Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, May 22, 1896, Sonntags-Blatt., Image 8
Er END Kukut das Dönninghäuser Pferd mit dem Damensattel zu bedeuten habe. und ob ein-a auch der alte Gnädige ge kommen sei? —- Die Antwort der Frau konnte ich nicht verstehen, der Mann erklärte in barschem Ton: er hätte die Heimlichkeiten satt; noch heute müsse der Bursche aus« dem Hause, denn daß er sich, solchem Taugenichts zu liebe. um Amt und Brot brächte, lönne Nie mand verlangen. Gleich auf der Stelle müsse der Bursche fort. »Fritz! Fritz! es kann sein Tod sein und er ist doch mein Bruder-! jam merte die Frau Mit einem Fluch fiel ihr der Mann in’s Wort, aber nun wurde er von Johann Leopold zur Ruhe verwiesen, und gleich daran traten alle Drei in’s Zimmer: die Frau mit der Schürze vor den Augen, der Mann mit finfierenif Gesicht und Johann Leopold mit einem Ausdruck von Energie, der mich überraschtr. »Liebe Johanna. sagte er, während mich der Förster mürrisch begrüßte, der Heisa macht dich hier zur Mitwis serte eines Vorganges-, der unserem Vrpßvstet verborgen bleiben muß. Nicht wahr du gibst mir und diesen gu , Den Ante-I das Versprechen, von dem, ·« was du gesehm hast, nichts zu sagen?« Herzen gern!« gab ich lzur Flutekortx der Förfter zuckte die Ach ekn : r -. . - »Was Frauenzimmer oermrechen fing er an. ,,Krüger besinnen Sie sich, mit wem Sie sprechen!« fiel Johann Leopold in detzkichem Tone ein. »Das Wort meiner dusines»ist so gut wie mein ei nes-. Jch gehe jetzt, mein Pferd zu Faktelm inzwischen werden Sie erklä ren, um was es sich handelt.« »Mit diesen Worten ging er hinaus-, die Förfterin folgte; der Förster sah ihm mit einem bdsen Blieck nach, dann wendete et sich zu knir. »Was ist da zu erklären« sagte er grollend »Der rothe Jakob, der Bru «·« des-Wer Frau, ist ein schlimmer Ge sells« ein Raufbold und Wilddieb, den unser-alter Gnädiger —- der Jakob tvar als holzknecht angestellt aus dem Dienst gejagt bat. Aber axch aus den Braunschkseigischen drüben, wo er als Knecht in einer Sägemijble dient, findet er immer wieder den Weg hie her. Pergangenen Sonntag früh muß ich selbst ihn dabei ertappen, daß er ei , us- Rehbock ausweidet. Jch schrie ihn an; engin iiper die Klippen davon Ipringery fällt, der zweite Flintenlauf geht los und zerschmettern ibm den .. Arm. Was habe ich machen wollen? — Rathe ihn wohl oder übel hieher schaf skn . . . aber wenn’s der Gnädige hört, in’5 Zuchthaus kommt der Ben gel, und die« Schande über-lebe ich uichtts -. »Die trotzige Art des Mannes gefiel mir. S «Großpapa wird’s nicht hören — durch mich gewiß nicht, Herr Förster!« sagte ich und bot ihm die Hand. Ueber rascht sah er mich an und wurde roth, faßte meine Finger und drückte sie, daß ich hätte schreien mögen. ,,,Danle gnädiges Fräulein. sagte er einfach und da m diesem Augenblick Johann Leopold mit seinem Pferde vor dem Fenster erschien, begleitete er mich hinaus. »Während ich mit seiner Hilfe auf s Pferd stieg, wendete sich Johann Leo pold noch einmal mit hochmüthig herrischem Ton zu ihm »Me!ken Sie sich’s. Krüger,« sagte er; Don Transport des Verwundeten » verbiete ich qimz entschieden. Bis er - genean ist, bleibt er als mein