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About Grand Island Anzeiger. (Grand Island, Nebraska) 1889-1893 | View Entire Issue (July 8, 1892)
Nemestsu Erstaunt-Geschichte —- von- - Friedrich Friedrich. (Fortseyung.) Der Arzt schwieg. Des Knaben we nige Worte hatten ihm einen tiefen Ein-« druck in das Verhättnisi dieser Familie-i gestattet. Er liebte seine Stiefmutter nicht, und auch sie liebte ihn nicht; yaiie sie doch kein Wort der Beruhigung fiir ihn gehabt, als er in dein Anweisunge volleu Schiner-se sich über dass Bett sei neg Vaters geworfen hatte, und jetzt ruhte des Knaben großes Auge so bange fragend auf ihm. Er zog ihn tu sich heran und legte den Arm unt ihn. Heinrich, was ich vermag, werde ich thun, sprach er. Sei ruhig. Wenn auch der schlimmste Fall eintritt, so sollst Du zum Wenigsten nicht verlassen da stehen. Schluchzend wars sich ihm der Knabe an die Brust. Mein Vater allein hat mich geliebt-— sonst Niemand, Niemand! isies er· Er allein ist auch gut gegen mich —- stirbt er, dann will auch ich nicht niebr leben! Als ob der Verwundete durch die’ Stimme seines Sohnes erweckt sei, schlug! er die Augen aus unb versuchte sich em-l porzurichten. s Kaum hatte Heinrich die-z bemerkt, so stürzte er mit subelndem Aufschrei aus das Bett zu und wars sich an die Brust seines Vaters. Der Verwundete sank matt zurück. Heinrich, Du lebst!—Du bist unver leht, sprach er mit matter Stimme, und aus seinen Augen leuchtete Freude. Jch war nicht in dem Haust, als das Feuer ausbrach, erwiderte Hein rich, ich bin unverletzt —- aber Du—— Ort-! Er war nicht iim Stande weiter zu sprechen, weil seine Thränen aus’e Neue qewalsant hervorbrachen Sei ruhig, Heinrich, bat Börner mit matter Stimme. Nun ich Dich am Le ’«-en weiß, werde ich - - ruhig sterben! Nein-- nein Du darfst nicht sterben! rief der Knabe mit leidenichaftlichem Schmerze. Vater, Du darfst mich nicht verlassen! Ohne Dich lann und will auch ich nicht leben! Er wars sich aufs Neue an die Brust feines Vaters. Der Kranke hatte die Hand auf das Knaben Haupt gelegt. Sein Auge ruhte darauf, liebe- und kumnierooll zugleich· Mehr und mehr verfinsterte sich indeß sein Blick. Er mochte daran denken, dasz der Knabe allerdings außer ihm Niemand hatte, der ihn aufrichtig liebte, daß er allein im Ltben dastand, wenn er starb. Einige Minuten lang ruhte seine band still aus dem Kopfe feines Sohnes-, dann schien ein Entschluß in ihm ent standen zu fein, denn er bewegte hastig die Lippen, um zu sprechen, ohne daß er im Stande war, ein Wort hervorzubrin en. Die letzte Kraft zusammenraf send, versuchte er,fich emporzurichten Der Arzt sprang auf, um ihn zu unterstützen ——-er kam bereits zu spat. Mit dein Rufe: »Heinrich----Heinrich!« sank der Kranke wieder zurück aus sein Bett. Sein Auge wurde starr und verlor den Glanz, mit der Linken fuhr er iu der Luft umher, als ob er nach einent Ge genstande suche, unt sich daran zu halten, dann ließ er den Arm kraftlos sinken. Noch einmal holte er tief Athein, daitn stand sein Herz still——-still für ewig. Heinrich hatte sich bei dem Rufe em porgerichtet« er sah das Auge seines Vaters brechen und obschon er noch ein feind war, begriff er doch, daß der Tod dasselbe gebrochen hatte. Vater, Vater! schrie er laut auf und schlang beide Arme um den Geschie-— denen. Der Gerufene hörte ihn nicht mehr, re gungslos lag er da. Der Schmerz des Knaben war ein maßloser, verzweislungsvoller. Verge bens suchte der Arzt ihn zu beruhigen und von dem Todten zu entfernen. Er durfte keine Gewalt anwenden, weil er sonst für die ohnehin schwache Gesundheit Deinrich’ö das Schlimmste befürchten mußte. Er trug dem Diener auf, bei dein Tod ten und lHeinrich zu bleiben. Er selbst ging zu Bertheh um ihr