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About Grand Island Anzeiger. (Grand Island, Nebraska) 1889-1893 | View Entire Issue (Jan. 22, 1892)
Tit Tochter de s Landbfarrch Novelle von Clarissa Lol)de. Margarethe stiesz einen Schrei auss. »Unglückseliger, so bist Du Du es gewesen, der den Vaters-—- « Doch gleich wieder besann sie, faßte sie sich. Warum anfdesz Ahnungslosen Brust diese Last werfen ? »Ich sandte Dir das Geld nicht«, sagte-sie dann traurig. » »Wer aber denn, Grete? Ich begreis.J nicht-« l »Nun, wer anders, als die gnte VaJ ronin, unsere mütterliche Freundin. Gelse morgen zn ihr, siir Teine Rettung ihr zu danken War die Summe groß, die Du gefordert ?« »Zweitansend Marl,« entgegnete er lleinlaut. 4 fMargarethe erschrak, sie wurde ganz blaß. »So hast Du wieder gespielt, Fritz ?« Er antwortete nicht, sondern senkte nufr die Lider. Flehend sah sie zu ihm an . »Um des Andenkens des Vaters wil len, laß ab von der unseligen Leiden schaft-- · »Ich will es versuchen,« entgegnete er mit halbem Unmnth und verließ das Zimmer. Am andern Morgen kehrte er von seinem Gang nachdem Schlosse mit recht vrrgnügterMiene heim. »Grete, wir waren im Jrrthum, die Frau Baronin war nicht die Spenderin des Geldes!« rief er der Schwester schon in der Thüre entgegen. »Und wer denn, Frist-« fragte diese erbleichend. »Einer, der sich sogleich dei Dank selbst von Dir holen wird.« Damit war der Leichtsinnige schon wieder verschwunden, nicht ahnend, wel che schwere Last er mit seiner Eröfsnnng der Schwester aufgebürdet. Mit einem bangen Seufzer sank sie in des Vaters Lehnstuhl am Fenster. Die widerstrei tendsten Gefühle tämpften in ihr, Tant barteit und Groll, das ihr eine Ver pflichtung auferlegt war, die sie nicht gewollt hatte, die ihr gerade von dem Manne, den sie liebte, bitterer war, als von jedem Anderen. Ta öffnete sich die Thüre, und er, dem sie zürnte, und dein ihr Herz doch zitternd eutgegenschlug, stand an ihrer Zeite. »Herr Graf!« bebte sie emporfahrend Er aber trat auf sie zu, preßte ihre Hände stürmifch an seine Brust nnd rief: »Margarethe, die Zeit ist nicht ange than zu langem Lieber-werben Tn bist vater nnd ittiitterlo»":-, stehst allein in der Welt. Jch biete Tir Herz nnd Hand, um Dir Alles, was der Himmel Dir geraubt, durch meine Liebe zu ersehen.« Wie ein Sturm ging eg- durrh deø Mädchen-Z Seele. anfte, konnte iie annehmen, was dieser edle Mann ihr bot? »O, Herr Graf,« kam ers zögernd von ihren Lippen, »mus; ich die Beioiineue sein, Sie daran erinnern, daß Sie sich durch Jhre Verbindung mit einem biir gerlichen Mädchen in 81 onsliktp stiirien, ihr Lpfer bringen niiisiten, die selbst die Liebe nicht annehmen tann, annehmen darf?« »Ja, wenn es Opfer wären, Marga rethe!«warf er leidenschaftlich ein. »Und wenn die gan,e Welt wider ungz wäre, was thäte es, wenn wir einander nur angehören? O, Geliebte, ich flehe Dich an, lasse die Bedenken, folge der Stimme Deines Herzens, Deine-Z liebenden, rei nen Herzens-M Er schlang seinen Arm um sie und zog sie an sich. Wie konnte sie länger wider stehen? « »Und wirst Du nie bereuen, wird Deine Liebe fest und treu bleiben durchs ganze Lebens-« »Durch’s ganze Leben, ich schwitre ee Ditt« Seine Lippen besiegelten mit heiszer Gluth diesen Schwur. Keines von Beiden hatte bemerkt, daß ein neuer Besuch eingetreten war. »Aber Erich——Gretchen!«« tönte Plötz lich eine erschrockene Stimme an der Glücklichen Ohr. Die Baronin, an der Thüre stehend, rang voll stiller Ver zweiflung die Hande. »Um Gottes wil len, Kinder, was .st dae?