Grand Island Anzeiger. (Grand Island, Nebraska) 1889-1893, July 29, 1892, Image 7

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    k—
Nemefis. »
ceiintnalsseschlchte
—- von —-——
Friedrich Friedrich
(Fortsehung.)
Einige Minuten· lang sblieb Wenzel
regungslos in seinem Sessel sitzen und
f« suchte aus dem Auftreten des Jägers
-« dessen Charakter zu ergründen.
K
Der Mensch wird entweder bald såsr
zahm und kleinlaut werden, sprach er.
sit sich selbst, oder er macht mir viel
rbeit.
Am folgenden Tage ließ er Sandl
wieder zum Verhör führen. Derselbes
trat in derselben raschen, festen Weise in
das Zimmer, indesz entging es Wenzelsl
Blicke nicht, daß feine Wangen bereits
blasser geworden waren, ein sicheres
Zeichen, daß ihm fein Geschick durch den
opf ging.
Ich hoffe, Sie werden setzt ruhiger
eworden und zur Einsicht gekommen
fein, daß Sie mir gegenüber durch Trotz
durchaus nichts ausrichten, sprach Wen
zel. Jch habe während einer Reihe von
Jahren die Erfahrung gemacht, daß je
Trvh zu brechen ist« Ich hätte Sie erst
einige Wochen bei Wasser und Brod
sitzen lassen können, ehe ich Sie zum
zweiten Verhdrr rufen ließ-ich habe
es nicht gethan, weil ich Sie für zu
klug halte, als daß Sie Ihren Trotz da
anwenden sollten, wo Sie durch densel
ben nicht das Geringste erreichen können.
Wollen Sie mir ruhig auf meine Fragenl
antworten? (
Der Jäger schwieg. Er hatte dens
sinsteren, drohenden Blick auf die Erde
gerichtet.
Wenzel wiederholte die Frage noch
einmal.
Ehe Sie mir gesagt haben, weshalb
ich verhaftet bin? wars Sand ein.
Ehe ich das sage. Jch lasse mir durch
aus keine Vorschriften machen oder Be
dingungen stellen; entgegnete Wenzel
ruhig aber fest.
Wieder schwieg der Jäger.
Fragen Sie! gab er dann kurz, trot
zig zur Antwort·
Sie sind jahrelang bei dem Herrn vons
Hörner als Jäger in Dienst gewesen?
Ja
Herr von Borner hat sie dann plötz
lich aus seinem Dienste entlassen. Wes
halb?
Diese Fragen schienen den Jäger in
Verlegenheit zu setzen, denn eine leichte
Röthe stieg in seine Wangen, und er war
nicht im Stande, seine innere Unruhe zu
verbergen.
Jch war mit ihm in Streit gerathen.
Worüber ?
Ich glaube nicht verpflichtet zu sein,
den Grund anzugeben.
Sie sind dazu verpflichtet
Gut, so erkläre ich Jhnen ossen, daß
ich es Ihnen nicht angeben werde-!
Dies eWorte klangen außerst bestimmt.
Wenzel bemerkte, das; ein Gesiihl der
Schaum ihn zurückhielL
Dann will ich Ihnen den Grund an
geben, suhr er sort. Sie sind der Frau
von Börner in einer Weise entgegen ge
treten, wie es sich nicht siir Sie ge
ziemte-—Sie haben ihr Jhre Liebe er
klärti
Sand blickte rasch auf. Sein Auge
leuchtete, er heftete es indes; sofort wie
der aus den Boden.
Deshalb hat sie Herr von Börner ans
seinem Dienste entlassen, fuhr Wenzel
sort. Jst es nicht so?
Ja.
Herr von Vörner hat Jhnen hestige
Vorwürfe zwar deshalb gemacht -—-er ist
estig gegen Sie gewordenl
Rein. Er ist nicht hestig geworden;
Vorwürfe hat er mir allerdings gemacht.
Er sagte mir sogar, baß er bis dahin
keine Ursache gehabt habe, mit mir un
zufrieden zu sein.
Weshalb sind Sie in Streit mit ihm
gerathen?
Jch habe keinen Streit mit ihm ge
habt.
Sie haben es soeben selbst gestanden,
wars Wenzel ein.
Jch sagte es nur, weil ich denGriiud,
weshalb ich entlassen wurde, nicht geste
hen mochte.
Ich finde es nur zu natürlich, daß ein
Mann gegen feinen Untergebenen heftig
wird, wenn derselbe sich gegen feine Frau
vergangen hat«
Herr von Börner ist nicht heftig ge
worden, wiederholte Sand noch einmal.
h Sie waren trotzdem sehr erbittert auf
i n.
