Die Tochter des Landpfarrers. Novelle von clarissa Lohde »Ist-hin besehlen der Herr Gras?« Erich nannte eine Nummer der Thiergartenstraßr. Es war die Woh nung Eva’s. Er hatte nicht beabsichtigt, heute nsch zu ihr zu fahren, aber setzt war es ihm, als könne er nirgends an dere hin,alö zu ihr, nirgend-Z Bei-ges7 sen finden siir das Erlebte,.ale in ihren Armen. Ein Moment war es nur ge sesem aber ein Moment, der sich siir immer mit heißen Schmerz in seine Seele brannte. Dieses holde, junge, leidvolle Antlitz, diese im bittersten Weh behende Stimme, dieser sanfte Schmerz, der keinen Haß, keinen Groll kannte, der ihm verziehen hatte, ihm, dem Verrä ther, der grausam mit dieser treuen Seele gespielt! L, hätte sie gezürnt, hätte sie ihn den ganzen llnwillen über — seine schmähliche Untreue empfinden lassen, das hätte er ertragen, überwin den können, aber so? Er hatte die Empfindung, als könne er mit diesem Gen-tin der Schuld aus der Seele nicht r Leben. Tor Eva’s Wohnung angelangt, gab Erich seinem Kutscher den Befehl zur Rüetfahrt Er wollte zu Fuß heimkeh ren, waren ihm doeh Regen und Wind, wie sie durch die entbliitterten Bäume se- Thiergartens tobten, in seiner Stimmung gerade recht Er siihlte das Bedürfnisz, gegen etwas anzukämpsem um den Sturm in seinem Innern zu be tänben. Oben in der ersten Etage flogen die Thüren ans vor dein schon als zukünfti gen Gehieter Bekannten Der Dieners eilte ihn anzumelden Eva befand sich int Salon, doch war sie nicht allein. Heiter lachende Stimmen tönten zu Erich heraus, die verletzend in sein wundes Gemiith klangen. S i e konnte lachen, während ihm das Herz blutete unter dem bittersten Gefiihl einer Schuld, die er um ilirettvillen ans sich geladen! Eva ruhte, die Fiiszchen gegen das lodernde Kantinieuer gesteutmt, nachliis sig hingegosseu in ihrem Fauteuihsihr zur Seite saß Prittz Eberstetm Erlaus Vetter, und der Bruder Eva’g, der Husarenritttneister v. Binndenstein Beim Eintritt Erichs sprangen die beiden Herren ans, während Eva ihm die seine weiße Hand zum Kusie hin streckte. »Wie lieb, dass Du kommst, Erich. Dein Vetter hatte eben die Gute, im Instrage Deiner Mutter ntir die gedrurf ten Anzeigen unserer Verlobung vorzu legen. —-s Ja, ja,« suchte sie weiter zu scherzen, aber in ihren Augen blitzte et was wie Ungeduld, alg sie in Erichs sinstere Züge sah, ,,nnn ist’s geschehen! —Nieht wahr, diese gedruckten Buchsta den haben etwas BeaugstigendesP Da stehen die Namen: Esta Liebau» Erich Waldsee -- und darüber die Wappen sanft egen einander geneigt, als gehörten sie ür ewig zusammen! Und morgen sliegt diese Karte tausendsaltig in alle Welt und tausendfältige Glückwiiusche lomtnen zurück, und dieses Blättchen ist das erste Glied der Kette, die des Priesters Segen schließen soll !« »Und morgen,« siel Prinz Eberstein Iiit galanter Neigung des Hauptes gegen oie schöne Dame ein, »wird mein Vetter Erich von tausend Stimmen als der be neidenswertheste der Sterblichen geprie sen werden« Warum schnitt Erich die scherzende Art der Unterhaltu.tg, an die er doch so gewöhnt war, heute so verletzend in die Seele? Einen stillen Augenblick im Irin der Liebe, danach hatte es ihn ver langt; was aber sollte er jeyt hier? Ihm war nicht zu Muth darnach, in ba naler Salonnnteihaltung sich zu ergehett,« wie sein Vetter Prinz Alsons, der aus Urlaub hier anwesend war, unt seine genesene Frau nach Paris abzuholen Sobald es anging, brach er daher wieder aus, Geschäfte vorschiihend Und als Prinz Alsotis, der unten seinen Wagen hatte, ihm einen Sip iu detnsel ben anbot, lehnte er auch das entschieden ab. Doch kaum hatte er einige Schritte gethan, so schob sich ein Arm unter den seinen. Es war der Nittnteister v. Brandensteim der Bruder Eva’s2(, der iqu gefolgt war. »Wohin steuern Sie, Waldsee, wenn ich srageu dars?