« j zi « Der Lieb-sug. humoresle von Ludwig Einer-. Die junge Frau saß sinnend am Fenster und blickte hinaus aus denGar ten, wo doch nicht viel Anziehendes zu sehen war. Die Sonne schien sich zwar alle Mühe zu geben, aus den schwarzen Sträuchern, die ihre dünnen Strahlen gar erbärmlich in die Lust streckten, einiges Grün zu ziehen, aber vergeblich, und das Gras mit seinem deranglrten grünen Kleide sah so recht mürrisch und übelgelaunt zu den seeundlichen Strahlen der Frühlingssonne aus. Die hübsche lleine Frau, die ihr blond aelocktcs Köpfchen - in die Hand ge fiüht hatte, schien es auch mit ihrem aus dem Fenster-schauen nicht sehr ernst zu meinen, denn sie suhr plöhlich aus ihrer bisherigen haltung wie er schrocken aus, als ihre Augen dort un ten einen wirklichen Vorgang wahr nahmen. »Pinscher, du greuliches Vieh!" rief sie laut, »willst Du wohl! Da tobt er wahrhaftig über meine hyacinthen hin-s weg und jetzt purrt er an meinen Cro-’ ins herum, warte!« Sie wollte jäh ausspringen, liesz sich aber sogleich aus ihren Stuhl zurück fallen und blickte tiefsinnig durchs Fenster. ? Drunten tm Garten todte ein strap piger Köter herum und schien sich be sonders auf jenem Fleckchen sehr wohl zu fühlen, wo die grünen Spitzen der hyaeinthen und die ersten blassen Cro tug aus dem schwarzen Erdboden her vorschauten. Der Hund« theils Pudel, theils Sind theils Pinscher," von je dem etwas-nnd von allem nichts, machte ungelente, tappige Sprünge, die auf nicht mehr allzubliihende Jugend schließen ließen, grub mit feinen lang behaarten Pfoten an den zarten Pflänzchen herum und wühlte seine Schnauze in das Erdreich. Als er sich nun aber auf den Rücken warf, alle Viere der liichelnden Frühlingsfonne entgegenstreckte und sich auf den müh sam gezogenen Lieblingen der jungen Frau mollig herumwälzte, dNoard es ihr zu viel. »Es ift ncht mehr zu er tragen mit dem Unthier!« sagte sie un geduldig, erhob sich langsam und drück te auf die KlingeL »Jagen Sie den Hund aus dem Gar ten," sagte sie zu dem- eintretenden Dienstmiidchen. fügte dann aber gleich hinzu: »Das heißt locken sie ihn mit ei nem Stückchen Fleisch fort in’s hauf und -—— nun er mag in der Küche blei ben." - Dann bersant sie wieder in ihr vor heriges Sinnen »Ich muß mir ja alles gefallen las sen, Rücksichten auf den bund nehmen. Dieses Scheusal, das-« ich am liebsten längst dern Abdecker übergeben hätte, aber ich muß es ja ertragen!« seufzte sie. Das war nun das erhosste Gtua ihrer jungen Ehe. Gott« wenn sie zurück dachte, noch vor einigen Monaten die glückliche Braut-i zeit, wo sie es nicht erwarten konnte, daß Walter aus der Stadt hinüber kam, wo sie in seiner Gesellschaft sich selig und geborgen siihlte, schöner ais bei ihrer Mutter und wie sie drängte und hastete, d sz die Hochzeit gemacht und der haustand endlich begründet wurde, um siir immer mit ihm vereint zu sein. Und nun, schon nach wenigen Monaten eine Entsrerndung. eine Spannung zwischen ihnen, deren her kunft sie sich eigentlich nicht erklären konnte, und die doch vorhanden war. Sie liebte ihren Walter noch ebenso wie damals, gewiß, und sigbrachte ihm auch jetzt das Opser, den schrecklichenl hund, seinen Liebling, mit aller nur; möglichen R"cksicht zu behandeln, wenn! sie ihn auch am liebsten ermordet hätte,’ den griisztichen Nöten Aber jetzt war es eben