Jch habe mich gegen Niemand darüber
ausgesprochen.
Man kann auch eine Erbitterung zei
gen, ohne dufz man iie ausspricht
Jch war nicht erbittert gegen ihn.
Solche Entlassunggieenen pflegen nicht
immer ruhig abzulaufen.
Troydein war keiner von uns- Beiden
eftig· .
Sie würden besser thun, wenn Sie die
solle Wahrheit aussagtem sprach Wen
zeL Sie scheinen zu vergessen, daß Sie
mit Herrn von Bitt-net nicht allein im
Schlosse waren
Ich habe die Wahrheit gesprochen, er:
widerte der Jäger aussahrend, trotzig.
Wer ein Anderes aussagt lügt.
Wenzel guckte mit den Achseln.
Die Zeugen werden die Wahrheit be
weilen·
Jch war mit Herrn von Börner
allein auf seinem Zimmer, warf Sand
ein.
Dies schließt nicht aus« daß Andere
» hre Unterhaltung gehört und Sie beo
» ehtet haben, als Sie das Zimmer und
III schloß verließen.
Ver Jäger Wies. se schien es nicht
der Mühe werth zu halten, daraus zu
antworten.
Wo haben Sie sich seit der Zeit ausge
halten ? srrschte Wenzel weiter.
Hier in der Stadt
Weshalb hier?
Um abzuwarten, bis ich eine andere
Stellung gefunden habe.
Sind Sie seit Ihrer Entlassung aus
sBöner’s Dienste wieder auf dem Gute
desselben gewesen?
Sand schwieg.
Der Richter wiederholte seine Frage
noch einmal.
Nein, gab der Jäger zur Antwort.
Er stieß das Wort hastig hervor.
Sie behaupten die Wahrheit zu spre
chen, we. halb bleiben Sie jetzt nicht bei
derselben? Wollen Sie vielleicht auch in
Abrede stellen, daß Sie ehegestern aus
dem Gute und in dem Schlosse gewesen
sind?
Der Jäger schwieg.
Sie sind mit Gewalt in das Zimmer
der Frau von Börner gedrungen-Unw
hat Sie dazu veranlaßt?
Ich : hatte mit ihr Etwas zu be
sprechen!
Was?
Ich bin nicht verpflichtet, meine Ge
heimnisse auszusagen!
Ich kann Sie allerdings nicht dazu
zwingen, aber ich will Ihnen beweisen,
daß Ihr Schweigen Ihnen wenig nützt.
Sie haben der Frau von Börner aus’s
Neue Ihre Liebe erklärt
Das Gesicht des Jägers röthete sich.
Wer hat das gesagt? fragte er sehr
hastig
Das wird die Zeugenaussage dar
thun!
Hat Frau von Börner selbst-?
warf Sand ein. Er beendete seine Frage
nicht.
Nein-sie selbst stirbt.
Eine beruhigende Empfindung prägte
sich auf dem Gesichte Sand’s aus.
Sie gestehen also ein, ihr aus’s Neue
Ihre Liebe gestanden zu haben ? fragte
Wenzel.
Ich gestehe nichts ein! rief Sand.
Sie behaupten ja Zeugen zu haben, las«
sen Sie sich durch dieselben bestätigen,
was Sie zn wissen wünschen
Jch werde nur die Wahrheit durch sie
bestatigen lassen. Wo befanden Sie
sich in der Nacht, als aus dem Gute des
Herrn von Börner das Gartenhaus ab
brannte?
Hier in der Stadt.
Sie sind auch in dem Parke des Gutes
gesehen worden.
Ich war am Abend in demselben.
Um welche Zeit?
Ungefähr von halb zehn Uhr bis halb
zwölf.
Was Veranlaßte Sie in den Pakt zu
gehen.
Jch ging spazieren
Das Vergnügen hätten Sie näher und
bequemer haben können.
Ich bin Niemand verantwortlich, wo
hin ich meine Spaziergänge richte.
Das wird sich zeigen-Was hatten
Sie an dem Abend in dem Gartenhause
zu suchen ?
Ich war nicht in dem Gartenhause.
Sie sind gesehen worden, als Sie das
selbe verlassen haben.
Ich bin nicht darin geweseni
Leugnen Sie nicht, was durch Zeugen
festgestellt ist·
Es lann nicht durch Zeugen festgestellt
werden, weil eg nicht wahr ist!
Jch wiederhole noch einmal meine
Frage: was hatten Sie in dem Garten
hause zu suchen?
Jch bin nicht darin gewesen! ries
Sand. Wer ein Anderes behauptet,
lügt! Stellen Sie mir die Zeugen ge
genuber, und ich will sehen ob sie mir
die Lüge in’6 Gesicht zu sagen wagen!
