DieTochter I des I Landpfarrers.I Novelle von Clarissa Lohde. ,,Endlich, endlich hab’ ich Dich wie-i der,« ries sie leidenschaftlich, und Erich fühlte mit Rührung, wie ihre Thränen sein Antlitz, das er zu ihr nieder-gebeugt hatte, beseuchteten. Der Fürst, der nichts mehr scheute, als eine solche öffentliche Familienscene, drängte zum Einsteigen in den bereit stehenden Wagen. Schon war Alfons mit seiner Gemahlin und Eva aus ein heimlich geslüsterteg Wort derselben vorausgesahren, der Fürst mit seiner Schwester und Erich nahmen den zweiten Wagen ein. Mit dem stillen Glücksgefühh wieder im gesesselten Heim zu sein, stieg Erich an der Seite der Mutter die wohlbe kannte Treppe zum Landhause empor. Da ertönte das Vorspiel zu einem Liede aus den geöffneten Fenstern des Saales, und eine schöne, kraftvolle Altstimme erhob sich, bei deren Klang ihnt das Blut in den Adern stockte. Wie ver zaubert blieb er stehen. Träumte er oder war ed Wahrheit, keine Täuschung der Sinne, was er vernahm ? Seiner selbst nicht mächtig, vorwärts stiirmend, riß er die Thüre zum Saale aus; bleich und sassungslos stand er neben der Sängerin. »Grttfin Eva, Sie hier?« Sie schlug eben den letzten Akkord an und stand ihm nun gegenüber. Jhre Augen suchten mit einein verhängnißvol len Glanze die seinen. »Es war der Wunsch Ihrer Mutter, daß ich Sie mit Jhrem Lieblingsliede in der Heiinath begrüßen iollte.« Sein Lieblingelied, ja! Wie oft hatte er voll Wonne und Schmerz zugleich die sem Liede getauscht, und doch, was hatte es ihn gekostet, sich los-zureißen von der wilden Leidenschaft, mit der es ihn zu der Verlobten eines- anderen Mannes gezogen. Ein Verzweifelter war er fortgegangen und nun----nnn sich die Wunde geschlossen, neues Leben in ihm aufzubliihen angefangen, nun stand sie ihm gegenüber im Hause seiner Mutter, schöner als je, frei, und ihr Blick sagte ihm: »Du darfst nur wollen, und ich bin Dein !« Er aber durfte das Glück, dae er einst so heiß begehrt, nicht erfassen, siir ihn durfte diese herrlichste der Blumen, de ren Tust ihn einst berauscht hatte, nicht mehr blühen. Ter Griisin seiner Takt riß ihn aus dein Sturm seiner Gefühle, gab ihm die Haltung wieder. »Jhreu Ariu, Gras Erich«, sagte sie, »Jhre Mutter wird uns erwarten« Damit schritt sie mit dein noch immer in traumhafte-r Verwirrung neben ihr Hingeheuden der Veranda zu, too dies alte Griisin mit zärtlicher Bewunderung« im Blick das schöne, und, wie sie nun meinte, siir immer vereinte Paar be grüßte Erich saß an der schönen liikiisin Zei te; vor ihm plätscherte die Fontiine, drüben iiber dem Niedernuild stieg der Mond langsam empor. Tags Ltionnege fühl, in der Heimalln im it reife gelieb ter und vertraute-r Menschen zu fein, durchgitterte den ans der Fremde heim gekehrte-n Sohn. Was Winden daß er sich ganz der Freude des Wiederseheiis3, hingab, daß dasJ Bild des holden Mad chene, dem er Herz nnd Hand verspro-v chen, siir den Augenblick wenigsten-s in den Hintergrund trat Dieser Abend sei der Erinnerung ge weiht, gestand er sich zu, und sein Blick versenkte sich immer mit neuem Entzii cken in die wunderbare Schönheit seiner Nachbarin »Morgen tritt die Gegenwart in ihr Recht, morgen soll meine Mutter Alles erfahren i« Aber der Morgen kam, und Erich fand dennoch nicht den Muth zu sprechen, wie Pflicht utid Gewissen es ihm gebo ten. Nicht daß er wirklich seiner Liebe gegen Märgarethe untreu geworden mä re, ihr holdes Bild nicht Stand gehalten hätte gegen die Zaubermacht einer Eva, nein, tausend Rücksichten legten ihm seht gerade noch Schweigen auf, da er nach kurzer Beobachtung der Verhältnisse er kannte, wie seine Mittheilung von dem mit Margarethe iiorber geschlossenen Lerlöbnisz sofort allen Frieden aus dem Kreise der Seinen verscheuchen, wie