Die Bloomfield Germania. (Bloomfield, Nebraska) 1???-1914, August 19, 1909, Image 2

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Was die Nacht verbarg.
Roman von E. P. Oppenheim.
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l12. Fortsetzung)
Ihre große Aufregung war so un
verlennbnr, daß Heini unwillkürlich
steh-en blieb und tragm »Was ist
Ihnent Jst Ihnen etmig gescheii
den«-« ;
Das Mädchen hatte offenbar Ver-J
trauen zu dem eleganten Besucher ih-(
rer Herrschaft gefaßt, der mit Lrint-,
geldern nicht gespart hatte, denn fiel
zögerte nicht, ihm Auskunft zu gebens
»Geschehen ist mir gerade nichts-C sag I
te sie. »Aber soll ich mich nicht ärgern,s
wenn man mich so so unverschämt«
über meine Herrschast augzuiragen
Nichts«
Heini strömte das Blut zum Her
zen. Hastia sagte er: »Sie haben
recht, sich darüber zu ärgern. -—— Wer
trollte Sie denn anssragen7« ·
»Der Herr, den ich vorhin fort-,
schicken mußte. Er hat die ganze Zeit
unten vor der Hausthiir gestanden —
ich weiß nicht, wag et da herumzuspiw
niren hat· Na, bei mir ist er jeden
falls an die Unrechte getoknmen.«
Heinz entnahm seiner Börse ein
Geldstück und driickte es der Kleinen in
die hand. »Sie sind ein braves Mäd
dken«', sagte er. ,Schicken Sie nur je
der turzerhand sort, der Ihnen mit
neugierigen und zudringlichen Fra
gen tommt.«
Ein freundlicher Blick aus ihren
blanlen Augen belohnte ihn stir die
reiche Gabe, und mit einem niedlichen
Knicks setzte das 'J.ltädct)en ihren Weg
nach oben sort.
Heinz aber traf, wie er es nicht mehr
anders erwartet hatte, vor der Haus
ihlir aus Herrn Paul Mariens.
Beide Hände in die Taschen seines
viel zu weiten modesarbenen Ueber
zlehers geschoben« stand Martens vor
ihm und sixirte ihn mit einem unver
schämten Blick. Er zog zwar den Hut,
als being ihn drohend ansah, aber als
hollselder, ohne den Kleinen einer An
rede zu würdigen, an ihm vorüberge
aangen war, lachte er scharf und sp -
tisch aus —- ein unangenehmeit, heise
res Lachen.
Zwanzigstes Kapitel.
Die Konitesse sah gut aug, und sie
truszte es. Sie hatte in der Nicht
vortrefflich geschlafen, ihre lebhaften
graut-lauen Augen blickten tlar und
frisch in die Welt, und sie hatte die
Sicherheit der Weltdame, die sich be
wußt ist, gut irisirt und gut angezo
gen u sein.
Jst Gesellschafter aber in der trau
lichen kleinen Kataostube, wo man oon
ungen Mädchen in tleidsamer hollän
ischer Tracht bedient wurde und das
beste und wohlschinectendste Gebiick er
hielt, schien gerade das Gegentheil
von ihr. Er sah bleich und übermü
det aus, seine Gesichtszüge waren
schärfer geworden in der letzten Zeit.
»Ich wünschte«, sagte die Grasin
und lächelte ihcn ein wenig zu, »das;
ich thun könnte, was Sie verlangen.
Aber es ist nicht so leicht und nicht so
einsach, wie Sie glauben. Sie wol
len die Adresse meiner Freundin, und
Sie verstehen reizend zu bitten, auch
würde ich Jhre Bitte gern erfüllen,
aber Margot hat mir’o verboten, ir
gend jemand zu sagen, wohin sie ge
gangen ist.«
Sicherlich bezog sich das nicht auch
aus mich!'« sagte Heinz flehend.
»Aber gewin, tret-er Freund! vSie
nannte sogar ausdriictlich Jhren Lita
Men«, ertliirte vie ttonitessr.