Wer hat es behauptet?
Das werden Sie späterhin erfahren.
Sie sehen, daß Jhr ganze-:- Thun und
Treiben beobachtet ist. Sie würden am
Klügsten handeln, wenn Sie Jhr Ver
gehen afsen eingestanden.
Welches Vergehen? sragte Sand er
staunt.
Die Brandstistungi erwiderte Wenzel
laut und sest, indem er ihm scharf in’s
Auge blickte.
Der Jäger znckte leicht zusammen,
seine Wangen entfärbten sich, er fand
indeß sofort seine ganze Fassung wieder.
Also das ist der Grund, weshalb ich
verliastet bin ? rief er.
Das ist der Grund.
Ich bade nichts damit zu schaffen ge
habt, fuhr Sand fort.
Lengnen Sie nicht, rief Wenzel un
geduldig, da durch Zeugen festgestellt ist,
daß Sie kurze Zeit vor Ansbruch des
Feuers aus dein Gartenhause gekommen
sinds
Das ist erlogen·und ich verlange, daß
mir die Zeugen gegenüber gestellt wer
den! Nur in der Nähe des Gartenhan
ses bin ich gewesen-»ich habe es nicht
bettete-il;
Sie verharren bei Ihrem Lengnen?
fragte Wenzel kurz·
Ich bleibe bei der Wahrheit!
Der Richter schellte und gab dein eins
tretenden Gerichtsdiener den Befehl,
Sand abzusührein
Ich will Ihnen Zeit lassen, darüber
nachzudenken, dasz Ihr Lengnen Ihnen
nichts mehr helsen kann, sprach er zudem
Jäger.
Dieser antwortete nicht- Mit einein
halb verächtlichen Zacken der Achseln
verließ er das Gemach. Wenzel war
durch das Ergebnis des Verbotes voll
kommen befriedigt. Er hatte nicht er
wartet, daß Sand so viel Zugeständnisse
stachen werde. Ferneres Leugnen konnte
ihm unmöglich viel nützen. Wenzel
konnte die san e Voruntersuchung sast
als beendet ansehen. Nur der Aussa e
der Frau von bedurfte er no .
Ehe er diese verlangte, mußte er aller
dings noch einige Tage zögern, weil er
ihrem Bruder versprochen hatte, auf ih
ren Schmerz nnd ihre Trauer die größte
Rücksicht nehmen zu wollen.
Schon nach wenige "- Tagen erschien
Wolff bei ilmi, um ihm niitzmheiiem
dass seine Schwester ruhig und gefaßt
genug sei, nin ein Verhdr ertragen zu
können.
Sie hat einen starken Geist und sucht"
äußerlich zu verbergen, wie es in ihr
aussieht, wie viel sie duldet, sprach er.
Jch kenne sie genau. Sie werden sie
wunderbar ruhig finden, werden keine
Thräne in ihrem Auge bemerken, ja sie
wird Ihnen vielleicht mit einem Lächeln
entgegentreten, und doch weiß ich, daß
der Gram sie selbst des Nachts nicht ein
mal Ruhe finden läßt.
Mit einem besangenen, sast ängstlichen
Geiühlebegab sich Wenzel aus das Gut
seines verstorbenen Freundes. Er ge
brauchte die Rücksicht, selbst zu Bertha
zu gehen, um sie zu verhöreih
Er traf sie in einem leichten Erwer
gewande· Zum zersten Male sah er sie
in einem kleinen seinen Haubchen, unter
welchem die blonden Locken voll hervor
quollen. Ihre Wangen waren bleich,
ihre Augen schienen noch größer gewor
den zu sein, ihr Teint—ja ihre ganze
Erscheinung hatte etwas Dustendes, fast
Durchsichtiges.
Der Blick ihres Auges war wie ver
klärt und leuchtete doch, ihre Stimme
bebte leise, als ob der Schmerz ihres
Herzens in ihr wiederhalle.
So hatte sich Wenzel das Bild einer
Magdalena im Geiste ausgemalt, sie
war gleichsam das Jdeal eines trauern
den Weibes. Ihr Schmerz war schon
zur stillen, in sich verschlossenen Weh
muth verklärt —-- ein Hauch der Poesie
lag ihber ihr.
Sie kam Wenzel entgegen, als er zu
ihr in’s Zimmer trat und reichte ihm
die Hand dar.
