Die Bloomfield Germania. (Bloomfield, Nebraska) 1???-1914, December 11, 1913, Der Sonntagsgast., Image 4

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    Des Hans-es Stolz.
Roman von M. Lorenz.
(2. Fortsetzung)
»He-lange einer Wert aus sein
Ueußeres legt, kann er nicht ganz un
ter-gehem« pflegte der Vater zu sagen
und übersah diesem Grundsase ge
mäß kleine Afsereien bei den jungen
Dsstzieren, zog sich auch selber stets
tadellos an.
Ebenso hielt Frau von Ostern-iß
bei sich und ihrer Tochter stets dar
fnß elegant und kostbar gekleidet zu
ein.
Gerade hatte Ernst den letzten
Bürstenstrich über sein dichtes, rost
braunes Haar getan, als es an seine
Tür pochte
»Herr Junker, es ist serviert!« ließ
sich draußen ein Altweiberstimmchen
vernehmen. · ·
Es war Luise, die Warterm seiner
ersten Jahre, ein Faktotum im Hause
Osterwih, das noch aus den ersten
Ehejahren des Oberstenpaares her
stammte und durch alle Garnisonen
mitgewandert war.
»Ja, Luise,« rief Ernst, »ich
kommei«
Er schob den Riegel zurück und
ließ die Alte eintreten. Sie nahm
sofort die Kleiderdiirste und»strtch
und segte an ihm herum, bis er
lächelnd bat, sie möge noch ein wenig
Wolle aus seinem blauen Kaina-garn
jaclett sitzen lassen.
»Warum hat das Junkerchen denn
rote Augent« fragte sie dann und
drehte ihn wie eine Puppe nach dem
Fenster zu. »
»Las3 dag, Jse,. srage nicht!« sagte.
er rauh. »Du weiszt sa, was Papas
vorhat, und ich kann nicht mal»
ordentlich von meiner Klasse Abs!
schied nehmen.«
»Ach wac, Junkerchen,« verseste
die Alte, »das muß eben der gnädige
her-r Oberst griindlich überlegen, ich
werde ihn schon drankriegen --- mit
der Reise morgen, das paßt tibers
haupt nicht, denn die Wäsche hängt
noch am Boden, und heute hat er ja
wieder die Leutnants · und Frau
Stab-am Biimmer eingeladen, da
kommen wir ja gar nicht zum Legen
und Rollen, also wird morgen nicht
nach Parldamm gesahren, sondern
erst macht mein Junierchen Abschiedss
besuche, wie es sich gehört, und seiert
mit den anderen jungen herren hier
bei uns ein seines Abschiedsessen."
Damit ließ sie ihn vor sich her aus
der Tiir und die Wendeltreppe hin
untergehen.
Ernst Fiduc aber wußte, wenn die
alte Luise seine Sache bei den Eltern
führte, dann war sie so gut wie e
wonnen, und deshalb beschloß er, ch
ihr auch in der wichtigeren Frage des
seruses anzuvertrauen und ihr seine
Illiine mitzuteilen.
Ganz ohlgemut trat er ins Eß
ztmmer en.
Die Eltern standen am enster
und sahen in den schönen Jrii lingsi
tag hinaus, sahen aber nicht das
junge Grün, die sprossenden Blätter
und Blüten, sondern hatten ihre
ganze Aufmerksamkeit aus ein Pferd
gelentt, das der Pserdebursche Peter
an der Longe kreisen ließ.
Jelta aber benuhte die Gelegenheit. ;
bon der schön gestillten Konsettschale
ein paar besonders seine Bonbonst zu J
naschen.
Ernst Fidug trat neben den Vater
ans cnster.
»Liebe: Vater," begann er leise,
müssen wir gerade morgen abreis
ent«
Der Oberst wendete sich um und
sah den Sohn durchdringend an.
»Jat« sagte er sehr sest und sehr
kalt.
Ernst seuszte und sah hilsesuchend
ur Mutter hinüber. die aber an den
isch getreten war und, ganz oerttest
in das Aussiillen der Sappe, seinen
sitek gar nicht hemerlte.