»Und das haben Sie ganz seit ver
sprachean
»Das ist es sa eben! ——- Mag sollte
ich sonst thun? Man kann ihr nicht
widerstehen Wollten Sie sonst noch
etwas von mir erinnre-M«
»Ich hosste in der That noch ande
reit von Ihnen zu hören niedr,
fürchte ich. alo Sie mir sagen wer
den. Ich bosfte zu erfahren, warum
Sie und Fräulein Margot in Berlin
ein so eingeiogenez nnd irendloses
Dasein siihren nnd wie Sie in die
Marteiioassiire vermittelt wurde-it«
««.’th!« tagte sie. »Das also wiin
scheu Lie »in wisset-?J
»Ich Mike es zu muten-. ou k
su.
»Sie dem ten so viel. hezt Dass
selbe-. und le geben so wenigst
anödlam Konntest ich pessima
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sum-Im um Ins 0 M Wams-.
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I su- c cm Nimm u um«-»s.
n I III Ohms im Im. u T
sus- suhsmhu is im- s
übergegangen seien, die er uns zum
Kan anbot. Die Veröffentlichung
dieser Badiere tdnnte iiber eine Per
son, die mir sehr nahe steht, schwe
res Unheil herausbeschwören, und
Marten5, der sich sehr aenau ikber alle
in Betracht kommenden Verhältnisse
unterrichtet hatte, drohte uns, die Pa
viere an einen anderen zu vertausen,
der schonunasldg von ihnen Gebrauch
gemacht hätte. Wir sind wohlhabend,
dielleicht sogar reich, aber unser Ver
möaen besteht in dem Besitz eines be
deutenden Fideikommisses, don dem
wir lediglich das Jahresertröanisz siir
und verwenden dürfen. Wir imm
ten deshalb die verlangte Summe
nicht zahlen, nnd Maradt und ich
reisien nach Berlin, um Mariens we
nigstens hinzuhalten —-— Das ist alles,
was ich Ihnen saaen lautr, Herr holl
selder.«
»Ein nichtswürdiger Erpiesser al
sd!« sagte Heini doll tiesei Verach
tung, »Sein Schicksal hat ihn dem- ’
nach nicht unverdient getrossen. —
Aber gestatten Sie mir, Jhre Erzäh
lung, siir die ich Ihnen don Herzen
danke, nach meinem Wissen zu ergän
zen. Sie iahlten Otto Mariens vier
teliöhrlich sechstausend Mart — nicht
tvahr?«
,-Vielleicht!« erwiderte die Gräsini
in leichter Unruhe. »Aber ist es noth
wendia, daß» Sie —«
»Ja, es ist nothwendig, daß endlich
einige Klarheit geschossen wied« er
widerte er sest. »Sie zahlten also
Otto Mariens vierteljährlich sechs
tausend Marl. Aber das aeniigte ihm
wahrscheinlich nicht mehr, se mochte
fürchten, dass die Einnahmequelle ei
nes Tages dersieate, und er wandte
sich daher an jenen anderen, der seiner
Meinung nach ein zahlungssähigerer
Käuser sein würde Dieser andere
aber bediente sich des Rechtsanivalts
Beraer zur Vermittlung.«
»Ich kenne teinen Rechtsanwalt
Berger.«
»Ich glaube es Ihnen, denn Mar
iens wird sich wohl gehijtei haben, Ih
nen seine Karten aufzudecken ber
ich beginne jetzt, den Zusammenhang
zu verstehen. Berger bot Mariens im
Namen seines Mandaten eine Summe
von hunderttausend Mart für jene Fa
milienpapiere. Mariens zögerte, das
Angebot anzunehmen, vielleicht er
schien ihm die Rente, die Sie ihm un
freiwillig hatten aussetzen müssen, doch
wieder verlockender. Schließlich aber
erklärte er Berger seine Bereitwillig
keii, mit ihm abzuschließen. It der
Nacht seines Todes sollte das Geschäft
zu Stande kommen. Deshalb telepdo
nirte Berger mir, Mariens zu einer
Unierredung zu bitten. So weit wä
re Licht in der Angelegenheit Nun
aber kommt tiefstes Dunkel —— das Ge
heimniß, das über dem Morde liegt.
Freilich, noch eines ist erklärt —- Mar
aois nächtlicher Besuch in Matten-?
