Die Bloomfield Germania. (Bloomfield, Nebraska) 1???-1914, August 07, 1913, Der Sonntagsgast., Image 8

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    W
Utah-es Eise-ringe.
Eine Erinner g an die Zeit der Be
freiungskkiege.Vc-11Kötl)e Damm
Wir sind diesesenal wieder alle zum
Weihnachtsseste und zum neuen Jahr
aus etlenhagen versammelt gewesen
aue aders —- so eine Art Familien
tagl Wir sind auch alle gern ge
kommen, tennen es seit unsern Kin
del-fahren nicht anders, als es uns
überhaupt unmöglich schien, Weihnach
ten anderswo zu veriebenl Die Ha
ders, auch die angeheirateten, fügten
sich der Ueberlieserung und — der
Pietät, die sie alle Jahre um die grei
fe Familienseniorin schart, die nun
das 85. Lebensjahr vollendet hat.
Wenn Großmutter, die Urenlel auf
den Knien wiegt, nicht mehr ist
dann wird auch wohl diese Weih
nachtsversannnlung aufhören. Bruder
Helmuths junge Frau, die darauf
hält, eine modetne Frau zu sein, er
klärt sie silr Familiensimpelei. Git
ta, die eigentlich Auguste heißt, ist
alt Aonzertsiingerin international, ist
Koimopolitin geworden; sie versuchte
es auch zuerst, Helmuth, den streit-»
baten Rechtsanwalt, von den weih
tlachtlichen Besuchen aus Pettenhagen
surlickzuhaltem sand die alte Feier
mit Tannenbautn Geschenken, Leute
be cherung, Kindergesöngen altmodisch, i
zii erlebt und wollte lieber nach St s
Worts oder, wenn helmuth nicht so!
lveit reisen wollte, wenigstens nach dein
Itiesengebirge oder nach Thüringen
um Zu tadeln. Helmutb aber blieb
- st —- er versagt seiner angebetetens
rau sonst leinen ersilllbaren Wunsch
s-—: «Solange ein haders aus Pet
ienhagen sitt, wird Weihnachten dort
«Ieseieet.«
Gina harrte sich, als ne am Mor
en des heiligenabends lau-, zuerst
n ihr srostiges Schweigen, aber in
der warmen, wobligen Atmosphäre
von Pettenhaaem die jedem Freiheit
sewiihrt, muß man ja ausleben.
Vater hatte geschrieben, dasz er die
- sesmal azrch etwas »Besonderes« sür
uns habe, wir waren alle gespannt
daraus. Alb wir fragten, vertröstete
er uns aus den Abend des Neujahrss
trage-, des ersten Tages von 1913.
Denn Weihnachten und der Silvester
ubrnd gehörten dort nach altem
Brauch auch den Kindern. Und dieses
ssesondere sollte siir uns Erwachsene
e n.
Gitta wollte es wieder mit dem
sreundlichen Spott versuchen, den sie
ost siir die Familie ihres Mannes
bereit hat, wenn es sich um Tradi
tion und Pietät handelt, diese beiden
Worte, die unsichtbar iiber dem
Schloßtor von Pettenhagen stehen.
Sie bat sie aus ihrem modernen
Wörterbuch gestrichen nnd behauptet,
et- lebe sich so olsne sie viel bequemer.
besser-, harmonischen Dabei sagt sie
aus der anderen Seite ost, dasz sie
eine komplizierte Natur sei.
