baUm lllanjaur. H;ä!i;;i:i3 vZü e 1 1 1 ? ' 1 ü. 1. Zur Zeit Der Schreckensherrschaft in Frankreich waren viele Guillotinen in rastlose Thätigkeit sowohl in Pari wie in den Provinzen, So auch im Departement der Gironde und dessen 5,auvtstadt Bordeaux. mz TallienS Nachfolger war dort der BolkZrevrüsentant Garner eingczo gen. ausgerüstet vom Konvent mit den schrecklich sten Vollmachten, feern wur diger Kumpan war Lacomde, Präsident des RkvolutionstnblinalZ. es teste rtn Schwiegersohn. BrutuS Jadin. vormalZ Winkeladvokat, fungirte alZ öffentlicher Ankläger. Eigentlich hieß dieser Mensch Toussaint (Allerheiligen!, aber einen solchen Namen hatte er als eifriger blutrothcr Rcpublikancr nicht langer führen wollen und sich deshalb Brutus genannt. Dergleichen Namens Umänderungen waren damals in Frank reich etwa? (Gewöhnliches. Innerhalb weniger Monate ließ dies fürchterliche Triumvirat auf dem vor maligen Königsplatze, der jetzt Frei heitsplatz hieß, weil man da einen un geheuren großen Freihcitsbaum aufgc pflanzt hatte, sechshundert Menschen guillotiniren. darunter viele reiche Kauf leute und Grundbesitzer. Zu diesen unglücklichen Opfern gehörte auch Louis de Fumel, der Besitzer des berühmten Weingutes Ehateau Margaux im be nachbartcn Weinländchcn Medoc an der ironde. ein paar Meilen nördlich von Bordeaur. Tie Anklage gegen ihn hatte gelautet, daß er ein heimlicher Royalist sei. Das erschien allerdings sehr möglich. Ferner, daß er Berbin düngen mit England unterhalte oder doch' unterhalten habe. Freilich hatte er solche aus früherer Zeit her noch mit dortigen Geschäftsfreunden, denn die besten und edelsten seiner Weine waren ftetS nach England verkauft worden, weil die reichen Engländer damals den Ehateau Margaux allen anderen Me docmeinen vorzogen. Tann beschul digte man ihn. er habe große Kapita lien. um sie in Sicherheit zu bringen, nach England geschafft und ebenso sei nen jungen Sohn Armand, der sich eit längerer Zeit dort befinde. Ter drin gende Verdacht gegen ihn lag vor, daß er selbst, nachdem er seine Angele genheitcn möglichst geordnet, sein Gut im Stiche lassen würde, um zu flüchten. Leider hatte er zu lange gezögert, diese Absicht in's Werk zu setzen. So war er dann verhaftet, vom Revolv. tionstribunal verurtheilt und auf dem Freiheitsplatze guillotinirt worden. Nach vollbrachter unheimlicher bluti ger Tagesarbeit saßen die drei Schreckens männer und derzeitigen unumschränkten Gemalthader von Bordeaur eines Abends beisammen in der Wohnung Garniers in einem prächtig ausgeftat teten Zimmer an der reichgedeckten Ta fel und thaten sich gütlich an leckeren Speisen und edelsten Weinen. Längst schon hatten sie Brüderschaft geschlossen, sie waren sozusagen ein Herz und eine Seele. Lacombe entkorkte eine Flasche, füllte die Gläser, hob dann das seinige und rief: Auf euer Wohlsein, Brüder!" Auf das demlgc. wackerer Patriot!" antworteten die zwei. Sie stießen an und thaten ein jeder einen langen, durstigen Zug. .Das ist ja ein wahres Prachtwein djen!" rief, mit den Lippen schmatzend, der dicke Bolksreprüsentant. ..i&in famoser Tropfen ist's." bcstä- tigte der hagere Lacombe. Chateau Margaux. Jahrgang1777, Schlokabzua." bemerkte mit Kenner miene Brutus Jadin, indem er die Eti- kette der Flasche musterte. ..Der diesen herrlichen Wein hat keltern lasten, wird freilich nicht mehr davon trinken. Ich meine nämlich den Fumel, den wir neulich auf die Guillotine expedirten Wie sich doch die Zeiten geändert haben!" sprach Lacombe. Früher mußte ich mit dem schlechtesten billigsten Krätzer vorlieb nehmen, jetzt aber kann rch solchen auserle enen Wein chiunen, der sonst für unsereins gar nicht zu er schmingen war. Das ist der Segen der Freiheit!" Hast recht. Schwiegersöhnchen," agte Jadin. In Bezug auf das große Weingut Ehateau Margaux habe ich übrigens einen Plan." Heraus damit, Brutus! Du hast einen seinen Kopf, einen gewandten Geist, das beweisest du alle