Ist-suche Its Roman von clartssa Lohdr. « (2. Fortsetzung) - Or erinnerte sich noch deutlich des ? Tages, da auch in seine Seele zum er - sten Mal der Schatten dieser Ver leuntdung gesallen war. Es war am - Beisehungsta des Vaters, dessen Leiche vom chlachtselde von König » griiß nach Gattersberg gebracht wor den war um dort in der Familiengtust beigesetzt zu werden Die Zeremonie war vorüber die mei sten der Leidtragenden hatten Gatterse .«T berg bereits verlassen. Nur der zweite s- Bruder seines Vaters, der Präsident von Wenzelen weilte mit Frau nnd Sohn noch im Schlosse. Vlrel war um zwei Jahre älter als er, ein wegen seines Fleißes nnd guten Betragens von Eltern und Erziehern etiihmter Pnabe, was- ihm, Wolf, der im Kadettentorvs erzogen wurde, nicht gerade nachzusagen war. So mußte sich denn der Vetter einen qewissen Präzeptorton an, den Wolf schon da male nicht vertragen konnte, nnd ge gen den er sich stets ausbäumte. » Die Mutter stets leidend, hatte sich ’ gleich nach der Beisetzung auf ihr Him " - mer zurückgezogem die Anderen besan den sich im Salon, er selbst stand mit Axel am aeössneten Fenster des Auf bahrungszimmers und unterhielt sich · ch Knabenart damit, Blätter von . n dort aufgestellten Lorbeerbäumen , abzupsliicken und in den Schloßhos " Z- islattern zu lassen Das verwies ilnn » -- der Vetter in gewohnte-r liochsabrender · - Art: »Du scheinst Dir aus Deinem Vater nicht viel gemacht zu haben, Wolf, daß sp Du nichts Besseres in diesem Augen « .:« bliek zu thun weißt, als solch u iniitzes Spiel zu treiben. « Ach meinen Vater nicht geliebt!« schrie dieser nun wüthend auf. »W«e " kannst Du Dich unterstehen, mir it » etwas zu sagen! Jhr standet Alle, « Du, Dein Vater und Deine Mutter, z, ungerührt wie Steinfiguren da, leine Thröne habt Jht vergosien!« »Jn Weinen und Janiniern zeigt sich nicht immer die Trauer. Und warum zerstörst Du die schönen Bäume hier, 9 was haben sie Dir gethan?« »Die Bäume sind deg Onlels Eigen . thurn, und er erlaubt es mir; ich lernn hier Alles thun, rvas mir gefällt« Ein böser stufctll wollte eH, dasz in diesem Auqenblick gerade der Prcisi Gent mit seiner Gemahlin eintraten, « um den Sohn zum lZlufbruch abzuru sen. Sie halten Wolf-) iibertniithige -« Aeußerung gehört, und nun wandte sich der Präsident zu dem ihm folgen den Bruder mit den schneidenden Wor: ten: Du scheinst Dir ja ein nettes «na-ben da zu erziehen, Alfred ka he Dir, beuge Das Bäumchen, so «TE·«-r«ege es sich noch beugen läßt, sonst önntest Du noch UebleH an Diesem Sprößling der Wenzelen erleben.« Ach bitte Dich, Otto,« war vers On tels abweisende Antwort, »inenge Dich nicht in Sack-en, die Dich nichts ange hen. Jch habe die Voxrnundschaft iiber Wolf übernommen unr- toeroe ihn i:n Verein mit ver Mutter erziehen, wie es uns gefällt und recht diintt.« »«5reilich,« thiin e-:- bitter zurück, »dieses nächste Recht wird Dir Keiner ·nbftreiten; aber ich rathe Dir doch, Deine Liebe zu Dein iihermiithigen Jungen nicht gar zu öffentlich zu do lumentiren. EH iuiire ioitllich eine Hcksichh die Du, meine ich, Deiner , - milie schuldig bist, wenn Du Dich soweit zu beherrschen suchtest, Dein Au ge der Welt eine Bevorzugung zu ver « bergen, die to übel gedeutet wird.« »Otto!