Die ooaaaaische Erbschaft Ums-n von D- Kommt-Banne. l. Kapitel. Aniginern sonnigen Septembernachs mittag sasi der Archtvbeamte des Amster damer Stadtgerichtd, Friedrich Steen,’ in dem olterthiimlichen, hochgewölbten, nicht sehr hellem Raum seiner Amts stube und ordnete Aktenstücke, als sehr aufgeregt sein Freund, Doktor Otto Nembold, hereintrat. »Du, ist das tein Berichterstatters schwindel, um den Lesern ein unschul diges Vergnügen zu bereiten?« fragte er den Freund, und las trotz dessen ab wehrender Handbewegung ihm Folgen des aus einem Zeitungoblatt vor: »Borgestern wurde hier Herr Odwald Braun zu Grabe getragen, dessen Sorge nur ganz wenig Leidtragende folgten, obwohl der Verstorbene ein sicher ange legtes Vermögen von beinahe zwei Millionen Gulden hinterlassen hat. J das schon ein sehr seltener Fall, so ge altet sich die Sache noch sonderbarer dadurch, daß siir diese große Summe der Erbe fehlt, denn dieser, der Sohn des Verstorbenen, welcher jetzt ein Alter von etwa sünfundzwanzig sah ren erreicht haben muß, ging alb elfjäh riger Knabe verloren-wie? das be richtet ausführlich das Testament—und ist trotz der sorgfältigsten Nachforschun gen nicht mehr aufzufinden gewesen. Der Erblasser, ein gebotener Deut scher, der lange in Amerika gelebt hat, war seit ehn Jahren hier in Amster dam ansiiksig und lebte höchst zurück gezogem Zehn Jahre lang soll nun unter behördlicher Verwaltung das Ber mögen für den etwa noch austauchenden Erben unangetastet aufbewahrt bleiben, dann geht es, abzüglich einer Stiftung von hunderttausend Gulden für das hiesige Waisenhaus, an entfernte Ver wandte des Erblassers nach Deutsch land. Wer den Erben unanfechtbar sicher auffindet, erhält eine Belohnung von rund hunderttausend Gulden und eine Kostenvergiitung von siinfund zwanzigtausend Gulden.’ —- Jst das nicht ein Leckerbissen fiir alle Tetettivs und Advolaten Europad?«-— Friedrich Steen hatte verschiedene Male den Vorleser zum snnehalten zu bringen versucht, dieser ließ sich jedoch in seinem großen Ernst und Eifer, mit dem er bei der Sache war, nicht stören. »Ist das wahrt-»- srug er seht wieder. »Natüilich ist es wahr,» antwortete Steen, »aber sieh doch einmal das Datum der Zeitung an.«« »Das weiß ich,« entgegnete der Andere; »die Nottz ist jetzt anderthalb Jahre alt-aber die Hauptsache-ist der Erbe gesundem-« Reine Spur-, wird auch wohl nicht gefunden werden« l »Das ist doch. nicht absolut unmbgs ich « Ist-Flieh asska wsnn 's- nevsa Its-i Doch daran ist ja gar nicht zu glauben. Jetzt laß Tit einmal etwas sagen, bester Freund," fuhr Stern fort. »Wir haben im vergangenen Jahre in allen Zeitungen des Erdballs jeden Monat Ansrnfe erlassen. Es haben sich in Folge der Preßnotiz, die durch alle Journale der Erde lies, Tausende bei uns gemeldet, die aus die Suche jenes Erich Braun gingen. Ich habe Berge von uschristen beantworten müssen, nach sien, Amerika, Afrika, nach Pommern nnd Sibirien, aber bis heute hat Niemand eine wirkliche Spur zu entdecken vermocht. Und setzt kommst Du, ein so vernünftiger Jurist, ein auch sonst ganz gescheidter Mensch, nnd hältst mir diesen alten Zeitungss ansschnitt als Dolchspitze ans die BrusU »Es ist merkwürdig,« antwortete der Andere. »Ich lese doch alle Tage den ,Atnsterdamer Conrier,’ in dem die Notig steht und auch wohl Eure Aus rttse gestanden haben, ich verkehre sast nnr in juristischen Kreisen nnd dennoch ist mir diese Sache ganz und gar ent gangen, und ich habe kein Wortchen von der Angelegenheit gehört. Ich mnß Dir agen, noch nie hat ein derartiger Atti el-—nnd ich ersahre doch mancherlei ähnliche Sachen-mich so erregt, wie dieser, er stel wie ein Blitzstrahl in mein Inneren Das scheint Bestim nmn des Schick als zu sein.