Nemesis. crtentnaliseschtchte —- vou ——— Friedrich Friedrich Tage waren verschwunden. Das Ver hältnisz zwischen Börner und Bertha hatte sich scheinbar inniger gestaltet Sie war freundlicher als zuvor gegen gr, und er glaubte in ihrem veränderten esen eine stille Abbitte sür ihre ausge sprochenen harten Worte zu erkennen. Er verzieh ihr dieselben, zumal sie auch gegen Heinrich freundlicher war und ei . uen innigen AMKI an ihm zu nehmen schien. Ein Er niß kam noch hinzu, welches das Verhaltniß zwischen beiden Gatten noch inniger gestaltete. Als Jäger stand ein junger Mann, Namens Sand, in Börner’g Dienst. Er war eine große schlanke Gestalt. Sein von Sonne und Wetter gebräuntes Ge- i sicht hätte man schön nennen müssen, hätten nicht ein paar diister leuchtende, dunkle Augen demselben einen sast un heimlichen Ausdruck gegeben. Sand besaß eine Bildung, welche über seinen Stand hinausging, zugleich aber einen so leidenschaftlichen Charakter, daß er, wenn er einmal erregt war, leine Beherr schung mehr kannte Seine Kenntnisse hatten ihn zu einer besseren Stellung befähigt, allein durch seine HestigkeitI hatte er sich mehr als einen Feind er worben. Er jelbst war mit seiner Stellung bei Börner gut zufrieden Da dieser tein Freund der Jagd war, so ließ er ihn völlig selbstständig gewähren Sand siibrte ein eigenthümlicheg Leben. Wochenlang brachte er nur aus seinem Zimmer oder in dein nahen Walde zu, jedem Menschen ausweichend, jede Zerstreuung vermeidend, und dann gab er sich tagelang ziigelloes deni Ver gnügen hin, selbst in der Freude wild und iingebandigt.»« Die Dienerscheiit brachte manche Fila gis-i yeqen ihn vor, allein Bann-r nahm is i· »r-: immer in Schutt, denn desto Ja g« -l vtrailer interesstrte ihn uuo er hat«v nu- benierl1, dafz derselbe seine Pflicht verletzte-. Bertha hatte langst wahrgenoiittnen, daß des Jagersz dutille Augen tiiit lei denichaitlicheni Verlangen aus ilir riih ten, wenn er ihr begegnete, ja daß er ihr, wenn iie iii dein Barte oder iti dein tia heiiWalde ittazieren,giiig iiiter entgegen trat, ales es der Zufall iiigen kunnte: sie hatte es stets schweigend ubergaiigeii, ziiinalSand nie die Pflicht der Artig keit verletzt hatte. Sie wußte, daß er sie liebte, jede Frau wird durch solche Wahr nehtttung unwillkürlich geichiiieichelt, und sie wähnte sich vollig gesichert, da eitie unauesüllbare lilust Beide treniite er ivar der Diener ihres Mannes. Sie hatte zu Borner nie über diese ihre Wahrnehmung gesproinei, er sollte nicht glauben, daß sie seines Schutzes oder seiner Hülfe bedürfe, denn sie sühls te sich stark genug dazu, sich sellsit zki schützen. Eines Morgens ging sie allein im Parle spazieren. Jn Gedanken versun ken, hatte sie den Blick vor sieh hin ans den Weg gerichtet. Nahende Schritte störten sie. Sie blickte aus und sah, daß Sand ihr entgegenkam. Nur ntit eineni flüchtigen Nicken des Not-see er widerte sie seinen Gruß, dennoch war es ihr nicht entgangen, daß seine dunkeln lugen noch glühender als srüher aus ihr ruhten, daß er stehen blieb, unt ihr nachzuschauen llntoillktirlich beschlich sie ein baiigea Gefühl, als sie an die Lei denschaftlichkeit dachte, welche aus diesen Augen leuchtete· Unt ihin nicht zum zweiten Male zu begegnen, trat sie nach wenigen Minu ten tn dasselbe kleine Gartenhatis, in Delchem sie wenige Tage zuvor iiiit Bör ner so heftig aneinander gerathen war. Es lag halb versteckt zwischen deitt Ge büsche. Hier konnte sie hoffen, ungestört zu bleiben. Sie machte die Tliiir hiitter sich zu und wars sich aus einen Sessel Den leichten Unihang, welchen sie uni die Schultern getragen, wars sie ab, denn die Morgensoniie schien durch die Fenster, und die Lust in dein engen Raume wirkte erdrückend wartn aus sie ein. Ihr weißer und