«Wtknges. JH o m a n v o n Rein-paid Lttmann. Isi..scap1te1. (Fortsetzung) »Was willst Du thun, Bruno? Wo hin willst Du geben«-« .,Wohin ich geben will? Und das kannst Du noch fragen? Jch bin nicht statt genug, Schande und Verachtung zu ertragen, am wenigsten Deine Ver achtung, Helene! »Ich will die Welt und Dich non einein Uebersliissigen, einem Elende-i be freien und ich hoffe, daß mir der Richter, vor dessen Thron ich mich jetzt nieder-. wer-sen will, gnädiger und barmherzigeri sein werde, als Du.« ; Ob nun der leidenschaftliche AusbruchH seiner Verzweiflung echt oder erkünstelt, s oder auch vielleicht ein Gemisch von Bei dem war, jedenfalls mußte er eine mäch- i tige Wirkung aus das ohnedies gewaltigi erschütterte Gemüth des jungen Mäd- i chenet üben. Sie brach in Thränen augi und winkte ihm mit der Hand, zn blei ben Er folgte dieser Weisung angemj scheinlich sehr bereitwillig und harrte« des ersten Wortes von ihren Lippen. Nach einer Weile hatte sie denn auch Fassung genug gewonnen, ihre Thränen tu trocknen, und mit uerständlicher Stimme zu sagen: « »Du weißt, Vruno, daß ich es nie mals sein werde, die Dich zu einer fol chen That der Verzweiflung treibt. Wenn ich irr-. Stande bin, Dich zu ret ten, so werde ich es schon um Dein-s todten Vaters willen thun. Sage mir, wodurch es geschehen soll und ich werde nicht zögern, Dir jedes Opfer k,u brin gen, das meine Kräfte nicht übersteigt. « Wieder bemächtigte er sich ihrer. Hund« um dieselbe mit seinen Küssen zu bedecken Aber diesmal zog sie sie. schon nach wenigen Setnnden wieders zurück ; »Ob, ich wußte es ja, daß Du meins guter Engel sein würdest, « rief er aus, l »daß ich das Schicksal meines verlorenen Lebens getrost in Deine Hände legen könnte. Du wirst einen lingliicklichen, einen Verzweifelnden dem Leben wieder gewinnen und ich wäre der Elendste und Verworfenste unter den Menschen, wenn meine Dankbarkeit für diese Rettung jemals ersterben tönntei« belene unterbrach ihn sehr ernst und mit dem Ausdruck einer Strenge, den er nie zupor an ihr wahrgenommen hatte: ,,Dante mir nicht, ehe ich etwas füri Tich gethan, Bruno. Und muthe mei- « net körperlichen Kraft nicht zu viel zuk» Glaube mir, daß ich nahe daran bin, zusammenzubrechenl Sage mir also, was Dich bedroht, und was ich zu thun. vermag, Dich vor der Gefahr zu« schüttet-« - »Man wird mich verfolgen, Helene, man wird mich gefangen sehen wollen! Schande, Schimpf und Dahn wird aus z mich hereinbrechen, und ich werde fürs immer aus der Gesellschaft der ehrbarens Menschen ausgestoßen werden « Sie sah ihn mit Entsetzen an und ein Zittern überlief ihre Gestalt. »Und weshalb —- weshalb wird das Alles geschehenW »Das eben ist es, Helene, was ich Dir in dieser Stunde, an diesem Tages noch nicht zu sagen vermag! Erlaß esi mir nur für heute, und ich wiederholeh Tir mein Gelöbniß, daß Du Alles, Alles erfahren sollst! —- Schühe mich nur sehn-—- Jch muß fliehen, aus der Stelle fliehen! Jede Minute des Zö gern-S kann Schmach und Verderben für« mich bedeuten! —- Aber ich bin ohne alles Mittel! Das Geld, dag aus meinen; Namen bei einem Bankiet deponirt ist« wage ich nicht mehr zu erheben, weil’ man mich dabei vielleicht ergreifen . könnte, und außerdem besitze ich nichts gar nichts mehri« »Du willst also das Geld haben, das ich von Teinetn Vater erbte!« »So entsetzlich es mir ist, es aus sprechen zu müssen — ja Helene, ich habe ans dieses Geld gerechnet —- ich kann meine Flucht nicht bewertstelligen ohne dasselbe. Aber so unentbehrlich es mir ist —- ich würde es dennoch nur unterl einer einiigen Bedingung annehmen. könne-r Und eine größere Barmherzig keit als in der Hergabe Deinett Resid thunies, das ich Dir ja ganz gewiß bin nen kürzerer Zeit zurückersiatten werde, ein ungleich größeres Opfer liegt in der Erfüllung dieser Bedingungl« »So laß sie mich hören, Brune, und quäle mich nicht mit Andeutungen, die ich nicht zu entröthseln vermag-« Gut denn, Helene; s- meine Bedin gung ist, daß Du mich aus ineiner Flucht begleitest!