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About Grand Island Anzeiger. (Grand Island, Nebraska) 1889-1893 | View Entire Issue (Dec. 11, 1891)
Bilde Triebe." Novelle von Unten v. Preis-. Fortse ung.) Nein. r wollte standhaft sein, ging » nach hause, legte sein schönes Gewand . ab und kleidete sich bergmäßig. Er wollte in’s Revier, um auf andere Ge danken zu kommen. Zum ersten Male ·ng er den Stutzen über die Achsel, er tte ein eigenthüntliches Gefühl, als er das kalte Eisen berührte. »Milcht’ doch seh«n, wie i mi anstell· n dem neuen G·irlnift,« sprach er vor ch hin, als er iiber eine steinige flache ! Weide den Waldbergeu suschritt Möcht rni net auslachen lassen von den Forst leuten oder gar von dem Toni·« , Er nahm die Biichse von der AchseH - - aus hundertundzwanzig Schritt lag eins schneeweißer Stein, von dem Gran der Weide grell abstechend. Das war ein - erwünschtes Ziel. Geschossen hat er ja schon oft nach der Scheibe, daheim im i Tirol, aber in den letzten Jahren, als Holzknecht, war er ganz aus der Uebungs gekommen. Etwas unbeholfen legte er f an und zielte. Der Schuß trachte, das » Echo rollte von Schlucht zu Schlucht, der Stein war unversehrt. »Dacht ichs doch— kein Geschick mehr! Scham Di, Loisl!« murtnelte er. Höhnifch flog ein Trot.tpetentott herü vom Dorf· Er lud wieder, stemmte fest die Beine-auf, athmete tief und zielte abermals. Der Schuß krachte, der Stein flog in Stücke Er stieß einen . JuchfcheeiauD das war ein Treffen Er eilte züm Ziel uud untersuchte die Wir kung des Schusses. E «Desutal hat’s ihn g’nommen!« sagte« er unwillkürlich vor sich hin. Dann er schrack er über deu Gedanken. Als er abdrtiekte, warst ihm, als sehe er Tours spöttisches Antlitz vor dem Visir. »No ja,« entschuldigte er sich dann -«vorsich selbst, »inan muß halt an so ’was denken, wenn man einmal das «G’schiist treibt. Ich werd« ’gtviß keins Menschenleben opfern. ohne daß es sein wuß, um Alles ret. Warum bist denn eigentlich Jäger worden?« fragte er sich dann plötzlich. ’,,Dast doch srtiher nie d’raus denkt? — Weilkz mehr tragt, als die ewige Schin derei tnit dein Holz —- — und gleich seh’u s thut man ’was, und lustig is es, ver-, dammt lustig· Jui Blut steckt mir’s,3 wie jedem Tiroler, und wenn i auch bis herno net draus denkt hab’, wie der Stein g«spruugeu i-:-, hab ich’s g’spiirt. Es war nur a Stein jetzt erst a Wild, aeemeboch a Hiriittk J glaub gar, ii h ’ tuir eiu«bil’t, i biu’s wegen der; Marei worden, wegen ihr’n dutnmenF G’red auf der Alm. Z«saniutentrosfen; is halt grad, alletveil is so a Platz uetj frei —- aber sonst! Allerdings, wenn ij g’wuszt l)att«, wars i heut weiß, wenns mir Mart-i daiz vol-gestern - g’sagt hatt«,« was sie uiir heut g«sagt hat, nachheri wär i keiner worden, wegen detu Alten; schon stet. Na, ietzt bin i’»3 und will’97 bleibeu.« E Er griff jetzt eneisgisch aus, den lang sam steigenden Zieljtoeg hinauf im an chenwald; daran schlossen sich verwetterte Tannen an, immer armseliger, von sil derglänzenden Flechten fast erstickt, die in« zottigen Bärten an Ztannn und Zweig hingen, bis auch diese dass lose Gerle verdrängte, dag- langsani, aber sicher zu Thal wandernde Gebirge-, dem nur die; zähe, sich überall liindnrchdringende Leg-I föhre widersteht. Ein Jägerfteig führte in’s Gewand. . eyt fühlte er sich in seinem Beriis, wii rend er sonft alo Holzinecht schweren Trittes dahinging, achtete er jeht ans jedes Steinchen, daß es nicht abging nnd Lärm machte· Der Förster hatte « ihm, tnn den Eifer des Neulings zu er höhem die Erlaubniß gegeben, einen Gemsbock abzuschieszeiu wenn er in den ersten Tagen schon damit nach Hause kam, hatte das Spötteln ein Ende, seine « Jägerehre stand dann fest Da hieß es anf Alles Acht geben, auf jeden tritt, auf den Wind. Der Gerns stand war vortrefflich, er kannte von den Treibjagden her den Platz, jeden Augen blies konnte er zinn