« Mit einem Turnus-e imnd der i Schloßherr neben deu: user nnd schüttelte heftig dessen Arn-» »Nein Wort weiter, oder ich weis-, nicht, was ich thue -- « Der Präsident trat niit onntelgero theteni Antlitz einen Schritt t,uriict, angstvoll tlanimerte sich seine Gattin an bitte Dich, Otto, komin fort « i Mer. Ich sagte es Dir ja, es wäre m besten gewesen, roir hätten uni ern gehalten « »Ja,« entgegnete Der Onkel, riitirs.sich zu größerer Ruhe zwingend, »mi« wäre in der That besser gewesen« wenn Ihr Euch nicht so weit wenigstens in Die loalt hattet, un-. einer tlngliictlichen, durch dassehickiai ohnehin schon schwer gebeugten Frau init Der gebührenden Achtung und Rücksicht in begegnen." Die Präsidentin ioars mit einer sto: zen Bewegung den liopi zuriict »Ich bin der Wittwe des in Leid nnd Verzweiflung dahingegangenen Schioagers ganz so begegnet, ioie sie ei. verdient —« . »Wie, Sie wagen es, zu richteut , Ungehört zu oeroaunnens Gott möge es Jhnen verzeihen, ich vermag es » sicht!« « Genug, iibergenug der Worte,« "te sich jetzt der Präsident ein. u vergißt, Alfreo, wag Du dechrsv « reundschast schuldig bist. Wundere , sdich deshalb nicht, wenn ioir nicht eher wieder nach Gatiersberg toinrneu, is die Verhältnisse hier völlig rein nd, und Du wieder ruhig geworden disk Damit nahm er seine Frau am Arm, ioi » ·. den still und mit zusammenge "lr1:s" Lippen dem Vorgang lau ’ der n Axel an seine Seite, und alle —-ei verließen schweigend Gemach und T—.:.:»lcß Der Onkel aber nabrn den weinen den Wolf in feine Arme und küßte ihn zärtlich: »Ruhig, ruhig Kind, sie sollen we der Dir noch Deiner Mutter etwas an baben.« Der Onkel hatte Wort gehalten, Mutter nnd Kind vor jeder Unbill der Welt geschützt. Jn des Knaben Seele aber war ein Funke des Zwiespalts ge worfen, der nicht mehr verlöschen sollte, der seine Jugend, fein ganzes Leben ibm verdunkeltr. Traf seine Mutter eine Schuld? War sie unschuldig ver leumdet worden? Die Aufklärung wurde ihm erst durch den Onkel selbst, nachdem die Mutter ihre müden Augen für immer geschlossen hatte. Es war eine Beichte, die diesem einen Theil der Last, die auf seinem jungen herzen gelegen hatte, löste, aber doch nur einen Theil. »Ei nes,'« so hatte der Ontel geschlossen, »halte fest, mein Junge: Deine heim gegangene Mutter war das liebste, das reinste Geschöpf unter der Sonne. Wenn Jemand eine Schuld trifft, so bin ich es. Jch liebte sie, seit ich sie zum ersten Mal an der Seite Deines Vaters gesehen, und da eö ihm an den nöthigen oEigenschaften gebrach, eine feinempsindende Frau, wie DeineMut ter, glückli zu machen, und er in rück sichtsloser elbstsucht nur seinen eige nen Neigungen und seinem Vergnügen lebte, so geschah, was unausbleiblich war: sie sing an, meine Gefühle zu erwidern. Doch in der Stunde noch, in der wir uns das bekannten, stand es auch fest in uns, daß diese Liebe be siegt werden mußte. · Das Unglück wollte aber, daß Dein Vater uns in diesem Augenblick überraschte. Sein Zorn, sein Erschrecken war maßlos. Er, der feine Frau bisher ganz sich selbst überlassen hatte, wurde plötzlich zu ihrem eisersiichtigsten Hüter. Die Ehe, die so lange gleichgiltig gewesen war, gestaltete sich nun zu einer tief unglücklichen.« »Und warum Onlel,'« wars Wolf ein, hast Du die Mutter nicht gehei rathet, als sie Wittwe geworden wart« . »Warum, das frage die Welt! die : Welt trat zwischen uns mit ihrer Vers Zleuindung, ihrer Böswilligleit. Die « fchnödefien Dinge hatte man mir und Deiner Mutter nachgesagt, selbst die Rechtmäßigkeit Deiner Geburt wurde angezweifelt. Wäre Deine Mutter eine ftarlgeistige Frau gewesen, sie hätte sich vielleicht über die Bosheit der Menschen erhoben und mir dennoch die Hand gereicht. Sie aber in ihrem allzu zarten Enipfiiiden vermochte es nicht über sich. Sie meinte, unsere eheliche Verbindung würde dein bösen Leumund einen Schein von Wahrheit verleihen, und sie glaubte, es Dir, ih rem Sohne, schuldig zu sein, zu ent ; sagen, um teiiien Schatten aus Deine iGeburt fallen zu lassen. Ach, und doch Alles vergeblich! Das böse Wort der Verleumdung war einmal gefallen und wirkt bis heilte noch nach «—" »Wie man wagt- ?