g Nemesis. Ermessens-Geschichte — Von . Friedrich Friedrich. ( FortsehungJ Nicht einmal das Menschengewühl der Straße war im Stande, ihn zu zer streuen und seine Gedanken von den halb wahnsinnig-en Mittheilungen des Jägers abzuziehen! Gegen seine Ge wohnheit trat er in einen Weinleller, um dort im Weine Vergessenheit zu su chen, hastig trank er einige Glas Wein. Es saß sich so kühl in dem gewölbten Raume. Von dem Lärmen und Wogen der Straße drangen nur einzelne dumpfe Laute zu ihm. Seit langer Zeit hatte ihm der Wein nicht so gut geschmeckt; seine Gedanken wurden dadurch leichter, gleichsam sliissiger, sein Blut sloß schnel ler, seine Phantasie nahm einen leichte ren Flug. An der Wand hing das Bild einer Winzerim Lachend hob sie mit der Fand eine volle schöne Traube empor. us ihren halb geössneten Lippen schim merte eine Reihe weißer kleiner Zähne hervor. Betrachtend ließ er den Blick aus die sem Bilde ruhen. Die Züge- der Win zerin schienen sich zu beleben und ihm entgegen zu lachen. Sie zogen ihn an, immer mehr und mehr. Sie nahmen die Züge der Frau von Börner an. Die selben blaaen Augen, die blonden Locken welche durch einen Kranz von Wein blättern halb verdeckt waren. Und die Augen lachten so sorglos und unbe sangen. Er wollte ausspringeu und näher an das Bild herantreten, als Wolsf in den Keller trat. Er bemerkte ihn auf den ersten Blick. Ah, prächtig, Herr Richter! rtes er," schnell ans Wenzel zuschreitend. Der Durst hatntich hierher getrieben. Jch befürchtete schon meinen Wein allein zu trinken-hatte ich eine Ahnung gehabt Sie hierzu finden! Ich habe Sie noch nie hier getroffen. Ich komme auch selten hierher, ervi derte Wenzel, ihm an seiner Seite Platz machend. Jch trinke überhaupt wenig Wein. Dann thun Sie Unrecht, fiel Wolss ein Solche geistig angelegte Naturen, wie Sie sind, müssen Wein trinken, viel Wein. Der Wein allei rust eine Ber klärung des Geistes hervor, er ist der Sonnenschein der Phantasie. Nun sto ßen Sie an, ans den guten Gedanken-, der Sie hierher gesührt hatt Die Gläser klangen aneinander. Wolss konnte, wenn er wollte, bezau bernd liebenswürdig sein, Er war es Wenzel gegenüber-, so daß dieser bereits mehr, als einmal sich selbst gestanden hatte,daß er ihn verlannt have. Er begriff nicht, wie eine so rasch angelegte Natur sich solchen ziigellosen Leiden schaften hingeben konnte. Eifriger und eisriger wurde ihre Un terhaltung. Endlich theilte Wen-rel, indem er den Blick scharf beobachtend aus Wolss ge richtet hielt,ihm die Aussage des-Jägers .tnit. Keine Miene des Assessorg zncltcy mit der größten Gleichgiltigieit nahm er die Mittheilung aus. Verächtlich zog er die Achseln empor Jch hätte dein Menschen mehr Klug heit zugetraut, erwiderte er. Die-:- Mit tel, um die Schuld von sich abzuwenden, ist doch zu plump nnd zn leicht zu durch ,chauers! Meine Schwester als Brand stisterini Der Gedanke hat etwas Hu moriitiichett. Stellen Zie sich dieselbe dur, wies sie mit Mordgedanken das (’s"«ntenliauzs detrttt und Feuer in dessen Titaniin j wirft! Schade, dass ich nicht ziiialcr bin,I ichtvürde dien Gedanken zu einein ist-i » teren Bilde benutzen! Cis-i crinnertz mich an die Ausfiihrung ein«-r altclassi » schen Tragödie ans einer kleinen Bühne-. Die Ernnnien erschienen, und ro war vorgeschrieben, dafz sie langsam nnt schleppendem Gange einhersctnciten soll- ; ten, und die eine der Ernnniisu war ein« reizendes frisches Mädchen text und lu stig trat sie aus, sie sah mit ihren dunklen» Augen so heiter aus das Publikum lur ; ab, als gehe sie einein Balle entgegens Das schöne Kind batie offenbar teinei Ahnung davon, was eine Erisnnie war. Das Publikum lachte laut aus, ich selbst mit, allein trotzdem hätte ich sie tiissen mögen, so reizend sah sie