Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, May 08, 1896, Sonntags-Blatt., Image 9

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    VUUUMUN L lan.
Beilage des »Anzeiger Und Herold« zu No. 35- Jahrgang IS.
-- --——-«. .
J. P. Windolph, Herausgehen
Grund Island, thiraskå, dcu s. Mai«1sp896.
Eurikn und anetia.
Von Karl Reuter Kergern
Leise zitternd ruhte das Meer unter
— tropischem Himmel, schimmernd im
Glanze der Sonne, die eben den Zenith
Aber-schritten hatte. Graue Rauchon
tenentslaiterten den Kaminen eines
Dampfe-A an dessen Masten die gelb
Und rot estreiste Flagge Spaniens
wehte. uf der Kommende-drücke stand
der Kapitiith Sennor Ramos de Lar
rinagen Ein grauer Bart urnrahmte
sein sonnverbrannies, hageres Antlitz
mit den scharsmarlirten, energischen
Zügen. Seine schivarzsunlelnden An
gen blickten forschend nach Südwest,
wo aus silberne-m Dunste die dunkel
dlauen Höhen der Jniel Porlo Rico
am horizont sich abzeichnetem
« Aus dem Hinterdecte unter schnitt
enr Sonnensegel ruhte auf einer
Töne-gemalte eine lierrliche Mädchenges
statt, Donner Valeria, die Tochter des
Kapitäns. Wie Lzwei braune Sonnen
leuchteten die von langen Wimpern be
cheiteten Augen aus dem theerosen
arbi en bezaubernd schönen Antlitz.
Dun elglänzende Locken umrahmlen
die reine Stirne und sielen üppig und
schwer iibser Schulter und Busen·
Die schwellenden Purpurlippen waren
ein wenig geöffnet und ließen die per
lenweißen Zähne durchschimmern. Jhr
zierliches Kinderliiindchen hielt einen
kostbaren indischen Fächer.
So schön wie das Mädchen, so häß
lich war ihre Direnna, eine alte Dame,
welche etwa-; entfernt ebenfalls aus ei
ner Hängemaite ruf-te und ichlies.
Glanzlose, mit grau untermischie
chwarze Haarsträhne umgaben das
altige, lederiarbige Gesicht. Ueber der
endlosen Oberlippe zeigte sich der
Schatten eines Schnrrrrbiirlchens. Der
Mund mit den langen Zähnen stand
lb offen, bei jedem schnarchenden
themzuge hob nnd senlie sich der fla
che-Busen «
Donna Valeria wars zuweilen bei ei
nem besonders lauten Schnarcher einen
nnwilligen Blick aus-die Alte, doch war
ge wohl u träge, um sie zu wetten.
räumerrsch glitten ihre Augen dann
wieder über die schimmernden Wogen
u den dunklen Jnsellinien. Plötzlich
ng ihre hand an, mit fieberhafter
Schnelligteit den Fächer zu bewegen.
»ein tiefes Noth sitrbte ihre Wangen und
" in den Augen glornm es dunkel auf.
Ein junger Mann war unten auf
dem Verdeckt neben der Küche erschie
nen. Seine Gestalt war schlank und
doch lriiitig blau und leuchtend wie der
tropische Himmel waren seine Augen.
Goldhraune Haare unitränselten die
hohe, weiße Stirn, ein blondes
Schurrbiirtchen zierte die Oberlippe.
Die breite, weiße Rappe nnd weiße
starke bezeichneten ihn als einen Gehäl
en des Fische-. Langsan schritt er zur
Brüstung und lehnte sich mit dem Nil
elen dagegen. tlnverwandt blickte er zu
dein schönen Mädchen hinüber-.
Donner Vateria handhnhte nach im
mer mit nerdöser Hast den Fächer. Sie
blickte so angestrengt in die Ferne, als
suche sie etwas dort. Aber als ab eine
magnetiiche Krast in den blauen Augen
" e, destete sie ihren Blick langsam, wie
m t innerem Widerstreben, aus den jun
gen Mann. Jn seinen Augen stieg eine
warme Gluth auf und ein siegesgewis
K Lächen umspielte seinen Mund.
- s junge Mädchen gewahrte es. Sie
its sich auf die Lippen« ihre Brauen
sogen sich zornig lzusammen und hastig
wandte sie ilkr Haupt zur Seite.
