W Zwischenpausenz ohaiina blieb reg nngploi, um das E n chlafen des Kin des nicht zn stören. ach einer Weile rauschte ein seidenes Gewand; ihre Stiefmutter toar in das anstoßende Untleidezimmer getreten. Gleich da rauf trat auch der Vater ein. .I möchte ein Wort mit dir spre chen, lene,'« sagte er, indem er mit ten im Zimmer stehen blieb. »Ich höret« gab sie zur Antwort, ohne sich umzutedem und hr sori, Schmuck und Schleifen adzu e en. Er fing an, im Zimmer au und ab u gehen. Johanna schlugddas Herz; sie wußte. wie ihn helene urch solche Gleichgiliigteit reizte. »Du hast mich in eine seltsame Lage gebracht,·' begann er nach einer Pause in leisem, dumpf grollendem Tone, »Wäher ich dir für die Geburtstags feier zu danken hätte, sehe ich mich ge nöthi t, dir mit aller Entschiedenheit zu wederbolen, daß so luxiöse Feste nicht mehr stattfinden dürfen. Wir fReiten so tief in Schulden . . .« »Lieber Roderich,« fiel sie ihm in’s Wort. »ein Gaftspiel und Alles ist ge ordnet.« - »Nun, Helene, mit Zukunftsleistun gen darf ich nicht rechnen,« gab er zur Antwort. »Du weißt, ich habe diesen Sommer lein Gastspiel annehmen tön nen, und fiihle mich noch immer nicht wohl. Vor Allem finde ich’s angehö Zieg sich ohne Noth Sorgen aufzubiip li.« s »Und ich sind-: es- nngehörig, klein lich, devrimirend immer zu rechnen!« rief Helene. »Ohne freie Bewegung muß der Künstler deri«iimniern.« »Die eben will ich unk- zu erkalten suchen.« sagte Roderich ernst. »Auf dein und Eommerzienratb Schmidt’s Unab liifsiaes Drangen bade ich. wie du weißt, vergangene-H Jahr unser ganzes Vermögen im Liörieniviel gewagt Und verloren. So haben wir denn unsere Existenz von Neuem auszubauen Und müssen uns darnach einschränken Al so, liebe Helene. keine glänzenden Ge sellschaften nicht« Sie zuckte ungeduldig die Achseln »Liebe: Roderich die heutige Gesell schaft isi meine sZache.« sagte sie: »in mein Gediirigiagggeichent fiir dich . .« ,,-iiind, du kannst nicht rechnen,« iiel er ein; «deine Gage genügt taum siir deine Ga rderobe.'« «Schlirnm aenua!" ries Helene »Hättest du nicht schon längst deinen Einfluß anwenden können. mir eine aliinzendere Stellung zu erzwingen? Statt dessen nimmst du Partei gegen mich siir diese Kranberg.« »Das thue ich nicht,« antwortete er; »ich habe gestern dem Direktor geschrie ben, ich würde mein hiesiges Engages ment nur unter der Vedinaung erneu ern, daß du keine deiner Rollen an die Kronberg verlierst.« Helene slog an feinen Hals. »Das hast du aethan· du tkinziger!" riei sie first-lockend »Du weißt nicht, was du mir damit aiehst . . sie wallten mich glauben machen, du interessirst dich jiir die Rrondcrg.« " ,,Helne!·' sagte er vorwurfszvolL ,,feit ich dich kenne-, gibt es- siir mich nur ein Weib aus Erden." Das Wort that Johanna weh; sie wallte sich losmachen, fortgehen, aber schlasttunten streckte Lisbetb den Arm iiber sie aus und hielt sie sest. Oelene hatte Roderich’s Arm genom rnen und ging mit ihm aus und nieder Sie hatt-e das Spinenileid abaeleat und sah in dein enaanliegenden blaßblauen Unterlleide mit den nackten Schuttern und Armen wunderbar schön aus. »Warum bist du immer so unzu frieden mit mir, du böser Mann?'« saate sie und blickte mit iieaesqetvissem Lächeln zu ihm auf. .J«ch lebe ja nur siir dich, richte mich aani nach deinen Wünschen. Wie habe ich mich einge schränkt; sogar die Kammerjungser habe ich entlassen und begnüge mich mit Johann-« handreichunaen.