voller Hals und Nacken wurde sichtbar. angeordnet fielen die blonden Locken bis in den Nacken hinab. Es lag in der Gestalt des schö nen Weibes, wie sie nachlässig itt dein Sessel hingestreckt saß, etwas verführe risch Verlockendee und Sinnberauschen des. Sie dachte in diesem Augenblicke nicht daran, welche Gewalt sie durch ihre Schönheit auszuüben vermochte, sonst würden ihre Augen weniger kalt und starr geblickt haben. Plöhlich wurde die Thiir hastig geöff net. Sand trat ein. Eischkeckt fuhr sie empor. Sie Iuoute den Uniliang ergreifen, allein diese-Un war zur Erde gestillt-h und sie var nicht ini I,tande sich niederzubengen, denn tlit Blick blieb aus des Zagt-ro unheimlich leuchtenden Augen haften. Seine Wan gen waren gerathen seine Brust atinnete sur-» schnell. Was tviinichen Sie? fragte Bei-tim, die weniaen Worte tnit Mühe hervor lfingend. Sie verlor selten ihre Ruhe-, allein ver Leidenschastlichkeit dieses Mannes egeniiber fühlte sie sich schwach, und ihre schlanke Gestalt erzitterte leise. Ich habe mich lange danach gesehm, Sie allein zu sprechen, erwiderte Sand, ich muß Ihnen ein Gestandniß machen, welches seit Monden —- lönger — wel ches sehen seit Jahren an meinem Leben zehrt und inich zum Wahnsinn treibt, wenn ich es langer hier in der Brust ver schließe-ist« sei-sie tut-is, unterbrach ihii Bei-tha, ihre Kräfte zusammenrassend nnd sich emporrichtend. Jch dars nnd will nichts hören-—verlassen Sie mich! Nein, nein! Wer sagt mir, daß je ein günstiger Augenblick iür mich wieder kehrt! ries der Jäger. So werde ich fortgehen, sprach Bertha und wandte sich der Tstiir zu, welche er hinter sich geschlossen hatte. Er vertrat ihr den Weg. Sie müsse mich hören. Jch will diese Pein, welche Nachts den Schlaf von meinen Augen scheucht, welche am Tage mich rastllos nnihertreibt, nicht länger ertragen. Gewißheit will ich haben-« entweder den Himmel, oder die .Hölle!—-Jn mir brennt es bereits glühender, als es in der Hölle brennen« konti! Noch einmal unterbrach ihn Bertha nnd verlangte gebieterisch, dasz er sie verlasse. Jch bleibe, und auch Sie müssen blei ben, bis Sie mich gehört haben! riei er. Wissen Sie, wag die Hölle ist? Kennen Sie ein Gesiihl, das den ganzen Men schen gefangen hält, welches mit dem Blute glühend durch die Adern hinfließt, welches jeden New durzucktP Sie sind im Stande, mich zu begreifen, denn auch Ihr Auge kann glühend nnd leidenschaft lich blicken. Jch weiß es, denn ich habe Sie ost beobachtet, wenn Sie sich allein wühnten, ich weiß, daß Jhr Herz schnell und heiß schlagen tannthch liebe Sie, wie nur ein Mann ein Weib lieben kann. An Sie allein denke ich, Ihnen gehört jeder meiner Gedanken, jeder Pult-schlagt Jch habe iuit mir geiämpst, ich habe diemich verzehrendeLeidenschaft zu unterdrücken versucht——·--ich kann es nicht, ich miiszte mein Herz tödten, denn so lange es schlägt, wird es nur siir Sie schlagen. Seien Sie stills—seien Sie still-sich darf Sie nicht hören! unterbrach ihn Bertha. Er hörte ihre Worte taum· Verlan-s gend ruhte sein Blick auf ihr. s Sie niiissen mich hören. Ich weißJ was ich thun. Halten Sie mich nichts fiir wahnsinnig. Ich will das Lebens nicht länger nielir ertragen, wenn ichJ feinen heissesten Wunsch nicht erfüllts seht-. Ich liebe Sie. Ha! Ich bin nur» der Diener Jhres Mannes, aber Ziei lieben ihn nicht, Jlsr Herz gehört nichts ihm und laiin im nicht gehörau, denns es schlagt beist, und sein Blut flieszt lang-: faiii und lebensmiide durch seine Ade-Um Oder glauben Sie, daß die Liebe an den: Stand gebunden ist, daß sie nicht diese lächerliche Schranke der Gesellschaft über- . springen laun! Glauben Sie, daß dag: Feuer, welches die Natur in des Men-« schen Brust gelegt hat, nur nach den Sie-f gelu, welche die Menschen