Als wir uns das letzte Malhier sahen
sprach sie, hatte Keiner von uns eine
Ahnung, daß so schnell eine Aenderung
hier vorgehen könne, daß es möglich sei,
ein Glück welches Jahre lang ungetriibt
in diesem Schlosse gewohnt hatte, mit
einem Male nnd so ganz und gar zu
vernichten.—-Jch erinnere mich noch des
letzten Abends-, an welchem Sie hier wa
ren. Sie waren siinimtlich so heiter
und sorglos-oh, hätte ich gewußt, was
mir bevorstand!
Wenzel hatte kein Wort, um zu trö
sten und zu beruhigen. Unwillliirlich
mußte er sein Auae anf ihrem schönen
Gesichte ruhen lassen. Er hätte doch
Den beneiden mögen, um den sie trauerte.
Jn ruhiger, klarer Weise beantwortete
sie alle seine Fragen und machte ihm ge:
nau dieselben Mittheilungen, welche er
bereits durch Wolff erhaben hatte.
Wenzel hörte ihr schweigend z.i. Er
begriff nicht, wie der Assessor einen so
ausschweisenden Lebenswandel führen
konnte, da er eine solche Schwester besaß.
Der Anblick derselben allein mußte schon
veredelnd aus ihn einwirken.
Wie mild sie in ihrem Urtheil war!
Er fragte sie um ihre Vermuthung,
weshalb Sand die Thiir des Gartenhau
ses verschlossen habe.
Ich weisz es nicht, erwiderte sie, ich
bin nicht im Stande, einen Grund, wes
halb er es gethan haben könne aufzufin
den, am wenigsten kann ich den Verdacht
meines Bruders, daß er Heinrich-Z Les
ben habe vernichten wollen, theilen. Ich
kann und will dies nicht fiir möglich
halten! So teuflisch kann kein Mensch
« selbst nicht im Wahnsinn sein, nur
um sich an einem Andern zu sächeu, dasJ
Leben eines unschuldigen Knaben zu ver
nichten! Hätte er es wirklich aus dem
Grunde gethan. so miiszte ich an der
Menschheit ver-zweifeln
Sie werden nie das wirklich Schlechte
und Böse begreifen, warf Wenzel ein.
Es sollten diese Worte keine Schmeichelei
sein, sie waren seine Ueberzengung Es
wae ihm unmöglich, zu denken, daß in
diesem schönen Körper nicht eine ebenso
schöne Seele wohne.
Die Möglichkeit, daß Sand unschul
dig sei, ist immer noch nicht ausgeschlos
sen, suhr er sort. Haben Sie vielleicht
noch irgend einen Verdacht gegen eine
andere Person?
Nein, erwiderte Beriha, ich wüßte
Niemand, der es gethan haben könnte.
Sand haßte meinen Mann, so wenig
dieser auch den asz verdiente; ich bin
überzeugt, daß seine That nur aus dem
Verlangen sich zu rächen, hervorgegan
gen ist. Jch befürchte, seine unglückse
lige Leidenschastlichkeit hat ihn bald un
znrechnungssähig gemacht.
Sie kann ihn nicht vor der Strafe
schützen, entgegnete WenzeL Die Ab
sicht, welche er bei seiner That gehabt,
hat, kann ihm ohnehin nicht bewiesen
werden, wenn er nicht gegen Andere ta
rüber gesprochen hat Dies scheint er
indess nicht gethan zu haben. Seitdem
er durch ihren Gatten aus seiner Stel
lung entlassen ist, hat er in der Welt.
ganz eingezogen gelebt. Er hat kaum
sein Zimmer veriassen.
Auch hier lebte er meistens ganz zu
rückgezogen, bemerkte Bertha. Jch habe
nie wahrgenonnnen, daß er mit der Die
nerschast verkehrte.
Herr von Börner war niit ihm zustie
den? sra te Wenzeb
Mein ann rtthnne seine Kenntnisse
nnd Gewissenhaftigkeit Er behauptete
nie einen äger gehabt zu haben, der
seine Pin ten so getreu erfüllte.
Jst ist Herr Gemahl in Streit mit ihm
gerat en, als er ihn entließ?
J weist ex nicht« Börner war sehr
erzürnt, als ich ihm mittheilte, in welcher "
Weise Sand mir ent egengetreten war. «
ch vermuthe, daß er hin sehr harte und «
tge Vorwürfe gemacht hat. Wäre «
III-Äste .- »
—
er weniger erzürnt gewesen, so würde er
ihn nicht gleich aus dem Dienste entlas
sen haben.
Das war er Ihnen schuldig Ich
würde seine Heftigkeit nur ganz natür
lich finden.
Wenzcl hatte das Verhör beendet. Eri
erhob fich, iiin sich zu entfernen
Noch eixie Frage gestatten Sie mir,
wandte sich Bertha an ihn. Wird die
Untersuchung noch lange Zeit währen?