Pslegling « hier im Hause. Was er braucht, gebt auf meine Rechnung« Die För sterin brach in laute Dantsagungen aus. der Förfter murmelte ein paaan - verstört-bliebe Worte und wir ritten da vorne ,« , zAIS Johann Leopold Zweck undZiel » , meiner Expedition erfuhr, hielt er siir « gerathen, mich aus einem über die Höhe sshrenden Wege nach dem Holzschlage zu bringen um meinen Auftrag aus . richten zu können. Wir kamen über ein, Großpapa unser Zusammentref sen zu erzählen, alles Weitere sollte ver schwiegen bleiben. Dann sagte mir Johann Leopold, daß der rotbe Jakob Der liebste seiner Spiellameraden ge TT — Wesen sei. Keiner hätte wie Jakob in E Wald und Feld Bescheid gewußt; alle Steine, Pflanzen, Thiere hätte er ge Frau gehn-M hätte jeden Wechsel des jeden Fuchsbau, jedes Vogel » Msgcpürt « ME: war der gebotene Nimrob,« »Wie Johann Leopold bin »und hätte weit besser als ich zum Eben De m vof Dönninghausen gepaßi. Jn MILebenssphäre aber, die ihm ange Wist ,fmd then seine Neigungen MS Patente berberbtich geworden! : -» frag te den Betten ob er nicht . sp »das siir jede Art ber Begabung « f . WPka im Beben gefunden MW renne-. r scheitert- dm ers-pf. M Mai Dieb wohl »der sein,«' ant y« sie-. L . I wartete er »aber von Anderen einge nommen die fech nicht bemüßigt fühlen, tihn aufzugeben. Nimm mich zum Bei spiel: Niemand weiß besser als ich selbst, daß ich nicht zum Majorats herrn tauge. Neigung und Anlagen verweisen mich in’s Studirzimmer oder an’s Krankenbeti. Dennoch kann ich mich nicht entschließen, die bevor zugte Stellung aufzugeben, und wenn mir ein Untergebener entgegentritt, wie vorhin dieser Mensch, dieser För stet, so emp··rt sich mein Blut oder der anerzogene — üntel, und ich möchte den Kerl in Eisen legen lassen. Dabei bin »ich theoretisch von der Gleichberechtig ung aller Menschen überzeugt« »Dieg Gespräch hat mir viel zu den ken gegeben. Jch fragte mich, ob Jo hann Leopold etwa auch feiner Stel lung zuliebe in die Heirath mit Mage lone willigt, oder ob sich unter dem Scheine der Gleichgiltigteit ein Jn teresse für die reizende Nixe verbirgt. Wie wir uns inBezug auf sein äuße res Leben getäuscht haben, beurtheilen wir vielleicht auch jein nneres falsch Auf unserem Spazier-ritt abe ich näm lich erfahren, daß er, weit entfernt, das eulenhaste Dasein zu führen, das ihm Magelone vorwirft, in meilenweitem Umkreise der Arzt der Armen ist, für sdie er·auch die nöthigen Meditamente sbereitei. Auch davon darf Großpapa Fnichts wissen; er nennt es Mediu Iitekei und sieht darin eine Beeinträch Iiigung des guten allen-Doktor Francke, der seit einigen dreißig Jahren in iDDnninghaufen praktizirL l »Was mich betrifft, ftp-habe ich Glück mit Großpapa Etwas unsicher, wie er es aufnehmen würde. daß ich Mar tin fortgeichickt und den Waldritt allein ,unternommen, erstattete ich Bericht Hund wurde gelobt. ,,Recht so, Kind« Tzugreifen wo es was- zu Qlfen gibt, das Hist auch meine Maxime!" tagte er. Jm FAQemeinen ist er aber, seinem eigenen EAusdruck nach,’unwirsch. Zur Weih Fnachtszeit, wenn alle Angehörigen hier tzusammenkommem durch Podogra an FZinnner und Lehnstuhl gefesselt zu sein, sitt eine schwere Geduldspriifung für den Ungeduldigen. Tante Thetta be shauptet, wir müßten uns auf schlimme fZeiten gefaßt machen.