Grand Island Anzeiger. (Grand Island, Nebraska) 1889-1893, March 03, 1893, Image 5

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    T ; sum Baang
R o m a n» v o n
Meint-old Ortmann.
H. K a p i t e l.
(ssortsetzung)
Als Egon wieder in den Solon zu
rücklehrte, kam ihm der Generalliente
nant in unverkennbarer Aufregung ent
gegen und hatte große Mühe, seine Ins
sung zu bewahren, als ihn sein Sohn
von der Aenßerung des hohen Herrn in
Kenntniß setzte. Einen so nnglilcklicheu
Tag, wie den heutigen, hatte Graf Holz
haufen seit vielen Jahren nicht mehr ge
habt, und es war ihm vielleicht nicht gar
zu sehr zu verübeln, wenn er sich setzt
. beinahe darnach sehnte, einen Blitzablei
ter für seinen großen Zorn zu finden.
Hatte er schon vorher seine wichtigsten
Oausherrnpfiichten versäumt, um eine
Gelegenheit zu ungestörter Rückspraehe
mit dem Professor zu finden, so beo
bachtete er ihn jetzt erst aufs Schärfsie,
und als der oiei unidräugte Künstler
endlich in einen von hohen Saite-unpar
tieren fast vollständig oerdeckten Erter
trat, augenscheinlich in der Absicht, sich
dort in der Einsamkeit ein wenig zu er
holen, folgte er ihm rasch und redete ihn
mit mühsam erzwungeuer Höflichkeit an:
»Sie haben uiir bisher noch keine Ge
legenheit gegeben, Jhnen für die Genüsse
zu danken, welche Sie meinen Gästen
und mir oerichafftenl Lassen Sie mich
diese Pflicht hiermit nachholen. «
»Sie beschämen mich, Herr Graf,«
antwortete er in ruhiger Liiescheidenheit
»War mir doch dag ganze Arrange
nicut nicht eine Miihewaltung, sondern
ein Vergnügen. «
Der General war außer Stande, sieh
noch länger zurückzuhalten
»Ja der That?« fragte er. »Ich begeg
ne also beiJhnen derselben Auffassung,
die sich zu meinem Erstaunen auch in wei
teren Kreisen geltend zu machen scheint.
Man ist nämlich vielfach der Ansicht, daß
Sie mir die Ehre vIhrer Vetheiliguug
an diesem Feste nur erwiesen haben,
weil es ihnen ein ivilllonnneueo Mittel
zum Zweck erschien-«
Professor«’Ter-ibei-g iah erstaunt auf
die erregten Züge des alten Mannes.
»Wenn ich Phie Worte richtig ver
standen habe, Herr Graf, so bedeuten
sie einen Vorwurf gegen mich, auf den
ich mich wohl werde oertbeidigen können
Darf Ich deshalb unt eine nahrere irr
tlärnng bitten?«
»Es wäre Inir lieb, wenn Sie tnir
dieselbe erließen. Sie wissen, daß ich
Sie sonst ats Menschen wie als itiinstler
scheide, und dasz es mir äußerst peinlich
ist, eine solche Erörterung herbeiführen
us müssen. Uni wag es sich dabei han
delt, werdin Sie sa wissen! Ihr letztes-i
Bild niag sa künstlerisch ganz ausgezeich
net gewesen sein, abervngenressen war es
-—- wenigstens an dieser Stelle — nichts-«
»Ich bedauere das, Herr Graf, wenn
ich auch Ihre Auffassung nicht theilen
tann. Aber Sie selbst waren bei den«
letzten Proben zugegen —«
»Mag sein, daß das Gebetdenspiel der
mitwirkenden Personen auf diesen Pro
ben weniger deutlich war, als heute,
genug, ich wünschte, Sie hättest nna die-«
fes lehte Tableau erspart, oder doch
wenigstens eine andere Dame als gerade
meine Tochter gewählt! Vielleicht, Herr
Professor, hätten Sie überhaupt etwas
weniger unvorsichtig und etwas-« besser
jener Verpflichtungen eingedenk sein sol
len, welche Ihnen mein Vertrauen nnd
Ihre Situation als stt meines hause-it
auferlegte «
Nun konnte Dernberg nicht länger
zweifeln, wohin sich die Worte des Gio
fen richteten. Er wurde wohl unt eine
cchattirung bleicher, aber er behielt doch
seine volle, männliche Fassung
»Jch glaube Sie zu verstehen, Herr
Graf, nnd ich bin nicht in der Lage,
die Befchaldigung lurzweg als eine unbe
gründete zurückznweisetn Aber es dürfte
hier wohl kaum der richtige Ort für meine
Erwidert-as sein, und ich bitte Sie des
halb um die Erlaubniß, Jhnen morgen
Mittag meine Aufwartung zu machen-«
Dieses unnmwundene Eingeständniß
erschien dein General in seiner gegen
wärtigen Gereiztheit nicht als männlicher
Freininth, sondern als eine beispiellose
Unverschätntheit, und er brauste darum
ohne jede weitere Rücksichtnahme anf:
»Sie werden sich gegen den Vorn-urs,
die Kaintesse toutpromittirt zu haben, so