« »Sie scheint freilich zu nichts An derem zu taugenf erwiderte er. »Wie jämmerlich hat sie die tleine Rolle ab qearbeitetsp .du hättest sie ihr nicht lassen sollen-" »Was lannte ich thun i« sragtc hei lene »Sie bestand daraus. den Ver such zu machen, und ich als Stiefmut ter . . Arme Johanna!« siel Roderich ein« »talentlos wie ihre Mutter und häßlich wie tch!« »D. Roderich du! Ter herrlichste Egmont, der bezauberndfxe Leiceftee!« »Und doch ein bäsklicizes Menschen bist-P faate et mit dem ihm eigenen humoristisch-n Auftenchtm das auch M häßliches Gesicht schön gemacht hätte- »Was Ihr an mir bewundert, kommt nur von Jnnen heraus-« es scheint da eine Flamme zu sein. die al lerhaktd interessante Streiflichtee spie len läßt. Der atmen Johanna ist sie versam, nnd dann —- du siehst es ja. die Grazien sind autoebliebem das größte Unglück für eine Frau, Wie hast du dagegen diese beste aller Gaben auf dein Töchtetchen übertrang« Er iiisite ihr die hand. Johanna ielt es nicht liinger aus; mit einer ha igen Bewe un löste sie sich aus den rmen der chla enden Schwester, läß te sie leise auf die Stirn und huschte zur Thiir hinaus, den Corridor ent lang, an dessen Ende ihr Könimerchen ag. Tastend fand sie den Stuhl am Fen ster, sant darauf nieder und ftarrte in die Finsterniß hinaus. Wie hoffnungs reich und fröhlich hatte fie sieh vor weni en Stunden in diesem Zimmer ge schmückt, und wie arm, wie entmuthigt tarn sie ietzt wieder. «Talentlos wie ihre Mutter und häßlich wie ich,« hörte sie eine Stimme sagen, der sie Alles un bedin t glaubte, und dann wieder: »die Gras en sind ausgebliebens das größte Unglück für eine Frau.« — Eine Bit terkeit, die sie nie zuvor empfunden hatte, ftieg in ihr auf. Was hatte sie gethan, um vornherein enterbt, des An spruchs auf Glück und Liede verlustig zu fein? Plötzlich trieb ihr ein freudiges Er ,fchrecken das Blut zum Herzen. Es lwar nicht fo, sie war nicht enterbt! Nicht viel iiber vierundzwanzig Stun den wirren vergangen, seit der wahr ’heitsliebendsie Mann der Welt ihr ge standen: »Du warst mein Ideal; häß ;lich und anmuthslos wie du bist. habe sieh in dir die Vertörperuna alles Lie Ebene-werthen gefehen.« Daß er es jetzt nicht mehr sah » Jrrthuml Mißver iständnile Sie wollte ihm beweisen, zdafk ihr nichts verlor-n geaanaen war. zdafz sie die Liebe von ehemals noch heute Jverdientr. · ; Warum sollte sie das-! Sie liebte ELudwia ja nicht. Nein, nein, sie liebte silin nichts Nur als Geqenfaiz zu des TVaters arauiamem Ausspruch that ilir Ffein gefiriaes Geständnis-, io wohl, und das ungestiinie Sei-lauen ihres Herzen-s Zwar nur eine Folkre der (.5indrijele, die Hseit einigen Stunden auf sie einge - stürmt. j Hätte sie nur das lkine niclxst erlebt; sDies Dafteixcn und nicht Herrin ihrer Jstilieder fein; dies- erecbenirsollen nnd nicht iönnen, wie sie’5 wollte; dies An ltarren al1’ der unnnciksichtiaen Aus-en, dies Empfinden der allgemeinen Ge stingichätzuna »Talentlo.