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About Grand Island Anzeiger. (Grand Island, Nebraska) 1889-1893 | View Entire Issue (March 17, 1893)
R a m a n v a n keins-old Vermont-. t7. napiteL sFortiehnngs Um nicht noch weiteren Verdacht zu erregen, blieb sie im Frühstückszisnnter, bis Egoti gegangen war nnd bis auch der Generallientenant, welcher unfähig war, sieh aus eigener Kraft von der Stelle zu bewegen, seinem Diener den Befehl gegeben hatte, ihn in sein Ar beitszimnter zn rollen. Sie stand wäh rend dieser tnrzen Zeit Hölle-rannten aus« denn sie wußte sa, daß ihr der Professor sicherlich nicht geschrieben haben würde, wenn nicht ganz etwas Besonderes nnd Wichtige-!- geschehen wäre, das ihn dazu gezwungen. Etwas Frettdiges aber war es sicherlich nicht« und die peinvolle Ungewißheit, in wel cher ihr die Minuten vergin en, nnd ehe sie den Brief gelesen, bra te sie fast einer Ohnmacht nahe. Als sie sich endlich vor jeder Beobach tnng sicher fühlte, flog sie in ihr Zimmer hinauf, riegelte die Thür desselben hin ter sich'«zu nnd zog den bedeutsamen Brief ans der Tasche. Er war kürzer als sie erwartet hatte nnd lautete: »Jnnig geliebte Komtessel Es haben sich Dinge ereignet, welche eine Besprechung zwischen uns unum gilnglich machen. So schwer es mir. auch wird, sehe ich mich genöthigt, Sie um eine Zusammenkuust zu bitter-, v»n ; der viellttcht unser Lebensglück und nn- T sere ganze Zukunft abhängig ist· Jchi weiß, daß Sie sich nur schwer zur Eis-s süllung dieses Wunsches entschließen; werden; aber glauben Sie mir, then-; erste Elsa: eo ist unumgeinglich noth-; wendig, und ich vermag Ihnen den beJ deuklicheu Schritt nicht zu erspareit.: Esgiebt nur einen einzigen Ort, an1 welchem ich Sie erwarten dars, ohne» daß Jhr Name durch das heimische Ge- I rede der Menschen geschädigt würde Dieser Ort — erschrecken Sie nicht,? innigst geliebte Elsa ——s ist mein Nie-tier Sie wissen ja, wo es gelegen ist; denn Sie besuchten es einmal iu gliicklicheren Tagen in der Gesellschaft Jhres Vaters. Tiort werde ich heute Abend unt .. .. s Uhr Jhrer harreiii—-—Jeh rechtte bestimmt daraus, daß Sie kommen werden; und daß nicht statt Ihrer eine schriftliche Ab sage eintressen werde, — Sie wlirdeni mich damit der Verzweiflung überlieseius nnd sede Hoffnung auf eine endliche! Vereinigung unserer Herzen unwieder bringlich zerstören. So bleibe ich denn; iu der Erwartung, Sie bestimmt in sehen, ewig Ihr Verbot-« l'. s. In Ihrem Interesse sowohl als in dein meinigen beschwor-e ich Sie, diesen Brief auf der Stelle den Flam-» men zu übergeben-« War dass ein Traum, oder hatten sie; ihre Augen wirklich nicht betrogen?» Konnte dieser Brief in Wahrheit vonz dein Gzliebten sein? » Es war ohne Frage seine Handschrift ( Sie hatte ein Fach ihren Schreibtisch cheuti ausgezogen und die Züge des Schreibens iuit denjenigen eines kleinen Villers von bedentungtilosem Inhalt verglichen, das sie einst von dein Pra sessor erhalten und das- sie wie eine theure Netiquie aufbewahrte. Sie lotinte nicht zweifeln, daß in beiden Fällen die nämliche Person die Feder gesilhrt hatte; wenn es ihr auch scheinen wallte, als sei in jenem älteren Billet die Handschrift sreier und sicherer als in dem heutigen, dessen Buchstaben hier und da etwas gedrückt nnd steif aus sahen. Aber das liest sich wohl genug sam aus der Stimmung erklären, in welcher sich der Schreibende besondere haben mnszte· Es nmr auch nicht «so sehr das Aenßere des Briefes-, welches sie seltsam und fremdartig berührte; es war in viel höherem Grade der Inhalt des Villets, und die ungalante Ans druelsweise, die dem ganzen Wes-n des Professor-z nnd seiner Art-Ich zu geben« so wenig entsprach. Daß er, der sreisinnige nnd zart sühlende Mann, zu dessen Ritterlichleit sie ein unbedingte-z Vertrauen hatte, und der in ihretn persönlichen Verkehr nie mals auch nur um den kleinsten Schritt « über jene Grenze hinausgegangen war, welche ihm