aus. Auch Wenzel lachte. Gestehen Sie nnr Herr Richter, snbr i Volks sort, oer Mensch, der Jäger, hat dennoch, durch seine wahnsinnige Be schuldigung, Gedanken, Zweifel und Be fürchtungen in Ihnen wach geruseui Es lag aus Ihrer Stirn, als ich in den Keller trat, ein so ernster, trüber Zug -—ich begreise ihn nicht«-sent oerstebe ich ihni Sie haben in Gedanken die M lichteit veesolgt, ob meine Schwester wir ich das Verbrechen begangen haben Isaria . Eine leichte Berlegenheit bemächtigte sich WenzelT Sand ist mir ein Ritthsel, entgegnete er, es ist mir noch nicht gelungen, ihn durch eine einzige Frage in Verwirrung oder Verlegenheit zu bringen. Er sprach die Beschuldigung mit der größten Si cherheit aus und doch konnte er nicht v wissen, daß ich Sie und Ihre Schwester , als Diejenigen nennen werde, welche ge « gen ihn gezeugt haben Weshalb konnte er es nicht nassen? wars Wolss ein. Jch weiß nicht, ob er " ficht anch uns an dein Abende ini Parte « hen und erkannt hat. Jst dies der « wesen, so hat in dem Gesäng Zoit genug gehabt, sieh dieses Mit tel auszudenkem Es hat ihn vielleichtl ein Nachgedanke dazu geleitet, weili meine Schwester sein unsinniges Liebes- I geständniß zurückgewiesen hat« Er behauptet sogar, Jhre Schwester« habe ihm, als er am Vegrabnisztage; Börner’s zu ihr gekommen, die Thais eingestanden, habe ihn beschworen, sie nicht unglücklich zu machen und habe ihm l ihre Liebe nnd ihre Hand versprochen wenn er schweige. Wolff lachte laut anf. Herr Richter, rief er, begreifen Siei noch nicht, dafz der Mensch sich Alles vor-l her ausgesonnen hat! Ich behaupte, der schlaueste und gewandteste Mann, kann solche Lächerlichkeiten nicht sofort ohne vorherige Ueberlegung aussprechen Sie können nur mit Mühe erfunden werden. Der Gedanke ist köstlich, daß meine Schwester ihm ihre Liebe und Hand ver spricht, und zwar am Begräbnisztage ihres Mannes, wo sie durch den Schmerz unfähig war, irgend einen Gedanken zu fassen, wo ich befürchtete, die Verzweif lung wird ihr den Verstand rauben! Wie dumm der Mensch noch bei all seiner Schlauhei ist. Weshalb hat er nicht zugleich behauptet, daß auch ich das Feuer mit angelegt habe, dann würde er doch auch mein Zeugniß möglicher weise noch mit in Zweifel gezogen ha ben! Er hat sich an meiner Schwester rächen wollen, und dies hat ihn blind gemacht! Erbehauptet, Sie seien an dem Abende nicht in dem Parke Jhres Schwagers gewesen,warf Wenzel ein. Ich habe Jhnen das Gegentheil da durch bewiesen, daß ich Ihnen mitge theilt habe, wie ich ihn aus dem Gar tenhause habe kommen sehen. Jch bin wirklich gespannt, wie der Mensch sich benehmen wird, wenn ich ihm gegenüber gestellt werde. Ich bitte Sie darum, daß dies geschieht. Jch kann mir nicht wird, mir die lächerliche Lüge in s Ge sicht zi. sagenl Jch bef fiirchte nur, meine Schwester wird selbstdurch diese wahnsinnigen Un wahrheiten aufgeregt werden und sie bedarf noch der Schonung. Sie mußf über solche teuflische Bosheit entrüstet werden. Ich werde es ihr vorläufig nicht mit theilen, sagte WenzeL Auch ich wage nicht, es ihr zu sagen, fuhr Wolsf fort Doch lassen Sie uns davon schweigen. Jet, denke, der Jäger wird selbst bald einsehen, daß er durch dieses plumpe Mittel nichts erreicht und wird es selbst aufgeben. Es wird mich nicht in Erstaunen setzen, wenn er in einigen Tagen gegen eine andere Person eine neue Beschuldigung ausspricht, er wird zum wenigstens das Eine dadurch erreichen, daß seine Berurtheilnng hin ansgeichoben wird. Vielleicht ist dies nur seine Absicht. Er wird selbst dies nicht erreichen, entgegnete WenzeL Wolff brach dies Gespräch ab. Er verstand so trefflich zu unterhalten, daf; Wenzel viel langer in dein Keller blieb, als seine Absicht gewesen. Sie leerten eine Flasche