Tage als öffentlicher Ankläger im Tribunal." So höre! Dieser Fumel war Witt wer. Sein Sohn Armand, der einzige Erbberechtigte, beftndet sich in England, ii also als Emigrant anzusehen. Ver- muthe, er wird sich wohl hüten, hierher zu kommen, um sein Erdthell zu rella miren." .Bin ganz deiner Meinung! Solch' dreistes Unterfangen würde dem jungen Menschen sicherlich den Kopf kosten. Hat er sich doch unsern Erbfeinden, den Engländern, zugesellt!" , Chateau Margaux ist also nach den Bestimmungen des Gesetzes zu dehan deln. welches in Bezug auf den Grund bentz der Emigranten vom Konvent er. lassen worden ist: das heißt, dies Pracht- volle Weingut wird als Nationaleigen thu, erklärt und dann öffentlich zum Besten des Staatssäckels an den Meist bittenden versteigert." Ganz richtig. Brutus! Wahrhaftig. chon deinen Plan, denn ich hade eine feine .Ich bekennn, aus und taufen 6: ?Uu wir beide bieten dar s Gut. Spottbillig werden wir 5 erlangen. Unier rcund Garnier und der ihm und uns ergebene Kommissar, welcher hier den Verkauf der kon'iszirten Güter zu besorgen hat, werden gewiß die Augen ein wenig da. bei zudrücken und unserem Gebot den Zuschlag ertheilen. Sicherlich wird'S keiner in Bordeaux und Umgegend wa gen. un? zu überbieten. Den möchte ich doch ivirllich sehen, der sich dessen er kühnen wollte! Solche Frechheit ist ja gar nicht denkbar. WaS sagst du dazu, Freund Garnier? Hoffentlich hast du nichts dagegen einzuwenden." Durchaus nichts, mein Lieder! Ihr seid ja beide die wackersten und ent schlossenstcn Patrioten, die ich kenne, seid meine treucsten Freunde und Ec noffen." sprach gefühlsvoll der Volks repräscnlant. Das will ich mit gutem Gewissen verantworten vor dein Kon vent. falls man in den Pariser Jako binerklubs. wo sie ja alle? erfahren, was in den Provinzen vorgeht, deshalb über uns herfallen sollten. Sehr gerne gönne ich euch den Portheil. Kauft immerhin das Weingut Ehateau Mar gaux! Vielleicht mache ich selbst einmal bei passender Geleaenheit ein solches Geschäftchen. Es ist unsere Pflicht, für's allgemeine Beste zu sorgen, also auch für uns selbst." Tu sprichst mir aus der Seele, edler Freund!" schrie Lacombe. Auch Brutus Jadin ankerte ähnliche überschwengliche Tanlbarkeit und Be- geisterunz. Tann schenkte er wieder den köstlichen rubinsarbigcn Wein ein, und sie stießen an und tranken aus da ije- singen des guten Geschäftes. Schon am folgenden Vormittag setz- ten Lacombe und Jadin nch mit dem Kommissar in Verbindung. Ter Mann hieß Lctellier. Er hörte den Vorschlag und verstand sogleich die Absicht der beiden. Sehr gern will ich Ihnen gefällig sein. Bürger." sagte er. Zweifellos werden Sie das Gut erlangen. Besse ren Patrioten könnte es ja nicht zu Theil werden, das ist meine Ueberzeu gung. Ter Form wezen ist die An setzung eines Perstcigerungstermins nothwendig, den ich möglichst beschleu nigen werde, Ihren Wünschen zuliebe, Wir richten es so ein. daß Sie die ein zigcn Bieter sind, daß andere, die etwa Kaufgelüste haben sollten, sogleich da von abgeschreckt werden." Wie denken Sie über den Preis, Bürger Kommiffar?" Der mäßigste Schätzungswerth ist eine Million Livres." Sind Hypotheken darauf einge- tragen?" Gar keine. Der schmerreiche Fumel hatte sein Weingut gänzlich schulden- frei." Nun, angenommen Brutus und ich bieten hunderttausend Livres sur Eha teau Margaur " So schlage ich Ihnen das Gut zu." Wir bezahlen die Hälfte der Kauf- summe m Assignaten und lassen die andere Hälfte vorläufig als erste Hypo- thek eintragen." ,So möge es geschehen, ic er- halten dafür das Gut mit allem Zu behör " Auch mit den etwa noch vorräthlgen Weinen?" Ja. Wie Michot mir sagte, lagern da noch einige Vorräthe in den zwei Kellern, edle Mcdocs nämlich die noch nicht ganz flaschenrcif sind." Drei bis vier Jahre müssen Medocs edelster Sorte, sogcnanute Grand-Vins. in den Fässern lagern und reifen, bis sie ihre volle Güte erreichen, das ist mir wohl