« Erich hatte sich zuerst gesagt; die schantvollergliihende Geliebte umschlin end, siiisrte er sie niit seiner vornehmen unponirenden Art der Tante zu, nnd entgegnete in einem Tone, der jeden Widerspruch abschneidein sollte: »Was dao ist, fragst Du, liebe Tante ? Die Antwort ist die eieiiachste und natür lichste: Du siehst ein verlobteg Paar. vor Dir, das eben im Begriff war, nach detn Schlosse zu gehen, nin sich Dir dort als solches vorzustellen« eDie Baroisin sand noch immer nicht vie Sprache wieder, ier Auge irrte von! einem der vor ihr Stehenden zum an dera »Und das jetzt?« brachte sie endlich mühsam hervor, »seyt, nachdem kaum erst dass Grab sich über dein lieben alten Pfarrer geschlossen hat«-« «Gerade jetzt, liebe Dante-, da die Waise doppelt deo männlich-n Schnitzel-esl bedars,« entge nete er mit so überlegei nem Ernst, dass die gute Baronifn » sich sofort entwassnet fühlte. Auch Margaretlze neigte sich jetzt bit tend über die Hand der gütigen Frenn din ihres Vaters «Jch liebe ihn,« sagte sie voll Jnnigi feit, «liebe ihn aus tiefstem Herzen und mitganzer Dingelmrcw Aber ich oers spreche Ihnen, Frau Varonin, ebenso groß wie meine Liebe soll auch die Kraft meiner Entsagung sein, sofern die Rück »sicht auf sein Glück dieselbe von mir for dern sollte.« ! »Die Rücksicht auf mein Glück erfor dert, dasz Du mir angehörst für jetzt und alle Zeit,« fiel Erich ihr in’S Wort, und umfing sie von Neuem mit Leidenschaft ——,,Nun aber, Tante Elfriede, laß das Grollen mit Unabänderlichleiten, und reiche uns lieber die Hand, uns zu hel fen und zu stützen gegen alle Widerwär tigkeiten, die unserer Liebe drohen soll ten.« Die gute Baronin schüttelte zwar noch immer den Kopf, aber sie wehrte es nicht, als Erich Margarethe ihr in den Arm legte, und als er mit tiefbewegter Stimme bat: »Sei Du der Verwaisten Mutter, die Mutter meiner Braut!« da nickte sie, und ihre Thränen vereinig ten sich mit deueu Margarethe’s, die einer Ohnmacht nahe an ihrem Halse hing. 4 Drittessaapiter Schon am folgenden Tage ritt Erich nach Kuttin um Pastor Frobinius aufzusuchen und bei dem von dem ver storbenen Vater Margarethe bestimmten Vormund um ihre Hand zu werben. Sein Weg führte ihn dicht an dem Herr schaftshofe vorüber, und so gern er auch unbemerkt vorbeigeritten wäre, so tvollte es doch der Zufall, dasz der ihtn bekannte Besitzer, Kammerherr v. Friesen, den Reiter erblickte, uttd nicht anders wäh nend, als dieser komme ihn zu besuchen, sogleich freudig ihm entgegeneilte. Ehe er sich’s versah, schritt Erich am Arme des Gutsherrn dem Portale des gastli chen Hauses zu. Dieser Aufenthalt war ihm zwar durchaus nicht angenehm, aber er kottttte unmöglich ausweichen, da ihm nicht allein der Kammerherr von seiner Offi zierszeit her, sondern auch dessen Gattin, eine ehemalige Hofdatne der Prinzessin Heinrich, genauer besreundet war Obgleich der Letzteren der Besuch sehr unerwartet kam, und sie ttoch im schlich tem Morgenlleide, den Schliisseltorb am Arm, eben erst die Wirthschaftsräume durchtvandert hatte, empfing sie Kich doch mit der ganzen unbefangenen »i cherheit, die der Verkehr in der großen Welt verleiht, nnd mit ungeschminkter Herzlichkeit. »Wahrhastig!« rief sie heiter, »die Sonne geht iiber unserem armen stillen Rattin aus« da der glauzendste Cana lier unseres Hofe-Z eZ mit seiner Gegen coart beehrt.« »Tempi passati«, gnädigste Frau, ent gegnete Erich, in den leichten Ton der Dame einstitumend. »Ach, wie lange schon ist es mit der Glanzzeit zu Ende! Glücklich, wer wie Sie am hauslichen Heerd die volle Befriedigung gefunden tvie ich zu meiner Freude sehe.« Sie hatte seinen Arm genommen und schritt mit ihm zum Speisezimmey wo der Friihstiictsztisch gedeckt stand. »Sie kommen gerade zu rechter Zeit, lieber Gras, um einen meiß mit uns zu nehmen,« sagte sie, dem Diener durch einen Wink besehlend, ein drittes Cou vert auszulegen »Nun aber erzählen Sie uns, lieber Graf, was Sie die Jah re lang, in denen wir Sietticlj. gesehen, aus Ihren Reisen erlebt haben, und was Sie jetzt herfnhrt.