« Erich hatte keiu Zielznm liebsten hätte ersieh von der Gegenwart des ihm, nicht sehr sympathischen Mannes befreit gesehen, aber den Bruder der Frau, de ren Verlobter er war, durse er nicht verlesen ,,Wohiii wollen Sie?« war die ang iseichende Gegenst-ge »Ich? Nach unserem Clnb. Viel leicht begleiten Sie inich. Sie finden ewiß viele Bekannte dort, und da meine echt-ne Schwester bald die Hand aus Sie legen wird, dachte ich, sollten Sie die Stunden der Freiheit noch genießen-« »Gut, ich begleite Sie!« sagte Erich und innerlich fügte er hinzu: ,,Jst’s doch gleich, wohin ich gehe, wenn ich nun den quälenden Gedanken zu entflie hen verniag.« Sie schritten durch das Brandenbur ger Thor, die Linden entlang, dann durch eine Quetstraszr. In ein heller lenchteteö Gebäude trat der Rittmeistek ein. - Trich war demVocanschreitenden halb gedankenlos seso t. Jest erst wurde er sich bewußt, da er in altbelannten Räumen sieh bewege. Hier hatte er in siilrisender Jugendlnst init den Kante-« enden manche Nacht net-jubelt, iiianch desSpieles geopfert. Wie der Rittmeister voraus gesa t, zsaud Erich hier eine Unzahl vou Lie "kannten, die ihn sreudig begrüßten. Doch hörte er nur mit halbem Ohr ans die an ihn gerichteten Worte; gab nur ; mechanisch Rede und Antwort. Kaum « wußte er, wie er dahin gekommen, aber Fplöhlich sah er sich im Spielzimmer vor idem grünen Tisch, aus dem wie vor i Jahren der Tempel ausgelegt war, und sdas Gold hin und her rollte. I »Wollen Sie auch Ihr Glück beim .Jeu versuchen?« fragte ein junger ) i pka MW D« EIN-W i Attache, der sich ihm angeschlossen hatte. i »Warum nicht ?« entgegnete Erieh ileichthin und wars einige Goldstücke aus ! eine Karte. ; »Nun, Sie ibnnen’s wagen. Aber »ich prophezeihe, Sie werden verlieren. YEinem glücklich Liebenden pflegen die sKarten nicht günstig zu sein-« — s Der Prophet hatte indessen falsch vor sauvgesagh die Karte gewann. ,,Versluchtes Spiel!« hörte er setzt in warnendem Tone neben sich rufen. »Lassen Sie ab davon, Würden Sie ha ben heute einen schlechten Tag« Bei Nennung dieses Namens ··suhr· Erich wie von einem Skorpion gestochen herum. Aber auch der Ungerusene, der eben einen bedeutenden Verlust er ilitten hatte, wandte ihm ein von der ILeidenschait des Spiele Aerzerrtes An tliy zu· l »Sie hier und am Spieltisch?« rief Erich, und der Gedanke stieg in ihm aus: hier kannst Du vielleicht in Etwas gut machen, was Du an der Schwester verbrochen hast, indem Du den Bruder reitest. Und leise setzte er hinzu: »Ge denlen Zie Ihre-Z Elsreiilvortesz.« Wie ein hainischer Blitz schoß es aus den Augen des Lieutenants aus den Muhmen »Wie darf Graf Erich Waldsee, der eben den schmählichsten Wntbruch be gangen, an dac- Halten eines Ehrenwor teei erinnern ?« zischte er in verbissenem Groll. Erich tvechselte die Farbe. Zorn und Mitleid zugleich erfüllten ihn. »So erhalten Sie Ihrer Schwester gerade jetzt dsn Bruder, dessen sie mehr bedarf als je!« sliisterte er, iichzur Ruhe zwingend. Ein höhnisches Auslachen tvar die Ant ioort. Die Uiustel)enden wurden aus tnerlsam. ,,·3chweigen Sie,« fuhr Fritz wild anf, »ntit einem Ehrlosen habe ich nichts zu verhandeln-« »Das Unglück bringt Sie außer sich, Vorder-, was. thun "Zie?·« rannte dein Aufgeregten erschreckt sein Kamerad inUJ Lhr. »Was ich thisn mußt« war die tro tzig hervorgestosiene Antwort »Ich ziehe eitten Wortdriichigen zur Rechen schaftl« Erich hatte sich versärbt, aber doch int selben Augenblick, als die furchtbare Beleidigung ihm in’s Gesicht geschleudert wurde, auch seine volle Haltung wieder gewonnen. »Genug!