nach der andern, so daß sie Beide durch den Wein erregt den Keller verließen Sehen Sie, sprach Wolfs, indem er die Hand in Wenzel’-:· Arm schob, es liegt ein unendlicher Reif darin, niit einein geistreichen Menschen so allein im Wein leller bei einein llareu Trunle zu fivein Mir ist es dann, als ob jeder Gedanke eine Gestalt annehme-, sicher und deutlich und doch dabei leicht und von dein Hau che der Poesie til-ergossen Dieser Reiz hat niein ganze-Z Lebensziiel vernichtet, er hat mich um ineine Stellung gebracht und inir zu dem Rufe einee aueichwei senden Menschen verhelfen. Ich weiß Votstcllclh has ck Mc Ruyllyelc yavcll! teltr wohl, nue man nber uttett urtheitt, und doch lann ich Init Maria Etuart ursn tuir sent-n: »ich bin besser als uiein Russ« Zehen Zie, ich verachte die Menschen iititelilgenieinein und do ) iehrt ihr Urtheil an nur. Es liegt ein Wider spruch darin,aber in dieieiu Widerspruch toerde ich zu Grunde gehen. Ich suhle die iteait in mir, ein ganz andere-Lize ben zu beginnen und so untadelhait zu leben, als es nur ein toirllicheo Muster menscheneijetnplar vermag, allein ich habe nicht die Kraft, den in tnir woh nenden Trotz zu überwinden Sehen Sie-, deeltalbwerde ich mich einst todt trinken! Sie langten vor WenzePe Wohnung an und trennten sich, indem sie einander warnt die Hand schüttelten, wie zwei alte Freunde-. Wenzel hatte zu Wolss Zutrauen ge faßt. Die glänzenden geistigen Fit higteiten desselben hatten ihn bestochen er war sest überzeugt, daß die Gerlichte über sein wüsteö Leben itbettrieben seien. Eine ilnredlichleit würde er ihin kaum noch zugetraut haben. Tage verschwanden. Die Untersuchung in Betresf des Brandes und gegen Sand waren been det, und dennoch toagte Wenzel nicht, die Angelegenheit zum Urtheilsspruche reif zu erklären. Er glaubte die Be schuldigungen des Jägers nicht, dennoch hatten dieselben einen tieferen Eindruck aui ihn gemacht, als er sich selbst zu ge stehen wagte. Ein besonderer Umstand kam noch hin zu, diesen Eindruck zu verstört-en Es durchlief das Gerücht die Stadt, eint-ich set plötzlich und spurlos ver chtounden. Wenzel glaubte nicht daran, allein ee war für ihn nicht ohne Bedeu tung, daß man, wenn auch vorsich tig, doch ziemlich allgemein seine Mutter und deren Bruder damit in Verbindun brachte und besonders betonte, bag Frau von Hörner nun das ganze Gut ck . Wenzel hatte, als das Gerücht zu ihm drang, wie über eine Thorheit den Kopf geschüttelt, ohne ein Wort zu erwidern Um so mehr war er estaunt, als der Doktor Urban m aufgeregtem Zustande zu ihm kam und sofort die Frage an ihn richtete: Wissen Sie, daß Heinrich verschwun : den ist? Ich weiß nur, daß dieses Gerücht dieI Stadt durchläuft, entgegnete Wenzel, ’ allein ich bin sest überzeugt, daß es nur eii thörichtes Gerücht ist, welches ent- I weder durch einen Jrrthum entstanden, ! oder von irgend einem aberwitzigen ( l K opfe erfunden ist! Es ist nicht erfunden-es ist wahrt rief ukvan ( Woher wissen Sie das? warf Wenzeli em. Des Knaben Lehrer, Doktor Brandt, war bei mir und hat mir Alles mitge theilt. Bitte, erzählen Sie es mir. Zuvor setzen Sie sich indeß-—Sie sind aufge legt, und ich bin überzeugt, die Sache wird friedlich enden. Jch befiirchte das Gegentheil, fuhr Urban fort, ohne sich zu setzen. Dazu fehlte ihm in der That die Ruhe. Nun erzählen Sie mir, forderte Wen zel den Arzt noch einmal auf. Ich hatte bereits heute Morgen das Gerücht vernommen, daß der Knabe seit gestern Abend verschwunden sei, daß auf dem Gute die größte Aufregung herrsche und nian den Verschwundenen überall suche. Es fehlte nir an Zeit, hinaus zu eilen, utn mich selbst von der Wahrheit des Gehörten zu überzeugen. Heute Nachmittag kam des Knaben Lehrer in größter Aufregung und Be