Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901, February 15, 1895, Page 7, Image 7

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    · »He Ist es,« erwiderte oer andere,
»und da wir nun Beweise nöthig
haben, so siehst Du hier das Erste,
was die Wahrheit dessen, was ichs
soeben gesagt, bestätigt." s
Der Mann zog eine kleine Leder-s
tasche ans dein Futter seiner Brust-;
bekleidnng, öffnete sie und entnahmi
ihr ein zusammeagclegtee Papier, das ;
er Svend reichte. "
Aus diesem Papier stand geschrieben:
»Allen, welche diesen Brief sehen
oder hören, zuvdrderst unseren Gruß!
Sintemal der ehrbare Hans Nonsen,
unser getreuer oberster Bürgermeister
von Kopenhagem in Angelegenheiten
der Krone gesandt ist; und nrn das
Wohl selbiger zu schirtnen, so schuldet
ihm Gehorsam und Unterthiinigleit,
iecm Hilfe und Beistand jeder Unter
than des Reichesz, an den er sich zu
wenden erachtet, um Beistand zu be
geht-en
Friedrich incra
Als Svend den Brief gelesen hatte,
reichte er ihn Nansen wieder. s
» ,Solltet Ihr auf der Reise in Noth H
gerathen,' fiigte Se. Masestät ders
König hinzu, ,oder der Hilfe bedürfen, .
denn es handelt sich darum, das Geld
mitten durch das von Feinden besetzte
Land, ja sast mitten durch dae feindliche
Lager, zu führen, so sucht Svend
Gjonge auf, er ist der Mann, der Euch
helfen kann, und auf den Jhr Euer
ganzes Vertrauen setzen dürft.’ Dann
reiste ich nach Vordingborg und fand
Dich erst gestern Abend nach langem
Suchen, obwohl die Erzählungen von
Deinem Muth und Deinen Thaten
über die ganze Insel verbreitet sind.«
Svend zuckte die Achseln mit gering
schähender Miene. ,,Haltet Ihr es
nicht fiir besser, mit Eurem Lob zu
warten, bis ich es verdient habe? Bis
dahin habe ich nichts weiter gethan,
als dasz ich meinen Leuten Waffen
verschafft hobe, erst seht gedenke ich
mit meinen Thatcn zu beginnen!"
«Tu vergißt, daß ich während der
verschiedenen Auftritte in Deinem
Hause zugegen war."
»Aber lzum Teufel, .,Jerr! Glaubt
Jhr etwa, daß so verwegene, halb
wilde Menschen, wie diese Giängens
Leute, die so zu sagen alle in Krieg,
lieberfall und tiaiiipfgetiimmel geboren
und erzogen sind, sich wie die Fliegen
an einein Faden regieren lassen?
Wenn sie nicht wiiszten, daß ich ihr
Herr bin, sowohl was straft alci was
Muth anbelangt, wiirdeii sie mir gerade
in’e Gesicht lachen, und zur Stunde
einen anderen Fiihrer wählen. Gott
giiade dein Lande, wenn der Fall ein
trittl Denn da es ihnen so schwer
fällt, sich einein Befehl unterzuordnen
da sie keinen anderen Begriff von
Recht haben als dad, welches ich ihnen
vorschreibe, iviirden sie nach allen Sei
ten auseinander siiirzen, wie die Rat
ten aus einer leeren Scheune, und viel
leicht ein fchliiiiineree Vieginient fuh
ren, als unsere eigenen Leute und die
Schweden. Aber sie schlagen sich gut,
meine Gjäiigen, und deshalb muß man
sie bald init Worten, bald mit Pisto
lenschiissen iilierredeii, wie es sich eben
trifft· Die Hauptsache ist, dasi sie
ihren Fiihrer fiir einen Mann halten,
daß sie ihn als Lberherrn anerkennen;
damit lassen sie ed sich geniigen und
verlangen nicht iriehr."