« sagte er kalt. »Es braucht der vielenIWorte nicht, Lieutenant Kör ber. Jch stehe zu ihren Diensten.« Damit verließ er den Saal. In ei nein Nebenzimmer zog er den Attache, der mit ihm das Spielzimmer verlassen hatte, an’s Fenster. »Es ist eine Sache, die unt bestimm ter Rücksichten willen geheim gehalten werden muß,« sagte er leise. »Wollen Sie mein Sekundant sein ?« »Gein,« entgegnete der Attache und» drückte Erich die Hand. I »Wann darf ich Sie morgen ertvar s ten «-« »Jn der Mittagsstunde, wenn ed Ihnen passend ist : Der Kamerad Körper s hatte inzwi ( schen mit diesem eine ähnliche Unterre s dung geführt. »Es tvar Tollheit von Ihnen, Körber, Sie ruiniren Jhre Carriere,« sagte er dann achselzuclend »Das weiß ich! Aber in meinem Le ben heißt es jetzt: »Va banque«. Besser eine fremde Kugel trifft mich, als die ans eigener Pistole E« Körper, was haben Sie?« rief ders Andere erschreckt »Sie provoeirten die-s s sec Duell, unt-« « i »Um einer guten Sache willen,« siels Frih dem Freunde rasch in die Rede. s »Das Blut, dao morgen vergossen wird, s soll meine und seine Ehre rein waschen. » Gras Waldsee kann ntir dafür danken !« » »Das begreife, wer will !« rief derl Ossizier. Fritz antwortete nicht, sondern schritt gesenkten Hauptes aus der Thür skebntegstapitel j Es waren wilde Träume, aus denen der junge Mann mit den von heftigeni Leidenschaften durchwiiblten Zügen amj Morgen emporfuhr nnd in den grauen Herbsttagftarrtr. Jetzt erst kam ihm die volle Erinnerung des gestern Gesche 7 benen, und wie ein eisiger Schauer rie selte ed durch seine Glieder. War es die Ahnung des nahenden Todes, die ihn so erkaltend umfing? Dach nein. Warumi sollte er gerade das Opfer werden, was rtmt nicht der Schuldige, der Verräther ? « Vor seinem Geiste erhob sich das bleiche-s entstellte Antli der holden Schwester, wie er sie gestern gesehen. Ihr nnd feist eigener Rächer wollte er werden. Ja, auch fein eigener Rächer! Denn war diefer treulose Graf nicht auch an seinem Ruin schuld, hatte er dnrchsein Verlöbnis init der Schwester nicht hoff-« nungen in ilnn erregt, die sich nun als trügerisch erwiesen? Und er hatte ge wagt, sihn an sein Ehrenwort zu erin nern, er ! Rein, nnd wenn Grete ihm laufend Mal versah, wie fie gestern zu ihm gejagt hatte, er ver-gab dem Ber räther nimmer, der erkennen follte, daß auch ein bürgerliches Mädchen fei nen Rächer fände für solchen Treue brnchl Am Nachmittag trieb es ihn doch noch einmal zu der Schwester. Als er ihr gegenüber faß, fiel es doch wieder belleinncend auf ihn, daß er ihr von feinem furchtbaren Vorhaben nichts fagen durfte-. ; »Ich glaubte Dich längst heinige-i kehrt,« sagte sie, nnd dabei blickten dief klaren blauen Augen ihn aus dem bleisf then Gesichte mit fo angstvoller Frage( an. »Mein Urlaub dauert bis morgen Abend,« war die unsicher gegebene Ant wort. »Glaubte ich doch, Deine Ver lobung mitfeiern zu sollen. Statt des sen findet heute ein andere-s Verlobungss fest im Palaig Waldsee statt.« »Heute schon?« bebte es von des Mädchens Lippen. Noch mit tieferer Blässe bedeckten sich ihre Wangen, und ihre Stimme klang ganz tonlos als sie bittend sagte: »Sprich nicht von ihm, znenne diesen Namen nicht mehr, ich kann -——kann ihn nicht hören. « E Er stand auf. Diesen stillen Gram anzusehen fühlte er nicht stark genug »Du solltest fort, nach Kattwitz zurück kehren « »Das will ich auch —- morgen! Die Baronin wird mich begleiten.« »Warum nicht gleich heute, Grete? Jch bitte Dich, fahre heute noch an. Der Zug geht elf Uhr Abends, morgen in aller Frühe kannst Du schon daheim bei den Verwandten sein. « Er ergriff ihre Hand und sprach so weich und eindringlich, wie sie ihn noch nie hatte sprechen horen Mit weit sich öffnenden erschrockenen Augen blickte sie ihn an. »Frit,i, Fritz!