« T »Noch immer zu zweifeln und vor iAklen mein eigene-S Blut, die Ver tioandtein die ich seit dem Tage der YBeisetzung Deineg Vaters nicht wie I dergesehen habe.« ; Wolf ballte in auswallendein Zorne I die Hand. I »Sie sollen sich hüten,« stieß er her : Vor. Z »Still,« :«««:rbrach ihn der Onlel; I ,,sie werden i" re Strafe erhalten. Ihre ghochmüthige Unduldsainleit hat das kBand zwischen ung zerrissen. Ich Hhabe keinen Bruder niehr. Du bist tineineni Herzen der Nächste. Der ESohn der Frau, die ich geliebt habe, , die uin mich, die für Dich gelitten hat, I mehr, als die laliherzige Welt es ahnt Hund zu fassen vermag, soll wenigstens : an äußeren Glücksgütern erhalten« war »ich ihm geben tann· Jch habe mein HTestainent bereits gemacht, Wolf, Du ; rsiit ineiii einziger Erbe.« F »Oiitel, das wird den Verwandten ioielleicht noch doppelten Vorwand zu Tjeiier Verleumdung geben« i ,,3ei’e drunt! Auslöschen läßt eE i sich nicht. So will ich Dich denn aueti ialo Sohn betrachten, wie Du mir ja Eiin Herzen mein Sohn bis.« ; Und er war sein Erbe geworden. klttattersberg das der Ontel aus einein J Leben durchAuozahlung an dieLeheiis berechtigten zu seinem freien Eigen :thuin, das er durch unermüdlichen -Fleiß, durch gute Bewirthschaftung und Sparsamkeit zu einem der ertrag ; reichsten Güter der Umgegend gemacht Ihatte, war setzt fein. Alle äußeren iBedingungen zum Glück waren ihm kgegebeii, und nun lag er da, ein ge "»- drochiener Mann, den Tod dor Augen. 539 jung nott- uiid iitzon sterben müs Efen, so sierdenk Niedergemäht wie teiiie tauin erst in Samen geschossene IAehrh itiid non dein, den er seit Ju I geiid an fiir seinen Nebenbuhler, ja Feind betrachtet hatte, besiegt von dein Ueberinüthigen iin tiainiis und in der Liebe, ja auch in der Liebe, und da; hatte seinem Herzen den letzten, schwer sten Stoß gegeben. Ein Name tain über seine Lippen, und wie ein Glanz trat es in seine milden Au en: " »Li»deline.« » Wie er fie geliebt hatte, wie sicher er »gewesen »war, sie sich zu erringen! ; Auf eineni Ball beim ameritanischen FGesaiidten war es gewesen, als er ihr zuin ersten Male begegnet war. Rie niale glaubte er etwas Schönerei ge sehen iu haben. Die große schlanke Los-Halt, die uiinachahinlirhe Grazie ih rer Haltung, der reizen-de von einer Fülle afchblonden haares geliünte stopf, und dazu diese Augen, Rehaiis gen, von jenem hellen, klaren Braun, vie wie tirnstall glänzen und doch wie der in Augenblicken der Erregung so feucht in Sehnsucht schimmern kön nen. Sie bewohnte mit ihrer Mutter MrZ. Graham ein Chambre garni in der Potsdamerstrasze, und empfing wschentiich einmal. Daß er gleich bei seiner ersten Visite seinen Vetter Axel, der als Hilfsarbeiter im Auswäriigen Amt beschäftigt war, wie einen alten Bekannten im Solon der Grahams installirt fand, berührte ihn nicht an genehm, störte ihn aber weiter nicht« Der kleine, zierliche, geistreichelnde As seffor deuchte ihm tetn zu fürchtender Rebenbuhler in der Gunst der Frauen. Wie sehr er sich getäuscht, hatte er zu seinem Schmerz erfahren müssen! Miß Adeline zeichnete ihn fast sichtlich aus, und wenn sie auch gegen Axel sich stets liebenswürdig und zuvortommend er wies, ja ihre kleinen Koletterien mit ihm trieb, so fiel ihm das nicht weiter ans, da man an jungen Vlmerilanerins nen den freien Vertehr mit Männern gewöhnt ist. Durste er es denn nicht als Beweis ihrer Zuneigung ausneh men, daß fie ihm gestattete, was fonst Keinem, fast täglich mit ihr auf der Rousfeau-Jnsel oder dem Neuen See zum Schlittfchuhlaufen zusammenzu tomtnenY Welche selige Stunden waren es gewesen« wenn er so Hand in hand mit