»Nun, Stiend, daß Du ein Mann
bist, habe ich heute Abend gesehen,
aber dao geniigte rnir nicht, ich niiiszte
Dich genauer arti-forschen, ehe ich ca
wagte, diese wichtige Sache Deinen
Händen anzuvertrauen «
»Mit anderen Worten: Ihr hohen
Herren in Stopenhagen wiszt es nicht
besser, ale das; ein armer Mann noth
wendiger Tzeise aufhoren muß, ein
ehrlicher Mann zu sein, wenn man
nur mit einem gefüllten Beutel voi
seinen chren rasseltl Ach, Herr
Syttdikuth dann habe ich doch einen
weit besseren Begriff von Ench, obwohl
Ihr ed vielleicht weniger verdient."
,,Nnn ja, Evend izsijange," erwiderte
Nansen mit einem iiberlegenen t-iicheln,
»es ist ja auch eine Eigenschaft der
Jugend, daß sie so leicht enttanfcht
ist, weil sie an Alles glaubt; dar-Alter
dagegen, die Zeit der begrabenen
Hoffnungen, zweifelt an Allem!"
»Ich bin fiinfunddreißig Jahre alt,«
entgegnete Spend.
»Ich rechne das Alter eines Men
schen nicht nach Jahren, sondern nach
feinen Gefühlen, und darin zahlst Du
noch nicht fünfnnddreißig Jahre. Nach
Deinen Begriffe-n nnißte ich Dir also
mißtrauen, bis ich einen Beweis von
dem Gegentheil erhielte.
«Lassen wir die Sache jetzt ruhenl
Wenn ich vorhin unrecht hatte, ala ich
an Dir und den Deinen zweifelte, so
meine ich, daß ich mich ietzt endlich
bemüht habe, diesen Fehler wieder gut
zu machen.«
Svend lachte. »Weil Ohr lotnnit
und mich ietzt bitten Euch zu helfen-«
»Nein, Svend Gioitge, aber weil ich
lotnme nnd Dir die Ehre dieses Unter
nehmens anbiete, eine Ehre, die tun
so größer ist, als Deine Thaten erst
dort beginnen sollen, wo ich mich außer
Stande sehe, die Sache weiter zu inh
ren.»
Svend fah die Richtigkeit dieseo
Schlussed ein, er stand einige Angen
blicke schweigend nnd grübelnd da, dann
nickte er mit dem Kopfe, reichte Nan
len feine Hand nnd sagte
«Es ist gut, wir wollen nicht mehr
an das Geschehene denken. ch fand
mich ja auch geduldig in Al es, was
Ohr da draußen im Walde zu mirvxaip
tet, und fiigte Euch lein Leid zit. icht
wahr-, Herr Bitt-Weihw
-OI Dis das khqtestl« erwiderte
Renten in auttnlitbinetn Ton. .der
kleine Uebersall nnd der Sturz am die
harte Erde natürlich abgerechnet-der
letztere hiitte freilich beinahe genügt,
unt einen armen, stiedlsiebenden Bür
germeister seines Lebend zu berauben."
»Ach wach-· versetzte Svend lachend.
»Ich meinte ed nicht so base. Hätte
ich Euch nicht zu Boden geworfen, so
laube ich kannt, dasz wir so gute
Freunde geworden wären, und Ihr
hättet vielleicht die ganze Nacht hin
durch im dunklen Walde umher-irren
müssen. Was aber Euer Anliegen be
trisst: Wie groß ist das Kapital, wel
ches ich nach Ropenhagen führen soll?«
»Fiinszigtauscnd ReichbthalerM
»Das ist bicl (sield!«
»Ja, aber ed ist nicht so schwer zu
transporttreth denn ein Theil der
Summe besteht aus Wechselbriesen von
bekannten Mitnnerm und nur der
geringste Theil in Gold- Und Silber
münzen. Glaubst Du, daß Tit uns
dies Geld sicher durch Seeland hin
durchznsiihren verntagst?"