-k wie ihre iMutter und häsilich wie ich,« klang es Uhr-wieder im Ohre. » Dis lllllulc Dis qllalcllllm Mcslllllcn abschiitteln, stand auf, zündete Licht an und sah einen Bries aus ihrem Tische liegen. »Von Ludwig«, dachte sie und sie hatte sich nicht aetiiuschtx seine gro ßen, eckigen Buchstaben sahen ihr von dem Coudert entgegen und bedeckten drei Seiten des ersten Briesboges, der mehrere andere umschloß. Johanna setzte sich an den Tisch, zog das Licht heran und las: »Liebe Johanna! Der einlieaende Brief, den meine Mutter im Nachlaß deiner Mutter aeiunden bat, befand sich in eineni Päckcbem das mir die theitre Geschiedene in ihrer letzten Krantheit schickte. Sie schrieb mir dazu, ich möae iiber den Brief nach bestem Ermessen deriiiaenz sie hätte sich nicht entschließen tönnen, dir das Gliict des Zusammen ieins mit dem lartgentbehrten Vater zu stören. »Nun könnte ich sagen. daß mich bis her dieselbe Rücksicht gehindert hat, dir den Wunsch deiner sterbenden Mutter mitzutheilen: aber aufrichtig wie ges aen mich selbst will ich auch gean dich sein. Ich hielt den Brief zurück, weil ich glaubte. dich ohne ihn anr- Verhält nissen losmachen zu liinnen, die deiner unwtirdig sind. Jch glaubte, ein Wort von mir müßte aeniigen, dich in des-; hauö zurückzuführen. das so lange dei ne Heimath war; ich scheute mich wohl auch seig, und egoistisch, wie uns Her zenswiinsche machen. neue Schranlen zwischen dir, der Enkelin der Dönnina hausen und deinen alten Freunden aus zubauen. »Jetzt aber habe ich mich überzettat, daß die alten Freunde den neuen. ver derblichen Eindriicten, die dich umrin aen, nicht newachsen sind —«— so niöae denn die Stimme aus dem Grabe zu dir reden. »Wenn du ihr folaen willst nnd du bedasrsit meiner Feder oder meines ver ssnlichen BeistandeQ so dersiige über mich. Diesen Winter bleibe »ich im Han se des Vaters, wo ich eine wissenschaft liche Arbeit zu vollenden aedente. «Zweinial war ich im Lanse des heu tigen Tages an deiner Thür, aber ich bin wieder umaetehrt. Was sollte uns ein Wiedersehen aus diesem Boden nützen? Der Freund, der mich bis ietzt hier zttriirlaehalten hat« fährt in einer Stunde mit mir. Lebe wohl Und lasse bald von dir hören. L· W.« ..,-. —. . -( «. - - Wie tsäslutt weyte es Johanna ans diesen Zeilen entgegen. Es gestört ein erfahrenes Herz dazu, aus erzwunaes net Kälte die warme Empfindung her aus zu fühlen. Mit zögernder Hand ariss sie nach dem Brief der Mutter-. Was konnte sie, die immer Sanft-, Lie bevvlle« so Schweres von der Tochter set-langem daß sich die Pflegemutter F l gesehn-D es ihr zu sagen? —. Aber nun erblickte Johanna die feinen Schrift ziige, deren Unsicherheit verrieth, wie todesmatt die band gewesen« die sie schrieb. Die rührende Gestalt der hin fterbenden Mutter stieg vor ihr auf nnd mit wachsender Bewegung los sie die folgenden Blätter, in denen sie gleich sam den krankhaften beschleunigten Herzschlag den fieberheißen Puls der armen Kranken fühlte. ,.Lindenbad, den 19. August 1864. »Liebe Louise! Vor wenigen Stun den biit du von mir gegangen und nach wenigen Stunden wirst du, Treue, wie derkommen, um zu fragen, wie die Nacht vergangen ist. Ach Lonifet sie fängt fo qualvoll an mit erftickendem Herztlopfen und irrenden Gedanken, daß ich mich fast vor mir ielbst zu dir islijchth wie der Glänbige zum Gnaden Ibitdr. ! »Wenn ich anfangs geneigt war, nur Jden Zufall zu preisen, der mich in der JGattin des hiesigen Badearztes die Pensionsfrenndin wiederfinden ließ, halte ich bald gelernt, die gütige Schick ung zu segnen, die mich dir zugeführt bat, du einzige Gute! Wie hast du mich in diesen Krankheits-tagen ermuthigt nnd erquickt, ohne dich wären sie trost log gewesen. »Trosilos nach jeder Richtung, liebe Louiie, denn zu sagen brauche ich dir es jtctnns., meine Seele leidet noch met-r als Idee tiniterdende Körper, weil in ihr jtein Hiniterbem keine Todessehnsucbt List. Tiitstend nach Glück nnd Liebe jtlnmmett sich die arme Seele an das JLebm die sebninchiszheißen Blicke den TTanen zugewendet, die auf immer da hin sind. s ,,;.