ein Dosen das sie brachte und damals war ei so leicht gewesen. « Als sie sich erst genau tennen gelernt hatten und dann versprochen waren, als er auf dem Gutshos erschien als ständiger Gast am Sonntag und hin und wieder auch in der Woche. da war sie so liebevoll daß sie selbst den alten bund streicheln und liebkosen konnte, den sie bisher immer gehaßt hatte, der ihr zuvor ein Greuel gewesen war, hatte er ihr doch einmal ihr neues hellblaues Kleid durch seine riipelhasten Sprünge verdorben ein anderes Mai ihre liebste tleine Kane todtgebissen und sich stets unniitz gemacht, im Haus« im hof, im Garten, daß man mit dem Gedanken umgin , ihn aus irgend eine Weise fort zuscha sen. Da tam der Walten und tote sie nach einem Gegenstand suchte, an dem sie das Ueber-naß von Zärtlich teit oerwerthen konnte. das sie dem Geliebten nicht geben konnte, s— das ging doch damals noch nicht — den hund liebtoste und sah, wie sich Walter sosort mit dem Thier ausreundete. wie er ihre Zärtlichkeit gegen Pinscher noch weitaus iiberbot und wie sich- der hund an ihn anschloß, da empfand sie auch fast so etwas wie Liebe fiir die strap pige Bestir. Wenn sie sie ftreichelte, so war es ihr, als streichelte sie seine Liebe von dem rauhen Fell herunter und neh me sie fiir sich selbft in Anspruch. Pin scher diente fast als Vermittler ihrer Zärtlichleitstorrefpondenz. Jn jener Zeit war sie sogar eifer füchtig auf den hund. Wenn Walter ihn bei Tisch an sich lockte, um ihm ei nen Leckerbissen zuzuschieben, so be schied sie das Thier sofort zu sich- um ihm einen noch größeren Happen zu ge ben und hatte sie es an sich gelockt, fo bot Walter alles auf, um es an sich zu gewöhnen, alle Ungezogenheiten wur den dem Hund vergeben, er galt als ein geheiligtes Thier. Einmal freilich hatte sie der alte Schäfer-Johann gewarnt. Er wollte gesehen haben, wie Walter dem hund heimlich ene Fußtritt verseht und dabei einen Fluch sausgestofzen hatte: »Wenn doch der Teufel das alte Unflath holte,'« sollte er gesagt haben, und vor einem solchen Mann, der das fertig brachte, warnte sie der Alte. Aber sie glaubte es nicht. Einmal liebte der Walter den Hund zu sehr, und dann hatte der Schäfer-Johann von jeher seinen Narren an dem Hund gefressen und wollte ihn gern geschenkt haben. Sie hatte Walter nicht einmal über diesen Fall befragt, weil sie einfach nicht da ran glaubte. Uclllki kam ch Dochzcll, Ullc Wust verlangte, daß Pinscher, »Ellh’s Lieb ling·' wie er sagte, mit in das junge heim einzog Sie hätte gern protestirt, denn sie war ein wenig eifetsiichtig aus den Hund. »Ellh’s Liebling« hätte richtiger »Walter’s Liebling« gelautet. Die Männer sind nun einmal Egoisien. Aber weil er es so gern wollte, und weil der Hund als Postillon d’Arrnour ih rer ersten Brautzeit nach quasi ein Hei ligthum war, hatte sie mit großer —; ein llein wenig erheuchelter —- Frem digleit seinen Wunsch unterstützt. So war das Unthier in’s Haus ge kommen. Anfangs hatten sie Pinscher auch beide sehr verzogen, und sie be sonders hatte es gern gethan; sie that ja Alles, was ihrem Walter lieb war, —- sogar die Schleifensammlung, die sie in seinem Arbeitszimmer entdeckte, in der sie auch eine ihr abhanden ge lommene Schleise wiederfand und an die sich ihr doch ernste Gedanken tniips ten, wenn also selbst dieie Neliauen,wa rum sollte sie nicht