ihr über die glatte Fläche dahinschwebte, wenn er die schöne Ge stalt leise näher an sich zo und in ih ren Augen die Antwort aucfI die stumme Frage der seinen zu lesen suchte! Er glaubte sich geliebt, glaubte, nur das entscheidende Wort sprechen zu dürfen, um das Jawort von ihren Lippen zu küssen. Aber ehe er dieses Wort sprach, mußte er des Ontels Zustim mung sich holen. Da wurde ihm die erschreckendeistachs richt, daß dieser in Gattersberg schwer erkrankt sei. Ein Schlagansall hatte ihn mitten in seiner Thätigieit aus dem Felde getroffen. Wie durfte er setzt an sein eigenes Glück denken, da das Leben des ihtn Theuersten aus Er den in Gefahr stand? Da machte Axel eines Tages dem Kranken einen Besuch, und bei-n Fort sahren theilte er dem Vetter wie i-« Wann-it mit: . »Du wirst bald eine Anzeich Von mir erhalten, ich habe mich mit Mist Ade line Graham verlobt Gern hätie ich es dem Onkel selbst mitgetheilt, aber er schien mir zu trank. Sage Du es ihm, wenn Du einen geeigneten Mo ment dazu sindest.« Hatte der Vetter ihm angesehen, was er bei dieser Nachricht empfunden? Er wußte es nicht. Wie ein Schwin del ar es über ihn gekommen, er hatte sich am Treppengeländer festhalten müssen, so schwarz war es ihm vor den Augen geworden. Adeline, deren Bild Tag und Nacht ihn umschwebte, die er in seinem Herzen schon als sein Eigen thum betrachtet hatte, die Braut eines Anderen, dieses Aer, den er ais Be toerber kaum in Betracht gezogen hattet O, dieser Heitntiickische, der seine Ab wesenheit am Arankenlager des On kelg ausnutzte, um ihm die Geliebte sei neg Herzens zu rauben, durch schlaue Künste, vielleicht gar durch böswillige Ausstreuungen über den Charakter des ,,tollett« Wolf. Seine Hände ballien sich noch in Gedanken an die durchlebte furchtbare Stunde. Und dann war das Schwerste ge kommen; er hatte feinem treueften Be iclfiiner und väterlichen Freunde, dem aeliebten Onkel die Augen fiir immer zudriicken müssen. Nun war er al lein, ganz allein! Keine Seele mehr auf Erden, die ihn liebte, tein Herz, in das er seinen Schmerz auszufchiitten vermochte. Allein! Fürchterliches Wort! Er hatte seinen ganzen Schre: den erfahren. Er nahm feinen Abschied aus der Armee und zog sich nach Gattersberg zuruch um dort in der Stille und Ar beit des Landlebens zu vergessen, was seine Seele mit Schmerz und Bitter teit erfüllte. Da war er durch einen Zufall beim Grafen Wolden unerwartet mit dem Vetter zusammengetroffem der seiner-« seits allen Grund hatte, dem im Testa mente des Onlelg gegen ihn Bevor zugten zu grollen· Groll hier und Groll dort. Die Geister waren auf einandergeplatzt, wie es ja taum an ders möglich war. Und nun hatte der, der ihm die Braut weggeschnappt, ihn auch noch im Duell niedergeftreckt und bereitete sich vor, iiber feine Leiche hin weg in das ihm vom Onkel vorenthal tene Erbe einzuziehen. Aber nein —- mußte es denn sein? Noch war er ja nicht todt, noch lebte er ja und konnte mit einem Federzuge verhindern, daf; das Unerhörte zur Wahrheit wurde War Gatteröberg denn nicht fein freies Eigenthum, iiber das er verfügen tonnte, wie er wollte? Wenn er nur Einen, Einen gewußt hätte, den er mit einiger Berechtigung zu feinem Erben einsetzen durfte. Ja, wenn er verheirathet wäre, eine Frau hätte! Wie von einem elektrischen Schlage getroffen, zuckte Wolf plöslich empor. Konnte er denn nicht noch, jetzt noch, das Veriiiumte nachholen? Er hatte gebangt, die ihm shmpathifche Pflege rin zu verlieren Wenn er sie zu feiner Frau, feiner Erbin und so allen Zwei feln und Bedenken ein Ende machte? Wonach hatte er, der dem Tode ret tunaklos Verfallene, denn noch an ders näh fragen, als nach feinem eige