Ich glaube kaum.
Wird es nöthig sein, daß ich Sand
gegenübergestellt werde?
Ich werde es kaum umgehen können.
Erlassen Sie mir diese schwere Aus
gabe, bat sie, indem sie seine Hand er
faßte und das Auge flehend auf ibn
richtete. Sie wissen, weshalb es mir so
peinlich ist, mit diesem Manne wieder
zusammen zu kommen. Ich kann es
nicht! Schon der Gedanke daran regt
mich auf. Ich will Alles thun, was
Sie verlangen, iiur dies Eine erlassen
Sie mir. Ich habe Ihnen Alles mit
getheilt, was ich weiß, ich bin bereit, es
zu beschwören-den Mann kann ich nicht
wiedersehen, sein Anblick würde mich
verwirren, er- iiürde die ganz entsetzliche
Lage, in die er mich durch seinen Wahn
sinn gebracht hat, in ganzer Frische wie
der in mir wachrufen—ich kann ihn nicht
wiedersehen.
Sie hielt noch immer Wenzel’s Hand
mit ihrer Rechten umfaßt; er fühlte
dieselbe leise beben, er empfaiid den war
men Athem ihres Mundes, das Blut
floß ihm schneller durch die Adern hin,
und er versprach, wenn irgend möglich,
ihre Bitte zu erfüllen.
Als er das Schloß verließ iind durch
den Park hinschriti, trat Wolsf zu ihm.
Wie fanden Sie meine Schwester?
fragte derselbe.
Sie hat die Ruhe, welche eine starke
Seele selbst bei dein größten Schmerze
sich zu bewahren weiß.
Es kommt noch etwas Anderes bei ihr
hinzu, fiihr Wolff fort. Jhr Schmerz
um ihren Gatten ist ihr so heilig, daß sie
ihn zii entweihen glaubt, wenn sie ihn
der Welt zeigt. ——- Es giebt Menschen,
welche mit ihrer Trauer und ihrem
Schiiierze gleichsam prunken——sie haben
nie empfunden, was wirklicher Schmerz
ist. —— Sie haben meine Schwester —
und auch mich —für iniiiier zu Dank
verpflichtet, weil Sie die Freundlichkeit
gehabt haben, zu ihr zu kommen, da ich
wohl weiß, daß Sie das Recht haben,
zu verlaiiqen, das; sie zii Ihnen käme.
Weiiiel lelsiite deii Dank ab.
Es ist eine geringfügige Gefälligteit,
die ich gern gethan haben würde, auch
wenn ich nie als Freund in diesem
Hause eingekehrt wäre. Das Amt eines
Untersuchungsrichters ist kein angeneh
mes, denn man rechnet uns oft als per
sönliche Härte an, was unsere Stellung
uns zur Pflicht macht
Sicheilich hat bei Ihnen noch Nie
mand das gethan, wars Wolfs schmei
chelnd ein, denn man riihmt in der gan
zen Stadt Jhre milde und humane Ge
sinnung. Ein Gedanke erhält meine
Schwester in steter Aufregung, sie be
fürchtet, mit Sand zusamniengesiihrt zu
werden,und Sie werden begreif-n, wie
peinlich es für eine seinfühlende Frau
sein muß, dem Manne gegenüber zu
treten, der ihr zweimal mit Gewalt die
Erklärung seiner Liebe ausgedrungen
hat, von dessen wahnsinnigerLeidenschaft
sie selbst vor dein Gerichte das-Schlimmste
befürchten muß!
Ich gab Jhrer Frau Schwester be
reitg das Versprechen, ihr die möglich
st e Rücksicht zu gewähren! entgegnete
Wenzel
Haben Sie Dank dafür, rief Wolfs,
ihm die Hand drückend. Zie haben
meiner Schwester dadurch einen großen
Theil der Ruhe zurückgegeben· Frauen
sind in solchen Sachen unendlich zart
sül)lender, als wir Männer. Mir würde
es gleichgültig sein, ich begreife sie indeß.
Jch stehe Ihnen gern zur Verfügung,
wenn ISie mich dem Menschen gegen
überstellen wollen, denn Recht muß Recht
bleiben, und kann mir der Mensch auch
leid thun, weil er sich durch seine Leiden
schast zu einem Verbrechen hat hinreißen
lassen, so darf eine solche That doch nicht
ungestraft bleiben, sonst liefen wir Alle
Gefahr, daß uns, während wir des
Nachts sicher im Bette zu liegen wäh
nen, die Häuser über den Köpfen ange
steckt werden.
Als Wenzel in seiner Wohnung an
langte, tras er den Doktor Urban der
ihn bereits seit einiger Zeit erwartet
hatte.
