Grand Island Anzeiger. (Grand Island, Nebraska) 1889-1893, August 26, 1892, Image 7
Nemeiis. Cäslsscssefsssic —von-— stiedtich Friedrich. (ertsepvvg«) Aufgeregt schritt Wenzel auf und ab, yet allein war. Es war ihm zu othe, als ob alle seine Lebens-ersah - mitgen, sein ganze-z Wissen, als ob Al les —- Alles mit einem Male über den Haufen geworfen ware, Er griff nach feinem Kopfe, um sich zu überzeugen, daß er nicht träume, daß nicht das, wag» ihn so sehr aufregte, nur ein Bild, eins tückisches Spiel seiner Phantasie sei. Er« träumte nicht. ——— Wolff war in jener Nacht nicht in dem Parie gewesen, er hatte Sand nicht gesehen, seine Aussage war eine falsche-»Hm Eid ein Meine-id. —- Und immer weiter drangten ihn die Gedanken. Dann batte der Jaaer doch recht! Vielleicht war ana- dessen Be schuldigitng wahr, daß sie die Frau von Vörner — !—— Nein nein! Die-Z konnte er nicht glauben. Sein Herz, sein ganzes Wesen sträubte sich dagegen —-und doch —- sie hatte um daø falsche Zeugniß und den Meineid ihres Bru ders gewußt, sie war damit einverstan den gewesen-—dann war aitch ihr Zeug aiß salsch —- dann hatte auch sie einen» Meineid geschworen —- Sand war un-! schuldig-und sie—sie hatte mit eigener nd — Er preßte die Hände sest vor die Stirn. Jhn schwindelte. Die schöne Frau mit den unschuldigen Augen eine Berbrecherittl Es konnte nicht sein! Konnte nicht die Aussage des jungen kausmannes aus Unwahrheit beruhen ? Derselbe wußte freilich nicht, worum es sich andelte, er wußte nicht, daß Wolss gegen Sand gezeugt hatte. Und er hatte außerdem Zeugen genannt —- den Wirth und mehrere andere Männer-. « Es fielen ihm Urban’s duiille Worte, dessen Andeutungen ein — die Behaup tung Heinrich’e, daß Sand unschuldig sei, des Knaben Unruhe und Verlangen, oou dem Gute entfernt zu werden, dessen Flucht-sollten sie uin die Wahrheit ge wußt haben? Sein Verstand suchte ihn zu überzeu gen, daß Frau von Böriier das Verbre chen begangen habe, allein noch immer siköubie er sich dagegen, es zu glauben. Er würde stir die Unschuld dieser Frau sein Leben zitni Piaiide gesetzt habe-i --s— et hatte den Arzt seines Verdachte- ioegeii verlacht, und nun sollte Urban dennoch Recht haben! Er hatte sich eiiigedildet, in den Gesichtern der Menschen lesen zu können » diese Eikibildting inar nichts als Täuschung! Eine schlaue Frau hatte ihn durch Lacheln lisiiingetjiii loiintsn, ein verlebter Mensch dui.ti seine s hiiiei chelnden Wortel Der Fion schmerzte ils-n Cr war nicht tm Stande-, Alles dag, was-I inii einein Male aus ihn einstiirnite, zu beherrschen uttd klar zu itberblieleii. Aber Gewiß heit inuszie er in dieser Angelegenheit haben. Diese Zweifel peinigteit ihn. Ohne Zögern gab er Beschl, daß die ihm von Stamm genannten Personen sofort als Zeugen vorgeladen wurden-— dann verliess er sein Vorrath : in in der frischen Lust ruhiger zu nierdeu itiid die volle Klarheit seines Kopfes zuriickzii rufen. — Alo er am folgenden Morgen aus sein Bureau trat, war er in einer ziemlich ausgeregten Stimmung. Er hatte die von Stamm genannten Personen am Tage zuvor derhörl, tino sie hattett sammtlich bestätigt, daß Wolss in jener Nacht, als aus BörneW Gute dagFener stattgefunden hatte, vom Abend an, ani Spieltische gesessen. Gerade dae Feuer diente sür die Meisters als sicherer An haltspunkt für ihr Gedächtiiisz. Sie er tnnerten sich auch der Worte Wolfss, als der Wirth ihm dieNiichrtcht gebracht, daß das Feuer in dem Parle seines Schwagerd stattfinde. Die Zeugen hatten sänuntlicii durch einen Eid ihre Aussage-n tu-lrastigt; die Einstimmigkeit ihrerseugnisse ließ nicht den geringsten Zweifel nbrig, es war sür sie ohnehin leiste Möglichkeit gewi sen, sich gegenseitig zu beiprechen und zu verabreden, da Keiner von ihnen ge wußt