die Gesetze der Sitte nnd des guten Tonea gezogen —- daß er selbst ihr zurnnthen sollte, ihn heimlich zu einem Nendezvaus in seinem Atelier ·zu besuchen, das wollte ihr lange Zeit durchaus nicht tn den Sinn. Wie ge waltige und bedeutsame Ereignisse muß ten geschehen sein, um ihn zu einein so ungeheuerlichen Verlangen zn bestim men, und wie befremdlich war ed, daß er dieser Ereignisse nicht mit einem einzigen erllärenden Worte Erwähnung t at! hDieser Vries bedeutete ia nichts Yges ringeres als einen Bruch seines Ehe-eng warm, eine eklatante Verlehung des Vertrauend, welches der General in ihn seht-, und Eis-» hatte wohl ein Recht, sich zu wundern, daß er dieses Umstan des gar nicht gedachte, daß er nicht ein mal den schwächsten Versuch machte, sich deswegen zu entschuldlgen. Das Alles sah ihm sa wenig ilhnl eh daß sie immer wieder stuhte, und die Schriftzllge immer « von Neuem zn vergleichen begann als Ewilrde es ihr eine Genugthuun gewäh ren, zu entdecken, daß d esee be rundliche vHist-les eine Fülschnng sei. Eine Zeit« fsz · entschzafsem der trüge « « « einig tmtee keinen Umständen-Folge gezu leisten, und schon hatte sie steh ari ihren Schreibtisch ge seht um eine entsprechende Antwort ab ufassetr; aber beim ersten Worte bereits hieltsie wieder inne nnd wars die Feder bei Seite. Wodurch halte er es um sie verdient, daß sie ihm mit solchem Mißtrauen be gegnen und ihru das erste Opfer verwei gern sollte, welches von ihrer Liebe ge fordert wurde! War dieser Brief echt — und darüber konnte wohl kaum ein Zweifel bestehen, —- so hatte er sicherlich dte triftigsten Gründe für seinen Wort bruch gehabt, und nicht ihr, um derent willen er es gethan, stand es zu, deshalb mit ihm in s Gericht zu gehen Nur die zwingendste Nothwendigkeit konnte ihnr die Feder in die Hand gegeben haben, und vielleicht war gerade seine gezwun gene Arrsdrncksweise, nnd die steife Schrift Beweis für den Kampf, welchen es ihn gekostet hatte, eine solche Auffor derung an sie zu richten Aber noch ein weiterer Umstand mußte ihr ernste L edenkeu erre en. Die Zahl nämlich, welche ihr die Zeit des Rendez bono bestimmen sollte, war ntrdetrttich geschrieben, daß es thatsiichlich unmög lich war, dieselbe mit Bestimmtheit zu erkennen. Es tonnie sowohl 5 Uhr als 6 Uhr heißen, und bei einigermaßen argwöhnischer Untersuchung hätte man fast auf die Vernrnthung kommen kön nen, daß die Verwischung hier eine ab sichtliche gewesen sei. Wie sollte sie sich nun dieser Ungewiß heit gegenüber ver-halten? Hätte ihre Mutter noch gelebt, oder hätte sie eine Schwester gehabt, sie würde sich jetzt wohl an die Brust derselben gewor,jfen ihr Alles- eingestanden nnd sie um ihren z Rath gebeten haben; »- aber das Ge- ; schick hatte ihr diese natürlichen zrenn s dinneu versagt, nnd unter all den sun getr Damen der vornehmen Gesellschafts war keine einzige gewesen, der sie Zwei-! gnug und Vertrauen genug hätte ent-? gegenbringen können-, um ishr die tiefsten Geheintnisse ihres Herzens zn erschlie ßen. Ganz auf sich selbst und auf die Stimme ihres eigenen Gewissens auge-; wiesen, mußte sie einen schweren Kampf bestehen, ehe sie zu einem Entschluß ge- j kommen war, und wer weist, ob ihres immer wiederkehrenden Bedenken gegenl Un gefährlichen Schritt tricht doch viel leicht am Ende den Sieg behalten hät ten, wenn sich nicht auch die lfvastoehterf itr ihr ein wenig geregt hätte. - Jener anonhme Brief, der ihr niemalSJ ganz aus dem Gedächtnis gekommen » war, so sehr sle sich auch bemüht hatte, seiner nicht mehr zu gedenke-, stand seht wieder mit voller Deutlichkeit vor ihrer Seele; rtnd wenn sie sich auch reinem Gewissens sagen durfte, daß sie niemalsi ans die per-fide Anschuldigung hin einen einzigen Schritt gethan hätte, so durfte sie doch die Gelegenheit nicht zurückwei fen, dein Geliebten von der nichtswürdi gen Jntrigue Kenntniß tu geben, die hinter seinem Rücken angestellt worden war. Sie bedauerte seht