geschaffen haben, brennen soll! Die Liebe ist ein Götterfiinlen, sie ift ein allmächtiges Feuer, unt deshalb will ich sie nicht un-» befriedigt in mir glühen lassen. Jch bin bereit, zu sterben-aber zuvor will; ich das Feuer, welches in mir glüht, ein-i mal gelöscht, will mein Verlangen ein mal gestillt sehen. Sie niiißen mich lie ben --—— Sie müssen! —— Wenden Sie das Auge nicht ab, erschraken Sie nicht vor meiner Wildheit, der Mensch wird zuletzt wild, wenn er die Leidenschaft in seiner Brust nicht mehr bändigen kann Sie wissen, daß ich keines Menschen Joch ertragen kann, allein ich will sanft werden, will mich geduldig jedem Ihrer Blicke fügen, wenn Sie mir die Hand reichen und mir sagen, dafz auch Jhr herz für mich schlägt. Jch will Ihr Sklave fei, und es soll nie ein Mensch einein andern treuer gedient haben,als ich Ihnen dienen will, mein ganzes Le ben soll Ihnen gehören! Der wilde, glühende Ausdruck seines Gefichts war geschwunden, er blickte fast weich. Bertha zitterte und stand noch ininiers mit abgewandtein Gesichte da. « Sprechen Sie nur ein einziges Wort der Hoffnung! sagte der Jäger dringend. Verlassen Sie mich, uiid ich will die sen Augbriich einer wahnsinnigen Lei denschast tu vergessen suchen, erwiderte Vertha, iiiit Gewalt sich sasseiid und den ganzen Stolz, dessen sie siihig war, in ihren Blick legend. Jch werde Sie verlassen erst sagen Zie, daß Sie mich lieben. Ich kann Sie nur bedaiiern,entgegs iiete Bertha kalt. Treiben Sie mich nicht dahin, daß ich Sie auch verachten» niiisz. i Des Jägers Körper ziickte seist er schreckt zusammen. . Haben Sie meine Liebe nicht eines wahnsinnige Leidenschaft genannt? riesj er. Ja, sie hat mich bie zum Wahnsinn getrieben, deshalb schrecke ich auch vor nichts mehr zurück. »Sie sollen und Sie iiiiissen mich lieben! Er ersaßte ihre Hände, und sie war nicht im Stande, sie ihm zu entziehen. Bebend mit abgewandtem Gesichte stand sie da. Sie wollen ein Herz, welches Sie lei denschastlich liebt, von sich stoßen, suhr er sort. Thun Sie es, vernichten Sie dasselbe --einnial soll es indeß zum we nigsten den Genuss gehabt haben, daß ed dicht an dein Ihrigen geschlagen hat; einmal sollen diese Arme Sie umfangen, einmal mein Mund Jhre Lippen berüh ren. Dann will ich sterben. Denndieö Leben ist mir zur Last, aber nicht srliher nicht srüherl « Er umschlang sie mit beiden Armen und preßte sie sesi an sich. Mit lühens den Lippen küßte er sie. al J weis, daß dies mein Verderben ein wird, nnd denn ist es sü l eies er, Ileich einein detai- chten. W zart diese Lippen sind —- tvie Ieich der Ratte-. schönere i Locken hat kein sterblicheö WeiblB Blickeui Sie mich erzürnt, wild an—Jhre Au gen können Ihren Lippen den süßen Reiz nicht nehmen!—— Er küßte sie aus’g Neue. Nuer Sie um Hilfe! fnhr er in int mer wilderer Stin me fort. Jch mache aus meiner Liebe kein Geheimniß mehr. Mit Gewalt soll man meine Arme von diesem schönen fchwellenden Körper lösen ! R--fen Sie Jhren Mann, der dies Hei ligthum genießen darf, ohne daß er Sie liebt, ohne daß er geliebt wird——er mag mir einen Dolch in das Herz stoßen-ich werde nicht zucken-an dieser Brust muß es sich susz sterben! Bertha hatte nicht um Hilfe gerufen, kein Schrei, kein Laut hatte sich ihrer Brust entwunden. Bleich, zitternd hatte sie seine Leidenschaft ertragen. Alle Kräfte raffte sie jetzt zusammen, mit Gewalt stieß sie ihn von sich und eilte der Thiir zu. Er sprang ihr nach, um sie zurückzuhalten, schon hatte sie indeß das Gartenhaus verlassen, und in ge« ringer Entfernung sah er zwei Arbeiter bes äftigt. z r blieb zurück. Wie ein Rausch,: ein Traum erschien ihm seine eigene» Leidenschaft. Starr schaute er auf den Sessel, auf dem sie gesessen. Er ver-! mochte nicht zu fassen, daß seine Lippen