« -Zaß Dn so ange nachhintst in die seifrIlJSGstlliichteiM srug der Beamte split t »Ja, gerade das, denn jetzt bin ich seit meiner Uebersiedelung aus der deutschen deimath hierher zweieinhalb Jahre im Bureau des gefuchtesten Un waltes von Amsterdam thatig nnd habe mich sowohl in der niederlitndischen sterei, wie auch besonders in der holländischen Sprache so ausgebildet, daß ich mich vollkommen als einheitnis sche- Jnrist bewegen kann. Nun ich ermit fertig bin nnd ans dem Sprunge , als selbstständiger Anwalt mich nieder as en, stillt mir gerade dieser Artike in die Hände l« Ein Scherz des Schicksals,« wars Stern ein, »ein Spott, eine Ironie !a .Uach nie hat mich etwas sogleich · heftig bewegt,« antwortete - ernst. »Es war erade, als U eeinestinnne in mir: tto Rent zbf ist Fels-M rdieistt iir Di ans-spat m sit einem Ruf nnd Geld ge « »Hm-Mk ches Stück, hundert . . v NO Mk das ist Deine Sache, WW Dich hinein l« sendet der The it,« t»c P. f v « i frei. « schiene nnd erfahrene Leute besoldet, die ebenfalls sorfchen mußten, nnd nirgends hat sich i« all’ den langen Jahren nur der geringsH Fingerzeig ergeben. Jetzt kommst «ut hinterher und gritbst diese alte Sache ansi« »Wie ich Dir sagte: fofort, als ich lese Notig las, erfüllte mich eine ganz eigentlfiimliche Neigung, rnit diesem Fall mich zu beschäftigen, durchstriimte mich Glückshoffnung." »Jrrwischl icht, Jrrwischlsofsnnng, « meinte der Beamte. .Schade um die schone Zeit und um dasichitne Geld, welches Du darauf verwendest. Es wäre besser, Du verjubeltest es in Champagner-. « »Wer weiß?" fagte nachdenklich Reinbold. »Ich versuche es." »Na, ich sehe schon, Dir ift nicht zu selfen,« ließ der Archivar seufzend ver nehmen. »So sag’ denn: womit kann ich Dir dienen?" »Bitte, laß mich in dem Original des Testamentes den betreffenden Pas suö einfehen." »Das steht Dir, wie Jedermann, o- --. · , » .-» ,» Los-, ch UIUJIUUI sllls dikciliclu Ulkcllk schrank, den er aufschloß, und entnahm einem Fache ein sehr verbraucht aus sehendes, vergilbten, großes Blatt, das er dem Freunde reichte. »Das ist eine wortgetreue Kopie des betreffenden Testamentsparagraphen·« Der junge Anwalt nahm den Bogen eifrig. ging damit an das bergitterte Fenster, wo es heller war, als in dem großen Raume sonst, ließ sich auf einen Stuhl dort nieder und sing an, in das Studium des Abschnittes 9 ans dem Testamente Oswald Brauns emsig sich zu vertiefen. Der Passus lautet-: »Im Jahre 1867 wohnte ich in Son Francisco. Jm Dezember dieses Zah res verließ mich meine Frau in Folge eines heftigen Streites, den wir mit einander hatten. Sie war sehr leiden schaftlicher Gemüthsart nnd gin nach New York; sie nahm meinen Hohn, der damals drei Jahre alt war, mit sich. Ich war zu jener Zeit in große aufregende Speiulationen verwickelt und es war mir nicht unlieb, frei von jeder häuslichen Störung difse Ge schäfte zu Ende führen zu önnen. Meine Frau bezog eine Rente von mir ( und gab von Zeit zu Zeit Bericht über l das Besinden meines Sohnes. NachJ etwa sechs Jahren bat ich meine Frau, ! zu mir zurückzukehren; ich hatte damals J meinen Wohnsih in New ereans. s Meine Frau erklärte sich hierzu bereit, schrieb mir jedoch, daß sie zehntau end » Dollars nöthig hätte, um Schul a,E die ihr inzwischen erwachsen seien, zu tilgen. Ich wies das Geld an, es wurde auch erhoben-aber anstatt, daß meine Frau zu mir lam, erhielt ich einen kur zen Brief von ihr, des Inhalts: Wir könnten uns nicht vertragen, unser Bei sammensein würde bald wieder zu Zwistigleiten führen, und sie hätte daher nach längerer Ueberletzung sich entschlossen, mit ihrem Sohne für sich u bleiben. Von diesem Zeitpunkt an ind meine Fran und mein Sohn ver chwnnden geblieben. Sobald es mir