die schreckliche Nachricht zu überbringen. Es war eine schwere Ausgabe siir ihn, denn seit Jahren war er Hansarzt bei dörner nnd hatte manche Freude und manches Leid mit ihm getheilt. sagend trat er deshalb in Verthckø Zimmer. Sie saß in einein Sessel, regiiimeliie, den Blick starr vor sich hingerichtet Erst als er dicht neben ihr stand, bemerkte sie ihn und erschreckt suhr sie empor. Was macht mein Mann ? fragte sie hastig Jhre Augen blickten starr, unheimlich starr. Er ist soeben verschieden, sprach der Arzt Tvdt todt! riefBertha. Ihre ganze Gestalt heite. Sie sasite des Arztes Arm nnd ihn krampshast fest. Nein es kann nicht sein! snhr sie sur-t. Sie haben mir die Unwahrheit gesagt er sann nicht todt sein-—- oh -—--oh see toare In entsetzlichl Ertragen sie selbst dies Unglück mit Fassung. Menschenmacht konnte es nicht indem. Ich sah ee voraus-, deshalb be ich Sie daraus vorbereitet »ich hielt es stir- meine Psticht. . Ich hoffte aber dennoch, erwiderte Vertha —- noch immer fand ihr Auge leiste Ihrs-e. Ich klammerte mich im» den Gedanken, daß Sie irren könnten, das die Verletzung weniger gefährlich sei, als Sie glaubten — ich hatte mirl selbst eingei«edet, daß er nicht sterbeni könne! s Das Herz hofft Das, was es wünscht,s erwiderte der Arzt. Es fehlten ihm die Worte zur Beruhigung Dieser harte? Blick, dieser thriinenlose Schmerz deri schönen Frau hatte etwas Entsetzlichess fiir ihn. I Jst er zum Bewußtsein zurlickgekehrt?j fragte sie. ; Für wenige Minuten. Es bat ihm« das Sterben erleichtert, daß er Heinrichs gerettet wußte. Sie stand schweigend da. Ihre blen dend weißen Zähne nagten an der Lippe —---die Lippe blutete. Der Arzt begriff sie nicht. Weshalb haben Sie mich nicht rufen lassen? Jch erwartete nicht, daß sein Tod so« schnell eintreten werde. Verlangte er nicht nach mir? Er hatte nicht Zeit dazu. Auch zu Heinrich hat er nur wenige Worte ge sprachen. Er wollte noch etwas hinzu fügen. die Sprache fehlte ihm, er nahm die letzten Kräfte zusammen, da sank er entseelt zurück. Wieder stand sie schweigend wie in Gedanken versunken da. Der Arzt wagte sie nicht zu stören. Sein Blick ruhte auf ihrem schönen Gesichte, aus welchem Verzweiflung sprach. Er lannte diese scheint-are äußere Ruhe, diese Fassung, welche selbst bei dem größten Schmerze keine Thriinen findet. Für ein weniger tief blickendes Auge mag sie leicht als Rätteerscheinen—sie ist nichts weniger als das. Sie nagt heftiger im Inner sten als die glühenosten Thränen. Wer ist jetzt bei ihm? fragte sie end lich mit tonloser Stimme. Der Diener und Heinrich, entgegnete der Arzt. Ich habe nicht gewagt, den Knaben zu entfernen, denn er bedarf in jeder Beziehung der grössten Schonung, und ich glaube, er wird den Schmerz am ersten überwinden, wenn er ihn an der Leicheseines Vaters auetoeintL —- Jch werde Sie zu dem Geschiedenen beglei ten, wenn sie ihn sehen wollen Er hatte diese Worte hinzugefügt, weil er besiirchtete, die Verzweiflung, welche er anf dein Gesichte der schönen Frau erblickte-, werde plötzlich mit vojer Heftigleit ausbrechen und vielleicht seinen Beistand erfordern. Sie hatte ihn starr angeblich Nein—-neiit! erwiderte sie ablehnend. Jetzt nicht-— jetzt kann ich ihn nicht sehen — ich kann ihn ja doch nicht zum Leben zuriickrufen! Sie bedeckte das Gesicht mit beiden Händen und stürzte in dao Nebengeniach, wo ihre Kinder schliefen. Noch einmal lehrte der Arzt in das Zimmer, in welchem der Todte lag, zu rück. Er traf Heinrich noch in derselben; »Stellung, hingeworfen über den Todten, note er ihn verlassen hatte. i s Sorgen Sie für den Knaben-wer be dars der Ruhe, sprach er leise zu dem Diener. Heinrich richtete sich empor. Er hatte die Worte gehört. Jn seinem Augetoar keine Throne mehr