Der junge Mann ging nach .einer
Weile in seine Kabine nnd tam gleich
mit einer Geige in der Hand wieder
zum Vorschein. Er setzte das Instru
ment an dag stian der Bogen glitt
über die Saiten. gesittet-nd nnd schlich
ternd quellen die ersten Töne hervor,
dann schwellen sie an, immer mächtiger
und reiner, zu einem Strome siiszer
Melodien, die eine wunderbare Spra
che redeten. Seine Augen blickten lange
akt- wte abwesend, in die blaue Ferne.
. lithcich wandte er sein Haupt und be
egnete dein Blick des jungen Mäd
spenT Dieltmal wandte sie ihr Haupt
nicht von ihm weg, wie gebannt hingen
ihre Augen an den seinen. Mächtt er
und leidenschaftlicher wurde sein So el·
nnd was aus den Tönen noth under
stöndlich war, redeten um so deutlicher
die glühenden Blicke.
Der Kapitän hatte anfangs das
Spiel nicht beachtet. Die Töne wur
den aber gleichsam immer aufdring
ltcher, er mußte ihnen lauschen. Dabei
wollte es ihm immer dünken, als ob
nur ein Künstler dem Instrument sol
che Töne zu entladen vermöchte. Zum
erstenmal betrachtete er den jungen
Mann genauer. Hübsch war er; aber
wo hatte er nur diese vornehme Hal
tung her, diese edle Gestalt? Wohin
blickt er denn so seltsam? Zum Hinter
deck —- ah —- da ruht ja seine Tochter!
Der Kapitän zog seine Brauen sin
ster zusammen, ein grimmiges »Garn
cho«' entiuhr seinen Lippen, er lehnte
sich über das Geländer und donnerte:
»Enrico, verfluchter Schlingel"!«
Der junge Mann hielt inne, doch
mehr erstaunt wie erschrocken.
»Hast Du nichts Besseres zu thun,
wie auf dem Seufzerholze herumzu
iwimmerni Rufe mal den »Cocinero!«
j Aus den Rus Enrico’s erschien der
Noch
»Pedro!'« ries der Kapitön streng,
«gieb dem Faullenzer mal etwas zu
Ethun, höre ich ihn noch einmal da
Ehernrnstreichen —- bei St. Jago, dann
; sollst Dis-Z bereuen!"
; Der Koch verbeugte sich und wandte
ssich hastig um, doch der junge Mann
swar mit seinem Instrumente ver
Hschwunden « ---—
Immer deutlicher tauchte das Land
Haus dem silbernen Dunste hervor. Bald
»lies-,en sich schon die Valmenwipfel auf
zden Hügeln unterscheiden An den gril
.nen Abhängen schimmerten weiße
jQuadrate nnd Vierecke, als seien die
Höhen mit weißangestrichenen Kisten
bestreut. Es waren die Häuser von
vSt. Inan, der Hauptstadt Porto
HRnckT
I Jn weitem Bogen lenlte der Dam
vser in die Mündung der Bal. Aus
den grafigen Wällen blintten Kanonen
Irohre, aber lein Mensch war zu sehen,
wie ausgestarben lag die Stadt im hel
len Sonnenscheine da. Erst als der
Dampser die Bat hinaussuhr, änderte
Isich das Bild. Unten am Strande
herrschte ein reges Leben. Hunderte
von Barten mit schneeweißen Segeln
wiegten sich aus den blauen Fluthen
Ungesähraus der Mitte der Bat
wars der Dampser Anler. Nicht lange
dauerte es, da lamen vom Lande
mehrere Boote, welche den Kapitän mit
seiner Tochter und die nicht Dienst ha
benden Ossiziere ausnahmen. Arn
Landungsplatze erwartete Donna Ra
mos de Larrinaga ihren Gemahl nnd
ihre Tochter.
Fiins Tage waren verflossen. Am
folgenden Morgen sollte der Dampser
nach Cuba ausbrechen, um dort seine
Frucht zu vervollständigen
Klar und goldig leuchteten die Zier
ne arn tiesduntlen Himmel. Oesilich
am Horizonte, hinter den Dächern von
San « uan, dessen Hauptstraszen von
zahlreichen Laternen fast taghell ers
leuchtet waren, vertiindete ein sanfter,
goldtger Schein den Ausgang des Voll
mondes. Vorn Meere wehte eine leichte,
tithle Brtse, welche zuweilen von einem
schwületn dustschwangeren Bauch vom
Lande verdrän twurde. Wie einebeev
de Glithwiirnngen Zog es von der Sadt
her iiber die dunllen Fluthen der Bat.