« »Das sind viele Fragen ans einmal, meine gnädige Freundin,« erwiderte Erich heiter. »Ich habe einen Theil der Wflt gesehen, habe ttunst nnd Na tur studirt, und in der Ferne mich be müht, zu vergessen, was die Heimath ntir an Schmerz und Enttäuschnngeni gebracht, was mich· aus ihr hinausge-; trieben hat.« s Frau v. Friesen nickte verständniszvoll.; »Sie finden Vieles hier gewandelt. E Auch hier hat die Zeit Wunden geschla gen und geheilt. Sie wissen doch, daßi meine Consine Eva Wittwe gewordeni ist ?« I Aus Erichs Händen sanken Messer ; und Gabel, er v-.-rfärbte sich leicht. s Dann aber sagte er ntit rasch wiederge wonnener Ruhe «Jch höre das aus Ihrem Munde zutn ersten Male, meine Gnadige. Graf Lieban ist also todt-« »Freilich——und auf welch tragisches Weise aus dent Leben geschieden !« fiel! jetzt Herr v. Friesen ein. »Sie kannten ja Liebaii’s Exeentrtzitäten zur Genüge. Leisten Herbst nun, bei Gelegenheit einers Jagd aus seinen Gütern, hatte er dens Einfall, nach einem luxuriösen Mahles eine Segelsahrt vorzuschlagen, Jch1 selbst zählte zu denen, die entschieden da- ; gegen sprachen, weil die Witterung tattj und der Zustand der Jagdgenossen nichts ganz so war, als zur Führung einein Segelbootes erforderlich ist. Doch wir» wurden überstimntt, und eine Anwle Tollkiihner, unter diesen Lienteant v. Bromih, schlossen sich dem vor Wein ttnd Uebermuth glühenden Hausherrn an. Nun ge.chah, tvas tnan beinahe hätte voraussehen können, das Boot, mit unsicherer Hand geführt, lettterte, drei der Herren retteten sich glücklich durch Schwimmen, Lieban und der Lieus tenant fanden den Tod« »Und denken Sie nnr,« siigte Frau v. Friesen hinzu, »die beiden Leichen fand man eng umschlungen am Boden des See’s. Sie können sich leicht vorstellen, welche Mhthen sieh aus diesem Umstand gebildet haben, da Lientenant v. Bromitz als einer der heissesten Verehrer Evens galt. Man erzählte, ein Kampf zwi schen den beiden Männern habe im Was ser stattgefunden, und im Bemühen, sich gegenseitig htnabzuziehen, seien Beide versunken.«« · . Erich hatte den Bericht kaum noch gehört. Wie ein elektrischer Schlag hatte ihn die Nachricht getroffen, daß die Frau frei sei, die er einst mit grenzen loser Leidenschaft geliebt, um derentwil len er seinen Beruf, feine Heimatl) anf gegeben und Jahre lang in der Fremde umhergeirrt war. Und er erfuhr das gerade in dem Moment, als er sich selbst aufs Neue gebunden, als neue Liebe, neues Leben in sein so lange verödetes Her-, eingezogen war. Seltfaines Ver hängniß! Frau v. Friesen bemerkte die tiefe Bewegung, die ihre Mittheilung ge macht, nicht ohne Genugthuung. Mit feinem Takte lenkte sie jedoch alsbald das Gespräch in andere Bahnen, Inn dem Ueberraschten Zeit zu lassen, sich in das Gehörte zu finden. Dennoch vermochte Erich den unbefangenen Ton von vorhin nicht wiederzufinden, und er verabschiedete sich bald mit dem Ver sprechen, seinen Besuch in kürzester Frist zu wiederholen. Mit festem Entschlusse schüttelte er die auf ihn eindringenden Erinnerun gen ab. Was hatte jene verführerische Frau noch für Einfluß aus ihn, was durfte sie noch für Einfluß auf ihn ha ben? Keinenl So trat er vor den Vor mund Margaretl)e’43, den Pfarrer Fro binius. ·. Viertesistdpitel »Nun, wie steht’s, Erich?« fragte die Baronin voll Antheil, als dieser bei hereinbrechender Dämmerung, von sei nem Augfluge zurückgekehrt, in das Wohngemach trat, »Wie hat Pastor Frobinius Deinen Antrag aufgenom men?