Es war so natürlich, daß man am
Reuiabrsabend als wir so recht ge
miititch im Familien-Zimmer saßen,
Großmutter lebhaft und frischen Gei
stes, wie immer, mitten unter uns, der
großen Zeit von vor hundert Jahren
Jede-Gib
Ottta sagte: »Ja, die eit von
Ior hundert Jahren läßt sent n mei
Qes Menschen gar teine Ruhe; nun
rtcht ihr nur auch noch herum, ob
be nicht irgendwo etwas findet, noch
etwas Greisbares, Faßt-am, von An
no dazumal, ob nicht ein haders oder
« ein Versippter auch ais blutjunger
Mieter-sen am liebsten als freiwilliger
F er, mitsog in den Krieg, und eine
rs - Jungfrau ihre blonden oder
staunen Haare opferte. ob hier in
ewan die Franzosen oder Rus
sich einquartierten, oder ob im
lier irgendwo noch der eingemau
erte Schas liegt.«
uns-o pay eine ytau etwas I
II Mund an. das M er sonst
sh. am sie sagte es bemerkend:
M mich unt rede-h wie mit du
Mc sen-schien ist — ich konsta
« Must- das bei emls Dadu- al
As M k« Miste-et Oper-U tode ·
Ists-sum so stät-lich mit Ostens
Mitten und ask Kinder so brav — I
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Vater war ausgestanden und an
den alten Schreibtisch getreten, der
schon seit so undentlicher Zeiten am
Fenster seinen Platz hat, und es war
eine sast seierliche Stille, die selbst
Inichi ein kecke-s Wort Giliaö unter
brach, als er ein Fach dort ausschloß
und mit einem altmodisch verschlosse
nen, mittelgroszen Kästchen wiederkam,
wie solche just vor hundert Jahren
Mode waren, von rotem Maroquinle
der mit schmalen Goldbörtchen. Ueber
dem Kästchen war ein breiter Papier
sstreisen befestigt, der ein Siegel mit
Idem Haderöschen Sternentoappen zeig
zte. Aus dem stand in altmodischen
Schriftziigen in schon leicht verbli
chener Tinte: »Meine Erben und
Nachkommen sollen am Neujahrstage
1913 dieses Kästchen össnen. Nicht
eher. —- Am 16. Juni 1871. —- Bil
toria von Haders."
Ei ist etwas Merkwürdiges um
solch alte, verblichene Schriftziige,
die eine warme band schrieb, welche
nun schon so lange Jahre von aller
Arbeit rubt s zu Staub zerfallen
ist. Was sie da schrieb, das ist ein
lebendiger Gruß, das tst etwas, was
der Geist gedacht, das Herz gestlblt
bat, und solch ein Gruß muß den
Weg sinden zu den Versen der Le
benden.
Vater nahm aus dem derstegelten
Leinenbeutel, der am Griss hing, den
Schlüssel und schloß das Kästchen aus
Welche verschiedene Gedanken gingen
dabei whol durch den Sinn der Ver
sammeltenl Was war in dem Käst
cheni Etwa noch ein besonderer
Schmach ein besonderes Kleinods
Vielleicht —- in Seidenpavier ge
hüllt, l da in kleiner- anscheinend
harter cBogen and obenaus. Vater
nahm ihn und schlug sacht das Pa
pier auseinander. Zwei zusammen
geschmiedete eiserne Traurige kamen
zum Vorschein, und Vater las halb
laut die Jnschrist: »Gold gab ich
stir Eisen-«
»Wus3test du, Mutter, daß deine
Schwiegermutter Eisenrtnge hattei«,
fragte Vater die Greisin, deren zit
ternde welke Hände die Ringe sent
hielten.
»Nein —- Mutter hat nie davon
gesprochen. Es können auch nicht
ihre undHaders’ Trauringe sein; denn
Mutter hat Malte Haders erst im
Jahre 1815, als er aus dem Feld
zug karn, geheiratet.«
,,Also sind es die Ringe ihrer kur
zen ersten Ehe,« bestätigte Vater.
Großmutter blickte lächelnd die
Ringe an; dabei sagte sie: »Meine
Schwiegermutter Viktoria haders
war eine seltene Frau. Immer gütig,
immer sanft, immer still, immer ver
ständnisvoll. Deshalb verehrten und
liebten sie die Leute, die sie kannten,
deshalb schäzten und liebten wir sie.
Nie war ste htrrisch, hart oder rauh,
auch in den schlimmsten Nöten wußte
sie Trost, suchte sie Nat zu schaffen.
Immer stand sie mit weiser Ruhe«
iiber des Tages kleinen und ileinli
chen Sorgen und Begebenheiten. Was
ihr der Laus der Jahre brachte —- sie
ist vierundachtzi Jahre ali gewor
den — trug sie mit Würde und
Stolz. Ich habe nie gelegen. daß
sie ratlos. mutlos war, daß e klagte,
im Gegenteil, sie wußte denen, die
Rat von ihr erbaten. zu raten, wußte
jene, welche trosilos waren. zu ird
sten. Meinem Manne war sie-.»die
treueste, verständnisvollste Mutter.
