Die vorn-mische Erbschaft Renten aus« iiofrnthalssonim Entsetzung-) Wie anders hatte bieser Spaziergang geendet, als sie gedacht. Sie war ?inausgegangen, urn Erholung, Er rischnnqmzu suchen, in der frischen, grünen ainotur ihre herabgestintm ten Hoffnungen etwas wir-der aufzu richten. Zeyt kam sie heim mit ihrem Bruder, dem steckbrieflich Verfolgten, den sie ernähren mußte, der bei ihr wohnen wollte, neben dein Doktor Remboidi Wenn es herauskom, wer er wäre, so wiirde er alle Miether ihr vertreiben, bos ganze Geschäft zu Grunde richten, und sie vol-g existenz los mocheni Jhr verursachten diese Vorstellungen eine derartig heftigc (s.ientnthebewe ung, daß ihr nbel wurde; sie schwankte und wäre zu Boden gefallen, wenn ihr Bruder sie nicht schnell beim Arm ergriffen und gehalten hätte. Er rief eine Troschie, half feiner Schwe ster in ben Wagen nnd gab dein Kut scher Weisung, znrn Bahnhof zu fah ren. Als die Kutsche dort ankam, hatte Gattdentia sich so weit erholt, baß sie tnit dein Bruder vermittelst der billigeren Otnnibualinie zu ihrer Wohnung sich begeben konnte. 7. Kapitel Mit dem Oktober war auf Station Kossak die Zeit der Stiirnte eingetre ten, driickende Hitze wechselte ab mit gewaltigen Gewittem Das Meer war stets vom Winde gepcitscht, und die Perlfischerei hatte ihr Ende erreicht. Die Unternehmer kehrten zurück, von wo sie kamen, meist nach amet·ilanischen Hafen, und die Tancher, die Matrosen gingen rnit. Die Wirthe, die Laden inhabek schlossen ihre Häuser und ver ließen die Station. Es hätte die kom menden fünf Monate Niemand gut in Kosfat bleiben tonnen, da die eng lischen Schiffe ihre Fahr-ten einstellten nnd in Folge dessen die Lebensmittel Ztsuhr aufhörte, auch witrde sonst der ufenthalt sich sehr unangenehm ges staltet haben, weil die Fluth in dieser Jahreszeit so hoch steigt, daß sie die andige Bucht jeden Tag und jede Nacht sechd Stunden bis dicht an die Häuser unter Wasser setzt. Kossai bleibt aus diesem Grunde sllni Monate des Jahres leer und ver mess- , -«-, « p-- - Cllllj meinte-no ruf-etc ftuf uuuf zur Rückkehr nach New York. Er ntusterte vor der Abreise-, seiner ordnungsliebens den Art gemäß, smaiattig seine Hab keiigteiten und entdctttc hierbei, daß in einer Brieftasclfe seine gesatntnten Legitimationepauicic fehlten. Es waren das: sein Wintrosenbuch sein New Yorler Heintathschein und sein Paß— einen Taufstixtsin befas; Erith Neinkeno nicht; ein«-en fand er sein Lohnbuch tuit feinen :-tttrften, die er als langjähriger Menagerientarter nnd spit terer Thierbiindiger in dent beriihtnten amerikanischen Wandercirtue Monalto erhalten hatte, nnd welche nicht in der Brieftafche aufbewahrt gewesen waren, an ihrem Platze zuunterst in feinent Holztoffen Er nteldete deut Sherisf auf itossak, er habe jeht erst bemerkt, daß seine Legititnationspapiete ihm entwendet worden seien, wahrscheinlich von Palow damals Der Sherisf zweifelte bei dein ihtn bekannten ehrenhaften Charakter Erichs keinen Augenblick an der Wahrheit dessen, was er vorbrachte, und stellte ihnt auf Wunsch eine dahingehende Be scheinigung aus« Erich Reinientt hatte in der Ueberrtahme des Kurier-S stir eigene Rechnun ein gute-c- Geschiift ge macht; er schlag nach Abzug der Pacht sunnrte und der Auszahlung der Lohne tnit einein Reingewinn von saft drei tau end Dollaro ab. iit diesem Kapital beabsichtigte er einen langgehegten Wunsch zur Aue ftihrung zu bringen« Erich Reintens war einst sein-r Mutter entlaufen. Es gelang ji«-r damals, auf einem Schiffe unter-u totnnten, dao von London aut- ich Buenoosslires ging. Er machte in der Folge die ganze bittere Lehrzeit eines schnglosen Schifsofun en durch, ward dann Matrose und schließlich Voll matrose. Von Buenooi Aires ans