möglich geworden, ging ich selbst nach New Acri und Tforschte dort nach. Ich brachie endlich heraus, daß meine Frau ihren Mäd chennamen Marie Reinlens wieder angenommen habe nnd mit meinem Sohne nach Deutschland gereist sei. Die Spuren führten nach Köln. Mit diesen Nachforschungen waren zwei Jahre vergangen. Ich siedelte nach Köln iiber und erkundete hier, daß eine Frau, die sich Marie Neinlens auf Grund eines anieriianischen Passes nannte und einen Sohn von etwa elf Jahren bei sich Tritte, der im Passe als Erich Reinkens ausgeführt war, nach Paris verzogen sei. Ich begab mich nach Paris, aber hier blieb jede Nach forschung vergeblich. Endlich brachte ein ufall mir die Kunde, daß eine in dür tigen Ver «lt nissen lebende Frau, Namens nile Reinlens, in Ostende gestorben fe , einige Monate, nachdem ihr vierzehn Jahre alter Sohn ihr entlaufen und als Schiffsjunge nach London entslohen war. Die Frau nahm hierbei polizei liche Hilfe in Anspruch, nnd dadurch elangte ich zur Kenntniß dieser Vor ommnisse. Weitere Nachforf nagen gaben rnir die Gewißheit, da diese Frau nnd ihr Sohn meine Gattin und mein Sohn gewesen»sind, obwohl meine Frau nicht den Vornamen Luise, son dern Marie besaß-aber alle näheren Umstände, die ich in Erfahrung ge bracht habe: die Beschreibung ihres Aeußerm ihres Wesens, ihrer Gewohn heiten, ferner ihre, ihren Wirthsleuten gegenüber gemachte Angabe, daß sie anders heiße, sich von ihrem Manne isn Nordamerika getrennt hatte, das Alter ihres Sohnes, die New Yorier Legiti mationspapiere, meine unbeantwortet ebliebenen Ausrufe, alt' diese Uni itnde und noch andere mehr lassen mich nicht daran zweifeln, daß jene Lnise Neiniens meine Frau gewesen ist. Sie hat wahrscheinlich ihren Bornamen nur, nin nicht von mir ausgefunden zu werden, geändert. Ich ging nun noch London ans die Stiche nach meinem Sohne, fand aber « keine Spur des Flüchtlings, da solche Fälle von Knaben, die ihren Ange hörigen entlaufen, um zur See zu sehen, wohl vielmal in jedem sahrsich ereignen Ich habe auch fernerhin mit allen Mittel-, die mir gu Gebote stan den, nach meinem Sohne seforscht, ohne das Geringste auffinden zu können, dasmichaufeisthpur nachdenIBeri s llemloitete. Eine innere Stimme »O unter Nr. d ausgezeichneten Bestim mungen getroffen. Vielleicht ist ein ändern glücklicher in dieser Sache, als Es ist mein einziger Wunsch- den ich noch im Leben habe, dasz mein Sohn einst die Früchte meiner rastlosen Thit tigleit genießt und somit nicht gezwun gen wird, die edlen Gitter, welche das Leben bietet, vom Gelder-verl- abhängig machen zu müssen. Dasllngliict seines Vaters sollte der Grund sein, auf dem sein Glück sich ansinnena Dies war der Wortlaut jenes Ab schnittes aus dem Testament des alten Braun, mit dem er die HauptVeriiigung seines letzten Willens erlöuterte und kechtsertigte. Es sprach viel Kummer und Gram aus dieser nüchternen Auf zeichnung von Thatsachen und sehr wenig Zuversicht. " Diese Stimmung theilte lich auch dem jungen, jede Silbe dieses Berich tes in sich aufnehmenden Anwalt mit. Er ließ das Blatt wie ermattet linken. »Nun, bist Du iest genügend abge tiilslt?» frug der Freund lächelnd. -Start, aber nicht völlig. Falls der Sehn lebt, kann er noch gefunden wer den.