Es waren Kahne, welche ihre Jnsas
sen zu den Lustgarten tru en, welche
sich vom Strande terassens· rmig zu den
Palmenhiigeln emporzogen. Das leise
Plätschern der Wellen gegen den Rumpf
des Dampsers wurde von dem lauten
Lärm, der aus dem Verdecke herrschte,
til-ertönt Hier wurde hastig geredet,
dort gelacht und gesungen, dazwischen
ertönte das nnharmonische Zusammen
spiel von drei Zielzharmonitas.
An die Brüstung des Schtsseö lehnte
Eurin und blickte in die Dunkelheit hi
naus. Jn der Hand hielt er eine Rei
setasche und ein Futteral, welches seine
Geige barg. Endlich tönten Ruder
schlkige an sein -Lt)r, bald blinlte aus
der Fluth am Schiffrumpse ein Later
nenschiinmer aus«
»Alle5 in Ordnung?« ries er ge
dänrpst hinunter.
»Si. Sennor!« tlang es heraus.
Rasch liest Enrico «an’ einer bereit
ehaltenen Schnur sein Gepöct hinab,
chwang sich über das Geländer und
stieg die zum Wasserspiegel führende
s
ctrickleiter hinunter m den Kahn, des
sen Führer, der die Laterne wieder ver
hüllt hatte, leise abstieß und dem Lan
de uruderte
ån einem stillen Theile der Anlagen
aus einem mit blaugrauen Muscheln
bestreuten Pfad, der hell im Mondlicht
schimmerte, das zwischen den seh-lauten
Stämmen hoher Palmen hindurchsiel
wandelten einsam zweiFrauengestalten,
Donna Valeria und ihre Duenna, wel-1
che einige Schritte zurückgeblieben war.
»Mein Kind.« sprach stehen bleibend
«die letztere, »wie weit wollen wir denn
noch gehen? Laß uns zurückkehren,
Deine Eltern werden sich beunruhigen
und was wird Sennor Sastro denken ?"
Das Mädchen wandte sich um und
erwiderte in gereiztem Tone »Es-den des
halb —- um diesen widerwiirtigen Sen
nor Saftro mit seinem ewigen, geden
hasten, widerlichen Lächeln nicht zu
sehen deshalb eben bekam ich Kopf
schnierzen in der schwülen Rotunde und
maßte sort —- verstehst Du mich Ani
tar« -
»Aber mein Liebling —- Sennor
Sastro ist ein liebenswürdiger junger
Mann, ein Gentilhombre, ein guter
Freund Deines Vaters und reich; Sen
nor Sastro hat —«
»Sei-weich schon der Name ist mir
verhaßt. Siehst Du die Lauben dort
unten? Dort will ich mich ausruhen,
bleib Du hier oben, ich will allein seini«
Langsam schritt das Mädchen zu der
von Blüthengebiischen eingefaßten Ter
.rasse hinunter und ließ sich aus eine
ERuhebant nieder. Das-Haupt ein we
znig zuriickgelehnt, überließ sie sich dem
Zauber der herrlichen Mondnachi.
Traumhast leise drang das Rau
s;chen des Meeres herüber, dessen silber
jdijmmerige jyläche sich ferne in nächt
- liche Schatten verlor. Gegen den hellen
Kreis, den der Vollmond am Horizonte
bildete, erhoben sich wie dunkelbane
« Silhouetten die Dächer von Saanan.
ELautlos, und wieSternenfunten schim
niernd, schwebten zahllose Leuchtkäferl
um das blühende Buschwert. Aber
in den Wipseln der Palmen, in dem
mächtiqen Blattwerl der Bananen und
jden Agaven ertönte ein tausendfaches
Schwirren und Zirpen nnd Zwitschern,
zuweilen wie einschlafend Unter dem
betäubend süßen Duste, welcher der un
z ter den Gluthen einer tropiichen Sonne
entstandenen üppigen Blumenwelt ent- «
strömte. I
i
«
t Plötzlich beugte Baleria lauschend
jihr Haupt vor. Jhr war, als hätte sie;
therannahende Schritte vernommen. Jm i
ZMondlichte tauchte die Gestalt eines-E
lMannen auf. Sie sprang empor und?
ztvollte eben ihre Duenna rufen, als der,
HMann eine bittende Geberde — inachle,;
Hund im nächsten Augenblicke erlanntez
; sie Enrico. ·
i Wie vor Schreck gelähmt sant sie ans
Fihren Sis zurück und preßte ihre HandH
aufs Herz, um das heilige Poch-en zuj
sdömpsem Ehe sie es hindern tonntr.s
Ilna der junge Mann vor ihr aus seineni
ilinieen.