hatte er einer Mutter geschrieben und sie utn rzeihung gebeten, nach einein Jahr kein sein Brief mit einer Notiz der Behörde zurück, daß die Adressattn in Ostenbe nicht tnehr aufzufinden sei. Der Brief traf ihn in Hangtong Erith schrieb noch einmal. Darauf er hielt er die Nachricht einer Wohnunge oertnietherin, die ihm mittheilte, dass Frau Luise Neintene seit einein Jahre chon estorben sei. Seine Mutter hieß nun reilich Marie Neititen«-Erich laubte jedoch an eine Natnenoverwettts elttng der Bermietherin, in deren Räumen die Miether so oft wechselteu. Er beweinte feine Mutter tnit bitteren Reitethrilnen. Sechs Jahre lang bie zu feinem zwanzigsten Jahre durchsuhr Erich alle Meere, ohne nach Europa zu kommen. « Dann war der junge Mann einige jMonate itt San Francieco ohne Stel lunf gewesen, in dieser Zeit verdingte ers ch in einer Menagerie alo Winter, gewann Interesse an dent Geschäft, zeugte großes Geschick in der Behand lung der Thiere und trat bei dein Direktor Monalto ein. Er durchzog mit diesem Cirtuo ganz Americas er versuchte Eiobiiren und Tiger u · diam- leine limite. aber iedene Ari f icherteihm auch hier Erfolg, uno er bildete fich zu einem vortrefflichen Abrichter wilder Thiere aus. Wer Jahre lang übte er diefen Beruf que, dann zog es ihn wieder zur See. Er nahm Dienst auf einem Walfischflinger und dann bei den Perlenfischern, hier um Geld zu erwerben. Jetzt war ihm dies gelungen, und nun strebte er dar nach, eine eigene Menagerie zu bekom men. Als-er in New York ankam und fich nach dieser Richtung hin umfah, erfuhr er, daß wegen Todesfall der Cirkue Monalto aufgelöst worden fei, und die Thiere zum Verlan ausstilnden Rein kene erwarb von der Wittwe feines ehemaligen Prinzipals sehr billi zwei junge l«owen, iibte diefe fiinf M onate lang ein und konnte im Frühling fchon mit diesen erstaunlich gut in der zah inen Dressur eingelernten Thieren Vorstellungen geben. Reinkend ver kehrte ohne Waffen oder Peitsche, ohne zu schießer zu schrecken, ohne mit Feuer einzufchilchtern oder fonft irgend einen Bändigerlunstgriff anzuwenden, mit feinen Löwen wie mit jungen Hunden und guten Kameraden. Er ließ fich niit ieinen Löwen, wie das bei umherziehenden Menagerien liblich ift, gegen einen gewisfen Pro zentsatz der Einnahme von wandernden hiercirluebefitzern engagiren und hatte in drei Monaten fo viel eriibrigt, daß er sich noch zwei weitere junge Löwen an chaffen konnte. Jetzt schloß er sich enek Menagerie an, die vor halte, auf einige Jahre nach Europa zu gehen. . Um die Mitte Juni schiffte Erich Reinlend mit der Menagerie und sei nen beiden Käfigen sich auf dem hol liindischen Dampfer »Ruhter" ein, der nach Notterdam ging. Dort sollten nach dem entworfenen Plane die ersten Vorstellunæen gegeben und je nach dem erzielten rsolge der Aufenthalt dort und die fernere Route festgestellt wer den. Eine Woche sfiiter lief der Dampfer . ohne linfall n die gelblich-grüne Maus ein. Vom hohen Thurme der - Laurentiuelirche ließ gerade das « Glockenspiel die Choralmelodie »Was « Gott thut, das ist wohlgethan" er tönen, als der ,,Nuyter« an dem s Hafenquai der frischgriinen »Bei-rap : ice-« Anker warf. . . Drei Tage war Henrh Büsum jetzt in Amsterdam und zwei von diesen wohnte er bei seiner Schwester, aber der Aufenthalt hier efiel ihm gar nicht. Gaudentia Biisum hielt ihren Bruder so zu sagen verborgen, und zwar bewirkte sie das dadurch, daß sie ihm kein Geld gab. Ohne Geld konnte nnd mochte Busuni aber sich nirgends zeigen, und vom nutzlosen Spazieren gehen war er ebenso wenig ein Freund wie seine Schwester. Einen neuen guten Anzug hatte Gandentia fiir den Bruder getauft, das erschien ihr unerläßlich fiir sein anstan diges Auftreten beim Stellensuchen. Ferner