beinahe, das elende Schriftstück so schnell den vFlam nren überautwortet zu haben. iss hätte dem Professor vielleicht ein wichtiges Beweionrittel gegen den hinter-listigen Feind sein können, welcher sich so ver werflicher Kampfesmittel bediente. Aber sie war sa in der Lage, ihm den Inhalt Wort für Wort zu wiederholen; denn es giebt gewisse schmerzliche Tinge, dic sichJ unserem Gedächtniß sofort mit allers Schärfe einprägen, um sich nie wieder s daraus verwischen zu lassen So war sie also nm die Mittagsstundes bereits entschlossen, der Vlnsfordetrrngj um sechs Uhr Abends Folge zn leisten wenn sie auch weit davon entfernt war, sich einzugestehem daß der Wunsch, selbst von der« llirWtigteit jener An: « schuldigung zn iiberreugern einen wesent- i lichen Antheil an ihrem Entschlusse hatte. 18.ltapitel. i Als Professor Deruberg seinem ! Schüsling zu Liebe unternommen hatte, i dett Aufenthalt Brutto Weißhctgergs nnd feines Freundes llhlig ausfindig zn l machen, war er sich der Gefahren undi der ungeheuren Schwierigkeiten dieses i Beginnend vollkommen bewußt gewesen. s Alter gerade in seiner gegenwärtigen nmdüsterten Gentchtimtnung katn ihntl eine Aufgabe-, welche die höchsten Anfor derungen an seinett Muth und feine Ge schicklichkeit stellte, durchaus gelegen. Uederdies empfand er eine wirkliche Theilnahme für das bedauernowerthe Mädchen, in deffen Lage er steh ttur zu wohl hineitttudenken vermochte, und dent er vtelleicht schweres Mißgeschick erspa ren konnte, wenn auch seine Hoffnung aus das Gelingen des Unternehmens immerhin nur eine srecht geringe war. Ob der rnssische Fürst die an ihn ge richtete Bitte berücksichtigt hat«-e, wußte er freilich nicht« Doch ließ derUntstand, dafz die Zeitungen nichts non der Rück galte des gestohlenen Gutes meldete-u fast daran schließen, daß eo der statt fei. So war ihtn wenigstens eine Frist von acht Ta en gegeben, von der er nicht eine einzige tunde ungesucht zn ver lieren gedachte. Seine ersten Schritte waaren —- wie er es übrigens nicht anders erwartet hatte —- oollkonnnen erfolglos geblieben. · Weder ein Mann Namens Brutto Weiß derger noch ein Uhlig hatten sich Polizei "lich angemeldet, nnd von des Fron, deis welcher Brutto eine Zeit long ein Zim tner gen-leihet hatte, waren nur ewige allgemeine Bettler-tun en heraus gen bringen gewesen« die n cht den geringsten: Inhalt zu weiteren Nachforschungen leistet-. " » Sie bestätigte noch einmal, daß ihr »Miether nnr sehr selten nach Hause ge kommen sei, daß er seinen Zins stets pünklich entrichtet habe, aber im Gan zen nur wenige Nächte in dem Zimmer zugebaacht habe. Einen Besuch habe er niemals empsangen, nnd von den an ihn gerichteten Briesen wußte sie vollends nichts anderes zn sagen, als das; diesel ben sämmtlich den Stempel der Stadt post getragen, im Uebrigen aber jedes mal eine andere Handschrift gezeigt hätten. An Besitzthnm habe er nichts als einen gewöhnlichen Anng nnd we nige Wäsche mit in die Wohnung ge bracht, nnd diese-z kleine Bilndelchen sei am Tage seiner Abreise von einem TIienstmann abgeholt worden. Das war die ganze Ausbeute seiner ersten Gänge gewesen, nnd dieselbe war in der That dürftig gering. Sie hatte ihm zwar keine positiven Anhaltspunkte gegeben, ihn aber noch mehr in seinem Argwohn gestärkt, daß jener Weißberger doch nicht so unschuldig sein könne-, als Helene glaubte, nnd als er in ihrem Interesse so gern gehosst hatte. Vielleicht hätte jeder Andere schon setzt den Muth zu .