»Hast schon diese Taubeissuupe,"
sagte iie und gab dem Sohne einen
rohen Ldssel aus den Teller. »Die
lte kocht doch brillant; es ist wirt
lich ein Genus. ihre Gerichte zu
essen!«
Ik dieser Lobmtdebuuq as
Ist-s cum zwei Löffel voll Tauben
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lizien Soldat, nicht wahr, Ernst Fi
usi«
So direkt gefragt, fuhr der Jüng
ling zusammen, und unter dem stren
gen Auge des Vaters ionnie ek nicht
anders wie stammeln:
»Gewiß, lieber Papa!«
Jelta wars dem Bruder einen Blick
zu, der in sich ihre Revanche für vor
hin barg.
Luise aber, die ihren Liebling nicht
leiden sehen konnte, und sie sah an
seinen Augen, daß er litt, sprang siir
ihn ein und sagte: »Nu ja, Herr
Oberst, der Erni sagt ja, und wenn
ihm das Herze zerspringen wollte,
denn er hat Respekt vor herrn
Oberst, aber lieber als wie ein Offi
zier würde er ja doch was anderes,
etwan so ein Professor oder ein
Sangrneister!«
Der Oberst fuhr ungeduldig in die
Höhe, und ohne wie sonst die Rücksicht
zu beobachten, daß er nicht eher vom
Tische ausftand, ehe feine Gattin sich
erhoben und die Tafel für beendet er
klärt hatte, schob er seinen Stuhl
heftig zurück und sagte:
»Ich dulde ein siir allemal leinei
Einmischung in meine Beschliiffel«
f Damit verließ er wuchtigen
Schrittes das Eßzimmer und begab
sich in seine Arbeitsftubr.
Verbliifst, ja faft eingefchtichteri,
blieben die anderen zurück, bis Jelta
in die lachenden Worte ausbrach:
»Papa als brüllender Löwe frifiertl
Alte das drollig ist!«
Frau von Ofterwiy fah die Toch
ter scharf an. »Sei nicht albern,
Jelta,« sagte fie streng, »es fteht hier
ein ganzes Lebensglück auf dem
Spiel. » Papa weiß das wohl....
aber jeder Entschluß, jeder seiner
Pläne ist wohl durchdacht und liber
legt . . . . fie haben alle Gründe. Frei
lich, Ernst, du tannft das noch nicht
einsehen, dazu bift du noch zu jung,
aber Vater macht alles richtig, und
du bift ja immer unfer Stolz, unsere
Hoffnung gewesen, du wirft auch in
diefer wichtigen Frage deinem Vater
blindlings vertrauen und ihm gebor
chen!«
Ernft Fidus fagte kein Wort. Jn
feinem jungen Gesicht kämpfte es,
aber tapfer verbifz er die aussteigen
den Knabentränem er wollte ein
Mann sein, feinem Vater beweisen,
daß er es nicht mit einem dummen
Jungen zu tun habe; feine Ent
fchlliffe standen mindeftens ebenfo seit
wie die des Herrn Oberften, wenn
auch auf weniger starken Fundamem
ten. Man erhob fich dann im
Speifezimmer von der Tafel, die eine
festliche hatte fein follen und an der
fo viel junger Mut elend gemordet
worden war.
Ernft trat zu feiner Mutter.
»Stebt es unweigerlich seft, daß
ich morgen schon abreifen folli"
fragte er. .
»Ich siirchte, jat« fagte fie leife.
Ernft Fidus klopfte an das
Schreibzimmer des Obersten an.
«Nur hereint« rief dieser.
Als der Jüngling eintrat. fah er,
das der Vater Akten vor sich hatte,
die nicht Dienstfachen enthielten, fon
dern dte alten, vergilbten Familien
papierr. auf die er fo ftolz war und
die die Familie selber fehr selten zu
sehen be am.
»Gut, daß du iornmft, mein
Sohn!« rief er und winite Ernst
näher heran. »Sieh, ich lefe eben in
der Geschichte unferes Haufes, von all
den tapferen Schwerttriigern, die un
ser Gefchlecht hervorgebracht hat.
Ein Stamm von Helden —-— und du
wirst auch ein Held fein, die eigenen
JWiinfche zu Grabe zu tragen wissen
und dich selber besiegen. Sieb. Ernft
Fidus. das ist Heldentum und wird
dir taufendfiiltigen Segen einbrin
lgen!«
! Es war wohl das erftemal, daß
fder Oberft in dirfer Weife zu seinem
lSohne sprach. und Ernst Fidus
fühlte wohl, was darin fiir ihn lag.