gab sie Henrh täglich zweimal den »Amsterdamer Courier,« damit er die ausge chriebenen Plage lese. Sie strich au selbst solche, die ihr fur ihn passend vorkamen, an——(steld jedoch erhielt Henrh nicht einen Cent. Das war ihm hochst peinlich, und er warf die ihm eingehiindigte Zeitung mit den Stelleaausschreibungen recht auf fallend bei Seite. Er that dies, um gegen seine Schwester ein Zwangsmit tel zu haben, das deren so streng ver schlossene Börse ihm etwas öffnete. Er kallulirte, wenn er seiner Schwester fortgesetzt auf der Tasche lage, wurde sie einsehen, daß dies ihr viel theurer käme, als wenn sie ihm etwas Geld geben würde, damit er ausgehen könnte nnd sich dabei nach den betreffenden Stellen umfithe. Er laubte an die fast stündlich auf jede Aeise ihm geschickt zum Bewußtsein gebrachte Mittellosigi eit der Schwester nicht. Den ganzen Tag durchstöberte er Zzeimlich alle Gelasse und möglichen erstecke seiner Schwester, er fand aber absolut nichts von baarem Gelde oder etwas, das sonst auf Spareinlagen oder Banlguthaben hinwies. Diese Wahrnehmungen machten ihn noch ver drießlicher. Der Geiz und die Schlan heit seiner Schwester itrgerten ihn ge waltig, und dieser Zorn schilt-sie seine Beobachtung. Es war am dritten Tage feiner Be obachtungen, da bemerkte er durch die nicht ganz geschlossene Thiir zum Schlafzimmer seiner Schwester, daß diese beim Zimmeraufrauinen etwas in dem Kopflisfenbe uge ihres Bettes verbarg. Bernh Bii uin wartete einen giinstigen ugenblick ab, schlich in den Raum und og dort unter der Leinwand ein Blatt apier hervor, mit dem er sich sofort in fein stammerchen begab. Das Blatt zeigte die Schriftziige sei ner Schwester. Dieser Fund dünkte ihm zuerst nicht der Mühe des Fort-· nehmens werth—da fiel se n Blick auf den Namen-Eritis Neinlens darin, der ihn stuhig machte. Fetirh Biisum verschloß leise die Th r seiner Kammer und las das Schriftstiick. Es war die Kopie des Passus b aus dem Testamente des alten Braun, den Gaudentta sich abgeschriei ben hatte. Er las die Auszeichnung sorgfältig einmal, zweimal, dann stand er hastig ans. Er war bleich-das Blatt zitterte in seiner Hand. »Das witre ein Schlag,« murmelte er, »das wiire ein Schlagi Dann wäre mir mit einem Male geholfen: hun . bertsiinfundzwanzigtausend Gnldenl Die Auffindung des Burschen sollte mir nicht schwer werden, nnd die Wä : nahm-»in riet M We et . unter diesen Verhältnissen wohl ber zeihen." Wie lommt aber Gaudentia zu die ser Abschrift? Sollte der Advolat, mit dem sie schbn thut und den sie füttert, als wiire er ein Prinz, die Sache in Pilnden haben? Denk würde ich ein chilnes Schnippchen schlagen i» Henrh zog den Paß Erich Reiniens hervor. »Statut groß, Nase erade, Haare dunkel, Augen dunkel, be andere Kennzeichen keine,» las er mit dent Uebrigen. Plötzlich schlug er aufgeregt mit der Faust auf das Papier-. »Was Mid hunderttausend Gulden? Zwei illionen und noch mehr kann man hier gewinnen !«« zischelte er. »Ausira lieu ist weit, wer weiß auch, ob ich den Reinkeno sinde'.- Er kann auch während dessen gestorben sein. Man stirbt bei dem Leben dort drüben schnell. Ohne Geld kann ich auch gar nichts machen, und wenn ich Jemand, um Geld zu be kommen, mit in’S Geheimniß ziehe, so muß ich theilen, oder der Kerl schnappt mir das Ganze weg. Gaudentia hat leinensalls so viel, um mir das Geld vorzuschießen, aber wie weit ist der Advolat in der Sache? Vielleicht ist er schon aus der Spur und weiß so viel, wie ich selbst. Er korrespondirt mög licherweise mit dem Menschen schon, dann kann ich mit meinen Papiereu in eine bose Klemme kommen. Jedensalls muß ich vorsichtig bei Gaudentia, die unzweifelhaft in die Sache eingeweiht ist, anllopfen.