s gebührt, von halben Wünschenl und halben Vorsätzen von Jahr zu IJahr hingezogen. Unser Ziel scheint; Tuns keiner Anstrengung werth —- ja, Iwirst uns eine Laune des Glücks das iErsehnte zu, so wissen wir taum, ob wir es fassen und halten wollen, denn; das Erfassen ist Mühe und das Fest-i halten Arbeit.« I Sagte er das in Bezug aus sich selbst? War ihm Magelone das Er sehnte2 Johanna hätte ihm das Aus sprechen erleichtern mögen, aber Ma gelone zu nennen, erschien ihr indiskret; sie sagte darum nur: »Ich kann mir nicht denken, daß Ir gend Jemand zu träge sein würde, das Glück zu ergreifen das sich ihm bietet.« « »Das Glückl« wiederholte er mit trübem Lächeln. »Das Glück —- wer nur daran glauben könnte! —- du weißt nicht, welche Kraft zum Glauben ge hört, viel mehr, als zum leidenschaft lichen Begehren. Darum scheint mir der Mann, der sich topsüber, blind siir das Unheil, das daraus entstehen wird, in die tollste, unwiirdigste Leidenschaft stiikzt, nicht nur beneidenstverther, son dern achtungswerther als der Klügler und Zweisler, der heute warm und morgen kalt ist« nicht sassen und nicht lassen kann —- Da steht sie vor dir die! holde Gestalt, dein Herz klopft bei ih-! rem Anblick, es lockt dich, sie zu besitzen, dich ihr hinzugeben, dich an sie zu ver lieren. Aber inmitten des Rausches weißt du, daß sie nur ein tönendes Erz ist und eine klingende Schelle; daß sie dich nicht versteht und nicht zu verstehen begehrt, daß wenn dein Wunsch er füllt wird, all’ das Sehnen in Ueber druß und Ekel endigen muß. Du sagst dir, daß du nicht im Stande sein wirst, die voraus empfundene Täusch ung vor dir selbst zu entschuldigen, und es kommen Augenblicke, in denen du selbst dein Wünschen verachtest.« Ausathmend blieb e stehen und strich sich über die bleiche S irn. Habe ich dich erschreckt?" sagte er dann in ruhigem Tone. . ,,Verzeih’ mtt und vergiß, was ich gesagt habe. Wenn du mich länger kennst, wird dir klar werden, daß ich mich leicht in Himm spinste verliere und geneigt bin, Ge spenster siir Wesen von Fleisch und Blut zu halten.« . Denselben Tag konnte der Freiherr seinen Rollstuhl verlassen; er erklärte, daß dem beabsichtigten Neujahrsdiner nichts mehr im Wege stände, und die Vorbereitungen begannen: Johanna und Otto schrieben Einladungen; Tan te Thella revidirte Keller und Vor rathstammern und hielt Conferenzen mit der Wirthschafterim der alte Christian putzte das ,,Familiensilher«, wie es Hildeaard refpektvoll nannte, und auö der Porzellaniammer wurden Schätze alten Meißner Geschirrs an’s Tageslicht geschafft Maaelone war noch unstiiier als gewöhnlich. nahm bald dies bald jenes in Angriff, und spottete über die bevorstehende»Staats artion«, aber es geschah mit einer er-« zwangenen Lustigkeit, die Johanna be liimmerte. Hildegard blähte sich wie ein Pfan, in der Hoffnung, durch ein neues Sammetlleid alle Damen der Umgeaend zu verdunkeln, während Ifdedniig einer Garniiur venetianifcher Spitzen noch blendender-e Eigenschaf ten auschrieb Der Freiherr sah demL Neujahrsdiner mit der Befriedigungs entgegen, die der Bauherr bei der Grundsteinleauna eines langgeplanten Bauwerk-e empfindet, selbst vck Heka Pfarrer war eifrig beschäftiat: er ent-l warf einen Toast auf die Verlobung des Maioratsherkm WieJohann Leopold dazu stand,wäre schwer zu sagen gewesen. Nicht die lei seste Andeutung verrieth, daß er an die Bedeutung des Festes dachte. Sein Be nehmen gegen Magelone blieb das