Er trat bescheiden nitber und fagte
leife:
»Ja. Vater. untere Vorderen wa
ren gewiß sehr tapfer-e Mannen uno
ich würde auch gern einer werden.
Alber- gibt es denn nur den Kampf
mit dem Schwerte. darf man sich
sucht mu dem Wem cum alt km
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Der Ohr lässest-. Jst M. III
wenn ich Frau Some spenden hört-Z
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simt M Im ius- hast«
Der Oberst strich nachdenklich liber
den Bart. Dann nach einer Weile
sagte er:
»Ich habe dem Grafen Güsow ge
schrieben, daß wir übermorgen mit
tag bei ihm speisen wollen, es läßt
sich schlecht absagen. — Aber gebe
heute zu den Lehrern und zum Di
rektor — die Jungens kannsi du
bitten, wenn du das uächstemal auf
Urlaub kommst. So eile dich —- um
8 Uhr haben wir einige Gäste!«
Als Ernst sein Zimmer erreichte,
seßte er sich an sein kleines Pult am
Giebelfenster und siiitzte den Kon in
die lDanko.
Das sollte sein Abschied sein —
sein Abschied?
Die Freunde, die an ihm, ihrem
Anführer, hingen, die sollte er,nicht
:wiedersehen? — Karl von hochwert
Inichi, die ganze Obersörsterfamilie
nicht? Was hatte der Vater für
HGründe zu dieser Maßnahme? Jn
Ernst bäumie sich alles aus. Er
blickte auf die Uhr.
Abschiedsbesuche bei den Lehrern
— wohl und gut. Zum Direktor
ging er mit heran und dann zum
Bahnhof, in zehn Minuten führte ihn
der Zug der Lolalbahn bis nach der
Oberförsterei Wolffsegg.
Frau Shlvie, Anne mußte er
Adieu sagen —— koste es, was es wolle.
Er kleidete sich rasch an, lief die
Treppe hinunter, rief der Mutter zu:
»Ich mache ein paar Abs chiebsbesuche«
—- und rannte aus der Rosenvilla.
Am Gymnasiurn erst miiszi te er
seine Schritte und fragte den edell,
ob der herr Direktor Schrader zu
sprechen sei.
Leider nein, lautete die Antwort,
der Herr Direktor sei mit Frau und
Töchtern nach Wolfssegg gefahren,
auch Professor Lademann und Dot
tor Weis hätten sich angeschlossen.
Es war Ernst Fidus von Oster
witz, als habe er ebenso viele Ohrfei
gen erhalten, wie der Schuldiener Na
men nannte.
Was sollte er denn draußen, wenn
Oberfbrsters das Haus voll Besuch
hatten, wenn diese Gänse, die
Schrader - Mädel, ihm Anne und
Hilde hochwert wegnahmen und wo
möglich der Kandidat Lademann mit
Karl Scheibe schoß? —
Aber er mußte sie doch alle wenig
stens noch einmal sehen, und deshalb
bezwang er seinen Ingrimm und
ging doch zur Station.
Jn Wolffsegg fand er dann auch
eine große Gesellschaft zur Feier von
Karl von hochwerts Verseßung nach
Prima.
Frau Sylvie streckte Ernst die
schönen, schlanlen Hände entgegen.
»Ernst, lieber Junge, wie nett, daß
du noch einmal kommst — du kannst
doch nun den Abend bei uns blei
beut«
Ernst war ganz befangen, befan
gen wie nie zuvor, denn sein herz
schlug und sagte mit jedem Schlage
,,Das leiternal —- das letztemal!«
Er dankte der Oberfiirsterin und
sagte, daß er gleich wieder fort
müsse, da die Eltern auch Gäste er
warteten, ihm zu Ehren, er habe nur
noch einmal alle sehen wollen, ehe er
fiir immer scheiden müsse
Run traten ihm doch bie Tränen
in die Augen, und Frau Shlvies
flossen über; von ihren fünf Kin
dern, hatte sie wohl scherzend ge
meint, sei ihr das sechste, das
fremde, das liebste —- niimlich Ernst
Fidus von Osterwitz. Anne aber,
die schlanke, liebliche Anne, flog an
Ernsts Hals:
»Erni, lieber Erni, bleibe uns
treu, laß dich nicht in den alten,
bunten Rock stecken, den du nicht
magst —- du wirst ja unglücklich
Meini
»Das darfst du nicht lagen. lleine
Anne.« meinie er und strich ihr zärt
lich Tiber das Blondhaar. »Sieh
ich muß doch meinem Vater gehorchen.
