Image provided by: University of Nebraska-Lincoln Libraries, Lincoln, NE
About Grand Island Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1893-1901 | View Entire Issue (Dec. 28, 1894)
Zum neuen Saht-. via S. Norm Die Glocken tönen durch die Nacht, Glücke-ab ein junges Jahr erwacht, Es ruft zu fro m Schergen; cis Mstroll Fii ien ichwe t die Brust, Das ueue Jahr bringt neue Lust Und frischqeichiissene Wassers. sersik entichtvuudeuer Tage Laut Zu m lde Dämmerung ver laßt Sind bald die düstern Farben; Die Wunden- die das alte Jahr Mit rauher Hund dir schlug- icrwahr Sie werden auch vernarben. Der Rasen ritnt aus jeder Gruft Heim hart der jungen Frühlingeiuft— O Seele, laß dein « geui Dir kommt die Lenzes unde au ; cieichtsie dem ärmsten Dornen much Dird dir ein Maiiesi tagen» Uns nimmer du erreichen mässi— Was uiiyt es, da darob du agit? O M es ein r immer! M e c Hasses- tzqtu seit, Das ichmü t dem Herrn en selbst sein Nest Mit mildem Zaubers immer. Nur trdue nicht dem Glück allein! Selbst mußt du start und tapfer lein, Ein unverdrossner Streiter; Wer in dem Kampf die Fäuste ritt-eh Im Sturm das Steuer nicht verliert, Dem hiiit der Himmel weiter So schau der Zukunft in’e Gesicht. Tritt ruhig her und futcht’ dich nicht, Was immer sie mag bringen! Die Hände taite fromm und sucht, Wenn ernst durch die Suivesieruacht Die dumpfen Glocken iiingett, Und sprich: »Sei böse oder gut, Du neues Jahr-, ich habe Mut , Mich treu der Pflicht zu wei n: Doch kunust du, komm mit Segenehanty Und allem Volk und allem Land Gib Frieden und Gedeihen!« Neues Jahr und alle Liebt-. Eyiyiuns un gerät Hishi. »Na, stuhnert, was gibt’e Wurst-« « frakte der junge Mann, der eben, die Ne setasche in der Hand, den Eisen bahnzug auf der kleinen Provinzstatian verlassen und den leichten, offenen Kalefchwagem der ihn erwartete, be ftiesen hatte. uhnert, der alte, graubiirtige Flut cher, rückte an seiner Libreemiitze, räu perte sich start und lncpste ol nspe Grund mit der Peitsche in der Luftl)mnn. .Nischt, Herr Wehnert, rein jars niicht. Sie haben man blae Einquar- ; tin-na «Das habe ich ehster Aber es liegt ja wohl nur ein — sfizicr im sS-chloß'.-« »sanz rest, 's ist man Eimer-. Aber man ea Mal is Erner schon zu ville.« « d meinen Sie, Kuhnert?« .Nischt, Herr Wehnert. Ja wollte nifcht jelagt haben-« Und weiter war aus dem alten Querko s nichts herauszulriegm Der unge Mann war einen Augen blick nachdenklich über das Wart des Kutsche-e Der Samtnertag war heute gar zu lich, und ed war unmöglich, lich anae mit anderen Gedanken aufzuhal ten, als an das liebliche Mädchen mit nußbraunen Augen und langen, flache blondeu ZöpfetY das-, wenn er erwartet wurde, stets am Zaun stand und die Landstraße hinunter spähte, ob dcr Geliebte noch nicht lam. llnd heute ist die Stelle leck. Er sucht die schlanke, helle Gestalt vergeblich mit den Augen auch zwischen den Jaemiip und Fliederströuchem Kuhnert fahrt wie gewöhnlich lang am an dem "aun vorbei, und wieder nebst er mit r Peitsche in der Lust gen-un Mit dem Mund spricht der lte wenig, er bat daliir feine Peit scheut . Und dieses lchariy kurze M en drltckt höchstes M Stellen aus. Estdettdem un nMannirn