hatte, weshalb er vor Gericht ge laden loar. Wenzel war von Weilst Schuld fest überteugt, dennoch sah er dem Vertior desselben mit einein peinlichen Gefühl entgegen, weil er in der letzten Zeit oi terd mit ihm in stenndschaitlicher Weise . verkehrt hatte, außerdem tun-ne er sich nicht verhehlen, dasz er die Treistigteit des Menschen iürchtete. Er bat einen Actuar. das Protokoll zn führen, nur utn mit Wotss nicht allein u sein — dann ließ er den Verhafteten in das Zimmer führen. Mit leichtem Schritte trat Wolfs ein. Ins seinem Gesichte lag ein hatt-spötti sches Lächeln. als suche er seiner Lage eine tomtsche Seite abzugewinnen Flüch tigs glitt sein Auge durch das Zimmer und über Wenzel hin. Dessen ernstee Gesicht entging ihm nicht, er schien in dess aus Alles vorbereitet und begann in beichtet-, halb wegwerfender Weise: Wir sehen uns in eigenthitmltcher Lage wie der, Heer Nichter. Weder Sie noch ich aben hieean gedacht, als wir das letzte al zusammen im Weintellek saßen» Tempoka mutantur. i 7 Gerade die Erinneru en hieran hatte ·- Bisses esiirchtet. Mt aller iteast « Miste et zusammennehmen, um dem TIetceu mit dem ganzen Ernste seiner Iziellun entgegenzutreten « « ’". . sie nd durch den Poliieieontmtssar ) Rath-beim verbotenen Spiele überrascht sma- er, den Biia iesi auf den Schul Oiejea iet P .W«titeitie Schuld unumwun w den ein, erwiderte Wolss in kecker, sast gleichgilxiger Weise. Das Spiel ist durch das Gesetz verboten, allein Sie selbst werden wissen, wie viele gegen die see Gesetz sündigen Man kommt mei sJenZ wirklich ganz unschuldig dazu. Ir gend Jemand wirst in heiterer Laune den Gedanken des Spieles hin, man denkt nicht an das Verbot in dem Augen blicke, man weiß, daß die Polizei nicht allwissendist, und hundert mal wird das Vergnügen durch keinen Polizeibe amten gestört, bis endlich irgend ein ehrloier Mensch zum Verräther an sei nen Mitspielenden wird, weil er einige Thaler verloren yat und diesen Verlust nicht verschmerien kann. Ich bekenne meine Schuld und weiß, daß ich der Strafe nicht entgehen kann, noch we niger werde ich meine Ihnen bekannte Gesinnung gegen Sie irgend andern, weil Jhre Pflicht Jhnen auferlegt, die Strafe über mich zu verhängen. Thäten Sie ed nicht, so wurde es irgend ein anderer Richter thun. Er blickte Wenzel mit einem vertrau lichen Lächeln an. Dieser überhörte mit Absicht die letzten Worte. Sie find noch eines anderen Vergehens —-des falschen Spieles angeklugt, sprach er ernst. Jch weiß es, erwiderte Wolff mit ei nem Deichsel-zucken Was haben Sie darauf zu erwidern? fuhr Wenzel fragend fort. Nichts weiter, als daß die Anklage nur auf der Einbildungstraft des Herrn Stamm beruht. Der junge Mann ver mag nicht zu begreifen, daß Jemand wie er, der das Spiel wenig versteht und außerdem von der Jlatur nicht mit be sonders viel Klugheit begabt ist, an ei fnem Abende sein ganzes Taschengeld ’ verlieren kann! Er behauptete, daß Sie mit falschen Karten gespielt haben. Jch weiße diese Behauptung als Un wahr zurück! Noch ein zweiter Mitfpieler, der Sohn des Fabrikanten Fischer hat dieselbe Beschuldigung gegen Sie ausgespro chen! ! Dann hat auch er die Unwahrheit gesagt! « Der Polizeicnminifsar hat gefälschte Karten in Ihren Taschen gefunden! Das stelle ich durchaus nicht in Ali-s rede· Zu welchem Zwecke haben Sie diesel ben bei sich gefuhrt? Herr Richter-, erwiderte Wolif mit ei nem so offenen, ehrlichen Gesichte, daß er durch dasselbe leicht einen Unbefange nen und llngeiibten hätte täuschen tön nen, ee wurde niir nicht schwer fallen, irgend eine unwahre Aus-rede zu finden, ich werde Ihnen indefz die volle Wahr heit sagen, weil ich ee für unwiirdig halte, Sie, da ich init Ihnen bekannt «bin, zu täuschen· Ich habe die Karten an dein Nachmittage des Tages