-weitei«ein Vorgehen verloren; aber sin die thatkräftige und energische Natui des Professois lag in dem geheinziiiszoollcu Dunkel, welches sich unt die beiden gesuchten Persönlich leiten breitete ein ganz eigener Reiz Auch empfand er es als eine Wohlthat, daß seine Gedanken, wenn auch nur siir wenige flüchtige Stunden, von jenem Gegenstande abgelenlt wurden, den er nicht mehr aus dem Sinne zu bannen vermochte, und der seine Schaffensmacht zu lähmen drohte. Daß auf geradein Wege und durch einfache Nachfragen nichts mehr zu er reichen war, wußte er ganz bestimmt, und so hatte ei· feine Zuversicht ans einen Plan gesetzt, der aus den ersten Blick wohl abeutenerlich erscheinen mochte, dei« aber in Wirklichkeit die ein-. zigeMöglichteit zur Erreichung seines Zieles darstellt. . Er konnte stach der Schilderung, welche ihm Helene von dei· Persönlich keit llhlig’s entworfen, nicht daran zwei-. feln, daß derselbe der niedrigsten Ver brecherklasse angehöre und sich demgemäß wohl vorzugsweise an jenen Orten be wegen werde, in denen die Leute dieses Schlages sich zusanunenznsmden pflegen· Ohne ihn jemals gesehen zu haben, machte er sich doch nach der ursprüngli chen Beschreibung des jungen Mädchens ein so deutliche-J Bild, dass er fast gen-iß war, ihn zu erkennen, wenn er ihm irgendwo begegnen sollte. Tie Wege aber, die er einschlagen mußte-, nin eine solche Vegegnnng herbeizuführen, glaubte er zu erkennen. Vor einigen Jahren hatte er, theils sin- beslinnnte Stunden, theils auch uin seine Menschenlenntniß iin Allgemeinen zu bereichern, in der Begleitung eines höheren Polizei-Beamten fast alle jene Lokale besucht, die nm ihrer Gäste willen einen niehi odei weniger aniiichi gen Charakter hatten Er hatte babei einen tiefen Einblick in das Leben nnd Treiben dieser unheimlichen Bevölke tnngsklasse gewonnen und war fiir seine Entdeckung gut genug ausgerüstet Ta inuls freilich waren seine interessantesten Forschungen beinahe vollständig gefahr los gewesen; denn ei« hatte unter dem unmittelbaren Schutze der Obrigkeit gestanden, nnd die Harnilosigteit feiner Absichten hatte überdies so offen znTage gelegen, daß es Keinem einsallen tonnte, ihn zu beschimpfen oder gar eine Hand gegen ihn zu erheben Heute nun lagen die Dinge wesentlich ander-g. Ternberg war nicht nur ans sich selbst angewiesen, sondern er mußte auch, wenn er seinen Zweck erreiche-W wallte, seinen Staub und Charakter verleugnen, da ntan sich an ienenOrten, wo jeder fremde tsittdringling ohne-dies mißtrauisch genug angesehen wurde, wohl gehütet hätte, ihin irgend welche Mittheilungen zu machen, wenn tnan die Absicht der lkrfltndigungen durchschnitt hätte. Ein hoher Grad von Selbst-( aufopferung und von persönlicher Tap- ( ferkeit war also immerhin die erste Vor- i angsetzung seines Beginnens-, und viel- » leicht hätte der Professor seinen tolltiih-I uen Entschluß zu anderen Zeiten auch minder schnell gefaßt, als gerade jetzt. i Natürlich vertraute er Helenen nichts vou seiner Absicht an. Sie wiirde ihre Zustimmng dazu wohl niemals gegeben » haben, obwohl sie bei ihrer llntenntnisH der Verhältnisse schwerlich int Stande gewesen wäre, die ganze Größe deo Wagnisses zu ermessen, welche-s der sunge Künstler unter-nahm« Sie war so vall Vertrauen nnd voll unter-schüt terlicher Zuversicht ·n seine Fähigkeit, ihr zu hetfeu, sie ließ sich durch seine ersten Mißerfolge se wenig knurrt-thi gen, daß der Professor schau daraus bei einem erneutcu Besuche die wirksamste Bestiirkung in seine-n Vorhaben ent nahm. « Wenn ihn einer seiner besten Bekann ten an jenem Abend beim Verlassen sei ner Wohnung gesehen hätte, so würde er ganz gewiss an ihtn vorübergegaugen sein, ohne ihn zu erkennen· Jn einem schllbigeu und.abgetragenen Auzuge, den breitraudigen, alten, zerlutillteu Filzhut tief irre Gesicht gedrückt, Haar« nnd Bartwirr und zerzaust, so schritt er durch die tnensehenleeren Straßen dahin, in Gang und Haltung nichts von jener Elastizität und Atnnuth erkennen lassend, die ihtn sonst trotz der stattliche-n Höhe seiner Gestalt eigen war-· Selbst die Züge seines Autlihes schienen völlig verändert. Seine Kunst war ihm hier gat trefflich zu Hülfe gekommen, nnd wenige geschickte Striche hatten hinge teitht, Furche-i iu sein Gesicht zu zeich nen, die non Elend, Eutbehrnng ge graben schiene-« nnd die selbst bei heller ,Beleuchtung eine scharfe Prüfung auf ihre Natiirlichteit aushalten