Schuß kommen. Er» hatte sich eingebitdet, frei zu fein von » aller Jagdleidenschast, nnd freute sichs nun über das drängende, erwartungs » volle Gefühl, dass ihn jetzt ganz erfüllte. Und da fragte er sich noch, machte sich Vorwürfe, dass er Ja er wurde! Der Steig fiel znr echten jäh ab, die Aussicht war frei über das ganze Thal. Das Dorf lag zu seinen Füßen, er hörte deutlich einzelne abgebrochene Töne der Tanzmnsit bis herant. Noch achtete er jetzt nicht daraus; noch einige Schritte, und er betrat den sogenannten »Breit lahner«, einen der besten Gemgplätzr.s Wenn er heute schon zu Schiiszläniels Dann ans die »Post« mit der Nachricht ;I der Toni müßte vergehen vor Aerger. Nur langsam nnd vorsichtig! Der Wind war nt. Vorsichtig, gebückt schlich er aus ie Schneid’, da lag der ganze schrossige Hang vor ihm mit seinen Geköllhaldem Felörissem Legsöhren dickungen und sahlgelben Gras-lehnen Richtig! aus einein grasigen Boden mit ten in den Wänden äste eine Rudel Seinser an stinszehn Stück! Jn ihrer est schwarzen Herbstsärbung hoben sie ei aus den ersten Blick sichtlich von dein grangelben Gestein ab. Um diese Jahreszeit sticht ein guter " Bock schon die Rudel aus, die er sonst eher meidet, has hatte Loisl schon zu oft von den Jägern gehört. Unruhig schlug ihm das ’erz. »Staat« net stad sein da drinn?« eaisonirte er, gewaltsam ausathntend. Der Wind ging auswand, wie stets bei schönem Wetter-, so lange die Sei-M am Himmel steht; er mußte dem Wild von oden.deikommen, den Steig verlas sen. Schwindel kannte er nicht. Von dem Steinkops aus, etwa dreihundert Schritte oberhalb, kam er zum Schuß, feiner Berechnung nach· Sachte kletterte er in einer engen Nin ne empor, es kostete Schweiß, den Kopf zu erreichen. ----- Richtig, unter ihm äste das Rudel, aber lauter junge .Thiere, nur ein zweijähriger Bock darunter. Es galt für eine Schande, ein solches Stück zu schießen, erst der fünfjährige Bock ist schußbar nach weidmännischen Begriffen, und der Förfter verstand darin keinen Spaß· Es gehört Uebung dazu, beim Gemswtld Bock und Gais auf große Entfernung zu unterscheiden, da beide »auf« haben, nur die starke Krümmung des Gehörns und die Dicke desselben kenn zeichnet den Bock ,,So a Lump, wie der Toni, thut sich freilich leicht, der laßt’s halt schnellen, was auch fallt. Aber bei uns heißt·s, erst die Auswahl treffen; wenn man sich irrt, wird man erst recht ausg’lacht.« Das- Perfpektiv, durch das er blickte, zitterte in seiner Hand. Es war wirklich ein richtiger Bock dabei. Er feste sich und betrachtete mit gieri gein Blick die vertraute Schnar. Hier und da hob ein Mutterthier, Wind ein ziehend, den Kon gegen ihn, als ob es die Gefahr ahne, aber der Wind war zu gut, sofort fing es wieder au, die feinen Kräuter mit sorgfältiger Auswahl zu fressen, während die Jugend ihre muth willigen Scherze trieb. Plötzlich kam Unruhe hinein, Alle-Z fuhr durcheinan der, blickte gegen die Loisl gegenüber liegende Wand, deren Rücken dichtess Latschenwerk bedeckte; ein Stein kollerte in die Tiefe. Loisl fieberte, die Zähne schlugen ihm zusammen. Jetzt kam ein Bock --— oder sollte es am Ende gar ein zweiter Püp-l scher sein? Kirchweihsonntag ist ein-· günstiger Tag zum Wildern, man rech net nicht darauf, das Jagdperfonall draußen zu finden. Was that er dann? »Halt, oder i schieß!« rufen, und wenn er nicht stillstaud, wirklich schießen? Auf· einen Menschen schießen wegen einerj Gemse? Nein, das ging doch nicht! Nur wenn er sich zur Wehr setzte gegeul ihn. Der Förfter hatte zwar gesagt: »Pet viel Umstände machen, Loisl, erst voriges Jahr haben«s einen Jäger, einenl Kollegen, todt’gschossen, der auch so an· guter Kerl war und g’wartet hat a bislj z’lang: im Krieg fragt ma ja asnets laug.