zu inei ner eigenen Uebung benutzt und :rng sie noch in der Tasche. Zu welcher Uebung ? Jch verstehe Sie nicht. Auch lsum Kartenspiel gehört Uebung und Gewandtdeit. Wer fie nicht besitzt, muß im Verlust bleiben. Diese Uebung ;hade ich mir durch anhaltenden Fleiß Izu verschaffen gewußt. Darin kann !sicherlich Niemand etwas Unrechteii fin den I Ich muß gestehen, daß ich weder weiß, lwelche Art Uebung und Gewandheit Sie ,meinen, noch begreife, wie Sie dieselbe Jdurch gefälfchte Karten sich verschaffen könnten· Man wird durch die gefalfchten Kar sten gezwungen, das Auge und Gesicht liu schärfen. Spiel nicht erforderlich! » Herr Richter, rief Wolfs, verletzt einen . Schritt zurücktretend, ed lann inir Nie T Inland beweisen, daß ich je nnelnlich ge-! Espielt habe! -—— Wer viel gewinnt, mußi Iuatitrlich in den Augen der gewöhnli» zchen Spieler ein Betrüger sein. Dagi Fist das alte Lied! Jch würde weniger ini stneineni Leben verloren haben, wenn ich innelsrlich gespielt hätte. Trauen Sie «mir eine solche Unehrlichleit zu ? i Ich traue sie Ihnen zü! rief Wenzel unwillig und entschieden Wer sich tnit gesalschten Karten übt und sie bei sich führt, der tliut dies sicherlich nur in der sAbsicht, unt si- beim Spiel zu benutzen i Sie haben falsch gespieltl Beweisen Sie es mir, erwiderte Wolff verächtlich mit der Schulter zuckend Es ist bereite bewiesen! fuhr Wenzel fort. Sie haben mit dem Kaufmann Stamm öfters gespielt. ! Einige Male. i Wo haben Sie ilni kennen gelernt? s Jn demselben Weinleller, wo ichihn gestern Abend traf. - Wann haben Sie zuletzt mit ihm ge ’spielt? i Jch weiß eb nicht -- es sind Wochen seitdem verflossen. Jch pflege nicht Buch darüber zu führen, zumal da ich öfter spiele. » Er sprach diese Worte nachlüssig, leicht hin. Mit den Fingern tronimelte er auf der Lebne eines Stuhlet, welche er erfaßt hatte. Wenzel beobachtete ihn scharf. Diese wegwerfende gleichgültige Miene erbit terte ihn. ' Waren folgende Personen-—er führte die von Stamm Genannten an—zugegen, alt Sie dao leyte Mal mit dem jungen Kaufmann spielten ? Wolff zuckte leicht zusammen. Er schloß die Augen balb und richtete sie prüfend auf WenzeL Dieb währte indeß nur et nett Augenblick, dann erschien er wieder vollkommen ruhig. Es kamt ein-»ich weiß es nicht. Ich habe auch et- die anwesenden Personen s Diese Schärfung ist zum ehrlichen i nie Buch geführt. Ich glaube auch kaum, daß dies mit meinem Falle in ir gend einem Zusammenhange steht. Aber mit einem anderm Falle steht es in engster Beziehungi ries Wenzel, in dem er sich erhob. Sie haben mit den genannten Personen an demselben Abende gespielt, an welchem das Garten haus in dem Parle Jhres Schwagers abbrannte, und an welchem Sie in dem Parle gewesen sein undden Jäger Sand aus dem Gartenhaus haben treten sehen wollen! Wolss stand regungslos da. Das Blut war aus seinen Wangen gewichen, seine Augen waren starr aus Wenzel ge richtet. Bestiirzung sprach sich ossen in seinen Mienen aus. Vergebens suchte er dieselbe zu verbergen und seine Fassung wieder zu erringen. Wagen Sie vielleicht, es zu leugnen, fuhr Wenzel sort, dem der Eindruck, welchen seine Worte hervorgerusen hat ten, nicht entging. Der Assessor stand noch immer re gungslos da. Es ist nicht wahr — es ist erlogen! tiefer endlich, alle Kräfte zusammen rassend und die Worte dennoch nur innhsam hervor-dringend Es ist erlo gen. Dann haben Sie das Unmpgliche vollbracht und sind an zwei Orten zu gleicher Zeit gewesen, erwiderte Wenzel nicht ohne Bitterkeit. Daß Sie an se nem Abende von sieben Uhr bis Nachts drei Uhr in dem Weinkeller gespielt und denselben nicht verlassen haben, dafür sind neun Zeuaen vorhanden, welche ein stimmig dasselbe ausgesagt haben, siir Jhre Anwesenheit im Parse haben Sie noch seinen