er einen lieben Traum seiner Mutter zer stören und ein sernereg Zusammensein der bisher so freundlich vereinten Gäste unmöglich machen miisitr. So faßte er denn den Entschluß, erst dann zu reden, wenn er mit der Mutter allein sein wiiri de, und beruhigte so sein doch zuweilen ihm Vorwürfe iiber sein Schweigen ma chendee Gewissen. Ein bewegte-s Leben herrschte von nun an auf dem Landhause. Man fuhr zu Wagen und zu Wasser, man ritt und machte Fußtouren durch die schöne Uiuge bung Biiigens, Erich im heitersten, bald völlig unbefangen gewordenen Verkehr mit Eva« Da plößlich machte die Erkrankung der jungen Prinzessin Ertra, der Ge mahlin des Prinzen Unions-, fiir einige Zeit dem frohen Treiben ein Ende. Zartl und schwächlirl), hatte sie sich aus einer Kahnfadrt erlältet und sich ein heftiges Fieber zugezogen. Zwar niar bald Ge nesmig eingetreten, aber der Arzt ein pfahl öußerfte Schonung, ja er meinte einen Lustwechsei empfehlen zu music-in welcher der Gråfin den liebgewordeneui Aufenthalt früher als es ihr Wunsch var, zu zerstören drohte. Die arme Prinzessin war außer sich darüber-. »Er-geben Sie sich in das Unabänder-i « - liche, liebe Erna,« redete ihr die Gräsin mütterlich zu, die Prinzessin schüttelte aber traurig den Kopf. Sie ruhte auf einer Veranda in einer Chaiselongue, und ihr Auge folgte den im Garten aus und ab wandelnden Gestalten Erich’g und Eva’s. »Jene werden mir zürnen,« sagte sie, aus die Wandelnden deutend, »heißt doch unsere Abreise von hier, liebe Taute, Trennung für sie.« »Das fürchte ich nicht,« entgegnete die Gräfin, »ich denke, Erich und Gräfin Eva sollen uns nach Berlin, wo wir den September und Oktober so wie so verle ben wollten, begleiten, und zwar als verlobtes Paar.« Die Prinzessin seufzte. »Wissen Sie, liebe Tante, daß ich hier aus meinem Leidenslager Manches beobachtet habe, was mir Sorge macht, um Erichs willen Sorge macht. Grä fin Eva ist bezaubernd schön, aber mir kommt vor, als fehle ihr doch das Beste: ein warmes, offenes, sich hingebendes Der Gräfin Miene verfinsterte sich. « »Das spricht die Krankheit aus Jhi nen, Eva, Sie sehen schwarz. Unddann, in der That, Gräfin Eva war während der Krankheit nicht gerade liebenswür dig gegen Sie.« »O, nicht uin meinetwillen,« wehrte die Prinzessin ab. »Wie könnte ich Aus merksanikeiten von ihr verlangen, da sie nur für Erich Augen und Ohren hat, nur fiir ihn zu Leben scheint -—-- ich sage Herz.« l mit Absicht scheint; denn ich fürchte, daß Vieles, sehr Viele-Z Schein an ihr ist-« Die Gräsin, der die Richtung des Ge sprächs nicht angenehm war, brach es ab. Sie blickte den von der Sonne uni strahlten stattlichen Gestalten im Garten nach, die jetzt den seitwärts zur Höhe hinan führenden Weg einschlugen, und Alles in ihr sträubte sich gegen die Au nahme der Prinzeisim dasz ihr Sohn an der Seite dieser schönen Frau nicht glück-v lich werden sollte. Während dessen hatten die beiden Be sprochenen die mit einem Aussichtgtem: pel hinter dem Hause getrönte Höhe er stiegen. Der Weg, ein schmaler Schlan genpfad, war ziemlich schweigsam zurück gelegt worden· Oben angelangt, wars Eva sichwie erschöpft in einen der um den runden Tisch sich reihendenGartenstiihle Sie nahm den Hut ab, und ein seitwärts in den kleinen Tempel dringender Son nenstrahl streifte ihr Haar und wob eine goldene Krone um ihr schönes Haupt. Die Wangen ein wenig erröthet, die großen Augen wie im geheimen Sehnen voll feuchten Glanzes in dieduftige Ferne gerichtet, sah sie wunderbar schön aug. Erich empfand das und es kosteteihmi einige Mühe, sich von dem iesseluden Anblick loezureiszem iuu an die Balustrass de tretend seine Augen von dein schönen Menschenbilde auf die Landschast zuI lenken, die in herbstlicher Pracht, dass dunkle Grün des