« f »Den 23. Dezember.« ; »Jn den letzterk Tagen bin ich nicht qum Schreiben gekommen, aber heute muß der Brief fort, damit du ihn als Weihnachtsgruß erhältst. Vor-gestern sind die Cousinen eingerückt und zwar mit Mann und Maus: Hildegard mit zwei, Hedwig mit drei Kindern nebst Bannen, Ammen und Kammerjung fern. Beide Frauen sind äußerlich Tante Tbekla ähnlich; groß, schlank, blond und etwas steif. Sie haben frifche IFarberL reiches Haar nnd kluge hell fblaue Augen; sind eitel auf ihr Am Ißeres, auf Mann und Kinder, auf Na imen und gefellfchaftliche Stellung und jfuchen sich gegenseitig durch glänzende zTorletten zu uberbreten. « Mit Mage lone führen sie einen kleinen, fehr amü fanten Krieg. Jbre Männer, Zwil lingsbriiden sind sich merkwürdig ähn lich;· blond und staatlich wie ihre Frauen aber gntmiiibiger, heiterer, un befangenen Eduard, hedwig’s Mann, bat sich im fchleswig - holstein’fchen Kriege ausgezeichnet und einen steifen Arm nebst mehreren Orden davonge tragen —— wie Magelone bebaupiei, ein »Creve-Coeur« für hildegard, de ren Karl nur als Redner bei land wirihfchaftlichen Vereinen friedliche kLorbeeren erwirbt. Morgen Nachmit "tag kommen die Brüder der Cousinen, Otto und Waldemar; Abends ist Be schmmgs I ,,Großpapa wird leider noch immer Iim Rollstuhl von einem Zimmer in’j5 kandere gefahren. Seine Urentel müs jsen so viel als möglich um ihn sein, vkund wenn die drei Knaben, die sechs, Ifiins und vierJahre alt sind-»die beiden Ikleinen Mädchen werden noch getragen -—das große Wohnzimmer durchtoben, erheiteri sich sein Gesicht. Die Ente linnen scheinen ihm fern zu stehen« und wie schmerzlich mag er es bei Fami lienzusammeniiinsten empfinden, daß seine Kinder, die Vermittler zwischen ihm und den jüngeren Generationen, fehlen. «Einen peinlichen Moment habe ich gestern mit ihm oerlebt. Vor dem zwei ten Frühstiick expedirt er die Post. Je der hausbewohner bringt oder schickt ihm seine Briefe, die er eigenhändig in die Postmappe schließt. Jch hatte ein Weihnachtspöckchen an Lisbeih abzu fchicken und trug ei selbst in sein Zim mer.. Wie mich die mächtigen Augen anblißtern als er die Adresse last «Ein Weihnachtcgeschent siir mein Schwesterchen,« antwortete ich aus seine stumme Frage. « »Du haft teine Schwester, und aus meinem Sauf soll mit diesem Volke keine srnsdl -Correspondenz statt findeni« schrie mich Großpapa an. Das war der Ton,»von»dem Magelone s J Eerzählt hatte. Jch aber nahm meinen Muth zusammen und sagte —- tnit zit ternder Stimme freilich ohne aufzu-» i:sehen » E ,,Lieber Großvater, ich hätte meine ESendung heimlich fortfchicken kön-« nen . . · ; »Er starrte mich an und seine Mie Enen besänftigten sich· ; »»Du liebst das Kind-TM fragte er. ! »Ja, GroßpapaL » rief ich; »und wenn du das liebe kleine Wesen sähest. : E »Nichts davon!