Hätte ich ahnen können, dasz Sie mich
besuchen tviirden, so tviirde ich sriiher ge
kommen sein, sprach er, dem Arzte die
Hand entgegeiistreikend. Ich komme von
dein Verhöre der Frau von Börner.
lind welche-Z Resultat hat dasselbe er
geben«-) warf Urban ein.
Ihre Augsagen stimmen mit denen
ihres Bruders vollkommen überein. Es
ivar nichts anders zu erwarten. Der
Jäger hat aus Rache das Haus an
gesteckt, das unterliegt keinem Zweifel
mehr!
Hat er selbst es bereit-Z eingestanden?
Nein. Das ist in diesem Falle zieni
lich gleichgiltig. Sie wissen, daß der
Jndieienbeweis augreichend ist, um ihn
su vernrtheilenj Es ist, Gottlob, der
Hemmschuh siir die Rechtspflege,daß der
Schulbige seine That eingestehen mußte,
längst abgeschafft.
Sind die Jndicten gegen den Jäger
so zweifellos, daß er darnach verurtheilt
verden kann.
Gewiß. Die Frau von Vörner und
hr Bruder haben ihn kurz vor Ausbruch
des Feuers aus dem Gartenhause kom
nen sehen, und er hatte nichts darin zu
suchen. Der Mensch hat bie That be
sangety das steht sestt
Jch bin mit dem Ergebuiß JhierUns
tersuchung zu wenig vertraut, um mir
ein Urtheil erlauben zu können, warf
Urban ein, aber ich bitte Sie äußerst
vorsichtig zu sein.
Wie kommen Sie zu dieser Bitte?
fragte Wenzet Sie sprachen bereits
neulich in einer geheimnißvollen Weise
uber diesen Fall. Sie haben einen Ver-l
dacht und wollen es nicht gestehen.
Sie werden sich auch meiner Antworti
erinnern, welche ich Ihnen damals ge
geben habe, erwiderte Urban. —Doch
mich führt eine andere Veranlassung zns
Ihnen Heute kam Börner’ss Knabe
in aufgeregtenc Zustande zu mir. Erf
verlangte von dem Gute entfernt zu!
werden.
(Fortsetzung folgt ). !
Humoristisches.
B o s h a f t. Alte Coquette (trium-l
phirend: ,,....Und Er, der Löwe des-»
Tages, ist jetzt der König meines Her
zens!«
Consim »Das wundert mich nicht!
Der Löwe ist ja der Wüsten-Köni I«—
Vom weiblichenStan- nkt.
»Der wüste Hauptmann hier gehört
auch pensionirt!«
»Aber der ist ja, wie ich weiß, ein
sehr tüchtiger Offizieri«
»Ganz egal! Wenn man so viel
für’s Militär zahlt, dann kann man
wohl verlangen, daß es Einem auch g e
sälltsp
Unb escheid eneBitte. »Herr
Bureauchef, ich habe eine Frau und fünf
Kinder mit einem Taggeld von einem
Gulden zehn Kreuzern zu erhalten;
nachdem ich Ihnen sechszehn Jahre
diene, so möchte ich ganz unterthänigst
um eine Aufbesserung von zehn Kreuzern
per Tag bitten.«—»Ja, wird denn der
Größenwahn unter Euch Diurnisten
jetzt aus einmal epidemisch ?«
J m Ei f e r. Lehrer (zum Schüler):
»Wart’, ich will Dich lehren, Unsinn zu
treiben! Du schreibst zur Strafe hun
dertmal: »Ich bin der größte Efel«—
und läßt es von Deinem Vater unter
schreibe-ti«
B o s ha s t. A (zu B, der sehr kahl
köpfig ist): Mir scheint, Sie haben sich
wohl aus Verschen mit einem Rassir
tnesser gekämni t!
U n nö thi g. Schnelläufcr (Geld
einsannnelnd ): »Ich bitte um eine
Kleinigkeit.«
Zuschauer: »Bo: ,vatdenn?«
Schnelläufer: »Für meinen Schnel
lauf.«
Zuschauer: »Wat jeht mir denn det
an! Loofen Sie doch langsam.«
Erster Hase: »Sapperment, da kommt
jo der Doktors-jetzt hei ßt’s aber aus
reißen!« ;
Zweiter Has e: »Bleib nur ruhig
sitzen. Vor dem Pulver, daß er ver
schieszt, brauchen wir uns net z’fürchten,»
aber vor dem Pulver, das er verschreibt,
müssen sich die Stadtleut sakrisch in Acht
nehmen!«
K unst stück! Zu einem Zahnarzt
kommt eine Mutter mit ihrem fünfjäh
rigen Söhnchen, welches an einem kran
ken Zahne leidet. Der Junge, im Vor
gefiihle des Schmerzes, heult fürchter
lich, bis ihn der Arzt mit folgenden
Worten beruhigt: ,,Büble, laß Dir was
sagen, kannst Du gut pfeifen ?«
»JA!«
»So pfeif mir einmal was vor!