« Henry Büsum lopirte seinerseits ebenfalls die Aufzeichnungen und legte dann das Blatt wieder dorthin, von wo er es genommen hatte. Am Abend, als alle Miether ausgegangen waren, saß såne Schwester wie gewöhnlich in ihrem Zimmer und stickte. Henry hatte heute seinen Platz vor dem kleinen alt modischen runden Tischchen, aus dein harten ttedersopha sich ausgewählt und as den »Courier." Er warf einen schnellen Blick aus das verdrießliche Gesicht seiner Schwester, dann begann er, sie scharf im Auge behaltend: »Gaudentia, weißt Du etwas von einem Erich Neintens?« Sie guckte zusammen und wars ihrem Bruder einen ihrer gornigsten Blicke zu. »Du hast das Do ument Dir ange eignet und gelesen'.-«" stieß sie bebend hervor. »Das habe.ich,« sprach Henrh. »Das ist eine Genieinheit!« rief seine Schwester. »Mitglich," meinte Henry, ,,tn"og lichsrweise auch nicht. Eine Schwester soll derartiges vor dem Bruder nicht geheinihalten. Es kann fiir uns Beide viel bedeuten, daß ich diesen Bogen ge sunden habe.« »Gestohlen habe," fiel Jufsrouw Büsum ein. Amme es, wie Du willst, aber ant worte mir aufrichtig, ich frage nicht aus müßiger Neugierde. Du bist jeden salls in der Sache orientirt, sonst hät test Du nicht den Abschnitt abgeschrie· ben. Was weiß der Anwalt von dem GesuchtenT-« « «4.--!-f. k-L « Uu IUllsIl llllk clslcu Hist-lu) Ists-« len,« äußerte darauf mißtrauisch die Schwester. »Ich sage Dir nichts-J »So kannst Du ein großes Glück fttr und Beide durch Deine Thorhcit von Dir weisen,« hielt Henrh Busan sehr ernst dagegen. ,,Sagst Du mir nichta, so werde ich auf eigene Faust handeln-« Gaudentia fiirchtete, daß ihr Bruder, wenn sie ihm den wahren Stand der Dinge verhehle, noch Schlimmeres fiir iie zuwege bringen könnte, als wenn sie ihm berichtete, wie die Dinge lagen. »Nun,« sagte sie schnell und mit herber Stimme, »der Advoiat Mernbold beschäftigt sich seit einem halben Jahre mit der Bratnr’schen Erb schaft, hat aber nicht dad Geringste heranogefnnden Er war in Qstende und Hamburg, hat an Gott nnd die Welt geschrieben, aber der Gesuchte scheint wie von der Erde weggeblasen Rembold hat mir gesagt, tausend An dere in allen Weltgegenden, die sich tmt diesem Fall beschäftigt, hatten gleichfalls nicht eine Spur aufgefun den. Er meint, der Mannmiifzteliingst Staub und Asche sein." »Nun,« sprach darauf Henrh, »das ist richtig. Der Mann ist todt,« fuhr er nachdriicklich fort, »und ich besitze alle seine Papiere." Seine Schwester machte bei diesen Worten eine so heftige Bewegung, daß der Stickrahmen umsiel. Sie stieß einen seltsamen, schluckend rochelnden Laut aus, und ihr großer blonder tion sank hinteniiber. enrh Biisum starrte in das todten bleiche Gesicht feiner Schwester-, dann aber sprang er auf nnd ergriff eine Wasserflasche. »Verdannnte Weibernerven," mur melte er, »schon wieder ohnmächtigl Sowie die Weiber vor einem wichtigen Moment stehen, der nicht eine Heirath ist, werden sie olmtnächtig." Er sprinte seiner Schwester Wasser in«’s Gesicht. Gaudentia erholte fich bald, sie rich tete sich auf, schlug die Hände vor dae Gesicht und blieb so sitzen. »Hore mich an,« fuhr daran lHenrh fort, »nimm Dich zusammen, daß Du mich verstehst. Jch will mich mit den Papieren fiir den Verschollenen aus eben. gich glantie sicher, daß mir der oup gelingt. Denke nur, Gaudentim zwei Millionen, zwei Millionen! Wir gehen dann damit nach Arnerita, da gibt es herrliche Städte, herrliche Landsm. Wir lonnen dort unbehelligt und wie die Fürsten leben. Ich werdi sorgen schon mich beim Gericht mei est-« Seine Schwester nahm die Hund« ’ mais-licht und sob mit stoßen. wir eistesabwesenden Angen, die aber ein seltsam scharses Leuchten hatten, ihren Bruder an, so lange, daß es diesem unheimlich wurde. Dann sagte sie ruhig: »Das wirst äDu nicht thun, das wäre dumm nnd innking Da die Sachen so liegen, wirst JDU thun, was ich Dir sage, oder ich igehe sofort hinein zum Doktor Rem bold und sage ihm: ,Es hat sich ein Betrüger eingefunden, der sich siir den Gesnchten ausgibt. Er ist mein Bru der, aber ich lann nichts dafür, daß er das isi.’ Du weißt, Henry, daß ich stets thue, was ich sage. " »So riicke Du mit Deiner außer ordentlichen Weisheit heraus," sprach der Bruder. »Zuerst mache die Thiir zum Zim mer des Doktors ans, damit wir Sicherheit haben, nicht belanscht zu werden,« sliisterte Gandentia. Henrh erhob sich und folgte der Weisung seiner Schwester. »Ich sehe voraus, daß die Papiere echt sind, daß der Mann wirklich todt ist, nnd Niemand weiß, daß Du diese Papiere hast?« begann Gaudentia. »Alles trisst zu." »Gut. Ich möchte den Doktor Rem bold heirathen und deshalb ihm einen großen Dienst erweisen. Er weißnicht, daß Du mein Bruder bist, ich habe das ihm, wie Jedermann, bisher verheim licht. Ich will anch, daß dem Anwalt die Belohnungssuume zufällt, damit er eigenes Vermögen hat und das Ge sühl der Abhängigkeit mir gegenüber, die ich so reich sein werde, ihn nicht peinlich berührt. Ich nehme an, daß ich von dem Gelde des Erben minde stens ein Viertel erhalte. Von dieser Summe werde ich für unsere Schwester Bertha, die, wie M weißt, mit dem Geiger nach Amerika durchgegangen ist und seit der Zeit nichts mehr von sich hören ließ, so viel abgeben, daß sie zu eben hat. Wenn es ihr gut ginge, hätten wir sicher von ihr Nachricht erhalten, und sie soll auch etwas davon haben. Das Uebrige magst Du nehmen« Von dem Gelde müßte ich natiirlich Nem bold etwas sagen, ich würde eine Erb schast vorspiegeln und schon die Ge schichte so einsiideln, daß er es glaubt. ch könnte zum Beispiel angeben, das eld wäre mir unerwartet anheim esallen von meinem abenteuerlichen Bruder Hean Biisum, der in Amerika gestorben, und so weiter. — Das wäre der erste Grund, der mich bestimmt, von Dir zu fordern, daß die Sache durch Nembold gehen soll. Der zweite ist iir das GelinTen des Unternehmens ehr wichtig. Lin Advokat kann die Angelegenheit ohne Zweifel viel besser führen, als »Du, und wenn wir einen tüchtigen Anwalt haben, der sich mit Feuereiser aus die Sache wirft, und Alles daran seht, sie durchzuführen, so ist das sür uns mehr werth, als die ge ringe Summe von hundertsiinsunds zwanzigtausend Gulden, die von dem stoßen Kapital abgeht. Rembold rennt aus Ehrgeiz und auch der Be lohnung wegen darauf, den Erben aus findig zu machen. Er wird Alles daran setzen, Deine Ansprüche durchzusechten, einen besseren Advokaien als diesen Mann sonnen wir gar nicht finden. Du wirst also meinen Mieiher zum Rechtsbeistand nehmen, und ich werde es so einrichten, daß er durch mich aus die Spur von Teineni Hiersein lommt.« pean hatte lautlos und ernst zuge hort, wahrend seine Schwester diese Auseinaudersetzung ihm vortrug »Du bist klug wie der Teufel,» sprach er darauf leise· »Ich spreche Dir meine volle Anerkennung aus. Auf diesen Kniff wäre kein Mann gekommen. Diese Finesse konnte nur in einent Weiberkops entstehen· Ich folge Dir willig.« ,,(slut,« entgegnete Gaudentia. »Deine daran, Henrh, dasz ich Dich in meiner lHand habe, und so wie Du falsch gegett mich handelst oder mich utn meinen Autheil bringen willst, werde ich Dich anzeigen, ganz gleich, was dann auch mit mir ngeschiehtI ginge auf die Sache ncht ein, wenn er Erbe nicht todt wäre, so daß wir also Niemand um etwas bringen. Die entfernten Verwandten in Deutschland kümmern mich nicht. Jch bin arm, vom Leben gedruckt nnd geschunden. seh handle gleichsant in Nothwehr des Lebens, vor mir selbst bin ich gerecht fertigt, nnd damit basta Du wirst heute