« »Ja, falls er noch ledi,« fiel der Archivar ein. »Da liegt eben der Hase im Pfeffer. Lebt er noch, stiinde er längst hier. Bedenke doch: zwei Mil lionen Gulden, Otto—zwei Millionen, und der Erbe kommt nicht nach Allem, was da vor-ausgegangen ist. Die etwa nach lebende Mutter meidet sich auch nicht, nachdem wir nach dieser ebenfalls Aufrufe bis in die entlegenstcn Theile der Erde erlassen haben. Glaube mir: Beide sind längst nicht mehr unter den Lebenden. « Dieser Einwand drückte die frühere Hoffnungsfreudigkeit des jungen Anwalts noch mehr nieder. Die Angelegenheit sah in der That sehr wenig ver-sprechend aus. Es war sicher alles Menschenmogliche von dem Vater und anderen, jedenfalls klugen und in solchen Dingen erfahrenen Leuten, sowie von den Behörden gethan wor den, den Erben ausfindig zu mach:en. Alles war vergeblich gewesen. csollte es jetzt ihm wohl gelingen, nach solan ger Zeit, ihm, einem völlig linkun digen in dieser Praxis? Hochst wahrscheinlich war die Mutter todt, und der esuchte Erbe la schon seit vielen Jakren irgendwo in den fünf Erdtheilen in der Erde, fo daß längst kein Staudchen mehr von ihm vorhanden war. In diesem Augenblick siel ein feu riger Lichtstrahl der zum Untergang sich neigenden Sonne zwischen den Spalt, den zwei hoe Giebelhiiuser dil deten, und auf das apier in der Hand des Sinn-alles Sein Auge traf von all’ den Worten des Schriftstiickes erade den Ausspruch des alten litt-lassen »Eine innere Stimme sa t mir, daß mein Sohn noch lebt.« Ader junge Rechtsgelehrte blickte zu dem scheiden den Tagesgeftirn auf, das so freundlich sein oldenes Licht iiber ihn ergoß; er ließ eine Augen wieder iiber das ver hiingnißvolle Papier auf seinen Knien schweifen, und es lam ihm vor, als winke die Hand des alten Braun ihm ermunternd zu. »Und doch ist es möglich, daß der Sohn noch lebt,« sprach der Anwalt unwillkürlich laut. «Zi«llgllll) lII lllclcklci," Wllkf scc Archivar ein. »Mit-glich ist auch,« fuhr darauf der Anwalt, seinem Freunde entgegnend, fort, »daß jenem Manne von alt' Euren Maßnahmen und Aufforderungen nichts zur Kenntniß gekommen ist, wie es mir ja auch erging, der ich hier in der Stadt wohne. Allerdings war ich, als der Mann starb, verreist, ichweifte in Spanien umher und kam erst drei Monate nach dem Datum der ersten Publitation zurück. Aber ich lese doch sonst die Zeitungen täglich und besitze in Dir einen so guten Freund, der die Angelegenheit unter sich hat. Da siehst Du, wie es gehen kann. Da hast Du selbst einen leibhaftigen Gegenbeweia alt' Deiner Einwürfe und Zweifel.« »Nun ja, Du kannst auch das große Laos gewinnen. So ungefähr verhält sich meiner Ansicht nach dieser Fall siir Dich. Seye aber nicht zu viel ein. gamentlich iein Geld-das rathe ich str.» .Sei unbesorgt, ich werde nicht eher schießen, bevor ich nicht die Scheibe sehe. Jedenfalls aber möchte ich eine Kopie diefes Attenstiickes nehmen.« . ier hast Du Tinte und Feder. Ich «tte den Abschnitt in hunderttau send Exemplaren drucken lafsen sollen, das wäre fiir mich und die anderen Beamten bequemer geweien,« meinte der Archivar und riickte dem Freunde einen Stuhl zurecht. Dieser machte sich sofort an diel Arbeit, das Schriftstitck zu tapirem .Se, das wäre Nummer-o eins,· fprach darauf der Anwalt, den Bogen ( mit der Abschrift iorgsitttig in sein Parteseuiite le end. .. a, bei d eser Nummer wird es: way bietben,« brummte der Andere- i die Hand dem Freunde zum Abschiedl reichend. «Unsinn, Blödsinm Markt-ein« rief i er dann laut aus, als sein Freund das ; Zimmerverlas en tte. .Sonst ein soå vernünftiger en cis-aber das ist wie » eine ansteckende Seuche, eine Epidemie, die umherrennt und bald da und bald dort ihre Opfer ergreift· Ich werde einmal im ,Timstetdanier Eourier’ einen Irtitei iiber die raifirende krankheit der Erbensucherei chreiben.