und da darf niemand mir abreden,
und wenn ich unglücklich werden soll,
kann die Kunst mich erst recht nn
gliicklich machen —«
»Die Keins beselii. fees-L AMICI
erilsiiree das ileine Mädchen, »und
wer ieei iii, innn nie unglücklich
verwei«
V- icrn der Direiior. «9iun,
mein lieber Oper-vix Sie wollen
wirklich das vannlimn verlassenf
ircsie er sehe freundlich.
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musi· rief komd .Sein Dreier will
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sich i- dieiee sei-rede noch ein-is
einein-»- und Im Jem- deren
s» eee Mitleids stehen«
i
De: Oberförster von hochweri trat
zu den beiden; et hatte das Anerbie
ten des Direktors gehört.
»Lassen Sie das nur, lieber
Schrader,« sagte er, «mein Freund
jOsterwitz hat seine eigenen Ideen,
bund das Glück, das er seinen Kin
; dern baut, soll das richtige sein!«
; Schrader zuckte die Achseln. »Nun,
Jvielleicht geht alles noch«besser, als
wir jegt denken; nur den Mut nicht
verlieren, Ernst, und das Vertrauen
aus sich selbst und die eigene be
sreiende Krasi!«
»Wollen musizieren!« rief da die
lleine bilde. »Weißt du, Ernst Fi
dus, das war immer deine beste Me
dizin!«
Sie gingen in das große Musik
zimmer. Die Fenstersliigel standen
weit offen; die Gesellschaft hatte sich
in die anstoßenden Zimmer versügt,
nur Frau Sylvie, ihre drei ältesten
Kinder und Ernst Osterin versam
melien sich um den prachtvollen
Stutzfliigeh dessen weicher Ton am
deutlichsten verriet, wie musikalisch
die hochwerts sein mußten.
Frau Sylvie präludiertex grosse,
schwere Altorde zogen in den Nach
mittagssonnenschein hinein.
Und dann leitete sie über in Beet
hovens süßes
,,Es grünet der Maien, es lachet die
Au, »
Die Lüfte sie wehen so linde, so;
lau.« — i
Die Ki dersiimmen sehten einJ
dann Ern s und Karls tiefere?
Töne.
Die Mädchen sangen mit einer Jn
nigteit, die weit über ihre 15 Jahre
ging; tiefes Kunstverftändnis lag in
jeder Note, durch und durch musika
lisches Können. Das war Frau
Sylvies Erbe für ihre Töchter; sie,
die einst eine große, berühmte Sän
gerin gewesen, hatte sich in des hau
ses Frieden, in die Einsamkeit der
Wälder ihre Kunst hineingerettet, die
ihr den düstersten Tag licht, die
schwerste Stunde leichter machte.
Und in diesem glücklichen, gesegneten
Hause hatte Ernst Osterwitz durch
Jahre gelernt, das Leben zu neh
men« wie es ist, sich abzufinden mit
dem herbsten im niemals unterge
henden Lichte einer Kunst, die das
ganze haus verklärte und ihre
Strahlen in die Herzen aller derer
warf, die das Glück genossen, hier
verkehren zu dürfen.
Nach und nach hatten sich die
Gäste und Angehörigen des hauses,
den süßen Tönen folgend, tm Salon
versammelt und standen atemlos lau
schend am Eingang zum Musikzims
mer.
Und dann kam es allein aus Ernst
Fidus’ tiefster Brust, mit Tönen, er
greifend und wundersam, daß selbst
dem alten, trockenen Professor Lade
mann die Tränen in die Augen tra
ten:
»Nimm sie hin denn diese Lieder,
Die ich dir, Geliebte, sang —
Singe sie des Abends wieder
Zu der Laute süßem Klang.« —
Und dann die Schlußzeilem
«Denn ein liebend Herz erreichet,
Was ein liebend ers geweiht!«
Sie stürzten au die schöne Frau
zu, sie drückten Anne und Htlde ans
herz, sie schüttelten Karl und Ernst
die Hände, und Ernst fühlte, dies
Lied hatte ihn Frau Sylvie gelehrt,
damit er alles Schwere ertragen
lerne, die Trennung von ihr und
Anne und all das andere!