I »O verzeiht dem Kühnen, edle Don
lna,« slüsterte er, »aber ich lonnte nicht
Zaubers. Mit Zaubergervalt zog es mich
Eurer Spur nach, ich mußte Euch wie- !
-dersehen, in Euer himmlisches Antlitzj
Hschauen und dann —»-— dann will ichs
saerne sterben. Vorher aber muß ich Dir .
lsagen o Vaterla, wie ich Dich liebe, wies
Liede Iaser meines Herens in Seligkeits
«erzittert unter dem Strahle Deiner Au- «
gn. wie ich dürste nach einem Laut von
« einen süßen Lippen, ---—- Vateria, Du s
(
bist meine Sonne, mein Himmel und -- —
mein Schicksal!« - ;
Wie betäubt von der Guth der Lei- »
denschast, die aus seinen Worten zit ;
terte, aus seinen jetzt dnntlen Augenf
leuchtete, saß Valeria unbeweglich, toiet
gebannt, ihre Blicke in die seinen ver-— J
senlt. I
»Wie sannst Du es wagen s» ?« flü
sterte sie endlich.
»Du willst sagen,« entgegnete er leis
"denschastlich- »wir dars der gewöhnliche
Gehülse des Cocinero es wagen, seine
Augen zur Tochter seines Kapiiäng zu
erheben? O Baleria —- bliett nicht der
gewöhnliche Sklave empor zur strale
lenden Sonne? Betet nicht der ärmsle
Sünder zur hehren Madonna?« Seine
Stimme tlang unendlich weich.
Eine feuchte Gluth trat in ihreAugen.
»Geh' Enrico —- geh' —« sliisterte sie.
Dabei legte sie ihre band auf sein lo
ciiges Haupt und er fühlte wie sie bebte. I
Er preßte die fchlanken Finger an
seine Lippen schlang seine Arme um die
zitternde Gestalt, zog sie an seine Bruft !
und bedeckte ihr Antlitz mit glühenden
Küssen. Kein Wort kam über ihre Lip
pen, nur ein leiser Seufzer, und dann
erwiderte fie, überwiiltigt von ihren
Gefühlen, feine Küsse.
,,Valeria, mein Kind, wo bleibst Du
denn?s«
Die Stimme der Duenna weckte die
Liebenden aus ihrem seligen Taumel.
»Ich höre sie kommen —- ich muß
fort!« fiifterte Baleria ängstlich
»Ein Wort noch Geliebte — darf ich
wiederkommen morgen Abend zur sel
ben Stunde, nach dieser Stätte? Darf
ich Valeria?«
,,Ja!« hauchte sie.
Noch einmal preßte er sie stürmifch an
seine Brust, und eilte dann leise fort im
Schatten der Blüthenbiische.
»Mir war doch als hätte ich Jemand
reden hören,« f prach die Duenna, welche
heruntergetommmen war.
»Du haft wohl geträumt, Anita —
ich summte die Melodie eines Liedes,
welches mir gerade einfieL Ties ift ein
wunderschöner Platz, morgen kommen
wir wieder her. —- Doch jetzt wollen wir
zu den Eltern zurückkehren!«
Wieder überfluthete das goldene
Mondlicht die herrliche Jnfel. Auf
derselben Bank wie am Abend vorher,
faß die fchöne Tochter des Kapitäns.