zu erblicken und in seinem Gesichte war eine anfsallende Veränderung vorgegangen. Um Jahre schien er in der kurzen Zeit älter gewor den zu sein. Jch danle Jhnen,sprach ei mit voller Fassung. Mein Vater hat viel aus Sie gehalten und er traute nur den Men schen, von deren Ehrlichkeit er überzeugt war. Ich werde zu Jhnen kommen, »wenn ich Jhren Rath bedarf-»ja Ihnen allein! Thu’ das-, Heinrich! erwiderte der Arzt. Sieb, hier an der Leiche Deineg Vaters gebe ich Dir die Versicherung, idaß ich es stets aufrichtig und ehrlich mit iDir meinen werde. tmNun begieb Dich izur Ruhe. I Nur eine Stunde lang lassen Sie sinich noch hier, bat der Knabe. So lange die Hand meines Vaters noch warm ist ist es mir, als ob noch Leben jiii ihm sei --— und dieses Leben gehört mir ’ i Der Arzt ließ ihn gewähren. i s Als er aus dein Schlosse trat, stieg ims iOsten bereits die Sonne empor und? wars ihre goldenen Strahlen auf das Schloß iiud die Wipsel der Bäume. So lstill und friedlich erschien Alles. Jn den nahen Bäumen sangen die Vögel. Sie hatten freilich leine Ahnung davon,« daß soeben in :ein Schlosse ein Men scheiileben verschieden war. Die Blu nien dusteten, tausend und tausend leuchtende Thautropsen hingen au ihnen. Wie grosi und wie gering ist doch ein Menschenleben, sprach der Arzt uiiwill iiirlich leise vor sich l)iu. Welche-i Schmerz, welche Umgestaltung wird dasi Licht, welches soeben iiii Schlosse verloschtl ist, dort hervorriisen und wie wenig istl es ini großen All der Natur. Was ist ein Menschenleben, das zu Ende geht, mehr alt ein ioelles etlatt, welches vom Baume niedersiillt, als ein ausgebliihter Blniiienlelch, der,iiir Erde-sinkt Ebenso rnhig und heiter wurde die Sonne ans gelien, wenn der Todte noch lebte, die Vögel wurden ebenso lustig singen, die Blumen ebenso herrlich dusteiil Der Mensch ist nicht niehr als ein Atoni in dein We,ltall und doch diiiikt er sich so groß und iiiächtigl Von der Brandstätte drang dumpfes Geräusch, die Stimmen zahlreicher Men schen zuilim. Er wandte sich dorthin· Verwüstung war rings niii das nie dergebrannte haus, dessen Trümmer kaum noch tauchten Zahlreiche Men schen umstanden dieselben Der Dpetor—Urban war sein Name —tvollte schweigend vorübergehen, al lein der Gärtner Karstem ein alter Mann, der aus dem Gute geboren und ausgewachsen war, trat an ihn heran. Er ist todt, Herr Doktor? fragte er» mit bekümmerter Miene. s Urban nickte schweigend niit dem: Konse. i Ter Diener sagte es, allein ich. konnte es nicht glauben, fuhr der Alte fort. Er war gestern noch so heiter als der Ponny ankam nnd jetzt schon todt todt durch n nngliictseligen Brand.l Das ina« erjenige verantworten, der dies-Haus hier angezündet nat —- auf sein Gewissen fällt auch das Leben des Herrn. i Wißt Ihr denn, ob das Hans ange zündet ist? wars Urban ein, kann das Feuer nicht durch Unvorsichtigleit, durch ein Ver-sehen entstanden sein ? It I« N n tue-· ichslllcllk mit dem Fropr Tuc- ig- -n-·· ist angesteckt, Herr Doctor, erwiderte isr niit Bestimmtheit. Juden unteren Räumen ist das Feuer ausge brochen, dorthin kommt außer inir Nie wand, nnd ich bin sxit zwei Tagen nicht in dem Hause gewesen. Es kann ein Anderer dorthin gekom men sein, bemerkte Urban. Es ist außer dem jungen Herrn und deni Doctor Brandt Niemand darin ge wesen, fuhr der Alte fort. Es kommt noch ein anderer Umstand hinzu, der es außer Zweifel setzt, daß das Feuer an gelegt ist. Jch war der erste, der es be merkte, weil ich nicht schlafen konnte, und eine innere Unruhe mich durch den Park hintrieb. Ich nur«-»t» ans das Hans zu, weil ich vermuthete, drin der junge Herr und der Doktor Brandt noch darin seien. Ich rief Beide ohne eine Antwort zu er halten, ich wollte die Thiir anfreißen, sie war