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About Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901 | View Entire Issue (Jan. 24, 1901)
Die floitte Taschenuhr. 'Jioorllnu uslii .1 e a 'i j ! 1 1 t. Kux ein lauer 3i'h;tcrmor jcn. Tr Wind fegU durch die r trafen, der H,j,,:iel hatte sich duich graue WoHni fcf.t-it verhüllt, aber lüli war es nicht, und deshalb hatte die kleine 'Rosa, ehe sie ihren täglichen Gang in die Arbeitsftude unternahm, nur einen turzen ßrimmcttracien über die Schuld terit gelebt. Mein Himmel, Äosa, war sicher nicht vermöhnl. Eine warm geheizte Stube erlchien ihr wie ein l'ups: sie selbst konnte sich denselben nicht geitat ten. und in dem großen Saal, wo sie ,ii il noch einigen dreißig Arbeiterinnen den Tg über für die Ncgligeewasche vornehmer Tameii sorgte, wurde nur gcrnde so viel Heizmaterial gekraucht, als nöthig war, um die Gelenke bei rast!? thätigen Mädchenhände vor dem Eteisivcrdcn zu schüfe,,. !i,'sa lächelte vor sich bin welch ein inhaltloses, ödes Dasein führte sie, selbst die i5lastintät ihrer großen Ju gcnd war nicht immer imstande, sie über ihr Elend hiiiwegzutSusche. Vor einign Monaten, als der Frühling ins 1'aiid ?og. war auch in ihr trauri ge? Dasein ein Sonnenstrahl gefallen, damals. al-Z sie am Krankenbette einer alten Erbtante sas; mit jener odcrfläch. lichen Theilnahme, die sich einstellt, wenn ein mahrhast edles Gemüth u ausgesetzt durch die Nadelstiche bo-haf-. tcr Bemerkungen gepeinigt wird. Diese Tante, die ein sehr betracht lichcs Bermögen besaß, hatte sich vorher niemals um Rosa oder deren Mutter gekümmert, und erst als sie dauernd an das Krankenbett gefesselt wurde und ihr nagendes Mißtrauen, ihr sich stei gender Geiz keine fremde Person um sich duldeten, glaubte sie in Rosa die rechte, fincigennützige Pflegerin gesun den zu haben. Rosa kam mit einem Herzen voll in Niger Theilnahme, wurde aber durch die Häßlichkeiten gezwungen, ihre Ein psindungcn auf das Niveau der Gleich' giltigkcit zu senken. Sie hätte die Tante einfach verlassen können, aber das gab ihre Fürsorge für die schwäch liche, durch schwere Schicksalsschläge gc beugte Mutter und ihre Klugheit nicht zu. Rosa kannte ganz genau den hämi scheu Sinn ihrer alten Verwandten, die sich statt in der Liebe zum Nächsten in Böswilligkeit geübt hatte, die eine dämonische Freude empfand, wenn sie Anderen Tbrünen der Enttäuschung und der Demüthigung entlocken konnte, und doch glaubte Rosa fest an einen Funken von Güte, der aus dem Grunde des verhärteten Herzens ruhen müsse, sie hoffte, die Tante werde ihr in ihrem Testament einen, wenn auch verschwin dend kleinen Theil ihres Geldes zu schreiben lassen. Und während sie den Schlummer der Kranken überwachte, umhüllte sie im Geiste bereits ihr Mütterchen mit einem neuen, warmen Mantel, sah in ihrem Stüdchcn daheim zwei funkelnagelneue Nähmaschinen stehen, sich als die In haberin einer kleinen Arbeitsftube o. diese wonnigen Träume! Kaffee sollten die jungen Mädchen, die bei ihr arbeiteten, trinken dürfen sowie! sie Lust hatten, und wenn ein besonders guter Verdienst eingegangen war, so würde den armen Dingern auch ein Kuchenberg winken und sie selbst, die glückliche Erbin konnte sich