-so srooerrch wohl mitteio runne iwenn er wüßte, wie Alles in mir leben Hdig geblieben ist? Jedes Wort, das er ;geiaqt, jeder Ton, in dem er gespro zchenZ Ach Louiie, Throne und Al Itäre könnten diese Worte, Wiese Töne aufbauen, nnd die glückselige Krea tur, für die sie es thaten, fübite iich als Herrscherin, als Göttin —- er machte sie dazu. »an ersten Moment an war ich ihm svetfallenz ich war mit den Eltern in Berlin, er gaftirte dort. Als »Tasso« Jiah ich ihn zuerst und dann im Ball iaale bei dein französischen Gesandten Er ließ sich mit vorstellen; zitternd stand ich da, nnd als er nur die Hand ausfindig war ich seine Sclavin fiir Lebenszeit Von Wollen nnd Können war siir mich nicht mehr die Rede, nur von Müssen, seligem Müssen. Alles aab ich auf um ieinetwillem Vater hanå, Eltern, Brüder, Familie, Rang und Neichtbnm. Er war noch Anfän ger in feiner Kunst; meine Beatifter ung, meine Hingebung fchmeichelten ihm, mein Versiiindniß befeuerte feinen Genins, meine Schönheit berauschte ieine Sinne..Ja, es hat Jahre gegeben, in denen er glücklich war durch mich, in denen ich sein Herz, seine Phantasie er lfiilite . . . ,,T«-as3 man doch zu seiner Qual Lsiimmer es dergisitl" »Im ersten Jahre unserer Ehe wurde Johanna geboren. Jch hatte ihre HI burt den Eltern angezeigt nnd bofsk.;««-« von der Mutter wenigstens —--- ans ein freundliches Watt. Statt dessen brach te die Zeitung die Nachricht ihres To des. Zwei Jahre später schenkte mir der Himmel einen Sohn, aber er lebte nur wenige Stunden, und monatelang war mein Leben in Gefahr und jahre lang blieb ich an das Krankenzimmer gefesselt. Das war der Anfang meines Ungliiclst Roderich war noch so jung; mit dreiundzwanzig Jahren hatte er mich geheirathet; er brauchte Verma ung und Heiterkeit als Gegengewicht fiir sein anstrengendes Studiren. Wie ost, wenn er von einem neuen Erfolge durchglüht in mein Kranlenzimmer kam, mir Antheil an seiner Freude zu geben, wurde er vom Arzt oder der Wiirterin um Ruhe fiir mich gebeten. Auf den Zehen sollte er gehen, mit hal ber Stimme sprechen, im Halbduntel sitzen —-- das ertrug er nicht! — er ging und ich blieb allein —- immer länger, immer selbstverständlicher« »Den 22. August. »Ich tonnte nicht weiter schreiben der Herzlratnps warf mich fiir ein paar Tage nieder, in denen du liebe Louise, wie bisher meine beste Hilfe gewesen bist. Mögen diese Zeilen dir noch dafür danten, wenn mein Mund es nicht mehr tann. »Ich weis-» daß es mit mir Zu Ende geht« und mit welcher Verzweiflung ich dies ansdenle, können Worte nicht sa aen. Ver-schwinden —- vergessen sein Anderen lassen, »was mein einst toar!