« stieß sie heftig hervor, »Du verbirgst mir etwas! O, Bruder, thue nichts gegen meinen Willen. Nur dieses eine Mal nimm Rücksicht auf mich, auf mein Empfinden.« Er hatte die Mütze schon in der Hand und antwortete nicht. ,,Fritz,« fuhr sie in immer steigender IErregung fort, gehe nicht so von mir, sticht ohne mir zu sagen - — « Er liesz sie nicht aussprechen, sondern wandte sich hastig um: »Woin das Gerede, ich thue, was ich thun muß! « Ein Schrei drängte sich über ihre Lip pen: »Das hieße mir den Todesstosz geben« Bruder. Die Kugel, die ihn tödtete, träfe auch Deine Schwester« Er hörte nicht mehr. Schon hatte er die Thüre hinter sich zugeschlageu und stiirnite die Treppe hinunter, Margare the aber sank ohnmiichtig zu Boden. So fand sie die Jungfer der Baronin und brachte sie ins Bett. Als diese aber von ihrer Aue-fahrt zurückkehrte, stand bereits der Arzt an der Fiebernden La ger. — Jn derselben Nacht fand im Waldsee’: schen Palais Erichs Verlobung statt. Seit lange hatte das alte Haus keine so großartige Feier gesehen. Prachtvolle Uniformen, Dianianten und Ordeng sterne flimmerten in den glänzend er leuchte-ten Sälen. Strahlend schön, wie eine Königin, schritt Eva an der Seite ihres Verlobten an den sie begliicktvün schenden Reihen der Gäste dahin. Sein Auge hing an ihr mit der ganzen Gluth heißer Leidenschaft »Welch’ eine Liebe,« fliisterte matt sich zu, »selten in unserer materiellen Zeit!« Ja, toelch’ eine Liebe! Sturm war es, der.dtrch seine Adern brauste. Er hörte nichte, sah nichts-, als sie. Und dennoch- dennoch warnnt starrte sein Auge zuweilen so gedaukenverloren in’c. Leere, warum erbebte er, wenn sie ihn dann durch ein Wort, eine Frage aues seinem Sinnen schreckte? Und als er nach dem Fortgang der Gaste allein mit ihr durch den Wintergarten wandelte, warntnutnschlang er sie da plötzlich, als tvolle er sie nimmer nnd nimmer lassen, ntn sie gleich darauf mit ruhigem Ceremoi niel zum Wagen zu geleiten ? »Aus tnorgen,« rief sie ihm noch aus« ihrer llmhiillnng von Schwan und Atlas-, die ihr wunderhiibsch stand, mit zartli chem Lächeln zu. »Wenn es ein Morgen noch für mich giebt!« uiurmelte er, in’g.L)au-Z zurück-— tehrend. Den Fimunierdiener, der sei ner itn Ankleidezimmer harrte, schickte er sort, unt sich au feinen Schreibtisch zu setzen. Flber dass nor ihm liegende Blatt blieb lange leer. Endlich setzte er die Feder an. Doch wunderbar! Das letzte Abschiede-won, das er im Angesichte des Todes niederschrieb, war weder an die Mutter, noch an die Braut gerichtet, sondern an die Eine, die er verrathen, und es enthielt ein letztes Le bewohl, eine letzte Bitte utn Verzeihung für das Leid, das et dem edelsten und besten Herzen, dem er aus Erden begeg net war, bereitet hatte. « Schon während des Schreibens hatte sich die furchtbare Aufregung seines Jn neru gelegt, ietzt faltete er den Brief zu sammen, schrieb die Adresse und schob ihn in ein Couvert. »Nur zu öffnen itn Falle meines To dest« setzte er darauf. « Nun stand er auf, wars sich halb aus getleidet auf das Bett und schlief Er konnte schlafen. Wa« ihm doch, als hätte ee eine Beichte abgelegt, und der Allerbarmer hätte ihm vergeben Elftes Kapitel. « Gräfin Waldsee erhob sich am andern Morgen später wie gewöhnlich Sie hatte eine schlechte Nacht gehabt, die, Aufregungender letzten Tage, die ihres zarte Natur start angegriffen, machten« sich ihr jetzt durch große Abspannung fühlbar Jn ihrem Bedürfnis nach völliger Ruhe ließ sie sich am Frühstücks tisch entschuldigen nnd befahl den Thee aus ihr Zimmer Zu ihrer Verwunde rung meldete der Diener, der ihr