« » Die Latschen bewegten sich schon ihm gegenüber-, das Nudel unter ihm wurdes flüchtig. Da erschien auch ein hellers Punkt wie ein menschliches Antlitz zwi-l schen den Latfcheu. i Das Herz stand Loisl still, er hob diel Biichse nicht, spannte sie nicht einmal« Und dann ein starker, kohlschwarzer Gemisbock trat auf die Schneid. Loisl mußte lachen über seine Einbildnng. j Er sah nichts mehr um sich her als das Thier, lehnte die Biichse an den! BergstocL richtete sie nnt einer plötzltchs über ihn gelommenen Ruhe auf die« zottige Brust der Thieres nnd gab Feuer. « Der Gemebock sprang mit den vier Läusen zugleich in die Höhe nnd ver schwand rückwärts stürzend in die Lat-» schen. Dann entstand ein Heidenlärm,’ das Rudel sprengte psetsend, eine Wolle; Steine und Sand abstoßend, hinaus inl das Gewänd, im nächsten Graben kol-l lerte und kutschte das geschossene Wild bergab. Loisl war aufgesprnngen, ein wildes Lustgesühl packte ihn, er wollte einen lauten Jnrhschrei ausstoßen, da fiel es« ihm ein, dasz das nicht Jägersitte;j der Jäger vertneidet jeden unnützenl Lärm, nnd jetzt war er Jäger, wie jeder« Andere. s Hat er ihn denn wirklich getroffen mits feinem ersten Schitsz?- »Ja wirklich! Da« unten zwischen den weißen Steinen lag er « und schlug mit den Läusen. s Keine Gefahr mehr achtend, flog er nur so hinab über die steile Wand, übers den Graben hinüber zn dem Gefallenen.. Die Besorgniß kam ihm, wenn es am! Ende doch tein Bock sei.-- Aber es war; wirklich einer, ein Kapitalbock noch dazu: eben verendete er. I Ietzt that Loigl doch einen Juchschrei,c aller Jägersitte vergessend, daß es weit hin schallte. Und er sollte kein Iägerblntl haben! Da hatte er sich schön getänscht.. Es war ihm jetzt, als könne er nimnierl davon lassen, um alles Geld nicht, ja« nicht einmal nm M trei, nnd wenn er seht gleich in ihren Armen hätte liegen können nnd sie küssen nnd herzen, er hätte jetzt nicht getanscht. s ,,Wenni das früher gwußt hatt, « sagte er zu sich selber, »i tiiitt s am End g’rad sog nmcht wie der Toni, i ver s denke ihm ietzt a nimmer, dass- Wil « bekn. « s Die Schatten zweier dicht iiber Ilnns kreisender, lårmender Bergraben husch ten über Wild und Jäger-. Hoch oben tönte noch immer der Gemspsifs, lösten« sich Steine. Die Sonne verschwand be 9 reitg hinter der zackenden Schneid, die« Schatten lrochen langsam heraus mits ihrer herbstlichen Kiihle, ein ernste-IF allmälig anschtvellendes Rauschen erlsobj sich in dun blauschtvarzen Wipfelmeer unten. -—— I Loisl hatte den Gemsbock glücklich int Rucksakt und ging denselben Weg zurück, i den er gekommen Er achtete nicht derl ungewohnte-n Last in seiner Freude, te drängte ihn nach Hause zum Förstrr.s Der wird Augen machen! Und dann aus die «Post«. Jetzt sing er gcivifzi keinen Streit mehr an mit dem Toni, dazu war er viel zu gut gelannt, und Marei mußte heut noch hören davon. I Obe- msf ver Schneiv mich-kaufte eks ein wenig. Das Thal brannte jetzt zu seinen Füßen in intensivem Noth, das von dem strahlenlosen feurigen Ball aus strömte, der sich, von schmalen, dunkel braunen, an den Rändern golden ge säumten Wollenstreisen durchzogen, hin kerkdie Häuser und Gärten des Dorfes en te. Der Wind trug zerrissene Töne bis-I herauf; er blickte mit dem Perspectiv hinab. Deutlich erkannte er die ,,Pos «, es war ihm, ale.blicke er durch die bli tzenden Fenster und sehe Marei im Arme Tonkr- sich schwingen. So ein Tanz von sechs Stunden in der dicken schwiilen Lust unter den erhitzen Burschen macht ein Mädel ganz verrückt: das kannte er aus Erfahrung. Der ganze Verstand wird verdreht, verdampst in der Hitze, und Marei, das wußte er, hörte nicht ans, wenn sie einmal darin war. Und wenn er ihr dann immer in die Ohren wisperte, vergaß sie am Ende gar, was sie am Vormittag gesagt hatte. Je länger er hinunter blickte, desto mächtiger wuchs dieser Gedanke iu ihm. Auch der Gemsbock konnte ihn nicht da von abbringen. Der Jagdeiser war ver flogen. »Was ig- jetzt, da dasz Viech todt is ?