sie geküßt, es war ihm wie das Nach wehen eines glücklichen Traumes. ! Noch einmal malte er im Geiste dag» genossene Glück sich'aus. Ihre Worte,l daß sie ihn bedaure, ihn verachte, hall ten in feinen Lhren wieder und machten seinen kräftigen Körper erzittern. Bor bei waren die Träume, mit denen er so oft sich berauscht hatte, hin die Hoffnun gen, daß sie seine Liebe erwidern konne, er hatte sich gesehnt, sie zu umfassen und an sein Herz zu pressen, und nun dies Sehnen erfüllt war, fühlte er dennoch eine kalte, eisige Leere in sich. Er dachte nicht daran, welche Folgen dieser leidenschaftliche, wahnsinnige Schritt nothwendig nach sich ziehen mußte, er blickte auf sein Leben mit der Gleichgiltigieit, die nicht. mehr zu hoffen und nichte- zu wünschen übrig hat. Abspannung folgte nach der gewalti gen Aufregung. Er verließ das Gar tenhans nnd schritt langsam durch den Park dem Schlosse tu· Börneriam ihm mit heftigen Schritten und gerocheten Wangen entgegen. Der Jäger wußte, wag das Gesicht desselben gerolhet hatte, und ein Geiiihl des Mitleids zucktedurch ihn hin, denn er hatte nie über seinen Herrn zu klagen gehabt Sand,Iich suche Sie, sprach Borcier und seine Stimme bebte. Jn der Nähe waren Arbeiter beschäftigt, er sprach des halb gewinpr Meine Frau hat mir Alles uiitgetheilt——ich kann Sie nur sur wahnsinnig halten. Doch —— hier ist nicht der Ort hierüber zu reden, kom men Sie mit mir auf mein Zimmer. Dort verlange ich, daß Sie mir mit theilen, was Sie zu dem wahnsinnigen Schritt getrieben hat. Obne des Jägers Antwort abzuwar ten, schritt er hastig dein Schlosse zu. Sand folgte ihm, innerlich und äu ßerlich gebrochen. Er hatte nur die eine Befürchtung-« daßBertha ihm begegnen könne. Fast eine Stunde lang blieb er auf Börner’g Zimmer Mit einer Ruhe, welche Börner nie an ihm bemerkt hatte, erzähte er, wie die Liebe zu seiner Frau schon in ihm erwacht sei, als er sie zum ersten Male gesehen habe. Er habe sich vergebens bemüht, die stets wachsende Leidenschaft zu unterdrücken, sie habe ihn Tag und Nacht nicht verlassen, sie würde ihn zum Wahnsinn getrieben haben Sie hat Sie bereits dahin getrieben, wars Börner ein. Jetzt werden Sie be greifen, daß Sie hier nicht länger blei ben können, daß Sie noch heute das Schloß verlassen müssen. Fiigen Sie sich in Ruhe, dann soll Niemand erfah ren, zu welcher Tollheit Ihre Leidenschaft Sie hingerissen hat. Sand schwieg. Börner’s Ruhe ent waffnete ihn völlig. Die größte Lustig leit würde er eher ertragen haben. Eine halbe Stunde später verließ er fiir immer das Schloß. Bertlia saß auf ihrem Zimmer am Fenster, als er durch den Part hiiischritt. Er blickte sich nicht uni. Sein Blickwar starr auf den Weg gerichtet. Zie empfand kein Mitleid niit ihm. Jhre Wangen waren noch immer durch die Aufregung geröthet, ihr ganzer Körper zitterte. Börner trat in diesem Augenblicke in das Zimmer und eilte zu ihr. Er streckte ihr die Hand entgegen. Du bist immer iiiich aufgeregt Verthei, sprach er. Sei ruhig er ist fort, uni nie iiiiederzuteh ren. Sie schwieg. Er ivar ruhige-Laie ich erwartet hatte, fuhr Börner furt. Ei gestand selbst ein, dasi seine Leidenschaft ihn bis zum Wahnsinn getrieben habe. Jch empfinde Mitleid niit ihm, denn ich be greife, wie leicht Jemand Dich lieben und durch diese Liebe sich völlig beherr schen lassen kann. Sie lächelte ruhig Durch die Ab spannung, weiche dir Aufregung gefolgt war, hatten ihre Augen einen wilden Glanz erhalten. Böriier setzte sich an ihre Seite nieder, und seit langer Zeit hatten Beide nicht so friedlich und ver traulich nebeneinader gesessen. Dieses Verhältniss hielt tagelang an Bertha benutzte Börner’s günstige Stimmung, um Geld von ihin zu er langen. Er gab es willig. Sie hatte bereut, ihrem Bruder den