»Das weisz ich nicht«
»Wie, Du weißt es nicht? Auf
diese Weise wären wir ja noch nichtl
viei weitck.-- , i
»Mirgermeister,» erwiderte Jedem-«
»ich will Euch etwas sagen: Ein
Knabe streckt den Arm ans und glaubt,
daß die ganze Welt in einem Kale
fell dahcingt--ein Mann reckt ihn nur
so weit aud, daß er ihn wieder zurück
ziehen lann, er muß schnell im Han
dein, aber langsam im Versprechen
sein. Jch bin ein Mann, wie Jhr
vorhin sagtet, und erst wenn ich bei
der Sache bin, kann ich meine Ansicht
darüber äußern. Früher, als es nuri
galt, einen kühnen Streich auszufüh
ren, den ich selber ausgeheckt hatte,(
setzte ich nur mein Leben auf’e Spiel, !
und im schlimmsten Falle das meiner!
Kameraden, hier aber gilt ed meler
es kommt nicht nur darauf an, den?
Schweden zu tauschen, der eine sehrl
feine Nase hat, sondern gleichzeitig
sich des Vertrauens würdig zu zeigen, i
dae Ihr hohe Herren in meine Kühnheit z
und Newandtheit setzt. Wo habt Ihn
das Geld verwahrt?«
»Das sollst Du erfahren, sobald
wir an den Ort gelangen, denn ich ver- «
muthe, daß wir uns gemeinsam dahin
begeben."
Svend fuhr auf, er stellte sich mit
stammenden Augen vor Nansen hin.
»Tai- vermuthet Jhr also'.-" rief er·
»Da lnn ich freilich ganz anderer An
sicht. Seid Hihr wieder rnißtrauisth«
»Wieder aufbraiiseitdL-" entgegnete
Nansen.
»Armer Mann,« suhr Svend fort,
indem er sich Gewalt anthat, um seine
Heftigkeit zu bezwingen. »Ihr wallt
mit dabei fein! Ihr-, der Ihr nach
wenigen Schritten, die wir eben
zurückgelegt haben, noch nicht wieder zu
Athern kommen konnt! Ihr zittert ja
»vor ttiiite hier unten in dem warmen
Gewalt-e, wie würde ed Euch ergehen,
wenn Ihr hinaneiiimetP Diese tleine,
weiße Hand, der jeder schwedische Troß
lntbe das Schwert entringen würde,
falls ev zum Kampfe lame. Jhr wür
det ohnmachtig werden bei unseren
Schüssen und oor Schreck vergehen,
wenn wir flüchtete-n. Werft einen
Blick auf Euch selber, Bürgermeister,
und dann seht mich an! Ich sage dad
nicht, um Euch herabzusetzen, aber von
uns Beiden seid Ihr der Mann, wenn
es im Rath des Königs darauf an
kommt, einen klugen Beschluß zu fas
sen, ich dagegen bin der Mann, wo ed
sich darum handelt, Leib und Leben
bei der Ausführung auf’d Spiel zu
setzen; ich bin der Einzige, der es ver
sucht hat, einem muthigen, an Kampf
gewohnten Feind unter die gerunzelten
Brauen zu schauen, während Ihr An
deren Bittschriften schreibt und gleich
nnartigen Kindern um Verzeihung
batet. Deswegen, Herr Bürgermeister,
hlillt Euch in Euren Mantel nnd kehrt
in Eure Schreibwbc zurück, Gott be
scheere mir (·-.itucs, stir das Uebrige will
ich schon selber sorgen.«
»Nun denn, mag es geschehen, wie
Du es wünschest, Du .51otestarriger!«
sagte Nonsen, »bedente aber wohl, daß
DU, wenn Du mich sortschickst, alle
Verantwortung aus Dich nimmst·»
»Daß weist ich sehr wohl," erwiderte
Svend, »alle Verantwortung und alle
Ehre!«
,.Wann bist Du bereit zur Reise?"
»Das war ich von dem Augenblick
an,.wo Ohr von der Sache sprachen
»Und Deine Kameraden?"