dann den LuruS gestatten, ihren alten, durch, löcherten Regenschirm durch einen neuen zu ersetzen. Das verheißungsvolle Luftschloß war haltlos in sich zusammengesunken, nach dem die beiden alten Augen sich für immer geschlossen, die mit so fanatischer Eier an dem Glanz des Goldes gehan gen hatten das ganze Vermögen war Stiftungen zugefallen, und wenn Rosa vielleicht auch ihre Rechte hätte geltend machen können, wie sollte sie das anfan gen. die arme, unerfahrene, kleine Ar beitcrin?" Um das Maß ihres Leidens ganz zu füllen, hatte der Himmel ihr die Mutter geraubt, und nun stand sie allein in der Welt mit ihren Thränen. Fräulein, sagen Sie mir doch ganz schnell wie spät es ist " Die haftige, von eiligem Lauf keu chende Stimme des jungen Mannes riß da? Mädchen jäh aus ihren traurigen Gedanken. Sie erröthete leicht. Begegnet waren die beiden einander schon jeden Morgen, aber über einen stummen Gruß hatten sie es bisher noch nicht hinausgcbracht. Es kam Rosa sehr angenehm zum Bewußtsein, daß sie nun auch feine Stimme gehört habe. .Sogleich." gab sie eifrig zurück, aber eS dauerte doch einige Sekunden, ehe sie eine schwarze Schnur hervor nestelte. , t Der junge Mann schien während dessen wie auf glühenden Kohlen zu stehen. O bitte, schnell, schnell." drängte er. es hängt so viel für mich davon ab !"" Er hatte eS schon zu verschiedenen Malen bemerken müssen, daß das junge Mädchen im Besitz einer Uhr war. denn sie hatte dieselbe hervorgezogen, wenn sie einander begegneten. Auch jetzt war sie sicher stolz, daß sie r wie eine Dame ihre Uhr zeigen konnte, aber die letztere entglitt ihren zitternden Händen und hing nun an dem schwor zen Wollkleide herunter, und trotzdem Ml Jahrgang 21. nicht der schüchternste Sonnenstrahl die sollen burchdr.n!g. funkelte die kleine Zascheniihr so intensiv, entsandte so leuchtende Fardendüe. daß der an der Straßenecke pakrouillirenoc Schuß- mann seine Ausmcrlfamkeit plötzlich ungrthcilt der kleinen Taschenuhr zu wandte. Selbst der junge Mann vergaß vor Staunen einen Moment seine Eile und richtete seine Blicke auf den S'.rah lenkranz, den die prächtigen Brillan ten entsandten, mit denen der Teckel der kleinen Taschenuhr umgrenzt und sternförmig besetzt war. Genau ein bald achi ist es," sagte Rosa, nachdem sie das Uchrchcn in die Hand genommen und das glasüber deckte Zifferblatt durch einen ganz leich Ich Druck von der kostbaren Kapsel de fr it hatte, sie geht auf die Minute richtig." O, mein Gott, dann werde ich zu spät kommen!" Mit diesen in höchster Verzweiflung hervorgebrachten Worten eilte der junge Mann davon, er vergaß den üblichen Dank und Gruß. Rosa sah ihm bestürzt nach und schrak von neuem heftig zusammen, als sich eine fremde Hand plötzlich nach der Ta schcnuhr ausstreckte. Sie beruhigte sich wieder ein wenig, als sie erkannte, daß der Schutzmann eS war, der das Kleinod, das freilich noch an der schwarzen Schnur befestigt war, an sich genommen hatte. Aber in welche Verwirrung sollte Rosa heute noch gerathen! Der Vertreter des Gesetzes starrte sie mißtrauisch und durchdringend an, und daß sie unter solchem Blicke roth und blaß wurde und zu zittern begann, er scheint wohl natürlich. ..Ich muß Sie bitten, mich