Niederwaldeiz driibens schon hier und da von rötlilich gelbenis Laubholz unterbrocheu, in der dieserl Jahreszeit eigenthiimlictieu Klarheit deri Luft vor ihm ausbreiten-. Er befaudz sich in einer wundersaiuen, jedoch durch ; aus nicht gliictlichen Stimmung Wenn! je, so machte sich hier die Faustnatur,3 von der der verstorbene Pastor störber t warnend zu Margarethe gesprochen, ins ihm geltend, denn die zwei Seelen in. seiner Brust befanden sich gerade seht ini einein qualeuden Stampr l i Er war sich des Gegensatzes der beiden Frauennaturem die sich ihm liebend »in neigten, wohl bewußt. silarer als ehe dein erkannte er in der Grafin die ver s wöhme Weltdanie, die nicht-J sah als sich selber, die in naivein Egoissinusz Alle-Hi sür sich in Anspruch nahm, und allein( an das eigene Behagen dachte. Wie an ders Magarethe, die zarte, hingebende, opserbereite Seele, das edle, nur siir und in Anderen lebende Herz! Und dennoch, diese schöne Welidaine mit den Mißver langenden Angen, mit der Rücksichtslo sigkeit gegen Alle-J, was nicht sie selbst und ihre Liebe betras, bot dein Manne, dein sie ihrLeben weihte, Seligkeiten, die Margarethe, das bescheidene Psarrereit kind, nimmer bieten konnte. Nicht aio ob Erich sich das so llar gestanden hätte, aber er hatte Momente, wie auch jetzt, wo die alte Leidenschaft fiir die schöne Frau aufs Neue in ihm aufwallte, wo er sich der ganzen Macht ihrer Persön lichkeit bewußt wurde, dee prictelnden Reises ihrer anniuthigen, bezaubernden Koketterie, der er schon einmal erlegen, und unbewußt sast stieg dann der Seuf zer in ihin aus: »Warum begegnete ich ihr zu spät?« Doch so rasch wie dieser Seufzer emporgestiegen, so rasch war ers auch wieder entschwunden, und Erich biiszte jedesmal durch einen doppelt zärtlich hingebenden Brief an Marga rethe die momentane Untreue seines Her zeug. s Als er sich wieder Eva zuwandte-J sah er, dasz diese ihr Stizzenbnch vor-’ genonnnen hatte und eifrig darin zeich nete. »Bleibt-n Sie in Jhrck Stellung« Gras,« kies sie ihm zu· »Ich möchte Jhre Gestalt gern in das Erinnerung« blatt, dao ich Von meinem Lieblingszplahel hier aufnehme, mit hinein zeichnen. Sie standen gerade ini Prosil gegeni mich, wie ich Sie am liebsten sehe. . . .« »Der ganze Mensch diirste Ihnen anch weniger sein-Linn Geäsin, wenn Sie ihn Ihrer näheren Betrachtung würdigte-n !« entgegnete cr, den scherzhastcn Ton anschlagend, in dein sieh ihre Uner haltnng meistentheilg zu bewegen pflegte. l »Nun, iehdächte,« entgegnete sie ani blickend nnd ihn Init einein der wäkinsten Blickeihrer schönen Augen umfassend, »wir hätten während der Wochen nn« seres susammenseins Zeit genug znl gegenseitiger näherer Betrachtung ge habt. « ,,Einer so nahen, daß jede Unterhal tung fast mit einer unlök slichanissonanz schloß « »Die doch vielleicht in Harmonie sich auflösen könnte, wenn wir uns die Mühe· dazu nähmen,« sagte sie, sich wieder über ihr Blatt beugend. ,,Scheint es mir doch,l als wären wir im Grunde recht gleich geartete Naturen.« »Sie meinen ?« »Naturen,« fuhr sie fort, »die das Glück suchen und es doch nimmer finden Feil sie eigentlich nicht glückesfähi , ind« I Erich stutzte; wie richtig sie sich und ihn beurtheilte! »Sie leugnen ja überhaupt die Mög lichkeit des Glückes auf Erden, Gräfin,« warf er ein. s ,,Eines dauernden Glückes freilich, sürf Menschen wenigstens, die etwas über der Alltäglichkeit stehen und nicht zu den sogenannten tugendhasten Seelen gehö ren, die sich in den Mantel ihrer eige nen Vortrefflichkeit hülleud, an ihrem Bewußtsein volles Genüge finden. Um solch’ ein durch Selbstgeißelung mühsam erlauftes Glück aber beneide ich Nie tnand.« »Wen hatte die Gräfin Liebau zu beneiden-— -jung, reich, frei?