« - Sie wich vor ihm zurück und streckte wie adwehrend die Hand gegen ihn aus »(sg ist unmöglich, Brune! —- Du magst Alles von mir sordern —- Alles werde ich thun, nur dazu werde ich mich niemals entschließen Mauern-« »Ich hätte es mir vorher sagen sollen!« gab er mit dumpser Bitterkeit iurüct »Aber kannst Du einem Er krintmden damit helfen, daß Du ihm km Almosen zuwiesst, statt thut die Hand Fu reichen, die ihn aus dem Mo msk empor zu ziehen ver-m ? Dein Geld ist mir werthloi ohne Di t —Jch brauche einen theilte-hundert uschw, Jeinen wahidnstigen Freund, wenn ich nicht aufs Neue in der Vrandung des Lebens untergehen soll. Und Keiner kann mir dieser Freund sein, wenn nicht Du, Helene! Wie oft in diesen entsetzli chen Tagen der Sünde habe ich es nicht schon mit unsäglicher Bitterkeit bereut, mich nicht Deiner treuen Führung, der Leitung Deines edlen und reinen Her zens anvertraut zu haben! Jch habe schlecht gehandelt, so schlecht, daß ich einen Ekel vor ntir selbst empfinde nnd keinem Menschen mehr in’s Gesicht zu blicken wage; aber was mich dazu ge trieben, war nicht so sehr eigenes Ver tiec-bniß, als meine unsägliche Schwäche der lockenden Verführung gegenüber. Hätte ich nicht zuvor in srevelhastem Leichtsinn die Stütze von mir geworfen, die ich in Deiner treuen und zärtlichen Führsorge besessen, — niemals hätte ich aus die abschiissige, schliipfrige Bahn ge rathen können. Wohl ist es jetzt in spät, darüber in klagen nnd zu jam mern, denn damit kann nicht ein einiigecs Wort und eine einzige Handlung tin-Or nngeschehen gemacht werden; aber ec- ist nicht zu spät, umzuwenden, Und zur Nechtschassenheit nnd zur ehrlichen Athen zurückzukehren. « »Aber es ist eine schwere Aufgabe-, Brunn,« sagte Helene ernst, »eines Auf gabe, welche die ganze Kraft nnd oen eisernen Willen eines Mannes erfor dert! Ich fürchte nur zu sehr, diese Kraft ist Dir bereits verloren gegan gen.« »Ich muß diesen Vorwurf hinneh men, denn ich habe ihn überreich ver dient! —- Aber gerade, wenn Du so wenig Vertrauen in meine Ausdauer und Beharrtichleit setzest, Helene, soll test Du meine slchentliche Bitte nicht zutiietweisem solltest Du mir das Opfer bringet-, das ich auf meinen Knieen von Direrbettlel Wohl mag es eine unerböhte Zumuthung sein, zu fordern, daß Du Dein reines, hoffnungsreiches Leben mit dem ungewisse-i Schicksal eines versehmten Flüchtlings vereinigen solltest; aber mein Verbrechen ist nicht so groß, daß es nicht verziehen werden könnte, und ich besitze genug an ehr ehrliehen Kenntnissen, um für Dich und mich irgendwo in der Fremde, wo uer Niemand kennt, ein bescheidenes, aber ehrenvolles Dasein auszubauen. Wenn meine Kraft erlahmen will im Kampse gegen das Schicksal, so wird Dein mildes Wort und die Erinnerung an Deine Großmuth es sein, welche mich mit neuem Muthe und neuer Zuver sicht erfüllt! Kannst Du es wirklich über Dich gewinnen, mir diesen seligen Traum einer glücklichen Zukunft zu zer stören?« Er war ein vollendeter Schauspieler, und vielleicht auch mischte sich in diesem Augenblick ein Körnchen von Aufrichtig keit in seine Vetheuerungen und Ver sicherungen.—- Zwar wurde sich Helcne auch seht nicht darüber klar, ob es witt lich Liebe war, was sie für ihn empfand; aber ein tiefes, innige-Z Mitleid war es jedenfalls, und die Vorgänge in ihrem Herzen vrägten sich viel zu deutlich aus ihrem Antlitz aus, als daß Bruno die Wandlung zu seinen Gunsten nicht so fort hätte wahrnehmen sollen· Er suchte sie mit allen Hilfsmitteln leidenschaftli cher Ueberredung auszunutzen und lie gegnete allen ehren Bedenken mit den heiligsten Bersicherungen und Schwüren »Ich fühle mich so schwach und an gegriffen,« sagte Helene, »daß ich den Aufregungen und Mühseligkeiten einer Flucht gar nicht« gewachsen wäre. Die Furcht vor Entdeckung, in der wir be ständig schweben müßten, würde mich sicherlich völlig aufreiben.