« Erich fuhr sich ungeduldig durch das volle Haar. »Ich wünschte, wir wären aus einer wüsten Insel, Margarethe und ich, « stieß er heftig hervor. »Dann gäbe es nicht Vettern und Busen, nicht gute Freunde und Verwandte, die mit ihren tausend Bedenken und Erwägungen, aus gar zu ängstlicher Rücksicht auf Konvenienz und Schiktlichkeit, allen Sonnenglanz von unserem Glück zu scheuchen vermöchten. Zum Henker mit der allzugroßen Bedenklichkeit und Vor icht !« »Aber Erich!« Die Baronin schlug die Hände ganz erschreckt zusammen. »Was ist denn in Dich gefahren ? Was hat denn der alte, brave Fiobinius Dir augethan? So etwas IlitgelJeiierliches, das solche Stimmung rechtfertigt, kann es doch nicht gewesen sein.« »Nach Deiner Ansicht vielleicht nicht, gute Tante,« rief Erich, mit unruhigen Schritten dass Gemach durchmefsend. »Er hat meine Erklärung sehr kühl auf genommen und schien keineswegs aus nehmend erfreut über die Ehre,die seiner Nichte durch meine Werbnng zu Theil wird, wie Du und Vetter Sturt die Güte hatten, vorauszusehen Jm Gegentheil, er nahm sich heran-J, einige Zweifel zu hegen, ob ich im Stande sei, ein Mäd chen wie tlliargarethe auch wirklich glücklich zu machen! Er glaule ganz im Sinne seine-.- verstorbenen Schwaxsrsjz zu handeln, so außerte er, wenn er wenig sten-J versuche, dessen hinterlassene Toch ter vor jeder liebereiluug zu behüten. Unsere Neigung sei doch noch zu jung, zu rasch nach kurzen Tagen des Zusam menfeiusz emporgebliiht, um sich bereit-I als echt erprobt zu haben. Ale- wenn die Liebe wie eine Treibhaugpflanze erst künstlich geziichtet werden mußte, und nicht wie ein holde-J Wunder der Natur Leim lind Blüthe zugleich entfaltetel Kurz und gut, der gestrenge Herr Vor: mund verlangt, Margarethe solle das Trauerjahr abwarten, bevor sie mit mir zum Altar schreitet.« - . »Aber lieber Erias,hat er da nicht vollkommen Recht ?« suchte ihn die Ba ronin zu besänftigt-n »Schon aus Rücksicht auf Margarethe wirst Du Dich in diese Bedingung finden müssen « »Im Gegentheil, ich hoffe, Margare the wird größer denken als ihr Onkel und ohne szaudern die Meine werden «s »Da-Z kann Dein Ernst nicht sein » Erich,« unterbrach ihn kopfschüttelnd diej Baronin »Gretchen ist eine zu gute Tochter, um trotz aller wahren und hin gebenden Liebe zu Dir am kaum ge schlossenen Grabe ihres Vaters das Freudenfest ihrer Vermählung feiern zu mögen Du würdest Dich arg gegen ihre kindliche Gefühle versündigen, s wolltest Du ihr solche-Z zumuthen Also Geduld, Du Brausekopfl Vor Allem deute auch daran, erst Deine Mutter mit Deiner beabsichtigten Heirath, die sehr gegen ihre Wünsche fein wird, zu ver söhnen, und Margarethe einen freund lichen Empfang in Deiner Familie zu bereiten« - »Meine Mutter toiirde sich am besten in die unabänderliche Thatsache siigen,« tuideriprach er ungeduldig. »Ich meine dagegen, Teine Mutter ieiirde esJ Gretchen nie vergeben, so gleichsam durch einen Geloaltakt in ihre Familie eingedrungen zu sein.« »Und doch bleibe ich dabei,etz ist zum Unheil, dieser Aufschub. O Taute, ein ganzes-«- Jahr aus dem Umkreis ihrer Augen verdammt zu sein, wie vermag ich dass zu ertragen ?« Die Varonm zuckte nnmuthig mit den Achseln. »Da kommt Margarethe selbs ,« sagte sie, durch dass Fenster blickend, »in Be gleituug ihres Bruders nnd Onkel-Z Vielleicht gelingt es ihr besser als mir, Dich zur Vernunft zu bringen. « In der That klärten sich Erich S iziige merklich auf, als daes holde Mädchen eintrat nnd ihre Augen ihn sogleich voll Liebe suchten Mit leidenschaftlicher Gebete-e seine Lippen ans ihr Haar pressend, zog er sie mit sich in eine Fen sternil che; «Margarethe, ein Wort aus Deinem Munde, bevor uns Andere hören. Bist Du mein? « »Du weißt es ja, Erich! Wie oft soll ich’s Dir wiederholen? Dein für alle Zeit !« entgegnete sie lächelnd. »So wirst Du meinen Wünschen nach geben, wirst in keine Trennung mehr willigen «.