einzigen Zeugen! Es ist ein anderer Abend gewesen, an dem ich in dem Keller gespielt habeiries Wolfs, dessen Verwirrung immer noch nicht gewichen war. Die Zeugen ha ben th geirrt —- miissen sich geirrt ha ben! Ich werde mir erlauben, Ihrem eige nen Gedächtnisse zu Hilfe zu kommen, wenn dasselbe Sie plötzlich verlassen ha ben sollte. Erinnern Sie sich an Jhre Antwort, welche Sie dem Wirthe des Keller-s gegeben haben, als derselbe Ihnen mittheilte, das Gartenhaus in dem Parte Jhres Schwagers stehe in Brand? Erinnern Sie sich derselben? Wolff schwieg. Er war nicht im Stande, ein Wort hervorzubringen. Ganz unvorbeitet fah er sich mit einem Male entlarot. Hieran hatte er nicht gedacht. Er hatte sein Zeugnisz gegen Sand beschworen und er kannte die Strafe,die einen Meineidigen erwartete. Sie erwiderten auf des Wirthe-Z Mit theilnng, fuhr Wenzelmitleidszlos fort, daß es dann ein geschmacklofea Gebaude weniger gebe. Wollen Sie vielleicht diese Worte in Abrede stellen ? Oder soll ich Ihnen die Aue-sagen der neun oerhorten Zeugen niiitheilen? Sie haben Alle gelogen! rief Wolfs, sich zusammenraffend. Ich war an dem Abende in dem Parte. Schweigen Sie, unterbrach ihn Wen zel ernst. Ich glaube, Sie müßten selbst einsehen, wie thoricht Ihr Leugnen neun Zeugen gegenüber ist. Sie sind nicht an dein Abende in dem Parke gewesen ! « Sie haben den Jäger nicht aus dem Gartenhause kommen sehen Sie ha ben falsch gezeugt —- einen Meineid ge schworenl Einen llnsihuldigen haben Sie durch Ihr Zeugniß beinahe in das Zuchthaue gebracht —— jetzt werden Sie demselben nicht entgehen! Wolff gewahrte einen widerwiirtigen Anblick. Seine gewohnte Keclheit hatte ihn verlassen, zitternd stand er da, der Hoffnungsschimmer schien ihm geschioun den zu sein. Er hielt sich an einem Stuhle aufrecht. Weshalb haben Sie gegen Sand ge zeugt, da Sie doch dessen Unschuld kann ten ? fragte WenzeL Noch einmal mußte er die Frage wie derholen. Weshalb? rief Wolfs, sich zusammen raffend, weil ich ein Thor gewesen bin und mich dazu habe überreden lassen! Weil ich den Schuldigen retten wollte und mich nnn selbst in das Verderben gestürzt habe! Wer ist der SchuldigekE Sie fragen noch? fuhr Wolff fort, den der Gedanke an das ihm bevorste hende Zuchthaue in die heftigste Aufre gung versetzt hatte. Sie vermögen mit all Jhrer Klugheit auch jeyt noch nicht das Näthsel zu lösen, welches siir Sie bereitet war? Sie glauden ja so sicher in den Physiognoniien lesen zu können —- es giebt indeß Schriften fiir Sie, welche Sie doch nicht verstehen! Haben Sie nie von blauen Augen gehört, wel che so unschuldig und süß lieben können und doch falsch sind? Welche so mild und sanft erscheinen und trotzdem nur der Spiegel einer kalten, harten Seele sind? Dies scheint ein Märchen siir Sie zn sein, es giebt indeß Märchen, welche Wahrheit enthalten, aber so fein gespon nen find, daß kein Untersuchungs-— nnd Criniinalrichter dieselben durchschnitt! Es war gut gespannen, und Sie würden den Jäger mit bestem Gewissen verur theilt haben, hätte nicht der alberne Mensch, der Stamm, einige Thaler im Spiel verloren und wäre deshalbzmu «sdkkräther geworden. Sie würden zum Schluß noch stolz gewesen sein, weil Sie durch Ihre Klugheit den Jäger als Brandstister entdeckt hätten! Schweigen Sie! unterbrach ihn Wen zel unwillig. Wer hat das Haus angr zündet? Wer? Jch bin es müde, das Narren feil langer zu ziehen. Es hat mich Ue berwindnng genug gekostet, oft das La chen zurückzuhalten, wenn Sie von Sande Schuld so überzeugt waren! Eine kleine, weiße Hand hat das Feuer· in das Hans geworfen, eine Hand die auch Sie öfters getüßt haben! Meine’ Schwester ist die Brandstifterinl — Weshalb blicken Sie mich so starr an? Glauben Sie, dieselbe habe nicht den Muth dazu? Oder