» »Nehm« nicht stir ungut, Bürger
meisters Aber was gehen Euch meine
Kameraden an! Ihr konntet ebenso
gut fragen, ob ich mein Vesperbrod
oder meine Pistolen geladen habe-.
sch bat um Eure Jnstruttioti!«
»Nun wohl, Du kennst den Pfarrer
» in Vordingborg·.-"
" »Herrn Christian Nielsen, der die
Bienenzucht in seinem Garten ange
« legt hat 'r«
»Wie ich merke, kennst Du den
Mann. Gehe und bringe ihm den
Brief von mir, ich habe ihm Deinen
Namen schon genannt; er in ein guter,
treuer Diener-, er wird Dir helfen,
so viel er verntag."
»Gott helfe dem ehrwürdigen Herrn!
iWenn es daraus ankame, ein heiliges
IEvangelium zu lesen, oder die Engel
zittr- ilse herbeizurusen, so wäre es der
ch e. Aber hier, glaube ich, müssen
meine Engel die Arbeit verrichten,
wenn die Sache gelingen soll. Der
Pfarrer weiß also, wo das Geld ver
walzrt liegt, und ich dars es nicht wis
«Wir haben es in einem seiner
Bienenstocke verborgen. Nun habe ich
Dir Alles gesagt. Weise Deine
Munatmaltreaeln und bedenke
wohl) welche Gefahren und Schwierig
keiten mit dem Wageftück verbunden
ind."
»Nein, Bürgermeister,» erwiderte
Svend frisch und munter, »du den
Plan will ich gleich denken, an die
Gefahren werden wir aber erst denken,
wenn sie glücklich überstanden sind
Außerdem ist ein Sieg ohne Gefahr
nicht besser, als ein Lob ohne Ver
dienst.«
Nansen reichte Svend Gjiinge die
Hand und behielt seine Rechte lange
in der seinen; endlich sagte er: »Auf
einen glücklichen Ausgang, Svend,
Gott gebe, daß wir Beide einander
wiedersehen! Wenn Du jemals eines
Freundes bedarfst, so wende Dich nur
getrost nn mich."
»Habt Dank, Herr," erwiderte
Svend. »Wenn Ihr jemals Svend
Poulsens Hilfe bedürft, so wendet
Euch nur getrost an mich, ohne mir
vorher erst eine Falle zu stellen. lind
wenn Ihr nach Kopenhagen kommt,
so sagt Sr. Majestiit und dem hohen
Adel des Reiches, daß ich, der geringe
Mann, ihnen den guten Rath sende,
entweder volles Zutrauen zu den
jenigen zu haben, an die sie sich wen
den, oder aber ganz darauf zu verzich
ten. Sie haben eine solche Lehre
scheinbar nöthig." —
Während Svend sprach, ließ sich ein
gediiinpster Lärm iiber der Höhle ver
nehmen; der Stein wurde fortgewiilzt,
die Füße eines Mannes zeigten sich
am Eingange, der übrige Theil des
Körpers blieb unsichtbar, während er
den Stein wieder vor das Loch rollte;
dann kroch er herunter, nickte Svend
zu und setzte sich auf das in der Bett
stelle befindliche Heulager, von wo aus
er den Fremden mit sichtlicher Ueber
raschung anstarrte.
»Nun, Jus-» rter Ovend aus.
»Woher kommst Du?"
»Vom Begräbniß i«
»Von wessen Begräbnisz?"
»Die schwedischen Reiter wollten
ausprobirery wer am höchsten springen
könne, sie ans ihren Pferden, oder das
Wasser in der Bucht. Deswegen er
kranken sie, und wir standen aus dem
Werber und schauten Zu. «
»Und Ane Marie und unsere Mutes-»
»Sind in Sicherheit !"
»Er ist meine rechte Hand,« wandte
s ich Soend an Nansen
»Er ist mein Haus-U erwiderte Jb,
der diese Artigteit vergelten zu unis
sen glaubte. Nansen lächelte und
sagte: »Ich kenne diesen guten Mann
bereiten
»Dasselbe kann ich von Euch nicht
sagen,« entgegnete Jb.
»Ja, ;;b, Du wirst schon erfahren,
wer er ist, er iiberbringt und einen
Austrag, zu dessen Ausführung wir
alle unsere ziraste nöthig haben.