-« Sie schüttelte ernst den Kopf. »Du weißt, Onkel Frobinius wiinscht daß ich jetzt noch bei ihm bleibe.« »Und Du gedenkst seinem Wunsche nachzukommen ?« »Wie könnte ich anders-? Onkel Fro binius legt uns ein Jahr der Prüfung auf. Sei-s d’run1, Erich, beweisen wir ihm die Standhaftigkeit unserer Gefühle-! Wie rasch vergeht ein Jahr, wenn die Hoffnung uns tragt, wenn wir wissen, sobald es abgelaufen, gehören wir ein ander für Zeit und Ewigkeit « Erich wich einen Moment zurück, er war ganz bleich geworden. »O Margarethe, Dein Entschluß trifft mich härter, als Du ahnst. Du be greifst nicht- --« Sie sah ihn betroffen an, einen Au genblick verloren auch ihre Wangen die Farbe. f »Erich, was hast Du? Wird es Dir fso schwer, zu warten —- oder« —— ihre i Stimme zitterte vor Aufregung-—,,siirch stest Du die Prüfung ?«« » »Nein, nein, aber ich kann nicht so slange von Dir gehen.« »Du kannst nicht ?« fragte sie traurig. ,,Erich, muss der Mensch nicht Alles kön nen, was das Schicksal zu tragen ihm auferlegt !« Er wandte sich verlegen ab. Jn diesem Augenblick kam er sich recht nie drig, recht riicksichtslos mit »seinetn stür mischen Drangen vor. Was nur machte ihn so ungeduldig? War es nicht am Ende doch Furcht vor der Prüfung, wie Margarethe geäußert? —-- Und nebel haft tauchte die Gestalt jenes schönen Weibes vor seiner Seele auf, das längst vergessen, wie er meinte, jetzt durch das Gespräch bei Friesens wieder mit seinem ganzen hinreißenden Zauber in seiner Seele lebendig geworden war. Doch nein, tvelche Macht konnte diese unter heißen Schmerzen begrabene Liebe jetzt noch gegenüber Margarethe’s holdseli gem Reize gewinnen? Thorheit, Erre gung der Nerven, weiter nichts! »So fiigen wir uns denn in das Un abänderliche!« gab er mit einem Seuf zer nach. Nach langem Hin- und Herberathen wurde dann beschlossen, Erich’s Verlo bung solle im Herbst veröffentlicht wer den, zu welcher Zeit Margarethe zugleich zur Barouin ziehen, und mit ihr bis zur Hochzeit nach Italien gehen solle. ,,Freilich«, scherzte die heitere Fran, »befser tviir«s, und jedenfalls genuszrei eher siir Margarethe, sie sähe Italiens Gefilde zum ersten Male nicht an mei: tier, sondern an des Gatten Seite.« »Das meine ich auch«, grollte Erich utit einein sinsteren Blick auf den Pastor nnd einem bittenden auf Margaretl)e. »Du bist unzufrieden tnitmir, Erich?« fragte Margarethe eine Stunde später, als sie an seiner Seite am Seestrande entlang protninirte, wälrend die Sonne mit ihren letzten Strahzen das klar ie ein Spiegel daliegeude Meer vergoldete. »Warum soll ichs verhehlen, Mar garethe? Ja, ich bin unzufrieden mit Tir, weil mir Deine Liebe schwach und kalt scheint, gegen die ineine.« ,,Erich!« sagte sie vorwnrfsvoll und ihr klares blaues Auge richtete sich fest und doch so liebevoll auf ihn. »Weißt Du denn, ob es mir so leicht wird, zu entsagen, mich von Dir aufso lange Zeit zu trennen ?« »Und warum thust Du es denn, wa rum legft Du ntir und Dir diese Qual auf? Niemand könnte uns zurückhalten, weint wir wollten« »Nein, Niemand«, entgegnete sie ernst, »als die Stimme in der eigenen Brust, Willst Du denn dem Schmerz gar keine Berechtigung zuerkennen, Erich? Ware es nicht gegen alles Gefühl, vom fast noch offenen Grabe des Vaters in des Lebens toonnevollste Stunde sich zu stür zen? Das könntest Du ja selbst nicht gutheißen, mein Geliebter, und wenn Du ruhiger geworden, wirst auch Du Tir sagen: Wer nicht dem Ernst des Lebens gerecht zu werden tveisz, dem wird auch die straft, das Glück zu tra gen, fehlen.