dass Verlangte servirte, daß Seine Durch laucht der Fürst, der schon einmal ange fragt, ob er die Gräfin sprechen könne, jetzt wiederum um die Erlaubniß bitte, vorgelassen zu werden. Die Gräsin, die sich eben in ihren weichen Pelzrock gehüllt nnd am Kanun es sich bequem gemacht hatte, gab befremdet nnd ein wenig erschreckt die erbetene Erlaubniß. Der Fürst, obwohl etwas beunrnhigt aussehend, zeigte doch keineswegs die Miene eines Unglückeboten Dennoch zitterte die Hand der Gräsin die sich ihm entgegenstreckte »Du brauchst Dich durchaus nicht so sehr aufzuregen, liebe Milli,« sagte er, einen Stuhl an ihre Seite rückend, »aber ich hielt es doch für meine Pflicht, Dir mitzntheilem daß mir Erich s Kam merdiener sagte, derselbe sei schon sehr früh am Morgen in Begleitung eines fremden He rru fortgefahren, nnd zwar in einem Miethswagen Auch wollte er bemerkt haben. daß Erich seinen Pistolentasten unter dem Mantel getra gen.« Die Gräfin stieß einen leisen Schrei aus-. ,,Also ein Duell?« Der Fürst wollte eben eine bestätigende Antwort geben, als es leise an die Thüre; klopfte und der Rammerdiener Erich’si mit bleichem Antlitz in derselben sichtbar wurde »Um Gottes Barmherzigkeit willen, was ist geschehen ?« fuhr ietzt die Gräsin von ihrem Sessel empor »Das werde ich gleich ersahren,« ent gegnete der Fürst gemessen und bedeutete dem Diener, zurückzutretea ,,Nur Ruhe, Milli,« wandte er sich noch ein mal an diese zurück, ,,Erich wird eine Wunde erhalten haben, daraus mußtest Du doch vorbereitet sein. Jch bitte Dich, keine aufregende Steue, die ihm nur Schaden bringen tönnte.« Aber die Gräfin kannte in solchen Mo menten keine Mäßiguug, hatte sie doch ihr uugebtindigtes Temperament aus den Sohn vererbt. »Jetzt hältst Du mich nicht mehr zu rück, Anton,« rief sie wie außer sich, »ich muß ihn sehen, muß -«-« »Du wirst ihn sehen, wenn es Zeit ist,« entgegnete der Fiibst schnell und mit einer Entschiedenheit sie zu ihrem Sessel zuriicltiihrend. der sie. sich nun doch fügen mußte. »Was auch gesche hen sein mag, Du darfst nicht vergessen, daß Tu die Gräfin.Waldsee, die Tochter des Fürsten Ebersteiu bist. Gedulde Dich nur einen Moment, und Du sollst Alles erfahren Ich werde dafür sor gen, daß Du Deinem Herzen volles Ge nüge thun darist.« Damit eilte er aus dein Zimmer. Die Grafin rang in furchtbarer Angst die Hände-. »Wenn er todt ware,« stöhnte sie, »und ich, ich wäre die Ursache seines Todest« Der Fürst hielt sein Versprechen, wenige Minuten darauf stand er wieder nor seiner Schwester. »Du brauchst noch nicht die Hoffnung in verlieren, Milli,« sagte er, und seine Stimme klang so weich, daß der Gräfin Verz noch banger zu klopfen begann ,,Erich ist verwundet, schwer verwundet, wie es scheint aber er lebt ——-« Sie schlang in ausbrechendem Schiner-te die Arme um seinen Hals. ,,Anton, er niusz mir erhalten bleiben. Mit ihin verlore ich ja Alles, Alles, was mich an das Leben noch fesselt. So grausam darf das Geschick nicht mit mir oerfahrent« « »Gegen dag Schicksal können wir uns nicht auslehnen, arme Milli,« beugte sich der Fürst liebevoll zu ihr nieder. »Ma che Dich gefaßt auf das Schlimmste, aber hoffe das Beste.« »Und iiini,« sagte sie, sich die Thra nen ans den Augen trocknend, »nun lasse iiiich zu ihin.« »Wenn Tu stark genug bist, ihn zu sehen, Milli Der Schuß ging ihm diiich die Kinnlade, er ist ohne Besin niiiig.« Die Gräfin iiihlte ihre Zahne vor Angst auf einander schlagen, aber sie nahm all ihre straft ziisaiiinien. »Ich werde start sein, fiihre mich.