Aber dariiber morgen mehr. Vorläufig
halte ich es siir das Richtigste, wir
vergessen, daß es draußen tagt, löschen
unser Licht aus, und versuchen, einige
Stunden zu schlafen, wir haben heute
große Anstrengungen gehabt, und mor
gen harren unserer noch großere."
Jb toste eines der Heubiindel aus
und breitete es auf die Erde, dann
nahm er Platz darauf. Svend und
Nansen deckten ihre Miintel iiber das
Bett und legten sich neben einander.
Kurze Zeit daraus erklangen in der
einsamen istrabkannner die tiefen, lang
gezogenen Athemziige der drei schlafen
den Männer-.
10.Fi«apitel.
Die Beichte.
In Vordingborg ereignete sich an
dem folgenden Tage etwas ganz Unge
wäliiiliciied. Alle Straßen waren mit
Biirgersleuten angefüllt, die den Weg
nach der Kirche zu einschlagen.
Man erblickte ebenfalls mehrere
ichwedische Offiziere, die zu der Gat
nifou gehorten, welche start Gustav auf
dein Zchlaß zurückgelassen hatte, wah
rend er feinen Zug nach stopenhagen
fortfehte.
Jn der Nähe der Kirche wurde dae
Gedrange großer. Die Blittel beinah
ten sich vergebens, den Weg zum
Haupteingange offen zu halten. Sie
wurden zurückgedrängt und gaben
schließlich den Versuch auf. Ganz in
der Nähe der iiirchenthiir stand eine
Schaar schwedischer Kriegseute, die
hier eine gute Gelegenheit fanden, die
Schönen des Städtchens zu beobachten,
indem diese beim Eintritt in die seirche
den Schleier zuriicischlugcm
Zwischen der Menge schritt ein jun
ger Mann in geistlichem Mantel und
Kragen einher. Er war ungewöhnlich
groß und schmächtig, hatte blonde
5aar, eine bleiche ungefunde Gesichte
sarbe und todte, glanzlofe Augen.
Ihm zur Seite ging ein junges Mäd
chen, das, ihr Gebetbuch iu ein weißes
Taschentuch gehiillt hatte.
Die vertraulich-: Art, mit der sie
sich an seinen Arm lehnte, schien ein
nahes Berhältniß zwischen diesen Bei
den zu verrathen, und dies war auch
wirklich der Fall, denn Olus Tange,
der siaplan dee Pfarrers, war mit
keäsen einziger Tochter Gertrud ver
o t.
Als sie in die Kirche traten, führte
der skaplan seine Begleiterln an den
nächstobersten Stuhl nnd verließ sie
dann, um selber in einem der Chor
:stiihle am Altar zwischen den zwölf
? Schülern der i«ateinschule, die hier den
Chorgesang ausfilhrtem Plan zu neh
men. Seine Beschäftigung beschränkte
ich fiir den Augenblick darauf, seine
iii el zu lauen und die Namen aller
verfertigen aufzuzeichnein die ain näch
WlTage zum Tische des Herrn gehen
«- -- . « 's-« —.
Die Gemeinde pflegte am Tage
nach dem Altargang zu beichten, und
doch konnte man kaum annehmen, daß
diese Ursache allein eine so ungewöhn
liche Menschenmenge in der Kirche ver
sammelt hatte. Die Aufmerksamkeit
der Anwesenden war auch weniger aus
den alten Prediger im Beichtstuhl
gerichtet, als aus eine weibliche Ge
stalt, die mitten in der Chorthiir aus
dem steinernen Fußboden kniete. Sie
trug ein weites Uebergewand aus
schwarzem Beinen, das ihr vom Halse
« bis aus die bloßen Füße reichte.
»Das ist Kulsög!" sliisterten die
Zuschauer. »Heute legt sie zum ersten
Mal ossentlirh ihre Beichte ab, aber
am Sonntag soll sie mit bloßen Füßen
vor der Kirchenthiir im hohen Schnee
stehen. Das Satanssrauenzimmer!"
»Wer ist Kulsög?" fragte einer der
beiden Männer, die sich mit der Menge
in die Stirche gedrängt hatten, und die
in Folge ihrer unermüdlichen Bestre
bungen in die erste Reihe gelangt
waren.