verschlossen. All’ meine Kräfte strengte ich an, um sie zu öffnen. Erst als das Feuer hell aus dein Fenster schlug, bemerkte ich bei dem Schein, daß von außen ein Riegel vorgeschoben und obenein ein Stein vor die Thiir gewälzt war. Als ich die Thiir endlich aufriß, schlug mir die Flamme entgegen. Die Treppe brannte bereits hell. Es fiel inir sogleich iin Augenblicke auf, daß die Thiir von außen verschlossen war, allein mein Schrecken war so groß, daß ich nicht im Stande war, weiter darüber nachzu denken. Erst vor kurzer Zeit erzählte mir der Doktor Brandt, daß er ungefähr um elf Uhr mit dein jungen Herrn das Haus verlassen habe, um drüben von dem Sandberge aus den Himmel zu betrach ten nnd dein jungen Herrn die Gestirne zu zeigen. Um zwölf Uhr bemerkte ich das Feuer. Der Doktor Brandt be h .uptet, daß er die Thür unverschlossen gelassen habe. Er kann sich geirrt haben, bemerkte Urban. Dort kommt der Doktor selbst, rief der! Gärtner. i Brandt trat heran. Seine Wangen waren bleich, seine ganze Erscheinung verrieth die größte Beftiirzung Der Brand des Hause-, der Tod Börner’s dies alle-z hatte ihn in die gewaltigste Aufregung versetzt. Urban tefragte ihn um das, was der Gartner soeben erzählt hatte. Brandt bestätigte es. Sollten Sie sich nicht dennoch irren? warf Urban ein. Nein-nein! Jch weiß genan, daß ich die Thür nicht verschlossen. Ich habe nicht einmal gewußt, daß sich aussen an der Thür ein Riegel befiiidet«—ich habe ihn nie gesehen. Oder hat Heinrich die Thiir verschlos sen ? bemerkte Urban. Auch das nicht· Er hatte mich längst gebeten, ihm die einzelnen Sternbilder zu zeigen, ich hatte es stets abgelehnt, weil ich ihm den Schlaf nicht entziehen wollte. Der Abend war so schön. Die Luft so mild und warm. Der Himmel so wunderooll klar -— - da konnte ich sei: nen Bitten nicht länger widerstehen. Aue Freude darüber eilte er zuerst in den Pakt hinab, unten erwartete er mich und ich war kaum aus der Thür getreten, so erfaßte e. meinen Arm und i zog mich nngestiiin mit sich fort.—--.L)ätte ich seiner Bitte doch nicht nachgegebeni —--—ware ich doch ini Hause geblieben! Dann wären Sie vielleicht im Feuer umgekommen! rief Urban. Freuen Sie sich, daß Heinrich Sie überredet hat. Sind Sie vielleicht mit Licht die Treppe hinabgestiegen? · Neui«« nein! Wir hatte an dein gan zem Abeude noch kein Licht angezü det. Stundenlaug hatten wir aus dein Fen ster geschaut; ich erzählte Heinrich von» der Große des Himmels, nannte ihmt die einzelnen Sternbilder, und weil die Bäume uns nur einen geringen Theil des Hinuuels sehen« liessen, drängte Heinrich mit ihm aus den Sandberg zu gehen. Sie haben in dem Hause vielleicht eine brennende Cigarre von sich geworfen, bemerkte der Arzt. Ich rauche nicht. Dann liegt hier ein Verbrechen vor! ries Urban. Das Haus ist uiit Absicht angezündet. Dass ist auch meine Ueberzeugung sprach der Gärtner. Urban zog den Alten zur Seite. Habt Ihr irgend einen Verdacht? fragte er leise. Ihr könnt es niir dreist anvertrauen, denn ich halte es siir meine Pflicht dein Gerichte davon Anzeige zu machen. Auch ich wiirde dies gethan haben, gab der Alte zur Antwort. Nur durch das Feuer hat der Herr sein Leben ver loren. EineuVerdacht habe ich indess gegen Niemand. Ich habe meinen al ten Kopf vergebens angestrengt, um zu finden, wem durch diesen Brand ein Bortheil erwachsen könne. sollte das Feuer nur eine That der Rache gewe sen sein, so vermag ich auch sie nicht zu begreifen, denn über das bereits alte Gartenhauö würde der Herr sich wenig gegrämt haben und daß er das Leben bei dem Brandt einbüßen werde, konnte Niemand voraus sehen oder vermuthen. Urban wollte noch eine Frage hinzu fügen, er verschwieg dieselbe indeß. Langsam, halb in Gedanken versunken