da auch seinen Lieb ling Pinscher lieben und das Thier,daz immer ungezogen und argerlicher wur de, nicht mit der Rücksicht behandeln, die sie allen zugestand. Aber als die Flitterwochen vorüber waren und die ersten tleinen Enttiiusch ungen des Ehelebens sich fühlbar mach ten, der-wurde es immer schwerer, den unausstehlichen struppigen Röter noch gern zu haben. Dennoch steigerte sie womöglich ihre Zärtlichkeit in demselq ben Grade,w wi, esie merkte, daß feine Liebtosungen g gen das Thier von Tag zu Tag zunahmen· Darin wenigstens wollte sie es an nichts sehlen lassen, denn sie liebte ihren Walter nach wie; vor. Aber wie vielen Aerger mußte siei hinunterfchluetem wie manches mais seinen bund heraus-lügen damitWalteri sich nicht über die Unarten seines Lieb lings grämte zum Beispiel als das Thier die beiden Krametgvögel gefres sen hatte, die von Mittag nachgeblieben waren und auf deren Genuß zum Abendessen der junge Ehemann sich so sehr gefreut hatte. . Und doch hatte das alles nicht gehin dert, daß die Spannung austam, die ihnen beiden schon seit einigen Tagen das Leben oerbitterte, nicht nur ihr ge rade jetzt, sondern auch ihm, das mertte sie wohl. Sie mußte es tragen, still und geduldig und den Aerger über den hund dazu. Sie wollte ihm auch heute gewiß nicht die Unart Pinschers mel den, obgleich sie an ihren Pflänzchen hing, die der Köter so mißhandelt hatte, genau so sehr hing, wie er an dem ftruppigen — - »Berpammr —- ach ou ueoes Uner chen, na so tomm’ Pinscher, wo ist denn der gute Pinscher, na bist du da, ja bist du da« —- hörte sie fest aus dem Flur Walter’s Stimme durchse t mit lau tem Gebell von dumpfen önen, die offenbar von den Sprüngen des »guten »Pinscher« herrührten Ja, immer der gute Pinscher—dieses iunausstehliche Bestie. ; Da trat der junge Ehemann ein, umbellt und umsprungen von dem iHund, ging aus seine kleine Frau zu Eund küßte sie sanst itnd tiihl aus die Stirn. »Guten Tag, Elln, was machst Du?« z tlang seine alltägliche Begriißung "Dann setzte er sich und beschäftigte sich mit dem guten Pinscher, während Elly ihrerseits den Hund lockte und hät schelte, bis das Mädchen lam und mel delte, es sei angerichtet Walter bot seiner Frau den Arm an und siihrte sie in das behaglich erleuch tete- Eßzimmer. Er sagte nichts und sie sagte nichts. Nur einmal wies er den gar zu unge stiiin an ihm empor springenden Hund .mii einem sanften Wort ab, und da die Herrin ihn nicht weiter beachtete, lief Pinscher spornstreich ins Nebenzim mer, um sich zunächst nicht mehr bli-. cten zu lassen. Elly hatte den Hund nur deshalb nicht beachtet, weil sie innerlich den Ge danken erwog, eine Aussprache mit Walter zu suchen, ihn zu fragen, was er sür einen Groll in sich berge, denn die drückende Atmosphäre des gegenseiti gen Ausschweigens war ihr peinlich. Aber sie brachte nichts weiter heraus als die Frage: »Hast Du Aerger im Bureau ge habt, Walter?« »Nein, nicht mehr als gewöhnlich, wie kommst Du darausZE »O ich dachte nur.