like-leich avaaen ermlch m Ore weg. Und Jltmrli ärgert er lich der Nu nert. l Was geht es den an, daß seine Braut nicht, wie sonst, am Zaune sieht? ; Wenige Minuten später ging Ernst Wehnert die große Freitreppe des Eschendorser Herrenhauseg hinunter-, in « den Parl. Die Mutter seiner Braut, die ver wittwete Frau Rittergutsbesitzer Sal-i ten, hatte ihn bei seiner Ankunft; empfangen, ihn mit der Entschuldigung großer Beschäftigtheit nur flüchtig be grüßt und aus seine Fra e nach Ma da ehauptet, dieselbe mü se nothwen ig in der tiilche zu thun haben, die Ein quartirung sei eine große Last. Trohdem wußte er genau, daß Magda nicht in der Kiiche war. Eine be-; stimmte Ahnung sagte ihm, wo er sie zu suchen habe. ! Und so ging er in den Parl. ; Er war bleich, und sein Auge blickte sinster, als er die schattigen Kiegwegek betrat. Dort, ja dort war sie—genau da, wo er sie vermuthet hatte. j Aus seinem Lieblingeplatz. ; Dort, wo die alten, breitastigen Lin- . den den weichen Rasenteppich beschatte ten, und das Auge sich ganz in dem Geslirr von tausenden Sonnenfunken aus goldgrünem Laub verlor. lind zwi schen den Hängenoeigen der Baum-' riesen ein Fernblick in die dustblaue Tiefe des Partei-. J Aber sie war nicht allein da, ihn zu erwarten. Wehnert stand einen Mo-· ment regungslos, er beobachtete starr; die Gruppe, die sich seinem Auge bot. ; Es war ein liebliches Bild und konnte wohl auch jedes liubetheiligten Auge fesseln. j Die schlanke, liebliche Mädchen-« gestalt mit dem gesenkten KöpfchenJ verwirrt mit den blaßblauen Seh eisen1 ihrer schweren, glatten Zöpfe spielend, F und neben ihr der hohe, stattliches Jüngling in der lleidsamen Reiter-« uniform, dessen Auge mit nicht miß-; zuverstehendern Ausdruck aus ihr ruhte, ; und der zu ihr sprach, während er mitj dein Kroquethatnrner gedankenlos den« Erdboden bearbeitete. F Denn scheinbar hatte dan Paar eine « Partie Kroquet begonnen. i Wehnert sah, wie in einem Spiegel-; bild, sich selbst neben dem Fremden.« Neben jener hohen, prachtigen Athle-« tensigur seine mittelgroße, gedrungene » Gestalt in dem langschooßigen, braunenk Rock; neben jenem blonden Rasse-Z kesicht init dem liihnen, seuri en BlickI einen eckigen, scharskantigen lebejerss ops, in dessen Züge harte Arbeit und; schwerer Denken ichwersiillige Linienj gemeißelt hatten, und dessen Augeni urziichtig geworden waren. : Und doch sahen diese lurzsichtigens Augen die Wahrheit so haarschars. z Im nächsten Augenblick stand er; zwischen dein überraschten Paar, dass le Auszenwelt vergessen zu habens schien. ’ ! ..-. . ---. . - m vegrnnte den Uscztey Herrn von Setitivih, mit ruhiger Höflichkeit, ! dann bot er seiner Braut den Arm und ; bat fie, ihn zu ihrer Mutter zu führen. In der Schrankitnbe bei den großen Wiiichefcheirnäen trafen sie die-Hausfrau ; Hier» zwischen den untherliegendenx Stoßen frischer Weiche, theilte er denl til-erreichten Tannen mit, daf; der Ban kerott eines messen tiieschiiftehanied in J ’ongfong ihm derartige Zniioierigi ! eiten bereite und ihn mit so großemt Schaden bedrohe, daß er gezwungen Iei, die weite Reise dorthin sofort zu; unternehmen, unt feine Jntcressen , perfonlirh zn vertreten. F