verließ er den Part und das Gut. Er schritt zur Stadt zurück. Vor dem Thore kehrte er in eine Restauration ein, unt sich durch eine Tasse Kasse zu erfri schen. Es war noch sriih am Morgen. Länge-r ach eine Stunde blieb er ruhig sitzen. Dann begab er sich zu dein Un tersuchunggrichxer Wenzeh mit dem er bekannt war. Die Verfalle der Nacht theilte er ihm mit. Mir thut die schöne Frau leid, erwi derte Wenzei. Sie wissen, daß ich mit Börner besreundet, daß ich oft bei ihm in Gesellschaft war. Jch inufz gestehen, daß ich tauni eine Frau in meinem Leben gesehen habe, welche schöner war, als die seinige. Wäre ich jünger, so würde ich mich in sie verliebt haben. Wie war sie bei dem Tode des armen Börner? Ruhig-— sehr gefaßt. Sie hat einen starken Geist. Der volle Schmerz um ihren Mann wird erst losbrechen, wenn sie allein ist, denn sie schien Börner zu lieben, und ich habe bereits öfter die Wahrnehmung gemacht, daß ein großer, gewaltiger Schmerz das Herz gleichsam erstarren macht. Ein solcher Verlust ist zu groß, als daß ihn das Herz sofort zu fassen vermöchte. Sie werden das wissen. Gewiß-—gewißl versicherte Urban fast hastig. Jch habe oft in meinem Leben die Erfahrung gemacht, weil ich an vielen Sterbebetten gestanden habe. Ein sol cher starrer, thränenloser Schmerz hat indess für mich stets etwas Entfetzliches, Unheimliehes; er ist unnatürlich, denn» für den Schmerz hat die Natur dem Menschen die Thrünen gegeben. E Ganz recht -- ganz recht. Deshalb versagen sie auch nur dann den Dienst, wenn der Schmerz gleichsam über das Natürliche und iiber das für den Men schen Ertragbare hinausschreitet.—-Und sie haben die feste Ileberzeugung,dasz das Feuer angelegt sei ? Es ist kaum eine andere Annahme möglich, gab Urban zur Antwort. Mir ist noch unklar, weshalb der Tha ter die Thür von außen verriegelt nnd sogar einen Stein davor gewälzt hat, fnhr Wenzel fort. Sollte er noch der That sich noch so viel Zeit vergönnt ha ben? Dies musz er gethan haben, da nach der Aussage des Gärtners, eines al ten znverliissigen Mannes, die Thür verriegelt war und der Stein sich davor befand. Die Thatfache liegt also klar vor. Sie beweist vor der Hand nur noch nichts, erwiderte der Richter mit leich tem Achselzucken,——den noch ist nicht fest gestellt, dasz dieselbe Hand, welche das Feuer angelegt,auch die Thür verriegelt hat. Daran ist wohl kaum zu zweifeln — ich glaube Sie selbst zweifeln nicht da ran. Nein — allein ein Richter muß jede Möglichkeit in Betracht ziehen.——Wes halb sollte der Thäter die Thür verrie gelt haben? Jedenfalls doch, damit sie nicht so leicht geöffnet werden könne, und, da sie von außen verschlossen war, damit sie von innen nicht geöffnet werden könne; in dem Hause wohnte nur Börner’s Sohn mit seinem Haue-lehren Wenzel hatte ihm, den Blick vor sich hingerichtet, mit der Rechten den Bart streichend, zugehört. Er schwieg noch einige Secunden lang. Doktor Sie haben einen teuflischen Verdacht! rief er endlich, sich emporrich tend. Sie meinen doch natürlich, die Thür sei von außen verschlossen, damit die beiden verbrennen sollten! Urban nickte zustinimend mit dem Kopfe. Doktor, ich hätte nie geglaubt daß in ihrem Kopfe ein solcher teuflischer Ge danke entftehen könnte. Jch habe Sie stets für äußerst gutaiiithig und friedfer tig gehalten. Jch hoffe Beides auch zu sein, entgeg nete llrban, obschon ich weiß, daß nicht alle Menschen Engel sind· Gewiß nicht! Es giebt sogar nieder trächtige, höllische Teufel darunter, ich weiß das als Criminalrichter am Bes ten, ja ich behaupte sogar, die halbe Menschheit besteht aus Teufeln nnd wenn sie noch so geputzt und sein gelleitet ein l)ergeht, allein Doetor, wer in aller Welt könnte ein Interesse daran finden, den armen Doetor