« sprah er vor sich hin, mit dem Bergstock die starren Augen des Bockes berührend. »Und doch hat’s mi so packt, daß i drü ber Alles vergessen hab’. Bin doch a rechter Narr und derweil -— -- ma’ jetzt, mach« Loisl!« Rasch packte er zusammen und sprang mehr als er ging bergab, nicht denSteig, aus dem er gekommen, sondern gerade aus iiber das steile Gehäiig, über Stein! und Wurzelwerk,er ipiirte gar nicht mehri seine Last. i Es dunkelte schon stark, als er die ersten Häuser des Dorfes erreichte, aus der Straße herrschte aber noch reges Le-; Angeheiterte junge Burschen gingen von einein Wirthshans in’s andere. Kirch weihgästc traten in sröhlichster Laune den Heimweg an. Das war ein Triumph für Loish er vergaß darüber seine- schlimmen Gedan ken. Der Gemsbock machte Aufsehen, mati gratulirte ihm, der Forstgehilse, der ihm begegnete, wurde blaß vor Neid. »Schau, schau, der Loisll A Mords lerl, glei am ersten Tag l« klang es in seine entziietten Ohren. Der Förster war nicht zu Hause, wohl an seinem Ztanimtisch Loisl legte denl Bock ab, die Musik aus der Post lärnite so frisch, als- hätten die Musikanten eben erst begonnen, tud das Stanipsen der Burschen uerrieth den größten Eifer. l »Sol! i? Soll i net?« stellte er sichl die Frage· »Jn dem G«wand voll Blut! s G’rad in dem G’tvand. da brauch i netl lang z«reden. Die Marei is ja so nim mer dort. Das wär noch schöner!« So ging er, wie er war, lautn daß er sich Zeit nahm, die blutigen Hände anii Brunnen zu reinigen. i »F möcht g’rad US G’sicht vom Tonil sehen, wenn er mi so siecht, g«l)ört hats er ja schon längst vom Ganiebock,« da-l mit entschuldigte er seine unruhige Eilel Er hatte richtig vermuthet, aus ders »Post« war sein Jagdgliick schon bekannt; die Jagerei stand einmal im Mittelpunkt des allgemeinen Interesses. »Respelt, Loisl, gratulir, das iss was iiir den Toni. Wo denn, wia denn ? ; Eritith E Jeder gönnte dem beliebten Burschen sein Gliict, schon weil sich die Forstteuti ärgern wiirden über den raschen Erfong des neugebackenen Jägers. ( Loisl hörte nur halb, sein Auge suchte Marei. Sie war nicht unter-J den Tanzenden, nicht in der Bauern-s stube. s »Ich habUZ ja g’wußt, was thät’st denn auch da !« sagte er sich, im Stil-; len srohlockend. Doch auch der Gries-T berger war nirgends zu erblicken, das be- s unruhigte ihn, und wegen dein war erja’ eigentlich hergekommen ; Endlich kam ihm ein Bursche zu Hilfel »Suchst ’cs Marei?« fragte er ihn. »Grad is sie sort.«·· ! »Grad erst?« fragte der betroffenek Loiszl »Und ——— « er besann sich nochs zur rechten Zeit nnd behielt die zweite Frage nach dem Toni, die ihm ans derj Lippe schwebte, siir sich. Es gab ja? noch zwei Wirthschaften, die dieser anl einem solchen Tag gewiß nicht ausliesH »Du kannst ’s noch leicht einholen,· noch ; keine süns Minuten is fort,« fuhr der-« Bursche fort. I Loisl besann sich nicht länger, ers mußte sie heut noch sprechen, sie sragen,s warum sie so lange geblieben; sreiiich,i sie tanzte halt gernl Ohne Ztveisels ging sie den nächsten Weg aus den Stroh « nerhos. Ein schinaler Fußsteig wands sich dahin abseits von der Doristrasze,; dein Bergbach entlang zwischen Weiden nnd Haselnußstanden Der Himmel hatte sich iiberzogem eini warmer Westtvind wühlte im raschelnden I Laub. Es war finster, nur hier nith da lies ein Lichtstreis aus einem Gehöstk über die schwarzen Wiesen. Auf derk andern Seite des Baches bewegte sieh et-I was-, die schwachen Umrisse einer Gestalt traten ans dem Dunkel; er klang wie weinerliches Schlnchzen, dann wieder Fliisterworte. l Er hielt in seinem Laufe inne und horchte. ,,Anderl, ibitt Dil« klang es weich herüber: dann verschwand Alles int Dunkel. Das Nascheln des tvindbe wegten Lanbes machte das übrige nn hörbar. » Loisl lachte. »Jetzt hätt inti bald schön blaniirt,« dachte er, dann lief er erst recht. Schon leuchtete ein Licht vom Strotztserhos herab von der Uhr-, da hörte er ein