Heute aber hatte sie keine Augen für den
Zauber ihrer Umgebung. Sehnsucht-s
ooll bidte sie nach der Richtung, von
woher derjenige kommen mußte, der mit
unwiderstehlicher Gewalt ihr ganzes
Denken und Empfinden gefangen ge ·
nommen hatte Da ——— ein dunkler
Schatten ---— er war’ s. Als er aber vorz
ihr stand, zweifelte sie fast daran, daß
er es fei. Das war nicht der einfacheI
Arbeiter, das war in Kleidung und
Haltung ein Kavalier An feiner Hand
funkelte ein Diamant
Mit einer ritterlichen Verbeugung
zog er feinen breitrandigen Sombrerox
vom Haupte, und sie blickte in fein
lächelnch strahlen-es Antig. i
»Enrico!« flüsterte sie halb fragend !
halb jubelnd Er küßte sie zärtlich undi
sprach: »Ich bin s mein siiszes Lieb!«s
Dann zog er sie sanst an seine SeiteE
auf die Bank nieder und fuhr sort:
»Jetzt höre mich an mein Engel, ich mußi
ein Betenntniß ablegen, ich habe Dich]
betrogen Erschrick nicht, mein holdes
Kind, ich hoffe, Du wirst rnir verzeihen
Jch bin nicht derjenige, fiir den Du?
mich gehalten hast —- mein Name ist »
lfnriro de CarvajaL mein Vater ist ei
ner der reichsten Plantaaenbesitzer von
Lsuba, und ich bin sein einziaer Sohn.
Jiun höre weiter. Geschäfte halber weil-«
ie ich in Liverpool Eines Sonntain
stand ich müßig ain Geländer der Nel
sonsäule, als in der gearniiberliegenden
3t. Andreas Kirche eben der Gottes- z
oiensi beendet war. Langsam ivoate ders
Strom der Andächtigen an mir vor- i
liber. Plötzlich siel mein Auge aus eine
herrliche Mädchengestalt Sie blickte
gradaus in die Ferne, aber mir war es,
ils schlüge ein warmer Blitz aus diesen
Augen in mein herz. Der Strom ver
schlang sie, ehe ich noch wußte wie mir
geschehen war. Bald aber spürte ich,
daß jenes holde Wesen den Frieden
meines Herzens mit sich genommen
hatte. Zwei Tage lang suchte ich ver
nebens, am dritten hatte ich das arosze
Mück, sie wieder zu sehen. Jch folgte ihr
nnd ihrer Begleiterin zur Kirche.
Während ihre himmlichen Augen
fromm zum Bilde der Madonna em
porblicltern hingen meine Blicke an ihr,
der Göttin meines Herzens. Jch folgte
ihr nach zu ihrer Wohin-na, und er
fuhr, sie sei die Tochter des- Sennor Ra
nios de Larrinaga, den mein Vater sei
nen größten Feind nennt. Als Sohn
meines Vaters durfte ich mich ihm nicht
nahen, und so ersann ich jenen Plan,
site den ich den Koch durch ein Gold
siiier gewann, und der es mir ermöglich
te, Dich täglich zu sehen nnd in Deiner
himmlischen Nähe zu athmen. Zu
gleich wurde mir dadurch die selige Ge
wißheit, dasz Du mich liebst und um
meiner selbst willen. Du bist mein siir
ewig — mögen unsere Väter sich has
sen, uns kann ihr Haß nie mehr tren
nen. Sind wir uns nicht Alles? Sind
wir uns nicht Vater und Mutter und
Heiinath?«
Statt aller Antwort schang sie ihre
Arme um seinen Nacken und preßte ihr
Haupt an seine Brust.
Erhaben tönte das ferne Rauschen
des Meeres-. Mit leisem Flüstern er
zählten sich die Wipsel der Palmen ge-j
heimnißvolle Märchen, denen diej
Leuchtkäfer in heller Bewunderung
lauschten. Ein sanfter Windhauch
spielte mit den süßen Dustwellen derj
Blüthen. Die alte Duenna saß, das-,
Haupt geaen ein dichtes Netz blühen-;
der Schlinggewächse gelehnt, auf einer
Bank Sie sah und hörte nichts vont
allem, sie war eingeschlafen, und
schnarchte
Die staninchcnplagc iu Austra
ticn.
s"O—--«s---— !
Die Kaninchenplage in Australienl
wird mit der Zeit immer unabwend
barer; Bk Millionen Menschen sind in
ihrer wirthfchaftlichen Existenz durch
die Nager bedroht. Keine Maßregel·
hat bisher wirksam der Vermehrung
der Thiere Einhalt thun können Neu
Süd- Wales hat über 3000 Kaninchen
jäger angestellt, die ein wahres Ge
metzel unter den Thieren anrichten —
mancher Jäger verdient die Woche 60
Dollars — —- Alles ohne rechten Erfolg.