Da stürzte er Frau Sylvie zu Fü
en und ergriss ihre weiße Hand, be
ckte sie mit Küssen und stürmte an
den anderen vorbei hinaus.
Annie rannte hinter ihm her; er
aber blickte sich nicht um, sondern
lies, was seine Füße ihn tragen
konnten, dem Bahnhos zu.
Gerade als die Frau Stabsarzt
Brümmer in die Rosenvilla eintrat,
tam Ernst Fidus ernst und rulyig in
das Gesellschaftszimmer seiner Mut
ter hinein.
Frau Stabiarzt Briimmer war ei
m scxtvändtr des Obersiem die Forli
ier eines verstorbenen Osten-its die
sich erdreistet hatte, diean jungen,
iiirqerlichen Arzt zu heiraten. der
aber schen ein Jahr nach der Doch
seit starb. Die Familie hielt ei
nun siir ihre Pflicht. sür »die arme
Sidonie.« wie iie all emein dei Vet
tern und Baien hie zu sorgen.
Man liedie die arme Sidanie übri
iens nicht sehr in der Familie, weil
te eine sedr icharse Zunge und eine
recht unanaenedme Art hatte. gerade
uder die herzufallen, die das meiste
site sie taten.
prau von Qiteewis hatte Angst
var der liessen Kuüne ihres Mannes.
und doch muste ite aus iie Ist-et
fscht nebenan und sie iedeemai eintri«
den« use-s tie nur endet oder drei
Linien-en sei sich last
Jetta ader send in Taste Gide
nie eine led- iuepntdtidt Verwand
te. Ins-Jede tue-nat- akte Heide-ten und
zee n at n in r Ian
sn Gatt. M Jew time ev ts
atee. die Qisense uns die since
dem-stehen s- tin-en
,Æe sue sie Ieise-andeute
dsee essen asee seist· sue-ie- die
W Mitsiere U zu frage-. sen
ke see Wiss-II wiede- ein-eng
Des-di It. aber M vermied sen-a
Wes-deine Linie-sein« ant ein die
LWU steile-ie. das der bete-sinkst
lieber ncit dem Mantel der Liebe
verhüllt haben würde
Die Damen waren natürlich schlau
er, sie lannten die Beziehungen der
Briimmer, die mit allen Vermiete
rinnen und Waschfrauen in Meierils
in Verbindung stand.
Sie hüteten sich wohl, der bösen
Zunge der »armen Sidonie« Grund
zur Durchhechelung zu geben. Und
warnten sich unterinander vor der
»Regimentztante«.
Herr von Beyssel kam als letzter
zu dem zwanglosen Abend beim
Obersten. Jelka und er standen aus
itgendeinem Fuße miteinander;
auf welchem, daraus wurde selbst
Sidonie Brümmer nicht klug.
Auch heute schritt der Regiments
adjutant an der Tochter seines Brot
;herrn vornehm grüßend vorüber, und
Nachdem er Frau von Osterwitz die
Hand geküßt und die anderen älteren
Damen flüchtig summarisch begrüßt
Thattr. trat er in das Arbeitszimmer
des Obersten, in welchem nur eine
einzige große Lampe unter rotem
Schleier mitten aus dem Sosatische
brannte; in deren Lichtlreig sah er
»Ernst Fidus sitzen, allein und in tie
fem Sinnen.
»Guten Tag, Erns,« sagte der
Oberleutnant und klopfte ihm aus
die Schulter. »Nun, wie schauks
aus-, uno wag yar oer Tag gemacht-r
Ueberrascht sah der Jüngling in
das braune, männliche-ernste Gesicht
des Offiziers. Er wußte wohl, daß
Herr von Beyssel ihm gut gesinnt
war, daß er sich aber sogar seinet
wegen zum Nachdenken zwang, rühr
te ihn beinah.