Um sich den schweren Abschied zus erleichtern, wollte er gern dad Verspre- i chen feiner Braut mit auf den Weg nehmen, ihm bei feiner Rückkehr, nach sie-sicher Leim-g des nomine-, sofort ! sum Altare zu folgen. Auch habeetl eine Einladung ftir Magda, ihn heute in die Stadt, zu seiner Taute, Frau Konsul Stockmeier, zu begleiten, um bis zu seiner Abreise am folgenden Tage in seiner Nähe zu sein. Frau Salten machte ihr ernsthafte sted Gesicht zu diesen Mittheilnngen. Vor allen Dingen wollte sie genau über die Gefahr unterrichtet sein, die ihrem künftigen Schwiegersohn mög lichen Falls aus jenem Bankerott er wachsen könne-, und als dieser jede weitere Erörterung als ,,vorläu ig unnütz, da nichte festzustellen sei," ablehnte, erwiderte sie energisch, fa könne auch sie »vorlänsig noch nichts iiber die Zukunft bestinnnen." Sie erhob anch Einiviinde gegen Magdaö Besuch bei der Tante Stock meter unter dem Verwand, die Tochter jeht durchaus nicht entbehren zu kennen, aber diese Frage entschied das junge Mädchen selbst, indem es sagte »Natiirlich gehe ich heute mit Ernst, Mama. Es muß geheu.« Frau Salten war sehr schlechter Laune iiber die Nothwendigkeit, das Brautpaar selbst nach der Stadt u tegleiten, und zum Abschied sagte föte ihrer Tochter unter vier Augen: »Sei llug und mach’ Dich nicht zu intim mit diesen Leuten. Man kann nicht wissen, wie die Sache in Hang long abläqu Es ist mir eigentlich längst leid, das; Du Dich so jung ver lobt hast, mir will scheinen, Duhiittest noch bessere Partien machen konnen." I Vor dem Offiziers-Kasino der Stadt ielt nach einigen Monaten in tiefer acht, in Wind und Regen, eine Reihe von Equipagen, und au dein Kutscher fih einer dieser geschlo senen Fkutschen thronte der alte Knhnert. Er hatte den Pelzlragen hoch iiber die Ohren ge schlagen nnd machte sein grimmigstes Gesicht. Er war sehr unzufrieden mit dem Stand der Dinge. Seitdem man in Eschendorf durch Herrn von Senkwitz in Osfizierglreisen und mit dem Land adel der Nachbarschaft bekannt gewor den war, war das ein ewiges Fuhren zu Ballen und tszesellschaftem Laut und zornig llappte er mit seiner Peitsche iiber die Geduldsprobe des Winter-s- Endiich ein Vorwärtsriicken der Wagenreihe, und Kuhnerts behiibige Braunen trotten vor das Portal. Zwei Damen erscheinen unter der Thür. Frau Saiten im schleppenden Sammetpelz, wohl verhüllt, besteigt eilig den Wagen. Dann tritt eine lichte Erscheinung in den staubenden Spriihregen, der von den elektrischen Flammen der zwei großen Fiandelaber in bitt-enden Silbernebel verwandelt wird. Der Herbstwind zerrt den gold estickten Burnns von dem Haupt der jungen Balldame, man sieht schim mernde Wollen von Gaze und Ttill, ein blondes, blumengeschmiicktes Haupt —doch der hohe, stattliche Osfizier, der die junge Dame am Arme siihrt und schützend einen Negenschirm über sie hält, faßt schnell den flatternden Bur nue und hiilit sie wieder ein. Noch ein Blick, ein Scherz, ein Lächeln, er hebt sie in den Wagen, er reicht ihr chicher nnd Ziotillonboiitets, deren Menge sie lainn fassen tann, er ruft ein leistee »Auf Wiederseheni« und noch eh’ der Schlag geschlossen ist, hat liuitnert mit heftigem Peitsche-n