wenig morgen als heute ersolgreich bei
mir vertheidigen lönncni Ich wüßte nicht,
welche Entschuldigung Sie sür Ihr Ver
halten geltend machen könnten-«
»Die Entschuldigung meiner Liebe!«
sagte Herbei-t, dem jeht auch d«tt Blut
zum Herzen zu strömen begann, rasch:
»Ich gebe Jhnen die Versicherung, Herr
I- Gras —«
— »Ersparen Sie sich Ihre Versicherun
- geni« unterbrach ihn der Generallieutex
nant, der im ersten Augenblick wie ver
. steinert dagestauden hatte-, heftig: »Ich
muß Ihnen gestehen, daß ich daraus denn
-· doch nicht gefaßt gewesen bin! Sie sagen
.- Inir also itt’s Gesicht, was man sich ver
s« stehlen bereits in allen Kreisen der Ge
H sellschast zuzuslllstern«begann,- uud Sie
.- lpaben die Stirn, mich noch um eine be
sonder-e Unterredung über diesen Gegen
s stand zu bitten! Gehört das etwa auch
« noch zu Ihrer WettetM
H »Ich weiß nicht« von welcher Wette
;Sie sprechen«, erwiderte der Professor-,
—- sich stolz anseichtend, »aber ich sehe, Herr
J Gras, daß- Sie augenblicklich nicht in
j der Stimmung sind, meinen Werten die
ise e ich einen Anspruch zu haben
glaube Jch möchte Sie davor bewah
ren, Jemand zu beleidigen, der Jhnen
keine Veranlassung dazu gegeben hat «
Keine Veranlassung? Herr, ich weiß
in der That nicht, wo ich die Erklärung
fiir Jhi Benehmen suchen soli! Seien
Sie versichert, daß ich mit vollster
Ueberlegung spreche, und daß ich Ihnen
noch o ndrein alle Rücksicht zuTheil wer
sden ink, « ich einem Gaste schuldig bin.
iWallte ich meinen Sohn von dein Ge
jscheheiien in Kenntniß sehen, er würde
wahrscheinlich mit den Waffen in der
iHand Rechenschaft von Ihnen verlan
sgeii!"
T Die Brust des jungen Maiers hob
’,sich in raschen Atheiiizügeu, und eine
heiße Röthe goß sich bis an die Haar
wurzeln hinauf übei seiti Gesicht
J »Sie beschimpfen mich, Herr Graf,
ohne mich gehört zu haben und es wäre
sniir darum beinahe lieber, wenn ich statt
Ihrer Ihren Sohn vor niir hätte, deni
zich in gleicher Weise antworten könnte!
Ich habe zugegeben, daß ich eine tiefe
und innige Neigung siir Konitesse ifisa
empfinde, und füge hinzu, daß es das
höchste Lebensglück siir mich bedeuten
würde, sie als meine Gattin heimzufüh
ren. Wenn an dieser Werbung etwas
auszusehen ist, so ist es wohl nur der
Ort, an dein ich sie vorbringe, iiiid die
Fami, zii der ich durch Umstände ge
nöthigt werde. Ttasür aber fällt nicht
so sehr mir als Ihnen selbst, Herr Graf, -
die Verantwortungzu, und ich glaube
wohlAntworh aber nicht eine Beschim
pfung verdient zu haben!«
Zwar iniponiite dass männlich stolze
Selbstbewußtsein des jungen Mannes
dein alten General, aber sein Ae eri
wurde dadurch nicht geringer und Hin
Ton nicht freundlicher, a·s er sagte: i
»Nun gut, Herr Professoi, die Tint
wort sollen Sie haben, nnd es wirdg
lieu · anmutige-g zi- iezkuekm mii
ebenfalls nichts anderes an ihr auszu
setzeti sein, als die Form, in welcher ichl
durch die Umstände genöthigt wei·.ide
cie lautet liirzwegt Nieinaigi Wären
Sie als ein ehrlicher Mann zu rechteri
Gelegenheit zu mir geloninicii, uin mir
Ihren sonderbaren Antrag vorzubringen,
so hätte ich Sie in allei Liöslichleit dar
auf aufmerksam gemacht, daß Sie ;«’ihie
Gedanken auf etwas Uninögiiches ge
richtet haben, daß sich gewisse Klassenun
terschiede nun einmal selbst bei der größ
ten Vornrtheilgiosigkeit nicht aus der
Weit-schaffen lassen, nnd daß Sie selbst
unter deii Konsequenzen einer so unsin
iiigeii Verbindung hätten ani meisten iet
den nennen, weint ich rurznchitg genug
gewesen wäre, tneine Einwitlignng zu
geben. Das Alles hätte ich Ihnen sehr
ruhig und sehr höflich auseinanderge
ith, und wir wären höchstenahrseheinlich
die besten Freunde geblieben. Aber Sie
haben zur Erreichnng Ihre-;- Zieles einen
Weg eingeschlagen, aus weichem Sie die
Rücksichtnahme nicht mehr beanspruchen
dürfen, die man einem Gentleman zu
Theil werden läßt. Sie haben meine
Tochter nnd meinen Nennen zu kompro
mittiren gesucht nnd haben Ihre wahren
Absichten von mir geheim gehalten, bis
tnich ein Zufall und die Aufmerksamkeit
ttteiner Freunde dahinter kommen tieß.