Brandt, den harmlosesten Menschen, deu its je gesehen habe, und Bornier Knaben zu verbrennen, und zum blossen Vergnügen wäre eine solche That doch zu teuflisch. So schlecht sind nur ganz wenige Menschen, denn die Meiste-n empfinden doch zuin wenigsten eine inilde Regung des Gewissens in sich, dassekbe gaiii zu vernichten, gelingt nur wenigen besondere kräftig angelegten Charakteren. Das wird vielleicht die Untersuchung herausstellt-in ob Niemand an dein Tode des Knaben oder seines Lehrers ein Jn teresse hatte, warf Urban eiii. Doetor, Sie haben bereits einen Ver dacht, rief Wenzeh ihn scharf anbliiiendl Der Arzt schwieg. Nein, erwiderte er dann bestimmt. Es liegt auch noch eine andere Mng lichleit vor, iveøhalb die Thiir verriegelt war, fuhr der der Richter fort. Der Thäter hat vielleicht gewußt, dasz derf Knabe und sein Lehrer sieht in denil Hause waren, er hat sie durch das Ver schließen der Thür zurückhalten, sie um wenigsten aufmerksam machen wo en, daß während ihrer Abwesenheit Jemand im Hause gewesen sei, er hat also viel leicht gerade das Gegentheil von Dem, was Sie vermuthen erreichen wollen. Er blickte Urban fragend an : Dieser schüttelte zweifelnd mit demi Kopie. i Diese Auslegung erscheint mir zu gutmiithkg, erwiderte er. Man triffti solche Gutiniithigkeit bei Criniinalistenz selten Doktor, Sie wollen doch wahrhaftig s nicht behaupten,das; die Criminalrich-» ter selbst Teufel seien! rief Weiizel, scherzend Halb und halb, erwiderte der Arzt lächelnd. Sie nehmen an einem grossen Verbrechen dasselbe Interesse-, wie wir. Aerzte an einer schweren Krankheit Eg, ist dies eigenthiimlich, ein dämonischer Zug, denn wir freuen uns-, mit unserem Wissen experinientirenzu iönnen. Suchen Sie es nicht besser auszulegen, denn ich habe die Wahrheit gesprochen. Wenzel zuckte lächelnd mit der Achsel. Die Unterhaltung hatte gegen den Willen beider eine heiterere Wendung ge nommen, als ihnen selbst lieb war. Wenzel empfand dies. Wir scherzen, sprach er, während unser Freund kaum wenige Stunden todt ist« Ich will sein Andenken dadurch ehren daß ich alle Kräfte aufbiete, um in dieses Dunkel Licht zu bringen, um Denjenigen zu finden, der das Verbrechen begangen, gurch welches Börner den Tod gefunden at. Thun Sie das-thun Sie das! rief Urban hastig, indem er sich erhob, um fortzugehen. Er hatte bereits seinen Hut erfaßt; und wandte sich der Thüi zu. - Wensel hatte ihn beobachtet und legte-J ihn zurückhaltend, die Hand auf seinen. Arm. Freund, Sie wissen mehr, als Sie mir niitgetheilt haben, sprach er. Sie haben bereits einen bestimmten Ver dacht und scheuen sich denselben auszu sprechen. Urban blieb stehen. Diese Worte schienen ihn siir eine Secunde in Verle genheit zu setzen. Sie irren, erwiderte er. Wenn ich indess auch einen Verdacht hegte, so würde ich Jhnen denselben dennoch ver schweigen, um Ihrem Scharffinn nicht vorzugreifen. Sie vernichten selbst durch Jhre Schmeichelei meine Vermuthung nicht. Wen,sel, sprach Urban ernst, Sie ken nen mich lange genug, um zu wissen, daß nicht Feigheit mich zurückhalt, Ih nen einen Verdacht mitzuiheilem wenn wirklich ein solcher in mir aufgestiegen ;wäre! —- Hätte ich einen zuverlässigen Anhaltepuiikt, so würde ich es für meine Pflicht halten, Jhnen denselben zu nen nen. Jhr Blick ist scharf genug, um die Verhältnisse, ioelche bei dem Brande stattgefunden haben, richtig zu durch schauen —-—ich hätte Sie durch meine Ber miithiingen vielleicht oon vornhereien aus eine ganz falsche Spur geleitet. Er verließ WenzeL Dieser sann ei nige Minuten über die ihm gemachten Mittheilungen nach, da er indesz nicht im Stande war, Licht in das Dunkel zu bringen, so gab er das Sinnen aus bis er selbst Nachforschungen angestellt