ftürzung zu mir. Jch erschrak, als ich den Mann erblickte, denn sein blasses Gesicht tündigte mir sofort ein Unheil an. Er erzählte mir, daß er gestern Abend nach dem Essen sich mit dem Knaben wie gewöhnlich aus sein Zimmer begeben habe. Der Knabe sei ruhig gewesen, wie gewöhnlich. Der schöne Abend habe ihn noch spät zu einem Spaziergange verlockt, und nichts Schlimmes ahnend, sei er ohne den Knaben fortgegangen, der ihm versprochen habe, das Zimmer nicht zu verlassen und sich zeitig zur Ruhezu legen. Jn dem Schlosse sei es still gewesen, nur in dem Zimmer der Fr. u von Börncr iind Jder Dienerschaft habe er noch Licht bemerkt, durch den! Pakt sei er hinausgeschritten aus das? Feld. Die Nacht seis osriedlich und still gewesen, und in Gedanken versun ken, habezer erst an dieHeiinkehrsgedakht, als er bereits weiter als eine Stunde von dein Gute entfernt gewesen sei. Schneller sei ser nun ziiriickgelehrt, in deni Schlosse war Alles dunkel. Sorg-v loe sei er in sein Zimmer getreten, es sei still darin gewesen, und ör habe sich vorsichtig ziir Ruhe legen wollen, uni den Knaben nicht zii weilen Noch einmal sei er indeß, wie er es jeden Abend zu ihiin pflege, an das Bett desselben getreten, da habe er zu seinem Schrecken wahrgenommen, daß das Bett leer sei. »Er habe den Knaben gerufen, ohne eine Antwort zu erhalten« Eine iiainenlose iAngst sei über ihn gekommen. Schnell i habe erLicht angezündet und das Zimmer sdiirchsucht ——- nirgends habe er eine Spur des Eiitschiviiiidenen gesunden. - In seiner Angst habe er sofort die Die nerscbait geweckt, feiner von ihnen habe den Knaben gesehen. Das Schloß und deii Bari hattest sie dann ohne Erfolg durchsucht- Daiiii erst habe er die Frau von Börner weilen lassen auch ihren Bruder, der die Nacht ans deniliiiite zu gebracht habe. Beide seien ihm bestürzt erschienen, hätten sich indesz deti Suchen . den angeschlossen, ohne eine Spur des Entschiouiideneii zu finden So sei dies Nacht hingegangen iind der Morgen! hereiiigebrocheii Er habe sich noch immer iiiit dein Gedanken zu beriihigenl gesucht, das; Heinrich dass Schluß Artus-s sen habe und durch die herrliche Nachts verlockt sei, die Nacht nn Freien zum-s bringen, er habe iest gehofft, das-z er nuts dem hereinbrechenden Morgen zuriicftehz ren verde ---— er sei indess nicht zuriutsi gelehrt. Nach allen Seiten seien nun »Von-n entsandt, dem Verschwundeuen inaetnusorschen und ihn zu suchen. Er «- setbst habe jede Stelle desz Parkeø durch ismht, sei an dem Teiche Schritt für iSihiitt hingegangen, weil er irgend ein Unglück beinichtet habe-—- er habe keine Spur gesunden. Niemand habe den Knaben erblickt Die größte Angst trieb ihn endlich zu mir, er suchte Hilfe, und ich weiß nicht, wie ich ihm dieselbe ge währen sollt Aufmerksam hatte Weuzel dein Arzte zugehbit. Hat der Doktor Brand seine Vermit thung, wo der Knabe geblieben sei? wars er fragend ein. Reine. Der Mann ist so bestürzt, daß er keinen ruhigen Gedanlen zu fas sen im Stande ist. Dertttiabe ist ihm an vertraut, und nun macht er sich selbst die bittersten Vorwürfe und klagt sich der Nachlässigkeit an. Der Mann ist aufgeregt. Nachlässig keit kann ihm sicherlich Niemand zur Last legen. denn er ist besorgter, als ein Vater um den Knaben gewesen. Das ist er, fiel Urban ein. Das Zeug nisz kann auch ich ihm ausstellein Aber tue-»wir ist der Knaben hingekommen? Wenzel zuckte mit den Achseln. Ich tann es am wenigsten sagen. Sie haben mir selbst mitgetheilt, der Knabe verlange von dem Gute entfernt zu wer den, ed haben sich thörichte Ideen in sei nem Kopfe ststgeseyt—deshalb glaube ich, daß er davongelausen ist. Urban schüttelte mit dem Kopfe. St würde seinem Lehrer dies mitge theilt haben. Auch dieser glaubt es nicht. Er würde zum