«« unterbrach er mich und indem er das Päckcben bei-» seite legte fügte er hinzu: »Es wird be- z E,sorgt Johanna, und du baft s gut ge-; Emacbt « E E »Seitdem ist er fast noch freundlicher E gegen mich als vorber: vielleicht ist eeE Ees aber auch der Cousmen wegen, dieE Emich berablaffend zu behandeln suchten Aber der alte Herr bat eine fo eigen-E tbtimliche Art, die Worte: »Meine En-! Elelin Johanna« auszusprechen, daß sieE Esich anders besonnen haben und jehtE beinahe liebenswürdig find. Den Enoch ift mir Dönningbausen lieber ohne Este und ich freue mich auf die Wieder lehr unserer ruhigen Tage« E —x——— Achtes Kapitel. Der heilige Abend war getominenz wie immer, sollte im Schloß Dönning xhansen den Kindern und Alten zuliebe die Bescherung vor der Hauptmahlzeit stattfinden, und trotz Johann-Es hilfe mußte sich Tante Thella beeilen, um zur bestimmten Zeit mit dem Ordnen der Geschenke fertig zu sein Auf lan gen Tafeln, rechts und lints von der großen, reich verzierten Tanne in der Mitte des Baniettfaales, waren die Gaben fiir die Familienglieder ausge Elegt; auf Nebeniischen rings an den EWiinden strahlten kleine Wem-meins Ebäume über den Geschenken für Dienst E leute und Hans-arme, und als im Dorfe Edas Christfest eingeläutet wurde. er Etlang auch das Silberglöckchen der ETante Thetla; die Thüren nach Ne Ebenziinmern und Corridor wurden ge Eöffnet und während den Harrenden der Lichterglanz entgegenfluthete ertönte Evon jungen und alten Lippen des Frei Eherrn Lieblingöchoral: - , »Er kommt, er kommt, der starke E H.eld Voll gottiich hoher Macht. « Fortsetzung folgt.) « Augenblicks-Bilder ans der Großftndt. Es ,,Abfahren!« ruft die weithin Ischallende Stimme des Zugführers, sdie Pfeife schrillt, der Stettiner Zug Esetzt sich in Bewegung. « Aus einem der letzten Wagenfenfter list noch lange der Kopf eines Reisen Iden sichtbar. Ein Winten und Grüßen »mit Hand und Tuch — dann machen ;die Schienen eine Biegung —- Dampf swolten hüllen den Eisenbahnzug ein T— und bald ist Alles den Auan der ZZurückbleibenden entschwunden. Be zamte schließen die Bahnsteigthiiren, ldas Publikum verläuft sich. Eine jugendfrische Mädchengestalt » ist die letzte, die sich zum Gehen wendet. IJrnmer wieder blickt sie zurück nach idem Entschwundenen, dessen Spur zerflatternde weißgraue Wölkchen be zeichnen. Trotz dieses scheinbar leb haften Empfindens der Trennung macht das Gesicht der Dame keinen ernstlich kurnrnervollen Eindruck. Jm Gegentheil —- es strahlt in blühende-: Gesundheit und Fröhlichkeit, und ob wohl das fchwarzfeidene Kleid und der lleine Kapotthut der jugendlichen Trä gerin etwas Ehrbares geben« sieht man doch auf den ersten Blick, daß beides noch in tadelloser Neuheit strahlt. Und wirklich ist dieser feierliche Putz erst wenige Stunden alt —- gerade so alt, wie die Frauenwiirde der Träge rin — fiinf Stunden. Jm Wartesaal zweiter Klasse nimmt die junge Frau Plas. Der Abschied und all die Ereigenifse des Tages ha ben sie doch ein wenig angegriffen, eine Tasse Chotolade ist das Mindeste, was sie sich anthun kann. Als ihr der Kellner das Bestellte bringt« bittet sie noch um eine Zeitung —- und dann drückt sie sich in die Sofaecke und trinkt — und hinter den Zeitungsblättern vergraben, träumt und denkt sie. Gestern war Polterabend, und heute Vormittag uin elf wurden sie auf dem Standesarnt getraut War das schbnl Das fiinf Meter weite faltige Kleid, die neue Früh jahröjacke — Gott sei Dant, konnte man bei dem milden Wetter ohne neuen