habe-— (Fortsetzung folgt). Jn Nachfolgendein soll zahlenmaßig nachgewiesen werden, tvie stark die Sa meii Erzeugung verschiedener Unkraut pflanzen ist. Essollte deshalb den Land ioirth nichts mehr aiifpornen, als mit der Vertilgung des Uiikrautes bei Fei teii vor-zugehen und durch Vertilgung einer einzigen Pflanze eine Unzahl von im Entstehen begriffenen Nachkommen zu beseitigen Von den vielen Unkräu tern sollen nur die bekanntesten und am meisten vorkommenden genannt werden. Jni Garten und Feld findet man sehr häufig l. Geiiieines Hirtentäschchen (,,Capsella bursa paftoris«). Hiervon giebt es ztvei Arten: eine kleine und eine größere Erstere hat gegen 78 Schötcheii mit je durchschnittlich 23 Sa men, also im Ganzen 17 94 Samen, letz tere 5312 Schotcheii und imGanzen 85 56 Samen 2 Allersenf (»Sinapes ar vensi is«), große Pflanze mit l isiHaupt ind Nebenznieigeii Ein Zweig ist durchschnittlich mit l) Schoten besetzt;» eine Schote enthält durchschnittlich 10 Samen, also 11,2iiii Samen :.3 Ge iiieiiiesstreiizkraiit (»Seiieeio vulgaris )«! Ein inittelgioßes Exemplar hat gegen IN Bliitheiiknöpschen, ein Köpfchen ent hält durchschnittlich sitt Samen, also 1i;ii·'-Saiiieii. 4 .L-iihiiirdariii (,,Stel l laria iiiedia«.) Von diesem Unkraut enthält ein iiiittelgrosies Exemplar ltt Kapselii, jide iii Ei Samen, also ,-ii,usam iiieii l Zins Samen Arteriiahdistel (,,Crisiuiii aroeiise«) inittelgrosies Ei «. eiiiplar mit is stopfen zu je W Saiiieii,s zusammen 6240 Saiiien. Gemeine Gäiisedistel ,,(Sonchusoleraieus« ) Eiiij iiiittelgrosies Eiseiiiiilar hat geniitliiilichs HI- Kopie zu je ZW Hainen, atio nni Ganzen 1"««",«H« Samen. 7. Bastardgän i sefnß»Cl)enopodininlininjdnin.«) Mit Z telgroße Exeniplare haben durchschnitt i lich eine Saineninenze von 15,(«n). HI Vogelknsöterich (,,Pe-lygunnni auienln j te«.) Ein inittelgwfzeg Exemplar hatt im Ganzen Its« Früchtclieik Wenn nun: auch die Keimkraft vieler llnkrtintsaineni feine große ist«- Klatsclnnolntsnnien keimt etwa 22 pCt., Ackerdifteln I pCt u.s.w.,s wenn auch ferner ein sehr beträchtlicher Theil der Samen gar niemals unter günstige seeiinungsbedingnngen gelangt, so sind doch die initgetneilten Zahlen groß genug, um dem Lundwirth die Folgen der Saumfeligkeit in der Vertil gun der Unkrautpflanzen deutlich und dro end vor Augen zu halten. l——. Densschsstkdweststcstiks. Kölnische Leitung« Die Verhältnisse unseres südwestasri kaniichen Schutzgebietes werden vielfach durch die lolonialseindlichen Blätter im Auslande wie daheim durchaus falsch dargestellt Diesen Schwarzwaleteien auf Grund genauer Kenntniß der Sach lage entgegenzutreten, hat die in der Kapstadt erscheinende deutsche ,,Süd aintanische Zeitung-« schon wiederholt eifrlgreich verstanden. Bemerkenswerth sind die Ansichten, welche sie neuerdings nber die Verwendung unserer Schutz truppe ausspricht Sie weist daraus hin, daf-, die deutschen Soldaten nach ihrem Aue-tritt ans der Trippe im Lande bleiben nnd sich ansässig machen. Ende diese-z Jahres würden dreißig von ihnen den Dienst qnittiren und sich nie derlassen. Mit einer Erhöhung der Mannschaftgzisfer würden diese europäi schen Elemente also schnell gewehrt wer den können. »Zaniichst«, schreibt das Blatt, ,,soll ten in die koloniale Schutztruppe nur Handwerker nnd Bauernsöhne, d. h. solche, welchen die harte Arbeit zum Be rufe geworden, Aufnahme finden. Durch Vertheilung von Ländereien, Zugvieh, Handioerkgzeug und dergleichen müßten die gediemen Soldaten zum Verbleib im Lande ermuthigt werden. Der land wirthschaftliche Betrieb der Schutztruppe, im großen Maßstabe ausgeführt, würde einen Theil der Unterhaltungskosten stets decken; ein weiterer Theil ergäbe sich durch Zolleinnahmen, welche mit der Zahl der eingewanderten