konntest Auch feine sonst so weißen und wohlge pflcgten Hände waren dunkel gefärbt, als hätt( sie die freie Luft gebräuut und schwere Arbeit gehärtet Die Verände rung in feiner ganzen Erscheinung war mit einem Wort eine fo vollständige-, daß auch der geschickteste Schanspieler eine Verkleidnng nicht besser hätte durchfüh ren können In dir-fern Aufznge war der Professor wenigsten-J sicher, nicht schon durch fein chusfrreg den Verdacht der Gesellschaft zuerregen, welche aufzufuchen er im Begriff stand, Daf; es den ungleich schwierigeren Theil feiner Aufgabe bil den würde-, den lisharaktcr der Rolle auch in feinem ganzen Auftreten und Beneh men feftwhaltcu, uerhehlte er sich nicht« Ein einugea Wort, ja, eine einzige Geste konnte iunt Verräther an ihm werden und ihn in Fatalitiitcu ftiirzeu, deren Ausgang gar nicht abznftehen war, da ein Spiou bei Subjekteu dieses Schlages auf eine glimpfliche Behandlung wohl kaum zu rechnen hatte. Der junge Maler hatte darum auch nicht verab fäutut, sich mit eine-n guten, in allen Gängen fcharfgeladenen fechsläusigcn Revolner zuvcrfeheu, der ihm freilich nur im Fall der höchsten Bedriinguiß zur Ahfchreckung feiner Augreifer und zur Verthetdignng feines Lebens dienen sollte Noch beoor er das erste Ziel seiner Wanderung, eine kleine, versteckt gele gene Branntweinschänte in der Vorstadt erreicht hatte, begegnete ihm ein kleines Abenteuer, das zwar für den ersten Augenblick nicht ohne einen unangeneh men Beigeschmack war, das ihn aber« doch andererseits von dem trefflichen Gelingen seiner Verkleidung überzeugte und dementsprechend seine Zuversicht er höhte-. « Er füth nämlich plötzlich von einer festen Hand recht derb ain Hand gelenl ergriffen, nnd als er sich um wandte, fah er in das grimmige Gesicht » eines LchiitzitiaiiiteS, der ihm schon eine J Weile unbemerkt gefolgt war, und der ihn ietzt als verdächtiges und oagaboins direndesz Subjekt für verhaftei erklärte. s Dein auf so nnhöfliche Weise angeredetenJ Künstler stieg das Blut zum Kopfe; eri war nahe daran, sich loszureisken undj den Tieuer der öffentlichen Ordnungs recht euergisch in seine Schranken zurück-J iuweiseir Aber da fiel ihm noch zu rechter Zeit ein, das; der Mann nur feines Pflicht und Zehiildigteit that, und daßs die Verlmitung unter den obivaltendeni Umständen viel mehr ein Koinpliments als eine Beleidigung für ihn war. i So verrichtete er denn auch daraiif,J sich mit dein Manne draußen auf derl dunklen Straße auseinander-zusehen, wozu jeter überdies sehr wenig aufgelegt schien, und folgte ihm vielmehr ohne Widerspruch zur nächsten Polizeiwachr. Da wurde denn der Jrrthutn bald genug a·ifgekliirt, denn Dernbeeg war vorsich tig gering gewesen, sich niit einigen Pa piereu zu versehen, welche ausreichte-t, ihn zu legitimireii, nnd da sein vorneh me-3, sicheres Auftreten überdies baldi genug die letzten Zweifel ver-scheuchte, soi verwandelte sich die rücksichtslofe Ratt-i heit der Beamten rasch in zuvor-koni inendite Höflichkeit Lachcnd erkundigte man sich nach dem Zwecke der eigeuthüui lichen Maskerade, und nian hatte keine Gründe, an der Richtigkeit feiner Worte zu zweifeln, als er erklärte-, es handle sich uin einen harmlosen Scherz auf einein kleinen iiitiiiien Künstler-feste Mit einigen Eittfehuldigungen nnd niits der heiteren Prophezeiuitg, daß er wahr scheinlich bei dem nächsten ihm begegnen den Schutzmanu dasselbe Schicksal haben würde, wurde er entlassen, nnd da er be greiflicher Weise keine Neigung ver spürte, die kostbare Zeit mit unnützen Spaziergängen nach den verschiedene-H Polizeibueeaur zu verbringen, so be schleunigte er seine Schritte und ging überall, wo er den Heini eine-z Schutz mannes auftauchen sah, der Gefahr in einem großen Bogen aus dein Wege. So gelangte er denn ohne besondere Schwierigkeiten zu der Branntwein schenkt-, die ihm von seiner früheren Forschungsreise durch die Verbrechertvelt als besonders charakteristisch