auf die Polizeimache zu begleiten." Das kleine, verwirrte Mädchen rührte den Schutzmann, er fühlte ein Mit leid mit der bebenden Gestalt und sprach so sanft, wie es seine geübte Kehle zuließ. Was wollen Sie denn von mir. ich muß zur Arbeit!" rief Rosa, all ihren Muth zusammennehmend, wenn ich zu spät komme, muß ich Ordnung? strafe zahlen." Er zuckte nur vielsagend die Achsel, und da schon einige Vorübergehende stehen blieben, so mußte sie einsehen, daß es am besten sei, sich der Noth wendigkeit zu fügen; aber sie war ganz verstört, vermochte sich kaum aufrecht zu halten. Die kleine Taschenuhr hatte sie wie der in dem Gürtel ihres Kleides ge borgen. Auf dem Amt angekommen, sprach der Schutzmann mit dem Polizei leutnant, Rosa glaubte die Worte: Sehr verdächtig Komplizen " zu hören, dann wurde sie gefragt, wie sie in den Besitz einer so kostbaren Uhr komme. Ich habe sie von meiner alten Tante geerbt, die ich während ihrer Krank heit pflegte," berichtete sie etwas stockend. Erst jetzt kam es ihr so recht zum Be wußtsein, daß die Uhr mit ihrer Klei dung, dem abgetragenen Hut, dem schäbigen Kragen, mit ihrer ganzen Person in grellem Kontraste gestanden. Die kleine Taschenuhr war das ein zige Erbtheil, das die Tante ihr zuge schrieben hatte. Sie hatte sich nie entschließen können, das kostbare Andenken in Geld umzu setzen, eS war ihr ganzer Stolz gewesen. Jetzt empfand sie bittere Reue, nun es zu fpät war; und was mochte ihr bevor stehen? Glaubte man etwa, sie habe die Uhr gestohlen? Geben Sie uns die Taschenuhr ein mal her." sagte der Polizeileutnant. Rosa legte den Kragen ab und löste die schwarze Seidenschnur von ihrem Halse, dann begann sie zu schluchzen. Der Beamte wollte die Nummer der Uhr notiren. Er öffnete zu diesem Zweck die Reversseite derselben, was Rosa bisher noch nicht ein einziges Mal gethan hatte. Ein kleiner Zettel siel heraus, der einmal zusammengelegt war und die lakonischen Worte enthielt: Den schwarzen Punkt an dem Uhrkaften drücken." Der Beamte hielt Rosa das Stückchen Papier hin und fragte kurz: Ist Ihnen diese Handschrift be kannt?" Es ist diejenige meiner Tante," sagte Rosa verwirrt, die das Her ausfallen des Papiers nicht bemerkt hatte. Nachdem die Beamten telephonisch die Identität von Rosas Persönlichkeit festgestellt hatten, gab man ihr einen Kriminaliften in ihre Wohnung mit. Der Uhrkasten aus Sandelholz wies in der That einen kleinen und schwarzen Punkt auf, den Rosa noch nicht einmal beobachtet hatte. ' -i v y y y v Beilage zum Nebraöka Ttaats-Änzeiger. Der Beamte drückte energisch daraus, und sofort sprang eine kleine Schatulle aus dem Kasten, die sehr künstlich ein gefügt war und deren Ansatz glcichzi itlg eine Verzierung bildete. Wieder kam ein Zettel zum Vorschein mit derseld-n Handschrist, die Rosa als die ihrer Tante erkannt hat. unter demselben aber lagen dicht iidcrcin ander geschichtet, drei braune scheine, deren jeder tausend Mark repräien--tirte. Der Umschlag von all de, Leid zur Freude war ein so großer, daß das junge Mädchen sich auf einen Stuhl niederlassen mußte; sie war so ausge legt, daß sie nur wie aus weiter Ferne die Worte vernahm, die der Kriminalist ihr vorlas: Diese dreitausend Mark