« »Wie kannst Du glauben, Helene, daß ich Dich aufsordern würde, tnich zu begleiten, wenn wirklich diese Gefahr eine so naheliegende ware? Jn dieser Umwandlung meines Aeußeren wird mich Niemand erkennen, und außerdem habe ich guten Grund, anzunehmen, daß man mir keine allzu großen Schwie rigkeiten mehr bereiten wird, sobald man nur die Gewißheit hat, daß ich die Stadt und das Land verlassen habe. Wir werden uns nach England begeben und ich habe in Hamburg einen Bekann ten, der uns die Möglichkeit der Ueber fahrt verschaffen wird, ohne daß wir niit den Behörden in irgend welche Berüh rung zu gerathen brauche-. Wohl sehe ich ein, daß die Flucht mit einem verfolgten Verbrecher für Dich selbst dann entseylich fein must, wenn keine Gefahr siir Deine eigene Sicherheit damit verbunden ist. Aber bedenke, daß es sich unt die Ret tung eines Menschenlebens -—- und wao ntehr ist, unt die Rettung einer Men schenseele handelt, und dase ich durch nn erniüdliche Dankbarkeit, Sorgfalt und Zärtlichkeit alle die Leiden wieder gut inachen werde, denen Du Tich jetzt nni meinetwillen unterziehsL « Mit gleich überzeugender Beredtsann seit schlug er auch alt' ihre anderen Ein wendungen nieder· lin- schsoor ihr, daß ihrer Trauung auf englischein Boden keine Schwierigkeiten begegnen würde; denn nur unter dieser Bedingung wollte sich Helene zur Erfüllung seines Ver langens verstehen, und daß sie dort, wo sie nicht mehr das Geringste für seine Sicherheit zu befürchten habe, Zeit und Gelegenheit genug haben werde, sich von den Strapazen, Aufregungen und Mith seligkeiten der Reife zu erholen. Eine halbe Stunde später hatte er wirklich ihre Einwilligung erhalten und nun schien er plöhlich wie umgewandelt Sein Schmerz und seine Verzweiflung waren völlig geschwunden, nnd er ent wickelte eine Lebendigkeit und einen Eifer-, welche bei dem furchtbaren Ernst der Situation für fiele-ne etwas Belin - stigendes nnd Unhe inliches haben mus ten. Er bat sie, nur das san-nothwen digsie non ihren Sachen zusammenzu packen, da man sich auf der Reise immer wieder von Neuem damit versehen könne, und war ihr selbst behilflich, um ihre in der That bereitet auf das Aeußerste an gespannteu Kräfte zu schonen. Als aber Helencettlärte, daß sie sich jedenfalls von der alten Frau Behrend, ihrer treuen und aufopfernden Pflegerin ver abschieden müsse, erhob er den entschie densten Widerspruch. « n einer Stunde geht der Zug nach Hamburg, welchen wir unbedingt be nützen müsset-, und wir können denselben unmöglich erreichen, wenn Du diesen Vorsatz ausführen willst. Vergiß nicht, daß wir auch zuvor nach der Bank fah ren müssen, an der Du Dein Erbtheil erheben innsit!« s Helene war tief bekümmert, denn der jVorwurf häßlicher Undankbarteit, wel schen ihr die alte Dante, und welchen ihr ji::11nentlich der Professor, der treue nnd J,nn-igennützige Freund, nach dieser heim stichen Entfernung nothwendig machen :mns.-ten, lasiete ihr schwer aus der T Zerle· »So will ich meinen Wohlthätern "-nenigs."tens einige Zeilen schreiben, »welche sie vor Angst und Sorgen um »auch bewahren sollen. Von Hamburg Ums kann ich sie dann in einein aus vführltchen Briefe von Allem unter iichten.« » »Wenigftens von Allein, was sie wissen sdürienN siel Bruno rasch ein. »Ich :hnfse, Du wirst keine Unvorsichtigteit sprachet-, liebe Helene!