schlag seine Bronnen angetrieben. Und diese selbe Szene hat Finhnert schon ost mit ansehen müssen, sie wiederholte sich nach jedem Ball, nach jeder Gesellschaft. Als Magda an diesem Abend ihr traulichen Schlafstiibchen betrat, fand fie einen Brief mit ausländischem Poststempel auf ihrem Toilettentifch. In ihrer Balltoilette lanerle sie vor dem flaclernden Ofenfeuer in einem tleinen Sessel und las das Schreiben. Ec- kam von ihrem Verlob ten aus Hongtong Wehnert schrieb unter dein Druck schwerer Sorgen. Trotz unsäglicher Anstrengung-en war es ihm bis-her nicht gelungen, ein günstiges Ergebniß zu erzielen. Ein ernster, dauernder Ver lust schiert unvermeidlich, und er äußerte, das; jahrelange Arbeit dazu gehören werde, den Schaden wieder gut zu machen. Der Brief handelte nur von Geschäf ten. Nur zum Schluß die warme, bange Frage, ob Magda den Muth habe, Sorgen und Enttäuschungen mit ihm zu tragen. Voraus-sichtlich würde ihre Liebe nun eine längere Probezeit zu bestehen haben, bis sie sich den eigenen Hansstand griinden könnten. Er kenne auch noch nicht an die Rück kehr denken, denn neue Geschäftsver wickelungen würden ihn noch zu länge rein Bleiben zwingen. Der Brief entsank Magdas Händen. Sie blickte in die Flammen und träumte und lächelte. Die letzte Wal zermelodie klang ihr noch in den Ohren ——-eine süße, lockende Sangweise. Ja, gewiß, sie wollte gern warten, lange, recht lange. Sie war ja noch so jung, und sie sing gerade an, ihre Jugend zu genießen Das Leben Und die Welt waren so miirchenhnst schön-— und dann wurde sich wohl Alles-zur rechten Zeit ordnen lassen. Ach, ed war so schim, sich lieben und nnbeten und huldigen zu lassen und den siißen Weihrnuch zu athtnen, der ihr in dem neuen Gesellschastdkreis gestreut wurde! Aus einer Soiiee .bei der Baronin Htlinienstein trat die Krisis ein, die unausbleiblich schien. Die Baronin war Herrn non Seni witz' Taute, und sie hatte in letzter Zeit Alles gethan, ihren Nessen und Magda Salten zusammenzusuhrem Sie begeg nete bei dieser Absicht geringen Sehn-ie rigkeiten, da sie Frau Salten auf ihrer Seite hatte-. Magd-a muß-e seiner kaum, wie es gekommen war. Herr von Lenzwitz war ihr Nachbar beim Sauper gemessen Die Erim mung war eixie sehr heitere, und man trank viel Sekt. Nach aufgehobener Tafel hatte er sie in den Wintergarten geflihrt, und dart waren fic plötzlich allein hinter einer Farrengruppc gewesen. Sein Ton halte sich geändert, er sprach heiße, leidenschaftliche Worte, fein Auge ruhte auf ihr mit jenem brennenden Blick, der Gewalt iiber sie hatte-er faßte ihre Hände und zog sie sanft an sieh-da war es, als ob ein rosiger Nebel sich vor ihre Augen legte, als ob ein Schwindel ihr vom Herzen bis in’s Hirn stiege. Sie stand zitternd wie unter einem Zauberbann, jeder klare Gedanke entschwand, ein bellemmendes Gefühl von Angst und Seligkeit raubte ihr fast den Athem——und da hielt er sie sent seinen Armen umfangen nnd küßte te. ! Wie aus dem Boden gewachsen stand l in diesem Augenblick seine Tante, die » Baronin, neben ihnen und sagte: » »Meine lieben Kinderl Welche Freude! Ich wünsche von Herzen Glück zu diesem Bunde l« Magda hatte sich hastig losgemacht und erschrocken gestammelt: »Nein, nein, um Gottes willen, ich bin ja gebunden-« Aber die Baronin hatte beruhigend ihre weiche, kühle Hand aus ihren Arm gelegt und gesagt: ,,Lassen Sie nur, meine süße Kleine-, es wird sich Alles arrangiren lassen. Dafür las en Sie Ihre Mutter und mich sorgen.