»Der Tag hat mir viel gegeben,
Herr Oberleutnant,« antwortete
Ernst nachdenklich. ,,Erstens hat er
mich gelehrt, mich und meine Hofs
nungen und Wünsche als tote Din
ge zu betrachten, die das Leben weg
spült mit der großen Woge, die
man ,,Verhältnisse« nennt; wohl
können wir uns stemmen gegen
die eiserne Notwendigkeit, aber sie
wird immer Gewalt über uns haben,
nnd zwingen, uns zu Füßen zwin
gen werden wir sie nie! Und dann
hat der Tag mich noch eins gelehrt,
nämlich: trotz aller Bitternisse, die über
uns verhängt werden, ist doch noch
immer ein Tropfen Süßigkeit im
Leidensbecher, der es uns möglich
macht, ihn ganz zu leeren.«
»Sie junger Philosoph, so viel Le
bensweiöheit hätte ich hinter Jhrer
Knabenftirn nicht gesucht; aber,« fuhr
der Offizier fort, »du Sie Sie sich
zu der Erkenntnis durchgerungen ha
1«en, nehmen Sie meinen Glück
wunsch dazu.«
Jemand öffnete die «Tiir, und die
beiden, also gestört, schwiegen und
gingen dann, von gleichgiltigen Din
gen sprechend, zurück in den Salon.
Jrgendwo fiel eben das Wort-:
,,Der Prinz kommt nach Meieritz und
wird das Regiment, vor allen Din
gen aber die Forsten besuchen!"
Es war die »arme Sidonie«, die
diese große Nachricht tvie eine plat
zende Bombe unter die Bersammeltm
wars.
»Der Prinzi« ries Jella von
Ostern-is »Welcher Prinzi«
»Aber Jelta, das weißt du nicht?«
sagte vorwurssvoll die Brümmer.
,.Der Sohn des Fürsten von hohen
gratiMeiertt, Bring Alexander von
Vohengratx er sieht bei den Füsilie
ren der Königin in Parkdamm und
wird zum erstenmal als Repräsen
tant seines Vaters aus Reisen »ge
schickt!«
Frau Oberstleutnant von Men
gers nickie; sie war einmal vor lan
gen Jahren stellvertretungsweise am
Hofe zu Hohengrat vierzehn Tage ge
wesen und galt daher im Meieriher
Damenlreise fiir sehr demandert in
den hösischen Angelegenheiten
Also die Frau Oberstleutnant nick
te Beifall:
»Sie kennen Jhren Gotha." sagte
sit lobend zu Frau Briinriner. »und
wissen Sie, daß Seine Hoheit noch
eine andere Mission außer der milii
iiirischen und sorstlichen zu ersiillen
I..0
—0
.So. was denn? Erzählen Sie,
bitte. bitte. gnädige Frank« Es ent
stand ein Sturm uin den Mag ne
ben Frau von Mengerentnd endlich
trnnte sie berichten:
.Ja, meine Tochter, Frau Ritt
meistrr von Kammer. teilt mir mit«
case rnan sich bei Dose zutuschelt. der
Ort-u Alexander sei aus die Braut
schau geschiat und solle die Prin
sesstn Adelgunde eventuell detcnsiids
ren. die Schwester des Königi«
»Und. Marthe-IF sagte Frau ;
Stadt-r t drum-net .So ein tlets ’
nrr itrit von Mierig wird eine
Mi- etøchter zur Frau erhalten; i
Bes- Melrgert. deren tti sicher keine i
sede; ist bade erfahren. er soil uns
Rustiage der Frau piirflinregentin
etne dosdasne engagieren!« i
das The-ne wurde note alten sich-s
wogen dientest-reiten und seeau
seitens-er meinte zu ssuu uns
Osten-ist l
Eies-e Diana-. to barst-. ihr tu
Ik Ieise kurettath ein; Der
rieth eiksr is em- VrtOetIungP
. n Wir-en matst rosig-U
se II Wes-M die Frau Obers
. der ich verde sitt then rede-«
Tritt stdess Dritte aus on teilst s
W dies ein Aussen-L und sitz ges «
wessen sites gewann-M
M PMB Miit er. am der Mo
Fjur von Alihauz mit seinem Vater
über die Ankunft des Prinzen fprach.
Oftertvit lachte. »Mir ift noch
nichts notifizierl; mein Urlaub ist
von der Brigade bewilligt, alfo fehe
ich nicht ein, warum ich Um Bett
Prinzen zu Hause bleiben foll. Uebri
gens, wenn er mich sehen und spre
chen will, ich fahre ja nach Pari
damm, zu meinem .Fteunde, dem
Grafen Götzen-; da kann man mich
ja finden!« ,
Ernst Fidus' Herz hämmerte im
mer ängstlicher; wie war ein Aus
weg möglich, wenn nichts dazwischen
lam?