noch in die schöne große Stube vorn, die seit gestern leer steht, als mein Miether einziehen. Jetzt tomm, wir wollen das gleich in Ordnung brin gen, bevor Jemand uns stort. " Sie erhob sich, Henrh folgte ihr, und Beide verließen das kleine Zimmer. n. Kapitel. Auf deut großen Plan am Ende der WesternsStraat in Rotterdatn hatte der angetotumene Cirius Deiro, ge " nannt nach seinetn Besitzer, einem Brasilianer, sein großes Bretterhaus aufgeschlagen. Dieser Cirkus gab keine Vorstellungen in der hoheren Reit kunst, es war kein lllowns und Athle tencirlus, sondern ein sogenanntet Thiercirlus, in welchem die Künstler allein aus erstaunlich abgerichteten wilden und zahmen Thieren bestanden. Das große, runde Gebäude zeigte in1 Innern ganz die Form eitles gewöhn lichen Reitercirtus, nur dort, wo die Manege zu fein pflegt, erhob sich ein riesiger, aus Eisenstangen bestehendet und hoch oben mit Cisenstiiben bedeckter kreisrunder Käfig, worin die Vorstel : lun en sich abspielten. - Etw- Neintens hatte schon iriibet seinen Namen dei dein Auftreten als Thierbändiger in ,,:)lri«igo Rinconi" umgewandelt und unterdieser »Mutte« einen großen Ruf erlangt. Er führte diesen Namen Buch jetzt weiter und erzielte mit seinen sechsvowen in Rot terdaui große Erfolge Er war und blieb die auptanziehnngokrast des Cirkus und onnte mit seinen Löwen machen, was er wollte. Sie führten ihre Kunststiicke ganz genau wie abge richtete kluge Pudel aus, sie kletterten aus Leitern, turnten, zogen Wägelchen, aus denen Lämmer kutschitten, stellten Jagden dar aus Relie, wobei sie die Hunde des Jäger-Z bildeten, und zeig ten iihnliche, in Europa bisher noch nie gesehene Wunder der Abt-ichtung. Arrigo Ninconiö Name war bald in aller Munde, der Artist ward in Rot terdam eine Berühmtheit. Sein Por tritt hing in allen Bilderliiden, nnd eine geschickte amerikanische Retlame sorgte dasiir, daß der Ruf des groß artigen tsöwenbiindigero immer höher stieg, immer stärkeren Glanz erhielt. Jedoch nicht nur beim Publikum war Rineoni eine Lieblingssigur des Cir kns, auch in diesem selbst ward er von Allen geliebt, seiner Vesrheidenheit und Gutherzigkeit wegen, seiner Hilfs bereitschast und Gerechtigkeit willen, die nie versagte und nie vom Pfade dessen ablentte, was ehrenhast und richtig war. IUFM Vcsltzck Des Qlklllb gcyoclcll nur Elephanten und Bären; das war sein Fach, im Uebrigen setzte sich sein Personal zusammen aus Stamm artisten, zu diesen zählte er den Löwen biindiger Ninconi, den Tigerzähmer, einen gewissen Stackton, und ein Fräu lein Sigismnnd, die lustig abgerielsiete Störche vorsiihrte. Das war so zu sagen der ,,eisernc Vestand" des Cir kus Deiw, diese Artisten mit ihren »Künstlertt« aus der Thiermelt waren aus längere Zeitdauer in seinemCirkus engagirt, reisten mit ihm herum nnd arbeiteten mit dem Unternehmer auf Theilgewinn. !-h--I. KA- l."...- ...- .-L-.. II Uo Haut-u ich-out Iut einzur- uuu tun gere Zeit die verschiedenstetr Bändiger mit ihren Thieren so zu sagen Gast rollen. Bändiger von Seehunden, Wildschweinen, Schlangenkünstleriw nett utrd so weiter. Diese katneti und gingen, das brachte Abwechselung und ununterbrochen Neues. Tie Storchziihmerin Bertha Sigis mund war vor drei Jahren titit Erich Reintens auf einer Rundreise in Amerika in einem Thiereirkus zusam men engagirt gewesen, jetzt trafen sie sich wieder nnd arbeiteten bei Teiro. Fräulein Sigismund war eine blonde, schlanke-, elfenartige Person von über aus lebhaftem Wesen, mit feurigen, blauen Augen und einein festgeschlos senen, ausfallend rothetn Munde in dein elfenbeinweißen Gesicht. Aus ihren Zügen sprach große Klugheit, Entschiedenheit und Leidenschaft Ihr Ruf war untadelhaft, sie lebte sehr zuriickgezogen und sprach