Schmuck gege beii zu ben, weil derselbe ein Geschenk ihres atmet war. Sie würde es nicht gethan lieben, wäre sie an jene-i Abende nicht schon ohnehin heftig at geregt gewesen. Es lag ihr daran, den Schmuck wieder zu erhalten. Sie konnte indeß nicht eher hieran denken, als bis sie die Summe, für welche er verpsändet war, ihrem Bruder gegeben hatte. Seit jenem Abeude hatte sie diesen nicht wiedergesehen. Von Tag zu Tag wartete sie aus ihn, da sie die zweihundert Thaler hatte, um ihm dieselben zu geben. Sie schrieb ihm einige Zeilen, in denen sie ihn aufforderte das Geld zu holen. Er kam an demselben Tage. Jn ihrem Zimmer traf er sie-· Nachlässig, abge spannt wie gewöhnlich, trat er ein und warf sich auf einen Sessel. Hast Du den Schmuck? fragte sie ihn. Du weißt, das; ich ihn gegen den Wechsel verpfändet habe. Jch habe Dir geschrieben, daß ich Dir das Geld geben will, fuhr Bertha fort. Ich habe erwartet, daß Du mir den Schmuck zurück bringen würdest. Er zuckte gleichzeitig cnit den Achseln. Jch kann ihn erst einlösen, wenn ich das Geld bezahle—eher nicht. Und toann werde ich ihn denn er halten? Morgen, wenn Du mir heute das Geld giebst. Robert, ich muß ihn morgen zurück haben, fuhr Bertha fort. Jch habe bereut, ihn Dir gegeben zu haben, denn es würde mir sehr unangenehm gewesen sein, wenn Börner es erfahren hätte. Ah, Dufängst an, Deinen Herrn Ge mahl zu fürchten, warf Wolff mit spötti schem Lächeln ein. Nein, erwiderte Bertha. Du weißt recht wohl, daß ich keine Furcht kenne. ;Jch glaubte, Du würdest begreifen, das; Intan ein Geschenk nicht sortgiebt. Börner lhat den Schmuck mir gegeben, als wir uns verlobt hatten. Du hast also noch immer schwärme rische Ansichten, sagte Wolfs, fich auf dem Sessel schaukelnd. Was man zum Geschenk erhalten hat, ist Eigenthum, iibernselches man frei verfügen inmi. Oder hat er vielleicht eine Bedingung daran geltiiipft? Hat er gesagt, das; Du den Schmuck nie ans den Händen geben .sollst?- Du wirst mir zutraut-n, das; lich den Begriff des Eigenthntns und die Gesetz-e kenne. s sEs handelt sich hier nicht unt Gesetze-, sondern ntn die Empfindung des Rechtes und Unrechts-II rief Bertha unwillig. Bei Tir ist dieselbe freilich nie stark aus« . gebildet gewesen. Das spöttische Lächeln wich nicht von Wolfsz Lippen, selbst bei diesen harten Worten nicht. Dn hast Recht, erwiderte er, ich halte solche Empfindungen auch für Thorheit und bin vollkommen zufrieden, wenn ich mit den Gesetzen nicht in Evnslict gera the· Sie sind für mich maßgebend Uebrigens beruhige Dich, Du wirst den Schmuck morgen früh erhalten, und Dein Herr Gemahl wird ihn schwerlich ansehen, daß ihn andere Hände, als die Deinigen berührt haben. Bertha trat schweigend an ihren Sei Icretär und gab ihm das Geld. , Er empfing eo lächelnd. s Ich habe wohl nicht nöthig, es nach guzählenP fragte er, bevor er es ein Isteckte s Bertha antwortete auf diese Frage snicht , Du wirst gut thun, fiir das Erste auf keine weitere Unterstützung durch mich zu rechnen sprach sie. Aha, Du hast mit dem Ersparungs insteme bereite begonnen, warf Wolff ein. Jch bin neugierig, wie weit Du damit gelangen wirst. Wirst Du Deine Ersparnisse der Sparkasse über geben? i Bertha wandte sich ab und trat an das Fenster i Wolff stand aus Mit flüchtigein ststruße eine Melodie pfeifend, verließ er daJ s;immer, ohne ein Wort desz Dankes. jBirtha hatte nach seiner Ansicht ja nur sdeei vhalb Börner geheirathet, um über sdessen Kasse verfügen zu können, und er tglaubte auch aus dieselbe einen Anspruch zu haben. Schon als Knabe hatte er sdie jüngere Schwester in steter Abhän lgigseit von sich erhalten, ja sogar gei knechtet. Selbst seine Eltern hatte er beherrscht und ihnen gegenüber in allen Fallen seinen Willen durchgesetzt