« Man hatte niittlerweile den Verwun deten auf sein Bett gelegt, der Arzt, der ihn zu Wagen begleitete, ioar noch nin ihn beschäftigt Er erwartete den berühmten Chir:ingeii, nach welchem sofort gesandt worden war. Ter Fiirst drückte seiner Schwester er iiiuthigend die Hand. Als- sie aber nun aii das Lager trat und in das ganz ver schwollene und einstellte Antlitz des ge stern noch so lebensvoll vor ihr stehen den Sohneei blickte, da übermannte es sie doch, und sie wäre ohnniächtig hinge sunlen, ivenn der Bruder sie nicht mit starkem Arm gehalten hätte. Als sie wieder zu sich lam, fand. sie sich im Arbeitszinuner Erichks aus deui Sopha liegen, die Thüre zu dem Schuhma che war geschlossen, aber sie hörte durch dieselbe ein« leises Reden und Flü stern. »Ist Dir wieder besser, liebe· Tan te?« fragte eine freundliche Stimme ne ben ihr. v Die Gräsin blickte in Erna’s theilneh mend über sie gebeugtes Antlitz »O mein Gottt« rief sie, angstvoll auf Itate- Thüre deutend. »Was geht dort vor« « »Der Professor ist getommen,« ent gegnete Erna, beruhigend ie Hang der Gräfin streicht-lud »Gewi wird er gute Nachricht geben. « · Die Gräfin schaudertr. ’ »Seht Anblick war furchtbar,« klagte .sie. O, mein Erich, mein Liebling, soll ich Dich denn dahingehen, mein einziges, imein thenerstes Gnt?« I «Rege Dich nicht so anf, liebe Tante, « ;tröst·e«t2 Erna. »Du darfst nicht verza ! gen, so lange er athniet. « , , »Wo«ist Eva?««« fragte die Gräsin ssich besinnend, ,,ist sie benachrichtigt ! ioordeii?« i »Der Prinz ist zu ihr hin. Gewiß iwird sie bald hier sein.« f J tzt thaten sich die Thüren von fErichs Zimmer auf und die beiden Aerzte vom Fürsten gefolgt, traten ein. Die Gräfin hatte sich erhoben, sie ging, auf Erna gestützt, ihnen entgegen. »Was habe ich zu hoffen ?« fragte sie bebend. »Daß der Herr Gras genese,« ent gegnete der Professor mit einiger Zu rückhaltung »Wir werden Alles thun, sein Leben zu erhalten. Ob es uns ge lingt, das müssen wir der Zukunft über lassen.« Mit den Aerzten fast zugleich war Eva eingetreten. Sie sah sehr bleich aus-, aber folgte doch der Gräsin trotz ihrer Abneigung gegen Kranke und Lei dende in das Krankenzimmer Mit ei nein leisen Aufschrei aber fuhr sie zurück, als sie in des Verwundeten entstelltes Antlitz schaute. ,,Furchtbar!« stieß sie hervor, und heimlich fragte sie fich: »Wenn er so bliebe?« Eine seltsame, sie selbst über raschendc Kälte durchrieselte sie dabei, und doch mußte sie sich sagen, daß Erich um ihretwillen das Alles erlitt, denn schon war zu ihren Ohren gedrungen, daß Margarethe’s Bruder dieses für Erich von io schrecklichen Folgen beglei tete Duell rrooocirt habe. So bald als möglich zog iie sich wieder zuriick. Zum ersten Male ver mifite die Gräfin an ihrer Schwieger tochter die erwünschte Wärme der Ein f psindnng. «E.va mag traute Menschen nicht lei den,« erklärte ihr die kleine Prinzessin nicht ohne Bitterkeit, »das habe ich ja auch schon enipsunden.« »Freilich, Du tlagtest oft darüber, Erna Doch warst Du ihr damals fast noch eine Fremde Aber am Leidens-la ger deiZ geliebteu Manne-J pflegt das Herzdes Weibes doch sonst Alles zu iiberwinden.« , »Ja, wenn das Weib eiii Herz hat,« wollte Erna erwidern. Aber sie schwieg.l Mochte sie doch das so schon tief erschüt terte Geiniith der ilagenden Mutter nicht noch mehr iiiedcrdriickeii iFortsetzung folgt ) Eine Anbweisung nach russischcr Art. Dem ,,Hatnbnrger Corresp.