»Gott bewahr’ mich,« sliisterte ein
kleines Männchen neben ihnen, » kennt
hr Kulng nicht? Das ist ja die böse
exe, die hier in Stadt und Land
umherzieht und Menschen und Thiere
i erhext. Denkt Euch nur, Ihr guten
Vuschem vor zwei Jahren kam sie
z Fastnachtszeit hierher und bettelte
Hbei meiner Nachbarssrau, Dyvete
sUlssem um etwas Nahrung. Dyveie
j hatte alle Hände voll Arbeit und ant
wortete ihr, sie habe kein Essen für
herumziehende Gauklen Darüber wurde
die Hexe wiithend und sagte: ,Wis;t
.Jhr was, Miitterchen, ich gehe jetzt
meiner Wege, aber Ihr sollt an mich
denken, bis sie Euch aus dem Pause
heraustragen!’—:iieun Monate päter
gebar Tyveke einen Sohn, der in Mie
nen und Geberden aussah wie ein
Bomin er schrie und lachte und schnitt
Grimassen wie der Narr bei den sah
renden Leuten, die durch’s Land ziehen,
aus dem Seil tanzen und fremde Thiere
vorzeigen, und er wird es niemals zu
etwas Anderem bringen, als zwischen
Hiihnern und Schweinen im Kehricht
aus der Straße zu liegen und von Zeit
Izu Zeit ein Höllengelachter auszu
s stoßen."
»Was Ihr da erzahtt, ist nichts
egen die Geschichte mit des Schuh
Plickers Sohn, dem kleinen Jeppe,«
bemerkte ein Anderer. »Er spielte mit
seinen Kameraden oben im Gänse
thurni, und sie kamen auf den Gedan
ken, in eins der kleinen Schießlöcher
zu kriechen und einige Tohlen zu san
gen, die dort ihre Nester haben. Wie
sie mitten dabei sind, kommt Kulsög
am Rande des Wallgrabeno daherge
gangen und rust ihnen zu: ,Vorne
schwarz und hinten hell; jetzt will ich
Dich fliegen lehren, kleiner Jeppe,’
darauf fängt sie mit ihren Faer und
Grirnassen an und zaubert den Knaben
durch das Schießloch hindurch, so daß
er gerade vor ihr zu Boden stürzt. Die
anderen Knaben schrien laut auf und
Iliefen nach Hause, um das Vorgefal
lene zu berichten. Als die Eltern an
den Thurm kamen, fanden sie Kutsng
«mit dem Knaben im Schooß dasitzen,
er war todt, und ed war kein anderer
Schade an ihm zu entdecken ach eine
große, rathe Wunde unter der Herz
grube. Ver-sieht Ihr-« Das Satans
weib hatte ihni das herausgenommen,
utn es zu ihren Zanberkiinsten zu ge
brauchen!"
»Sie ist aus unserem Dorf,» sagte
ein Bauer-, der in dem Stuhl vor dem
Erzähler faß, nnd der di: Kapuze sei
nes liittelci iiber den Kopf gezogen
hatte, während er seine Mahlzeit aus
einein Fiorb nnd einem Bierlrug hielt,
Idie er mit in die Kirche genommen
s hatte.
In dieiem Augenblick bernahm man
den dtlang einer tleiiien Glocke, worauf
der Fenster iiiit einein langen, weißen
Stock erschien nnd voller Wurde und
Selbstbewußtsein an den Stiihlreihen
entlang ging, uni diejenigen aufzu
wecken, die in der teirche eingeschlafen
waren. Nachdem er an der Gruppe
voriibergetommen trat-, begann die
Unterhaltung von Neuein.