Das hatte ihn zeitig verdorben. Bertha fühlte sich ihm gegenüber auch jetzt noch in derselben Abhängigkeit. Sie konnte sich selbst feine Rechenschaft geben, weshalb sie ihn fürchtete, weshalb tsie seinem Willen sich beugte. Es war inicht allein das Gefühl, daß er ihr get - stig überlegen war, daß er, eine durchaus egoistische Natur, riicksichtsloö seinen Willen durchsetzte. Er würde sie in kei ner Weise geschont haben, wenn sie ge wagt hätte, ihm entschieden entgegenzu treten, und sie war sich bewußt. daß sie Schwächen besaß, die er ausbeuten konnte. TZie fühlte sich erleichtert als er das Zimmer verlassen hatte. Sie hatte ihm Vorwürfe machen wollen, daß er in der selben Stunde, in welcher sie ihm den pchnnuck gegeben, hoch gespielt hatte Für das Spiel hatte er also Geld ge l)abt, denn daß er das Geld von Sol Ebrig entlielsen hatte, wußte sie nicht. sSein spöttischer Blick hatte sie lzurückge ) schreckt. Sie kannte diesen Blick. Mit ihm halte er schon als Knabe jeden Vorwurf und Tadel seines Vaters et widert. Mit Ungeduld erwartete sie den soli genden Morgen, an dem sie den Schmuck zurückerhalten sollte. Sie wußte dies Gefühl der Unruhe sich nicht zu erklären. Bdrner hatte sie nach dem Schmucke ge fragt, noch vor kurzer Zeit würde sie jede Frage darnach stolz und kalt zurückge wiesen hahen; seit jenem Morgen, an welchem Börner in dem Gartenhaufe so heftig gegen sie gewesen war, bangte sie, ihm entschieden entgegenzutreten Sie fühlte, daß er einen festeren Cha rakter besaß, als sie bis dahin geglaubt hatte und sie wollte denselben nicht her !ausfordern, denn sie wußte, daß nach giebige Charaktere um so fester sind, wenn sie einmal mit Entschiedenheit auf einem Punkte beharren. Sie saß am folgenden Morgen in ih rem Zimmer, ihren Bruder erwartend Die Kinder spielten im Garten. Sie hatte dieselben fortgeschickt, um allein zu bleiben. Eine bange Stimmung hattet sie erfaßt, ohne daß sie sich darüber Re chenschxft geben konnte. Börnern trat in das Zimmer. Seine Stirn war in Falten gezogen, sie bemerkte es, dennoch stand sie auf und ging ihm entgegen. Sie reichte ihm die Hand, allein er schien es nicht zu bemerken, oder wollte es nicht bemerken. Jch will Dich nicht lange Zeit stören sprach er hastig, mit mühsam aufrecht er haltener Ruhe. Nur eine Frage möchte ich an Dich richten. Bertha hatte den Blick auf seinem Gesichte ruhen lassen, und ihr Auge war zu scharf, um nicht erkennen, daß er heftig erregt war. Was wünschest Du zu wissen? fragte fie, indem sie zu ihrem Sessel am Fenster zurückschritt. Wo hast Du den Schmuck, den ich Dir geschenkt habe, als wir uns verlobt hatten? fragte er. Jch möchte ihn ge nau betrachten, weil ich die Absicht habe, einen gleichen zu bestellen . Das Blut war bei diesen Wortens aus Bertha’s Wangen gewichen. Sie! wollte Börner unbefangen anblickeu allein sie war nicht im Stande, es zu Woher wußte er, dasz sie ihrem Bru:" der den Schmuck als Pfund gegeben habe? ; Diese Frage suchte sie sich zu beant worten,ehe sie auf seine Frageertviderte Alle Kräfte nahni sie zusammen. ; Wozu willst Du einen gleichen Schmuck fbestellenP warf sie mit erzwuagenem FLkicheln ein. s Last dass meine Sorge sein und ant ztoorte tnir, sagte Borner ernst. Jch mischte den Schmuck sehen. Ich habe ihn nicht zur Hand. Wo ist er? Jch habe ihn zinn Goldschmidt ge s sandt, weil das Schloß verletzt war. Zu welchem Goldschiniech Blirner, ich begreife Dein fragen nicht. Bitte, sage mir, zu welchem Gold: fchitiied?. Jch weißes nicht. Mein Bruder hat die Besorgnng übernommen. Dein Bruder, warf Börner mit spöt tischeni Lächeln ein. Er ist sehr-. gefällig gegen Dich geworden-ich habe diese Eigenschaft an ihm nie zuvor bemerkt. Und wann wirst Du den Schmuck zu rückerhalten? sFortsetzung