« s »Das ist nicht zu befürchten! Der IPsotessor Ternberg kann Alles erfah ren! Er hat einen Anspruch auf mein IVertranem und wird dasselbe niemals smisrbraucheM « »Was den Professor anbetrifft, so theile ich Deine Meinung vollkommen,« sgab Brutto mit einem sehr häßlichen JAnsleuchten seinerAugen und einem höh Jnifchen Zacken der Mundwinkel zurück, J»r-er wird gewiß nichts weiter erzählen, iwns man ihtu anvertraut hat.« Die etgenthümliche Betonung seiner Worte entging Helene nicht und sie sah. ihn erstaunt und erschrocken au. Einen; Augenblick war er nahe daran, ihr von: dem Schicksal ihres Beschützer-L den er uns mihr als einem Grund glühend has;te, und dessen niuthmaszlich eingetre tener Tod ihm in seiner gegenwärtigen oeriweifelten Lage die einzige Genug thuung bildete, Mittheilnng zu machen; ;aber er besann sich noch rechtzeitig eine-J »Besseren, indem er sich sagte, daß eine solche Enthiillung leicht alle Entschliisse wieder über den Hausen werfen könnte. Darum ging er rasch auf einen anderen Gesprächsgegenftand über und ließ es ohne weiteren Widerspruch geschehen, daß sie sowohl für Frau Behrend wie für sden Professor eine kurze Mittheilnng "iiber ihre Abreise und eine innige Bitte um Verzeihung aufschrieb, die ihrer gan zen Form noch nicht zur Verräther-in »wctden konnte. Ja er übernahm es so sgar selbst, die beiden kleinen Billetå dem ’nächsten Brieskasten zu übergeben, und that es auch wirklich, weil er klug genug war-, einzusehen, daß durch diese recht zeitige Benachrichtigung allen Nachfor fchungen nach dem Verbleib Helenens und einer immerhin nicht außerhalb der Möglichkeit liegenden Alarmirung der Polizei borgt-beugt war· Dann geleitete er sie die Treppe hin unter und stieg mit ihr in die noch immer harrende Droschke. In dem Bureau der Bank, oor welcher sie zunächst hiel ten, händixte man unbedenklich ihr De positum ein, und mit verdoppelter Zärt lichkeit und Fürsorge war Brutto um sie beschäftigt, während das Gefährt seht aus seinen Befehl dem Hamburger Bahnhof zurolltr. Am Billetschalter stand ein Krimina list, der jeden Einzelnen scharf iu’e3 Auge faßte, und der auch den aufgeregten jun gen Mann mit den blonden lHaaren nnd den ausfallend dunklen Augen etwas mißtrauisch betrachtete. Aber als sein Blick nun auf die Begleiterin desselben fiel, deren bleiches Gesicht die reinen unschuldsvollen Züge eines Kindes trug, .da schien sein Argwohn auf der Stelle ru verschwinden, und unbehelligt konnte TBruno, der seit einer Stunde aufgehört hatte, der Marquis du Berdy zu sein, neben der zitternden Helene in einem Coupee der zweiten KlassePlah nehmen. Sie waren ziemlich spät auf den Bahn shos gekommen und brauchten nicht lange taus die Absahrt des Zuges zu harren. Als die Thüren der einzelnen Waggong dröhnend zusielen und der schrille Pfisf der Lokomotive den Moment anzeigte, in welchem sich die Räder in Bewegung zu sehen begannen, fuhr es Helene wie ein Messerstich durch das Herz und eet war ihr, als hätte ihr Jemand mit deutlicher fStimme in’s Ohr geflüstert: »Du haft die Brücke hinter Tiir zer-l stört, die Dich unt guten Menschen ver-; band, Du baft Tich in das Reich chf Verderbnis begeben, und ietzt ist kein» Freund mehr da, der Dich aus demsel ben zu erretten vermöchte.« Der junge Mann an ihrer Seite war in diesem Augenblick von den be ften Absichten für die Zukunft erfüllt, aber er fühlte den steigenden Schmerz, Hals er daran dachte, welch’ ein glän erndes, genußreichesWeben jetzt hinter zihin lag, und we einförmig und freud Jlos sich die Zukunft vor feinen Blicken xdehntr. f Diefer Schmerz aber war ficherlrch keine Bürgfchaft file die Beständigkeit feiner Umwandlung und für die tiefim nere Aufrichtigkeit feiner mit fo ver zweiflungsooller Geberde zur Schau ge tragenen Reue. So war es für Beide eine trauri e Fahrt in’s Dunkle hinein, eine Reife .-.«-»M in die unbestimmte, düstere, nebelhafte Zukunft. 