« « Betaubt und verwirrt hatte Magda geschwieger sie fand in diesem Augen · lick nicht den Muth, der Baronin und Zerrn von Senkwih gegenüber ihre flichten gegen den Verlobten zu ver treten, und auf der That des Treu bruches ertappt, schämte sie sich, sich zu ihrer alten Liebe zu bekennen. « Herr von scientin sorgte dafür, daß xie nicht zur Besinnung kam. Er führte ie sofort in den Saal zurück, wo eben getanzt wurde, und da er als Nesfe der gausfran tonangebend war, machte er s agda zum Mittelpunkt des Festes und ließ die Wogen lärmender Fröh lichkeit dies Mal besonders hoch gehen. Todtinnde war Magda gegen Morgen nach Hause get onnnen, nicht im Stande, einen klaren Gedanken zu fassen. ; Echwindelnd und matt von der durch- « tanzten Nacht betrat sie am Mittag des nächsten Tages ihrer Mutter Zimmer und fand dort die Baronin Klintenstein und ihren Neffen. ’ Eh’ sie zn Worte kommen konnte, wurde sie von den Damen umarmt und geküßt und Herrn von Senkwitz in die Arme geschahen, der sofort sein Recht aus sie geltend machte. Es wurde beschlossen, die neue Ver lobung liesstes Neheitnnisz sein zu las sen, bis man sich mit den alten Ver pflichtungen abgesunden hätte, und dies Alles wurde als selbstverständlich abgeniacht, als sei es ihr eigener Wille, der utn jeden Preis durchgesetzt werden müsse. Ihre Mutter sprach in Gegenwart der Gaste von ihrer ersten Verlobung nur als von einein bedauerlichen Irr thum, dessen man sich eigentlich schä men mlisse, und von Ernst Wehnert als von einem guten, aber untergeord neten Menschen, der Magda über rumpelt hatte » Die Baronin lachte sogar iiberihn und sagte: »Ich habe ihn ein Mal ge- I sehen und hielt ihn siir einen Dorf-l schulmeister. Es ist schwer, sich unser Prinzeßrhen an seiner Seite zu denken. « : Frau Salten nahm ihrer Tochter die ; Auseinandcrsetknng mit Wehnert ab, die durch seinen Aufenthalt im Aus lande erschwert und verzögert wurde. Für Magda waren die auf ihre neue Verlobung folgenden Wochen und Mo nate ein Strudel von Zerstreuungen und Betäubungen. Ihre Mutter und die Baronin fuh ren mit ihr nach der Residenz, um eine wahrhaft silrstliche Ausstattung zu be sorgen. uno Magoa uranane Bekundung Zuweilen lebte iie wie in einein Rausch, wie in einem Zaubertraum von Glitelh Dann glaubte sie, daß ihr Herz Scniwihs allein gehbre, daß das Schicksal sie ;nr großen Dame be stimmt habe-, nnd das; Wehnert zu nn-. bedeutend siir fie fei. Aber die Stunden nun-den immer häufiger-, in denen sie eine gahnende Leere unter diesem heitern, glänzenden Leben und Treiben fühlte, und einen Stachel, einen ewig bohrenden, schmer zendcn Stachel in dem Gedanken an Denjenigen, detn sie die Treue ge brachen. Der heimlich brennende Schmerz wurde oft unerträglich I Der Winter kamt und das Neu jahrsfest war var der Thür. Am Sylvefterabend wollte Frau Salten einen großen Ball geben, und bei dieser