« Dann schwiegen sie wieder-, bis plötz lich vom Nebenzimmer her ein Geräusch kam, ein Bumßen und Stoßen, daß b « e sich umsahern Pinscher war un te s Sopha gekrochen und konnte os ;senbar nicht wieder heraus. Zu glei Jcher Zeit sprangen beide auf, um dem lieben Thier zu hilfe zu kommen, aber da hatte sich Pinscher mit einem Ruck befreit, stieß mit seinem Hintertörper ansetne Etagere, daß eine Vase aus Delster-Porzellan auf das Parquet des Estrichs stürzte, und rannte wie be sessen in’s Eßzimmer. »O Gott, die schöne Vase,« rief Elly jammernd und sammelte die Scherben. vom Boden auf ,aber ihr Gatte hörte nicht, sondern sehte dem hunde nach, der einen Fetzen von lachsfarbener Sei de im Maul hielt. Mit einiger Mühe hatte ihm Walter die Beute» abgejagt und hielt eine zerrissene Schleife in der Hand, als Elly mit der zerbrochenen Vase heraustrat. »Was ist denn hast« fragte sie. »Nichts!" stieß er hervor, aber fin sterer Zorn lag auf seiner Stirn. »Hör’ mal Walter,« sagte Elly sich setzend und Muth fassend, »ich möchte Dir etwas sagen.« »Ich Dir auch, liebes Kind,« erwi derte er sehr schroff. »Ich habe nun lange genug Geduld gehabt, aber was zu viel ist, ist zu viel! »Schon in un serer Brautzeit habe ich das Unglück ertragen und das denkbar möglichste an Liebenswiirdigteit geleistet, ich habe Deinen Liebling mit in die Ehe ge nommen weil ich sah, wie Du an ihm hingst. Aber Du thust ja auch rein gar nichts, um ihn zu erziehen. Nichts ist vor ihm sicher. Sieh« einmal diese Schleife,« polterte er weiter, ohne in seiner Erregtheit auf seine Frau zu ach ten, »ich denke Du kennst sie, sie ist von Dir. Seit meiner Studentsizeit habe ich mir eine Sammlung angelegt von Schleifen, die ich Schwestern und Freundinnen mit vielem Geschick ent wenden-, abgeschlossen wurde sie mit dieser, die von Dir stammt und mir die werthvollfte von allen ist. Nun kommt mir der Köter darüber. Seit Tagen vermisse ich diese Schleife, schon hatte ich Dich gewissermaßen in Verdacht, denn du hast ja kaum noch etwas an deres im Kopf als Deinen hund, diese elende Bestir. Nun entdecke ich, daß er sie mir weggeholt, dort unter’s Sopha getragen und so zugerichtet hat. Das ist der Schluß. Jetzt ist es aus,.einer lei wo er bleibt, aber der Köter wird abgeschafft." »Gott sei Dann- hauchte Frau Ellh, und ein Stein schien ihr vom Herzen zu fallen. »Was?« fragte der Gatte betrof sen und trat einen Schritt zurück, »das sagst Du, wo ich Deinen Liebling —« Jetzt mußte Ellh unwillkürlich la chen. »Meinen Liebling? Jch habe das Vieh schon vor unserer Verlobung nicht sehen können, nur aus Rücksicht gegen Dich und die Liebe, die Du dem Hund stets erwiesen hast, bin ich auch freundlich gegen ihn gewesen —- und jegt nennst Du ihn meinen Liebstng »Na, da hört denn doch Verschiede nes ans. Mit Fußtritten habe ich den; Köter behandelt, wenn Du nicht zuge gen warst, und nun soll ich ihn noch gar geliebt haben ?« »Siehit Du,« sagte sie, sich erhebend und ihp beide Hände aus die Schultern legend, »das tomrnt, wenn man Heim lichteiten hat« »Du meinst die Schleifen?« »Nein, die hast Du so unachtsam herumtreiben lassen, daß ich sie längst kenne, und da ich mit meiner eigenen vermißten Wiedersehen feierte, war ich beruhigt. Abes der hund. Nun, thu’ mir bitte den Gefallen und schasse ihn auch wirklich ab.« »Ellh!« ries er und schlang die Arme um seine Frau, »isi denn das thatsäch lich Dein Ernst?« »Wir haben uns Beide nichts vorzu wersen. wir haben Beide recht start ge heucheit mit unserer Liebe zu dem Vieh. I h Die Bewöllung der letzten Tage, di« mich sehr unglücklich gemacht hat, wirk lich seht, ist die gerechte Strafe. Abe1 nun alle Heimlichkeiten fort — - »Du hast Rechi!