Diese Handlungsweise würde ich Nic
mand verzeihen, und wenn er meinem
Herzen noch so nahe gestanden hättet
Darum wiederhole ich Ihnen noch ein
mal: Niemals! Niemals-P
»Und sie geben mir diese Antwort,
ohne Jhre Tochter auch nur zu befra
gen?«
»Ah! Haben Sie etwa bei ihr ans
Beistand gerechnet? Nun, ich hasse, dasz
mein Kind nicht ehrvergessen gering ist,
anders als mit Entrüstung ans einen
Antrag wie den Ihrigen zu antworten!
Sollte ich mich darin aber getäuscht ha
ben, so lassen Sie sichs gesagt sein, Herr
Professor, daß ein alter Soldat nicht
durch Weiberliinste oder Weiberthriinen
über den Hausen gewarten wird, nnd ehe
ich meine Einwilligung zu diesem Wahn
sinn geben könnte, eher soll -—-——« «
»Es ist genugt« fiel ihnt der Maleri
mit tun-r einrichtet-sahen ins Won. ;
,,Jhre Erwidert-its Herr Gras, war
auch ohne weitere Betheuerungen deutlich ;
genug! Ihre grauen Haare und die Hoch- ;
achtung, welche ich Ihren Verdienstenl
zolle, halten mieh ab, Jhnen ans die un- s
gerechtere unter Ihnen Vorwürfen die
sjenige Antwort zu geben, zu welcher mich
mein Herz drängen möchte. An der
Thatsoche, daß Sie mich mit aller Ent
schiedenheit znriickcveisen, ist damit in
nnch nichts mehr zu ändert-. Jch werde
Ihr Haus natürlich vorläufig nicht
mehr betreten, aber ich hege die Zuver
sicht, daß Sie .ii’ointesse lslsa von dem
Verlauf unserer Unterredung unter-richten l
werden«
»So-ve« ich es fiir gut halte-—ge
wiß!«
»Gut-eh diese Einschränkung würden
Sie mich zwingen, es statt Ihrer zu
thuni«
»Ah, das ist stark! Aber ich nntßJhr
Versprechen haben, daß Sie jede Ver
bindung mit meiner Tochter aufgeben
werden« nnd ich halte Sie noch immer
slir rechtschaffen genug, ein solche-z Ver
sprechen nicht zu brechen. Darum er
theile ich Ihnen die Zusage, daß ich die
Komtesse von Ihrer Wetbnng nnd von
meiner Antwort aus dieselbe wahrheits
gemäß in Kenntniß sehen werde-«
»Ohne sie dar-n zu verhindern, mir
ihre Meinung darüber initzntheilen?«
Der Generallieutenant fuhr abermals
zornig auf.