Wohnung Sie hatte wahrscheinlich
Kenntniss davon bekommen —7'«
Nun aber unterbrach ihn die Grä
sin energisch. »Bitte ---- nicht weiter,
Herr Hollfelderi —- Sie mögen fich
den Zusammenhang denken, aber ich
will nicht, daß mir dariiber sprechen.«
»Aber begreifen Sie denn nicht, daß
wir darüber unbedingt sprechen mits
sen? —Sie und Margot befinden sich
in aroßer Gefahr. Lassen Sie mich
feinen er,iahlen, was sich seit dem
Morde maeiraaen hat, und was nicht
an die Oeffentlichkeit gekommen ist.
Sie wissen, daß ein Bruder des Er
mordeten aufgetaucht isi, ein junger
Mensch, der die angenehmen Eigen
schaften des Todten in noch auoge
urägierem Maße besitzt. Er weiß, daf;
sein Bruder ein Jahreseinkommen
von vierundzwanzigiausend Mark ae
tabt hat. er weifi auch aus dem Muu i
de des Nechtsanwalto Bergen dafi er«
es gewissen Papieren verdantte, und
dass diese lUauiere eventueil mindert H
tausend Mart werih sind. ifr befindet
sich nun auf der Jagd nach den Dotu !
nienten. Dabei wird er von einein
unrein-muten Verdacht gegen Sie ge !
ieiiei. et spioniki III-en um« nnd
Sie non-den einsehen. es mittinn
nisvoiie Wieiungen no M ieiien
könnte· wiiede ee von dem eiuch
Morgen in der Wohnt-an ieinee Beu
dees etinbcen.«
Akt wird nie-n davon eminen
.Sind Sie dessen io gewin. Kom
ieiiei — - se wiiede nieim davon ek
i.ec.een. wenn ich niiein darum soiisiie.
aber "" ".
Die Gesiiin esdindit »Wie Miso
doe. den domeideei Wer denn
innii —-«'
deini me enifcdioiien im quee
u innen. Sie kennen den Beim
Zomdeoweiis den Wien Ue iii snii
Its-is in dem Leisten Mai-. desen We
iiand dee Mikiieneennne Dienste-i
M. mn nngiiisiutee sahn Indes
mn in Ienee Mist an nenne-n dani
Eveeiideh und ee ind. wie ist Wes-m
Ekincnisenieiieie Inn-ne mit n
Hm ieine nahe Heda-Inn M. nsee
ee Mie nndeee dubsee von nein
Inn-now en. sie et Mem- in Is
eee Mieiiioaii in- Qui nd Zinnen
indesZ sue-un i«
. Mi«
Js- Mi »e. u Eisen N Die
sum-n sue-n einst-n see Lm «
III-I sit-meiden Jnieeesee M
stehender Persönlichteiten seien, und
auch er mißtraut Jhnen deshalh.«
Jhre Brust hob ein tiefer Athemzug
,,Ah!« sagte sie. »So habe ich diesen
Domhrowsti doch richtig beurtheilt —
damals und jetzt.«
»Und wofür, wenn ich fragen darf,
haben Sie ihn gehalten?«
»Für einen Spion, Herr Hollfelder,
für einen Spitzel der rufsischen Regie
rung. Sein Aufenthalt in Oftende
fiel zeitlich mit der Anwesenheit ei
niger polnischer Ariftolraten zusam
men, die der russifchen Regierung von
jeher unbeauem waren. Man fliifterte
sich allerlei über diesen Domhrowsti
zu, das nicht gerade schmeichelhaft für
ihn war. Jetzt aber bin ich meiner
Sache fo gut wie geioif3··«
»Und warum gerade fest? Jst;
denn Jhre Angelegenheit ebenfalls
politischer Natur?«
Die Gräfin schüttelte den Kopf.
»Nicht doch — eg ist eine Brit-mange
legenheit unserer Familie. Jch tann
Ihnen nicht erklären, wie eo damit zu
sammenhängt, aber ich glaube nun
doch bestimmt zu wissen, dafz Dom
broivsti nicht mehr und nicht weniger
» ist als ein Spion.«
« ,,Unter solchen Umständen ist es
allerdings meine Pflicht, meinen
Clubgenoffen die Augen zu —-«« «
»Um des Himmels willen, lieber
Freund, begehen Sie teine Unklug·
heiten! Sie dürfen nicht vergessen,
daß Drombrowsti siir uns augenblick
lich ein sehr gefährlicher Gegner ist.