(Der Junge pfeift.) Weißt Du was,
Bühle, machen wir’s so: Wie es an
fängt, weh zu thun, pfeifft Du, dann
hör’ ich sofort auf!«
Der Junge giebt sich zufrieden, der
Arzt zieht den Zahn, worauf natürlich
entsetzliche-s Geschrei »Ja, Bühle,
warum hast Du denn nicht gepfiffen?«
V o r u rt he il Junger Ehemann
(im Restaurant): »Wollen wir nicht
Rrebssuppe nehmen, Frauchen ?« —
,,Jst das nicht gefährlich? Jn meiner
Verwandtschaft ist einmal einer am
Krebs gestorben !«
B e i m T a n z. Dame: Jetzt haben
Sie mir schon zum dritten Malan den
Fuß getreten, ohne daß Sie auch nur um
Entschuldigung gebeten haben !«——Herr:
O Pardon, aber ich dachte es zusam
men gut zu machen, wenn ich morgen
Jhrer Frau Mutter meine Aufwartung
machte!«
S eh la g se rt ig. Urteils-Direktor:
»....So viel Gage, wie Sie fordern,
kann ich Jhnen nicht zahle:i!«
Reiterin: »Dann kann ich eben keine
hohen Sprünge machen l«
F r i e dl i e be n d. Präsident (znm
Angeklagten, der fortgehen will ): »Ja,
wohin denn ?«·
Angeklagter: »Fort will i geh’n.
J bin a sriedliebender Mensch; wenn si
der Herr Staatsanwalt mit niein’ Ver
theidiger beständig wegen mir herunt
streit’t-—-—Dös kann i net länger anhörn.«
Derklnge Spitalarzt. Arzt:
Wer hat heute Nacht so stark gehustet?
Alle: Ich, Herr Doktor, Ich!
Arzt (zuni Wärter): Dann reicht Ider
Thee nicht«-da niiissen wir kalte Abrei
bnngen niachen!. . . .Also wer hat Alles
gehustet?
Alle (einstiinniig): Der Müller
war’s! —
Arzt: So — dann kriegt der den
Theel
In P o r t l a nd, Me., existirt eine
ei enthümliche Kneipr. An einer ge
wissen Straszenecke hält eine Kutsche.
Der Wissende zahlt seinen Quarter,
steigt ein, klappt den Vordersitz aus und
findet je nach Wunsch gebraute oder ge
brannte Richtigkeit Wenn der Wa en
links Gebiert gefahren, dann hat er
Passe-Hier seinen Mann gesehen
—
« Die Cholera-Gefahr.
(,,Phil. kemvcmt.«)
Schon im Anfang des Monats Juni
kam die Nachricht aus dem Osten, daß
die Cholera von russisch Asien (Kauka
sus) an der Wolga aufwärts dringe.
Ende Juni tauchte sie auch in Paris
auf und verbreitet sich jetzt dort in
schlimmer Weise. Die offizielle Angabe,
daß man es nur mit einer gefährlichen
Cholerine zu thun habe, ist als falsch
widerlegt worden.
Am 28. Juni schrieb man von Wien:
Mitte Juni wurde in Paris die abge
änderte Akte der Sanitätstonferenz in
Venedig unterzeichnet, und hoffentlich
wird die Einschleppung der Cholera auf
dem Wege durch den Suezkanal nunmehr
dauernd verhindert. Aber es bleiben
der Cholera noch andere Wege durch den
Persischen Meerbusen und von Jndien
und Ostasien her über Russland. Jn
Samarkand wüthete die Seuche, die auch
schon bis Baku vordrang, wo 16 Todes
fälle festgestellt wurden, sogar bis Tiflis,
wo 18 vorläufig abgeleugnete Fälle vor
gekommen sein sollen·
Die russische Regierung versichert,daß
sie sich Vorsichtsmaßregeln angelegen
sein lasse und der kaukasischen Verwal
tung 1()(),0()0 Rubel zu dem Zwecke an
gewiesen babe, doch ist der Wirksamkeit
derselben nicht recht zu trauen. Der
Militär-Gouverneur von Samarkand,
Graf Rostowitschew, veröffentlicht in den
russischen Blättern Folgendes: »Ich
warne sämmtliche Reisende, indem ich
erkläre, daß die Cholera im samarkand
schen Gebiete aufgetreten ist.« Mit
dieser seltsamen »Warnung« ist wenig
gethan, und es drängt sich mehr und
mehr die Nothwendigkeit auf, die Be
schlüsse der Sanitätskonserenz durch Ein
führung derselben Vorsichtsmafzregeln
gegen Jndien und Ostasien auszudeh
nen. Es ist nicht unwahrfcheinlich, daß
nach Genehmigung der Beschlüsse hierzu
seitens eines Unterzeichners die Anre
gung gegeben wird. Man wird viel
leicht zunächst, namentlich bei Rußland,
auf Widerstand stoßen, indessen ermuthi
gen die Schicksale der jetzigen Akte der
internationalen Sanitätskonferenz dazu,
die Hoffnung nicht aufzugeben. Schon
1851 wurde mit der Pariser Sanitäts
konferenz der erste Schritt gethan.