Gelegenheit sollte Magdas Verlobung mit Herrn van Senlwitz veröffentlicht werden· Magda hatte nie erfahren, wie die Auseinanderselzungen ihrer Mutter mit Wehnert abgelauer waren, f ie fürchtete sich, darnan zu fragen. Einige Tage vor Neujahr wurde fie lebhaft dadurch beunruhigt, daf; Senk tvih ein Alleinsein mit ihr benutzte, um sie dringend zu bitten, ihre Namensnnterschrift unter ein Stück Papier zu seyen, von defer Bedeutung ihr klar, daß es sich um eine ziemlich bedeutende Summe Geldes handelte, die er ohne ihriei .tterfchrift nicht be ; kommen konnte. « Das Geld hätte Magda wenig Sor gen gemacht, aber die Heimlichkeit, sein strenges Verbot, ihrer Mutter etwas davon zu sagen, gaben ihr ein dunkles, beklemmendes Gefühl von der ’Un uverliiss igkeit seines Charakters ! Oie gab ihre Unterschrift, aber je niiher der Tag karn, der ihre Verlobung l stnit Sentwitz unwiderruflich machen sollte, um so unruhiger und angstvolis ler wurde ihr zu Muthe. Es war am Nachmittag vor dem Sylvesterabend Das ganze Haus be fand sich in ficberhafter Thiitigkeit mit Vorbereitungen fiir den Ballabend. Nur die Braut, die der Mittelpunkt des Festes sein sollte, blieb von der Unruhe unbeliistigt. Sie stand eben in ihrem weißen, schimmernden Seidenkleid vor dem Spiegel ihres Toilettenzimmers und legte die letzte Hand an ihren Anzug, bemüht, in ihrem Gesicht die Spuren der Seelenkämpfe zu verwischen, die sie den ganzen Tag gepeinigt hatten, als ihre Zofe eine Dame meldete, die sie dringend zu sprechen wünsche. Magda glaubte, dasz es sich um eine iionfettioneuse handelte, mit der sie in letzter Zeit oft in Ausstattungs angelegenheiten verhandelt hatte, und befahl, die Dame einzulassen Ueberrascht blicktes sie anf, als sie sich einer Fremden gegenüber sah, sehr auffallend gekleidet und ausfallend hübsch, die sie mit leidenschaftlich haß erregten Blicken betrachtete. »Mein Fräulein, « stieß die Fremde hastig hervor, »ich komme, Sie zu warnen! Sie werden ebenso betrogen, wie Andere betrogen wurden. Der, dem Sie angehören wollen, ist ein Spieler! Er will seine zerriitteten Verhältnisse durch eine gute Partie ar rangiren. Er wird Sie verrathen, wie er Andere vor gzhnen verrathen hatt« Ehe Magen sich von ihrem Schreck erholt hatte, war die Fremde zur Thiir hinaus und fort. Eine wahnsinnige Angst ergriff Magda, mit einem Thranenstrom brach sie zusammen. Jn einem einzigen Augenblickkam die volle Ertemitniß ihrer Schuld und ihres unseligen Irrthums iiber sie. Sie wußte plotzlich, daß sie echtes Gold gegen falsches eingetauscht hatte, daß sie eine große, treue Liebe verloren und nur einen vergänglichen Wahn gewon nen hatte. sie nichts verstand. Nur so viel wurde ! Ein Schauer des Entsetzensschüttelte sie bei dem Gedanken an das bevor stehende Fest, aber das Rollen der Equipagen draußen vor der Auffahrt mahnte, das; es zu spät sei, den Irr thutn wieder gut zu machen. Sie raffte sich auf und taumelte empor, sie wusch ihr verweintes Gesicht mit kühlenden Essenzen, sie faßte krampfhaft den dustenden Strauß und die schimmernde Schleppe und wankte » die Treppe hinunter. Sie hatte das Gefühl einer Ver : urtheilten, die in die ewige Verdamm » nisz