nnd als besonders stark besticht vor allen inr Ge- » diichtnisz geblieben war-. Tag Haut-, in tvelcheni sie sich be-» sand, ivar eine jener umfangreichen; Mietlsdkaserneth in denen eini- grosse’ Anzahl vott Familien nrit selsr vielen Kindern hausie. Er iunszte einen lan gen, durch eine einzige Laterne nnr sehr mangelhaft erleuchteten Hof vassiren, ehe er den Eingang der Spelnuke er reichte, nnd niit Schaudern dachte er ans diesem unheimliche-i Wege daran, in wir nahe Berührung hier Laster nnd Verwersenlseit mit der lluschnld reiner Kinderseeleu kommen müßte-, nnd wie viele verderbliche Keime nur durch diese ver«l)iirrgttißvolle Berührunan jugend liche-, nuberührte Seelen gevslnnzt wer den müßten. Als er die Stufen der ivackligen Treppe hinunter-schritt, schlug ils-n eine betäubende Sticklnst entgegen, zugleich mit einem wüsten Lärm, der ihn mit Ekelund Abscheu erfüllte- Hätte es sich nur um seine eigenen Angelegenhei ten gehattdelt,’«ei- tviire vielleicht doch noch ausser Schwelle umgekehrt; aber der Gedanke, dasz er sich den Qualen, welche der Aufenthalt in diesem Raume nothwendig mit sich bringt, inr Dienste einer menschenfrenndlichen Sache und nu Interesse eines Nebeninenscheu unter vaarf, gab ihm neuen Muth und stählte iseine Standhnstigkeit. Er hatte das Innere des Keller-:- noch oon seinem ersten Besuche her sehr wohl im Gedächtuißund wußte darum sogleich, wohin-er sieh zu wenden habe, um einen Platz zu finden. Die Schärrke bestand nur- aus einein einzigen, allerdings sehr großen Raume, der indessen so niedrig war-, daß ein hochgervachsener Mann, wie der Pro fessor, fast befürchten rnusrte, mit dem Kopfe gegen die kleinen, qualmerrderr Pe Petrolerrmlarrrperr stoßen, rvelche von der rehenrals weißgestricherreu, jetzt aber völlig geschruiirzten Decke hernieder hingen. Die rothng iirrchtcu Wände rvareu zum rTheil mit allerlei bnrrterr Zettelrr be Hlebh unter denen namentlich die Arr jkiindignugen zrveiderrtiger Ver«grri·rgnrrgs "lot«crle eine hervorragende Rolle spielten, zunr Theil waren sie mit mehr oder Initi der plumpen oder nrrslathigen Kreide zeichnungerr und in ungelerrterr Schrift zügen hingekritzelten Spriichen versehen, welche unverkennbar Worte der hier« ver kehrerrderr Gäste repräserrtirten. Sonst war die Aussehmiickung und Einrichtung des Lokalo die denkbar eirrsachste von der Welt. Eine Anzahl recht roher und schmutzi ger Tische und Bärrke, die sich arr den vier Wänden hinzogerr, waren neben einer erhöhten Schlinktafel Alles-, was von der Ausstattnng des Raume-Linn die Augen fiel. Ein beizender Tabaks qnalur, der sich iu«dirhten Wolken gegen die rriedrige Decke drängte und nirgends eine Möglichkeit fand, zu entweichen, erfüllte die Atmosphäre und rrrachte eine gewisse Gewöhnung des Auges noth wendig, ehe dasselbe im Staude war-, durch den bläulichgrauerr Nebel bis irr die entsernteren Theile des Genzaches zu dringen. Hinter deru Schänktische zeigte sich die wohlgenährte Gestalt des Wirthes, des sen glattrasirtes, feistes, ewig lächelndes Gesicht mit den zusarunrengekrrisserren kleinen Aengleirr ersten nichte- weniger alsfs angenehmen Eindruck machte, nnd der sich nicht im mirrdesterr unr seine Gäste tiirrrmerte, während ihm doch irr Wahrheit kaum eine einzige ausfällige Bewegung irgend eines von ihnen ent ging- Er hatte alle Hände voll zu thun, die von eirrerrr Burschen hinzuge tragerrerr Gläser immer wieder oorr Neuem irr füllen, aber feine Bewegun gen waren rrichtsdestorverriger sehr lang sam und bedächtig, rrud keiner der Arr rveserrderr erhielt auch rrnr einen eirriigerr Tropfen, wenn er nicht dafür zuvor die kleine Piiirrke entrichtet halte. Este Gestalten, welche auf den Bein ken trinng der Wände saßen, rechtfer tigten indes; schon durch ihr Aeußeresz diese Vorsichtthiiaßregel auf das voll kommenste Auch ohne Menschenkenner Zu sein, konnte matt über ihren tha rakter wahrlich nicht« lange in Zweifel bleiben Tazu