nie von ihrer Vergangenheit Es wußte auch kein Mensch, wo sie früher gewesen war. Vor etwa drei Jahren war sie in New York mit ihren dressirteii Starrheit auf getaucht. Die Originalität ihrer Pro duktionen hatte Aussehen erregt,,und sie hatte es verstanden, das Interesse des Publikums durch stets neue sinnst stücke, die ihre Vogel vorfiihrten, sich zu erhalten. Keine xiiachahmerinnem deren bald mehrere erstanden, erreichten an Humor und iiberraschenden »Nim mern« das Fräulein -Zigistriund, und diese wurde von den Unternehmern sehr gesucht und erzielte gute Einnah men. Die Männer näherten sich denr schö nen, interessanten Mädchen sehr eifrig, sie wies jedoch mit einein eigen thiimlicheti Ernst, mit Herbheit nnd Strenge alle riebenswürdigleiten ab. Nur ihrem Cirkustollegen Rineoni be wies sie wärmere Theilnahme nnd hatte nach ihrer offenen und unge wun genen Art erklärt: wenn diesers iann wollte, so würde sie ihn heirathen· Er wäre der beste Mensch von det Welt, ein Held an Edelsinn nnd Gut herzigkeit, sittenrein und ein geborenet Gentleman. Das verdroß Manche, am meisten den Tigerluindigcr Stock ton, einen fahl- und gelbgesichtiger Schotten, der ein Auge ans die Storch künstlerin geworfen hatte nnd sich ge tvaltig argerte, alo er sich von ihr wir Lust behandelt sah. Die Begeisrerung des Fräuleir Sigismund für den rowenbändiget kannte Jedermann im Cis-lus, blot Erich Mintens selbst nicht. Er be merkte wohl das freundliche Gesicht del schlankem blonden Mädchens, er nahrt auch derett niebenswiirdigkeit ihn gegenüber wahr, utid es entging ihn keineswegs, dasz sie ihm besonders wohlwollte. Es thaten dies aber di( meisten Damen, die in seine Naht kamen. Er fatrd in seiner Arglosigkei nichts darin und nahm die Liebens würdigkeit seiner Kollegin so auf, wi· die aller übrigen Frauen urtd Mädchen Er erwiderte sie mit ritterlichem An stande nnd Höflichkeit uud einer ihn aiigeborenen Feinheit itt den Formen Damit war Fräulein Sigiennund nm freilich im Grunde wenig zufrieden aber sie war llug genug, es weder Erio noch einen Anderen merken zu lassen Die Beiden lebten in ihrem Beruf kamerndschaftlich nebeneinander, wäh reud der Thierbändiger Stockton sio stets an die jedesmaligen Gnitspiele anschloß nnd mit diesen schnell ein Partei gegen jene Beiden zu bildet suchte; seine Jntriguen prallten jedoe an der Klugheit des Unternehmers ab Dieser kannte feine Leute genau un mthe auch, was er vorn geschäftliche-« onsmitspuime aus an seinem Lamen lnindiger nnd der Storchklinstlerin hatte. Alladendlich trat Arrigo Rinconi mit seinen sechs Löwen aus, ebenso führte Fräulein Sigismund ihre Storche vor, die Zweitritt tanzten, seitwärts nach vorn und nach rückwärts, ans Kom mando vor dem Publikum sich tiek ver neigten, Sterben und Begräbni des einen von ilsnen spielten und andere derartige Leistungen mehr zum Besten gaben. Eine malayische, fast schwarze Schlangenbändigerin, ein Engländer mit vier abgerichteten Seehunden, der stets eine Schissskapitansunisorm trug und, wenn nicht zu seinen Seehunden, sonst mit Niemand ein Wort sprach, ein schmalcr, kleiner Berliner mit zwei »singenden seitdem-vervollstän ; digten das Programm. Das Publikum « zeigte sich hochbesriedigt von den man ilierlei Genüssen Der Cirkus war stets gestillt, und der Direktor Deiro ver langet-te deshalb iilier die gedachte Zeit lsimms seinen Aufenthalt in Nottu dam. « - . Juffrouw Blisum hatte einen neuen Miethsherrn in ihre Wohnung aufge nommen. Sie deutete bei den übrigen Miethern ourch hingeworfene Worte darauf hin, daß ein weit ereister err, der iiber beträchtliche Wkittel ver tigen müsse, das kürzlich leer gewordene Zimmer bezogen habe. In seiner gro ßen Bescheidenheit hätte er sich vorher ein