schreitet. Auf dem letzten Treppen ? absatz stockt ihr Fuß. Was ist das? I sieht die wantende Gestalt, die ausge lSätzen ist er die Treppe hinauf und Die große Frontthiir, der sie gerade gegenüber steht, wird aufgestoßen, und eine Gestalt tritt über die Schwelle, die sie lange nicht gesehen und sofort erkennt. Jtn nächsten Augenblick läßt sie Strauß nnd Schleppe fallen, ein Ruf, wie der Hilfeschrei eines zu Tode Ge quälten, tiint durch die Halle, und mit ausgebreiteten Armen will sie dem Eintretenden entgegeneilen. Der Mann, der eben das Haus betrat, hat den Hilferuf gehört, er breiteren Anne, und mit wenigen fängt die Sintende auf. Er trägt sie in das nächste Zimmer und weist die Dienstboten und Fremden hinaus, die sich aufgeregt herzudrängen. Was sich hier zwei wiedervereinigte Herzen zu sagen hatten, vertrug keine Zeugen. Und Magdn fand den Muth, ihrer Mutter und Senkwitz gegeniiberzutre ten und zu sagen, daß sie nie einem Anderen angehören wiirde, als Ernst WehnerL Die Ballgesellschaft dieses Syl vesteraliends hat den wahren Sachver halt nie erfahren. Aber die lieber raschung, als die Baronin Klinkenstein nd Herr von Seniwitz das Haus plötz ) verließen, nnd statt der erwarteten Verlobung der Tochter des Hauses mit Senlwih der Bund Magdas mit Weh nert veröffentlicht wurde, war allge mein. Frau Salten hatte im ersten Augen blick des so unerwartet iiber sie herein brechenden Konfliktes gänzlich die Fas sung verloren, aber nachdem Wehnert eine Aussprache mit ihr unter vier Arltgen gehabt, war sie wie umgewan de t. Wehnert war in der Lage-, ihr eine Reihe von Wechseln vorzulegen, welche die Unterschrift des Herrn von Senk witz trugen, und darunter eine Bürg schaft mit der Unterschrift ihrer Tochter-. Die ganze Summe dieser Wechsel schulden betrug den größten Theil des i Vermögens-, das sie ihrer Tochter alss Mitgift zugedach hatte. Es kam daraus zu einer kurzen, er regten Unterredung zwischen ihr, der Baronin und Senktin die mit einem unwiderruflichen Bruch endete. Mit Sentwirz hatte Wehnert eine llnterredung unter vier Augen. »Ich ;habe die ältesten Rechte ans Fräuleini sSaltenxs so sprach er zu demselben »und diese hat sich siir mich entschieden. I könnte aus der Nathlage, in der Sie sich befinden, leicht die Rache stir mich schmieden. Es- liegt jedoch nicht in meiner Absicht, Sie zu verder ben, und da das Schicksal mich nun Ieinmal zu Ihrem Gläubiger gemacht ihat, will ich Jhnen behilflich sein, ’Jhre Verhältnisse zu ordnen, auch ohne eine Geldheirath." Um seiner Braut willen verzieh Wehnert das Unrecht, das ihm geschehen war, und er war in der Lage, groß miithig sein zu dürfen. Seine Ange ilegenheiten hatten im letzten Augen iblick durch neue Geschäftsverbindungen im Ausland eine so günstige Wendung genommen, daß der Schaden gut ge macht war. Magda ersuhr erst später, daß er aus Frau Saltens Brie e, die ihm sein Wort zurückgaben und die Verlobung auflöstcn, nur geantwortet hatte, er werde nie anders als Auge in Auge und miindlich von Magda selbst das Wort zurücknehmen. Wie aus einem schweren, wirren Traume erwacht, stand Ma da glück strahlend an der Hand ihres eliebten, als die Stunde schlug, die das neue