»Wenn das Allesh was Ihr von
Kulng erzählt, wahr ist,«« sagte einer
der beiden Mannen die sich inzwischen
unvermerkt bin an einige schwedische
Soldaten, welche die erste Reihe bilde
ten, bargedriingt hatten, »so begreife
ich wirklich nicht, weshalb der Magi
strat sie so leichten iiaiifes entwischen
ließ. Jch meine doch, das; das Recht
und das Gesetz eines Landes erfordert,
daß alle Hexen, die sich der Zauber
kiinste schuldig machen, bei lcliendigem
; Leibe verbrannt werden«
’ »Ach ja, guter Herr-M erwiderte der
I Bürger seufzend, »wir hofften ja auch,
daß der Magistrat und dnd Vergnügen
«bereiten wurde, aber sie war viel zu
’ schlau, und da sie nicht das Geringste
Haus ihr herausbringen konnten, wurde
sie nur verurtheilt, öffentlich in der
Kirche ihre Beichte abzulegen· Jetzt
gibt Herr Tange dein Manne beim
Orgelwert ein Zeichen, daß die Beichte
beendet ist. »
»Noch nicht,» entgegnete einer der
Männer-; »ich habe dem Pfarrer auch
noch etwas zu beichten.«
Er warf seinetii Kameraden einen
bedeutungsvollen Blick zu und trat
aus der Schaar heraus. Die Schweden
ver-sperrten ihm den Weg, aber der
Mann legte einem der Offiziere die
Hand aus die Schulter und sagte:
»Geftatten Sie, Herr Hauptinann?"
Mit diesen Worten ging er durch die
Kirche bis an den Beichtftuhl. Der
Kaplaiy der in der Chorthitr stand,
hielt ihn zurück und sagte:
»Wenn Uhr zum hemgen ais-ersp
mahl zugelassen werden wünscht,
müßt Ihr erst mit mir kommen, damit
ich Euren Namen und Stand auszeich
nen kann."
»Ich glaube kanni, daß das von
;nöthen ist, edler Herr Kaplam » entgeg
fnete der Mann mit seiner tiefen,
; ruhigen Stimme.
; »Wollt Ihr denn nicht zum Tische
I des Herrn sselse112«
i »Ich wiinsihe zu beichten. Ueber das
iAndere lonnen wir später sprechen-«
Diese Worte wurden in der Nähe
»der knienden Frau gewechselt. Sie
serhob den see-ps, den sie bis dahin in
sden Händen verborgen hatte, und ein
«mageres, eingesallenes Gesicht mit
hinterlistigem verzerrten Zügen kam
zum Vorschein. Ihre gelbliche Haut
bildete in den hohlen Schläfen, unter
»den Augen und um den Mund herum
J unzählige Nunzelin die Lippen waren
Heingefallcn und schlossen sich nur halb
Hüber einer Reihe schieser, schwarzer
i Zähne. Der Fremde warf einen Blick
; auf dies unangenehme Gesicht und fuhr
lzusnzs :n, aber er beherrschte sich
;sogleis.;s und trat an den Beichtstuhl,
jvor welchem er niederkniete. Herr
HTange blieb in der Chorthlir stehen
fund sah ihm verwundert nach. Der
sBiirgelz der soeben die Geschichte von
jKulsög erzählt hatte, wandte sich an
i den Kameraden des Fremden und fragte
’ mit sliisternder Stimme:
»Mit Erlaubniß zu fragen, guter
Herr-, wer war der Mann, der vorhin
mit uns sprach? Er ist nicht aus
unserer Gemeinde, ich habe ihn auch
noch niemals ges ehen. «
»Das glaube ich wohl," erwiderte
der Zuriickgcbliebene, »wie solltet Ihr
ihn auch wohl gesehen haben, er ist erst
neulich aus Deutschland hierher einge
wandert.«
»Aus TelllfchlatldW wiederholte der
Bürger verwundert, »da spricht er aber
unsere Sprache erstaunlich gut."
»Er spricht alle Sprachen der Welt,
weshalb sollte er da nicht auch danisch
sprechen? Er ist ein vornehmer Mann
und von hohem Adel-ein sehr vorneh
mer Mann," fügte er mit besonderem
Nachdruck hinzu, »das sind wir alle
Beide! Er besitzt die beste Grafschaft,
die man sich nur denken kann, und das
thue ich ebenfalls-, das heißt die- mei
nige ist um ein weniges kleiner !"
»Ach,« rief der Bauer verwundert
and, »wir- angenehm das zu horenift!"