Von ihren Jugendjahren sprach sie
nicht gern, und ihres Lebens bitter
ster Kummer war ihr verschollener
Sohn aus der ersten Che. Indessen
auch diesen Kummer hat sie stolz und
groß und ohne Klage getragen. Ober
flächliche Menschen. die das setz
selbst aus der Zunge tragen und das
auch gern an anderen beobachten, ha
ben sie auch wohl hart und gesiihllos
gescholiem sedcch auch iiber solche
ileinlichen Urteile war sie emporg
wachsen. Als ich ihr einmal —- ch
verehrte meine Schwiegermutter sehr
— sagte. wie ich ihre Greise undj
Ruhe bewundern und das ich sie
darum beneiden möchte. erwiderte sitt
Meine beuge m mer ntche tn des
cchv gefallen. ich bin nicht von Ra
tur e n ruhiged Gewitt. ich habe auch
ausbegehri gegen des Lebens Rbte —
ich habe bitee kämpfen Iniissen um
»dieses Gut. das mir iin dir Höhe
lweb den Abend meines Lebens wur
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MWWHUWW ..WMMWMWWWK » Mkww
MTÆ IV kwwxmwwk
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WWMFWU —»»«»»»
—
Irem Leben zu erwachen nnd erstatten
begann, hundert Jahre her sein wird
—— sollt Ihr es lesen oder Eure Rach
kommen.
l Siebzehn Jahre war ich alt —- es
war im Sommer 1807 ——. ais- ich
Malte von Haders zum ersten Male
sah. Aus einer sehr stillen Hochzeit
der Consine Eugenie mit einem blut
liunaen Leutnant. Malte von Haderö
Lwar auch Leutnant in einem Grenas
dierregiment, und wir saßen bei Tisch
zusammen, tanzten miteinander und
ssiihltem daß wir stireinander be
sstimmt waren. Aber gesprochen ha
Iben wir darüber-nicht auch nicht beim
iAbschied —- wir wußten es ohne
iWorir. Er hat mich um ein Veilchen
;aus meinem Kranzfsdas habe ich ihm
:gegeben.
Jch war den Abend so glücklich,
wie noch nie. Aber-, laum heimge
tehrt, gab es ein kaltes Sturzbad
aus meine Hochzeits- und Brauijungs
sernwnnr. Vater machte mir bittere
Vorwürfe, daß ich Franz Lehnhardt
zu wenig beachtet hatte. Franz Lehn
hardt war Kaufmann, der Sohn von
Vaters bestem J endsreund und hier
in einem großen anlhause.tätig. Er
wollte bald ein eigenes Geschäst grün
den, es hieß, sein Vater set sehr
reich. Jch war immer harmlos freund
iich zu Franz Lehnhardt, er tam oft
zu uns, aber ich hätte nie daran ge
dacht, daß er mich heiraten wollte
Vater sagte es mir und schalt, daß
ich so gesiihllos und herzlog einem
Manne gegenüber geween, der mich
so liebe! Jch war wie erstarrt, ich
durste ja nie irgend etwas anderes
denken, als Vater und Mutter stir:
gut fanden, aber daß sie mir vor
schreiben«sollten, ich solle nun mit
einem Male Franz Lehnhardt lieben-s
das konnte ich ihnen nicht zusagenp
,, rag Mutter, du mußt ihn lie
ben,« donnerte mein Vater und schlug
mit der Faust aus den Tisch, daß die
Kerzen sast verlöschten. - l
s .,,Wie kann ich aus Befehl liebentc
sragte ich, so ruhig ich konnte.
»Liebe erweckt Gegenliebe,« versetzte
meine Mutter, die niemals wagte, ih
rem heftigen Gatten zu widerspre
chen.
Vater aber sagte mit seiner eisi
gen Ruhe, die so siirchterlich war,
weil man genau wußte, daß er das,
was er in dieser Ruhe sagte, durch
seßte um jeden Preis: »Du brauchst
Lehnhardt nicht zu lieben, aber du
wirst ihn aus jeden Fall heiraten.«
Jch iies zu Mama, ich iiißte ihre
Hände, ich bat, ich fleht-, ich wollte
mich Papa zu Füßen werfen —- aber
es war alles vergebens. Es hieß,
auch bei der Mutter: »Kinder müssen
gehorchen, du mußt Lebnbardt hei
raten, er hat um dich angehalten. Er
wollte schon nicht, daß du aus diese
Hoch eit gingst, Mama wollte dir die
ses Zeugendvergniigen nicht nehmen.