Endlich empfahl sich die Gesellschaft
unter S erzen und Lachen und mit
allerlei önen Redensarten.
Als alle fort waren, trat Ernst
nochmals an den Vater heran.
»Morgenx, Vater?« fragte er.
»Gewiß, mein Sohn; unser Zug
geht um neun Uhr vierzehn; du aft
Zeit genug zum Packen.«
Dann eilte er zur Mutter. »Ma
ma, wir reisen wirtlichl«
»Ich weiß es, Herzengjunge,« sag
ie fte leife. »Sei tapfer und denke
itzsisxner daran, daß du ein Ofterwik
bt .«
»l) Das war ihr ganzer Troft für
i n.
IIIIQ
Der nächste Morgen graute.
Noch schlief im Hause des Ober
sten von Osterwiß alles.
Der Wachiposten vor der Haustür
schritt fröstelnd auf und ab, denn
der Morgen war frisch, und ein
leichter Wind kam über den Strom
Heriiber und schüttelte die Kronen
der alten Linden vor der Rosen
villa, daß die Zweige ächzten und
die zarten, jungen Blätter erzitterten.
Jm Stall hinter dem Hause klirr
te ein Halfterlette, dann inarrie die
Tür der Sattellammer, und schließ
lich war’s dem Posten, als wenn er
die rostige Klinke des Mauerpsört
chens, das hinter dem Stall auf die
Stromwiesen führte, hätte gehen hö
ren. Jetzt —- ja, wirklich —- jetzt
tönten gar leise Pserdehuse da an
der Mauer entlang.
Der Musketier konnte freilich nicht
um die Ecke schauen, denn er durf
te den vorgeschriebenen Weg nicht ver
lassen; aber es schien ihm doch wahr
scheinlich, daß da hinten in dem
Stallgebiiude nicht alles in Richtig
keit sei.
Kurz entschlossen trat der Mann
an die Schelle, die sich am Portal
der Rosenvilla befand. Er läutete,
als ob die Diebe ihn schon über
wältigen wollten
Oben öffnete sich ein Fenster; der
Oberst selber sah aus demselben in
das undeutlich verschimmernde Grau
des feuchten Morgens.
»Nun, Posten, was ist los?« frag
te ter mit seiner lauten, kraftvollen
Summe.
»Besehlen Herr OkssL glaub’ ich,
daß Pferd is gestohlen!«
Der Oberst war mit zwei Grif
fen in den Sachen, weckte den Bur
schen, der in einer Mansardenkams
mer der Ban schlies, und beide ta
men mit einer brennendenStallaterne
die Treppe hinab undeitten nach den
Stallungen. Noch lag die Dämme
rung derbiillend iiber allem, nur im
Osten schimmerte ein bellerer, gelb
licher Streifen.
Jm Stall fiel der schmale Liebt
schein der Laterne rot und diister in
die Stände.
Laura, des Obersten Leibpferd,
lag noch still im Stroh, hob den
feinen Kon schnoppernd in die Hö
he und pustete müde und schsäsrig
den Atem durch die samtweieben
Flüstern Auch die Ponystute Ko
ra, die für den Partwagen der Frau
ron Osterwitz bestimmt war und sriis
her, als Ernst und Jelta noch Kin
der waren, die Schuliahrten besorgt
hatte, stand ruhig an der Krippe und
setzte zum Pläsier ein bischen aus, ei
ne Unart, die am Tage nicht geduts
tet wurde. Die große Box, in wel
cher Pfeil. ein Rennpserd aus dem
Stall des Grasen Laporte, Frau
isnn Osterwin' Vater, sonst zu sieben
Pstegte, war teee.
Der Schimmel, der aus dem grünen
Rasen so ost Sieger gewesen« war
oerschwunden.
Michel. der Pserdevstegee, stand
mit einschlafen-m dumme-n Bauern
sunaengeiicht daneben bentie nnd
mäsetue sitt- mit der breiten. anfan
Tseren Hand die Tränen ab, die Fin
ger dann am Lederdesas der Hose
:eidend.
! Der cderit streitet-te und set-alt —
idte Vor dtikks teeet
Kein Zxoeiiet das Werd ers-er ne
fechten
Da iaa etwas W Liedern das
tkiste ans im ernst-deren Liebt der
kam-C Mistet dttetke iich in seines
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