« wird ge schrieben: Tie Ausweisnng Cl)adour ne-3, ans Sofia gibt Veranlassung« eine bisher unbekannt gebliebene ähnliche Affaire an«s Licht zu ziehen. Es war zur Zeit, als ain Hofe Alexander’s ll. der frühere Gouverneur Cur-tin Gesand ter der Vereinigten Staaten von Nord amerika war. Da kam zu ihm der fo eben in St. Petersbnrg eingetroffene Korrespondent eines großen amerikani schen Blattes und ersuchte den Vertreter seines sLandes, ihn dem Zaren vorzu stellen Der Gesandte entgegnete, daß dies nicht anginge, dennoch würde er den Kaiser sehen können, wenn dieser in den Morgenstunden seine gewöhnliche Spa zierfahrt mache. So befanden sichdenn Tags darauf die beiden Herren an dem verabredeten Punkte, wo der kaiserliche Schlitten vorbeipassiren mußte Dieser kam, schon vorher neigte der Zar höf lichfein Haupt Cnrtin verbengte sich tief niit gezogenetn Hufe, doch sein Landsmann blieb steif und bedeckte-n Hauptes stehen« ,,Weshalb haben Sie den Hut nicht abgenommen ?« fragte ihn der Gesandte. »Weil ich mich nicht ver pflichtet fiihle,nieinen Hut vor Jeman deiu zu ziehen, den ich nicht lenne«, ent gegnete der Journalist. Tags daraus erhielt Herr Curtin einen höflichen Brief vont Fürsten Gortschakow, in welchem der Gesandte gebeten wurde, sich in dao Ministerium des Aeuszeren zu begeben. »Herr Curtin«, begann der Finst, ,,eg wurde bemerkt, daß der Herr-, welcher mit Jhnen war, als- der Zaar an Ihnen vorbeifuhr.sich nicht ent blöszte. EZ war dies wohl zweifellos aus Zerstreuung geschehen ?« Der Ver treter der Union, zu stolz und zu ehrlich, zu beschwichtigen nnd zu beschonigeu, ers widerte: »Durchlaucht! Der Herr hat den Hut aufbehalten, weil er es so wolltet« 24 Stunden später erhielt der Auterilaner eine amtliche russisch ver faßte Zuschrist inlt der er zu seinem Ge sandten eilte, ucu sich dieselbe übersetzen zu lassen. »Mein Freund-, sagte Cur tin, »e«Z wird Ihnen hierin einfach niit getheilt, das; Sie die «Erlaubuisz« ha ben, Russland binnen wenigen Stunden zu verlassen und ich kann Ihnen nichts Bessers empfehlen, als sofort abzurei seu!« »Ich? Niuuneruiehr?« rief der Journalist ans. »Ich bin ein freier amerikanischer Bürger nnd werde blei ben, so lange es tnirgefiillt!« Aber am nämlichen Nachmittag erschien vor sei-« nein Hause ein von Gendarmen Glor tirter Schlitten, die Polizeisoldaten pack ten den Imerikauer sammt seinem Ge päck mit Gewalt in das Gefährt und vorwärts gings dein Bahnhos zu, wo andere Gendarmen die Weitererpeditign nach der Grenze besorgten JnFranklin, Pa» wurde H. H. Wirkung-, ein wohlhabender Farmer, Politiker und Kircheudiacor, wegen Ein bruchs und Brandstixtnng zu süns Jah ren Zuchthans veriir neilt. Er ist schon 88 Jahre alt ' Pein Uccel- imd Ihrs-etw- « d Nimm auf 100 Pfund Fleisch 7 Pfund Salz, ein Viertelpsund Salpeter, lein Viertelpsund Zucker-, 50 Pfund Was i ier und loche diese Mischung, bis sie im siedenden Zustande ein Ei trägt; diese Brühe muß vor dem Gebrauch vollstän dig erkalten. Das zum Einpökeln be nutzte Faß muß dicht am Boden mit einem Holzzapsen versehen sein, damit die Laie rein abgelassen werden kann; zu diesem Zwecke giebt man dem Faß I einen erhöhten Standpunkt Sobald eine iLage Fleisch gelegt und mit Salz be streut ist, übergießt man sie mit der Lake und fährt so fort bis zur letzten Lage, über welcher die Lake ungefähr zwei Zoll hoch stehen soll. Ein aufgelegtes beschwertes Brett verhindert ein Erhe ben des Fleisches; die einzelnen Stücke müssen dicht an einander liegen, und jede kleine Lueke muß gut ausgefüllt werden. Nach einigen Tagen zapst man die ganze Lake ab und kocht sie nochmals, läßt sie erkalten und gießt sie wieder über das Fleisch; während des Rochens muß fleißig abgeschäumtwer den, weil alle Unreinlichkeiten nach oben kommen. DasxKochen sollte Abends geschehen, damit die in der Nacht erkal tete Lake am nächsten Morgen wieder zurückgegossen werden kann. Wenn dies einige Male wiederholt wird, kann es sehr zu besserer Haltbarkeit des Fleisches beitragen. Es bleiben in der Salzlale liegen: große Schinken 3 bis 4 Wochen, dicker Speck 2 bis 3 Wochen, anderes Fleisch und