wenigsten einige seiner Sachen mitgenommen haben; selbst seine gefüllte Sparbüchse hat er unberührt zurückgelassen. Das scheint mir nun zu beweisen, daß er ohi e jeder Ueberlegung davon gelaufen! ist. Wenn er nicht Verwandte aufsuchtJ so wird ihn seine Mittellofigkeit um soj früher zurücktreiben Sie nehmen diese sSache viel zu leicht, fiel Urban ein Es liegt nicht das ge ringste Anzeichen vor, daß er das Schloß freiwillig verlassen hat. Sie haben mir gesagt, es sei gar keine Spur seines Verfchwindens ausgefun den, deshalb kann ich meine Vermuthung durchaus nicht fnr unberechtigt halten« Was denken Sie denn ) Sie haben sich hierüber noch nicht ausgesprochen Urban fchritt hastig aufgeregt in den Zimmer aus und ab. Wenzel folgte ihni mit dem Auge und wiederholte noch einmal seine Frage. Jch will Jhnen meine Vermuthung nicht verhehlen, gab Urban endlich zur Antwort, indem er vor dem Richter stille stand. « Deshalb bin ich zu Ihnen gekommen. Jch bin gewiß, daß hier ein Verbrechen vorliegt! Was für ein Verbrechen-ich verstehe Sie noch nicht recht. Der Knabe hatte die feste Ueberzeu gnug, das Feuer in dem Gartenhaufe sei angelegt, um ihm das Leben zu neh men-auch ich glaube es. Die Absicht ist mißlungen, weil der Knabe zufällig nicht in dem Hause war-jetzt—jetzt ist dies Vorhaben ausgeführt! Doktor, Sie glauben wirklich, der Knabe sei ermordet? rief Wenzel. Jch glaube es« Wer könnte die That gethan haben? Ihre Aufregung läßt Sie zu schwarz blicken! Nicht meine Aufregung allein-»auch der Doktor Brandt meint es. Wer iu aller Welt sollte ein Interesse daran haben, dem Knaben das Leben zu nehmen! uroan schwieg. Sie vergessen fuhr Wenzel fort, daß wenn der Jäger wirklich durch die Brandstistung die Absicht gehabt hat,dem Knaben das Leben zu nehmen, er jetzt wohlverwahrt im Gefänisse sitzt. Es ist noch nicht erwiesen, daß Sand das Feuer angelegt hat. Es ist erwiesen! gab Wenzel bestimmt zur Antwort, für mich zum wenigsten liegt nicht der geringste Zweifel an seiner Schuld vor. Wieder schwieg Urban. Doktor, ich begreife Sie nicht, suhrs Wenzel fort. Sie haben auch jetzt wie-« der einen bestimmten Verdacht und wol len ihn nicht aussprechen. Daß der Jäger den Knaben nicht ermordet haben tann, steht fest. Wer könnte an seinem Tode ein weiteres Jnteresse haben ? Das ist mir ein Räthsell Mir wahrhaftig nicht, rief Urban, der seine Aufregung nicht länger im Zaume halten konnte. Der Knabe ift der allei nige Besitzer und Erbe des Gutes, ihm fällt einst Alles anheim-ich meine, das wäre leicht zu begreifen, wer gewinnen wird, wenn er todt ist. Doktor —- Doltorl fiel Wenzel saft erschreckt ein. Wohin führt Sie Ihre Aufregung! Seine Mutter-die Frau von Börner würde dadurch gewinnen! Wollen«s—tötmen Sie wirklich auf diese ehrenwerthe Frau irgend einen solchen Verdacht werfen! Können Sie es über haupt nur siir möglich halten, daß sie-— sie einer solchen That fähig sei! Ich habe gegen Niemand eine Be schnldignng ausgesprochen, erwiderte der Arzt augweichend Doch ffsdaes haben Sie gethan, wenn Sie anch keinen Namen ausgesprochen haben, fuhr Wenzel fort. Sie lassen; mich nur zu deutlich errathen, was Sie deuten Sie glauben auch. daß sie dag» Gartenhans angesteckt habe, weshalb sprechen Sie Ihren Verdacht nicht ganz unbefangen gegen inich aus und theilerH mir niit, welche Gründe Sie zu dieseml Verdachte geführt haben ? ! Urban schritt auf und ab. Er schien; niit sich zn kämpfen. l Jch habe keine Griindei sprach er endlich. Hatte ich Beweise, so würde ich sie Ihnen liingst initgetheilt haben. Sie sagen, Sand habe das Gartenhaus angesteckt-— es unterliege keinem Zwei sel—-gut, so ver-urtheilen Sie ihn, ich kann ihn nicht retten, denn ich kann nicht beweisen, daß er unschuldig ist!