fetzt es Sie in Exstaw nen daß ich als Ver-rather derselben aus trete? Jn ihrem Kopfe ist der Plan ent standen, weil derselbe ucn ihre That wußte und ihre Liebe als Preis für sein Schweigen verlangte. Sie glaubte ihn nicht wieder lieben zu können und hat mich zu dem Spiel überredet. Jch hatte wenig Lust dazu, allein sie kann so rüh rend bitten. Jn’s Verderben bat sie mich dadurch geführt —- ich will sie zum wes nigften niit mir ziehen, denn ich bin nicht Narr genug, um mich für sie zum Opfer zu bringen! Er ließ sich erschöpft auf dem Stuhle nieder, der er bis dahin krampfhaft fest erfaßt hatte. Mit Abscheu wollte Wen zel sich von ihn« abwenden — noch mußte er indeß einige Fragen an ihni richten. s Hat Jhre Schwester Ihnen ihrei Schuld eingestanden ? Sie hat es gethan. —- Sie wäxe auch nåchtfim Stande gewesen, mich zu täu en. Weshalb hat sie die Thür des Garten hauses verriegelt? Fragen Sie sie selbst. Es wird mehr Interesse siir Sie haben, die Antwort aus ihrem schönen Munde zu verneh men —- ich bin des Fragens und des Antwortens müde —- ich habe ja ein osseneres Bekenntnisz abgelegt, als Sie erwartet hatten — nun wünsche ich michs zu entfernen! i Er erhob sich und schritt schwankend aus die Thür zu, um das Zimmer zu verlassen. J Bleiben Sie! rief Wenzel streng, be-» fehlend. Die Geschichte ist zu Ende, Herr Rich ter, erwiderte Wolss mit höhnendein zSpotL Auch das beste Märchen kommt ’zum Schluß. Jetzt belästigen Sie mich durch keine Frage mehr-denn ich werde aus seine mehr antworten. Fuhren Sie hinaus zu meiner Schwester, verhaften Sie dieselbe und sagen Sie ihr, sie habe den Faden so sein geiponnen,dasz er zer rissen sei, nnd ich behalte dennoch Recht: der alberne Junge, meines Schmagers Ebenbild, erbt trotzdem das Gut! Er lehnte sich an die Wand und stands mit getreuzten Armen, die Augen starrz aus den Boden geheftet, regungslos da. Wenzel ließ ihn durch den Gerichts diener sortführen. Es war ihm unmög: lich, die höhnenden Worte des Menschen anzuhören. Mit zitternder Hand fertigte er den Verhastungsbesehl der Frau von Börner aus, dann entliesz er den Actuar, Weil er fühlte, das; er allein sein müsse. Auigeregt, erschöpft, zerrissen mit sich selbst, warf er sich in seinenArbeitssesseL Den Blick, den er in Wolfs’s Jnneres ge ioorsen hatte, liesi ihn zusaniinenschau, dern. Es empörteihn, des; dieser seine eigene Schwester n.it sich gesogen hatte Er hatte die rohesten, oerstocttesten Ver-« brecher kennen gelernt, Menschen, in denen nur die rohesten Leidenschaften herrscht "n,welcheabgestuinnftgegen jedes bessere Gefühl waren, und dennoch hatte er bei ihnen sast immer Liebe zu ihren Angehörigen angetroffen, die Verbrecher hatten zum wenigsten diesen einen na türlichen Zug in ihnen übrig gelassen. Wolfs, der so glänzende Fähigkeiten besass, der eine so tüchtige Bildung ge nossen und sich stets in gebildeten Fereis sen bewegt hatte-er sand Genugthuung ---- Vergnügen daran, seine Schwester; mit sich in’s Verderben zu ziehen, ob« schon er sein eigenes Geschick nicht im I Gerinasten dadurch erleichterte. I Er sann nach, Wolsfs Jnneres zu ergründen. Derselbe haßte seine Schwe ster nicht, er hatte stets-«- in freundlichem Verhältnisse mit ihr gestanden, er war durch sie unterstiiht——und dennoch hatte er sie verrathen. lieber-sättigt von den meisten Lebensfreudem abgestumpft ge gen jede edlere Regung, ohne Gewissen dachte er stets nur an seine eigenen Jn tisressen, ein herz oser Egoist. Er hatte nie mit dem Geschicke Anderer Mitleid empfunden Sein Vater war aus drum mer über ihn gestorben — selbst dies hatte iihn wenig gerührt, zum wenigsten hatte es sein ansschtoeisendes Leben nicht im Geringsten geändert. Unwillttirlich richteten sich WenzePs Gedanken auf die Frau von Biirner. Er