« sagte er glücklich »Und so soll es auch künftig imme1 fein!« ME— Ein königlicher Schriftsteller. Nachdem der jent ermordete Perser liinig Nassr-ed-din Berlin besucht hatte, erkor sich ihn der dortige Ecken steher-,,Wiy« zum Opfer. Er wurde als vertörvertellnreinlichkeit hingestellt« sollte seine von Oammelfett triefenden Finger am Staatstleide der alten Kai serin Augusta abgewischt haben und dergleichen mehr. Die Unreinlichleit beschränkte sich aber darauf, daß die für seine Tafel bestimmten Thiere, den Speifegefeßen der mohamedanischen Schiiten-Kirche gemäß, in dem von ihtn bewohnten hause geschlachtet werden mußten. Hochgebildete Deutsch-Ameri kaner, wie hermann Raster, die da mals in Berlin den schönen und pein lich säuberlichen Mann sahen, erklär ten jene Eckensteher-,,Witze«, »die sogar jüngst noch nach dem tragischen Tode Nassr-ed-dkn’s in vereinzelten deutsch amerikanifchen Blättern wiedergetäut wurden für höheren oder vielmehr nie deren Berliner Blödsinn. Seine drei europiiischen Reisen machte Nassr-ed-d« aus Wißbegierde; er hielt es für seine flicht von Europa zu lernen, um dann das Gelernte auf seine Reformpolitik im verlotterten Perseritaate und namentlich auf die von ihm so sehr gehobene und verschö nerte Stadt Teheran anzuwenden. Die Schriftwerte aber. in welchen er diese Reisen beschrieben hat sind in ih rer Art Meisterwerke. Ein deutscher Kenner schreibt über sie: »Man hat es da mit keinem jener Bücher zu thun, wie solche die moderne »Reise-Literatur« dutzendweise hervor bringt. Keine Reflexionen, keine un nützen Vergleiche—nichts als Beschrei bung und Beranschaulichung. Was das Auge sieht, was das Ohr hört, das wird geschrieben. Nassr-ed-din war ein feiner Beobachter. Mit der Ge nauigkeit eines niederländischen Ma lers notirte er Alles, was seinem Blicke auffiel. »Und er sah viel. Es ist mög lich, daß die Objektivität feiner Dar stellung in der durch seine Stellung ge botene Diskretion begründet ist. Nie mals ließ er sich von dem Gegenstande seiner Betrachtungen hinreißen. Jn dieien Werken, die zwei stattliche Bän de füllen würden, giebt es nur wenige Stellen, wo er aus der gewöhnlichen Ruhe des tühlen Beobachters heraus iritt: die Beschreibung der Ruinen von BahnlomdieSchilderung des-Stadtvä des von KonstatUinopeL und die Klage über das verwahrlofte Grab des gro ßen Dichters Saadi, des persifchen Anakreon, das sind stnlistische Mu fterstiickr. Der Werth dieser Berichte fand auch die gebührende Anerkennung. Die geograv ische Gesellschaft in Pe tersburg z. . ernannte den König Nassr-ed-din zu ihrem wirklichen Mit gliede und ließ aus seinen Werten Auszijge in Uebersetzung anfertigen, welche von Ethnographen vielfach be nützt werden« Weit bestimmter als in seinen Reise beschreibungen tritt die Individualität des Persertönigs in seinen Gedichten hervor. Er ist in ihneri sowohl ein einschneidender Satyriter als ein ge siihlvoller Lhriter und wird in der an bedeutenden Talenten so reichen und namentlich auch von Deutschen so sehr gewürdigten poetischen National- Li teratur des Landes Persien oder Jran stets eine ehrende Stellung einnehmen. Zuerst als Probe eines seiner satyri schen Epigramme, dessen tnappe poeti sche Form aber im Deutschen nur in Prosa wiedergegeben ist. Nass r ed- din verfolgt in seinen Satnren mit beißen dem