»Herr! Wie können Sie daran den
ken, mir solche Vorschriften zu wachem-·
»Es ist nur eine Forderung der Bil
liskeit, hie Sie mir nicht abschlagen
-«,» - —--»— »----——WWH—S
iwerdem wenn Sie verlangen, daß auch
ich korrekt handeln sollt«
Seine ruhige Entschiedenheit blieb
nicht ohne Wirkung auf den Grafen
Er schwieg eine kleine Weile und sagte
dann, wenn auch mit einigem Widerstre
ben: «
»Meinetwegen denn! Wenn meine
Tochter selbst den Wunsch danach aus
spricht, so soll sie Jhnen schreiben dür
seiixwohlverstaudeu einmal —- und Sie
geben mir Jhr Wort daraus, dasz Sie
ihr weder antworten, noch sonst eine
Verbindung mit ihr aufrecht erhalten
werden.«
»Ich verspreche Ihnen, mich der Kom
tesse niemals ohne Jhr Vorwissen zu
nähern-«
»Sie geben mir Jhr Wort darauf-«
»Im-So wäre denn wohl unsere
Unterredung zu Ende«, sagte der Pro
fessor mit einem Klang von schmerzlichen
Bitterkeit in der Stimme, »und eH fällt
mir nur noch die Aufgabe zu, mich so
geräuschlos als möglich aus eine111.li1«eise
zurückzuziehen, den ich besser niemals be
treten hätte. »Ich verabschiede mich von
Ihnen, Herr Gras; aber ich gebe damit
noch nicht die Hoffnung auf, Ihnen noch
einmal in würdigcrer Situation gegen
iiber zu stehen«
Er machte dem Generallieutenant,
welcher in diesem Augenblick beinahe
etwas Mitleid sür den jungen Mann
empfand, eine höfliche Verbeugung und
trat aus dem halbduntlen Erler in die
hellerleuchteten Festräuine zurück. Wäh
rend er langsam durch die stattliche Flucht
der glänzenden Salons dahinschritt,
suchten seine Blicke die Geliebte, die
wohl noch nicht die leiseste Ahnung von
der Entscheidung hatte, die während der
letzten Minuten über ihre Zukunft ge
fallen war. Erst in dem großen Kon
zertsaal, in welchem sich die jüngeren
Damen und Herren schon seit gekannter
Zeit dem Vergnügen des Tanzes hinga
ben, wurde erihrer ansichtig. Sie tanzte
mit dem Marquis du Verdy, und gerade
dieser Anblick war dem Maler wie ein
steuer Stich in das verwundete Herz, ob
wohl es der schönen Tochter des Hauses
wohl anzusehen war, wie wenig Vergnü
gen ihr der feurige Walzer im Arme gerade
dieses Tänzers machte. Der Professor
lehnte sieh an eine Säule, welche einem
aus Marmor gebildeten Liebesgotte zum
Piedestal diente, lind folgte ihr mit den
Blicken. Trotz des wirbelndeu Tanze9,
in dem sie sich drehte, hatte sie ihn als
bald wahrgenommen, nnd ein heller
Strahl der Freude leuchtete in ihren
Augen aus, als sie den seinigen begeg
neten.
ils-H war ein Blick uertrauensvoller,
hingebender Liebe, den er aussangen
durfte, ein Blick der (5«rcnnthigung und
der Ansmnnterung, der ihn unter allen
anderen Umständen wohl mit jubelnder
Glückseligkeit ersiillt haben würde, der
ihm aber jetzt die ganze Größe seines
Verlustes nur desto schmerzlicher zum
Bewußtsein brachte. Auch bemerkte er
bald, dass er nicht unbeobachtet war
Zer junge Gras Egou stand in geringer
Entfernung und behielt ihn sowohl, wie
seine Schwester istlsa scharf im Auge.
Sein Gesicht hatte einen so seindseligen
Ausdruck, daß Ternberg wohl fühlte,
wie leicht-namentlich in seiner gegen
wärtigen Stimmung-er mit dem jungen
Grasen würde aneinander gerathen tön- .
nen· Das aber wollte er um sedens
Preis vermeiden; denn sicherlich wäre es:
Elsa gewesen, die am meisten darunter
zu leiden gehabt hätte. So wendete er
sich mit einem oerstohleneu Seufzer
schweigend ab, ging langsam hinan-J und
schritt wenige Minuten später iu tHut
und Ueber-rast die Treppe des vornehmen
Grasenhaufes hinab, auo welchem man
ihn schmählich verstoßen hatte, weil er,
der in Niedrigkeit Geborene, es gewagt,
seinen Blick zu der unerreichbar-km
schwindelndeu Höhe zu erheben.
Bis auf die Straße hintiuter beglei
teten ihn die Klänge der lustigen, be
rauschendeu Musik. Ale- er aber um
die nächste Ecke gebogen war, umgab ihn
die tiefe, nächtliche Stille der friedlich
schlummernden Stadt. Ring-Z um ihns
her war Alles so dunkel und todt, alSI
könne sich nie wieder frisches-, warm pul
sirendeo Leben uni und in den schwerfäl
ligen, lichtlosen Häuser-n entwickeln, und
gerade so dunkel und todt wrzr eo auch in
seinem Herzen.