zweifelte nicht itn Geringsten mehr an ihrer Schuld und dennoch begriff er die: selbe nicht. Sollte sie wirklich die Ab sicht gehabt haben, durch dass Feuer Heinrich das Leben zu rauben? Er mußte es glauben. Er suchte zu ergrün den, wie dieser entsetzliche Gedanke in ihr ausgestiegen war, war sie getrieben hatte, ihn auszuführen Er bemühte sich vergebens, da er nicht in ihr Jnneres blicken konnte. Nur das Eine begriff er jetzt, daß ihr ruhiger, milder Blick, ihr verfiihrerisches Lächeln, daß die Klarheit ihrer Augen, selbst ihre Schönheit -— daß dies Alles nur eine Lüge war —«— ein Widerspruch der Natur. Er hätte noch vor wenigen Tagen geschworen, daß ein so schöner Körper nicht eine verbrecherische Seele enthalten könne. Dieser Widerspruch erschütterte ihn und warf all’ seine Men: schenkenntniß über den Haufen. Wie konnte er se wieder einem Gesicht trauen, da die Züge dieser Frau ihn so gänzlich getäuscht hatten! . Und auch sie sollte er verhörenl Er konnte es nicht und hatte nachgeionnen, wie er diese Aufgabe von sieh abwenden könne. Seine Stellung und Pflicht er forderten es. Er sah voraus, daß er ihr nicht ruhig und fest in’ö Ange blicken »lonnte. Er sollte sie verhören, bei der er so oft in Gesellschaft gewesen war, deren freundliches Lächeln ihn erfreut hatte, deren Wünsche für ihn fast ein Befehl gewesen war! Konnte er gegen sie die Strenge des Richters bewahren? (Fortsetzung folgt). Gladstone und Deutschland-. (Kölnische Zeitung.) Wie der künftige Erste Minister des Vereinigten Königreich-s sich zum deut schen Reiche und dem Dreibund stellen wird, bespricht der .,Standard« in einem Leitastikel, der mit einer kurzen Be grüßungdesKaifersWilhelm,desEnkels der Königin, zu seinem demnächstigen Besuche beginnt, und die Vermuthung ausspricht, daß der Kaiser wohl nicht blos der Verwandtschaft, sondern auch politi scher Besprechungen wegen so häufig nach England reist. Das conservative Blatt, das augenblicklich dem Führer der Libe ralen eifrig am Zeuge flickt, äußert zwar die Hoffnung, der bevorstehende Cahi netswechsel werde keine Aenderung in den freundlichen, vortrefflichen Beziehungen beider Länder herbeiführen, um jedoch, alsbald, die Rolle der Parteipolitil wie der aufzuheben und dem jetzigen Eabinet für die Festigung dieser Beziehungen Lob zu spenden. Der Augenblick, unser Ur theil über Lord Salisburh’s auswär tige Politik abzugeben, ist noch nicht gekommen, aber wir möchten es kurz dahin fassen, daß auch die conservative Regierung dem deutschen Reiche und dem Dreibund stets nur vier Finger von der Hand gereicht hat. Richtig ist die Behauptung des Standard, Deutschland sei mißtrauischgegenGlad stone’s unstäte Politik, denn Niemand könne voraussehen, welche Stellung er in irgend einer innern oder auswärti gen Frage nehmen werde, und Nie mand vermöge dafür einzustehen, daß er als Minister frei und frank zu dem Dreibund stehen werde. Mit dem Drei bund hat England für die Wahrung des Friedens gesorgt. Gladstone mö ge, wenn er den Wünschen des ausge klärten Theiles der britischen Bevölke rung gerecht werden, den Frieden, der auch ihm am Herzen liegen müsse, er halten wolle, auch einmal aus den Handlungen anderer lernen, mit wel chen Mitteln dieses Ziel erreicht wer den kann. »Die Besetzung Egyptens durch England,« schreibt das Blatt, »bildet einen Bestandtheil der allge meinen Abmachungen, wodurch der Friede gesichert wird. Es ist zweifel log, daß, solange die Interessen Eng lands nnd Deutschlands, und diejeni gen der Verbiindeten Englands uud Deutschlands, als die gleichen anerkannt werden, weder Frankreich noch Iliuszland wagen werden, einen Schritt vornhirte auf dem it riegspfade zu thun.