Knarren, er täu chte sich nicht, einige hundert Schritte noch, dann lam er zum Zaun des Hofes, der wurdei eben geöffnet und geschlossen, er kannte genau den Ton. — Marei war’s, kein Zweifell Alles war vergessen, sein Groll über sie, über ihr langes Verweilen beim Tanze, sein Mißtrauen, sein Fiirchten. Er wollte ihr leine Vorwürfe machen, sich langsam heranschleichen und sie in seines Arme schließen. Dem raschelnden Laube ausweichend, schlich er vor. Das war doch noch eine andere Pürsch wie heute Nachmittag, so; schlug ihm das Herz doch nicht. , Doch was war das? I Er blieb vorgebeugt in seiner schlei-; chenden Stellung Sie hatte gerade ges-; sprochen-—s—oder hatte er sich geirrt ? »Laß"« mil« Deutlich hörte er die Worte trotzc des Rauschen-S des Baches. Er eiltel vorwärts-, nur einen Schritt, da wurde, ein unterdritckteg Kichern laut nnd wieder j lnarrte die Thüre. . »Na, nachher gehtg so a,« ries eine. Stimme, die Loikl erbeben machte, und er sah deutlich eine Gestalt über den! Zaun springen· »Bist Du a G«waltthiitiger!« fliisterte es wieder. »Was Was soll i denn mit Dir anfangen ·.-’« Loisl stiirmte vor gegen den Zaun, er wollte rufen, fluchen. Die Stimmev er-« sagte ihm. Das Gatter war halb ofsen,"j dicht vor ihm im Dunkel hörte er jetztdie Stimmen. ? »Du hast mi net verstanden, Marei,s i lann halt net so viel umschneiden und d’ Augen Verdrehen, aber—-- « s Es war Toni’s Stimme, sie klangk jetzt so weich, so einschmeichelnd und verlor sich in unbestimmtes Geflüstet , »Lasz nn, i bitt di,« erwiederte das Mädchen in einem Tone, der wenig ern sten Widerstand verrieth Toni« s jetzt sich entsernende Stimme-, swar nicht mehr zu verstehen. Die Bei-' den gingen dem Hause zu Loiizl lehiite am Zaun und ballte die Fäuste in ohninächtiger Wuth,dann griff er nach dein Knicker in der Tasche nnd eilte nach—— ei that nur wenige Schritte E dann blieb er stehen und steckte ihn wie-; der ein »Na, so net, das wär ja a Mord. A Duell, das is a ganz g rechte Sach’, uiid der davon kommt, kriegt ’s Mädel, soi hat is g ’sagt Wenn ich sie dann noch mag, die Dirn, die salsche!« Er ivollte schoi zurückgehen, er hattel genug gehört, da traten die beiden Ges-( stalteii iii den schmalen LichtkegeL deri aus dein Fenster des Hofes fiel. Mit, Allgeivali zog es ihn hinaus, Schritt fiir Schritt, bis er vor dein Hause stand. Als er hinter einein Holzstoß hervor durch dass- erlisiiihtete Fenster iii die Stu be blickte, ti«.ii elieii der Toni ein, hinterl ihm Marei, sich schen an die Wand driisl ckclld. . Der Alte siihr jäh aus von der Ofen s bunt s »Da schau, Ztrotznerhauer, wag i« heut von Dir ivill,« begann der Toni; er ivar sichtlich aiigetriinkeii. » »He, wag ivillst?« fragte dieser iniir s risch zurück ! ,,Jla, was is denn von Dir zw,olleii « als Dei Tochter Z Mart-i? Weiß schon, daß i Dir net recht komm, aber bei die lliiistiiiid——wenii i a von der Hoiiiieiiseites bin --— g «·rad ans . i hin a g «staiidiner Bauer, hab an schoiieii Hof iiii hiii besser, mein i, als a Jager.« ; Marei trat, von einein plötzlichen Eiitschliisse besielt, zwischen ihn nnd den Vater »F hab ihm iein Recht geben, Vater, so ireden, gewiß nett!« Dann verbarg sie ihr Antlitz schliichzend hinter der. Schürze. ,,Lasz Di net irr machen, Vater,« siihr Toni fort, ,,’s is ihr net ernst, sie fiiid’t sich selber niniiner z’recht. Der Loigl hats halt a biel verdreht, kennsti ja d’Weibgleiit! Deine Sach ist«-Z jetzt, a richtig’·3 Wort zu reden -- also red’.