Ergebnißlos waren die Berathungen
in Konstantinopel 1866, in Wien 1874,
und die Sanitätskonferenz in Rom schei
terte an dem Widerspruch Englands ge
genüber achtzehn Stimmen. Dennoch
wuchs die Erkenntniß der Nothwendig
keit allgemeiner Vorsichtsmaßregeln,
und der bestimmte Nachweis der Wissen
schaft, namentlich Robert Koch’s, dass
die Cholera nur durch Personen und
Sachen kontagiös verschleppt werde,
führte zum schließlichen Gelingen der
venetianischen Konserenz. Man darf
daher nicht ermüden in der Forderung,
daß dieselben Vorsichtsmaßregeln auch
auf den anderen Einwanderungswegen
der Cholera nach Europa in zuverlässi
ger Weise international getroffen werden
mögen.
Die Berliner ,,Politischen Nachrich
ten« erklären, die Gefahr einer unbe
merkten Einschleppung und Ausbreitung
der Cholera auf deutschem Boden sei
völlig ausgeschlossen Die sanitären
Maßregeln seien seit Langem derart
vorbereitet, um erforderlichen Falls
sofort in vollem Umfang in Kraft zu
treten.
Wie die tiirkische Regierung hat auch
die bulgarifche für Schiffe aus russischen
Hafen zwischen dem Suchumkanal u. der
türkischen Grenze eine zehntägige Sperre
angeordnet. Für Schiffe aus anderen
Hasen des Schwarzen Meeres ist eine
medizinische Untersuchung versügt wor
den.
Der amerikanische Kaufmann Frank
C. Lawson in Z a c a t e e a s in Mexico
ist wegen Uebertretung eines alten mexi
eanischen El)egeietzes, welches aber noch
gegenwärtig in Geltung ist, eingekerkert
worden. Lawfon kam vor vier Jahren
aus der Stadt Mexico nach Zacatecas
und brachte eine hübsche Spanierin als
feine Gattin mit, welche jedoch zwei
Monate nach seiner Ankunft starb. Bald
darauf nahm er ein anderes junges Weib
und auch diese starb zwei oder drei Mo
nate nach der Hochzeit. Lawfon trug
nach dem Tode seiner Frau nie länger
als drei Monate Trauerabzeichen und
ging sodann wieder aus Freierssiißem
Die in solchen Dingen sehr konservati
ven Bewohner der Stadt kümmerten sieh
um Lawson und dessen Familienverhält
nisse nicht weiter, bis sie vor einigen
Tagen erfuhren, daß er seit seiner An
kunst in Zacateeas seine dreizehnte Frau
geheirathet habe. Die Behörden griffen
die Sache auf, konnten aber keine Be
weise dafür briugen, dasz Lawson’s
Frauen eines unnatürlichen Todes ge
storben seien; gleichwoht ließen sie ihn
aus Grund des alten Gesetzes verhaften,
welches Wittwern verbietet, mehr als
neun Mal eine Ehe einzugehen. Danach
hat Lawson wegen vierfacher Uebertre
tung eine längere Gesängnißftrase zu
gewärtigen. Er ist vierzig Jahre alt,
gebildet und wohnt schon seit vielen Jah
ren in Mexico
DasSch atzamtsdepartement hat an
geordnet, daß Schiffen aus fremden
Hasen der Eintritt in die Häsen am
PugetS und nur ans spezielle Er
laubniß der Quarantäne - Behörden in
Fort Townsend, Washington, gestattet
werden foll. Die Order bleibt in Kraft,
bis die Mauern-Epidemie in Victoria,
B. C» erloschen ist.
John Johnfon, ein Issitbriser cna
be, iftin Its-eine im sumrunsens «