« Er war nttn doch herangetreten und beugte sich zu ihr aus den Tisch. Sie hob den Kopf, utn ihren Mund zuckte es« bitter. »Sie vergessen, welchen Preis ich aueh dafür zahlen mußte « »Ja, ich weiß,« sagte er leise und voll Theilnahme, »die Welt hat auch Sie nicht geschont.« »Die Welt? O, was ist tnir die Welt, Graf Erich,« stieß sie hervor, nnd Feder und Skizzenbuch mit einer heftigen Be-» wegung sortschiebettd, sprang sie nun auch empor und trat an seine Seitei »Man hat mich verlenmdet, ja, aber der; Verleumdung vermochte ich zu spotten,s so grausam es auch war, mir Schuld ans dem Verhängniß beizumessen, das mei nes Mannes Brutalität herbeiges ührti hatte. Konnte ich mich doch damit trö sten, daß dies das Letzte war, was die-i ser Mann mir anzuthun vermochte. Aber be reifen, ahnen Sie auch nur, was ich in dieser Ehe gelitten, an der Seite eines Mannes, den ich nicht liebte, nicht lieben konnte, während mein Herz doch in heißem Verlangen nach dem brannte, was des Weibes Leben schmiickt?« Er nahm tröstend ihre Hand in die seine, ihre Blicke begegneten sich, wie Feuer strömte es durch seine Adern. »O Eva, was tuachen Sie aus mir? Tie ganze Vergangenheit wacht wieder ani, mein Gluti, mein Elend! Ach nnd wie heiß dabei ich Sie geliebt! Oft in der Raserei meiner Leidenschaft dachte ich daran, mich zu Ihren Hüften zu töd ten, nur uttt einen uVliek der Liebe, der Theilnahtne Ihren Augen zu entldcken Sie aber waren so stolz, so unnahbar« Zie nahmen meine Liebe an, ohne sie zni erwidern Ich weiß, Sie durften eisj iicht Aber dann hätten Sie sich auch versagen sollen, lHerzen an sich zu ziehen i Ja, manchmal stuiter ist in mir der me danke aufgestiegen » ein böser Ge,dante ich gestehe es Sie hätten ein grausames Vergnügen doran gesunden, da Sie selbst unglücklich waren, auch lingliickliche tun sich zu schaffen - « »Die sich doch Alle sehr bald zu trösten tvuszten,« fiel sie herbe ein. »Nein, Eva, Sie irren. Ich wenig stens habe den Schmerz dieser ersten Enttiiuichung nimmer verbunden. Das ganze Leben kam tnir fortan hohl, werthlos vor, tntd ich nahm nicht An standes zu vergeuden wie ein Verschwen der, der nicht ruht, bis er den letzten Heller ausgegeben hat« »Und daran trage ich allein die Schuld R« warf Eva nicht ohne Spott ein. »Glauben Sie, daß ein Tugend held in Jhnen steckte, den nur die Be gegnttng mit mir zu früh ertödtete?« »Ein Tugendheld, nein, « entgegnete er ernst, »aber doch eine für das Gute beantragte Jüttgliugsnatur!« »Die sehr böse geworden ist, nicht waler fragte sie, wie es so itt ihrem Wesen lag, von tiefstetn Ernst plötzlich zum Scherze iibergehend. »Ich fürchte es fast,« antwortete er, und Margarethe’s Bild stieg vor ihm anf, das in dem Sturm der von der Er inneruug geweckten Gefühle fast verblichen war. «So mag es Sie trösten, Sie reniger Ziinder,« scherzte sie, »daß ich meines theiliJ ein wenig Bosheit viel lieber habe als allzu groschiite, und daszich glaube-, bei der höchsten Erdentoonne miisie auch stets ein gut Theil Stindhaftes dabei sein; denn die Tugend -leider muß ich es gestehen- erscheint mir als eine herz« lich langweilige Dame, der man auis Anstand seinen Respect erweist, von der jedoch zehn Schritte entfernt man sich am ivohlsten siihlt.« »Sie llebermnth!« rief er und preßte ihre zierlichen Finger, die es- noch im mer umschloß. »Wohin verlocken Sie mich ?« Näher zog er die Hand an sich, fast unbewußt schlang er seinen Arm mn sie, ihr Kopf lehnte an seiner Brust, nnd sei ne Lippen preßten sich heiß aus ihr schim merndes Haar. »Eva, nnr einmal an meinem Her zent Fiik so viel Qualen, die ich um Dich gelitten, nur einen Augenblick der Seligkeit.« »Und wer verweigert sie Dir, Erich ?« sliisterte ihre Stimme ihm mit lockendetn anbertlage in’-s Ohr. »Deine Eva ist tzt stei, und nichts hindert sie mehr, Dir zagt-hören sür alle Zeit.