« St murrend des-s of der Beamte das it mit ms isasfits in« »den staut und nat-In seine « « » ’. Otto Nembold war ein Deutscher von Geburt, und Düsseldots seine Vaterstadt. Er hatte in Göttingen, Bonn und Berlin Rechtewifsenschast sindirt Da jedoch in der Heimath eine Uebersiille von Juristen war, so hatte der junge Mann den Entschluß gefaßt, in den Niederlanden sein Veil als Advokat zu suchen. Seine Mutter war nämlich eine Amsterdamerin, und der junge Mann hatte von dieser Seite her viele angesehene und reiche Verwandte in Holland. Otto ging nach Larven, hörte dort ein Jahr holiandisches Recht und wandte sich dann nach Amsterdam, wo er in die Kanzlei eines der gesuchtesten und bekanntesten Advolaten eintrat, um sich tnit den hotiandischen Verhalt nissen vertraut zu machen, und sich inl der niederliindischen Sprache zu vervoll kommnen. Fast drei Jahre hatte er nun praktisch dort gearbeitet, und fühlte sich jetzt reis und besähi t, selbstständi eine Abnokatur zu ero sum-da wars ihm das Schicksal den Fall »Oswald Brauno Erbe« entgegen. Ost-«- Snisss smscs sus. ssoitet III 2. Kapitel. . i w- v.v Ists-,- uo s-- Is- III-, ganz seltsam dünkenden Energie fein Interesse, nahm so zusagen sein an Ees Wesen derartig gefangen, daE hm nach den wenigen Stunden schon, seitdem er die Angelegenheit kannte, wie eine Lebensaufgabe schien, den Erben zu entdecken und ihm zu dem1 Nachlaß seines Vaters zu verhelfen. Das war nach dem, was an ii s-; materiai bis jetzt vorlag, of en r schwer, sehr schwer, aber die Aufgabe war groß, nach vielen Seiten hin ioh I nend, und gerade die anscheinende Uns · möglichleit reizte den jungen Mann, den Wurf zu wagen. · Er verhehlte sich hierbei nicht, dass ihn dieses Unternehmen viel Zeit und auch Geld kosten könnte, daß er, wie’ sein Freund Steen sich ausgedrückts hatte, möglicher Weise einem srriichts jahrelang nachlausen konnte. Das schreckte ihn, den sonst so Borsichtigen, ( jedoch nicht ab. Es iag eben etwas wie J der Ruf des Schicksale in diesem Bor haben, und Otto Neinbald war sesl ent schlossen, vorläufig sich anz der Auf-I sindung dee Erben ErichLFr aun zu wid- « men. Wenn es schließlich nicht anders sein konnte, wollte er wenigstens sests I stellen, daß der gesuchte Erbe nicht mehr s am Leben lei· Freilich wäre dieseal Ende seiner Bestrebungen satai gewe- - sen; er hätte dann wahrscheinlich viel Zeit und Geld verloren, und was dass letztere anbetrisft, war er so gestellt,j dasz er nichts nunios verwenden durste.1 Aber wie deni Vater, dem alten Braun, so sagte auch ihm eine innere Stimme: »Jener Erbe lebt nochii Arbeite, forsche und strebe nur rastlos, so wirst Du ihn findeni« s Jn solche Gedanken vertiest, saß der . junge Anwalt vor seinem Schreibtisch und studirte wieder die Auszeichnungen T des Erblassere. Da klopfte ed undj herein trat in das Zimmer des Lin-: walte Jussrouw ssuisrouw (sprich: Jus Inspder Jungsussrouw, so werden stand unverheirathete Damen scck ’I·I’ """—I TIsccccch sullllllc III der sit D » · ndeligen unverheirathe ten Dorn-« « Hm und erkundigte sich, ob der err i Thee wünsche. Zeit rouw Ltusum war eine Braban terin, anfangs der Dreißiger, eine Dame den sehr großer, stattlicher Gestalt, mit blondetn Haar, aussals lend lichten, hellgrauen Augen, beinahe weißen Augenbrauen und Augenwitns pern und einem vollen runden Gesicht, dessen zartes Weiß und Noth stark in die Augen fiel. Es gab Leute« die Infsrouw Büsuni Für sehr schön hielten. Eigentlich war ie daa auch. Der etwas zu volle Mund, die ein wenig zu stark gebogene Nase schadeten bei der Größe der gan en Figur ihr nicht. Nur das seltsame Dicht der blassen Augen, ihr ost spitzen stechender Blick konnten einem Men schenkenner zu denken geben, gewöhnlich hielt jedoch Zussrouw Misqu die Augen niedergeschlagen und halb von ihren großen, breiten, weißen Lidern bedeckt· So stand sie jeht vor dem ·un gen Mann und wartete aus dessen nts wart. »Ja, bringen Sie den Thee,« ant wortete dieser zerstreut, kaum von tei ; nein Blatt emporblickend. Jussrouw Büsuni brachte sich etwas knapp durch’a Leben, indem sie eine große Wohnung