gehören meiner Nichte Rosa, die mich wochen lang treu und sorgsam gepflegt hat wenn die kleine Pute so einfältig ist, die Uhr zu verkaufen, so wird der glück liche Finder des Kapitals dasselbe schwerlich seiner rechtmäßigen Besitzerin zustellen meine Ruhe soll das nicht stören!" Es folgt die Unterschrift der Tante. Der Beamte schien sich von Rosas harmloser Persönlichkeit überzeugt zu haben, sie erhielt ihre kleine Uhr zurück und athmete auf. als sie endlich allein war. Sie verriegelte ihre Thür und ließ dann wieder und wieder die Banknoten durch ihre Finger gleiten. Wie freute es sie, daß ihr fester Glaube an die Güte ihrer Tante sich nun doch noch be ftätigte! Wenn dieselbe auch sogar bei dieser Schenkung das Unliebenswür dige ihres Charakters nicht verleug ncte, RosaS Herz floß über von Dank barkcit. Dreitausend Mark! Was alles konnte sie mit solch einer großen Summe beginnen! Der Traum von der eigenen Arbeitsstube rückte wieder in greifbare Nähe! Mit einem Male aber durchzuckte sie ein weheS schmerzendes Gefühl sie er schien sich so grenzenlos vereinsamt, so allein. Sie verwahrte die Banknoten an ihrem alten Platz und flog die Treppe hinab. Bei diesem trüben, launigen Wetter mit einem Herzen voll Sonnen klar herumspazicren zu dürfen, das mochte eine Luft fein! So wie sie auf die Straße trat, eilte drüben vom Trottoir der junge Mann auf sie zu, welcher den ersten Anlaß zu dieser Kette von Zufällen gegeben hatte. Fräulein!" rief er lebhaft, Ihre kleine Taschenuhr bat mir einen guten, guten Dienst geleistet. Das Dingel chen geht nämlich vor. ein? volle halbe Stunde. Zu acht Uhr hatte mich ein Ober-Jngenieur in sein Bureau bestellt. Als handle es sich um Tod und Leben, so bin ich gerannt, um möglicherweise doch noch die Stellung zu bekommen, trotzdem ich nach ihrer Zeitangade an nehmen mußte, daß mir wohl schon verschiedene Rivalen zuvorgekommen seien. Wie ich eintrete, steht der Ober Ingenieur mit Hut und Mantel an gethan, mitten im Zimmer, infolge eines Telegramms wurde er gezwungen, sofort eine weitere Reise anzutreten." Aha, Sie kommen eine Viertel ftunde früher, als wir verabredet hat ten," sagte er zu mir, da ich mich wun dere, keine Mitbewerber vorzufinden, das ist Ihr Glück! Ihre Zcugniffe ge fallen mir, ich werde Sie als Techniker engagiren, mein Herr Vertreter wird Sie geschäftlich einführen. Wären Sie nur 10 Minuten später gekommen, so hättenSie mich nicht mehr getroffen, und ich hätte mich an meinem Reiseziele nach einer neuen Kraft umgesehen, denn ich engagire grundsätzlich die Herren nur selbst." Der junge Herr nahm einen Augen blick seinen Hut ab. und es that ihm sichtlich wohl, wie der kühle Wind durch sein dichtes Haar fuhr, dann wendete er sich wieder an Rosa: Liebe- Fräulein, eine feste Anfiel lung mit einem monatlichen Einkom men von zweihundert Mark, wissen Sie, was das bedeutet in unserer Zeit der Ueberfüllung und der bitteren Ent täuschungen? Wollen Sie meine Freude theilen, mein liebes Fräulein, o bitte, wollen Sie? Ich habe keinen Menschen, dem ich mein Herz ausschütten könnte, und wenn ich Ihnen jeden Morgen be gegnete, Ihnen, ohne daßSie es wußten, bis zu .dem Geschäfte folgte, wo Sie arbeiteten, ich selbst