Nun hat Lehnhardt doch recht gehabt,
die Leutnants und ihre Unisorm ha
ben dir Kops und Sinn verdreht —
ein Leutnant —- tn dieser schlimmen
Zeit — welch eine jammervolle Zu
kunft —- dagegen en reicher Kaus
herr, ein Mann, der dir jeden Wunsch
erfüllt, in dessen hauen nie Sorgen
einiehren werden —- —"
Jch sagte, ich wußte kaum, wo ich
den Mut dazu hernahm: »Aber du
bist doch auch Beamter, Vater —
lieber Vater, ich will ja gar nicht hei
raten, ich bin ja noch so jung, laß
mich doch bei euch bleiben —«
«Gerade, weil du noch jung biss
gewöhnst du dich leichter in andere
Verhältnisse, du mußt im übrigen
Lehnhardt heiraten, ioeil ich ihm
mein Ehrenwort gegeben habe, daß
du seine Frau wirst, weil ich, der Ge
heime Dosrat Clemens Heilwiß, mein
Wort nicht breche und weil ich diesem
Lehnhardt Dant schuldig bin.«
Jch versuchte es noch bei meinem«
Bruder-, Conrad kam just dazu, alt(
wir noch unterhandelten« ich bat«
»Er-mad, hils mir'·, aber Eonrad
stand zu den Eltern. Mit sansten.
schmeichelnden. giitigen Worten ereiihlss
.te or mir wie Gesteins-di mich Hoch
wie er mich aus sit-den tragen wär-»
:de —- ich habe zu spät ersahren, wes-J
s lb conrad su den Eltern stand:
ebnhardt deiahlte seine ihn drucken
den. nicht unbetetichtlichen Schulden.
Psebn rdt »ei- eine syst-Je- aui Ba
,teri us in Berlin. daß es nicht in
säwangspeesteigerunsg oertaust wur
I .
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s so was om Ists-ou sum-.
x wes L- dam Im Maduq und
sitt u In — du- Iutdäs Its un
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As in Mu- sch. In M
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nen er sich meiner Eltern Zuneigung
-erschlichen, mit Täuschung und List
fein ileines Vermögen als vielmal
größer scheinen zu lassen —- binnen
drei Jahre war alles verbraucht —
wir waren arm — ganz arm. O
diese Stunden qualvoller Not-i Nie
werden sie ausgelöscht sein aus mei
nem Gedächtnis.
Alles umsonfti Alles dem Schein
-der Lüge geopfert! Lehnhardt nahm
"in Stettin eine Stellung in einer gro
ßen Schiffsreederei ein, ich mußte mit
Waldemar zu den Eltern ziehen.sIch
tat ’es nicht gern, aber wo sollte ich
hinit Und die Zeiten waren schwer,
Vater war jetzt außer Dienst, oft hat
ten wir nicht genug für den näch
ften Tag, alle Wertgegenstände wur
den verlauft und vers-fänden
Kein Tag verging, an dem ich
nicht das Gelöbnis mir ablegtet
Nichts über die Wahrheit. Der Lü
ge, dem Schein war ich geopfert wor
den.
Lehnhardt fchrieb selten, er fühlte
wohl feine Schuld, aber er war zu
feige, sie einzugestehen. Er wollte
auch nur tiber Waldemars Ergehen
hören, und davon berichtete ich ihm
Einmal hatte ich das Wort »Schel
dung« ausgesprochen und diefesmal
hatte Conrad mich unterstiiitzsaber
Vater und Mutter eriliirtent Um
Gottes willen —- teine Scheidung —
eine geschiedene Frau, welch schweres
Schickfalt
Meine Kraft zum Kampf war er
lahmt. Jch fand nur noch wortlofes
Gebet um Frieden. -
Jm Dezember 1812 — wir mach
ten gerade ganz befcheidene Zuriiftun
gen zum Weihnachtsfest —- lam eine
expresse Nachricht aus Stettin: Franz
war, die Ladearbeiten auf einem
Schiff beaufsichtigend, in die Oder ge
siilrzt und dabei einem Herzschlag er
legen. Denn man hatte ihn sofort ge
rettet. Sein Grab hat er in Stet
Zin gefunden. Jch habe es nie gefe
en.
Jch lebte weiter von einem Tag
zum andern ftill meinen häuslichen
Pflichten, meinen Pflichten fiir Wal
demar. Jch hoffte nichts mehr für
mein ferneres Leben — und war doch
noch fo jung! Jch konnte »keine
Pläne fassen, konnte mich nicht auf
raffen, auch nicht, als Vater starb.