Beschwören Sie nicht seinen Haß über
sich heraus! Jch glaube, dieser Mann
tann tödtlich, tann sanatisch hassen.«
»Sie haben vielleicht recht«, gab
Heinz zu. »Man halt sich im Club
überdies srßt etwas von Dombrowski
zurück, und ich glaube nicht, daß er
dort Schaden anrichten t.inn.«
,-Margot weiß von alledem nichts-«
»Ich hatte bisher keine Gelegen
heit, mir ihr darüber zu sprechen. Aber
ich wünsche in der That dringend, es
setzt noch thun zu können. Wollen
Sie mir Jhre Adresse noch immer nicht
inittheilenim
Die Graiin sah in unruhigen wei
seln vor sich nieder, aber ie er liirte
schließlich: »Ich lann es nicht verant
worten, sie Ihnen unter diesen Um
ständen zu verschweigen Ich werde
Ihnen schreiben, noch ehe der Tag um
ist.«
21. K a di t e l.
Zwei Herren saßen an einein unge
deckten, blendend weiß gescheuerten
Halztisch im Garten des Gasthdses
zur Post des tleinen oberbahrischen
Dörfchens Buchberg. Vor ihnen stan
den zwei osiene trarassen init wür
zigem, goldtlaren Iirolrrwein.
»Wie haben Sie nur von dem Ort
gehört?« fuhr Hollselder in der Un
terhaltung sort und sah dein blauen
Rauch seiner Ciaarette nach, der in
der unbewegten Lust terzengerade ern
parstieg. »Wir sind sa die einzigen
Gäste hier.«
Sein Gefährte, ein breitschultriger,
elegant gekleideter Mann, drehte spie
lend sein Weinglas zwischen den Fin
gern. Sein tühn und energisch ge
schnittenes Gesicht war sonnenge
bräunt, über die ein wenig stark vor
sprinaende Stirn lies eine breite dunk
le Narbe. Er mochte wenig über sein
dreißigstes Lebensjahr hinaus sein,
und seine strasse, ausrechte haltung
derrieth dem lundigen Blick den ehe
maligen Ossizier· »Ich bin vor Jah
ren einmal aus einer Fußwanderung
hier durchgekommen«, sagte er in Er
krsiderung aus Hollselders Frage· »Die
Lieblichkeit des Ortes ist mir unans
lüschlich im Gedächtniß haften geblie
ben. Da reizte es mich, wieder ein
mal zurückzukehren —- Wie aber
sind Sie hierhergelommen?«
»Nein zufällig«, erwiderte Heinz
in leichter Verlegenheit. »sich hatte
die Absicht, ein paar Sommerivochen
in Murnau zu verleben Von dort
ans kam ich aus einem Aussan hier
her, und es gefiel mir so außerordent
lich« daß ich mir sogleich im Gasthaur
hier ein Zimmer nahm nnd mein Ge
pack von Murnan heriiberkommen
ließ. Es inaa Orte im lianrischen Ge
lsirge geber-« die Buchbera an aroßs
arti-get Schönheit übertreffen aber ei
nen riet-inneren Erde-isten hab ich
tauin kennen aelerni.«
Sie sahen beide schweigend in die
founendeue Landfchefi hinaus. Vor
Ihnen erstreckt-n sich bit zu den Id
bönaen der tausenden-atmen Vot
; vag- Uchtqküm Wiesen. auf denen
ungezödlle Ftilhfommekvlumm aller
Akt und aller Farben standest Vier
und da aufrtismd dann wieder auf
weile Strecken unsichtbar sog IIO ein
Mühmn dum- das That. de m ge
dämpfm Jleichmä ists Rau Ot- cis
ne so kömm- derud amp- Mum war
wie du standen du Meint Inn
tm stimmt die sonsten Seid-n m
Mkwmdstmdims küm. deute von
keinem seldismu owns-Mem m
dållr nnd üvu Ida-n wdmt NO M
ums-Mete- immic du mithin
Gemme-himmel
Dmu Wahn den Am Da las
du Amte-L von dem Inn NO NO
steh-two com-I Dokyo Mit den
»Um-Ists du cvfmumt Midas W
ien. II mmm Omlimas am n ;