genommen hatte und nun Zimmer an alleinstehende Leute« ,verrniethete, denen sie auch die Ver :pslegung gab. hr Nus war tadellos, » sie kochte vortres lich, denn sie asz selbst gern gut, ihre Zimmer waren sauber, kund dennoch behielt die Dame ihre Wiiether nie lange. Weshale Das jlonnte man sich eigentlich nicht recht ferkliiren Otto Rentbold wohnte sehn-dies war eine große Ausnahme-schon lan ger als zwei Zakfe bei ihr. Jussrouw ii um siel die Zerstreuti il ihres Mieths rrn aus. Er war och sonst sehr hii lich ihr gegenüber, stets sreundlich und« be egnete ihr mit einer gewissen Ritter-l chkeit. Heute schien er so vertiest, daß er alle diese schönen Dinge außer Acht ließ. Das hatte etwas zu bedeuten, sagte sich Jussrouw Busunksdeni Anwalt mußte eine wichttae Sache begegnet sein. Sie wart einen scharfen« blihartigen Blick aus ihren blauen Augen aus das beschriebene Blatt in der Hand des jungen Manne-, einen wehmuthivoll zärtliche-i aus ihn selbst, und verließ mit einein sanst gesprochenen ,Gleich, den Doktors Sogleich» das Zins-ten · M stetige-i Minuten erschien sie wieder-, ein elegantes, blitzend sauberesl Theegeschirr lolett tragend, das sie vor Otto Rembold niederseptr. »Ganz frische Waffeln, Herr Dok tor,« ermunterte sie liebenswürdig lächelnd und auf einen Teller, gefiillt mit dem dufttgen Gedttck, blickend.! Gleichzeitig nahm sie jedoch mit ihren Alles sehenden Augen sehr genau wahr, in welches Fach seines Schreib tisches der junge Anwalt das Schrift sttick verschloß-— dann empfahl sie sich mit ihrem schönsten Knir. Nachdenilich verzehrte Otto Rembold seinen Ziehennhrther. Er schmeckte heute nicht einmal, daß der Thee wie der besondere- iein nnd die Waffelnj außerordentlich gut gerathen waren,’ obwohl er sonst die stech- nnd Back kiinste seiner Wirthin wohl zu wurdigen wußte. l Otto war ein schlank gewachsenerI Mann mit hriinetteni, interessantem Geficht und von freundlichem, gewins nendem Wesen; er gefiel überall, und die verschiedenen Wirthinnen, bei denen er gewohnt hatte, oder dereni Töchter bezeugten ihm stets großes Wohlwollen Er fand deshalb nichts Besonderes darin, daß auch Juffrouw Biisum ungemein freundschaftlichel Blicke fiir ihn hatte und mit großem Eifer das Leben in seiner Wohnung ihm angenehm zu machen suchte. Erz ließ sich diese Annehmlichkeiten wohl- s gefallen und erwiderte diese Bemühun- s gen durch tsiebenswiirdigleit im Ver-; kehr, hütete sich jedoch sorgfältig, dies Damen in ihren Zuueigungen zu er-; muntern oder gar in ihnen irgend welche Hoffnungen zu erwecken So nahm er denn auch Juffrouw Biisums nahrhaste Huldigungen mit freund-; lichem Dante entgegen, der sich jedoch; in dem Grade seiner Wärme stets so gleich blieb, daß diese Art und Weise die stattliche Hauswirthin allmälig zu schmerzen begann. Ase stu- , Clk III-sc Ins-, slll Inst-IV Ilc lvuc Ill Erscheinung und Wesen noch jugendlich, E ein Jahr junger sogar als ihr Miether - —dae wußte fie—-und sie besaß die vortrefflichsien Hausfrauentugendem Dad bewieo fie tagtagiich dein junge-is Manne, und wenn er nicht stumpf nnd blind war, mußte er das merken. Er wohnte ja schon länger bei ihr als alle s Miether, die sie bieher gehabt hatte-— « es mußte ihm alfo bei ihr gefallen.. Weshalb fallte sie ihin fchlieleich nicht ; lieb und werth werden, und er ee ein sehen, daß iie eine vortreffliche Frau für ihn abgabe? Sie wurde alter, das Vermiethungai gefchaft ging nicht gut, ihr fehlte eine Versorgung, und die Zukunft schien ihr dunkel. Weehalb sollte sie nicht, wie Andere auch, das Glück haben, einen gebildeten, tüchtigen Mann su bekom men? Außerdem schlug ihr. erj mehr als bei irgend einer Anderen fiir die-» sen hübschen, so!iden, sein sich beneb menden