« Es ist schon häufig vorgekommen, daß ein bri tischer Staate-wann im Amte ganz an ders austrat als in der Opposition, was die auswärtigen Angelegenheiten be trifft; der gerauschliebeude Nladestone ist ein solcher Politiler Von ihm bleibt stets zu besurchteu, dass er, auch im Amte, den Einstusteruugeu der Feinde des deutschen Reiche-:- und des Drei buiide—3, die jeden verhätschelin den sie dafiir empfänglich wissen, Gehör leihen wird, zumal sein radikaler Anhang, der amhzn larmen versteht, sich wie der diiadikalissmuz aller Länder durch eine mehr oder weniger ausgesprochene Teutschseindlichieit kennzeichnet. Die Unberechenbarkeit Gladstoiie’s soll uns uirln ängstigen, sondern zur Vorsicht 1nahnen. Ueber Zur Alexander III. schreibt ein Kenner rufsischer Zustände: «Alex ander denkt nicht daran, irgend Jeman den Unrecht zu thun. Sein Herz ist voll Gitte. Nur im Kreise der Familie ist er vollkommen glücklich. Es ist wahr, daß in allen Theilen seines ungeheuren Rei ches die schändlichste Miszwirthfchaft, die abscheulichste Verfolgung herrscht, er aber merkt nichts davon. Er hört nur die Berichte feiner Minister, die recht gut wissen, daß er nicht gequält werden will. Der Zarift so sehr ein Opfer seines be ständig zunehmenden Fettes. daß erkannt irgend eine Arbeit thun kann; sein Tem perament ist langsam, er ist ohne Intelli genz; wenn er Papiere unterzeichnet, so ist das für ihn kaum etwas anderes als eine Schreibiibnng.—Er ist körperlich u. geistig unfähig, irgend ein Departement der Regierung zu dirigiren, nicht einmal das milttärische und die Folge davon ist, daß sich das Land ganz und gar in den Händen der Beamten befindet, welche die Macht unter sich theilen und , alles Mög lichethun, um sichin Amt und Würden zu erhalten« So tverden 100 Millio nen Menschen ,,regiert«. Kein Wunder, daß Panslaviften, Judeufrefser und Schmiede von Mord-3t"«ontplotten freies Spiel haben. Artuer Zar und noch är meres Russland Aus Stuttgart berichtet man dem »Sclnvarztvälder Boten«: Der Besitzer eines Gartens bemerkte mit Befremden, daß das Nest, welches die Mauerschwals ben vor nicht allzu langer Zeit unter einem Balken seines Gartenhäuschens angebaut hatten, seit zwei bis drei Ta gen keine Oeffnung mehr habt-. Ver wundert darüber, stieg er vermittelst einer Leiter zu dem Nest empor, öffnete dasselbe mit einem Tafchenntesser unds fand in dem Nest —- 5 kaum mit Flaum bedeckte Spatzen todt vor. Die Schtval ! ben hatten offenbar, von den Spatzen vertrieben, in Abwesenheit der Spayen eltern durch rasche Vermauerung der Oeffnung die Brut erstickt und sich so an ten Nesträubern bitter gerächt. Wilhean l!. als Baums-Mich Kaiser Wilhelm hat aus seit-er . jährigen Nordlandsahrt einen M hegten Wunsch, nämlich paid-is ( einer Jagd auf das the der Welt, den Wal fisch, theilzu befriedigen können. Der ,,Rordd Zeitung« geht darüber eine interessa Schilderung zu, der wir Folgendes ent nehmen: sich der Kaiser an Bord des Walfichi fänger- Dampsers ,,Dnnkan Greh« mit fünf Herren des Gefolges. Die ande ren Herren schifften sich auf eine-m zweiten Wallfischfänger ,,Nancy Grey« ein Beide Damvser gehören dem rei chen Walfischfang- Entrepreneur Osti ver, der sich an Bord desjenigen Dam pfers befand, der den Kaiser aufge nommen hatte während sein Sohn auf dem zweiten Dampfer war Diese Dampf er sind kurze, etwa 20 Meter lange, relativ breite Schraubendampfer, welche mit wenig Geräusch nicht sehr rasch-die besten 8 bis 9, die meisten nur 5 bis 6 Knoten in der Stunde-— fahren, aber sehr schnelle Wendungen ausführen können. Vorn am Bug steht das Geschütz, das die Harpune schleudert Es ist das ein aus einem fe sten Gestell ruhendes Rohr, welches sich auf diesem sowohl nach rechts und links, als auch nach oben und unten mittelst einer Kurbelvorrichtung und eines Hebels mit einer Hand leicht drehen