—--——Wols »len Sie seht nicht einschreiten, nun der Knabe verschwunden ist? « i Gegen wen soll ich einschreiten? warf Wenzel ein. Es ist ja noch durchaus nicht erwiesen,das1 ein Verbrechen vor liegt, nicht einmal Grund, es zu ver-« nnithen. Jch Lin der lleberzeugung, das; er davon gelaufen ist, und Sie wer-i den mir zugestehen, daß dies keine Ver-i anlasfung zu einem Einschreiten ist. ! s Wollen Sie nicht zum wenigsten den Doktor Brandt verhören? · » Auch dazu habe ich kein Recht. Jch würde mich nur lächerlich machen, wenn in einigen Tagen der Knabe ganz wohl und munter von seiner Reise zurück kehrt. Gut, so lassen Sie es —- mich trifft keine Verantwortung —- ich habe Sie zeitig genug in Kenntniß gesetzt! rief Urban und eilte fort. Kopfschiittelnd blickte Wenzel ihm nach. Er kannte den ehrenwerthen ruhigen Charakter des Arztes seit Jahren und begriff nicht, wie er sich jetzt durch einen so grundlosen, thörichten Verdacht so gänzlich beherrschen und aufregen lassen konnte. Urban schien indeß noch mehr zu wissen, als er ihm mizetheilt hatte« i —sollte er dennoch einen rund zu sei-: nem Verdachte haben? Es war nicht möglichi Und dennoch hallten des Arz tes Worte in ihm wieder. - « Sollte die Angst des Knaben, der Verdacht Urban’s und des Doktor Brandt,——sollte dies Alles nicht den geringsten Grund haben — sollte auch Sand’s Beschuldigung rein aus der Luft gegriffen sein? Wieder regten sich die Zweifel in ihm. War Heinrich wirklich verschwunden, lag hier ein zweites Ver brechen vor, dann war auch er überzeugt, daß es mit der Brandftiftung in Ver bindung stehe. Weshalb trieb Urban ilin so sehr, schon jetzt des Knaben wegen einzuschrei ten? Er war fast entschlossen, es zu thun, allein er gab den Gedanken wie der auf. Er wollte zum wenigsten noch einige Tage abwarten, vielleicht war bis dahin des Knaben Verschwinden aufge klärt. An diesem Entschlusse hielt er fest und» war um so mehr darüber erfreut, alsi nach einigen Tagen wirklich von Heinrich s einen Brief anlangte, und es sich her ausstellte,·daß er von dem Gute heimlich entflohen war, weil fein Vormund seinen Wunsch nicht erfüllt hatte. Wenzel feierte Urban gegenüber einen kleinen Triumph. Sehen Sie, guter Freund, sprach er zu ihm, als er ihm auf der Straße be gegnete, wohin man in der Aufregung gerathen kann. Jch würde mieh gründ lich blaniirt haben, wenn ich auf ihre An schuldigung gehört hätte und Jhrem Rathe gefolgt wäre Ich sagte Jhnen sogleich, daß der Knabe davon gelaufeni sei, allein Sie wollten nicht auf michs hören. Des Knaben Nerven sind krank- s hast erregt, ich würde ihm an ihreri Stelle eine kalte Wasserkur verordnen i Nun wird auch wohl Jhr Verdacht in’ Betreff der Brandstiftung geschwunden fein! » (Fortsetzung folgt). ! Die Zukunft der Technis. Wer das heutige Erwerbs- und Ver-« kehrsleben auch nur flüchtig betrachtet» staunt über die unterbrochenen Fort-» schritte der technischen Wissenschaften; und Berufs-Neige Ueberwältigt von; der Großartigkeit dieser Fortschritte, haben in letzter Zeit Manner, die der. Technik fern stehen, wiederholt den Ge-« danken ausgesprochen, unser jetziger Zustand niiisse nahe an dem möglichen Höhepunkt der technischen Entwicklung sein, die niaschinelle Durchbildung habe eine Vollkommenheit erreicht, daß für spätere Generationen nichts oder doch nur wenia zu thun iibria bleibe. Das ist sedoch keineswegs der Fall. Der Rector der technischen Hochs schule in Dresden, Prof Dr. Hempel, hat jiingst bei der feierlichen Vertheilung von Prei sen für die Lösung wissenschaftlicher Preisaufgaben ausgeführt, dasz die sMenschheit sich noch durchaus am An fange Jener Entwicklung befinde, welche die Katurwissenschaften ermögliche, und idasz erst ein ganz kleines Gebiet der Naturkräfte völlig