Und dann kam der Sturm — dann
kam die große Zeit, da jedes einzel
ne Schicksal fo klein und nichtig fchien
gegen die große Sache, die man er
lebte mit fehenden Augen: wie ein
Volk aufftand zu feiner Befreiung
von jahrelangem Druck. Trotz feiner
Armut!
Jch hätte fo gern auch etwas gege
ben —- ich hatte nichts — nichts au
ßer meinen Trauringen Sie waren
von weichem, schönem Gold, fo weich,
wie mein unfelbftiindiges Gemüt da
mals war, als man mir den Ring
Lehnhardts an den Finger steckte. Jch
trug sie nie —- fie drückten mich und
erinnerten mich an die schwere Kette
meiner jammervollen Ehe. Jch gab
fie freudig hin —- es war mir kein
Opfer.
Aber als ich die beiden eifernen er
hielt, wie alle, die ihre Trauringe ge
geben hatien, da erfaßte ich das
Wort: «Gold gab ich für Eifeni«
Eisen! Hart« feft, fturmbewiihrti Ei
war mir wie eine Mahnung und —
ich trug die Eifenringe an einem
Band um den hals — bis —- ja·
bis ich im Lazareti am Oranienbur
ger Tor in Berlin, wo ich helfende
Pflegerin war, den fand, an den zu
denken ich nie mehr gewagt hatte —
Malte von Haders. Er hatte bei
Leipzig ein Bein verloren, und fein
zerfchoffener Arm war fteif geblieben
—- und er wagte kaum, m ch zu fra
gen, ob ich das Weib des Invaliden
werden wollte — ich wurde es mit
tausend Freuden. Ich fal- wieder
ms Malt-s Jammetgestalt, eia
cliick vor mik! Malte hatte von ei
nem Odem ein Gut geerbt — Pet
tmhaqen —- da zogen wir ein froh
und glücklich. Und et wurde ein
heb-sollst Vater sitt Walde-nat und
Ist feines Ida-neu Sohn —- Gerka
Odah et IT et Ums mein fein
distsms Aber se schrecklichen Bet
Iouadungeu hatten aaddte We Leb
den tm Gefolge —- siluf sum Jahre
Im —- und man trug ihn sur küd
tm Grun. Muse ev hätte Isme
Iuein fein Miit-II fluch um Dolde
"ams willen! im nun wann MI
dcmc und Get mtkm Pflicht Und
J upon-! si- Mches Lebe-h ein
I Ohms Lebta! M- Mmm Lebt-IS
IM Mc Oh Eise-risse nicht m
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W —- wusch-LIMI
Seiten schrieb er, wenn er fort
war — es mochte Monate, mochte
Jahre dauern —- vlößlich unerwartet,
unvorbereitet war ers wieder da! Jch
hatte in all diesen Jahren, die schwe
rer waren, als irgendjemand ahnt,
tetz gehofft, er würde einmal-kom
men voll Reue iiber fein verfeviieö
Leben; aber wenn er lam, war er,
nach einigen Tagen größter Abivani
nung, immer heiter, imn er froh, fo
als fei nie etwa-Z zwischen uns ge
treten, als komme er aus den geord
netften Verhältnissen Nie ein Wort
des Bedauerns, nie ein Wort der
Reue über verlorene Zeit, auch nicht,
als Gerhards Laufbahn als Offizier
eine glänzende ward. Jn dem war
ein Mann mit eisernem Wollen, mit
festem Mut, mit klarer Tatkraft auf
gewachsen. Welche bangen, trostlofen
Nächte habe ich durchmachti Gequält,
L epeinigt von sdem Gedanken: »Dein
ist die Schuld, daß Waldemar ver
loren ging!«· Und doch, wie ich auch
nachdachte, er war genau so erzogen
von mir, wie Gerhard. War er auch
das Kind des ungeliebten, mir von
der Eltern Gebot aufgezwungenen
Mannes —- in der furchtbaren Qual
dieser jammervollen Ehe war er ja
mein Trost gewesen, meine Hoffnung,
war er es, dem ich alle Liebe meines
herzens gab. Denn die Liebe fiir
die Eltern, die ich — neben der unbe
dingten Unterordnung unter ihre Ge
bote —- doch fiir sie gefühlt, war da
mals erloschen, es war nur allein
das Gefühl der Kindegvflicht in mir
geblieben, als ich zu ihnen zurückkeh
ren mußte.