15· Kapitel
Wenn auch der Marauie seine Aus
nierksamkeit und all’ seine Galanterieu
während dieser Nacht ausschließlich auf
die Konstesse Elsa verschwendet hatte,
bei der sie überdies noch nicht einmal
sonderliche Aufnahme fanden, so ver
hinderte das doch nicht, daß der schöne
Franzose dao allgemeine Interesse-,
namentlich der weiblichen Gäste, ans
sich zog
Dao Gerücht von seinem ungeheuren -
Reichtbnm, von dem er mit vollen Hört-;
den ansstrene, nnd von seinen ausge-«
dehnten Besttzungen ini schönen Stil-enI
Frankreichs hatte sich sehr schnell verbrei- J
tet, nnd manche würdige, aristokratischeJ
Dame, welcher die undankbar-e Aufgabef
zugefallen war, sich nach einem passenden
und edenbiirtigen Verderber um die Hand
einer Tochter oder Nichte umzusehn-,
sandte dein eleganten Kavalier mit den
feurigen Augen nnd dem südlandischen
Typus freundlich ermunternde Blicke zu.
Aber er ging heute unangefochten durch
alle diese lockenden Versuchungen, denn
er schien, wie gesagt, nur Augen für
Komtesse Elsa zu haben und war unans
gesest mit solchem Eifer um sie bemüht,
aß Niemand mehr zweifelte, er sei ganz
ernsthaft in sie verliebt. Gleichzeitig
aber konnte es auch keinem aufmerksamen
i
TBeobachter entgehen, ioie wenig Entge
genkommen und Aufmnnterung seine
Bemühungen bei dieser jungen Dame
selbst fanden, nnd wie kühl, ja beinahe
abwehrend sie ihren ttnermiidlichen Ver
ehrer behandelte. Man deutete dies
Use-nehmen sehr verschieden, und viele
belächelten das nutzlose Liebes-werben des
Marquis, während andere, nnd selt
samerweise gerade die älteren nnd er
fahreneren Leute, eine in nicht sehr ferner
’Zeit bevorstehende Verbindung prophe
.zeiten.
. Ernst nnd sorgenvoll saß der General
. vor seinem Schreibtifch. Die aufregenden
Vorgänge der letzten Stunden hatten ihn
Jdoeh gewaltig erschüttert, und er war
»aus dem liirmenden Treiben des Festes
geflüchtet, weil er fühlte, daß seine
Kräfte demselben nicht mehr gewachsen
seien. Das plötzliche Erscheinen seiner
Tochter liest ihn beinahe erschrocken zu
sammenfahrcn; denn er kannte ihre
Festigkeit und die Entschiedenheit, mit
der sie unter Umständen bei ihrem Wil
len beharre-n konnte, gut genug, um zn
wissen, daß ihm hier noch ein harter
Kampf bevorstehen würde. Wohl hätte
er es für heute ganz vermieden, den pein
lichen Gegenstand zu berühren, aber
schon ihre ersten Worte zeigen ihm, daß
dies ganz unmöglich sein würde.
«Verzeihe mir, wenn ich Dich störe,
Papa,« sagte sie, »aber ich erfahre oon
Egon, daß Tut eine Unterredung mit
dem Professor Dernberg gehabt, welche
dessen plötzliches Fortgehen veranlaßt
habe. Da ich vermuthe, daß auch meine
Person in dieser Unterrednng eine Rolle
gespielt hat, so darf ich doch wohl um
eine nähere Mittheilung darüber bittern-«
Er war dein ttlang ihrer Stimme anzu
merken,daß sie den ganzenZusammenhang
ahnte, und daß sie sich nicht ohne eine be
stimmte Auokuuft zurückweisen lassen
würde. Einen Augenblick dachte der
General darau, da er sich wirklich er
schöpft fühlte-, sie unter Hinweis auf
sein Unwohlsein auf morgen zu ver
trösten; aber das Eingesiänduiß einer
Schwäche widerstrebte seiner soldati
schen Natur zu sehr, als das; er sich da
zu hätte entschließen können. So deu
tete er denn seiner Tochter an, auf dem
Fauteuil neben seinem Schreibtisch Platz
zu nehmen, nnd erwiderte:
,,Egon hat Dich nicht falsch berichtet,
obwohl ich nicht weiß, woher er seine
Kenntniß hat. Jch habe eine Unterhal
tung mit dein Professor gehabt, und er
hat es fiir gut befunden, infolge dersel
ben ein Haue- rn verlassen, in welchem
weitere Vortheile siir ihn nicht mehr zu
erlangen waren. «
Elsa sah ihren Vater angstvoll au.