Spott in Persien Alles was nicht mit dem Zeitgeiste schreitet besonders auch geistig nicht ftrebsame Hosleute Seinem mit der euroväischen Wissen schaft nicht gleichen Schritt haltenden Leibarzte widmete er ein Epigramm folgenden Jnhaltsz »O Du des Sultans Hatim-el-Mo nialit (Leibdoctor)! Plato ist ein Stümper Dir gegenüber, Aristoteles ein JgnosinL Doch ich will meinen Unterthanen Deine geistige Macht nicht vorenthalten: Nimmst Du Jemanden in Behandlung, so weißt Du Mund nicht vom Ohr zu unterscheiden Nie darf man ein Mittel von Dir nehmen ohne den Koran befragt zu haben. ok man nicht das Leben dabei ristirt Wenn Jemand von Deiner Hand ge heilt wurde, so ist es Gott, der dem selben ein zweites Leben geschenkt hat Und verdient ein solcher Gelehrte1 nicht daß ihn der Schah (König) mi den höchsten Gunstbezeugungen über häuft?« Jn seinen lyriichen Gedichten vol Gefühl und Kraft besingt Nassr-ed-dii J mit sprachlicher Meisterschast besonders - die Liebe. Davon folgende uns vor s liegende Probe in deutscher Uebersetz ung, welche zwar nicht vollständig die . tunstvolle Form des Originals, wohl « aber seinen Sinn wiedergiebt. »Nicht zum Thor des Paradieses Sehne ich mich einzugehen, Alle anderen Wünsche schweigen, Seit ich, Holde, Dich gesehen. Warum sprichst Du nur beständig Vom Gewissen, Schöne, Reine? Keine Schuld drückt mein Gewissen, Außer meiner Liebe — keine! Wer sich Deinen Sklaven nennet, Neidet Fürsten nicht die Throne; Seufzend schlepp’ ich Deine Fessel, Und ich trage Jran’s Krone!« Etwas vom Kasser. Jm vorigen Jahre hätte Europa ein gubiläum feiern können: Das erste assehaus im Occident wurde »vor 250 Jahren in Venedig eröffnet« In Kon stantinopel, das aber damals noch ganz zum Drynt gerechnet werden mußte, war das erste öffentliche »Eafe« aller dings bereits ziemlich ein Jahrhundert früher, nämlich 1551, eingerichtet wor den. Und die Sitte des Kasseetrinkens überhaupt scheint in Perfien wie auch in Abvssinien, dort wo die in unsern Ta gen soviel umstrittene Kolonie Erythräa der JtaHener liegt, schon vor einem Jahr tausend üblich gewesen zu sein. Nachdem durch jenes erste abendlän dische »Ease«« zu Venedig die Sitte des Kasseetrinkens in Europa allgemeiner bekannt geworden war, erfolgten in den nächsten Jahren und Jahrzehnten die Gründungen öffentlicher Kasseehäuser in einigen Siädten Englands (Oxsord 1650, London 1652). Frankreichs (Marseille 1659, Paris 1671), schließ lich auch-in den siebziger und achtziger» Jahren des siebzehnten Jahrhunderts-l in Deutschland (Hamburg 1679, Wien 1683; Nürnberg und Regensburg 1686). Auch Berlin kann in diesem Jahre ein Kassee-Jubiläum feiern, denn hier entstand das Kassehaus vor 175 Jahren: unter der Regierung König Friedrich Wilhelms l. wurde es 1721 eröffnet. Der Nachfolger Friedrich Wilhelms l., der alte Fritz, war ein Gegner des neuen Genußmittels, aber nur aus finanzpoli iischen Rücksichten. Es ging ihm zu viel Geld siir dieses ausländischeGewächs aus dem Lande. So machte der wirthschaft lichejKönig denKaffeehandel zum Staats- I monopol, gebot, daß nur der Adel, die höheren Beamten und Geistlichen gegen sogenannte ,,Brennscheine« ihren Kafsee selbst rösten durften, während alle ge ringeren Unterthanen ihn aus den StaatsiKaffeebrennereien beziehen und dort sechsmal theurer als beim Kaus mann den ungebraunten