Winterinantel austonrmem —- und vor Allem-—- der ftauenhaste Kapotthutt Und wie dann der breite glatte Ring von der linken zur rechtenhand avani eirte — der Standeibeantte ihr die eder reichte —- und sie mit kleinen, eislichen Buchstaben schreiben konnte o« s , L — Marianna Schroeder, geb. Lenz — — einfach himmlisch! Nicht mal ganz achtzehn — die Erste aus ihrem Kreise — und dazu noch einen Doktor — mußten die Anderen nicht playen vor Neid? Wenn er nur erst wieder da wäre! . . Schrecklich, dasz der alte Erbontel in Freenwalde gerade heut’ wieder seinen Anfall bekommen mußte! Abends um zehn wollte er zwar wieder zurück sein — aber was hatte sie davon! Sie würde nicht ’mal zur Bahn gehen dür fen —- ihn abholen, denn —- leider — waren die Eltern noch soweit zurück in der Weltanfchauung, daß sie das Stande-Samt nicht für voll ansahen. Morgen! Dann — — Ob sie das morgen erleben würdet-— Wenn ein Un liick käme —- wenn es mit dem alten ntel zu Ende ginge oder aus anderen Gründen die kirch liche Trauung verschoben werden muß te — entsetzlicher Gedanke! Oder wenn’s gar nicht dazu täme —- ein Eisenbahnungliick —- nicht auszudeu ten — Entietzt stellt sie die Chotolade zur Seite; es war ihr unmöglich, wei ter zu, trinken. Sollte sie ausbrechen, nach Hause gehen? Sie durfte ja noch nicht in ihr richtiges Zuhause, sie mußte ja noch zuriick zu den Eltern-und da mit eilte es nicht so. Langfarn schritt sie aus dem Warte saal auf die Straße. Die Normaluhr vor’m Bahnhos zeigte vier. Ein paar Apfelsinenfrauen standen mit ihren schweren Körben auf dem Platz und boten ihre Waaren aus. »Sech3 Dreier zwei Apfelsinen — woll’n Se nich ’n paar mitnehmen, Fräuleinchen ?·« Die junge Frau warf den Kon in den Nacken. Daß man’s ihr gar nicht ansah, daß sie doch eigent lich verheirathet war —- zu schadet « Haftig zog sie den rechten Handschuti ab. befühlte die angebotene Waare auf ihre Güte und entschied sich fiir zwei Früchte. Die Handelsfrau hätte blind fein müssen, wenn sie den«-— breiten Trauring nicht bemertt hätte. »Nee, so wat —- all Frau,« sagte die Händlerim als sie den Kaufprets er halten —— »heit zu Dage heirathen de reenen Kinders« Frau Doktor Schwebet-, geb. Lenz, wandte ihr stolz den Rücken und näherte sich der Omnibus-haltestelle. »Stettiner Bahn —- Kurfütstenstraße,« das wat der, den sie brauchte. Eben Ifuht da ein Wagen hin, nun mußte sie f ein paar Minuten warten. Das war ihr recht; sie kam ja doch noch früh ge nug nach hause —- tvas sollte sie über haupt mit der vielen langen Zeit an fangen! i An der Haltestelle standen ein paar Frauen mit Körben und Kindern — sie brachten den Männern das Vesper brot. Eben lief ein Omnibus wieder ein, der Kutscher auf seinem hohen Bock erkannte die Seinen, lnallte fröhlich mit der Peitsche und ein kleiner Junge, der sich an der Mutter Schürze fest hielt, jubelte laut »Vater!'« Grinsend rückte der Vater den blank lackirten Lederhut, steckte die Peitsche weg und kam wuchtig von seinem erha benen Sinplatz herunter Nun trat er an seine Familie; iiber der Frau Ge sicht huschte ein Freudenschein und der Junge klammerte sich an des Vaters Beine. »Na —- un wo steckt den Yatern seine Lottelen?