Rechtegelehrten, der jedenfalls« bald eine bedeutende Stellung unter den Amsterdainer Adookaten einnehmen würde. Da lohnte es fich wohl, dies schöne Ziel emsig zu erstreben-ob sie es aber je erreichen würde, das schien bei der auch nie eine Spur von größe rer Wärme verrathenden Art des jungen Mannes ihr zweifelhaft und machte ihr große Sorgen. Sie mußte etwas flir ihn thun, etwas Großes und Wich tigee, dae in Dankbarkeit den Mann an sie fesselte und tiefere Theilnahme für sie in ihm weitre. Wie jedoch und wodurch? Darüber fann Juffronw Büsinn fchon lange lehr ernsthaft nach. Es mußte wonniglich etwas fein, wae zu seinem Berufe in Beziehung stand, das war ihr klar-—bieher jedoch bot die Thiitigkeit des jungen Mannes als Hilfearbeiter eines anderen Rechte anwalta ihr keine Gelegenheit, nach diefer Nichtng etwas zu vollbringen. seht aber machte er fich selbstständig, iibernahm fiir eigene Rechnung, zu eigenem Ruhm und Nutzen Geschäfte. Damit war ihr die Möglichkeit zu einer derartigen Bethåtigung fiir ein solches Eingreifen gegeben, nnd heute war in dieser Hinsicht ficherlich etwas Bedeu » tendee an ihren Miether herangetreten. So war er ja noch nie in eine Sache vertieft gewesen, wie eben, ale sie den j Abendthee brachte. Sie beschloß, unter s allen Umftanden Einblick in diese An » gelegenheit zu bekommen. ! In derartigen Dingen war die iDame entschlossen, eschickt und mit sifilåtn einfchliigigen Hilfsmitteln ver s c ti. f MS Doktor Ole Meint-old tml spli i ten Abend feine Wohnung verließ, um erine gewohnte Schachpaktie im Flafe iNieuivendyl zu spielen, wartete Jug; ; frouw Biifuni geduldig etwa eine hal ! Stunde. Dann betiat fie das Zimmer ihres out-gegangenen Mielherd und be I gann dort hier und da an den Möbeln zu wifchen und aufzuräumen Ploylich wandte fie fich zu dein Schreibtifche, fog ein Bund lleiner Schlüffel aus hrer Tasche, fuchte einige Augenblicke unter diesen, bis fie den richtigen fand, nnd schloß fchnell das betreffende Kästchen auf, in das der junge Anwalt beim Abendthee das Schriftftiick gelegt hatte, was ihr aufgefallen war. Sie nahm den Bogen heraus, fehle fich in des Doktors Seifel und las genau und forgfiiltig daa Schriftfiiick durch. »Das ift ja eigentlich eine alte Ge fchichte,« dachte sie bei f ich, den Bogen finlen laffend. »Caran lomint der Doktor erft fest? Allerdings war er damal-, als die Sache auftauchte, ein Vierteljahr beinahe verreist, und na - her war die Sache fo alt schon und o viel breitgefchlagen, daß lein Menfch trieb r hdavon fprach Aber weshalb be rigalåftiptkiJa er sich pldylich o ern lhaft Das antß doch euen nd i lliadenf Vielleicht ift er dem GesM ? aus der Spur-hat er irgend et , entdeckt?—D-ad wiire nicht iidel l« ; Sie nahm das Zeitungeblatt tinzs in dem der junge AnwaltdieerfteN ziider den Fall gefunden hatte; ex bei der Abfchrift, sie las den tj strichenen Artikel. ..?Onnderttati«f Gulden Belohnung, flnsundzwattz ; tausend Gulden Kostenersatz.—-Ta fchon etwan nnt f ich deswegen u ren.-Wenn er das bekäme, dank er reich, und wenn ich ihm dazu if e; L wie verhelfen konnte-mq Jhre hellen Augen leuchteten auf fchimtnerndem Licht, und ihre Wani « swurden vor Hitze roth. J s« »An-nennt have ich doch noch ein-»Es i Glück im when. Ich stehe auf Gren,zscheide—-— kommt ed ieyt ni »dald, fo iit es vorbei· Dann gehtJ Edergad mit mir in eine trosllafe, tr , , rige Lede— Z . Juffkonw Viisnm sprang eilig di — Stuhl auf, verschloß for siiitig a ".» ZThiirem die in diesem gheile ihr-) kWohnnng führten, ging tn d zSchkismucr in iyk Zimmekuuv chk f f dort die Auszeichnung des alten Brei jschneil und sicher mit ihrer große,» . langziigigen Handfchrift ab. Sie wu! jnicht geftort in dieser Arbeit; oh - iLicht