« Da drang es wie ein dumpfes Stöh nen aus seiner Brust, und sich hastig vonl ihr los-machend kam es in wilder An klage über seine Lippen: ( «Verachte mich, Eva! Ich bin eint Elender, der nicht das Recht mehr hat, von Liebe zu Dir zu sprechen « Sie trat zurück, Todesblasse bedecktes ihre Wangen »Wie, Graf Waldsee,« sagte sie mit stolz zurückgeworsenem Haupte und zit terndeu Lippen, »Sie wagten——« Unwille nnd Zorn erstickten die Worte in ihrem Munde »Verzeihung, Eva!« rief er außer: sich »Wenden Sie sich nicht so von mir i Das Gefühl deg Augenblicks riß michs hin, die Vergangenheit wurde mir zur Gegenwart Sie werden Alles ve ste stehen, wenn ich Jhnen sage, daß mein Wort einer Anderen gehört, daß ich mich. verlobte, ehe ich noch ahnte, Gräfin Eva Liebau könne je für mich erreichbar wer den, verlobt mit einem edlen, giitigen, reinen Wesen, das der schweren Aufgabe sich unterziehen will, den mit sich selbst zerfallenen ruhelosen Sünder zu ihrer Reinheit und Tugend emporzuheben; an dein ich den schwärzesten Verrath bei gehen würde, einen Verrath, der um Rache zum Himmel schrie, wenn ich solch’ hingebende-s Herz zu täuschen vermöchte. Eva, ich darf fnicht, und wenn ich se elbst wollte, ich kann nicht treulos seins denn die Neigung fiir das holde Mädchen, gleicht dem Bergsee, so tief, so klar, so sicher ruht sie im Schutze meiner Brust. Die Leidenschaft aber zu Dir, Eva, ist wie das vom Sturme gepeiischte Meer. Wonne wars-, sich in die tosende Fluth zu stürzen, aber anch Vernichtung. Denn nimmer käme ich wieder zum Licht hin auf; eJ wäre, wie Du sagtest, das HHöch ste irdischer Seligkeit, aber auch das Verganglichste « i Ein turzesz Lachen war die Antwort »Hören Sie auf, Gras, nicht weiter in diesen Phantasienl Jch weiß genug. Dehnen wir diese Scene nicht länger aug, als nothwendig, sonst könnte sie leicht lächerlich werden « Der kalte Hohn in ihren Worten täuschte ihn nicht, es war der Schmerz der verschmähten Liebe, die aus ihr sprach, und tiefes Mitgesühl für die so tief Gekrantte ließ ihn dag Verletzende in ihren Aeußernngen überhören. »Nicht so, Eval« bat er ,,Haben wir deshalb ein Leben voll schwerer Er- i sahrungen hinter uns, um vom Augen blick der Erregnng uns sortreißen zu lassen? Das Schicksal führte uns zuss sammen, zu spät zwar, um uns in Liebes anzugehören, aber doch vielleicht nichts zu spät, um aus dem Ziindstofs dieser Liebe die lichte Flamme der Freundschaft’ entwickeln zu können Lassen Sie michs nicht ohne diese Hoffnung scheiden ich flehe Sie an. « Eva hatte sich abgewandt, auf ihrem! Antlitz wechselte jäh die Farbe ihres Hände zupsten krampshaft an den seinen: Spitzen ihre-J Kleides-. Aber sie hatte nicht umsonst in einer friedlosen Ehe ihre leidenschaftlichen Affelte zu beherrschen« gelernt. Und dann: noih war sie durch-H ansZ nicht entschlossen, die Partie, die soi nahe am Gewinne gewesen, schon völligs verloren zu geben, sa, ihr ganzer Stolss banmte sich gegen solche Niederlage ans.I Zo suchte sie denn ihr empörtes Gefühl zu besanstigen, nnd nach kurzem stampfe» reichte sie dem noch immer mit sleheudem l Auge aus sie Schanenden halb abgewandt l die lHand hin, aus die er stiirmisch seines Lippen preßte. ! »Es sei denn, wir wollen Freunde bleiben-« »Dank, tausend Dank, Eva. Sie sind eine großmiithige Seele. Beim Himmel, das dasz vergesse ich Ihnen ine.