bezahlen musi ten. Dennoch wurde schon unter seiner Regierung das Kasseetrinlen wenigstens iii den besser situirten Familien allge mein, in den unteren Klassen und auf dem Lande allerdings erst in den ersten Jahrzehnten unseres Jahrhunderts Seitdem ist der Kassee nicht nur das vollsthiimliche Genußniittel, sondern ge radezu ein Vollsiiahruiigsmiitel gewor den« Am meisten in den Niederlanden, deren Kolonien ja zu den Hauptexport ländern des Kassees gehören. Dort kam in dem Zeitraum von 1880 bis 1884 aui den Kopf der Bevölkerung ein jähr licher Kasseeverbrauch von 9,4 Kilo gramni, mehr als doppelt soviel wie in dem benachbarten Belgien, das nächst den Niederlanden verhältnismäßig den mei sten Koffer konsuniirt, indem aus den Kopf der Bevölkerung 4,47 Kilogramm entfielen. Dann folgen die Vereinigten Staaten von Nordamerika noch mit 4,02 Kilo, Norweg-n mit 3,65, die Schweiz mit 322, Schweden mit 2,93, Däm mart mit 2,83, Deutschland mit 2,44 Kilo pro Kopf. Weniger als 2 Kilo wer den verbraucht in Frankreich, nämlich 1,7l, und gar weniger als ein Kilo in Oesterreich-Ungarn ((),92), Jtalien (0,49), Großbritannien (U,41), Spani en (U,23) und Russland (nur (),07 ). Der geringe Kasfeeverbrauch in Eng land und Rußland ist dadurch bedingt, daß in diesen Ländern statt des Kassees viel mehr Thee getrunken wird, der ja ähnliche Eigenschaften hat. Seit zehn Jahren hat nun der Käf feeverbrauch in fast allen Ländern abge nommen; nur in Schweden, Frankreich, Jtalien und Spanien ist eine geringe Zunahme zu konstatiren. Das liegt aber nicht etwa daran, daß die Bevölkerung sich dem Kassee abgewandt hätte. Es liegt vielmehr daran, daß infolge der wiederholten schwachen Erntcn nnd der damit in Verbindung stehenden Preis » steigerung yr Kassebohnem sowie der : erhöhten oder neu eingesiihrten Zölle große Schichten der Bevölkerung sich ge-— zwangen hen, ihren Verbrauch an Bohnenla einzuschränken Da fie aber nicht gewillt waren, das täglich gewohn te Quantum des mit Recht so beliebten Getränlesherabzuminderm so griffen se zu dem Auskunftsmittel, das ihnen eine täglich an Ausdehnung und wirthschasts licher Bedeutung wachsende Jndustrie an die Hand gab: zu den sehr viel billigeren Surrogaten und Kasseegewiirzen. Zwi schen beiden muß man allerdings einen sehr erhrelichen Unterschied machen. Die Kasseegewiirze sindZusittze, die die schätz bare Eigenschaft haben, daß sich mit ih nen eine gleich grosze Menge gleich guten Kassees «aus einer wesentlich geringeren Menge Bohnen herstellen läßt. Die Sar rogate dagegen sind Ersatzmitteh die an Stelle des Kassees ein anderes minder werthiges Produkt setzen. Ein solches Surrogat—und keines der besten-ist z. B. die Zichorie. Zur Beurtheilung der behuss Verbes serung des Kassees angewandten Zusätze ist zweierlei zu wissen nöthig, erstens, wie sie sich zum Wohlgeschmack und Wohlge ruch, zweitens, wie sie sich zur physiologi schen Wirkung des Kassees verhalten. Selbst bester Kassee kann durch unzweck mäßiges Rösten viel von seinem Wohlge ruch und Dust verlieren; ein gutes Zusatz mittel wirkt hier immer verbessernd. Be kanntlich verliert der Kassee sehr leicht sei ne aromatischen Bestandtheile, die dann durch Zusätze ersetzt werden. Ferner dür sen dieZusätze nicht diewohlthätigen phy siologischen Wirkungen aus das Central nervensystem schwächen» Man