hob M aus mu- mssmn u s- mH
eitlem-two Gewiss-h Mie- Junius
wiss date Du Gm- M Ununt- I
sen isten-minnt dk » umgab-I s
du Osttos pgdp-»
Jst Armut III-It um das IM« «
WO- dmu und ausdr- fmmt O- »
Zum- .ms No ist-Had- aus-us
Uns-. Jit III mu. MOMOII Mit-»
Ums »Im-Mk
»F« Us- Mss Inst-rast Ums-h
geben«, erwiderter der Fremd-. »Buch
bergA gehört der Grösin Waldendorfs «
Ahi« sagte heinz mit gut gespiel
ter Gleichgültigleit »Vermutl)lich ist
auch größerer Grundbesitz dabei?«
»Buch.berg ist Fideikommiß, und,
wenn ich recht unterrichtet bin, eines
der ertragreichsten Güter in der Um
gebung.«
»Sie scheinen ja mit den Verhält
; nissen wohl vertraut zu sein Jch irre
i wohl nicht, wenn ich Sie siir einen
näheren Landsmann von mir, siir ei
nen Norddeutschen halte?«
»Nein«, erwiderte der Fremde »Ich
bin Norddeutscher, aber ich habe sehr
wenig dort gelebt. «
»Da wir vermuthlich längere Zeit
hier zusammen leben werden, ge
statten Sie wohl, daß ich mich vorstel
le« sagte Heinz »Mein Name ist
Hollielder.«
«herbert!« gab der Fremde mit ei
ner leichten Verbeugung zurück ,,H(1be
ich vielleicht die Ehre, »mit dem be
lannten Schriftsteller —
Heinz lachte. »Ich glaube in der
That, das; ich der einzige Schriftsteller
meines Namens bin«, erwiderte ers
»Aber ich ahnte nicht, das; mein Rus
schon über die Grenzen Bertins bin
ausgedrunaen is. «
»Ich las erst vor wenigen Tagen
eine Ihrer Novellen in einem Mun
chener Blatt« sagte Herbert, »und
ich gestehe, dasz sie mich gan außeror
dentlich interessirt bat. Lcch weiß
nicht ob es Ihre jüngste Arbeit war
,Duntle Mächte' lautete, glaube ich,
der Titel. «
Es war in der That feine jüngste
Arbeit, eine Arbeit, die er erst nach
der Mordnacht fertiggestellt hatte. Er
hatte teine Ahnung davon gehabt,
daß sie bereits abgedruckt worden war,
der Verleger mußte mit der Veröffent
lichung begonnen haben, unmittelbar
nachdem er das Manuskript in die
Hand bekam. Lieb war es einz
nicht. Die Arbeit war wie eine « eith
te seiner Gefühle und Sticnmungen
in und nach der Mordnacht geworden,
und er hatte sie deshalb absichtlich ei
nem Münchener Blatt gegeben, damit
sie seinen Berliner Bekannten und de
nen, die Näheres über den Mord wuß
ten, nicht in die Hände kam. Wie
leicht war es nun aber möglich, daß
auch Margot sie gelesen hattet
,,Allerdings — meine jüngste Ar
beit, erwiderte er nach einer Pause,
dann lenkte er sogleich von dem Ge
sprächsthema ab, indem er aus einige
besonders schöne Punkte in der Land
schaft aufmerksam machte.
Sie saßen dann eine gute Weile
schweigend nebeneinander. Die Son
ne näherte sich schon dem Horizont und
nahm immer mehr eine goldrothe Fär
bung an· Die Fenster des Schlöß
chens blitzten auf, getroffen von den
letzten Strahlen, und es machte sich
ein leichter Abendwind auf, der ange
nehme Kühlung brachte und die Blät
ter der Bäume leise tauschen ließ. Ein
Starenpärchen, das in einem Nistta
sten hoch oben am Stamm einer knot
rigen alten Buche seine Heimstatt hat
te, begab sich unter vielem Geschwätz
zur Ruhe, und in flammender Mase
stät versank der Sonnenball hinter den
Bergtuppen.
Heinz ließ den Blick sinnend auf
dem Antlitz seines Gefährten ruhen.