ging sie darauf wieder in d i j Zimmer des Doktor Rembold und t ) tdte ilrfchrift und das Zeitungdbl Izuriick in das Gefach des Sekretii iAisdann setzte sie sich tiefaufathm E in ihrem Zinnnerchen an den Strich inten, anscheinend ftill und ruhig fe Battifttaschentiicher mit Nanienezli ,beitictend. Es war das eine Arbeit, » Zfie jeden Abend bis tief in die Nq « ghinein fitr Geschäer aucfiihrte, is ihre kargen Einnahmen etwas zu e; ; ;hdhen. i s Heute ging die Arbeit ihr ni t zschnell und flink von Statten, , ;sonst. Tat-an war nicht nur die ele Eregung durch das eben Gesche Schuld, sondertt noch etwas gangT dereo Vor ihrem Geiste war nitnths z plahlirh dad Bild ihres Bruders aufs taucht, und diefer Bruder bildeted dunklen Punkt in Juffrouw Blifun Leben. Hentik Biifuni hatte nicht nur di. z geringe väterliche Erbtheil, das de beiden Geschwistern geblieben war, kürzester Zeit durchgebracht, er wi» auch bald darauf in Liriissei wegi «Wechfeisitlschnng. Betheiligung seinem großen Juwelendiebstahl di. EEinbruch zu fünf Jahren uchthat verurtheilt worden-hatte sch Bedo der -trafe durch eine keck audge ithr i lncht entzogen. Allerdin s ware eitdem zehrt Jahre verflofsem nr :hier wußte Niemand etwas von der f ischiktne Der Name Biisunt warte ! fund unvcssangiich, aber die Don dachte steta mit Schaudern an se. ; . Zeit, war immer in Besorgniß, ist-; s s dieser Schatten aus der Vergangenhes Zfein Dunkel plötzlich einmal in i lHGegenwart noch werfen kiinne Lii smendea Entsetzen befiel fie, wenns sich vorstellte, ihr Bruder könne wied auftauchen und eines Tages, ihre ga sEristenz und alle ihre Hoffnung-its-P trautne mitVernichtnngbedrohend, ,hi(.- s f erscheinen. ) ; Seit zehn Jagren hatte sie kein Brief von ihm er alten, warihr kein i kei Nachricht darüber zugekommen, i. e-r sich aushielt oder ob er iiberhaus , Inoch am reben war. Erwareinkilhne . - wagt-eisiger Mensch, witt- uuv ri- s s sichtelod Es war wohl möglich, daß ieinnial plohiich vor ihr stunde, stt . was daun'.- Jus rouw Bitan hat; I « Grund diesen toment lzu chsiireteer nnd ed war daher begreifle Bild des Bruders, welches inmiti .. rosiger Pläne so ganz unvermittelt da - — ihrem inneren Auge auftauchte, s« :» erschreckte und düstzr stimmte. ’ « Ihre weißen, großen, wohlgefonnT ten ande zitterten beim Sticken, unsI s ihre onst Alles scharf nnd klar sehen-« den Augen umfiorten sich. Sielieh di .—» Arbettruhenundschante starren Blicke ? in die- Ferne. Da hock- sie vie nur-thut crust ßen, und der ihr wohlbekannte - « ded Doktors erreichte ihr Ohr. S « strich sich hastig mit der Hand lib A ii das Gesicht, sie mußte dem junges Manne ja freundlich grüßend entge treten, heute mehr noch als sonst, ii das tsicht anzunden und ihm dann ein - , gute Nacht wünschen Das versöhnt f me nie. I JN Otto Rentbold schien heiter-. ff Ist würdiger Freundlichkeit und liebe; - « würdiger Ruhe verrichtete die stattlich - Dame die oben enannten Obliegenhei ten. Dann ia sie wieder ant Stri rannten-, und die Nadel durchzo ileisi den zarten dünnen Stoff. n de » blonden Kopie aber, hinter der breitexsZ glatten, weißen Stirn arbeitete-nick allerhand litt-ne Gedanken, Miigli leiten und Pläne zur Klarheit durch (Fortfeyung folgt.) --.--».. i L « Das Gebiet der fünf qrbk Äx ten Städte Englandd nntiaI issij bei London 1166 Quadratlilamet F· -·; bei Manchester IN, bei Leeds stzj IS viel wie LeipziM bei Birmin . 335 und bei Liverpool 21 Quadraltts 2 meter. Da die letztere Stadt 600,000 Einwohner zählt, tnn außerordentlich dicht bevölkert sein. ,»,.«« W i Auf eine ichwanslo, · Katzenart mitzahlreichean s( itdie Tafel Man in der irti « s olz. ie fchtnanzlaien Mitn efiiis abren zwar einen seltsamen, sit-sinng- ichonen Anblick.