« ,,.iber ich wollte ja nicht mehr von mir selber sprechen. Meine letzten Sorgen nnd Wünsche müssen der ar-: men Johanna gehören, die sobald ver maist sein wird Louife, wenn es mög lich nimm dich des Kindes an. Jeh werde Roderich in diesen Tagen schrei ben, ihn bitten, Johanna hier in der Nähe in Pension zu schicken. Dann gib du ihr in deinem hause die Herzens heimath, die sie durch meinen Tod ver F— IT ., — t1 liert. Jhr Vater tennt sie kaum und wird sie kaum vermissen; sie ihn eben sowenig. Dagegen hat sie sich dir und deinen Kindern herzlich angeschlossen und in deinem Hause fände sie die reine »Herzenslust,die ihr das Vaterhaug nicht Ihieten kann. Laß mich das Letzte sagen, so schwer es ist: Der Gedanke, mein Kind den Händen jener Frau überlas sen zu müssen, die mir Roderich’s Liebe geraubt hat« vergiftet meine letzten Stunden und wird mir im Grabe keine Ruhe lassen. Johanna dars diese Frau nicht lieben, ihr nicht dankbar sein, ihr nichts u verdanken haben. Nicht wahr, du verstehst dies Gefühl, auch wenn du es nicht billigst?« »Später. »Wieder böse Tage und Nächte — wie viele weiß ich nicht —- und in aller Todesangst auch noch die Sorge um Johanna’s Zukunft. Kannst du dich ihrer nicht annehmen, wie ich es von dir erbat, so soll sie —- ich beschwöre sie da rum — bei den Meinigen Zuflucht su chen. Sie kann es nnd wird freundliche Ausnahme finden. Vor drei Jahren, als die Leidenschaft Roderichs fiir jene Schauspielerin so viel Aufsehen machte, schrieb mir mein Vater und forderte mich aus, mit meinem Kinde zu ihm zu tommen. Seine einzige Bedingung war die gerichtliche Scheidung von Ros derich und das Aufgeben des ihm ver haßten Namens. Dazu tonnte ich mich nicht entschließen; aber noch zweimal habe ich seitdem, als meine beiden Brüder starben, an den nun völ lig vereinsamten Vater geschrieben und jedesmal hat er geantwortet jedes mal daeselbe Anerbieten wiederholt, und sicherlich wird er das verwaiste Kind freundlich aufnehmen. »Bei-stehe mich recht, liebe Louise: Tein Haus-« ist mir das wünschenswer tlxeste siir Johanna. Jn deinem Fami lientreise iviirde ihre Juaend heiterer, ein fa ch e r veriließen. Nur wenn du nicht könntest, wie ich bitte, weise sie an meinen Vater, den Freiherrn Johan von Dönninahausen auf Dönninahau sen am Harz; oder schreibe du ihm und lege ihm mein Kind an das Groß daterlierz. »Der Morgen araui. Vielleicht lann ich, wenn die Nachtaesdenlter vers-« flattern, noch etwas Schlaf finden . sterben, schlafen — »Nichts weiter — und zu wissen, daß ein Schlaf Das Herzweh und die tausend Stöße endet, Die unsres Fleisches Erbtheil —’S ist ein Ziel, Aufs Jnnigsie zu wünschen . . ." I »Hast Du das ie von Roderich spre chen hören? — mir klingt es im Ohre, als ob ichs eben gehört hätte. Jch muß es wieder Von ihm hören. Nein, inein —--- ich tann nicht sterben . . .« , Hier war der Brief zu Ende. Plötz Ilieh und schmerzlos war der Tod gei jlomrnem Johanna erinnerte sich, mit Jwelehem Friedens«-lächeln auf dem schö ;nen Gesicht die Mutter im Sarge aele Jaen hatte. Jetrt küßte sie die letzten Reiten der Geschiedenen und eine tiefe tZärtlichteit wallte in ihr auf. ) Ueberhaupt war der Eindruck des Briefes ein anderer, als Ludwia er wartet zu haben schien. Reinen Au genblick fühlte sich Johanna in ihrer Liebe zum Vater erschüttert; im Ge gentheil, der leidenschaftliche Schmerz sanktionirte gleichsam, was sein Kind für ihn empfand. Jn Eifersuchsqna len und Todesmattiateit wendete sich die Mutter in Sehnsucht zu ibm, im mer noch zu ihm, und ihre letzten Worte waren ein Schrei des Verlangens-, ihn wiederzusehen . »Das ist Liebe,« sagte Johanna zu sich selbst; »die einzige echte, von der ge schrieben steht: »Sie verträgt Alles, sie glaubet Alles, sie hofft Alles, sie dul det Alles ——- die Liebe hört nimmer auf . . .