27. Kapitel. Wie es der Arzt seht richtig voraus gesagt hatte, gestattete der Zustand des schwer verwundeten Professors einen Transport bis in seine weitentlegene Wohnung nicht« Schon nach sehr kur zer und vorsichtiger Fahrt zeigten sich bei dem Kranken sehr bedrohliche Symp tome, die seine schleimige Unterbringung unter Dach und Fach gebieterisch forder ten, und die alle Bedenken des Bild hauerei gegen eine Verpflegung seines Freundes im Krankenhause sofort schwei gen ließen. »Es ist mir lieb, daß wir ihn doch noch wenigsten-J lebend hierher gebracht haben,« meinte der Arzt. »Ich fürch tcie fast, das würde uns nicht gelingen. Sie werden nun allerdings einige kleinere Scherereien und Unannehmlichkeiten mit der Boliiei nnd der Staatsanwaltschaft nicht giit vermeiden können, mein werther Herr, und eine Bestrafung wegen Theil nahme an einem Zweikampf mit tödt lirhen Waffen ift Ihnen beinahe gewiß. Aber das hat am Ende nnr wenig auf sich und ich bin Jhrem ganz-n Beneh men nach sicher, daß Sie gern eine noch empfindlichere Buße auf sich nehmen würden, wenn es nur möglich wäre, da mit Jhren armen Freund am Leben zu crhnitcn!« ,,";Oafür mag der Himmel mein Zeuge fein,« riei der junge Mann mit tiefster Jnnigkeit aug. »Aber sagen Sie mir noch einmal, Herr Doktor: Jst denn gar keine Hoffnung aus feine Wiederherstel lung voi·lnnideii?« Der Arzt zuckte mit den Achseln und erwiderte-: »Jhnen darauf mit einem »Nein« zu antworten, wäre eine Versündigungz denn ich habe noch wunderbarere Lebens retiungen gesehen, als es diese sein würde. Nach gewöhnlicher menschlicher Vorangsicht allerdings ist wenig oder gar keine Hoffnung da und selbst im gün stigeren Fall wird er einem lang an dauernden Siechthuni kaum entgehen Tie örugel hat einen sehr ungliicklichen Weg genommen. Ich habe sie bioher mit meiner Sande nicht erreichen können, und ich zweier nicht, daß es überhaupt unmöglich fein wird, sie aus dem Körper zu entfernen. Wenn sie sich aber dort noch tiefer senkt, so werden außer der Lunge noch andere edle Organe ange griffen werden; und dann-« Er machte eine Bewegung, welche beredtersprach, als viele Worte. Dann kehrte er in das Krankenzimmer zurück, in welches man den Verwundeten zu nächst gebracht hatte, um bei der noch maligen eingehenden Untersuchung der schweren Verletzungen zugegen zu sein. Ter Bildhauer hatte im Direktionsziw iner des Krankenhauses ein kleines Pro tokoll über die Aufnahme mit seinem Namen und mit seiner Wohnung unter schreiben müssen, dann hatte man seiner Entfernung, kein Hindernis-; weiter in den Weg gelegt, nur- er war ohne Säu men in die erste be«t Zioichke gesprun gen, dem Kutscherzs Palais des Gra fen Holzhaufen alo ras- Znsl der Fahrt nennend. Er hatte dem Minan irgon vorher auf dein Kampsplatze rngcrafem daß er die Enthüllunge», weiche jener mit so vornehmer Entfchnsdenheit abgelehnt hatte, binnen einer Hin-we seinem Vater machen würde-, nnks wenn nicht sein eigener Geiecljtigtenofisti ihn dazu ge trieben hörte-, oicchs Waidach-en zu hal ten, so hatte eg sicherlich oer letzte Wunsch seines zum Tode nerwnndeten Freundes gethan. Den Brief an die ilomtesse frei lich, welchen er ni der Briisttasche trug, durfte er ja der Adressotin noch nicht übergeben; denn fein Freund athmete noch und der junge Bildhauer würde es geradezu als ein Verbrechen betrachtet haben, auch nur im Geringste-n gegen eine seiner Weisungen Zu verstoßen. Er gab dem Diener, welcher ihn im Bestibiile des gräflichen Hauses empfing, seine Karte und bat, dein General Lieutenant zu melden, daß es eine sehr wichtige Angelegenheit sei, m welcher er ihn zu sprechen wünsche. Icach wenigen Minuten brachte der Lakai die Antwort zurück, daß Se. Etzellenz zwar noch sehr leidend sei, und eigetitlich den