« Wieder siihlte sich der Graf durch den reinen Sinn des Mädchens beschämt; er zog sie stiirmiich an sich uud bedeckte statt aller Antwort ihren Mund und Wangen mit seinen Küssen. Wie immer in ihrer Nähe schwanden die bösen Gei ster der Unruhe von ihm. »Und dann«, fuhr Margarethe nach einer Weile fert, als sie nun aus«-Z In nigste an einander gescluniegt weiter wandelten, während der Feuerball der Sonne am Horizont langsam in die Flnth tauchte und sie Beide mit ihrem feurigen Abglanz unnvob—— »und dann Deine Mutter-, Erich! Wie könnten wir sruh einander angehören, wenn ihr Se gen unsern Bund nicht weihte ?« Er hörte kaum wer-J sie sagte. Sein Blick richte nur voll Trunkenheit auf dem lieben Antlitz, welcher- im Abend schein wie verklärt zn ihm aufschnitte, auf den Augen, die in ihrem zärtliche-u Glanze ihm tvie wei Sterne entqeqen strahlte-u, die Sterne seine: Lebens-. s »O, die Mutterl« sliisterte er inuiq, s«ne wird sie muß Dich lieb gewinnen, wenn sie Dich nur sieht!« I »Träumer,« scherzte sie dagegen. i »Eure Mutter sieht nicht mit dem Auge der- Verliebten Doch ich will sie von Herzen lieb haben das verspreche ich lDiLtt I Er küßte innig den Mund, der ihm so Freundliches sagte. Der Frieden schien thieder völlig hergestellt, jede Wolke von ihrer jungen Liebe verschwunden Deu noch, se näher die Stunde des Abschied-Z von der Gelibteu rückte, um so mehr umwölkte sich Erichs Stirne wieder. Seine Mutter forderte jetzt dringend des Sohnes Besuch. Länger konnte er den Bitten der Mutter nicht widerstehen. So mußte denn geschieden sein. Es war ein trauriger, wehmuthsvol ler Abend, den er vor dem Tage seiner Abreise im Pfarrhause von Kattwitz,» wohin Gretchen schon übergesiedelt war, » verlebte, für Erich auch noch besondersi peinlich durch des Pastor Frobiiiius’! Verlangen, er solle Zeuge einer ernsten! Scene zwischen diesem und dessen leicht-s sinnigem Neffen, dem Bruder Matga-j rethe’s sein. Der Pastor, von des NefiJ fen unheilvoller Leidenschaft für dass Spiel unterrichtet, hielt es für gut, dies durch der Schwester Verlobung mit dem! reichen Grafen hoch gefpannten Hoffnun gen des Leichtsinnigen ein wenig zu dämper, und forderte fein Ehrenwort, fortan keine Karte mehr zu berühren. Dem Lieutenant schoß alles Blut in’s Gesicht, er warf einen hilfeflehenden Blickan Erich, der selbst als junger Offizier den noblen Passionen stark gehuldigt hatte, nun aber doch schwei gend und der Forderung zustimmend sich verhalten mußte. Das verdroß ihn, machte ihn unwillig. Verstieß doch die I se ihm anfgedrängte Mentorrolle allzu J sehr gegen seine Neigungen und Gewohn »l)eiten. s Und dann kam das Lebewohl, das sLebewohl von Margarethe. Aufgelöst jin bitterem Scheideweh hing das holde Wind in seinen Armen. s »Mein Liebling, mein Schutzengel,« ! flüsterte er, ,,o versprich mir, mich nim Imer zu verlassen, nimmer. Laß die bo sen Geister, die Deine reine Nähe ver trieben, nie mehr Macht iiber mich ge winnen. schütze mich vor mir selber! »Mein Leben gebeich gerne für Dich !« entgegnete sie mit liebevollem Ausblick ,,o dürfte ich es, um Dich glücklich zu machen !« H Fünftestapiteb Vom Schloß Rheinsteiu stieg eine Ge sellschaft, gefolgt vou einein Diener, der »Mäntel und Tücher trug, zum Rhein »strom hinunter, auf dessen spiegelnde Fläche die Sonne, schon tief im Westen Jstehend, ihre blitzenden Strahlen warf. Die - Voranschreitenden, ein vornehm aussehender alter Herr und eine Dame, ebenfalls mit schon ergranendem Schei »tel, winkteu ungeduldig dem Boots mann, sich zur Abfahrt bereit zu machen. »Wir haben uns oben zu lange anf gel)alten,« rief die Dame nach ihrer Uhr blickend, ,,Erich wird in Bingeu sein, ehe wir zurückgekehrt sind.