Dieses kühne, scharf geschnittene Ge
sicht trug jetzt einen weichen, verträum
ten Ausdruck Wie gebannt hing der
Blick dez Fremden an dem Schlöß
chen, hinter dessen Fenstern es jetzt hell
wurde. Er hatte das Aussehen eines
Menschen, dessen Geist von ganz ande
ren Bildern erfiillt ist als- von denen
der Wirtlichteit. Mit welchen Gestal
ten mochte er die Rasenfliichen des
Bartes beleben, deren hellereH Grün
sich in der Tannneruna deutlich von
dem dunklen Laub der Baume abhobs
War es wirklich nur die sanfte Lieb
lichkeit der Landschast gewesen« dir ihn
hergezogen hattet
Der Wirth, der herlieitani, sich nach
den Wünschen fiir dass Abendefsen zu
erlundigen, wectte sie aust- ihrein Zin
nen.
Gemeinsam nahmen sie das ziemlichq
beicheidene Mahl ein; aber als sie es
beendet hatten, erhob sich Heinr.
»Ich liade Liiit. noch einen tleinen
Spaziergang zii inachen«. tagte er.
ieiiie vorn langen Sihen steif gewor
denen Glieder reckend. «Giite Nasid
here derbert.'
.Giite Nachti« gab der andere höf
lich tieriiit iiiid erhol- fich edenialle.
iiiii in das baue rii gelten.
Deine schlenderte lanaiain durch die
Dorf iind trin dann auf der Straße
:veiter. die n Riniten Wiiidiiiiaen ritni
Schlosse emporiiiltrte. In iveeii e ale
redn Minuten erreichte er die i aner
die den Bari edler-las nnd dae große
iwiniedeiierne Einiairitettiar.
Oe trat dicht an vie witteritäde nnd
ivödte in den Wet. ilder ee war nistt
even viel. irr-re et Ia erdiiaen trennte.
dient trinter der Cis-fahrt inaOte der
Weit eine Klemm-n und ein an dieier
Stelle anaetiiliririee Gebietes hinderte
den tun-W öchiiiiiieuer itrii weiter
; tit veeivlaen km gewahrte er. seit
net-en dem ersehen riiirladetetdar ei-.
J ne sie-eile tieineie stritt iiee diesem
;.ier spinnen-nett sur sind iiie ent
Title-sen Tiere-it et dir-O me den
« Vati.
rfr tmie drinnen eeit ventieöeteit
; ie iniin teuern-. .iie ei itit Mr einer
biet-den Iris-nie ansteuieii dorte.
»W- ·-retleii C den-i stei. derei
iIe sur Weist-er ein Meiner den
er di we iiin dritte Wiesen ad
Heini tneaii .XQ iaiedtt Im se
treten are Wette le sei-it ieerdeten
U date Im die nett-U Its-seien re
zupfliicken oder ähnlichen Unfug zu
treiben.«
Der Mann musterke seine elegante
Gestalt und sagte ein wenig höflicher:
»Die Herrschaft is auf ’m Schloß —
Da is ’s verbot’n, hier z’ gehn. Daß
Sö toane Blumen net abruvf’n, dös
glaub i scho. Aber i derff’s net er
laub’n!«
»Na, dann gehe ich eben draußen
spazieren«, erwiderte Heinz. »Das
Unglück ist ja nicht so groß. — Gute
Nachtl«
; ,,Guate Nacht!« gab der Gärtner
; zurück und wartete, bis sich Heinz wie
! der durch die Thiir entfernt hatte, um
; sie sofort hinter ihm zu verschließen
» hollfelder schlug einen Weg ein, der
an der Parkmauer entlang führte —
in der hoffnung, an einer anderen
i Stelle doch noch Eingang zu finden.
Seine Hoffnung hatte ihn nicht be
trogen.
Nach einer kurzen Wanderung
schon tam er zu einer kleinen Pforte,
die offenbar nicht mehr benutzt wur
de, denn die Angeln waren eingerostet,
und der Griff kaum niederzudriieken
Aber die Thiir war nicht verschlossen,
und mit einiger Anstrengung gelang
es Dein-z, sie zu öffnen.
Gleich darauf stand er im Parl.
Hier ließ sich niemand sehen, der den
Versuch gemacht hätte, ihn hinauszu
weisen, und nachdem er wohl zwei
Minuten lang abwartend stehen ge
blieben war, schlug er einen Weg ein,
der seiner Meinung nach auf das
Schloß zuführen mußte.