« fragte der Kutscher sich umsehend. Hinter der Mutter Rock wurde es lebendig. »Nee —- is Vatern aber traurig — keen Lottelen is zu tielen.« Eine roth bestrickte tleine Hand lag te hinter den Falten der Mutter her vor. - Scherzend griff der Vater danach, er haschte das lachende Kind — und hielt es hoch in seinen Armen. Nie hatte Marianne dergleichen be obachtet. Nie für möglich gehalten, daß so etwas sie interessiren könnte — und nun stand sie gebannt Und ließ wieder einen Omnibus abfahren, ohne darin Platz Fu nehmen. War’s mög lich, daß dese Leute ähnliches Em pfinden kunnten, wie sie felbsi? Jetzt noch, nachdem sie doch schon mindestens fünf bis sechs Jahre verheirathet wa »ren? — Aus einer blau emallirten Kaffee lanne goß die Frau das dünne Getränt in den dazu passenden tiefen Deckel — und der-Vater trant ihn nie leer, ohne einmal dem Jungen und das andere Mal dem Lotteten was ereicht zu ha ben. Auch seine flaumenmuösg Schrippe theilte er mit den Kindern, und als die Kleine beinahe bis zu den Ohren Mnsreste im Gesicht sinen hatte, lachte der glückliche Vater-, daß ihm der hnt wackelte. Auch Marianne lachte. Mit dem Kutscher wollte sie fahren wenn er wieder d’ean wäre, das würde ihr Glück bringen. . Vielleicht wird's bei ihr ’mal eben so — erst ein Junge — dann —- — Sie « l l T wurde dunkelroth, wie sie das dachte, und weil die Kutscherfrau so nach ihr hin sah, stürzte sie auf den Omnibus u, um darin Plan zu nehmen. Vor sichtig strich sie das neue Standesamw tleid zurecht und se te sich in die äu ßerfte Ete. um ungestört ihren Gedan ten nachhiingen zu können. Mein Gott — das waren doch gar nicht so schlimme Gedanken eben — — Sieg fried sollte et heißen, wenn sie mal ei nen Jungen betäme —- oder Jngo — oder Jngraban — oder vielleicht fiel ihr dann noch viel was Schöneres ein —- es war ja eigentlich nicht so eilig. — — Der Kutfcher hatte sein Vesperbrot verzehrt und dieFrau packteAlleö sorg lich in den Korb. Er hob das Lotteteni in die Höhe und küßte es herzhast — dem Jungen klopfte er die Rückseite,? der rau niclte er zu, und sich schnell; auf einen hohen Sitzplatz begebend,s sagte er: »Bleib’ nich Uff, Karlint Die Knochen haft Dir beks Waschen mied geschunden —- stell man allens in’n! Ofen, Klock zwelven bin ick z’Haus!« i Kein Händedruck, kein Kuß —- und’ doch innig-s Glück zwischen ihnen! —-4 — Langsam feste sich das schwerfälligei Gefährt in Bewegung und langsams füllte sich der Wagen. Es ist ein trit-; ber Tag mit frühem Abend. Der; Konduiteur zündet schon die Lampe an, reibt sich die Hände und giebt die Fahrtarten aus. ; »Hu Ende," sagt Marianne, streift wieder von der rechte Hand den Hand schuh und zahlt. Es ist ihr letztes »Mädchentaschengeld«. Von morgen ab hat ihr Mann siir sie«und ihre Be dürfnisse zu sorgen! Und weit noch ein paar Mart im Porternonaie stecken, giebt sie dem Konduiteur ein fürstliches Trinkgeld — zehn Pfennig. Der Mann rückt die Mütze mit ei nem »Dann schön, Fräulein,« — da bemertt er den Trauring und verbessert sich lächelnd. Die junge Frau ift glück lich! — Nun giebt es schon so viele Menschen, die sie fiir voll ansehen — die Apfelsinenfrau —- der Kondui teur —— — ,,Titn, Tim,« die »Bimelstrippe« wird