ohlbehagenf Und wer würdet ei nihm verdenlen, wenn er, der Ein same, dem tetne Familie in feiner-Noth —------. — . - —- « «und Kraniheit zur Seite stand, die psxeaende Hand, die seine Schmerzen lin-detie, an sich zu fesseln suchte bis an’s Ende? Aber sie, Schwester Jlse, würde sie auf seine Wünsche eingehen sich zu dem Opfer entschließen, ihm, dem Sierbenden, ihre Tage, so lange es Gott noch gefallen würde, zu wid men? Eine innere Stimme sagte ihm: Ja. Wenn Eine, so war dieses Mäd chen zu solchem Opfer barmherziger Liebe fähig. Und er war ihr nicht gleichgiltig, zum mindesten hatte sie für ihn das Jnteresse der Pflegerin für einen Patienten, dessen Schicksal ihr Mitgefiihl erregte. Und dieses Mit gefühL wie oft hatte er es herzerquik iend aus ihren Augen sich entgegen leuchten sehen! Ja, er hoffte, und er durfte das Außergewöhnliche wagen, ;da er es ja in der Hand hatte, ihr, was » sie an ihm that, zu danken. Er konnte Fsie frei, unabhängig, zur reichen Frau smachen eine gesicherte, ja äußerlich iglanzvolle Zukunft war wohl ein nicht izu unterschätzendes Aequivalent fiir die tut-e Zeit, die sie seiner Pflege noch Du widmen haben würde. 4. »Nun, wie geht es Deinem Patien ten? Man erzählt sich ja allgemein, daß er wieder gesund werden wird, ganz gesund.« Diese Frage tönte Jlse von derMut ter schon entgegen, als sie kaum die Thiir des Wohnzimmers hinter sichs ge schlossen hatte und ihr die Hand zum Gruße entgegenstreckte. »Gottlob ja, ein wenig besser; doch ob er ganz gesund wird, das tann heute noch Niemand wissen.« Jlse rückte sich einen Stuhl an der Mutter Seite, die irn Schauselstuhl, in dem sie mit dem Lesen eines Ro mans beschäftigt gewesen war, sich leise hin und herwiegte. »Nun denn, wenn es immerhin doch besser geht, wirst Du doch hoffentlich Deines Amtes bald entbunden wer den?« »Das wohl taum, der Baron wird lnoch lange einer sorgfältigen Pflege l bedürfen!« : »Die Du doch aber nicht weiter lei jsten kannst!« ? »Nicht leisten tannst?« wiederholte .Jlse erstaunt. »Wie meinst Du das, ! Mamc12« »Nun, ich meine, daß ein junges Mädchen Deines Standes wohl den todtkranten, aber nicht den tviedergenei senen Wolf v. Wenzelen, den tollen Wolf Pslegen dars·« »Ich bitteDich, Manier, bediene Dich nicht immer dieses Spitznarnens, der siir einen vom Schicksal so schwer Ges beugten, wie der Baron, recht häßlich tlingt.« »Ob häßlich oder nicht, er hieß so und hat diesen Spitznarnen wahr scheinlich nicht ohne Grund erhalten. Weißt Du übrigens, daß auch bei dem Duell zwischen Den Vettern nicht allein die todte Mutter, sondern auch eine höchst lebeneisfss Schöne eine Rolle ge spielt haben sIll"-."' « »Ach laß ds.r.-, Manni! Du weißt, ich liebe es nicht, allen Klatsch der "Hertheimer zu hören,« unterbrach Jlse die Mutter ein wenig schroff. Diese lachte auf: »Beiin Himmel, Du vertheidigstDei nen Paiienten in, als hättest Du mit der Wiege die ««’,,iflicht übernommen, auch sein Tugend-dachtet zu sein. Ei, ei, syst-, lTalte Dein Herz fest, man saat, ne.n tollen Wolf habe selten eine Frau mkdersreliert torknen.« ,,«.Ui.r rua !« Jlse nur dass Blut bis zur Stirn gescttiosien, ji«-re Lippen zitterten Vor Erregnng. »Wie tannst Du«—tattnst Du so etwas nur denten?« »Wie ich es kann? Weit es ganz natürl««· wäre. Ein junges Mädchen von vierundzwanzig Jahren wie Du, täalieb niit einem jungen interessanten Kranken zusammen, das ist gefährlich Und deshalb, auch Bruno besteht dar auf, wiinsche ich, daß Du die Pflege in andere Hände legst.« »Verzeih’ Monta,« entgegnete Jlse nun, und ihr Gesicht hatte wieder den Ausdruck stiller Festigteit angenom men, der ihr so charakteristisch war, »wenn ich hierin Deinen und Bruno’s Wünschen nicht nachkommt-. In dem, was meinenBerus anbetrifft, entscheide ich allein.