Die Fluth der Kaninchen steigt immer
mehr. Vergebens hat die Regierung
einen Preis von 100,000 Dollars für
ein Mitttel ausgeboten, mit dem man
in absehbarer Zeit der Plage Herr wer
den tönnte; mehr als 2000 Vorschlä
ge sind darauf eingegangen, aber«
brauchbar war keiner. Was den Kampf
gegen das- gegenwärtige ausrialische
Kaninehen so schwierig rnachi,siii, dasz
diese Thiere sich den Lebensbedingun
gen, unter denen sie leben muss-Im voll
kommen angepaßt haben. Wenn bei
einer Diirre jedes andere Thier vor
Hunger und Durst zu Grunde geht,
dann gedeiht noch Dis Fianinchem
Fehlt das Gras, so wird esj zum Klei
terer, und man hat in manchen Gegen-(
den Bäume getroffen, deren Rinde bi52
8 Fuß vorn Boden ringsum abgenagt!
war. Die Zoologen behaupten sogar-J
daß durch diese Kletteriibungen ihrei
Vorderbeine länger und die ZehensteH
lung anders geworden sei, als bei an-I
deren KaninchemMan hat zu seinerBe
kämpfung seine natürlichen Feinde,
Marder, Frettchen und Jltisse einge
siihrtz diese Thiere scheinen sich dort
auch einzulebem aber bei der fabel
haften Vermehrung der Kaninchen er
schöpft sich ihr Appetit. Selbst Gifti
hat das-; Vor-dringen nicht hinanbalteni
lönnen otwolil sie dadurch so zahlreichj
getödtet wurden, daß stellenweise:
der Boden mit Zianinchen wie besäetj
ist. ;
Der Schaden, den allein Sudaustra
lieu unter dieser Plage erleidet, wird
alljährlich auf lt Millionen Dollarås
qeschiitzt Große Strecken hol-Druman
ten Landez haben vor den beanincheni
einfach geräumt werden müssen; allein I
in Viktoria sind 38 Millionen Acres
unter dieser Plage verödet. Jnfolge der
Prämien, die das Land für die Erleg
ung den Kaninchen zahlt, wird ihnen
mörderisch nachgestellt, so z.B. hat Neu
Süd-Wales in einem einzigen Jahre
27 Millionen Felle gekauft, und um
den Fang noch mehr zu ermuthigen,
und um die großen Kosten etwas zu
oerbilligen, hat man das Kaninchen fiir
Jndustrieioeete nutzbar zu machen ge
sucht. Man sieht jetzt schon australische
Kaninchen in Form von Pasteten, in
Conserven u. s. w. auf dem englischen
Markt; australische Kaninehenselle
sind ein starker Ausfuhr-Artikel. Jn
großartig angelegten Werkstätten wer
den sie zu Filhiiten verarbeitet, eine
einzige Fabrik stellt jährlich mehr als
Ft7s),()l)() her. Aber alle diese Maßregeln
richten immer noch so gut wie gar
nichts gegen die Plage aus«
Auch durch mechanische Mittel lat
man ihr Vordringen hemmen wollen,
indem man die von Kaninchen bereits
besetzten Gegenden durch ausgedehnte
Drahtzäune gegen die noch freien ab
sperrte. An der Grenze von Dimens
land erhebt sich ein Zaun von 400 Mei
len Länge, ein anderer, 326 Meilen
lang, soll den Westen von Neu-Süd
Wales schützen. Queensland selbst ist
im Augenblick damit beschäftigt, sich
durch eine Mauer gegen die Kaninchen
Neu-Süd-Wales’ einzulegen. Es gieb
in Australien im Ganzen mindestens
18,500 Meilen Schutzzäune gegen die
Kaninchen. Aber auch das hilft sehr
wenig; denn wie sind Zerstörungen in
Schutzwehren von solcher Länge zu
vermeiden! Das schnelle Steigen der
Flüsse zerstört sie oder wo das Wasser
sie nicht durchbrechen kann, stauen sich
die massenhaft ertrunkenen Kaninchere
vor dem Wehr aus, deren Leiber dann
den Ueberlebenden als Sprungbrett
dienen. Die großen Drahtzäune nähen
also nur fiir einige Zeit, und man hat
deshalb vorgeschlagen, das ganze Land
durch Gitterwerk in ein Netz von Be
zirken einzutheilen, um so den Feind zu
zersplittern und ihn in seinen einzelnen
Haufen zu vernichten; aber es glaubt
so recht Niemand daran, daß dieses
Mittel mit der Plage aufräumen wird
Die einzige Hoffnung auf endliche Be
freiung liegt bei den Bakteriologen;
eine verheerende Seuche unter denThie
ren, und die Plage wäre vielleicht mit
einem Schlage gehoben. Leider aber
haben sich bisher die für zahme Kanin
chen verderblichen Krankheiten den wil
den australischen gegenüber als ganz
unschädlich erwiesen.