gezogen, der Omnibus hält, eine Dame nimmt Marianne gegenüber Platz. Im grauen, unscheinbaren Re genmantel, großen Galoschen. Regen schirm und einem Pack zusammenge schniirter Heftr. Nun hebt sie die lange, spitze Nase und blickt mit Faltenaugen über den goldgesaßten Kneifer. »Fräulein Fint,« denkt Marianne und ein unaussprechliches Wohlgefühl durchzieht sie, daß sie ihrer einftigen Lehrerin, die ihr das Leben so blut sauer gemacht hat, entwachsen ist. War das eine Schreckens-seit da man noch Unter ihrem Joch seufzte, und sich mit französischen Votabeln den armen Kon beschweren mußte! - Mit heimlicher Schadensreude be trachtete Marianne ihr Gegenüber. »Herr Gott« wenn das Alles so ge tomm wäre, wie Fräulein Fint im mer die Zukunft ausgemalt! Deta then stand in deren Lexitoir überhaupt nicht — und lieben war beinahe un moralisch! Armes Fräulein Finli — Die junge Frau würde was drum gegeben haben, wenn die einstige Lehr erin sie erkannt hätte. Sie macht sich an ihrem Schleier zu schaffen, ge braucht häufig das Taschentuch, räu spert sich — Fräulein Fink merkt es nicht. Endlich stößt die junge Frau an der Leherin Regenschirm, daß dieser zu Fall kommt, und nun ist’s so weit. »Pardon, Fräulein Fint, —- ah — Sie erkennen mich wohl gar nicht mehr?« »Nein — wirklich, ich kann mich ab solut nicht erinnern.« »Wissen Sie nicht mehr —- Marian ne Lenz —- aus der ersten Klasse.'· »Ei freilich, — gewiß, gewiß — die Marianne Lenz!'« Die Nasenspitze hebt sich — und die Faltenaugen betrachten prüfend die elegante tleine Frau. »Es geht Ihnen gut —- liebe —- Ma rianne,« sagt das Fräulein herablas send. « »O ja —- sehrl erwiderte Marianne mit Nacht-tust Jhre Augen strahlen in Glück und das kleine, schnippische Näschen blitht sich vor Wohlbehagen. »Ja, ja,« fängt das hagere Fräu lein wieder an —- »das ist nun wohl schon eine ganze Weile her, daß Sie die Schule verlassen?« s »Beinabe zwei Jahre!« »Und gar nicht mehr den Pliitz vor gehabti« Marianne will sich innerlich »krtngeln« vortLachetn »Ich hatte so gar teine Zeit, liebes Fraulein.« »So —- so!« sagte die hagerr. — Nach einer Pause seht sie hinzu: »Da fällt mir ein. die Mädchen aus der Se gin- erzählten, daß Sie sich verlobt tm. « »Ach ia,« antwortete die kleine Ko mödiantin, als spräche man von einem längst Ebenen-denen Standpunkt — Zeus ist aber wohl auch schon sehr lange r.« I Behäbig seht sie sich aus ihrem Eck plah zurecht und legt die Hände ilber einander Der breite Trauring leuch tet ordentlich. - »Sie sind wohl schon gar verheira thet? fragt Fräulein Fint, als fiele sie aus den Wolken. »Ja,« erwiedert die Kleine gelassen —- »l·cingst ——« »Nein, so etwas —- ist’5 zu glau ben!« Fräulein Finl’s Ruhe scheint be droht. » »Wie heißen Sie denn jeht?« fragt sie nach einer Weile. »Frau Doktor Schroeder,« antwor iete sie geläufig. »Woh! gar Familie?