Die Röthr feines Gesichts und die dro
henden Falten auf seiner Stirn weis
sagten ihr nichts Gutes-. Sie zitterte
vor dem, was ihr die nächste Viertel
stunde bringen würde, und doch zögerte
sie nicht, geradeuwego auf den gefähr
lichen Gegenstand loszugehein
»Er hat also um meine Hand auge
halten?« fragte sie leise. »Und Du
hast ihm eine ablehnende Antwort da
rauf gegeben?«
»Ich bewundere Dein Ahmmgsoer
mögen!« brach der General los. »Ich
habe ro ajso in der That mit einem
wahrhaftigen Complot zu thun gehabt,
nnd mein eigener- Kind konnte dazu bei
tragen, die ungetrübte Ehre meines
alten Namens durch das Gerede der
Welt tu verunglimpsen. Fast möchte
ich bedauern, noch so niilde gegen diesen
Betrüger meines arglosen Vemsaueig
aufgetreten tu lein. « -
(f"lsa preßte die Lippen zusammen, um
die Worte trotzigen Zornes zurückzu
driingen, zn denen ihr Schmerz sie trei
ben wollte. Sie fiihlte wohl, daß das
jetzt, der Erregung des Vaters gegen
über, nicht das rechte Mittel sein würde,
über das Vorgefalleiie volle Aufklärung
zu erhalten, nnd so bat sie ihn denn
nach kurzem Schweigen mit leiser, be
bender Stimme-, ihr zu erzählen, welcher
Art seine Unterredung mit dem Profes
for gewesen sei. Der General erinnerte
sich des Versprechens, welche-:- er dem
Maler gegeben hatte, und berichte-te,
wenn auch nicht eben in wohlwollender
Darstellung, so doch der Wahrheit ge
mäß, iiber die Hergänge des Abends-.
Mit hartem Vorwurf erwähnte er
jenes lebenden Bilde-S, in welchem El
fa’g Mienenspiel der ganken Gesellschaft
zum Verräther ihres Herzenggeheiw
nifsesz geworden war, und es entzün
dete von Neuem seinen Zorn, als er der
Deniiithigung gedachte, denen er von
Seiten des Prinzen Herinann nnd des
Herrn von Faber ausgesetzt worden.
»Die Ungnade meines allerhöchsien
Herrn ist mir so gut wie gewiß, wenn
sich dass Gerede iiber diese skandalöse
Afsaire noch weiter verbreitet,« sagte er
finster-. »Habe ich darum ein makellosev
Leben geführt nnd den Schild meiner
Ehre durch mehr als ein halbes Jahr
hundert so rein von allen Flecken erhal
ten, wie er mir von meisten Vorfahren
überliefert worden ist, um nun durch die
Thorheit einer Mädchenlaune das ganze
Werk meines Lebens gefährdet zu sehen?
Nein, wahrhaftig, so lange ich der Herr
meines Hauses und das Haupt meiner
Familie bin, wird man niemals auf eine
Kouitesse Holzhaufen weisen. —- Dn
wirstdiesenMaler niemals wiederseheiil«
»Ich weise nicht, ob ich Dir verspre
chen kann, Papa, diesem Befehl zu ge
horchenl«
»Wenn noch ein Funken von Ehre in
jenem Manne ist, wird es Deines Ver
sprechens-z auch nicht bedürfen. Er hat
mir gelobt, keine Annähernug mehr an
Dich zu versuchen-«
»Wie?« fragte sie todtenblaß. »Ist
das wirklich wahrli«
»Er hat mir fein Wart baran gege
ben- Um seinetwillen will ich wünschen,
daß er’s hält. «
»Du mußt ihn mißt-erstanden haben,
Papa! Das kann sein Ernst nicht gewe
sen sein! Er kann nicht anf mich verzich
ten, ohne daß uns wenigstens ein Wort
des Abschieds, ein letztes Anssprechen
vergönnt wäre!«
»Ich habe ihm zugestanden, daß Du
ihm noch einmal schreiben darfst —
wohlverstanden, einmal Und einen Ab
schiedsb«ief! Ich will darauf verzichten,
denselben zu lesen; denn ich halte Dich
nicht für ehrvergessen und ungehorsam
genug, daß Du daran denken könntest,
trotz meines entschiedenen Verbots eine
Hoffnung in ihm zu nähren, die sich
doch niemals verwirklichen würde. Von
einem weiteren mündlichen oder schriftli
chen Verkehr darf dann nie wieder die
Rede fein. Jch habe sein Wort darauf
nnd ich denke, meine Tochter ist wenig
stens stolz genug, sich Niemand an den
Hals zu werfen!«.
»Das bin ich gewiß, Papa! — Aber
ich vermag noch immer nicht zu begrei
fen, wie er das versprochen haben sollte.