« »Und Du wirst auch weiter noch bei dem Baron bleiben".«« »So lange es Dottor Balzer fijr nöthig hält, und der Baron mich wünscht« Es war wieder ein Ajtiszitang, mit dein Mutter und Tochter oon einan der schieden. Jlfe besonders fühlte sieh tief niedergedrückt und beklommen. Bisher hatte sie noch nicht darüber stack-gedacht, welcher Art ihre Gefühle für den Baron waren, den sie, wie alle ihre Patienten, mit dem Herzen pflegte d. h. mit der Theilnahme, die ihr menschliches Leid und menschliche Schmerzen jederzeit einflöfzten Jetzt aber ging es wie ein Bangen durch ihre Seele: der Mutter Worte hatten etwas tu ihr geweckt, was unbewußt noch in ihr gefchlunnuert hatte. Ja, sie gestand sich msit der ihr eigenen Offenheit auch gegen sich selbst, daß ihr der Baron doch werther geworden war, wie irgend sonst ein Patient, daf; es ihr schwer werden würde, sich bor ihm zu trennen. Aber wenn es so war, durfte sder Kranke unter ihrer Schwäche leiden? Das nimmermehr! Sie fühlte sich stark genug, den Kampf mit dein ei enen Gefühl zu be stehen und ihre leicht weiter zu er füllen, so lange zum mindesten, bis sie ohne Sorge ihn anderen, mit feiner Natur nicht bekannten Händen über geben könnte. Ein wenig besangener, und nicht ganz mit den klaren Augen, wie sonst trat sie heute an das Bett des Barons, um seine Abendtemperatur zu messen und ihm den Nachttrunk zu bereiten. Aber auch er schaute sie heute aus anderen, seltsam glänzenden Augen an: »Ich habe Sie lange erwartet, Schwester Jlse. Setzen Sie sich zu mir, ich möchte mit Jhnen reden, ver traulich reden.« »Heute noch, Herr Baron? Es ist spät, Sie werden sich aufregen -——« »Nein, nein, nur keinen Aufschub, ich bitte Sie. Es würde mich mehr ausregen, wenn ich heut’ nicht sprechen dürfe-« Yaoei fah er ihr mit so warm vit tendem Blick in die Augen, und feine Hand fuchte die ihre, daß es ganz heiß in ihr aufstieg. Um Gott, was sollte das bedeuten, was hatte er nur? Sie sitzt an seiner Seite, ihre Hand ruht noch immer in der seinen, es ist, als wolle er sie gar nicht mehr loslassen; und nun beginnt er mit einer Stimme, die auch leicht in Erregung bebt: »Meine Tage hier in Hertheim sind gezählt, Dr. Balzer hat mir erlaubt, Ende der Woche nach Gattersberg zu rückzukehren.« Sein Auge ruht fragen-d auf ihr; er sieht, wie sie erröt«het, erblaßt. Ein Lächeln umfpielt seine Lippen, als er fortfährt: ,,Schwester Jlse, Sie wissen, was Sie mir in der Zeit der Krankheit ge worden sind. Ob ich jemals wieder genese, das liegt in eines Höheren Wil len. Jsch bin gefaßt auf Alles, nur nicht darauf, die sanfte Hand zu ver lieren, die mich so selbstlos und hin gebend in der schwersten Zeit meines Lebens gepflegt hat« Schwester Jlse, wollen, können Sie mich nach Gattersp berg begleiten?« Jhre Lippen zittern, lange vermag sie kein Wort hervorzubringen; dann aber sagt sie mit leiser, fester Stimme: »Sie weiter pflegen zu dürfen, war auch der Wunsch meines Herzens.« »So willigen Sie ein?-« »Ja! Konnten Sie daran zweifeln, ! Herr Baron?-« Dabei sah sie ihn mit ihren klaren blauen Augen so oertrauensboll an, daß es ihn wie Rührung übertam Ja, Dr. Balzer hatte Recht: in die sem schlichten Mädchen wohnt eine starke, charaktervolle Seele, die sich von tleinlichen Vorurtheilen nicht zurück schrecken läßt und nur dem eigenen Willen folgt. »Dr. Bal;;er,« fuhr Wolf nun nach kurzer Pause fort, ,,hegte indessen ei nige Bedenken« »Bedenten?