22. K a p i t e l.
Noch war der Mond nicht iiber den
Bauinwipseln emporgestiegen, aber di
linde Somniernacht war trotzdem hell
genug, um Hollselder die Orientirung
nicht zu schwer zu machen. Der Ein
druck, den er von seiner Umgebung
empfing, war der, daß es ficb um ein
altes, seit Generationen mit derselben
liebevollen Sorgfalt aepsleates Be
sitzthum handeln müsse. Die mächti
gen Stämme der breitwipieligen Bäu
nie sprachen dafür, unter deren Laub
dach er aus sauber gehaltenen Kies
weaen dahinschritt, und nicht minder
die mehr als mannshohen, sorgfältig
beschnittenen Tarushecken, von denen
die Hauptwege eingesaßt waren.
Der Ausblick auf das Schloß wur
de ihm durch diese Hecken sast biH zu
dem Augenblick versperrt, da es un
mittelbar vor ihm lag. Es bildete die
Betronung des Hüaels, an dessen
Hängen sich in sanfter Steigung der
Wart hinauszog, und mit seinen zier
lichen Bausormen, seinem schlanten
Thürmchen, seiner modernen Veranda
glich es mehr der somnierlichen Luxus
billa iraend einer Finanzgröße, als ei
nein alten seudalen Herrensitz.
Die Mehrzahl der Fenster im unte
ren Stockwerk waren erleuchtet, aber
die zugezogenen Vorhänge würden den
Einblick in das Innere auch dann ver
wehrt haben, wenn ein neiigieriger;
Späher sich bis hart an das Haus her
anaewaat hätte. So weit aber mochte
Hollselder, eingedenk des Versprechen-,
das er der Komtesse gegeben, seine
Verwegenheit doch nicht treiben. Er
war im beraenden Dunkel des dichten
Buschwertes stehen geblieben nnd blick
te oon da unverwgndt nach dein weiß
schimmernden Ge äude hinüber, des
sen Mauern fiir ihn das lostbarste al
ler irdischen Besitzthiimer umschlossen.
Sein Her-i erzitterte in unermeßlichen
Sehnen, nnd vielleicht hatte er nie zu
vor so übermächtig, wie in diesen Mi
nuten aussichtslosen Harrens und Hof
feng, die Gewalt der Leidenschaft em
pfunden, die von seiner Seele Besitz
ergriffen hatte.
Mußte er sich doch sagen, daß es
sast einem Wunder gleich kommen
würde, tvenn er noch an diesem ersten
Abend Gelegenheit fände, Margot zu
sprechen oder ihrer auch nnr oon seine
ansichtig zu werden. Die zehnte Etuni
de tonr vorüber, nnd von ben Bewoh
nern des Schlosses dachte sicherlich nie
mand daran. sich noch um diese Zeit
in den Bart hinaus zu begeben, wie
weich und nur-n auch die dnftqes
schmängerte Lust nnter den taukn von
einein leisen Windhauch beivegtenl
Bäumen sein mochte.
W war ein aussichtsloses Warten
qeioisit Und doch konnte Heini
iicti nicht inr tlnitehr entichiieszen W
ionr iein Vorsatz· hier nusiuharrem
bis auch der letzte Lichtichiminer hin
ter den Fenstern erloschen sein ioiirde.
nnd bio er damit die lieberzeunnnn
gewonnen h.1tte« daß die Geliebte stets
——----——qs
zur Ruhe begeben. Ob er bis zu dre
sem Augenblick Viertelstunden oder
Stunden hier stehen müsse, ihm galt
es gleich. Wann — seit dem Anbe
ginn der Welt —- hätte denn auch je
ein Verliebter auf der Wacht vor den
Fenstern seiner Angebeteten Müdig
teit oder Langeweile empfunden!
Ein paar Mal schon war es Heinz
vorgekommen, als ol- sich hinter der
gleichfalls oerhängten hoben Glas
thiir, die aus dem Erdgefchoß der Vil
la aus die seinem Beobachtungsposten
zugekehrte breite Terrasse hinausfiihr
te, schattenhafte menschliche Gestalten
bewegten. Aber die Entfernung war
zu groß, als daß er aus iisren ver
schtvimmenden Umrissen hätte darauf
schließen können, ob es die Schatten
Fiannlicher oder weiblicher Personen
eien.