könnte na türlich auch Gewürze bereiten, die den Geschmack eines jeden andern Ksasfees hervorrusen. SolcheGewürze können in physiologischer Beziehung noch die wohl thatige Nebenwirlung ausüben, daß sie den Verbrauch einer so großen Menge von Bohnenkassee, also den Genuß des zu starken Kassees verhindern, der be kanntlich von sehr schädlichen Folgen b gleitet werden kann. Der Zusatz ver schasst den Liebhabern starken Kassees Geschmack und Dust desselben, ohne die physiologische Wirkung des Ausgusses über Gebühr zu erhöhen. Was von den Zusätzen gesagt wird, gilt jedoch keines wegs von den Surrogaten. Bor- Simo gaten soll man sich hüten, sie haben keine der belebenden und wohlthätigen Wir kungen des Kaffees. -—.— -----——-— — Srharse Kritik. Virginie Dejazet, die berühmte fran zösische Schauspielerin, hatte in einem Stücke eine Wäscherin darzustellen und in dieser Rolle eine ganze Weile aus der Bühne zu hantiren. Zu dem Behuse nahm sie bei ihrer Wäscheren Waschun terricht nno schickte derselben dann neben einem anständigen Honorar ein Freibil let zur ersten Vorstellung des betreffen den Stückes. Am Tage nach der Ausfüh rung erschien die Wäscherin bei der De jazet, um sich sür das Honorar und das Freibillet zu bedanken. »Nun, wie wa ren Sie denn mit mir zufrieden, liebe Hubert?« fragte die Künstlerin. Die Frau zupste verlegen an der Schürze und schwieg. »Nun? habe ich etwa meine Rolle nicht gut abgefaßt? War ich nicht die richtige Wäscherin vom Montparnas se?« fragte die Dejazet. »Gewiß, Ma demoiselle, aber—« »Nun aber? Gewiß habe ich Ihre Lehren vergessen und mich atn Waschsasse ungeschickt benommen?» »Oh, nein, ganz und gar nicht! Keines » meiner Mädchen wäscht, wringt und plöt tet besser wie Mademoiselle, aber man tann eben nicht Alles aus einmal verlan sgen.« »Nun, Madame Hubert?« »Ja, »sehen Sie, wenn ich es suei heraussagen darf-die Wäsche war zu blau.« Die iKünstlerin lachte herzlich und that bei Iden späteren Vorstellung weniger Neu s blau in die Wäsche. ————— --.0.— -—-— — Kleiner Jrrthum. Der berühmte Arzt Dr. Renard in Paris rühmte sich gegen feine Bekannten nnd Kranken eines besonderen Scharf blicks. Einst fand er bei einem Kranken desuche einen alten Herrn, der mit dem Patienten ruhig Piquet spielte. »Was thun Sie hier, mein Herr?« sagte Re nard zu ihm. Gehen Sie nach Haufe, lassen Sie sich eine Ader öffnen; Sie haben leinen Augenblick zu verlieren.« Der erschrockene Mann ließ sich sofort nach Hause nnd in’s Bett bringen. Re nard folgte ihm, ließ ihm drei bis vier Mal hintereinander zur Ader, dann ein Brechmittel nehmen und sand ihn immer schlimmer. Am dritten Tage wurde der Bruder des Kranken vom Lande gerufen. Man sagte ihm, sein Bruder sei im Sterben. Der Gernfene eilte schnell her bei zum Krankenlagerz daselbst fand er den Arzt vor. »Um Gottes willenl« sprach der Herbetgeeilte zu Jenem, »was fehlt denn meinem Bruder?« »Er hat einen Schlagansall gehabt,« erwiderte Renard, »ohne es zu wissen. Es war ein Glück, daß ich ihn zufällzg fand und es an seinem lchiefgezogenen Munde ent deckte.« »Mein Gott l« rief der Bruder des vermeintlich Sterbenden aus-, ,,inein Bruder hat schon seit sechzig Jahren ei nen schiefen Mundl« »Warum hat man mir dies nicht sriiher gesagt?« antwor tete Renard, »so hätte ich viele Mühe nnd er unnütze Kosten erspart-«