Ein anderes Beispiel für die un e
heure Vermehrungsfähigleit man e
Thiere liefert Sable Jsland, eine 20
englische Meilen lange und eine Meile
breite einsame Jnsel an der Küste von
Neu-Schottland. Jm Jahre 1700
hatte die Jnsel noch die doppelte Größe,
aber durch den unausgesetzen Anprall
der Wogen hat sie zusehends an Aus
dehnung abgenommen. Jhre Geschichte
wie sie G. Patterson in der ,,Ror)al So
eieth of Canada« beschreibt, liefert zie
gleich ein anschauliches Bild von den
Gefahren, welche die wahllose Einführ
ung neuer Thiere in einen fremden Erd
theil für die Kultur desselben mit sich
bringen kann. Auf diese Jnsel wur
den nun zuerstenglischeKannincheneim
geführt, die bald die ganze Jnsel ein
nahmen. Sie wurden von Ratten
vertrieben, die von irgend einem Schiffe
an’s Land gekommen waren. Die Rat
tenplage wurde bald so ernst, daß die
Regierung von NeusSchottland Katzen
ansetzen ließ, um der Ratten Meister zu
werden. Nun tödteten die Katzen zwar
alle Ratten, aber sie vermehrten sich
bald darauf selbst in einem Maße, daß
schließlich mit Hunden und Pulver und
Blei gegen sie vorgegangen werden
mußte. Nun waren freilich die Katzen
wieder eingeschränkt, aber es fand bald
darauf eine neue Einführung von Ka
ninchen statt und diese vermehrten sich
abermals iu’5 Ungeheuerlichk. Jetzt
fanden sich aber Schnee-Eulen ein, die
der Vermehrung derselben schließlich ei
ne isirenze setzten. Diese Thalsachen sind
ein weiterer Beitrag zu der Frage wel
chen Schaden in einer schwach benedei
ten Gegend die uniilserlegte Einführung
anderswo sehr niitzlicher oder wenig
sten-J nicht schadlicher Thiere durch ihre
schranlenlose Vermehrung, wenn man
nicht zu gleicher Zeit in einem entspre
chenden Berl«iiltiiif; ihre Feinde rnit
einfiibrt, zufügen kann.
Holzkohlc als Mittel gegen Ver
giftung.
Da die stohle alle Metallsalze an sich
zieht, so sollte man Speisen, wo eine
Metalloergtstnng mehr oder weniger zu
befürchten ist, zum Beispiel bei allem
sauer ringt-machten Fleisch, bei in metal
letxen Gefäszen gekochten Getnitfen, Stip
pen n. s. w. steth etwas seohle mitko
eben lassen. Selbst beim Loche-n der
Milchtoäre dies anzumthesh da diese
oft aus knofetnen Gefäße-l tKupfer ge
lost hat. Auch bei lbnknchen Vergiftun
gen mochte eine Gabe stoblenpnlber in
vielen Fällen dag- beste Wes-eingangs
tnittel des tisiftesz abgeben. Hat jemand
betanbende Gifte ais: Bitsenirant, Bel
1adonna, Sclsierlttig, Ottndstelersilie,
EtettmofeL Zeitlose, Schwäninie oder
Pilze genossen, so Innsz man ilsn durch
lantoutnteg Wasser, worin ungesctlzeue
Butter anfgetost ist, oder Milch, Oel,
Oonigioasfer oder Gerstetnuafier zu star
tein Erbrechen zn btingen suchen. Er
ntnsz von diesen- in so großer Menge ge
nieszen, bis er sich vor Esel erbricht und
das Gift mit auswith Jst dies gesche
hen. so giebt man ihm sofort Kasse mit
Essig nnd hält halt sich an den Rath des
Arztes. -