« Der Bauer hatte sich wieder gesetzt, jeder Aerger siihr ihm in das traute Bein, verdrossen ioiegte er den Oberlör per hin und her, den Blick zu Boden geheftet. »Was kümmern mi eure Schnaxeii,« hub er dann aii, den kranken Fuß hal tend. ,,Laszt inir iiiei Ruh dainit Kommst daher in der Nacht, hübsch aii I trunken und sallst mit der Thür iii’-J« bang, und die steht daneben iiiid heult I Das wäe iiiir a recht’ s Anhalten iiiii ai Mai-il Was Bauer, was Jager, i gönn«s koaii von eni Zwoa net, niei Ma rei, aber wenii’s ainal net anders sein kann-das is ja richti: a Bauer und ai Jager is weit von aiiand dann kommst. nüchtern, aiii Tag. VerstandenP Undi bringst inir’ e Madel—- aber iiet heulend —und sagst, wir haben uns verstaiiden«; was nimmst Dazu, Olroxmerouuch Nachher red’i « vielleicht — —fiir heut tafz mir utei Ruh, tveuust gut fahren willst: mit mir, Griegbergey b’hiitDiGott « Er stand auf fund drängteihu förmlich: zur Thiir hinaus Toui hielt es für gerathen, sich zu drücken, er reichte dem Mädchen nochdie Hand, sie ergriff sie nicht uud wendete sich, die Schiirze noch immer vor den Augen, ab Toui ging dicht an dem Holzstoß vorbei, hinter dem Loisl stattd,i der Alles zitternd vor Erregung mit au gehört hatte i Kaum war der Bursche draußen, fiell Mai-ei schluchzend vor dem Vater aus die Knie, ihr Haupt an seine Brust leh- - nend. ,,Vater,« sagte sie, »»i bin rechtl schlecht, i hab mi ganz verloren, hilf mir. oder i werd recht unglücklich« Der Alte vergaß feineu Schmerz, sesi . uen Akt-geh er sah nur sein arme-« Kind, das er doch gern hatte Er ergriff ihreti Kopf mit beiden Händen und hob ihu auf, daß sie ihm gerade in ’ø Gesicht sah, «dag jth einen herzlichen Ausdruck ge-! wann. ,,Marei, jetzt sa i selber, hei rath, daß d’ net auf fals e Weg kommst. Welchen magst, mir is a Jeder gleich,. aber zwei, schau, das is um ein z’oiel. J hab mit’n Kon gewählt ----- die Mutter war a gute Bauerntochter glückli war il grad damit net, i müßt lügen; wähl Du mit dem Herzen, vielleicht gehtss besser.« s Ein Gerumpel wurde laut, dicht vor; dem Fenster. Marei fuhr erschreckt auf und eilte hinaus. Ein Theil des Holz-«z stoßes war eingefallen. ? ,,G’wifz hat der Toni g’ho:cht,« dachtei sie. »Mir a recht, nachher wird er sichz schon auskennen, wen die Wahl trifft,? wenn i dem Vater folg.« Ueber die Anhiihe hinab schritt Loisl durch die dunkle Nacht. lFortsetzung folgt.) Der gelbe Domina. Eine Verschwörnngsgeschich te nach Pariser Archiven V ou R. Kelterhorn Es war zur Zeit, als Versailles das Centrnm der Welt, die königlichen Pa-l läste daselbst das Allerheiligste oder Allerweltlichfte dieses Centrums waren. Was alle fünf Welttheile an Glanz und Pracht aufbieten konnten, das floß da-! hin, dem Hause Bonrbon als Folie zu« dienen. Und wer sich unter den Men schen fiir einen Edelstein hielt, Schön geist oder Beaute, Herr oder Dame, der glaubte seinen Lebenszweck verfehlt zus haben, wenn er nicht wenigstens aan Augenblicke als Meteor oder Stern-i schuppe am königlichen Himmel glän- J zeu durfte. . Z Daß aber sogar die Axe der Welt, der; srrnzösifche Hof, geölt nnd geschmierti werden mußte, wenn nicht Alles aus; Rand und Band gehen sollte, das war; schon damals, als Louis XV. mit sei-l ner Boudoirdynastie in Saus und ; Braus lebte, eine anerkannte Thatsache,z Und um die Reibungen zwischen Welt-z axe und Staatswagen zu vermeiden, die Maschine im Gang zu halten, dazui wurden nicht die oielgeliebten Landes linder, die Söhne, ,,unserer gutens Stadt Paris-« ersehen, sondern Fremd linge, ,,la garde suisse«, etwas derb undz bärenhast, aber stramm, stark, unwan delbar treu. Einst sollte ein Maskenfest abgehalten werden, bei dem Jedermann, wenigstens was Costiime betraf, seiner Phantasiej die Zügel schießen lassen durfte Alless riistete sich, wasJ nur irgendwie zu deu allerhöchstenslreisen auf Zutritt hoffen« konnte. Da studirten nicht nur Schnei der nnd Modetunstler, Coiffenrs und Perriiqiiier5, sondern auch die Künstler der Aladeiiiie, die Histc-riker, Geogra phen der Universität mußten nachspr schen, wie man sich ini Olymp, in den Gärteii der Semiramis getragen, wie die Chineseii, die Mexieaner und Lilipiita ner uinhergeheii. Die Alten wollteni jung, die Häßlicheii schön nnd die Schö neniiock schönersein. Auf den schlich