Erinnerst Du Dich seiner Worte noch
ganz genan?«
»Alle Wetter, bin ich es, der hier ein
Verhör bestehen soll? Jst Dir meine
einfache Versicherung nicht genug? —
Mit seiner Ehre hat er sich verbiirgt,
daß er ohne mein Vorwissen keinen Ver
such der Annäherung mehr machen wer
de, und ich meine, das ließe an Deut
lichkeit nichts mehr übrig-«
Wie eine fliichtiger Sonnenstrahl war
eH bei seinen Worten über Elsas tief
betiimmertes Antlitz geglitten nnd mit
neu erivachender Hoffnung erwiderte
sie:
»O nein, Papa, es ist deutlich genug,
nnd Du darfst sicher sein, daß er seini
Versprechen halten wird! Nicht heimlich
und hinter Deinem Rücken wird er seine
Werbnng wiederholen-, wenn ihm der
rechte Augenblick dafür gekommen
scheint, sondern offen und freimiithig, »
wie es einem Manne von seiner Art ge- !
ziemt. Wenn aber die-sei Zeitpunkt dai
ist« wirst auch Du von anderer Gesin- !
nung gegen ihn crfiillt sein als jetzt
Darauf baue ich fest, und in dieser zu- i
oerfichtlichen Hoffnung erkläre ich Dir, »
Papa, daß ich niemals einem anderen
Manne meine Hand reichen werde alss
ihm! Aber ich sehe, daß Du müde bist, ;
nnd es führt ja auch zu nichts, heute;
noch weiter darüber zu sprechen, darum :
gute Nacht, auf freundliched Wieder-l
sehen!« s
Sie war hinaus, noch ehe sich der altes
General von feinem Erstaunen iiber ihre
Fassung und iiber ihre zur-ersichtliche
Sprache erholt hatte. Er mußte sich
gestehen, daß die Szene, von welcher er T
viele Klagen nnd Thräuxn befürchtet l
hatte, viel glimpflicher abgegangen sei, «
als er es nur immer hätte erwarten kön
nen. Aber er war mit ihrem Verlan
trotzdem nicht-J weniger als zufrieden;
denn er fühlte wohl, daß hier einWider-»
stand zu bekämpfen sein wiir,de der sich
auf viel fester«ei Grundlage aufbante,
als auf Klagen nnd Thränen
Während er nachdenklich und schlum
merlos in seinem Zimmer auf und nie
der ging, saß Clsa in dein ihrigen und
schrieb mit schwerem Herzen, aber doch
mit gefaßtemSinne den letzten, inhalts
reichen Vrief an den Geliebten.
·16. Kapitel.
Viele Tage lang hatte Helene in tiefer
Bewußtlosigkeit auf ihrem Krankenbette
gelegen, und mehr als einmal schien es,
als solle dem unbarmherzigen Würger
Tod dieses junge, blühende Menschenle
ben rettungslos zum Opfer fallen. Der
Arzt selbst vermochte im Anfang nur
wenig Hoffnung zu geben; er kam täg
lich mehrere Male, um nach feiner
Patieutin zu sehen; aber es währte
lange, ehe er das erste geringfügige An
zeichen der Besserung wahrnehmen
konnte. Bei einer minder hingebenden
und anfopfernden Pflege, als sie ihr
hier zu Theil wurde, hätte ihre zarte
Natur den schweren Krankheitsanfall
auch kaum überwunden; aber sie war hier
in dem Gartenhäuschen der Frau Beh
rend, in Dernbergs Maler-Atelier, s»
wohl aufgehoben, als sie eH nur im
Hause der zärtlichsten Mutter hätte sein
können. Während die eigentliche Kran
tenpflege von einer Diakonissin geübt
wurde, welche sich mit einer anderen
barmherzigen Schwester in die Nacht
wachen theilte, sorgte die alte Dame
unermüdlich für die Befriedigung aller
Bedürfnisse der Kranken, und auch der
Professor hatte ihr eine nicht unbewacht
liche Summe zur Verfügung gestellt,
welche für die Pflege seines Schlitzliiigs,
den er seit jener Nacht nicht wieder ge
sehen, verwendet werden sollte.
Während im ersten Stadium der
Krankheit nur völlige Bewusztlosigkcit
nnd wilde Fieberphantasien miteinan
der abgewechselt hatten, stellten sich end
lich, nach einer Reihe banger Tage und
nach einem besonders heftigen Anfall,
welcher der Arzt als die Krisis bezeich
net hatte, ein tiefer und anscheinend
ruhiger Schlummer ein«
»Wenn sie aus diesem Schlununer
wieder zur vollen, klaren Besinnung ge
langt, ist sie rettet,« sagte den-Doktor.
»Die Kräfte erden sich bei ihrer Ju
gend schon wieder einfinden, wenn nur
ihr Geist ohne Schaden aus der Kata
strophe hervorgeht. Jed Isalldz muß sic
zunächst noch mit großer s orsicht behan
delt werden; denn es ist sehr wahrschein
lich, daß sich m ihrer Vorstellung das
wirklich Erlebte nnd die Truggebilder
ihrer Fieberphantasien vorerst noch recht
bunt durcheinander mischen werden.