beherrscht werde Er shob u. A hervor, daß die besten Dampf iniaschinem die es überhaupt giebt, nicht mehr als 15 Proc. der in den Kohlen enthaltenen Kraft zur Verwecthung bringen, nnd andere Maschinen, mit Ausnahme der Wassermotoren, noch viel unvollkomnienersind. »Entsprechendes kann nach ihm von der chemischen Indu strie gesagt werden, da in Bezug aufdie wichtigsten Fragen, welche sich an die chemischen Prozesse knüpfen, die sich iin Pflanzen- und Thierleben abspielen, durch welche die sogenannten Eiweiß körper und Proteinsubstanzen gebildet werden, die Kenntnisse noch außeror deutlich mangelhaft seien. Bedenkt man endlich,daß durch die intensivste Be wirthfchaftung des Grund und Boden4, wie dieselbe z. B» von den Handelsgiirt nern betrieben wird, mehr als das Zehn fache, zum Theil das Hundertfache an Ertragen von einein gewissen Stück Land erzielt werden könnte von dein. was man geivöhlich davon erntet, so sieht man, dass wir auch hierin noch längst nicht am Maximum der Aus nutzung der natürlichen Hilfsqueller stehen.« Juden Savoyer Alpen gelang es dieser Tage einem kühnen Alpenjtiger Namens-« Vignale, ein unter einem mach ugeu zyetgoorsprung angeorannes Adler nest auszunehmen nachdem er das Ad lertoeibchen er schossen, fand er im Neste den jungen Adler, dessen Fliigelweite be reits anderthalb Meter betrug. Der Bo den des sehr geräumigen Restes bestand aus-Z dicken Vaumiisten,welche mit Reisig und Blättern bedeckt waren. Jn dem Neste konnten sechs Personen bequem Platz finden. Der Jäger fand in kein Neste «sotgende Spisisesvorräthæ Große Mengentheils frischen, theils faulen Fleisches-, einen eben getödteten weißen Hasen, 27 Gentsensüße, 4 Taubensiiße, 30 Fasauenfüße, It Hiihnertöpse, 11 Hiil)nersüße, 18 Köpfe von Rebhiihnern und weitere Ueberreste von anderem Geflügel, dann Schlangen und Theile von Murtnelthieren. Ein betrunkener Arbeiter in Münster hatte mit seiner Frau Streit angefangen und schlug dieselbe mit einer Flasche so wuchtig ans den Kopf, daß sie über und über mit Blut bedeckt zu sammenbrach. Ueber die Brutalität erregt, stellte ein Mann aus der sich an sammelnden Menschenmenge, Namens Petermann, den Wittherich zur Rede. Dieser zog ein Messer und bohrte es dem Petermann bis an’s Heft in die Seite. Die beiden Verletzten wurden in’s Hospital gebracht wo Petermann tbereits gestorben ist. Der Thäter ist sverhafteb Unfreiwilltse Lebensreise-. Kürzlich hatte sich in Strineville, Pa., eine neue Blechkapelle gebildet; in richtiger Würdigung der Sphärenmusik, die sich bei ihrer ersten ,Uebun ent wickeln würde, hatte man bes lossen, diese eine halbe Meile außerhalb »der Stadt vorzunehmen. Ein schönes, schattiheePlätzchen war dazu ausersehen; nicht weit davon graste friedlich ein wertnvoller junger Bulle des Fariners Fred. Stauder und er labte sich an dem saftigen Grünn. Als die Kapelle gera de ihre verschiedenen Instrumente an setzte, kam Jimmy Strong, ein kleiner Knabe aus Strineville, zur Abkürzung seines Weges zum Uebungsplatze der Kapelle quer über das Feld gegangen, das von dem erwähnten Bullen be herrscht wurde; der wollte sich nun ei nen solche Eingriff in seine Rechte nicht gefallen lassen. Kaum hatte erdenJungen erblickt, da machte er sich auch schon da ran, die Gangart desselben zu beschleu nigen; eine solche aktive Vetheiligung des Bullen hielt aber Jimmh Strong gar nicht für besonders nöthig und er lief daher so schnell er konnte, dem näch sten Zaune zu, der Bull wuthschnau bend hinter ihm her. Der Abstand zwischen Beiden verringerte sich inebr und mehr. Die Kapelle war mittler weile so sehr mit sich selbst beschäftigt, daß sie den Wettlauf zwischen dem Jun- ’ gen und dem Bullen gar nicht bemerkt hatten, obwohl ersterer laut genug schrie und