Europäer und deren Bedürfnissen propotional anwach sen. Ein wesentlicher Umstand zum Gedeihen der deutschen Besiedelung aus der sich beständig auslösenden und-wie der ergänzenden Schutztruppe wäre die Uebersiedelnng heirathsfähiger deutscher Mädchen. Die augscheidenden Solda ten verheirathen sich vielfach mit den Eingeborenen des Landes-, um der Lan degsitte gemäß an ihrer Frau, welche Ihnen obendrein noch eine Anzahl von Ochsen oder Kühen als Mitgift zuführt, eine tüchtige Arbeitsstutze zu haben. Wohin eine solche Bastardwirthschaft führen muß, liegt auf der Hand. Wir in der Kap Kolonie kennen dies aus er ster Quelle. Wie ein Fluch lasten die Sünden un serer Väter in dieser Hinsicht aus dem Lande. Zwei Jahrhunderte haben nicht vermocht, den Flecken zu tilgen. Mögen die deutschen Schutzgebiete vor ähnlicher MulatlenWirthschaft verschont bleiben.« Auf die Stellung der Schutztruppe zu Hendrik Wittboy, der vor ihr den größ ten Respekt zeigt oder wenigstens heu chelt, wirft folgende Thatsache bezeich nendes Licht: »Wittboy kommt nach langer Wanderung mit seinen Leuten halbverschmachtet vor Tsaobiä an Hund findet die Station blos von einem i Unterosfizier nebst zwei Gemeinen besetzt. sSetnem Auftrage gemäß handelnd, ver weigert der lommandirende Untecosfis zier Wittboys Gesuch um Wasser. Der lHäuptling sucht zu unterhandeln, doch ’ umsonst; der Befehl lautet: kein Wasser augzuliefern Der schlaue Wilde schlägt ! jetzt dem Unterosfizier vor, ein Auge zu Izudrücken und ihn das Wasser heimlich inehmen zu lassen, wofür er ihm strengste HBerschwiegenheit nnd spätere Erkennt ilichkeit zusagt. Doch auch dies hilft nicht: der Unterofsizier hält an seiner Weisung fest. Wittboh ist der Verzweif lung nahe. Seine Leute drängen zur Gemalt; es sind Hunderte gegen Drei. Endlich beruft er einen Kriegsrath und sendet als dessen Beschluß nachstehende Worte au den deutschen llnteroffizier: »Du handelst auf Befehl deiner Vorge setzten und bist deshalb unschuldig. Ich respekte Deinen Gehorsam. Hättest du aus eigener Machtbesugniß gehandelt, so würde ich dich und deine Leute er schossen habeu.« Sprache und ritt halb verschmachtet sechs Stunden weiter zur nächsten Was serquelle. Wir sehen hieraus, welches Ansehen die deutsche Truppe in den Schutzgebieten genießt. Es wäre ihr ein Leichtes, die streitenden Völker-schaf ten mit Waffengewalt zum Frieden zu zwingen. Wittbohs Tage wären dann gezählt. Ohne Besitz eigener fruchtba rer Ländereien, welche ihn und sein Volk ernähren können, gezwungen, sein Rän berleben aufzugeben, bliebe ihm vielleicht nichts weiter übrig, als aus-zuwandern um die Rolle der Gottesgeiszelei bei den Ovanbos oder anderen Völkerschaf ten anzutreten Freilich würde die Herrlichkeit bald ein Ende haben, so wie seinen Leuten, fern vom Verkehr mit den weißen Händlern, die Mnnition ausginge« Tie Händler sind überhaupt ununter brochen beschäftigt, Hast nnd Misztrauen gegen die Deutschen zu seien Sie ver breiten nber die Schirmmpr die ihnen den Verkauf Jvon Pulver und Geweh ren un die Eingedorenen unmöglich zu machen sucht, die schrecklichsten Erfin dungen, anderseits scheuen sie sich auch nicht, persönlich an den Stretsziigen Heudrit Wittbohs theilzunelnneu Bei der Tlciederlage, die ihm die Hereros im Februar beibrmhten, ist auch ein Weißer gefallen, dessen Satteltaschen nnd Kor respondenz erbeutet wurde. Hoffentlich gelingt es bald, den sanalisirten Räuber luiuntliug nnd seine .L3elferöl)elser Un schadtnh zu machen- Je mehr Deutsche einwandern, desto leichter wird dies werden. Frage nndAntwort. Imme dizinischen Examen fragt ein Exantinas tor den Exancinandein »Wie lange kann ein Mensch ohne Gehirn leben?« »Entschuldigen der Herr Professorl Wie alt sind Sie P«