selbe, kalt, gemessen, wie bisher. So lange der Freiherr im Familienkreise verweilte, war auch Johann Leopold da ; sobald der alte Herr sich zurück zog, verschwand auch er. Johanna, die den Eindruck ihres Waldgesprächs nicht losgeworden war, beobachtete ihn ge nau; aber vergebens suchte sie nach ei nem Nachhall jener Stunde und fing an zu glauben, daß nicht nur Johann Leopold, sondern auch sie selbst damals Gespenster gesehen. So war der Shlvester herangekom men. Das helle Weihnachtswetter ihatte schweren grauen Schneewolken iPlatz gemacht, die Vom Winde ge fpeitscht über die Berge jagten. Auch Ider Freiherr, der seit seiner Genesung »in bester Stimmung gewesen way-sah heute finster drein wie der Himmel. »Ich weiß nicht, was ich von Walde mar denken soll,« sagte er, als er, seine Morgenpseise rauchend im Wohnzim mer aus und ab ging· »Seit dem Te-. legramm vom Weihnachtsabend nichts von sich hören zu lassen, ist start.« i »Da er sich auf heute angekiindigti hat, wird er das nicht mehr nöthig ge-; sunden haben,« meinte Tante Thetla. »So — und du bist wohl derielbens Ansicht?« rief der Freiherr, indem erl sich nach ihr umwendete. »Seht nur zu, wie weit ihr mit diesen neumodifchen· Rücksichtslosigkeiten kommt. Wie follt es heute zum Beispiel mit dem Abholen werden? —- Jch kann doch nicht zu je-» dem Zuge den Wagen fchicken.« I »Waldemar pflegt immer mit dem Curierzuge zu kommen, der um fünf Uhr in Thalrode ist, « sagte Hildegard, die mit einer Handarbeit Tante Thekla gegenübersaß. ,,Unfinn! er ist auch fchon Mittag-S und acht Uhr Abends gekommen,« fiel der Freiherr ein. »Aber das ist einer lei — er mag eintreffen, wann er will, anzuzeigen hat er’s, und thut er das-; nicht fo wird er auch nicht abgeholt-i bafta!« J Er hatte in dem Tone gesprochen, 1 der keine Erwiderung zuließ. Alle schwiegen, während der alte Hirt-, dichte Rauchwolten aus-stoßend, seine Wanderung fortsetzte. Nur Hildegardc erlaubte sich, während er am andern t Ende des Zimmers war, Tante Theklals zuzufliifterm »Viel Lärm um nichts! Du sollstl sehen, es kommt ein Brief oder Tele-; gramm, in dem Waldemar absagt. Jch täme auch nicht, wenn ich mich, wie er, l in Wien amiisiren könnte.« Aber die Stunden vergingen undf weder Brief noch Telegramm erschien. Die frühe Dämmerung brach herein, noch verstärkt durch den Schneefall, der um Mittag begonnen hatte und immer heftiger wurde. Auch der Wind heultei immer lauter um das Schloß. F Jn der Wohnstube brannte ein hel les Kaminseuer; mitten im Zimmer stand der Weihnachtsbaum, der nach altem Brauch zu Shlvester zum letzten Mal angezündet, vollends geplündert, zerhackt und im Kamin verbrannt wer den sollte. Magelone und Johanna waren beschäftigt, die herabgebrannten Weihnachtslichtchen durch neue zu er setzen; Tante Thetla und Hildegard saßen am Feuer; Hedwig stand am Fenster und sah in das wirbelnde Schneetreiben hinaus-. »Wenn nur erst unsere Männer zu rück wären,« sagte sie. »Unbegreiflich, wie man bei solchem Wetter aus-reiten tann.« »Es tling schlimmer als es is, '-' gab Johanna tröstend zur Antwort; »auch ich bin erst seit einer halben Stunde aus dem Dorfe zurück —- es war herr lich, sich gegen den Wind anzustem men.« »Seltsame Liebhaberei!« ries Hin-e gard. »Aber du bist doch nicht allein gegangen?« Ehe Johanna antworten konnte, wurde geräuschvoll die Thür geöffnet und der Freiherr trat ein. Es war so ungewöhnlich, ihn um diese Zeit im Familientreise zu sehen, dasz Tante Thella erschreckt ausstand und ihm ent gegenging. »Laß dich nicht stören!