stellungslos, der Verzweiflung nahe, wie habe ich Sie da beneidet! Heute nun führte mich, nachdem ich meinen Kontrakt in der Tasche hatte, mein erster Weg in jenes Geschäft; dort sagte man mir.'Sie seien gar nicht gekommen, da hatte ich eine entsetzliche Angst, daß Ihnen ein Unfall zugestoßen sein könnte - .Gottlob, das scheint doch nicht der Fall zu sein!" Und das alles durch meine schöne 'miidfiiKmiii 7 K I B ff II S H u H n PUsJCiri n kleine lat'ier.Uwr, flüsterte Rosa, ehe sie dem jungen Manne eine Antwort gab, denn die wonnige Erkenntniß er füllte sie ganz, saß mit diesem Tage die Morgenrtde eines neuen, großen, wundersamen G!i!ckes für sie angegan gen sei. Sem piuiidut. ?iPl'!r!".Ii VC'd (t t l c I a h l. Es war eine schi böse Geschichte! Harro von Kondeck stante eine Weile rathlos ans die beiden Briefe, die er ans seinem Tische gefunden, als er vom Tieiifle ni'ch Hanse kam. Den einen, ganz geschäftsmäßig ans sehenden Manichäerbrief. hatte er ge furchtet und erwartet, der andere, das elegante Monogramm - Billet, dessen feines VeilchenParfüm selbst den Ta-daks- und alten Ledergeruch seiner Bude" besiegte, war eine jener ent zückenden Ueberraschungen. an denen das Menschenleben so arm ist. Mindestens zum zehnten Male ent faltete er das dicke Jvory-Kürtchen mit der goldenen Grafenkrone über dem ver schlungenen F R und las: Geehrter Herr Leutnant! Würden Sie wohl die große Güte haben, mir das vorzügliche Punsch Rezept, von dem Sie neulich sprachen, umgehend zukommen zu lassen. Ich habe beute Abend Gaste und wenn Sie frei find, rechne ich darauf, daß Sie das neue Jahr mit uns begrüßen. Ihr Rezept bürgt Ihnen dafür, daß Sie kernen Damenpunsch" bekommen. Mit aufrichtigem Gruß Jreda Grünn Ranken. Als ob er nicht Zuckerwasser oder Vergißmeinnicht - Kalteschale trinken würde, um de? Glückes willen, den Sulvesterabend mit ihr verleben zu dürfen! Ader o Gott da war der an dere Brief! Plump und gemein stand es da, in seiner ganzen scheußlichen Deutlichkeit: Hochgeborener Herr Leutnant! Es ist Alles im besten Gange. Der Herr Kommissionsrath scheine der Sache nicht abgeneigt. Er wird mit seinen Damen am Sylvesterabend die große Ressource im Hotel de Pologne besuchen und Fräulein Tochter heben den Kotillon für den Hern: Leutnant auf. Im Falle die Sache klar wird, bin ich gerne bereit, den Wechsel bis auf Weiteres zu prolongiren. Sollten der Herr Leutnant jedoch der Verabredung nicht nachkommen, verstehe ich mich zu nichts. Hochachtend D. B. Schuster. Unabänderlich, gräßliche Wahrheit! Für ein paar tausend Mark hatte er seine Seele dem alten Halsabschneider, diesem Schuster, verkauf:. Noch vor Kurzem hielt er es ja für möglich zu thun, was ein Leutnant thun muß, wenn ihm kein Mensch mehr pumpen will, nämlich Groß Kapital heirathcn, ohne allzu wählerisch zu sein, aber heute nein! Und wenn ihm morgen nichts bleibt, als die Kugel oder Kassation, mit der Aussicht, lebenslänglich in einem Win kel des Reiches Kartoffeln zu bauen oder in China Reformen einzuführen, in's Hotel de Pologne bringt ihn keine Macht der Welt, kein D. B. Schuster und kein Kommisfionsrath! Schnell das Punsch-Rezept her! Harro von Kondeck raffte die Briese zusammen, steckte sie in seine