Nun aber —- er fühlte für die Dauer
einiger Sekunden im Uebermaß hoff
nungsvoller Erwartung den Schla
seines Herzens stocken —- nun that sics
diese Glasthiir plötzlich auf, und in
dem Lichtstreifen, der aus dem Jn
nern aus vie Terrasse hinausfiel, er
schienen Seite an Seite zwei weibliche
Gestalten, die langsam der marmor
nen Brüstung zuschrittem gerade nach
der Stelle hin, wo er unten jenseits
der düstelsauchenden Blumenrahatten
im bergenden Schatten stand. .
Die größere der beiden war ihm
fremd. Er konnte, da eben jetzt der
volle Mond sein silbernes Licht über
das Schloß und feine Umgebung aus
goß, jede Einzelheit ihrer Kleidung
und jeden Zug ihres Gesichte erken
nen, aber er war nicht darüber im
Zweifel, daß er dies schöne stolze Ge
sicht zum ersten Male in seinem Leben
erblickte.
Die junge Frau mochte in der Mit
te der Zwanzigjahre stehen. Jhr Ant
litz düntte Heinz natürlich viel weni
ger schön als das seiner geliebten Mar
got, aber er hatte sich in seinem
schwärmerischen Enthusiasmus doch
noch Unbefangenheit genug bewahrt,
um anzuerkennen, daß es eines von je
nen interessanten und sesselnden Ge
sichtern sei, die ein Mann nicht leicht
Jwieder vergißt. Namentlich die gro
ßen Augen, deren Farbe er jetzt nicht
ergründen konnte, mochten von unge
wöhnlicher Schönheit sein. Und un
gewöhnlich schön war jedenfalls die
Silhouette der hohen, wahrhaft könig
lichen Gestalt, deren Haltung und de
ren Bewegungen auch dem ungeübten
Beobachter die Empfindung erweckt
haben würden, daß diese Frau un
zweifelhaft von jeher gewöhnt gewesen
sei, auf den Höhen der Menschheit zu
wandeln.
Aber das waren Eindrücke, die zu
empfangen fiir Heini ein einziger Blick
auf die Unbekannte hinreichend gewe
sen war. . Denn mehr als diesen einen «
Blick hatte er für sie nicht übrig ge
habt. Sein Jntereffe und seine Auf
merksamkeit galten ja nicht ihr, der
Fremden, sondern einzig dem liebli
chen, schlanten Geschöpf an ihrer Sei
te, dessen Schönheit auf den jungen
Schriftsteller bei jedem Wieder-sehen
mit dem überwältigenden Zauber ei
ner ganz neuen Offenbarung wirkte,
wie greifbar lebendig auch nach feiner
Ueberzeugung das Bild gewesen fein
mochte, das er von ihr im Herzen ge
tragen.
Er konnte trotz der geringen Entfer
nung, in der sie fich jetzt von ihm be
fanden, nicht verftehen, wag die beiden
miteinander sprachen, denn sie hatten
ihre Stimmen gedämvft, als ob sie
trotz der sorgfältigen Bewachung ihres
Wohnsitzes hier in der tiefen abendli
chen Stille das Ohr eines Laufchers
fürchteten. Nur der Klang eines dun
tel gefärbtcn, weichen Organs von
gerader inufilalischetn Wohllaut
drang zu Heini herüber-, so oft die Un
bekannte das Wort ergriff, und er hat
te den Eindruck. daß es sehr ernste
Dinge fein miifzten, von denen sie
sprachen
(Fortfetzung folgt.)
W—
»Warum leben Sie eigentlich, Herr
Miiller?'· —- ,,Roch ikncnet von dein
But-nenpr der mir vor fünf Jahren
auf den Kopf gefallen if .«
O O If
Ein Mann in Alabama behauptet,
mit belensslen der in feinem Staate
lseklanft wird ein Tafchentuch grün
aefijrln In haben. Das ist eigentüm
lich: Whidlen wird sonst gewöhnlich
die Eigenschaft Jugend-jeden Sachen
hübsch rot anzusteeiann
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