« Wer wie Ludwig saaen lann: ich habe dich geliebt, so lanae du in der und der Richtung, auf dem und dem Wege gegangen bist, hat nie ge liebt.« Auch das Verlangen der Mutter, das-, sie zum Großvater aehen sollte, beurt ruhigte Johanna nicht. Ausdrücklich hieß es in dem Briefe: »Ihr Vater kennt sie kaum und wird sie kaum ver rnifsen.« Nun er sie kannte, sie liebge wonnen hatte, wiirde die Verklärte — davon war Johanna überzeugt — die Trennung nicht mehr begehren· Nur wenn sie dem Vater jemals zur Last werden solle, oder wenn ihre Intentio sigteit ihn gegen sie erkalten-, oder wenn die Abneigung der Stiefmutter zu Mißhelligteiten fiihrte,t"onnte ihr Fort gehen zur Pflicht werden. Aber das waren Gräbeleien, denen sie nicht weiter nachhängen wollte. Wenn die Stiefmutter sie nicht liebte, so entschädigte sie dafür die Zuneigung des Vaters und die Anhänglichkeit des Schwesterchens. Dies kleine, liebe Mr sen, das, ehe sie herkam, den größten Theil des Tages in der Gesindestube zugebracht hatte, in ihre Nähe zu zieh en, —- thr gesunde Herzens- und Gei l H ftesnahrung zu geben und so die anz auf Aeußerliches gerichtete Erzie ung der Mutter zu ergänzen, das war eine Aufgabe, in der Johanna Befriedigung finden mußte-— und wenn sie es that, wennihre Wünsche nicht mehr in an dere Regionen abschweiften, konnte sie auch fiir Ludwig wieder sein, was sie ihm früher gewesen. Sie saß mit aufgestütztem Arme und starrte in’s Licht. Der kleine Badeort im Thüringer Walde, der ihr so lange eine Heimath gewesen war, trat ihr dar die Augen: da war das grünumrankte Doktorhaus, in dem Ludwig als des Vaters Nachfolger wohnen würde; der Garten mit seinen Zwergbiiumen, Ge müsefeldern und Blumenrabatten; die Fliederlaube am Zaun mit der Aus sicht auf die Kastanienallee, in der die Badegäste lustwandelten; das Flüss chen mit seinen Wiesenufern und die jdahinter aufsteigenden waldigen Höhen —- etn anniuthrger Rahmen fur ern stilles liebereiches Leben. »Aber mir wär’s kein Leben!" sagte Johanna zu sich selbst. »Warum wohl iniehtZ warum kann ich mich nicht mit ;dem begnügen, was Tausende bealückt? Iwarnm ist mir dies Verlangen, für ir iaend Etwas «- ich weiß nicht, was es Hist-Eine Form, einen Ausdruck zu fin den? Ob das nicht Eitelkeit ist, oder Ehrgeiz, oder Selbstiiberschätzung?« Mehr als je kam ihr zum Bewußt sein, wie einsam sie durch den Tod ihrer Pflegenintter geworden war. Bei ihr shiitte sie in allen Zweifeln Zuflucht ge sfundem während ihr Gatte —- Onlel IWerner nannte ihn Johanna -— nur Isiir das körperliche Wohl der Seinen lsorgte. Auch Von Y(·?ail)ilde, Ltldwig’s lSchwester, einer kalten, beschränkten Natur, durfte sie fein Verständnis-. er lwartenx selbst Ludwia, so feinfijblend Fer war, hätte sie nicht beariffen. Aber Iihr Vater-. . Vielleicht liatte auch er Fiolche Zeiten des limliertastens gekannt kund war bereit, ihr zu helfen. « ; »Ich will mir ein Here fassen, will jihm Alles- vertrauen, aleich moraen!