ten Doinino, Italiens Cl)arakterinaske, verfieleniini die, welche unbeobachtet selbst beobachten wollten oder sich aus ein geistreiche-J Jiitriguenspiel einzulass! sen gedachten. EZ konnten also immer-I hin auch unter dieser Maske hochgestellte Personen oerniuthet werden. Tei« Abend erschien; die Wagen fuh ren vor. Das seenhaste Schloß dustetes von den Gewächsen der königlichen Treibhiiuser nnd- strahlte von zahllosenl Liistren und Candelabern. Die Diener-. schast allein schon bot eine stauiiensioerth bunte Maskerade Desgleichen die in Corridoren und an den Portalen reich lich aiisgestellte Schweizergarde in ihren prunkvolleii Galunisornien tiein llii-« berufener sollte dein Hosniarschall in’s: Gehege tausen; nnter den Unbernsenens dachte nian nicht so sehi an Attentäters und Verschivörei, als an die oerabschen ten biirgeilichen Elemente, niit welchens der Adel nicht in Berührung kommen wollte. i Jii den Sälen gings hoch her, wie in Tausend und einer Nacht Da sah! niaii arkadische Hirtinnen iin ReifröckX , then und seidenbebäiiderten Strohhüt , chen, siciliaiiische Fischerinnen, Muske iaires, Matroseii und Matrosinnen, » dazwischen achte, niiverfälschte Abbestl so koqnett, wie kaum ein Weib sein konnte-, Priuzen, Zigeunerinnen, gries chische Gottheiten, wenigstens in den: Einblenien angedeutet, Jndianer init Federkrouen; den reizeudsten Anblick bo ten wohl die sogenannten Altsrankem selbst, die Kinder der Gegenwart, ge schiuinktnnd gepudert, init Schönheits fleckchen geheiuinifzvoll geziert. Das-i war den Pariserinnen ein willkoinmener Anlaß, den zierlichen Fuß ini weißem Atlasschuh niit ungeheuer hoben Ab sähen paradireu zu lassen, dabei die Schwierigkeiten des Ganges lächelnd zu: überwinden Auch die glattrasirten: Herren in den reichgestickten, mit Gold und Perlnnitter iibersäeteu Roben be hängt mit Uhren, Vrennglas und Ver loqnen, waren jeder fürs sich kostbare-Z Schaustück, das Ganze ein sarbenreicheø Gewimmel, von dem man heute keinen Begriff mehr hat. . Einige in Gärter verwandelte Säle waren zu Biiffetsz hergerichtet, woJ man sich in reichlichster Weise Raths erholen konnte, denn kaltesv Geflügel, seine Pa tisserien und zierliche-Z Zuckerwerk niit candirten Früchten and der Province waren da in unendlichen Mengen aufges thürint, Getränke paradirten in Tausen den vou Flaschen aller Farben und For » men. Die Dieners ehast harrte der Winke eine-Z Jeden, der sich hungrig nnd dur- - stig nahte. Kein Wunder daher, daß in i I i i t i so liebenswürdiger Nachbarschaft die Tische nnd Bänle zwischen den Blu mengruppen selten leer standen, n mal man hier, abseits vom großen ze triebe,·"iiiit der erwählten Schönen ein intimeres Wörtchen reden. villeicht gar auf einen Moment die Maske lüften konnte. In diesem Theil des Palastes trieb sich die ganze Nacht über eine Gestalt herum, die man zuerst kaum beachtete, die aber mehr nnd mehr die Aufmerksam keit Derer erregte-, welche sich wiederholt dem Viisfet näherten. Es war ein gel ber Domino, groß, breitschulterig, mili tärisch; schon sechs Mal hatte er wori los die lange Reihe der Säle durch schritten, sich stets hier an der königlichen Schänke aufgestellt. Entweder wollte er ein Geheimniß erlauschen, oder er hatte hier ein Rendezvous. Manche Eavaliere waren der Ansicht, man dürfe sich durch die fast dürftige Maske nicht täuschen lassen, darunter sei eine Absicht zu wittern. Andere waren der Ansicht der Geheimnißvolle müsse beobachtet werden, vielleicht habe er sich doch wider rechtlicher Weise in die festlichen Räume gestohlen. Wieder Andere waren noch seiner, dachten, am Ende ist’s ein hoher Ofsizier von der Polizei, der hier Etwas beobachten will. Das Geslüster der ge äuszerten Vermuthungcn nahm immer größere Kreise an, zumal der Schweig same auch da ganz theilnahmlos vorüber eilte, als pittoreske Charaden vor dem Hofe selbst ihren Aufzug hielten. »Ich wette darauf,« flüsterte ein Vi eomte seinem Nachbar zu, ,,es ist ein Complot, die Person ist nicht ein und dieselbe. Aber in fünf Minuten bin ich dessen gewiß. Sie sollen meinen Scharfsinn bewundern, der König soll mich königlich belohnen. Jch bleibe mit sechs Cavalieren hier, so sind wir hand fest genug, auch ohne Waffen den Do mino festznnehmen; Sie eilen, ohne Aussehen zn erregen, zum Kapitän der Schweizerwache und versichein sich zu gleich, ob keine Unberufenen das Schloß betreten, ob alle Nebenzugänge zuver lässig bewacht sind.