Auftrag gegeben habe, alle Besuche abzuweisen, dasi er aber doch eine Ausnahan machen wolle und den Herrn in fein Arbeits zimmer bitten lasse. Mit ttwng unrnhnt part-enorm Herzen inmi- nlnsr in dem Benntsnscitk dass er enn- unabweisbare Plltclit erfülle, doch intt voller Fassung, solztte der junge Mann dem voranschreitcnden Tit-nur Dei Oleneralckieutenant hatte sicherlich die volle Wahrheit gesagt, wenn srr ihm berichten ließ, daß er leidend sei, denn noch immer war er durch den seht-inzwis tisn Gichtanfall an den Lehnstuhl geil-i selt und diese gezwungenc sllnhe itn Bist ein ntit den mannigfachen Aufregnuxscn in berichten Zeit wirkte s« so ttngiittftig auf sein Allgetneinbesinden ein, daß der sonst trotz seiner weißen Haare so jugend srische nnd kraftstrodende Soldat nicht mehr wieder zu erkennen war. Mit einiger Verwunderung betrachtete er den ihm wildsrentden Besucher, den ei ntit einer milden Handbewegung zum Sitzen einlud, und dieser Besucher selbst empfand innigeg Mitleid mit dem kran ken Greise, dem er eine so entsetzliche, niederschmetternde Mittheilnng zn machen hatte. Aber es handelte sich ja nicht um seine eigene Angele enheit, und er hatte darum kein Recht, ger Regung des Be dauerns nachzu eben, die ihm die Lippen verschließen wo te, und so suchte er denn nach einigen einleitenden Worten, die den Grafen über den wahren Stand und Namen seines künftigen Schwieger fohnes so schonend und vorsichtig als möglich aufklären sollten. Der General hörte ihm eine ganze Weile mit dem ungläubigen Staunen eines Menschen zu, der nicht recht weiß, ob er es mit einem Wahnwitzigen zu thun hat, oder ob man ihn zum Besten haben wollte. Ein paar Mal zuckte seine Hand nach der neben ihm stehenden Glocke, als wollte er seinen Diener rufen, ihn von dem Narren zu befreien; aber jedesmal hielt ihn ein Blick aus das ruhige ernste Gesicht des Sprechenden zurück. Er war weit entfernt, irgend einem seiner Worte Glauben zu schenken; aber er spiirte, wie ein Gefühl unsäglicher Beklemmung, das er nie zuvor gekannt hatte, sich gleich eisernen Klammern um fein Herz zu legen begann, um dasselbe immer enger und peinigender zusammen zum-essen »Mein verdanken Sie diese aben teuerlichen Mittheilungen,- mein Herr?« fragte er endlich, sich mit einiger Mühe» zu iiußerem Gleichmuth zwingend, und als jener den Namen des Professors genannt hatte, athmete er erleichtert auf. »Ah, jetzt freilich wird mir Alles tlar,« sagte er. »Nun, ich bedaure Sic, mein Herr, daß Sie sich zu einer solchen Narrheit — ich will den schärfe ren und passenderen Ausdruck absicht lich nicht anwenden —- mißbrauchen lie ßen. Jch nehme selbstverständlich an, daß Sie in bestem Glauben handeln; aber ich ermächtige Sie, Ihrem Freunde in meinem Namen auszurichten, daß ich gegen Lügner und Verleumder von so er härmlicher Art die Hilfe des Gesetzes in Anspruch nehmen werde!« ,,(5rrellcnz!« siel ihm der Bildhauer mit tiefer Erregung in’S Wort. »Sie sind im Begriff, sich schwer zu ver-sün digen. Herbert Dernberg war niemals ein Lügner und Berleumder, und war es am wenigsten im Angesicht des Todes!« »«s m Angesicht des Todes? Soll das heißen, daß der Professor nicht mehr »am Leben sei's« »Ich verließ ihn als einen Sterben den, Herr Gras!« »So hat er im Fieber gesprochen, als ier Ihnen sein oermeintliches Geheimniß Ianvertraute, und ich bin in diesem Falle ibereit, meine harten Worte von vorhin izuriickzunehmenÆ H Der Bildhauer schüttelte sehr ernst iden Kopf. »Er sprach auch nicht im Fieber, Ex zellenz, denn er war damals vollständig gesund und bei klarster Besinnung. Jhr Herr Sohn wird gewiß bereit sein, mir »das letztere zu bestätigen!« s »Mein Sohn?——Sie werden mir im smer räthselhaster. —Wäre auch Egon mit ihm in Berührung gekommen?