« Haate sie zu sich selbst, indem sie sich er Hliolx und schon durch diesen Entschluß iberuhigd legte sie sich nieder und schlief. Dritte-Z Kapitel. Johanna sollte ihr Vorhaben nicht zur Ausführung bringen. Am folg-en den Morgen hatte sie lange zu ordnen nnd wegzuräumen, um die Spuren der Gesellschaft zu vertilgen; inzwischen war der Vater ausgegangen, und als er zurückkam eilte er mit so finsterer Mie ne an ihr vorüber, daß sie nicht wagte, ihm in fein Zimmer zu folgen. Bei Tische sprach er sich über den Grund seiner illiißstirnmung aus« Er hatte sich mit dein Direktor übermor fen, weil dieser nicht davon abgehen wollte, einige der jugendlichen Rollen Helenens auf ihre Nebenbuhlerim die Kronberg, zu übertragen »Ich kann natürlich von der einmal aestellten Forderung nicht abgeben,« fiiate Roderich hinzu, ,,tann meinen isontrakt nicht erneuern, so niinstia die Bedingungen send, die mir geboten wer den.« »Die findest du überall eben so gün stig und beiser,« saete Helene. »Aber nicht den Boden, den ich mir hierbei bereitet babe,« fiel Rodrieh ein; »nicht das verständniszvolle Publikum und das schöne Ensemble, das jede Darstellung zu einem Kunstwerk macht.« »Das ist doch nicht deine Sachet« rief Helene. »Jeder siir sich und Gott siir uns Alle . . Und was das Publi tuni betrifft, so tann ich durchaus nicht finden, daß es besonders- feines Ver ständnist hat. Ueber-all bei deinen Gast spielen hast du mehr Applaus als hier . und ich aueh.« ,,Arsplaus!« wiederholte er mit un lene, es giebt eine Art von Applaus, die mir die Schatnröthe in·e- Gesicht treibt . . Tu den de: nem Virtuosenstand punlt aus Wirst daz freilich nicht ver stehen.« Wie gerne hätte Johann-a gesagt, daß sie ihn zu berstehen glaube; aber während sie Init ihrer Schiichternheit kämpfte, rief Helcne gereizt: »Wenn du so den mir denkst, sprich es wenigstens nicht Vor Anderen aus. solche Ritctsichtglosigteitcn ertrage ich nicht.« Roderich wechselt-: die zarbe. »Mir Rücksicht stosiat iten vorzumer sen in dein Moment, in welchem ieh mein ganzes Leben nur aus Rücksicht für dich utngestatte, ist stattl« stiest er hervor, sprana aus, eilte hinaus nnd schlug trachend die Thiir hinter sich zu. Lisbeth brach erschreckt in Thrijnen aus; die beiden Anderen storrten ilnn nach. Niemals hatte er sich in seiner Hestigteit so weit aehen lassen. »Er muß trank sein,« sagte Jo hanna. ,.Unsinn! . . . übellaunig ist er,« antwortete Helene, »und ehe er nicht um Verzeihung gebeten hat, soll er kein gn tes Wort von mir hört-n.« Johanna behielt Recht: nach ein-I halben Stunde brachte Friedrich den s Bescheid, der Herr hätte einen Anfall feiner Migräne und wäre für Nieman den zu sprechen. An solchen Tagen lag es wie ein Bann auf dem ganzen Hause; Jeder dämpfte feine Stimme, ging so leise als möglich und der Diener umwickelte die VorsaalklingeL Diesmal wurde der Schmerz, wie Johanna von Friedrich hörte, nicht so betäubend als sonst, verging aber auch nicht nach vierundzwanzig Stunden. Als Roderich am zweiten Tage dem Unwohlsein Trotz bieten wollte und nach der Probe ging, kam er kränker zu rück. Am dritten Tage trat Fieber ein, und der Arzt befahl ihm, sich niederzu legen. « « «· sp.-.-- .- -. Helene hatte die Tischscene noch nicht« verziehen. »Es ist doch nicht schlimm, Doktor chen?« fragte sie, als sie den Hause-erst hinausbegleitete. »Ich bin eben dabei, ein köstliches Desdemonacostüm n sammenzustellen. Nächste Woche A ,,Othello" herauskommen . . bis - ihin müssen Sie ihn gesund schaffen.