« Sechsteg Kapitel Mit stiirmischen Schritten durchmasz Eva am Abend nach diesem Austritt ihr Zimmer. Die höchste Aufregung sprach auiz ihren Mienen, ans jeder ihrer Be wegungen. Es ist wahr, sie hatte gelit ten in ihrer unglücklichen Ein-, und viel-« leicht an eines anderen, besseren Mannes Seite wäre auch sie eine andere geworden vielleicht! Aber sie hatte Entschädi gungsiir diese-Z Leiden gesucht und ge sunden in den Freuden einer glänzenden 63eselligkeit, in der Befriedigung ihrer Eitelkeit, die zahllose Triuiupse gefeiert. Jeht zum ersten Male erlitt diese Eitel keit einen Ston, uud der schmerzte tiefer, als selbst das herbe, oft von ihr beklag te LooS an der Seite eines ungeliebten Mannes. Es gab also ein Weib, das ihr vorge zogen wurde. Sie, die gefeierle Griifin Liebeam hatte sich herabgelassen, einem Manne ihre Liebe fast entgegenzutragen, und er verschmahte dieselbe! Sie eine Besiegte?- Nimmermehrl Jetzt setzte sie einen doppelten Werth daraus, Gräs siu Waldsee zu werden, was ja auch noch viele andere Erwägungen ihr wünschens toerth machten· Nicht um des Reich thningt willen, dessen der letzte Sprosse der Waldsee sich erfreute, aber weil der allgemein geachtete Name dieser Familie gerade am besten geeignet war, die wi derwärtigen Stimmen. die sie als lalt herzige silotette anzuklagen wagten, zum Schweigen zu bringen. Stand sie both durchaus nicht so vollkommen rein und unschuldig der Verleumduug gegenüber, wie es ihre Freunde glauben machen wollten, ja, zuweilen erhob sieh wie ein dunkler Schatten selbst vor ihrem leicht sbeweglichen Sinn die Gestalt des oerun gliickten Jünglinge, der sie so heiß wie Erich einst geliebt, und in ihr Ohr tönte die furchtbare Drohung wieder-, die er in einem Moment der aus’d Höchste ge . reizten Leidenschaft aus-gestoßen, ihren Besitz sich erringen zu wollen, und ginge; sder Weg tiber die Leiche ihres lslattenp den et hasse, weil er als Scheidewand» zwisckkn Es und seinen Mäuschen stän-’ » « « "; HEL de. Für eine jener Redensarten hatte sie diese Drohung genommen-wie sie der gleichen schon oft aus dem Munde der von ihr Entflaimnten gehört, eine Re densart, über die sie mit Achselzucken hinweggehen durfte. Dann aber war der Tag gekommen, an dem ihr Mann und der junge Ofsizier als Leichen vom Grunde des See’s emporgezogen wurden. Ein Entsetzen hatte sie ergriffen, bestem mend, grauenvoll: War das die Aus führung jener Drohung, und Wahrheit die anklagende Stimme der Menge, wel che die Todten als Opfer eines unheim lichen Kampfes bezeichnete? Auch jetzt wieder stand Eva mit weit geöffneten Augen am Fenster und starrte regungslos hinaus in die wallenden Ne bel über dem Flusse. Stieg nicht das Haupt des Geopferten mit dem Ausdruck wilden Triumphes in den fahlen Zügen ans dem sarblosen Gran hervor? — »Jetzt bin ich gerächt !« schien es ihr zu znrufen. »Auch Du, Hochmüthige, hast erfahren, was es heißt, verschmäht, ge deniiithigt zu werden!« — Aber nein, war sie denn wirklich gedemüthigt, hatte er nicht um ihre Freundschaft ge fleht, der Stolze? O, wenn sie nur wüßte, wer die Riihne war, die mit ihr in Wettstreit zu treten gewagt? Sie wollte ihr den Sieg abringen um jeden Preis! So vor sich hingriibelnd durchzuckte es sie plötzlich wie ein blendender Licht strahl. Sie eilte zum Schreibtisch und durchslog mit den Augen den heute erst empfangenen Brief von der Consine v. Friesen. »Diese is ’s,« sagte sie ohne Besinnen, »das reizende Psarrerskind, von dem die gute Wilhelmine aus jeder Seitelobprei send spricht, um derentwillen Erich nach Buckow gegangen ist « Nun aber war ihr Entschluß gefaßt. Ost schon hatte die Consine sie nach Kan witz eingeladen, jetzt wollte sie diese Einladung annehmen, wollte mit eigenen Augen schauen. Erst dann konnte sie handeln. Gräsin Waldsee war sehr unangenehm überrascht, als ihr Eva am andern Morgen ihre so plötzlich beschlossene Ab reise ankündigte- Auch Erich war be trossen und sein Auge ruhte mit einem eigenen Ausdruck von Schmerz und Theil nahme auf ihr. »Gräfin,« sagte er, als sie einen Au genblick unbeachtet waren, »wir sehen uns doch wieder in Berlin, wie Sie ver sprachen ?