Brief tasche, das Punsch - Rezept, das von feiner Mutter stammte, dazu und der gaß für die nächste halbe Stunde alle Sorgen in dem berauschenden Glücksge fühl, sich der heimlichAngedeteten seines Herzens nahen zu dürfen. Sie empfing ihn thatsächlich persön lich. trotzdem sie, wie sie sagte, eigent lick nicht zu Hause war. So entzückend hatte er sie noch nie gesehen, wie in diesem intimsten zu Hause"! Der blonde, säbelrassclnde. sporen klirrende Riese war vor unheimlicher Wonne verlegen wie ein Fähnrich, und nachdem er seinen Dant für die Ein ladung gestammelt und die Frau Gräfin die Rosen überreichte, die allerschönften. die er im theuersten Blumengeschäft hatte auftreiben können, wollte er sich empfehlen. Aber mein Punsch-Rezept?" lächelte sie und sie sah ihn förmlich schelmisch dabei an. Er wurde wahrhaftig roth bis über die Ohren hinaus, daß er seine Ver wirrung so verrathen, und mit der Be- thcucrunq, wie glücklich er sei, Frau Gränn dienen zu können, riß er eilfer tig das Blatt aus dem Portefeuille. Den Rest des Tages war er eigentlich unzurechnungsfähig. Wenn Jemand' rasend verliebt ist und hofinungslos dazu, so ist ein solcher Zustand am Ende nicht wun-derdar. No. 3. a. hofiniingSIoS, mußte sich Harro sagen, denn wie durste er, der verschul dete Leutnant, sein Auge erhebe, zu der begehrt.'st.'n, reizendsten Frau der gro ßen Welt? Es liier, ja allgeincin, daß sie bc reit?, ach kurzer Wittioenichast wie der derlobt war mit ihrem Vetter, Fürst Kicnbcrg, der ihre lauter ver waltete! Ader heute noch, am lexten '.'Uv.id dcS alten Jahres, will er 'Hick!ich sein. glücklich in ihrer ''eranschlNden Nahe. morgen, mit dem iienri! Jahre komme, was da kommen muß! Und es nur ein herrlicher Abend! Die alons der Gräfin dufteten wie ein Garten im Frühling von Blumen und Blüthen, im Zan;si,al schmetterte eine Kapelle lustige Weisen, und hier war Gränn Freda die Königin des Festes während Fürst Kienberq in den Rauch und Spiel - Zimmern die Honneurs machte. Harro ging umher wie ein Trunkener. Er hatte schnell einige Gläser Sekt hin- untergctturzt und darauf mit derGiäftn Walzer getanzt. Er hatte die schöne Frau fest in sei- neu Armen gehalten, ihre schimmernde schleppe schmiegte sich ini schnellen Tanz um seine Füße und der süße Veilchen- duft war aus ihrem dunklen Gelock. ans Gewand und Busen zu ihm auf- gestiegen. Und sie trug seine Rosen im Gür tel, er irrte sich nicht, es waren seine Rose! Sie lächelte und scherzte so übermü- thig, was hatte sie nur? Errieth sie feine Geheimnisse und wc'.dele sie sich an seinen Qualen? Er wurde muthig, der Wein und die Liede gössen Feuer in seine Adern, er tanzte immer wieder mit ihr, und sie lächelte, wie die Fee im Kindermärchen lächelt, die den armen Prinzen lockt bis er sie küßt und aus dem Paradies ge- stoßen wird. Morgen ja morgen aber heute noch ist er im Paradies! Mein bester Herr von Kondeck, auf ein Wort," sagte Fürst Kienberg plötz- lich, ihn unter den Arm fassend und ihn in ein Seitenzimmer ziehend. Meine Cousine dankt Ihnen sehr für das Punsch-Rezept, aber sie wüßte absolut nichts damit anzufangen. Sie müßten ihr denn schon persönlich die Erklärung zu demselben geben." Harro starrte auf das dargereichte