folgt.) Um eines Kasse-s willen. Wegen eines verweigerten Flusses hat ein junger Mann versucht, sich das Le ben zu nehmen. Vor Kurzem betrat ein ueunzehujähriger Jüngling die Konzertsale von Wilhelm Wendel, ge nannt der »dicke Wilheltn«, Elsässer straße No. 532, in Berlin und traktirte die dort servirenden Kellnerinnen in freigebiger Weise· Unter diesen befand sich einSchivesternpaar, welches den jun gen Mann aus anderen Wirthschaften kannte und wußte, daß er mit dem Gelde ini wahren Sinne des Wortes umherzu itverfeu pflegt und daher allgemein für reich galt. Seine Zeche betrug nur sie iben Mark. Während der lKneiperei verlangte der jui ge Mann oon einer ihm bis dahin unbekannten Hebe einen. siiis;, erhielt aber daraus die Antwort: »Sie find mit zu iiiigetoascheii.« Bei; diesen Worten sprang er auf und entsJ fernte sich mit den Worten: »Na, Siej toerden ja die Folgen sehen.« Er begab» sich nach dem innerhalb deg- Lokales ge-’ legenen Abort, und es krachte alsbald »ein Schuß. Als man in voller Bestiir-» izung hinzueilte. fand man den jungen Wianii in sitzender Stellung init einer iSchußiounde in der rechten Kopfseite suuterhalb der Schlafe vor. Man sbrachte ihn in die titiiche, wo er flehent lich bat, ihm ärztliche Hülfe zu rnseu; er habe »sich iibereilt« und entflamme Ieiner begiiterten Berliner Familie-; ztoei "seiner Brüder hatten sich gleichfalls er schofseu. Hierbei nannte er fich Her niaiiii Voller-t, wollte Kaufmann sein und iJieinstergerftrasze 28 bei seiner Mutter wohnen. Ein alsbald herbei gerufener Arzt sorgte fiir einen Noth verband, ioorauf der angebliche Vollert tchiverderlth durch einen Schiitzinann mittelst Droschke der Charite zi kefiihrt wurde. Die Angaben iiber Herioaunen und Wohnung haben sich nicht bestätigt; auch ist es bisher nicht gelungen, den richtigen Namen und die eigentliche Wohnung zu ermitteln, so daß der junge Mensch vorläufig für die Behörde aliz oddachlos gelten muß. Merktviirdig ist es, daß der jugendliche Schwärmer aus Wuth über den versagten Kuß den Jn lialt seiner Geldtasche in den Abort ge worfen haben wollte. Dies scheint auch zu stimmen; denn neben dem Berletzten lag ein offenes Poetemonaie, welches nur einen Postschein über abgesandte 15 Mark und zwei Scheine über eingeschrie bene Briefe enthielt. Hierdurch dürften die Nachforschungen nach dem Neunter ises Unbekannte-i erleichtert werden. f Der ,,seoeu«retter« des saec Ouexsndek II. Aus Petersburg kommt die Nachricht, daß Ossip Jmanowitsch Kommissarow, der angebliche Lebensretter Alexanders ll., gestorben ist. Der angebliche-— denn es ist langst erwiesen,.daß er durch aus nichts gethan hat, das Leben des Zaren zu schützen-Mit dem armen Teufel von Mützenmacher hat man sei ner Zeit einen fürchterlichen, echt missi scheu Schwindel getrieben. Die Sache verhält sich folgendermaßen Der At tentäter Karakosow hatte, als er den Fehlschuß aus deu Zaren abgegeben, die Pistole fortgeworsen. Unter den Er sten, die aus den Knall herbeieilten, be fand sich auch ein höherer Offizier. Dieser sah in der Nähe det Stelle, von der aus der Mörder geschossen hatte, einen Menschen liegen, der anscheinend betäubt war. Der Ossizier reimte sich nun in der Aufregung, übrigens wohl im guten Glauben, zusammen, der Mensch sei dem Mörder in die Arme gesallen und von diesem zu Boden ge schlagen. Jn Wahrheit war Komms sarow—so hieß der etwa sünsundzwan zigjährige Mann-vor Schreck umg sunlen. Er erholte sich schnell wieder und stellte ihn der Menge als den Le bensretter des Zaren vor. Jm Triumph wurde er durch die Straßen geführt und es begann ein Humbug, wie ihn Peterburg nicht zum zweiten Male gesehen hat. Kommissarow, üb rigens ein ehrlicher Bursche, der willen los in die Rolle htneingedräugt wurde, die