« »Ich sehe wohl ein, daß ich Ihnen snichtå mehr verschweigen dars, wenn Sie lmeinen Worten Glauben schenken sollen, sund ich glaube es verantworten tu tön jnen, wenn ich diesmal die vorgeschriebene sDigrretion verletze. Gras Egon Holz ihausen war es, welcher vor einer Stunde iim Zweikampf den Professor Dernberg ’tödilich verwundete. Aus der Wahlstatt erst erkannte mein unglücklicher Freund »in dem angeblichen Marquis du Verdh, swelcher Ihrem Sohne sekundirte, densel Jben Menschen wieder, welchen er in der letz Hten Nacht unter seinem wahren Namen "Bruno Weißberger im vertrautesten Ver kehr mit notorischen Verbrechern gesehen halte-. Einige untriigliche äußere An zeichen siihrten ihn auf diese Entdeckung und er war bereit, sie im Angesicht des Betrügeis und der übrigen Zeugen dem Grasen Egon initzutheilen. Sein Geg ner wies jede Erklärung vor Erledigung des Duells zurück, und es ist ja möglich, daß er damit nach seinem Ehrenkoder ganz korrekt gehandelt hat. Eine Mi nnie später brach mein armer Herbert bewußtlos und tödtlich verwundet zu sammen und als ich, den er vorher in sein Vertrauen gezogen hatte, nun dem Grasen jene Mittheilungen machen wollte, Zog es der stolze Sieger vor, sich schleunigst zu entfernen. Leider beging lich die Unvorsichtigkeit, den falschen Marquis zu warnen und ich zweisle darum sehr, daß er noch einmalin Jhrem Hause sichtbar werden wird.« »Das werden wir doch sehen!« don nertc der General mit einer wahren »T'öwenstimme. Seine Augen blitzten ’und all’ seine Schwäche schien mit einem »Ma[ abgethan zu sein. »Ich ersuche iSie zu bleiben, mein Herr; denn ich stechne daraus, daß Sie im Stande sein swerden, jedes Jhrer Worte vor meinem iSohne und vor dem Angeschuldigten zu Ivertreteir « s l l l i Der Bildhauer verbengte sich stumm, nnd der ("8,sras· befahl dem ans sein Illin geln erscheinenden Diener, den Grasen Egon sofort hierher zu bitten· Der junge Ossizier, welcher vor einer halben Stunde nach Hause zurückgekehrt war nnd sein Zimmer nicht verlassen hatte, erschien innerhalb weniger Minu ten im Kabinet des Vaters. Er war bleicher als gewöhnlich und eine gewisse Neivösität und Unruhe trat in all’ seinen lBewegungen zu Tage. Als er den Se kundanten seines Gegners erblickte-, zuckte es verächtlich um seine Mundwim Jtel. »Ah, das ist perfide, mein Herrl« sagte er wegwerfend. »Sie haben, wie les scheint, eine recht würdige Rache ge Inonimen!« , Der Beleidigte wollte hestig erwi dern; aber der General-Ltentenant kam iihm zuvor. i ,,Schweig!« donnerte er seinem Sohn entgegen· »Hast Du vergessen, welche Rücksicht Du der Gegenwart Deines Vaters schuldig bist's-Ich verlange von Dir eine Aufklärung über gen-risse- - Dinge, die Du mir überhaupt nicht erst s « hättest uerheimlichen sollen. Du hast Dich mit dem Professor Dernberg ge schlagen?« - »Wenn es doch einmal denunzirt wor Jden ist, ja, Papa!« I »Ich will Dich nicht fragen, welche Gründe Du gehabt hast, gegen meinen ausdrücklichen Befehl zu handeln. Dar über werden wir ein anderes Mal reden! Jch verlange nur eine weitere Antwort: Du hast den Professor getödtet oder doch schwer verwundet?« »Gewiß! Jch pflege einen Zweikampf nicht als Kinderspiel oder Spiegelsech terei anzusehen!« »Es ist auch nicht meine Absicht, Dich deshalb zu tadeln! Aber Du hast eine Erklärung zurückgewiesen, welche Dir Dein Gegner vor dem Waffengange machen wollte.« »Ich war dazu berechtigt, denn seine Erklärung stand in keinem Zusammen hange mit Unserer Affaire.« »Sie betras den Marquig du Berdy.« «J0!« »Und Du hast Dich nach der Behaup tung dieses Herrn hier nach chn Duell mit solcher Eilfertigkeit von dem Kampf plotze entfernt, daß es ihm unmöglich war, seine Erklärung nachträglich anzu bringen. Jst das richtig-« Der Osfizier warf sich in die Brust und maß den jungen Bildhauer mit einem vernichtenden Blick. »Ich möchte den Herrn zuvörderst fragen, ob er damit etwa hat andeuten wollen« daß ich mich aus Feigheit so rasch zurückgezogen hätte.