« ftammelte sie, jetzt doch erröthen«d, denn ihr fiel die War Enung der Mutter, der Wunsch des EBruderg ein. »Welche, Herr Baman »Er meinte, da Sie noch nicht in zden Verband eines Diakonissenhauses Eeingetreten seien, könnte es Ihrem ZRuse schaden, wenn Sie mit dem un ivermiihlten Manne unter einem Dache s wohnten ! Jetzt athmet sie schwer, eine dunkle s Gluth steigt in ihre Wangen. ; »Und Doktor Balzer ist ein erfah j rener Mann,« spricht Wolf hastig wei iter, »und die Welt schlechter, als Ihre : reine Seele es ahnt. Deshalb-, Schwe Ister Jlse, bitte ich Sie auch nicht, als E Pflegerin niit niir zu gehen, son Tdern « Er zögert einen Moment, sie sieht jihm mit fragend bangem Blick in die i Augen. i ,,Sondern?« ! »Als meine a--g.rraute Gattin,'« Zfiigt er leise hinzu, und seine Hand Ischließt sich fester um die ihre. Sie labernnacht sich los und springt jäh von ihrem Sitze auf: ld gHerr Baron, was —— sprechen Sie a-« ,,Nur Wohliiberlegtes. Jch weiß ;ja, es ist ein Opfer, ein unschätzbares Opfer, was Sie mir da bringen, wenn ; Sie sich einem kranken, dem Tode ent degensiechenden Manne antrauen las-: !sen. Aber Sie iiben als meine Gat tin ja nur denselben Beruf aus, dem Sie Jhr Leben widnien wollen, ja mehr, Sie werden die Freundin nnd Trösterin eines vom Leben hart Ge .priisten, eines tkinsainein der Nie mand, Niemand ans der Welt besitzt, der ihn liebt, der sich seiner annimmt, «unb der der Willtiir feiler Seelen preisgegeben wäre, die nur an ihren irdischen Vortheil denken, nur den An genblick ersehnen würden, in dem sie den Todten begraben, in seinem Be sitz eg fiel- wohl sein lassen tönnen.« »Sie sind nicht verlassen, Herr Ba« ron, denken Sie an Jhren treuen Georg.« »Ja der! —-— Aber hat er Macht in meinem Hause, er, der Diener? So iwie meine Kräfte abnehmen, würden ZAndere sich zu Herren darin machen, tnoch ehe ich ein Todter bin· Es ist keine Christenpslicht, Schwester Jlse, « die Sie an einem Ungliicklichen zu er siillen haben. Jhre Nähe, Jhre sanfte Stimme, Jhr liebevolles Wort war mir die beste Medizin, so lange ich hier stoarr ohne Sie müßte ich elend zu s Grunde geben« : »Aber ich will ja mit Jhnen gehen, » Herr Baron, auch ohne —- ohne s-«« I Sie bekommt das- Wort nicht über g die Lippen. »Auch ohne meinen Namen anzu nehmen. Freilich, Schwester lse, das wollen Sie, und ich danke J nen fiir Jhre Bereitwilligkeit; aber ich tann sie als Ehrenmann nicht an nehmen. Ihren Ruf zerstören, Sie N.«-.s«·»» — . t - vielleicht der brutalen Behandan fremder Eindringlinge aussetzen, wenn fe der Moment eintreten sollte, wo ich nicht mehr im Stande wäre, Sie zu schützen, nein, Schwester Jlse, das geht gegen mein Gewissen, ge en mein Ge fühl. Dann lieber die em Wunsch. von dessen Erfüllung mehr fiir mich abhängt, als Sie ahnen, wie so man chem andern schon in meinem Leben entsagen. Dann lassen Sie uns scheiden, Schwester Jlse, so schwer es mir auch fällt.« »O Herr Baron, es wird, es muß sich ein Ausweg sinden.« Er schüttelt den Kopf: ,,Sprechen wir nicht mehr darüber. lHier gibt es nur Ja oder Nein. Ueber legen Sie es sich, geben Sie mir mor gen eine entscheidende Antwort —- jetzt ist meine Kraft zu Ende.« Sie erschrickt Der Baron sieht wirklich ganz erschöpft aus. Ein tur zer Huften erschüttert ab und zu seine Brust. Er schließt die Augen und wendet sich zur Seite. ,,Erst diesen beruhigenden Trank, Herr Baron, ich bitte.