Aug Buenos Aires hatte ich vor
zwanzig Jahren den letzten kurzen
Gruß von Waldemar, er erhat sich
hundert Taler, die ich aus ein dorti
ges Banthaus anweisen sollte. Ich
habe sie anweisen lassen und bekam
Nachricht, daß er das Geld erhalten
hat —- seitdem ist er verschollem Jch
wiißte gern, wo er nach seinem wit
sten Leben eine Ruhestatt sand —
sei’s so —- sei’ö in liihler Erde.
Als Gerhard den Abschied nahm,
1866 nach dem Feldzug, weil.er, von
seiner schweren Verwundung bei Kö
niggriitz sich nicht wieder so weit er
holen konnte, um Ossizier zu bleiben,
und nach Pettenhagen zog mit seiner
ilieben Frau und seinen Kindern, von
jdenen Malte, der Aelteste, mir so be
sonders nahe steht, weil er meines
Malte Züge trägt, da habe ich die Ei
senringe verschlossen. Die Zeugen ei
ner eisernen Zeit, die auch aus einer
unselbständigem unreifen tatenlosen
Frau eine selbständige, selbstdenkende
Frau gemacht hai, welche vieles ge
lernt hat —- vor allen Dingen aber
"einö: das Ueberwinden! .
Heute, da die Erinnerung an jene
Zeit wieder ausgelebt ist —- nicht nur
vor meinem geistigen Auge, sondern
im ganzen Volk — heut hält man
mehr vom Schimmer des Gott-eh und
das Gold wird eine noch viel größere
Macht werden. Man wird nicht ver
gessen, daß man es einst —- gern und
;sreudig! — siir Eisen dahingab. Wird
eine solche eiserne Zeit wohl je wie
idertehren? — Jedenfalls sollen in
meiner Familie, solange ein Haderö
oder eine haders lebt, die Eisenringe
wertgehalten werden« weil sie die Er
wecker wurden der Urahne er Ha
ders zu neuem Leben. ,Gol gab ich
siir Eisen.« — —
Mit sester Stimme hatte Großvater
Malte zu Ende gelesen, nur einmal
hatte sie geschwantt, als Urahne von
ihm, dem Aeltesten ihres Gerhard
schrieb —- daß er Maltes Züge triis
e. —
g Unsere Blicke richteten sich aus das
Oelbild, das die Urahne in ihrem spä
teren Lebensalter zeigte; es war, als
wenn mit den Worten, die sie ausge
schrieben, diesem schlichten, keuschen
Lebensbekenntni3,. sie wirklich die Jhi
eigen grüßte.
U A
Terms Instit-H
anoreske von O. Bomben-h
Woldemat Semnieintanv- der
Diqien griibmr. Ein Vettegek
daiie ihm endlich den Gefallen getan.
den Gedicht-Dani- .Sietne und Stei
ne« iiit fiinf schöne. blaue Lappen
binnen. in Zelluloiddeckei binden und
Inii Gidichniii versehen n fassen
Das war immerhin ein In ang, oder
bis in den Jii n der Ruhm Ziiin
waren doch n mi ichene iuien
su erledigen. Eine im Ins-e um
noch die gönneesciie Many des
Ieimiiichen Medic-Ists « wesen.
du dein Minn steilen s- ne der
bindi ein set Mich-s Mitleids
M Mie. ihn Inii Amt nnd
is i d « «
its-. s-« »w- » »s
II W- m- Ielie. VMI
litt Eis aus sen Mi« hit
iesu sein-eisu- entschieden
II Mai sent-in its ein sei
MERMan
; II II - .
We Diksi Ists N II
diesseits-Inst insonde
einuwieiäesei nnd
W OQIU
WWIII «.4n
Stuhlmiete, Licht, Plalate, Inse
rate —- hundert Mart; Gewinn aus
Bücherveetaus und Eintrittslarten
sei natürlich recht und schlecht zu tei
len. Aber Woldemar Semmelmann
war prinzipiell gegen jedes Entree:
erstens einmal hatte er es von Hause
aus wahrlich nicht nötig, und zwei
tens —- das war der viel wichtigere
Grund —- siirchtete er nicht zu
knapp, daß er sonst etwa vor leeren
Stühlen die Kinder seiner Muse vor
weisen könne. Natürlich ließ er von
dieser Mutmaßung nichts laut wer
den. «
Besagter Abend kam, und Viele
Leute lamen, die meisten zwar weni
ger aus Interesse zur Lyrit im allge
meinen, als auch sür Semmelmann
im besonderen,. vielmehr aus ganz
einfacher Neugier. Vielleicht gab es
auch einen kleinen Standal oder sonst
eine Sensation, daß man es hernach
aufrichtig bedauern mußte, nicht mit
dabei gewesen zu sein. Aber nichts
dergleichen geschah. Jm Gegenteil,
der Abend erledigte sich ossen gestan
den, stir die meisten, recht zahlreich
erschienenen Anwesenden ziemlich
langweilig.