paar Tage mit dein kleinen Hinter stitbcheu begniigt, daraus ersehe man, wie langjähriger Aufenthalt in den transatlantischen Ländern die Menschen vorurtheilsfrei mache. Das erzählte sie auch Doktor Rembold. Sie hatte be schlossen, den Feldng mit aller mög lichen Vorsicht nach weise ausgedachtem Plane zu eröffnen. Dsm Bruder ging das jedoch zu langsam. ..Gaudentia,« sagte er zur Schwe ster, »die Sache leidet keinen längeren Verzug. Es steht eine große Summe auf dein Spiel, die Angelegenheit ist bekannt tu manchen Kreisen, und es könnte sich mit geschickt gefälschten Papieren ein Pratendent einfinden. Zufall und Anschein könnten Jenen irgendwie begiinstigen, und dann ein Kampf zwischen lZwei Erben entbren nen, der in die nendlichkeit sich hin ziige. Dann müßte man die Geschichte verloren geben, deshalb sollte unsere Losung sein: schnellundsicher, keck und s ohne nach rechts und links zu sehen l» »Ich weiß ganz genau, was ich thue,» erwiderte darauf Gaudentia. »Der Doktor muß so sicher sein« daß ihm nicht eine Spur des Verdachtes und des Zweifels kommt, erst dann wird er mit seinem ganzen Feuereifer fiir uns in’s Gefecht gehen. Ich kenne den Mann besser wie Du. Er ist nicht ein so harmloser Büchergelehrter, wie Du meinst; er kennt die Welt und die Menschen, deshalb füge Dich meiner Erlfährung und store nichts durch Unge du d.« Als an einem der nächsten Tage Juffronw Biisum mit dem Morgenthee in das Zimmer des Amt-altes trat-— sie trug ein weißes Spitzenhäubchem unter dem zu beiden Seiten der Stirn die in Brabant üblichen rergoldeten Schilde matt blinkten, kokett aus dem hellblonden Kopfe, sah rosiger wie sonst aus, und ihre blauen Augen blick ten noch sanfter———da begann sie mit verschämtem Lächeln: »Herr Doktor-, es wird wohl noch mehr Leute geben, die Erich Reinkens heißen, wie?" »Ohne Zweifel, denn in Hamburg allein gibt es eine ganze Anzahl Fami lien dieses Namens »Wenn aber der Betreffende der Sohn einer Marie Reinkens wäre?» frug sie und schaute den Doktor liebe voll an. »So ware das schon aussalltger," meinte der Rechtsanwalt. »Wie kom men Sie aus diese Frage?" »Nun, ich sagte dem neuen Miether, daß er bei der Polizei sich anmelden und seine Papiere oorweisen müsse. Der Herr suchte daraus seinen aß heraus nnd legte ihn auf den Ti ch; dann ging er fort nnd schien den aß vergessen zu haben. Ich räutnte das Zimmer aus und wollte das alte Papier schon in den Papierkorb werfen. Vor her mußte ich doch sehen, was es war. Da las ich: Sohn der Frau Marie s)ieittketts·’ Ich sah, daß ich den Riß des « errn in der Hand hielt und legte ihn schnell wieder hin, aber nun fiel es » tnir auf, daß der ’err Erich Reinkens heißt, und seine iuiter eine Marie Reintens war. Jch dachte, das müßte - ich Ihnen so schnell wie möglich sagen, - Herr Doktor.« » »Sie denken immer an mich und « meine Angelegenheiten,« äußerte der E Anwalt anerkennend. »Ktinnte ich den T Herrn tticht einmal eriuchen, mich den I Paß einsehen Zu lassen?» - »Der Paß liegt noch aus dem Tische. - Ich glaube, wir begehen kein Verbre - then in diesem Fall, wenn ich ihn - heraushole« antwortete Gaudentia schnell. ,,linter diesen Umständen gewiß nicht,« stimmte der Anwalt zu. - Juffrouw Büsum verließ aussallend schnell das Zimmer und erschien nach - wenigen Augenblicken wieder-das ver - gilbte Blatt Papier in der Hand. ! Doktor Nembold nahm den Paß und las ihn. Er ward blaß, und seine and "-· itterte. »Das ist höchst aussiil ig," - sprach er. ,,«-ltame, Herkunst, Zeit, Alter, Name der Mutter, das stimmt Alles. Sollte es soich’ einen Zufall geben? Wie sieht denn der Herr ans?" »Haben Sie ihn noch nicht esehen?« I into mit taubenltattem Bis M « « , , U --.,-s« »-»z«;· ..x h. » H, »««.- ... sp»