Rippen 1 bis 2 Wochen. Bei milder Witterung mag diese Zeit noch etwas abgelürzt werden. Sobald das Fleisch aus dem Pölel genommen wird, muß es, um abzutrocknen, einen Tag an einem lustigen, srostsreien Orte aufgehängt werden, ehe es geräuchert wird. Für das Aufhüngen des Fleisches bedient man sich am besten des glatten Zaundrahtes, aus welchem man selbst Haken von beliebiger Größe in Form eines hergestellt Es ist eine Hauptsache, daß das hängende Fleisch sich nirgendwo berührt und der zum Räuchern benutzte Ort sowohl trocken als lustig ist. Das dazu verwendete Holz muß trocken und harzsrei sein und eignet sich Hickory be sonders gut dazu. Auch sind Wachhol derbeeren und Zweige sehr zu empfehlen, weil durch Verbrennung derselben in dem Ranchhause dem Fleische ein ange nehmer Geschmack beigebracht wird. Ferner darf das Feuer nicht zu weit vom Fleische brennen, weil der eine gu te, gründliche Räucherung bewirkende Rauch warm sein muß. Doch wiederum darf auch das Fleisch nie braten, son dern mus; die Raucherung eine zeitwei lige Unterbrechng erleiden, damit es erkaltet, ehe von Neuem begonnen wird. An windigen Tagen unterblehbt das Ränchern besser gänzlich. Jst die Au ssenseite des Fleisches durch wiederholtes Rauchern trocken, so mag der Rauche rung Genüge geschehen sein, doch ist an zurathen, noch einige Male mit größe ren Unterbrechungen nachzuränchern. Wenn warme Witterung nnd Jnsekten es nicht verbieten, so ist es rathsam, das fertig geräucherte Fleisch noch eine Weile hängen zu lassen. Dann nehme man dasselbe ab und verwahre es, gehörig mit Salz durchschichtet, in Kisten oder Fässern; das Salz kann später für’s Vieh Verwendet werden. Wildreichthum— Böhmens. Nach der soeben von der böhmischen Statthalterei ausgegebenen statistischen Nachweisnng sind im Jahre 1890 in den Jagdrevieren der 89 Vezirkshauptmanm schasten Böhniens 1,241,912 Stück Wild erlegt worden, und zwar: 2348 Stück Edelwild, 1758 Stück Damwild, 11, 018 Rehe, 57 8Wildschweine,521,559 Hasen, 27,656 Raninchen, 1093 Aner l)iihner, 5097 Birkhühner, 689 Hasel hiihner, 52,184 Fasanen, 528,117 Reb hühner,10280Wachteln, 3622 Wald schnepse,n 1428 Beeassinen '359 Wild giinse nnd NOT-»Du Wildenten. An Ranlnvild wurden erbentet: 2423 Füch se, 2481 Marder, 153,91'1 Jltisse, 291 Fischottern, 208 Dachse, 7711hns und 4l.57:3 diverse Raubvögel. Wenn man die Miniinal Durchschnittspreise siir die angegebenen Wildgnttnngen undMengen einsetzt, so repräsentirt der einzelne Jah reszabschlnsz einen Gesannntwerth von 1,2:s«,:3«ll Gulden. Eine verheerende Feuersbrunst mitthe te vor einigen Tagen zu A.iiillersville, Jll. Das- Fener enstand in dem Heu schnppen desz W. W. Denton. Derselbe sowie ein atigreii,3eiider neuer Elevator wurden gänzlich zerstört. Desgleichen verbrannten Sinn- anhel Weizen, 8000 anlnsl Korn nnd 400 Tonnen Hen. Der angerichtete Schaden belaust sich aus Ihm inni, während die Versicherung nur in ,()»() betrug. Ein im Heeresdienste stehender Fuhr knecht Jack Dalton wurde an der mexi ianischen Grenze von ausriihrerischen Apaches skalpirt nnd als todt liegen ge lassen; er erwachte jedoch zum Leben wieder nnd snchte in der nächsten An siedelnng Zuflucht. Die Aerzte wollen jetzt daran gehen, ihin mittels Ausle gung von frischer Hundshaut einen nen n Schopf zu beschaffen. Bei Cl in t on, in Indiana fiel neulich ein Regen von Würmern, welcher eineuFlächenrainn von süanuadratinei len bedeckte. Viele der Insekten waren lebendig; sie sind neun Zell lang, dun kelbrann, mit weichen Haaren bedeckt nnd haben sechs Füße, welche ziemlich vorn angebracht sind. Unter dem Ver gleöszernngsglas e zeigte ein solcher Wurm s ndgein welche denen einer Fliege ähnlich m