führten die bintalen Gesichte-füge der meisten von ihnen denn doch eine gar zu deutliche Sprache. Sie unterhielten sich sehr liirmend mitein ander, fluchten, schimpsten, schlugen mit den Fäusten auf den Tisch nnd be nahmen sich überhaupt so nngenirt, daß; man wohl bemerkte, wie behaglich nndJ heimisch sie sich in dieser Spelunte fühl-J ten. Einige spielten auch mit Kartens oder Würseln nnd zwischen ihnen ging es natürlich am lantesteu nnd wüstesten: zu. Ju den Ecken oder mitten unter d«n Zechenden gewahrte man auch hier und da die Gestalt eines Schlafenden; und trotz ihrer nnbeqnemen Lage, die ihnen meist nicht einmal ermöglichte, die Arme ans den Tisch zu stiitzen oder den Kopf darauf zu legen, athmeten die Schläfer so ties und ruhig, daß man fast versucht gewesen wäre, das Wort vom guten Gewissen, welche-z bekanntlich ein ioxortresflicheg Ruhekissen abgeben soll, geradezu umzukehren T ie ganze Sie-irrte war genau die selbe, welche der Professor seiner Zeit bei seinem ersten Besuche vorgefunden, nnd er erinnerte sich auch, daß ihm damals sein Begleiter den Platz an einem kleinen Tische zunächst der Schänktasel als den verhältnißmäszig sichersten bezeichnet hatte, da der dicke Wirth die einzige Per söulichleit war, einen bedrohten Gast zu schützen. Tarthin verfiigte sich der Professor denn auch- jetzt und bestellte bei dem auf wartenden Burschen ein Glas Grog, da ersieh nicht entschließer konnte, es mit denr Branntwein, welchen die Anderen trauten, zu versuchen. Anfänglich war seine Erscheinung irrt beachtet gebtieben; denn sein Aeusieres paßte sa vortrefflich in den Iliahmen die ser Umgebung, dasi es Niemand ausfallen konnte. Nur der dicke Wirth hatte ihn nrit einem eigentlninrlichen Winkeln sei ner kleinen Augen etwas rnißtranisch von der Seite betrachtet und stritt des Bur scheu brachte er selbst ihm das verlangte Getränk, unverkennbar nur in der Ab sicht, ihnr bei der lslelegenheit noch ein mal recht scharf in’·:i Gesicht zu sehen. Ter« Professor hielt den zrrdringlicheu Blick des wrderwtirtigen Menschen ruhig aus rurd bemühte sich, ihn seinerseits mit möglichst unverschänrtem Ausdruck anzu starren Tie Zweifel des würdigen Mannes schienen dadurch zwar in etwas erschüttert zu werden, aber er oerfiigte über zu reiche Erfahrungen, als daß nicht doch ein gewisser Argwohn hätte in feinerrr Innerer zurückbleiben sollen. ,,Qresrnd hier fremd, guter rFr«enud?« begann er endlich, indem er sich den An schein gab, als wollte er mit seiner schrnuhigen Seroiette den unheilbar schmuyrgen Tisch abwischen »Sind· wohl von ansmärtg inqewander t » Wie's-« Der Maler fühlte wohl, daß er auf dieses Eramen nicht eingehen dürfe, wenn er nicht Gefahi laufen wolle, sich in bee . mehr-n »Was geht«-S Euch an,« erwiderte « darum barsch., »Bist doch heffentliejit in ein Wirthaus nnd nicht in ein Poli- .. zeiburean gerathen!« » , « ;"«. Er hatte laut genug gesprochen, um H die Aufmerksamkeit der Nächstsiyenden zu erregen, und da der dicke Wirth bei seinen lsszäfien wohl gefürchtet, aber kei neswegs beliebt war, so schien man sa fort geneigt, fiir ihn Partei zu ergreifen. »Bos; doch den Mann in Ruhe, alter Fuchs-P- rief ein unter-setzten uierschrö tiger Kerl, mit dein anfgednnsenen, schivannuigen Gesicht dec; gewohnheits niiißigen Trinkers-, non einein anderen Tische herüber-. »Er niird ein Narr sein nnd non Dir sich ausfragen lassen.