« sagte er und fing an, im Zimmer auf und nieder zu gehen. ,,Abfcheuliches Wetter!« rief er, als ein Windstoß gegen die Fenster fuhr. »Ich hätte den Wagen schicken follen; wer weiß, ob Waldemar in sThalrode ein Fuhrwerk findet. Jetzt ;wird’s zu spät sein.« ! »Der Wagen ist in Thalrode, Groß papa; Johann Leopold ist hingefah ren,« sagte Johanna. « »Und das weiß ich nicht?« rief der Freiherr, indem er mitten im Zimmer .stehen blieb. Seine Augen blitzten im zFlackerlichte des Kaminfeuers. s »Du schliefst, Großpapa, und Jo Ihann Leopold mußte eilen, um den JZweiuhrzug noch zu erreichen. Er ihätte in der Stadt noch etwas zu befor Jgen, sagte er, käme aber mit dem Vier luhrzuge nach Thalode zurück. Wenn Vetter Waldemar kommt, werden sie Jsich wohl treffen.« I ,,Freilich werden sie das-! Darauf vist’s ja nur abgesehen — von Kindes beinen an haben sich die Beiden in allen dummen Streichen beigestanden,« sagte der alte Herr, aber in so humoristischem ITone, daß Tante Thekla beruhigt auf athmete. s Fortsetzung folgt.) l f ff j Belohnt? ! Marschall Daendels, welcher in den ffranzösisch-holländischen Zeiten Gou « verneur von Java war und mit großer Kraft und Festigteit die Zügel der Re gierung in der Hand hielt, durch sei nen wahrhaft eisernen Willen auch Au ißervrdentliches vollbrachte, war, wie Esich das begreifen läßt, wenig beliebt, .ja viel gefürchtet und gehaßt. Eines sjTages war eine Gesellschaft von Offi zieren bei einem gemeinsamen Mahle versammelt. Als man die Gesund heit des Gouverneurs ausbrachte, wei gerte sich ein älterer Hauptmann, die - selbe mitzutrinken, weil er von demsel jben zurückgesetzt werde und er ihm da kher nicht freundlich gesinnt sei. Ohren i bläser gibt es überall. Ein solcher eilt kzur Stunde, da das Gastmahl vorüber :war, zu Daendels und hinterbringt Hihm das Vorkommniß. Am anderen I Tage ladet der Gouverneur den Haupt s mann zur Tafel, und er muß der Ein-« scadung selbstverständlich folgen. Gegen kdas Ende der Tafel bringt der Ade stant des Marschalls dessen Gesundheit saus. Alle Anwesenden erheben sich und » stoßen an —-— nur der Hauptmann bleibt Tsitzen und macht es wie Tags zuvor. YVergeblich winken ihm seine Freunde. Er bleibt ruhig sitzen, als ginge das Gesundheittrinien ihn nichts an. Da springt Daendels auf, zieht seine Pi stole und ruft ihm zu: »Mit dieser Pi stole hätte ich Euch erschossen, wenn Jhr feige genug gewesen wäret, Eurer Ueberzeugung untreu zu werden. Ihr seid ein Mann von Ueberzeugung und Muth. Hier meine Hand! Jch er nenne Euch hier vor Euren Kameraden zum Major!« « Einzige Mög lichkeit. Jch muß mir diese Woche einen neuen Anzug bestellen. So? Hat sich abermals ein Schneider etablirt I - --.O DivnntunhZ Am Tage ihrer Trauung haben gnä dige Frau laut und vernehmlich «Ja!«« gesagt. Gewiß, und mein Gatte auch ! Und heute, nach so kurzer Zeit .". Hat es sich herausgestellt, daß unter Umständen zwei B e ja h u n g e n auch eine V e r n ein u n g geben können ! ............. - . - W» .. -.-.. Unbedacht. Aeltliches Fräulein: ,,. - . .Wissen Sie, Herr Doctoizjch lasse mich jed es Jahr e i n m al pyoiogmphiren!« Doctor: »Aber da müssen Sie ja schon eine-Un m a s se Bilder haben!« OOO Umschreibung. A.: »Was hat der Mann sük eine , Beschåstigung ?« B.: »Der ist Menschenmaler.« A.: »Wie ist das zu verstehen ?« B.: »Je nun, er—schmiert die Leute an.«