Nur einer, der nicht mit dabei ge
wesen war, verzehrte sich in eitel
Neid, Nachahmungslust und Konkur
renzwut: eben jener andere Buch
händler, namens Obmiiller. .Was
Ebmeier kann, macht Obmiiller schon
lange! sagte er sich und ging am
anderen Morgen zu Woldemar Sem
melmanm ob er ihm nicht auch in
nächster Woche stir ein honorar von
einhundert Mart das Vergnügen ei
nes Borleseabends bereiten wolle;
natürlich würde er die Retlame viel
geschickter und ameritanischer hand
haben als sein jüngerer Kollege;
Eintrittstarten zu drei, zwei, einer
Mart seien selbstverständlich; auch
die Kritik der benachbarten Residenz
stadt werde geladen; und den Gä
sten miisse in den Pausen Tee und
Kales serviert werden. »Glauben
Sie mir, junger Freund, das erhöht
die künstlerische Ausnahmesähigteii
immens!« schloß Herr Obmtiller, und
get junge Dichter sprach sein Amen
azu.
»Mit dem jungen Semmeunann
scheint doch etwas los zu sein«,
meinte man in den nächsten Tagen
topsnickend. »Es ist ja eine alte Tat
sache, daß einem manche Schönheit
erst ausgeht, wenn sie einem zum
zweiten, dritten Male nahe gebracht
wird. Es ist nicht alles Talmi. was
glänzt. Man soll nicht sagen, daß
wir-, ebenso wie Goethe einst Kleist
veriarmte. Ein Organ siir Lnrit
muß man sich eben in unserer Zeit
der Maschinen erst wieder.anerziehem
ebenso wie wir es verlernt haben, mit
den Ohren zu wackeln. Der Kampf
gegen den Atavismu5. Dehmel soll
ihm schon verschiedentlich geschrieben
haben. Absinth trinit er auch. Las
sen Sie sich nur« ja rechtzeitig genug
Piiitze reservieren. Man spricht vom
baldigen Auöverlaus. Das Schütte
sche Pensionat allein kommt stinsunds
dreißig Mann hoch.«
Der Abend brachte Woldemar
Semmelmann in der Tat ein volles
Haus, viel lauteren Beifall, einen bei
weitern größeren Verkauf seines Bu
ches als bei Ebrueier, außerdem sogar
einige schüchterne Backsischbitten um
ein Autogramm. Den beiden Vorle
sungen solgten in derselben Saison
noch sechs weitere, jedesmal abwech
selnd in einer der beiden seindlichen
Buchhandlungen. Heute ist Wold:
mar Semmelmann ein in seiner Va
terstadt allgemein geseierter Altmei
ster, dem man selbstverständlich jeden
ossiziellen und auch inossiziellen Pro
log anvertraut, ganz abgesehen von
dem verhältnismäßig gar nicht klei
nen Jahres gebalt honoris rausa.
Seine Vortragsabende sind stets
ausveriaust Ja. man verlangt noch
bin und wieder aus »Steine und
Sterne« den -..Le ten Schmetterling«
oder »Nun’d wie r lenzen will...«
als altbetannte »Schlager", obgleich
die Buchhandlung von Ebneeier, die
so schlau war. sich sämtliche Verlags
rechie des Dichters durch Generalver
tiag zu sichern, inzwischen schon siius
weitere, gar nicht so diinnleibige
Werte herausgebracht hat. So blieb.
dont dieses wiitigen Konturren -
tat-wiss- unserem lden der sonst so
schwere Weg se ner Neiniloll en
gänzlich undeianni; teine einzige e
ition war so unliedenbwiirdig. ihm
iManusirivte zuriiei usetiietern eben
kiveil er ibr niemals ioiche anzubieten
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