« Einige andere stimmten in derselben Tonart ciu, nnd der dicke Wirth kehrte mit einein Achselzucken hinter seine Schänttafel zurück. Der Professor-aber war nun einmal zum Gegenstand der Aufmerksamkeit geworden, und es ent ging ihm nicht, daß tnan hier nnd da die Közzfe zusammensteckte, um Vermu thnugen über seine Persönlichkeit auszu tanscheu Seine Situation war unter diesen Umständen eine keineswegs be hagliche, wenn er sich auch Mühe gab, seine unbefangene Miene zu bewahren und möglichst theilnahtnlos in die wüste Gesellschaft hineinzustarren. Er hatte sein Auge allmälig an die schwere, ver schleiertc Atmoshäre gewöhnt und ver stohlen jede einzelne der anwesenden Personen einer genaueren Musterung unterzogen Aber er war davct zu ver llrlierzeugung gekoniiiien, daß sich der lJst-suchte nicht in der Spelnnke befand, nun es war Keiner da, ans welchen die von Helene angegebenen Merkmale auch nur halbwegs gepaßt hätten. Es mochte sich unterdessen wohl unter allen Gästen herumgesprochen haben, daß der Ankömmling Keinem bekannt«sei, und dieser Umstand schien zu ziemlich lebhaf ten Erörterungen zu führen. Man war ;war anf gelegentliche Besuche der Poli zei hier jederzeit gefaßt, und es pflegten darum nur solche Personen herzukonu inen, welche sicher zu sein glaubten, daß man augenblicklich nicht nach ihnen suche. Aber die Unterhaltungen, welche man in der Regel führte, waren durchaus nicht danach angethan, in Organen der öffent lichen Ordnung aufmerksame Zahörer zu finden, nnd man hatte darum ein großes Interesse daran, von der Anwesenheit eines Beamten oder eine-Z Vagabunden, welche letztere Menschenklasse man hier kurzweg als »Spione« bezeichnete, stets rechtzeitig Kenntniß zu erhalten. Jeder gut gekleidete, anständige Mensch, der sich einmal durch Zufall oder aus Vor witz hierher verirrte, galt von vornherein iiir etwas von beiden; nnd fein Erschei nen hatte iedeg Mal eine sofortige Ver änderung aller Gesprächsthemen zur Folge, bis ec- gelnngen war, ihn durch heimische Bemerkungen u. handgreifliche Andentnngen wieder zu entfernen. Bei dem Fremden aber, der heute die allge meine Ausmerksanikeit auf sich zog, lag die Sache wesentlich andere-. Seine schädige Kleidung, seine verwiifteten Gesichteszügesund sein zerzauster Bart ließen ihn als völlig zugehörig zu seiner Umgebung erscheinen, und wenn er den noch ein Spion war, so war er sicherlich einer von der gefährlichsten Art. Eine gute Weile hatte man an den einzelnen Tische-n hin nnd her geflüstert, wie man es wohl anzufertigen habe, hin ter den wahren Charakter des Unbekann ten zu kommen, und die Schreie-r von vorhin bedanerten jetzt beinahe, den dicken Wirth, der sich aus dergleichen inuner ani besten verstand, in seineni Eritnien unterbrochen zu haben. Plötz lich erhob sich der oiersch.ötige halb berauschte Geselle ntit dein a·usgedun senen Sänfergesicht, nahm sein großes Schuapsglas in die zitternde Rechte und ging aus den Tisch deo Fremden zu, sich ohne Weiter-es an seiner Seite nieder lassend. Tier-J Professor .-rückte unwillkürlich weiter, um den Abstand zwischen sich nnd seinem unangenehmen Nachbar zu ver größern. Aber dieser hatte trotz seiner Trunkenheit die kleine Bewegung sehr wohl bemerkt und schien sich im hohen Grade beleidigt zu fühlen. ,,Oho,« legte er mit seiner über-lan ten, aber heiseren Stimme los. »Bist ich Euch etwa zu schlecht als Gesellschaft? Oder denkt Ihr, es wäre Gift innieinen Kleidern? Habe schon mit ganz anderen Leuten aus einer-Bank gesessen, als «niit Euresgleichen, vorausgesetzt natürlich, daß Jhr wirklich nichts anderes seid, als Ihr niit dein Rock da scheinen niöchtet·.-« Das war sehr deutliche Anspielung, ganz danach angethan, den Professor zur Vorsicht zu inahnen; nnd er bemühte sich denn auch, seinen Fehler wieder gut zu machen, soweit es in seinen Kräften stand· Mortsetznng solgt.) — —--Geht nach-— Haloon dem Thauptquartier der immer. kI«T-ns besten Nemjnke und Ungarn-n ims anHand. Anfguiesükhwkies Iviro beseit: bei-H qehalieu. l lII S. VII-Ich Ist-Ist I Li A if t ‘ -O'.llNO PILJEC '-.nown by molaturt Ya*\wL- 1 ncrapflration, cause iotenae Itching i n warm- Huh form and BLIND YfUi LiSDIira or PROTRUDING PlLLd / LfU Y1KLD AT ONOI. TO M. BO SAN KU S PILE REMEDY, fjf#/ .a a;t» d 'rectly on part* affected, v <iorbt lutu'in, ullaya itching, effecting f}ff C\ nv ntcure. Price 60©. DruggiHth f/LL v. .iu.il. Dr. Boaauko, Philadelphia, Pa. $. '<•>. £ utter & I'd., '.Mpotl)cfe». Christ. Cornelius.