Blatt und wurde aschfahl. Es war Schuster's Brief, den er in seiner Unzurechnungsfähigkeit heute Morgen mit dem Rezept verwechselt. Kommen Sie, die Gräfin erwartet Sie am BuNet." Der Fürst schob den Fassungslosen in ein Kabinet, wo Gräfin Freda vor einer dampfenden Punichbomle stand. Sie hielt ihm lächelnd ein Glas mit duftendem Getränk entgegen. Kosten Sie. Ihr Rezept war ganz vorzüglich!" Gräfin, ein unverzeihliches Ver sehen!" ' stotterte er wie mit Blut über- gössen. Und plötzlich wurde sie sehr ernft. Sie werden nicht mehr in's Hotel de Pologne zum Kotillon gehen?" Nicht um die Welt!" Haben Sie einen anderen Augweg gesunden? Nein, keinen." Und nun?" Nun kommt das Verderben, aber " Aber?" Heute noch darf ich glücklich sein. Grünn ich darf ja noch mit Ihnen tanzen, ich darf " Ja, Sie dürfen, Harro Alles Sie dürfen mir jetzt Glück wünschen, zum neuen Jahr und zu meiner großen Liede." Die schZne Frau legte beide Hände auf seine Arme und sah ihn mit leuch tenden Augen an. Freda!" Es war ein Jubelschrei und dann hielt er das wundervolle Weib an seiner breiten Brust. Aber schicke ja nicht Herrn T. B. Schuster aus Verschen das Punschrezept statt unserer Verlobunqsanzeiae." saate lachend die glückliche Braut. Jagdhumor. Bei einem Jaaddiner wurden, wi? die illustr. Zeitschrift ..Sankt &eom erzählt, neulich von einem Herrn aiis suddeulschtand folgende zwei Geschjch ten erzählt und diel belacht: Im Revier W. einer süddeutschen Hofjagd spürte sich feit lange ein kapitaler Hirsch, dessen Aufmnrfftangen 22 Enden aufwiesen. Ein solch seltc- ner Kopsschmuck war nur wertb von der Hand des fürstlichen Jagdherrn selbst erbeutet ;u werden, und ttmr deshalb für die Treibjagden die Parole ausgegeben word,n, nicht ci'.f den iiapitalcn krumm zu machen. Der I rit b war kaum ani;i'blu'ni, und die Zicibcr waren kaum ." Schl'tk von l den Schütze:, am Ruckwechscl ad. a's der langgedibntc Ru, Tazo! ao!" die dort pojtirtcn Schützen die Büchsen fester umspannen ließ. Dem Krachen der gikni'icu Zweige folgte ticse Ruhe, da auch die Treiderketie stehen geblieben war, m:; weitere Signale abzuwarten, im Falle der Hirsch sich gesteckt hatte und der Trieb zurückgemacht werden mußte. Der Majestätische wechselte als bald mit der gewohnten Schla'.:!elt sol cher alten Herren deinabe laniloS bis an den Äav des nicht sehr dichten Be stände-. Ein kurzes "Verlusten und mit einer niachtigen Flücht überfiel er die Schilku'c am Stand de- Grasen Tiüo von Dillingeii. Es war wnllich der Graupe l Große) gewinn, wie die ! Treiber ihn seit lan.'e getauft hatte, j üutaöcsjii'. war den Treibern die Zeit l lang gewo:den. und sie such;,:', nach einer ErÜarung. wann lein Schuß gefallen war. Zu den Schützen drang solgendc!' Z:riegespräch! Du, Goitlicd. i moin, Sees w n der Grauße." Ja heilt (iiuHjl), der m,:aß ein Dillingel Grate ang'lofle ::'" Worom Hot er denn net g'schvsse, der schiaßt doch sonscht d' Stern dem Himmel ,a (herunter)?" Er Hot net dcrse (dürfen)." Worom hcrnt ii 4 '1" T1. ( nl! i rt Xcr Mirini sinn im i M i ti j n v w v -y i schiaße." So! So! Noa lebt er no lang." Zum Besuch des Dillinger Grafen kam ein Professor der benachbarten Universität in das Schloß, wo ihm be deutet