« Kaum war der Kriegsplan ins Werk gesetzt, so erschien der gelbe Domino abermals nnd postirte sich wie vor zehn Minuten, zum Schein eine Flasche Bur gunder verlangend. Der Vicotnte, seinen nächsten Kameraden zunickend, nahte sich dem Ahnungslosen nnd fuhr plötzlich, wie von einer Natter gebissen, zurück. Mit Blinzeln nnd schiichternem Deuten machte er die Genossen auf eine kleine Rosette aufmerksam, es war dieselbe, die er dem Domino vor einen halben Stunde als Erimierungszeichen angeheftet. Maitre Jaauelin, der hier die Weine servirte, bemerkte, daß sein geheimnis voller Gast Beobachter gefunden, er trat nun, gleichsam sich »reinzuwaschen, mit den Cavalieren ebenfalls in eine Zeichen sprache ein. Das- konnte dem Gelben nicht lange verborgen bleiben. Er fühlte sich unbehaglich und machte sich auf den Rückweg, in kurzer Distanz von den Auf passern verfolgt. »Treize Bouteilles!« hörten die Letzteren den Maitre Jaquelin flüstern. Zehn Minuten später ward die Wachvs stube der Schweizer zum Tribunal, denn mit gezogenem Degen trat, gefolgt von Bewaffneten, einer der höchsten Ofsiziere ein und befahl, wie ein Cerberns um sich blickend, das; sofort der hier versteckte Do mino ausgeliefert Werde. Man brachte den Verlangten, aber nicht gebunden und gefesselt, sondern ein Päcklein zusammengerollt, verblüfft, doch eher zum Lachen, als zum Zürnen aufgelegt, forschte der Offizier: »Und wer hat d’rin gesteckt ?« - »Wir Alle, Einer nach dem Andern, zwölf Mann!« »Ah, je comprcnds3, Monsieur Ja qnelin,« sprach der anuirent, ,.zwölf Manu, dreizehn Flaschen !« »Herr Vieomte, wir wollen die Ver schwörung für uns-«- behalten.« Eine junge Reife-fide. Mit dem Dampfer ,,Havel« kam am Freitag ein kleines blauäugiges Und fladislsaariges Mädchen in NetnYork an. Dasselbe konnte dem Clerk in der Burge Office, welcher die gewöhnlichen Fragen, welche Passagieren vorlegt werden, an sie stellte, nur sagen, das sie Maria Peter fon heiße, fiinf Jahre alt sei und von Helsonberg in Schweden komme. Ihr Vater sei in Amerika und sie gehe zu demselben. Als sie Fragen an «sie ge richtet wurden, ob sie Reisegeld habe, ob sie unter dein Contraktgefetz importirt worden sei nnd dergleichen mehr, ant wortete sie nnr init einem Blick, welcher deutlich bewies, daß sie nicht allein den Zweck der Fragen, sondern anch die Worte nicht verstanden hatte-. Sie wurde der Matrone überwiesen. Dieser sagte sie, daß sie ein Couvert in ihrer Tasche habe, worin über ihre Personalien Auf schlnsz gegeben werde. Jn dem vorsich tig versiegelten Convert befand sich ein von einein ihrer Verwandten in Schwe den ,,an Alle, die eg angeht«, gerichteter Brief, welcher auch etwas Geld »für den Nothfall« enthielt. Jn dem Brief stand, die Mutter dei- htindeø sei gestorben und der Vater, welcher sich bereits seit eini gen Jahren in Amerika befindet, habe eine Reisebillet geschickt, welches zur Be förderung der Kleinen nach Amerika ver wendet werden sollte. Das Kind wurde von den Beamten der Barge-Offiee zu rückgehalten, bis der Vater dasselbe in Empfang nehmen kann. Es ist eines der jüngsten Rindee, die je allein die Fahrt über den Oeean gemacht haben. Das Gericht hat jetzt den Western Cherokee Jndianern eine Summe von J824,00() zugesprochen, welche dieselben von der Bundesregierung auf Grund des Vertrages von 1846 forderten.