Jahr verkündete. Sie hatte Glückwiinsche und Gram lationen entgegengenommen, aber kaum hatte die Mitternachtsstunde geschla gen, als auch der Ball sein Ende er reichte, und die Gäste sich heute merk würdig schnell entsernten. Die nächsten Freunde und Verwandten der Baronin Klinkenstcin hatten sich bereits früher empfohlen. Wenn auch Niemand Genaues wußte, da Magdas Verhältniß zu Senkwih kvrgffältig geheim gehalten worden war, o ühlten doch Alle die Krisis, die hereingebrochen war, und man wußte Joch nicht, wie man sich dazu zu stellen atte. Ernst und Magda bedauerten den Rückng der Gäste nicht. Sie hatten ich unendlich viel zu sagen, und ihrer gehobenen, weihevol len Stimmung sagte es viel mehr zu, die ersten Stunden des neuen Jahres allein zu feiern. Sie hörten die Neujahrsglocken klin gen rings umher aus den stillen Dör fern, und Hand in Hand blickten sie zu den ewigen, leuchtenden Gestirnen des Himmels empor, voll Freude und Dank gegen das neue Jahr, das ihnen die alte Liebe wicdergeschenkt hatte. Das Jahr 1895 nach Christi Geburt ist ein Gemeinjahr von 365 Tagen oder 52 Wochen und l- Tag und be ginnt am Dienstag dem 1. Januar neuen Stils. —- Die griechische Kirche in Rußland rechnet noch nach dem julianischen Kalender (dem alten Stil), wonach das Jahr mit unserem ils. Januar beginnt. Diese Zeitrech nung ist also stets um 12 Tage nach der unserigen zurück. Die anderen Anhän ger der griechischen Kirche rechnen nach der sogenannten byzantinischen Arra, in der das 7403. Jahr mit dem I. September alten oder dem 13. Septem ber neuen Stils unseres 1894. Jahres beginnt. —- Die Juden beginnen ihr 5656. Jahr (1. Tischri) mit dem 19. September 1895.—Die Mos lemin (die Anhänger Muhammeds) beginnen am 5. Juli 1894 ihr 1312. und am 24. Juni 1895 ihr ists. Jahr nach der Austvanderung Muhm meds aus Wirtin-YOU Buddhi sten rechnen vom Todesjahr ihres Stifters, Buddha Sakyamuni, nämlich dem Jahre 543 v. Chr., ab.——Die Chinesen bedienen sich eines bis auf Hoang-ti (2697 v. Chr.) zurück gerechneten Cyclus von 60 Jahren. Am Syiuksirrabknd. w S ach s e: »Hei-ins e, jetzt hab n Se mer schon dteiinal mein Hut ahnges trieben. Wenn Sie das no einmal bafsirt, werde ich Sie aber wiehdend!" Dieses Jahr ist seit Christi Geburt (nach Dionysius) das 1895ste. Seit Erschaffung der Welt nach byzantini scher Aera das 7403te, nachCjiidischer Rechnung das 5656ste, nach alvisius das 5844ste, seit Christi Tode das 1862ste, scit der Zerstörung erusas lems das 1825stc, seit Ein ühruug des juliauischen Kalender-s das 1940 te, seit Einsicht-ing des gregorianis en Kalender-s das 313te, seit Einführung des verbesserten Kalenders das 195ste, seit Erfindung des Geschützes und Pul vers das 515tc, seit Erfindung der Buchdruckerkunst das 455ste, seit der Entdeckung Amerikas das 403te, seit Erfindung der Fernrohre das 286Lte, seit Erfindung der Pendeluhren as may-sie seit Erfindung der Dampf maschinen das 197ste, seit Erfindungz der Schutzblattern das 100ste, seitEini führung des elektromagnetischen Druck tclegraphen das 58ste, seit Neubegriini sdung des Deutschen Reiches das 24 te, seit der UnabhängigkeitssEtslitrung Ber. Staaten das luste. i - NO