»Im dieser Grafschaft hat er die
schönsten Hunde, die es auf dieser
Welt gibt, und doch sind die Hunde
noch nichts im Vergleich zu seinen?
Biichsenz da hängen Luntenbiichsen aus ?
Liittich mit gereifellein Lauf, Gabel
biichsen and demselben Ort, und zwar
so grosi wie Kanonen, und Büchsen mit
Hohlschlosserin die sich in jedem Wet
ter benuter lassen. Vonfeinen Säbeln
zwill ich gar nicht reden, die schneiden
Eharte siieselfteine wie ein Tischmesssr
den Fräse, und dabei sind sie so fein,
daß sie einem Manne den Bart bis
auf den Backenknochen abrasiren kön
nen.«
l »Gott bewahre 1nich!" rief der Zu
horer voller Erstaunen aus. »Aber wie
ionnnt es nur-, daß ein so vornehmer
Herr bei unserem Pfarrer beichten
wills-»
»Er hatte in der verflossenen Nacht
eine Offenbarung-« antwortete der
Mann. »Jch kann es Euch gern erzäh
len, da Ihr einen so vertrauenerwecken
den Eindruck macht. Der Engel
Gabriel ist vor ihm erschienen, ist vor
uns Beiden erschienen, leibhaftig, wie
ich hier vor Euch stehe. Nun geht er
hin und fragt den Herrn Pfarrer, ob
es eine Sünde ifl, wenn ein Christen
mensch sich mit der Tochter des Groß-:
tiirken vermählt. Das thun wir in
allen Stadten, durch welche wir kom
men."
Während diese erbauliche Unterhal
tung gepflean wurde, kniete der Andere
vor dem Pfarrer und stusterte ihm zu:
»Ehrni:s««diger Herr, sitzt stiltc und laßt
Euch nicht merken, daß Jhr nder meine
Worte staunt. Jch komme in einer
ernsten Sache zu Euch, und da es von
großer Bedeutung siir uns Beide ist,
daß kein nicnschtiches Ohr außer dem
Euren etwas hort, was ich vorzubrin
gen habe, so wählte ich diese heilige
Stelle, weil ich mir keinen sichereren
Ort denken konntes
Der alte Pfarrer starrte den Mann
mit dem Ausdruck lebhafter Ueber
raschung an; es währte mehrere Minu
ten, ehe er antworten konnte.
»Um was Euer Anliegen sich auch
drehen mag, so darf ich cis hier im
Hause Gottes nirht anhören, ich habe
hier nnr die Geschäfte der Kirche zu
verrichten« Bei diesen Worten machte
er ein Zeirhcn, daß der Veichtende sich
erheben sollte, aber der sinstere, gebie
tende Blick, der dem seinen begegnete,
ließ ihn diesen Beschluß ans eben.
Der Fremde fuhr fort: »Bleibt titien,
Herr Pfarrer! Ich bitte Euch darum.
idnnt Jhr Euch einen besseren Ort
als diesen denken, um eine heimliche
Botschaft zu vernehmen? Hinter Euch
die dicke Mauer, rings um uns her
Niemand, der lauscht, nnd iiber uns
Gott, an dcn wir Beide glauben, und
dem wir, nne ich denke, Beide durch
diese Sache dienen, denn sie ist die
heiligste und theuerste der Menschen —
die Sache des Vaterlande-Zis
»Wer seid Ihrr-« stammelte der
Pfarrer.
»Mikh sendet Bürgermeister Nonsen
und mein Name ist Svend Giönae.«
Wertscqu solat.)
Quellen-s Aussen Gaum
Die beste Salbe in der Welt für
Schniite, Quetfchungen, Wunden, Ge
schwüre, Salzfluß, Ausschlag, gesprun
gene Hände, Frostbeulen, Flechten, Hüh
neraugcn, und alle Hautkrankheiten nnd
heilt sicher Hämorrhoiden oder braucht
nicht bezahlt zu werden. Garantie-f
Zufriedenheit zu geben oder keine Be
znljinna verlangt 25c. die Schachtel,.
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