man ihn spielen ließ, war der Held des Tages. Wo er sich blicken ließ, wurde er mit brausendem Jubel em pfangen, im Theater erhob sich bei sei nem Erscheinen das gesammte Publi kum und stimmte die Nationalhymne an, die Offizierkorps gaben ihm Feste, bei den höchsten Würdenträgern des Staa tes wurde er als Ehrengast zur Tafel geladen, nian schenkte ihm Pferde und Wagen und überschüttete ihn förmlich mit Brillanten s--kurznm, man ließ sei nen ganzen Patriotismus an ihm aus«-. Es soll der damalige Chef der dritten Abtheilung der übrigens auch den Namen des Mörders entdeckte, ge wesen sein, der dem Zaren rieth, die Illusion nicht zu stören, da diese Stim mung in der Gesellschaft unter den herr schendeu Verhältnissen sehr viel werth sei. Der;,ar sah das ein und konnte nun natürlich nicht umhin, seinem »Le bensretter« seine Dankbarkeit zu be toeiien, trotzdem gerade er der klassische Zeuge dafiir war, daß Kommissarow gar nicht ,,gerettet« hatte. Der Mütz enmacher wurde in den Adelstand er hoben und zum Husarenoffizier ernannt, überhauptan jede Weise ausgezeichnet. »Man gab ihm auch eine Art Hofvseistet lzur Seite, der ihm mit mehr oder min der großem Erfolg bessere Manieren beizubringen versuchte und bei Einla dungen seinen Durst überwachte. Kom niissarow’s Vater, der wegen Diebstahls nach Sibirien verschickt war, wurde be gnadigt und zuriickgeholt. Aber der alte Schuft war geriebener als sein Sprößling, und begann mit der Lebens srettungf fein Ges schäft zu machen. Er sspielte sich als intimen Rathgeber des Zaren auf, versprach Stellen uud mach te schließlich den Behörden solche Schwierigkeiten, daß man ihm irgend swo ein Haus kaufte und ihn aus der Hauptstadt entfernte. Aber auch der Stern des Lebensretters selbst fing an zusinken. Die Wahrheit blieb nicht verborgen, und man schämte sich des gewaltigen Hunibugs, den man ange stellt hatte. Konimissarow verschwand aus der Gesellschaft. Er soll bei Mos kau ein kleines Gut besessen haben, und jedenfalls ist er in der letzten Zeit nicht wieder zum Vorschein gekommen. Offi ciell gilt er noch heute als der Lebens retter des Zaren. Verhäuguißvolles Mißverständ nis;. Eine liiibsche Anekdote schreibt einem Hiisteuaiisall das schreckliche Blutvergie ßen zu, welches bei Napoleong Ill. Staatssireich zur Erlangung der Kaiser irone stattfand. Der gewissenlose aber erfolgreiche Abenteurer, General und spätere Feldniarschall Saint Arnaud hatte bei jener Gelegenheit die Leitung der niilitärischen Operationen, wollte, aber doch nicht gern allein die Verant wortung oasiir übernehmen, daß die Truppeii aus das Volk seiierten, da ihm der Ausgang des Wagstiickeg zu unsicher erschien. Als-«- der Augenblick der Ent scheidung iialste uud das Volk schon aus die Soldaten eiudraugte, sandten die TruppenbefelslSliaber einen Offizier an den Oberloniniandanteu mit der Frage ab, ob sie aus die Menge seuern oder sich zuriiikziehen sollten. Zinii Unglück quälte sich St. Areiiard gerade niit ei nein heftigen, einige Minuten anhalten den Hustenanfall Als dieser nachließ, stiesi der General keuchend die Worte hervor: »Ma saeree toux!« (Mein verdaniniter Husteiiis Der Ossizier sglaubie ihn verstanden zu haben und Lentfernte sich schweigend aus St. A »naud’sZ Kabinet. Bei den Truppen wi der eingetroffen, wurde er nach deni B scheid des Generalø gefragt. Er sagte: »Die einzigen Worte seines Excellenz lauteten: ,,Massacrez tous l« (Macht sAlle nieder! ) Der Befehl wurde aus e führt und Hunderte von Menschen He s len durch dieses Mißverständnis von den Bajonetten der Soldaten. Gouverne eiir Hang von T e x a i hat sich geweigert, im Falle des Regers Tabe Eook sii interveniren, der we een Ermor dung von Fräulein Ida Be Moor-e in B o st e o p gehängt werden soll