« — Der Kleinen Gesicht ist wie in Gluth getaucht. »Herr Gott, hier muß ich ja aussteigen —- schon die Lühow-Straße. —- Adieus, liebes Fräulein —- habe mich unendlich geirrt-W —- Das sei dene Kleid raschelt —- husch ist sie hi naus. Fräulein Finl sieht ihr nach, wie sie ein wenig das elegante Kleid hebt, über den Damm zu kommen —- und dann ist sie in der Ahorn-Straße verschwun den. »Nicht zu glauben,« denli das Fräu lein und bewegt die Lippen. Auch sie verläßt den Wagen und hüllt sich den Kopf schüttelnd, sester in den Mantel. »Die Marianne Len —- so dumm wie die war — aber ich age es ja — im mer gerade die Dümmsten . . . . « J EEE ·«ei«·kkiame15i?is. Aus Lissabon wird kürzlich berichtet Ale ein biederer Schneidermeister die für den Tagesbedars nöthigen Einläuse in der Markthalle »du Figneira« be sorgte, wurde er von einem anständig ge kleideten Herrn angesprochen, der ihn in höflichster Ferni nach der Zeit fragte. Ziehens-würdig wie alle Portugiesen Fremden gegenüber, zog unser Schneider sosort die Uhr ane der Tasche, nin die gewünschte Aneknnst zu geben; aber ebenso schnell waren ihm Uhr nnd Rette ans der Hand und von der Weste ver schwnnden, während der Fremde dem Beispiel derer von »Ban Diogo« folgte, das heißt sich ane- dem Staub machte. Aus das Geschrei des Bestohlenen wurde er jedoch von einer großen Menschen Tnienge verfolgt, so daß ee gelang, ihn Ians dem nahen Rocio dingsest zu ma Echen nnd der Polize! zu übergeben. Aus ldem Polizeirevier waren indess alle Vi Isitationen nachdem Verbleib des Ran bed vergeblich, bis der Verhaftete end llich erklärte, er wolle selbst die Sachen zwieder herbeischaffen "Er trat in die sEingangsthür der Polizeistation nnd Fries einen daselbst zufällig mit einem IKorb mit Fischen vorübergehenden Gal slego (Lohndiener) herbei, ergriff, ehe Ider Gallego es verhindern konnte, eine lgroße Peseadm schlihte derselben mit seinem plötzlich hervor-gezogenen großen IMesser lnnstgerecht den Bauch aus, aus Idessen Höhle er Uhr und Kette unver sehrt hervorzog, indem er sich gleichzeitig sald den Prestigitateur X. ·vorstellte, der demnächst im Real Co yseu zu de biitiren gedenke. Da der »grobe Un ssngiParagrapM hier « glücklicherweise Inoch unbekannt ist, wurde der Künstler Isosort entlassen nnd er setzte seine origi Inelle Nellame fort, indem er unterwegs »das zahlreiche Publikum durch weitere Zaubereien auf's Beste unterhielt. .....—., » . HA Unbegreiflich. Vackfisch (zn einem Professor, des die Einnahme einer Festmg schildert nnd dabei von der Verzweiflung der Gefangenen spricht ): »U n b e g r e i s jl ich —-(— sollte eø denn gar so schrecklich sseity von einem Lieutenant ge jsangen genommen zu we t sden?" . www-Os I Vorder Börse-. »Na, was sagst Du dazu, dasz die course so beängstigend sallen?« ,,Unverschänner Mensch, wie kommen »Sie dazu, zu mir Du u sagen?« s »Bei-neigen Sie sichs Wenn vie JConrse noch weiter so fallen, sind wir doch bald Alle miteinander per-dul« ) --.-.-.» . -.. .........«. s Erfreuliche Kunde. - Junge Frau ( mit ihrem Kleinen vom sSpaziekgang zurückkehrendy »Denk’ JDir, Mann, Bahn hat heute sein erstes ;Wort gesprochen! Wir waren gerade im zoologischen Garten und standen voe idem Drang-Mang, da ties Baby ganz Tlaut nnd deutlich: Papa!« ) -——.-.-.-.-.—...e- .--«.—.·-« sAus einer Vertheidiguugss" r e d e. ». . . .Und dann bitte ich zu berück sichtigen, daß der Angeklagte zur Mit nahtne des silbernen Tischbesteckes förm jlich ausgesotdert wurde, da die Worte ;»Zt;r Erinnerung« daraus graviet wa ren « «