letzterer noch lauter brüllte. Der Bulle war nur noch einige Fuß vom Jungen entfernt, als die Kapelle gerade zum Spielen fertig war; schrill, grell und im Diskant erhob sich der erste Schall. Wie angenagelt blieb der Balle stehen, warf den Kon in die Höhe nnd brüllte laut; ein neuer Stoß in die Blechinstrumente—ein neuer Oh renzerreißender Schall und wild rannte der Balle auf eine Steinmauer zu und blickte mit angsterfüllten Augen nach der Richtung, von wannen die Harmo nie ertönte. Abermals gellten die Hör ner; das war aber doch zu viel für das musikalische Ohr des Thiere-Z. Mit einein wilden Sprung setzte es über die hoheSteinniauer hinweg, fiel in den die selbe umgebenen Graben und brach das Genick; es war dies gerade kein Com plinient für die Kapelle-doch Jintmy Strong war gerettet. Ein »ansgezcichnetcr« Schüler. Die Lehrer des Königs Alexander von Serbien haben nach Beendigung der Priifungen unter dem Vorsitze des Gouverneurs eine Konferenz abgehalten, in welcher das nachfolgende Zeugniß für den königlichen Studenten ansgefertigt fwnrde S.M. König Alexander hat die Prüfung in den Studiengegenstän den folgendermaßen abgelegt: 1. Mo ral-Theologie, wöchentlich eine Stunde, ausgezeichnet 2. Französische Sprache, wöchentlich eine Stunde, ausgezeichnet It Stereonietrie und Trigonotnetrie, wöchentlich drei Stunden, ausgezeichnet 4. Englische Sprache, wöchentlich eine Stunde, ausgezeichnet 5. Logik, wö chentlich eine Stunde, ausgezeichnet M. Deutsche Sprache, wöchentlich zwei Stunden, ausgezeichnet 7. Allgemeine ILiteraturgeschichtz zwei Stunden wö chentlich, ausgezeichnet Z. Römisches Recht, vier Stunden wöchentlich, ausge zeichnet fl. Feldbefestigungslehre, eine Stunde wöchentlich, sehr gut. 1(). Ser bische Literaturgeschichte, eine Stunde wöchentlich, ai.sgezeichnet Il. Taktik, drei Stunden wöchentlich, ausgezeichnet 12. Allgemeine Weltgeschichte, zwei Stunden wöchentlich, ausgezeichnet 13. Lateiuische Sprache, eine Stunde wö chentlich, ausgezeichnet Die Prüfun gen fanden in obiger Reihenfolge statt und dauerten siir jeden Gegenstand eine Stunde. Den Priifungen wohnten bei die Regentem der Metropolit der Prä sident des Ministerrathes, der Präsident und die Vicepräsidenten der Skupschtina, ;der Unterrichtsminister, der. Justizmi ;nister, der Präsident und der Viceprä Tsident des Staatsrathes, die Vormünder des Königs und der Nektor der Hoch schille. Belgrad, den 25. Juni (7. Juli) 1892. Der Gouverneur Sr. Maj, des Königs, Oberst im General stabe, qun Mischkovie. Jn der «!leadeni·ie de niedieine« in Paris ist soeben eine Frage berührt worden, die in der Sommerzeit überall das lebhafteste Interesse beansprucht. Die ,,Aeadeinie« ist die höchste in(dizi nische Institution des Lande-Z. Herr Laborde berichtet iiber erfolgreiche Ver suche, welche er zur Wiederbelebung an scheinend Ertrnnkener angestellt hat. Das Mittel besteht darin. daß inan dem Leblosen mit der linken Hand den Mund weit öffnet und offen hält und mit der rechten Hand die Zunge faßt nnd sie immer wieder von neuem so weit als möglich, ohne sie zu verletzen, herauszieht Dieses Herausziehen und Zurückgehenlassen muss rhythmisch vor genommen werden. Es wird dadurch eine bemerkensioerthe Einwirkung aus die Athmungs - Organe bewirkt. Als Herr Laborde diesen Eingriff zuerst an ioendete, hatten sich zwei Aerzte bereits lkz Stunden vergeblich bemüht, die Athmung wieder herzustellen. Der Vor sitzende ersuchte Herrn Laborde, eine Bekanntmachung zu versassen, welche überall, wo die Vereine zur Rettung Schiffbrüchiger Stationen haben, ange schlagen werden soll Die Musen. Lehrer-: »Wie viele Musen giebt es, Müller, und wie heißen iihre Namen?«—— Schüler: »Ich kenne blos drei: Upselmus, Pflaumen-ins und Kartoffelmus. «