wurde, daß der Herr Graf beim DachSgraben fei; der Bau fei nur eine Viertelstunde entfernt. Der Professor, der wie viele seiner Kollegen ein eifriger Nimrod war, macht sich schleunigst auf den Weg, und trifft am Dachsbau in dem Moment ein, als der Graf mit der Gabel auf dem Bau steht, um den Dachs beim Ausführen hinter dem schneidigen Teckel zu fassen. Dem Pro fcssor wird vom Jagdhüter, einem alten Original, die Flinte deS Grafen in die Hand gedrückt, mit dem Beiner ken, den Dachs zu schießen, wenn er von dem Grafen mit der Gabel gefehlt würde. Der Teckel giebt laut und wüthend Hals. Seine Ruthe erscheint am Ausgange des Rohres, der TachS folgt und die Gabel faßt ihn im Ge nick. In demselben Augenblick dröhnt der Schuß des Professors, der Graf macht einen Satz und der Dachs sucht das Weite, von den Segenswünschen des Grafen begleitet. Der Jagdhütcr nähert sich seinem Jagdherrn mit den bedeutsamen Worten: Herr Graf, jetzt hann i glaubt, decs sei a Professor, derweil ischt dees a Rindviech!" arl Helmerdingö Hnmor, der auf der Bühne so glänzend war. äußerte sich auch vielfach im Privat leben. Hier ein Beispiel für viele. Es war im Sommer vor 27 Jahren, als Helmerding an einem großen Stroh hutladen vorbeiging. Im Schaufenfter lag ein feiner Panamahut mit der Aus Zeichnung 100 Thaler". Helmerding ging in den Laden und ließ sich den Hut zur Anficht zeigen, betrachtete ihn von allen Seiten sehr aufmerksam und fragte dann: Also 100 Thaler kostet dieser Hut?" Ja," war die Antwort. Helmer ding untersucht den Hut von neuem, besieht ihn innen und außen und fragt den Commis: Ja, aber wo find denn die Löcher?" Was für Löcher?" erwiderte der Eommis. Nun," meinte Helmerding, die Lö chcr für die Hörner von dem Ochsen, der für diesen Hut 100 Thaler bezahlt." Jwtihundertiährigtr Cognac. Ein vorzügliches Tröpfchen werden in hundert Jahren die Leiter der Naturwissenschaftlichen Akademie zu Philadelphia zu kosten bekommen, wenn die Flasche Cognac, die ihn enthält, vorher nicht schon von anderen ausge trunken worden ist. Bereits jetzt ist dieser Cognac hundert Jahre alt. Er ist, ein Geschenk von L. P. Ashmead. einem in Philadelphia wohnenden Onkel der bekannten englischen Parla mentaricr Ellis Ashmead Bartlett und William Ashmead Bartlett. Coutts hat an die Schenkung die Bedingung geknüpft, daß die Flasche beim nächsten Jahrhundertwcchsel geöffnet werden soll. Die Flasche ist' nachweislich seit 1849 in Ashmcads Besitz und war vorher im Besitze von William G. Eochran. der Ashmead ein Geschenk damit machte und nachwies, daß die Flasche genau fünfzig Jahre in seinem Keller gelegen hatte. Besondere Veranlagung. Der Kritiker Dr. Reißer hat den Violinvirtuosen Pablo Kratzer wegen ehrenrühriger Aeußerungen gefordert. Der Musiker erklärte den ' Zeugen: Sagen sie dem Hern, Doktor, es fällt mir nicht ein. mich mit ihm zu schlagen. Wenn er mir den kleinen Finger wegschießt, kann ich nicht mehr spielen, er kann noch Kritiken schreiben, auch wenn ich ihm den Kopf weg schieße!" Das gebildete Dienstmädchen. Freundin: Mir scheint. Dein Dienst- mädchen horcht an der Thür! Wollen wir nicht lieber frainöfisch sprechen ?" Hausfrau: Ach nein: weißt Tu. da blamiren wir uns nur!"