Bitten Sie sich darum, ihr in irgend
- ——H-—,
einem Punkte direkt zu widersprechen,
und gehen Sie scheinbar anf Alles ein, «
»ohn"e indessen solchen Reden, die Jhnen
befremdlich erscheinen, eine Bedeutung
beizulegen. « «
Die Voraussage des ersahrenen Arz
tes bewahrheitete sich in allen Stückens -
Helene erwachte ans ihrem Schlummer
bei völlig klarer Besinnung, und das
verzehrende Fieber war beinahe gänzlich
verschwunden· Jhre körperliche Schwä
che war freilich so groß, daß sie kaum
einen Finger zu rühren vermochte, nnd
auch ihre Gedanken arbeiteten vorerst
noch so langsam, daß sie kaum irgend
welche Verwunderung über die fremdar
tige Umgebung zu empfinden schien
Mit einem dankbaren, aber matten Lä
cheln belohnte sie sdie freundliche Wär
terin, welche sich sofort angelegeutlich
nach ihren Wünschen erkundigte, und
nur durch eine leise, kaum merkliche Be
wegung des Kopfes dentete sie an, daß
sie nach nichts verlange und zugleich,
daß es ihr noch schwer falle, zu sprechen.
Mit offenen Armen nnd. doch wie
träumend, einein Kinde gleich, lag sie
stundenlang da, nnd kein Laut von dem
geräuschoollen Treiben der Außenwelt
drang in das stille Gartenhäuschen hin
über, um sie aus ihrer Dämmerwelt
eniporzuschrecken. Man hatte ihr Bett
auf Anrathen des Arztes aus dem
kleinen Kabinet, in welchem sie in jener
ersten Nacht Ausnahme gesunden hatte,
in das eigentliche Atelier getragen, das
sich als ein hoher, heller nnd lustiger
Iliauin ungleich besser zum Aufenthalt
für eine Srhwertranke eignete; und
meint auch eine niedrige, spanische
Wand, mit welcher nian da-« Bett um
geben hatte, ihr den Anblick der bunten
und nialerischen Atelier - Einrichtung
entzog, so fielen ihre Blicke doch dar- »
über hinweg auf einige an der Wand
hängende Gemälde, die sie unausgesetzt
betrachtete und die sich allgernach mit
ihren wachen Träumen zu verweben be
gannen.
Namentlich ein mitten unter diesen
Bildern hängender weibliche-r Studien
kopf war eg, aus dein ihre Augen be
ständig ruhten. War doch die Lage des
Gemäldeg eine solche, daß esJ sie eben
falls anzusehen nnd ihr freundlich zuzu
liirkieln schien!
Es war eines jener Studienblätter,
das der Professor als Vorarbeit für sein
neues, noch nnvollendetes Geinälde aus
geführt hatte. Anfänglich hatte es nur
eine Skizze werden sollen; aber als der
Kopf, fast ohne daß er eS selber merkte,
unter seinen Händen immer mehr Elsa’s
schalthaft liebliche Züge erhielt, hatte er
sich nicht dazu entschließen können, ihn
in dein Zustande eines flüchtigen Ent
wuer zu belassen. War er auch als
Studie für sein Geinälde unbrauchbar
geworden, so wollte er ihn doch als
selbstständige Arbeit ausführen, wenn er
auch natürlich nicht daran dachte, ihn
jemals der Oeffentlichkeit zugänglich zu
tnachen So war das Bildchen entstan
den, ein prächtigeiz, sprechendes Porträt
der Komtesse, und der Zufall wollte,
daß die Genesende gerade dieses ihreni
Gedächtniß unanslöschlich einprägen
mußte-.
(Fortsetznng solgt.)
—- Habt Jhr Zeitschriften oder andere
Bücher einzubinden, bringt sie nach der
«Auzeiger« Ofsice.
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H. sph. Tucker ö. tso., .lpotheter.
Gartensamcn, Fujisa
mcn. Blumen
samcn.
Das Feld und den Garten gut zuzu
berciten für den Samen, ist von Bedeu
tung, aber man iunß Gewißheit haben,
daß der Same gut ist ——— d. h. keimt;
sonst ist die Arbeit umsonst.
Lederman
hat eine große Sendung frischer Samen
sorten ·fiir’o Feld und für deu Garten
unterwegs, Samen voiu Norden, vom
Osten und vom Westen. Er wird Sa
Inen so billig verkaufen, als die Quali
tät es erlaubt. 19---26
Dr. H. c. Minos-,
Zahn-It rzt.
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