« »Ich glaube wirklich, wir haben es nicht so eilig, Schwester«, beruhigta sie ihr Begleiter, gab aber doch den nur langsam sich nähernden Nachziigleru ein Zeichen, sich zu beeilen. Die-:- waren eiu Herr m d zwei Damen, Prinz Alfons von Ebersteiu, der Sohn des alten Herrn des Fürsten Anton, mit seiner jungen Gemahlin und die verwittwete Eva Lieban, seit einigen Tagen Gast auf dem Landhause der Gräsiu Waldsee, wohin sie die alte Dame von Marienbad aus« begleitet hatte. Kein größerer stoutrast als zwischen den beiden jungen Damen; Prinzessin Erna war eine kleine zarte Blondine mit zierlicheni Stumpfnäschem durchaus nicht hübsch, wenn auch angenehm; Grä fin Lieban dagegen groß, stolz gewach sen, eine prachtvolle Erscheinung mit einein Kopf von frenidartiger, ausfallen der Schönheit· Dunkel von Haar und Teint, besaszeu ihre schwarzen, von lau-— gen Wimpern beschatteten Augen einen Blick voll schncelzenden Feuers, der jedes Manuesherz berücken mußte. Als sie im Kahne, das glänzende Auge in die Ferne gerichtet, am Steuer lehnte, konn te selbst Fürst Anton, der sonst ziemlich kühl sich den Frauen gegenüber verhielt, nicht mnhiu, gegen seiue Schwester seine Bewunderung zu äußern. »Wahrhaftig, Milli, jetzt verstehe ich, daß Erich um dieser Frau willen in die Fremde floh· Das ist eine Sirene, die Jeden sich dienstbar machen kann, sobald sie es will.« Die Gräfin lächelte. »Wie Erich überrascht sein wird, sie hier zu finden! Tie Erfüllung aller seiner Wünsche tritt ihm beim ersten Betreten der Heimath mit ihr entge j gen « I l Mittlerioeile schoß dass Boot, von geschickten Händeugesiibrt, so rasch, alsJ esz dein Zirouie entgegen möglich war, oortoiii·t«:s. Allcr Augen lagen ooll Entzücken ans dein lieblichen Bilde, das sich iin Scheine der scheidenden Sonne bot ihnen ausbreitete-. Plötzlich richtete Gräsin Eva sich aufhorchend ans ihrer inalerischen Stellung empor. ; « »Dacht’ ich-Z doch!« rief sie l)estig,s »da geht schon der Flurierzug weiter, Erich ist bereits angekoninien.« »Auch wir sind bald ain Ziele-J« be ruliigte der Fürst. lind in der That nun-de im Kranz seiner Gärten das fest lich erleuchtete Landbau-J der Gräfin schon sichtbar. »Da ist er ja,« rief Prinz Alson-3, als iuan sich der Landnngebriicke unter halb der Eisenbahnstation näherte-, aufs eine hohe Mannesgestalt deutend, die» mildem Hnte silnoenkend zu ihnen he rüber-grüßte »Nim, Tante Milli, bist Du doch wohl zufrieden« Wenige Minuten darauf nnd die Mutter lag in den sie innig umschlingen dcn Armen des Sohne-Z. Fortsetzung folgt Aus vielen Orten im Süden wird über ganz ungewöhnliche Kälte berichtet. " »Fort-würdiger Fall von Starr trennt-b Anst- Louisville wird der »N. Y. Stszg.« gemeldet: »Der Fall der Frau Marie Stuckenborg, auf deren Körper sich an jedem Freitag die Wund male Christi zeigen, hat noch nicht aufge hört, hiesige nnd auswärtige Männer der Wissenscha st zu beschäftigen, unds schon wieder bietet sich den hiesigen Aerzten ein eigenthümlicher Fall von Starr krampf, der Gelegenheit zu eingehendem Studium gibt. Jn den 5 Meilen von Louisville in Lakeland gelegenen Cen tral-Jrrenasyl von Kentucky liegt die 41 Jahre alte Josephine Hatcher seit dem 1() Tezember in tiefem Schlafe. Auf Besucher macht sie den Eindruck einer Todten,11nd eine Beruhrung ihrer kalten steifen Glieder verstärkt diesen Eindruck noch. Nichtsdestoweniger befindet sich die Patientin, von der Starre der Mus keln und der vollständigen Lähmung al ler geistigen Fähigkeiten abgesehen, in einem ihre Aerzte befriedigenden Zu stande. Sie nimmt regelmäßig Nah rung zu sich und verdaut rasch u. leicht. An Gewicht scheint die Hatcher ein wenig zugenommen zu haben, und in den letz ten Tagen hat auch ihr Gesicht eine bes sere Farbe angenommen, so daß man die Hoffnung hegt, daß sie bald aufwachen werde. Ihre Glieder sind jedoch immer noch starr nnd steif und bleiben regungs los in irgend einer Stellung, in die man sie versetzen mag, ähnlich wie die Glieder einer thnotisirteir