« Sie hat einige stärkende Tropfen in Wasser gelöst und hält sie ihm an die Lippen. Er schlürft sie mechanisch. spricht aber kein Wort mehr Leise zog Jlse sich in ihr Zimmer zurück. Mit einem leisen Stöhnen warf sie sich auf ihr Bett und barg ihr Antlitz in den Händ-.en So lag sie lange, lange regungslos, immer den selben Gedanken im Gehirn wälzend. Was soll, was darf ich thun? Eines stand fest in ihr. Sie war zu jung, zu unerfahren, um in einer so seltfamsen Sache selbst entscheiden zu können. Ihr Herz, ach, das hätte ja gleich am liebsten das entscheidende Ja ausgesprochen Was konnte sie besse res wünschen, als den geliebten Mann zu pflegen, seine Leiden erleichtern, ihn vielleicht dem Leben wieder gewinnen lzn helfen « Aber durfte sie ihrem Her zen folgen, durfte sie überhaupt dem E Herzen allein die Entscheidung an » heimgehen? Der Baron harre Ja nicht von meoe zu ihr gesprochen, und was sie fiir ihn empfand, das ahnte er kaum. Ein Opfer hatte er von ihr erbeten, ein Opfer, das sie dem Einsamen, Kran ken, dem seinem nahen Ende Entgegen siechenden bringen sollte. Und daß et « sie brauchte, daß eine treue selbstlose Pflege, wie die ihre, Lebensbedingung J für ihn war, sollte er überhaupt die Gesundheit wieder erlangen, dessen war sie sich klar bewußt. Wem aber « dürfte sie sich anvertrauen, in wessen « Seele ein so schwer wiegendes Ge heirnniß ausschiittenlck Jhrer Mutter, ihre-m Bruder gewiß nicht. Weder die Eine, noch der Andere würde ihre Zweifel und Bedenken verstehen. Ei nen gab es aber, Einen, in dessen theil nehrnende Brust sie gewohnt war, so lange sie denken konnte, ihr Leid aus zuschiittem der ihr Raihgeber, ihr Trö sier in allen schweren Lebenslagen ge ? wesen, Pastor Sedffarth, der Prediger « des Ortes, der sie eingesegnet, und in dessen Hause sie wie ein eigenes Kind geliebt und hochgehalten wurde. Jshn - wolle sie in aller Frühe am anderen Morgen aufsnchen, ehe sie die von ihr geforderte Antwort gab. Dieser Ent schluß erleichterte ihr bekümmeries Herz, sie wurde ruhiger, nnd der Schlaf der Jugend legte sich besänfti gend aus den Kampf der in ihren Tie fen erschütterten Mädchenseele I , - Am Fuße des Blirgberge5, auf eis nem von Lin-den umraufchten, von nie deren Hiiuschen mit Vorgärten umge benen Platze, steht die Kirche Heri heims, ein schlichter Bau aus dem An fang des Jahrhunderts, deren einziger Schmuck, ein alter, kunfivoll gesehn-itz ter Altar, sich ganz sonderbar inmitten der Diirftigkeit der weißgetünchten Wände ihres Innern ausnimmt. An der einen Seite des Platzes, das Mo - derne mit dem Urväterlsichen verbin dend, erhebt firh ein großes Hotel mit »Balkdnen und Veranden, ganz im Stile der Nenzeit, luftig und heiter er baut. Ihm gegenüber steht das vson 1 blühenden Kletterrosen iiberzogene Pfarrhaus. Die mächtige Linde da vor, jetzt gleichfalls in üppigfter Blü thenfiille flehend, strömt ihren süß-en Duft in die laue Luft des Morgens hinaus-. Die oberen Zimmer des langgestreckten Gebäudes vermiethet die sparsame Pfarrfrau im Sommer an Badegäfte, wie es ebenso jeder Ein wohner Hertheims thut, sder über mehr Raum, als er nothwendig gebraucht, zu verfügen hat. Und Pastor Seyf fahrt hat vier Kinder und nur ein kleines Gehalt, zwei Söhne, die in der nahen Residenz in Pension find und dort das Gymnafinm besuchen, und zwei Töchter, hochanfgefchoffene Back fische von elf und dreizehn Jahren, welche die von zwei alten Fräulein e leitete höhere Töchterfchule in Herthenn besuchen. Auf dem weinumranlten Vorhalt, von dem einige Stufen nach dem von Rosen- nnd Refedaduft erfüllten Hin tergärtchen führen, war die Familie » um den Frühstückgtisch versammelt. Der Pastor, ein Mann in den besten JJahren, mit fcharfgezeiihneten, tlugen und doch dabei milden legUI, saß TIE haglich im Lehnstuhl,di·e Cigarte im »Man-de, und las die Zeitung. SLJM jIrau, eine schlichte- noch jugendliche "Erfcheinung mit einem ftillsn sanften Gewit, fo recht das Abbild einer Pfar » rersfrau vom Lande, mahnte eben lhkk beiden Mädchen, fich zux OFIHUC BU recht zu machen, alscklöhlich ein Jubek ’ ruf ans deren Miss- « erst-»O « s- so