« Sie versuchte zu lächeln. »Es wird wohl nicht anders gehen; wir werden uns in der Gesellschaft be gegnen niiissen.« »Sie sind grausam, Gräfinl Darf ich auch nicht wissen, wohin Sie jetzt ge heu?« »Warum nicht«-« entgegnete sie kurz. »Ich gehe nach sinttwitz zu meiner Cou sine Wilhelmine.« Er wechselte die Farbe. »Den-thin. . . . ?« »Sie waren ja vor Kurzem in der Nä he dort,wie mir meine Cousine schrieb,« sagte sie leichthin. »Haben Sie etwas zu bestellen?« Er hatte einen Moment in Nachdenken dagestanden. ,,Nein,« sagte er dann, »ich danke Jhnen.« Sie wars ilnn unter ihren Wimpern einen priifenden Blick zu. Er machte sie also doch nicht zur Ver-trauten seiner Liebe, er fürchtete sich vor ihr. »Und Sie, Graf, begleiten Sie Jhre Mut er und die Prinzessin nach Ber lin «« »Ich folge später. Fiir’s Erste habe ich vor, eine Rundreise ans meinen Gü tern zu initernelniien, die ich seit meiner Rückkehr noch nicht besuchte.« »Sie wollen sich wohl das geeignetste aussuchen, wo sie sich häuslich nieder lassen mögen ?« »Vielleicht!« entgegnete er, und eine Vlutwelle schoß ihm in die Stirn. Siebentes Kapitel. ,,Sagt’ ichs nicht inimer?« rief der Pastor Frobinins und warf ärgerlich den eben durchgelesenen Brief aus den Tisch, dasz seine Frau erschreckt von ihrer Näh-· arbeit aussah. »Der Junge wird nie: inals vernünftig, und ich sehe schon den Anfang vorn Ende iin Geiste vor mir. Nun begreise ich wohl, daß unserem gu ten Körber das Herz gebrochen ist über solchen Sohn!« Die beiden Eheleute saßen allein nach dem eben eingenoinnienen Nachmittags-— kassee in der Glasberanda des Pfarrhau ses zu Kantine-« währdnd Gretchen im Schulzinnner die Arbeiten der älteren Kinder des Pfarrers beanssichtigte. »Um Gott, lieber Frobiniu·3,« suchte die Nastorin den silufgeregten zu beruhi gen, »was steht denn wieder in dein un seligen Briese ?« »Nun, was sonst, als Schuldsorder nngen nnd die Drohung, die Sache beiin RegiinentSkonnnandeur anzuzeigeu ! Eine Marterbank ist’s, auf die der Leichtsuß uiich legt, die ich nicht länger zu ertra gen verniag.« Die Pastorin seufzte. »Wenn Gretchen erst verheirathet ist, wird Gras Waldersee die Last Dir tragen helfen, wie ich hoffe.« »Ja, wenn Graf Waldersee sie hei rathetl« »Du zweifelst noch innner an ihm ?« »Mehr wie je. Aber ich habe es vor ncsgeseheu; weiszt Du, welch’ ein Be such heute aus dem Schlosse eingetrossen ist ?« »Ja, die Consine der Baronin, die Gräsin Lieban!« (Fortsetznng solgt.) Fred Jenks in Ra eine stürzte in einen Elevatorschast hinab und brach beide Arme. H Jl. Disku. «aM. - »Hut Die armen Retchenl Die ,,oberen Zehntausendk' in Eng land, d. h. diejenige Klasse, welche über eine jährliche Rente von mindestens Nimm gebietet, haben gleichwo l manche Unbill zu erdulden, die lediglich aus ihrer Stellung als »reiche Leute« hervorgeht Wer als ,,Gentleman« gel ten ivill, muß sich von Jedem seiner Un tergebenen in einer Weise »schnüren« lassen, die fast in keinenk Lande der Welt gewagt werden dürfte. Jn jedem sei ner Paläste muß er 20 bis 30 dienstbare Geister halten, deren Jeder sich meist selbst wieder bedienen läßt! Unglaub liches Geld verschlingen jährlich die »ide alen Posten-« So werden nämlich die auf Conti gefetzten Summen für Artikel genannt, die nie geliefert wurden, deren Betrag jedoch vom Lieferanten und dem »Fußniann« (Kammerdiener) des edlen Lord gewissenhaft getheilt wird Nach forschungen, was in irgend einer Rech nung »ideal« oder »real« sei, darf ein Gendleman niemals machen; das wäre höchst gemein. Auch darf er nie selbst etwas bestellen oder mit dem ,,trades people« (Handelsvolk) in eigener Per son verkehren. Bei allen diesen der »Noblefse« gebrachten Opfern, die wohl auch anderwärts, aber doch nirgends in so großem Maßstabe vorkommen, ist es nicht zu verwundern, daß sich manche - Leute, nur inn den Nimbus des Reich thnmsz so lange als möglich zu bewah ren, finanziell vollständig zu Grunde richten Jm weißen Haufe. Ein Washingtoner Blatt bringt sol gende Zusafmmenstellung d."r jährlichen Ausgabens ür den Haushalt des Präsi denten, welche von der Bundesregierung bestritten werden müssen: Gehalt des Präsidenten850,000. Pri vatsekretär des Präsidenten 85000. 