Josephan Hatcher wurde am 16. Dezember 1885 von Mundfordsville als wahnsinnig nach dem Ashl gesandt. Skropheln und ein Rü ckenmarksleiden sind als die Ursache ihrer Geisteszgestörtheit zu betrachten. Sie hat zweimal erfolglose Selbstmordversuche gemacht. Während sie im Garten des Ashls eine leichte Arbeit verrichtete, hat sie dreimal ihre Vernunft wiedererlangt: am 7., am 15. und am 22. Tage, aber jedesmal nur auf zwei ooer drei Minu ten. Jhre Körpertemperatur ist eine sehr niedrige und ihre Respiration eine geringe, höchstens acht Athemzüge per Minute und manchmal nur vier. Der Fall wird von den Aerzten mit großer Aufmerksamkeit beobachtet. Bevölkerung Spaniens und seiner Coconiem Soeben hatdas spanische statistische Institut das Ergebniß der am 31. De zember 1887 stattgefundenen Volks-zäh lnng veröffentlicht. Die Einwohnerzahl Spanien-H betrug danach 17,565,632, und zwar 8,612,524 männliche und 8, 9513,1(’)8 weibliche Personen. Davon waren 9,588,914nnverheirathet, 7,743, 757 verheirathet nnd 1,2:32,526 ver wittwet. 602,()05 konnten lesen, 5, 0()4,4-«·«() lesen und schreiben, 11,954, 871 konnten nicht lesen. Jn Spanien lebten damals 18,48() Franzosen, 6755 Portngiesen, 5719 Engländer, 3877 Italiener, 1826 Deutsche, 7413 Marok kaner, 572 Argentinier, 572 Schweizer, 570 Belgier, 494 Mexikaner, 408 Oe sterreicher, 401 Schweden und Norwe ger, 294 Nordamerikaner, 169 Rufsen, 122 Oolländer n. s. w. Auf Cnba leb ten 1,6:31,(;H7 Personen, davon 1,102, 889 Weiße nnd 5:38,798 Farbige. Von den Weißen konnten 19,·;85 lesen, 367, ULO lesen und schreiben und 715,575 konnten nicht lesen. Puertorico mit Nebeninfeln hatte 1"t)8,5·55 Bewohner. Auf den Besitzungen an der Gnineaküste Fernando Poo, Elobey befanden sich nur Muts Bewohner (1.14 Weiße und 1855 Farbige). Der Verwaltungsw parat für diese Besitzungen ist also, wie die spanischen Blätter mit Recht hervor-« heben, viel zu groß. Die Bevölkerung der Philippinen wird mit 5,961,161 angegeben, diejenige der Karolinen mit 865, doch dürften diese letzteren Zahlen kaum ans unbedingte Richtigkeit An spruch machen. Spanien mit auswär tigen Besitznngen würde danach also 25,994,()14 Einwohner zahlen. Die Zunahme der Bevölkerung von 1787 bis 1887 betrug 7,155,753, im letzten Jahrzehnt 5,6() Prozent. Madriv zählte 1787 15(j,(;72 Seelen, 1877 58:3,ii44. Böse Beispiele verderben gute Sitten! Durch die vielen in den letzten Monaten stattgehabten Raubanfälle auf Eisenbah nen und Postwagen verlockt, versuchte dieser Tage ein gewisser Campbell in der Betrunkenheit einen Eisenbahnräu ber zu spielen und muß dasiir dreißig Tage itn P i t t S bu r g e r Arbeitsham se brnnunen Jn einein Personenwa gen des Hnltoner Lolalznges der Alleg banh Ballen Eisenbahn erschien neulich Abend-:- ein oierschrötiger Mann und forderte-, in jeder Hand einen Revolver haltend, mit Tonnerftinnne die Passagie re ans, die Hände in die Höhe zu halten· Die meisten befolgten dag· Gebot, aber einige sliichteten in den letzten Wagen nnd nnterriehteten den Zugsiihrer von dein Vorgange in dein anderen Wagen. Er nnd ein Geheimpolizist saßten den selnsinbsaeen Räuber ab, der ans der Stelle die übrigens nngeladenen Pisto len wegwarf. Er wurde gebunden nnd an-. folgenden Morgen in Pittsburg dem Polizeiriihter Leglie vorgesührt, vor welchem er sein Betragen niit Betrau kenheit entschuldigte In J nd iannpoligs mußte der Betrieb ans allen Pferdebahnen, electri schen nnd Cum-Wohnan eingestellt werden, weil die Eondnctcnrc und Kutscher an den Stil-if acqanqcn sind So i n c TTl n s icl)t. Arzt: »Da bleibt nun nicht-Z Anderes übrig, als daß Ihr mit Eurer Tochter nach Italien geht. ----- Nun, was ist’g? Reut Euch das Geld ?« -----Mann: ,,’S Geld net. Aber ’n Weg waaß i net.«