läßt Jn dieses Rohr wird die Harpune uf eine Pnlverladnng ge schoben. Die Harpunensind etwa III Meter lang und mit Widerhaken ver sehen. Da wo die Widerhalen an gesetzt sind, laufen die beiden, die Oese bildenden Eisenstäbe wieder in eine hohle Eisenstange zusammen; in der Höhlung befindet sich eine Glas röhre, diese wird beim Oeffnen der Widerhaken zerdrückt; dadurch läuft das in der Glasrdhre befindliche Ni ltroglvcerin aus und bringt die vorn an , der Harpune befindliche Granate zur iExplosion i Wie erwähnt setzten sich die Dampfer gegen Mittag in Bewegung. Gegen sechs Uhr Nachmittag-s meldete der Mann im Mastkorbe ,,Walfische in Sieht-« Am Horizonte gewahrte man zahlreiche Fontainem welche durch das von den Walfischen in die Höhe ge .spritzte Wasser erzeugt wurden. Der »Dnnkan Gren« ging direct auf diese les Vieriig Minuten später war das ISchiff des Kaiseis mitten unter den fWalfischen Um sieben Uhr fiel der Schuß auf einen direct vor dem Vug ffchwinnnenden Walfis ch. Eine große » Vintlaiiie tenn,,eichnete seinen Weg vor »in Ziiiåsi. das er etwa fiinf Minuten ; hinter iich llerwg. Alsdann erfolgte die Zusijolhiiun der Granale Der Fisch ver hihisano unter Wasser. Bald daraus iwursxse er aber an dem Seil emporge fzoqen und liingsseits des Schiffes be jfestigh i s Auf dein »Nami) Gret)« kamen die iWnlfiich unt « Uhr am Horizont in "an)t; zunächst waren nur die Fon .li"inenfich1bar. Um 7 Uhr war man Lso nah, daf; die periodisd in schlangen fiirniiger Bewegung aus dem Wasser anstanchenden riesigen Rücken der Wal fische zu sehen waren, bald aber auch der Hintertheil des Kopfes mit den Illiasenlöcherm gleichzeitig hörte man idas Schnauhen der Thiere Sobald da: Oel-ist« nahe heran war, verschwan Iden die Thiere plötzlich, um IW Meter weiter rechts oder links aufzutauchen. Die Fische schwimmen viel schneller, als der anipter fahren kann; da fie aber stets in Eurer schwimmen, so besteht die Kunst des Steuermanns darin, ihnen den Weg abzus chneiden, und zu lseheu in welcher Richtung sie unter ’taucheu, um bei ihrem Wiedererfcheinen näher an ihnen zu sein. Einige Wal fische verschwanden wieder, bis die Fähite von vier hintereinander schwim menden Kolossen verfolgt werden kunnte. Am 15. Juli gegen Mittag be ab Mehrmals war der »Nancy Greh« den Fischen so nahe, daß es Erstaunen erregte-, als der Mann am Geschütz nicht sofort feuerte. Derselbe verharrte in einer bewimderungswiirdigen Ruhe nnd Fialtblütigteit Endlich nach ein stiindiger Jagd erschienen die Fische plötzlich dicht vor dem Bug des Schiffes-, von recht-z und links kommend, der dritte in der Reihe unmittelbar vor :dein ,,Nanet) Gret)«, in einer Entfer znung von etwa 20 Metern. Da trachte ider Schuß, der Fisch verschwand im Pulverdampf unter der Wasserfläche. Das lnnabgefallene, vorn aufgerollt gewesene Tan schwamm einen Moment auf dem Wasser. Dann wurde es in die Tiefe nachgezogen, gleich darauf er schien der Fisch wieder auf der Wasser fläche, scharf rechts von der »Nanch Greis«, auf der Höhe der Spitze des Schiffes-, eine gtofze Blutlache um sich verbreitend. Deutlich sah man in sei nem Rücken die Harpune stecken, welche fast bis an’S Ende hineingedrungen ’war. Bali. jedoch konnte der verendete Fisch aus der Tiefe heranfgehaspelt werden. :32 Meter Tau waren abge l.infen· Der Fisch tauchte an der Har pune hängend quer vor dem Bug auf. Ein Boot wurde in’d Wasser gelassen, dessen Mannschast gewaltige Ketten an Schwanz und Riemen des Wallsifcheö fbef ftigte Derselbe war fast so lang »als das Schiff; 15 Meter und etwas mehr maß er, wie am nächsten Tae festgestellt winde. Die Jagd war hatsk siiiteiwefsant spannend und ausregen Ein Wallfifch, wie die erlegten, reprä sentirt einen Werth von etwa 8000 K ronen, beinahe 9000 Mark.