« »Zu meinem Bedauern, Herr Graf, muß ich mich für den Augenblick jeder Antwort darauf erhalten; denn ich wiinsche nicht, diese Unterredung, bei der es sich um eine andere Person han delt, in einen persönlichen Streit aus laufen zu lassen. Sobald wir mit die sem famosen Marquis fertig sein wer den, bin ich bereit, Jhnen in jeder gewünschten Form ftiede und Antwort zu geben. « »Nun gut, wir werden darauf zurück kommenl Und was ist nun der Jnhalt dieser berühmten Erklärung. Der General wiederholte die An schuldigung, welche der Bildhauer aus gesprochen; aber Graf Egon lachte spöt tisch aus. s »Und Du konntest das Märchen dieses Herrn auch nur für einen Augenblick ernsthaft nehmen, Papa, konntest an die Möglichkeit glauben, daß der Marquis du Verdy ein Betrüger sei?« »Er ist ein Betrüger!« ertönte in die sem Augenblick eine feste, klare Stimme von der Thür her, nnd als sich die drei im Zimmer anwesenden Herren überrascht uniwandten, sahen sie die Kamtesse Elia aus der Schwelle des Geniaches. Sie war todtenbleich; aber ihre Haltung war stolz und ungebrochen, und der General lieutenant hatte seine harnilos muntere Tochter nie in so Achtung gebietender Würde gesehen, als in diesem Augenblick. »Er ist ein Betrüger!« wiederholte Elsa noch einmal mit starker Betonung, und indem sie langsam um einige Schritte weiter in das Zimmer trat, reichte sie ihrem Vater einen Brief, welchen sie offen in der Hand getragen. »Dieses Schreiben ist mir soeben zu gegangen, Papa! Es ist ein unumwun denes Geständniß seines Verbrechens mit der höhnischen Aufforderung, die Stadt todt zu schweigen und ihn unversolgt zu lassen, da die Deinüthigung für uns selbst jedenfalls am größten sein würde. Was er am Schluß von nneingelösten Ehren scheinen Egon’S sagt, die in seinen Hän den sein sollten, ist inir unverständlich!« Mit einein Ausruf höchsten Zornes stürzte der junge Osfizier auf den Lehn sessel des Vaters zu, um den General an der Lektüre des Briefes zu verhindern; aber es war zu spät, denn schon hatte derselbe den Inhalt des kurzen Schreibens durchflogen, und wie ein Stöhnen drang es dabei aus seiner heftig arbeitenden Brust. Der junge Bildhauer fühlte, daß es jetzt seines Zeugnisses nicht mehr bedürfe, und daß er unter allen Umständen bei dieser Faiiiilieii-Szene überflüssig sei. Mit einein höflichen, stummen Gruße, den nur die Konitesse mit einem leichten Neigen des Hauptes erwiderte, zog er sich zurück, um noch einmal nach dein Krankenhause an das Leidenglager seines arinen Freundes zu fahren. Der Generallieutenant war mit seinen beiden Kindern allein; aber es wurde trotzdem sekundenlang kein Wort zwischen ihnen gewechselt. Der vernichtende Schlag war zu jäh und unerwartet ge fallen, als dnsi einer der beiden Männer sogleich hätte das rechte Wort finden tön ncn, und die Komtesse, welche allein in der Katastrophe ihre volle Fassung und Selbstbeherrschnlig bewahrte, empfand ein tiefes Mitleid mit dein hilflosen Jam mer ihres alten Vaters, daß sie sein Leid durch einen Vorwurf hätte vermehren sollen. Ja der That mais dic Veränderung, michs-s niit dem alten Herrn vorging, eine gerade-zu erschrcckcnde. Sein Gesicht hatte sich mit einer dunk len, fast in’s bläitliche fpicleiiden Röthc überzogenz seine Augen schienen aus dem Kopfe hervortreten zu wollen und der Athen-i kam mühsam und pfeifend aus feiner Brust. »Egon,« feuchte er endlich mit Unge heurer Anstrengung, ,,hat dieser Mensch —Deine Ehrenscheitte——wirklich in seinen Händen?« Gottiehuug folgt.) Wit» Wut azel am turitt dieselben. Viele Leuteåabeng gömotthoidem aber De U. W. Buch