« I ,,Wollen das Beste hoffen, « antwor tete der alte Herr, indem er sich empfahl. lJohanna, die eben durch das Borzinvi mer ging, erschrackz sie wußte von Dok tor Werner her, was diese Worte im Munde des Arztes bedeuten. Während Helene sorglos zu ihrem Costiim zu rückkehrte, wartete Johanna mit klo pfendem Herzen an des Vaters Thür, bis der Diener herauskom. »Bitte, Friedrich, fragen Sie Papa, ob ich zu ihm kommen darf,« fragte sie. Der Kranke hatte sie gehört »Komm’ nur!« rief er; wie dumpf klang die sonst so metallreiche Stimme — und noch mehr war das Gesicht ver ändert: Von erdfahler Farbe, alle Li nien schärfer geworden, die umslortm Aug-en von tiefen Schatten umrändert, laa er in den Kissen. Johanna trat zu ihm, indem sie .iiihsam ihre Bewegung niederkämpftes ,,Papa,« bat sie, »laß mich bei dir bleiben. Du hast zwar deinen Fried rich, aber ich weiß besser, was ein Kranker braucht.« Eine Weile starrte er sie an, als ob er ihre Worte nicht verstanden hätte. »Ja, bleibe bei mir,« sagte er dann: »ich glaube, daß ich sehr trank bin, und du bist ruhiger, umsichtiger, stärker . ." Er vollendete nicht, aber sie verstand, was er meinte. . »Ich danke dir!« sagte sie und küßte seine brennende Hand. Er zog die Tochter näher heran »Mein gutes Kind!« flüsterte er und seine fieberbeißen Lippen berühr ten ihre Stirn. Wenn sie geahnt hätte, das; es ein Abschiedskuß war! Die Krankheit machte reißende Fort schritte: am folgenden Morgen er klärte sie der Arzt für ein Nervenfie ber. Mit Johani.a’s stillem, umsichti aem Walten war er zufrieden, Helene dauern-m die ihre Llnfreguna nicht be meisiern konnte, bat er dringend um tihres Kindes willen die eiaene zarte ·t«stesmidheit zu schonen, das heißt, dem tirantenzt " rso viel als möglich ifein Zu t--:l ibeii mid seufzend fiiate die ; sc Hit) I « en tiiraktken hätte sie iibrigens .srbc n nach wenian Taaen nicht mehr aestitrtx er war unempfindlich fiir Al le2, was Um ihn geschah, kannte feine Anaehörigen nicht und lag beinahe reg nnaslos in dumpfer Betäubung Die aanze Stadt nahm Theil am Er Iaelien des Künstlers Beim Portier lninszten Bulletins ausgelegt werden, um den zahllosen Erinndiaunan zu Igeniiaen. Aber auch von näheren Be Itannten wurde das Haus nicht leer. IRoderich war seinen Colleoen ein gu Jter stanierad gewesen, und jetzt, nun der Neid auf seine Erfolge veritux.n -mte, er Iinnerten sich Vltled aran, hätten ihm ih »» re :;!111eia11na, ihre Tantbarteii bewei Hsen mögen, und da sie nichts fiir ihn jthnn konnten, ließen sie weniastens Inicht nach, sich immer wieder nach ihm ihm en erkundigt-In Heleiie sind eine Llrt Trost in diesem JBertehrx sie gehörte zu den L’.atitren, idie zu zerstreuen sind Nachdem sie un srer strömenden Thriinen von dem Zu stand-e des tiranten Bericht erstattet hatte, ließ sie sich die neuest n I »li: nier intriauen erzählen Und kann te in dem Interesses das sie daran nat-m, ihr jlilend auf Auaenblicte Vergessen Frei- ' klicti takti, sobald sie wieder allem war, »das litefijhl desselben mit dopprlter Ge kwait iiber sie Oft, wenn sie eben noch Einst ihrem Besuch über einen thjit3, eine ;Tiieaterannetdote artacht hatte, fand oniiannsa sie in der erliai«1:.1mgsioiir « diasten Fiiffimgtilosiateit NEWTON-US folaU -- . . Ein rhrgeiziger Tit-L Ridtnsr (zu eint-m alten Ef:1«sr·cl)er): »Ich snsuses nter schm, dass Eu- Jhr schaut-ide Wusnstsibe stumme-Hm und nun haben Sie sich wieder ou einem Tissbfmhl bptbetlånt !« Tit-b: »Ab, L err Richter, das war ein so schwinqu Fall, daß sie eine C a p a ci t ät dazu beiziehcn mußten L«