7 andere Clerks 83300 Kammerdiener 81800. Haushofmeister 81800. 1 Por tier B1800. Vier Hilssportiers 84800. Ein Nachtwächter 8900. Ein Jngenieur für die Dampsheizung 81000. Für lan sende Ausgaben 89000 Für Jnstand haltung des weißen Hauses nebst Ein richtung 8:35,000. Für Heizungsmates rial 83000 Für Parl, Gärten und Treibhäuser gehörend zum weißen Hau se Month Für Druck von Speisekarten, Einladungen, Visitenkartem Tanzpro grammen u. s. w· Ils300(). Für Be leuchtung des weißen Hauses 81400. Für Kutscher, Ställe, zwei Pferde und Equipagen P53000. Für neun Em pfänge und drei Diners je 81000, 812, 0()U. Das macht inklusive des Gehaltes von 850, 000 etwas über 817 2, 000 für den Haushalt des Präsidenten Dabei ist zu bemerken, daß der Präsident die Musik bei Bälleu, DinerJ und Empfängennicht zu bezahlen hat. Ein »Revcrend« als Kirchenräus bet. Jn Jersey City, N. J., wurde Rev. Joh. Weih, aliaI Friedr Schneider, der Ausfuhrung von sechs Kirchen- Diebstah len schuldig befunden. Noch 29 ähnliche Anklaqu schweben gegen ihn. Letzte Woche soliie er im siebenten Falle pro cessirt werden. Als der Richter dem Deliquenten sein Verbrechen, die Be raubung von 35 Kirchen, vorhielt und JSchneider frug, was er zu seiner Ver Itheidigung anführen könne, begannen idesseu Augen zu leuchten, und halb ver sriickt sagte er zum Richter: »Ich habe Hei )(),(uu), und Sie können das Geld Ihabeii Jesus Christus-, unser Herr, hat mir gesagt, das; wir alle die Sachen ? (die gestohlenen Kirchensachen weinend) swieder zurückerhalten werden. Und dann bauen wir eine Kirche, und Jesus Christus selbst wird den Grundstein legen.« Der Richter, auf die eigenthüm liche Delusion Schueider’6 eingehend, frug diesen, wo er diese 8150,(u)() habe, worauf Schneider mit pathetischer Geste entgegnete, dasz Jesus- Christus ihm nicht erlaube, dies zu offenbaren. Der Richter ist der Ansicht, daß Weih, alias Schneider, an religiösetn Wahnsinn leidet und in diesem zum Kirchenschän der wurde, einzig und allein von der fier Jdec geleitet, daß Christus ihn zu seinem Werkzeug auserkoren habe. Er Jordnete daher die Untersuchung des HMannes durch den CountyArzt au, und Jvon dem Resultat dieser Untersuchung wird es abhängen, ob Schneider in’5 IZuchthaus oder in’s Jrrenhaus wan dern wird. Eine Gesellschaft von 22 Personen in S t. L o u i s, die in einein Schlitten die Eisembahngeleise lrenzte, verunglück te, indem ein Speeialzng in das Gefährt rannte. 8 der Mitglieder wurden ge tödtet, die iibrigen fast sämmtlich ver wundet. Mehrere der Verletzten wer den jedenfalls sterben. Kiirzlich wurde oberhalb A b se e o n in New Jersey aus den an der Reading Bahn gelegenen Länderein der Frau M. MeGlade in Atlantie City, einer der reichsten Frauen des Lande«-, ein Silber lager entdeckt, dessen Feinsilbergehalt den Abban des Lagers als getoinnbrin gend erscheinen läßt. Jn Folge dessen hat eine zn dein Zwecke gegründete Ge sellschaft mit der» Anlage einer Silber grube begonnen » Jn der Nähe von Chandler, O T» hat man im Walde eine Hütte ent deckt, in welcher sich neben der Thüre eine Fallgxnbe befand. Jn der Grube sand man lenochentheile Man ver muthet, dass viele Reisende, die auf ur erklärliche Weise verschwunden sind, di. ihr Ende gesunden haben. Von det Bewohnern der Hütte hat man lein sSpur. .-L-fh-1ui».s