bekannt." bemerkte Brutus Jadin. Wer ist dieser Michot, Bürger Kom miss?" Pierre Michot ist der Kellermeister und jetzige Verwalter des Gutes. Er ist noch immer geblieben, obgleich er zur Zeit keinen Lohn erhält." War er lange bei Fumel im Dienst?" Seit zwanzig Jahren." Hm ist er ein guter Patriot?" fragte Lacombe. ,Fin sehr eifriger sogar; das zu be obachten hatte ich mehrfache Gelegen heit." Wohl, uin so besser! Dann werden wir uns mit dem braven Manne ja leicht verständigen können. Und die übrigen Arbeiter und Winzer des Gutes?" Soviel ich weiß, haben sie, bis auf einen jungen Menschen, der bei Michot geblieben ist. daS Gut verlassen, um hier in der Stadt an den Ereig nisten sich zu betheiligen. Einige haben sich bei der Nationalgarde einreihen lallen." Es ist ja auch noch nicht die Zeit der Lese." Ganz richtig. Doch müssen bald wieder Leute zur Arbeit angenommen werden, wenn mein Schwiegersohn und ich erst die Besitzer des Gutes sind." Ich will mit Michot darüber spre- chen. Nach einer Stunde nehme ich ein Boot und fahre mit meinem Schreiber nach dem Gute, eines genauen Jnvcn- tariums wegen für die Versteigerung. j Nur Formsache! Apropos, Sie könn- ten mir ja die Ehre erweisen, mich zu begleiten, um bei dieser Gelegenheit alles dort zu besehen!" Dazu haben wir jetzt keine Zeit. Nach einer Halden Stunde beginnt die Tribunalsitzung, und sie wird voraus sichtlich heute ziemlich lange währen. ich tristere n::n Tie Pflicht geh: allem r?r! Um fünf Uhr heute Nachmittag erst wär's uns mZglich." ,.co rathe ich Ihnen, fahren Sie nach! Tie kurze Bootsahrt ans dem Flusse ist äußerst anmuthig und erfri schend. Im Schlosse können Sie über nachten und am nächsten Tage zurück fahren." Ter Vorschlag gefüllt mir." sagte Brutus Jadin. Mir auch," sprach Lacombe mit höchst zufriedenem Schmunzeln. Ja. wir wollen unsere zukünftige Besitzung heute Abend und morgen früh besichti gen. Eine solche angenehme Erholung nach so vieler aufregender und ange ftrengter Thätigkeit dürfen wir rcolil mit gutem Gewissen uns gönnen. Mein lieber Kommissar, rechnen Sie auf unsere stete Erkenntlichkeit! Wenn wir Ihnen einmal nützlich fein können, wenn Sie etwas brauchen, und es in unserer Macht steht Sie wissen ja: eine Hand wascht die andere!" Tie drei Biedermänner schüttelten sich höchst freundschaftlich die Hände. Darauf schieden die beiden Besucher von dem Kommissar Lctellier. um il) rcn anderweitigen Verrichtungen nach-zugehen. Ehateau Margaur. auf einem sanft ansteigenden Hügel am User der Gi ronde gelegen, war ein alter solider Ban übrigens wie die meisten dieser durch ihre Weine so wcltbcrühmtci vualcaux im l'eeöociai'.de, mehr einem einfachen Herrenhaufe als einem Prunk vollen Schlosse gleichend. Einige h:in dcrt Hektar des besten Weingeländc gehörten dazu. Pierre Michot, der Kellermeister und derzeitige Verwalter, war ein Manu von etwa fünfzig Jahren und von die dercin Aussehen. Auf seinem Kops prankte die rothe Ireihcitsmütze der Jacobincr. Danach mußte man also annehmen, daß er ein eifriger.republi kanischer Patriot sei. Doch der Schein trügt zuweilen. ES war an einem schönen Tage zu Anfang des Septembers, als der Kom milsar Lctellier ihn besuchte, der mit Beihilfe des ihn begleitenden Schrei bcrS rasch ein Inventar aufnahm Dann sagte der Beamte zu dem Keller mcistcr. daß nächstens das schöne Gut in den Besitz des Tribunalpräfidenten Lacombe und seines Schwiegersohnes Jadin übergehen würde. Es sei die Absicht der beiden großen Revolutions männer, gegen sieben Uhr Abends im Schlosse zn einer Besichtigung desselben zu erscheinen und darin die Nacht über bis zum folgenden Vormittag gegen zehn Uhr zu verweilen. Michot mög in seinem eigenen Interesse äußerst aufmerksam und zuvorkommend gegen sie sein, sie möglichst gut bewirthen und loqiren. Der Kellermeister verneigte sich und erklärte, daß er sein Bestes thun wolle, der Aufforderung gerecht zu werden Er besaß so viel Selbstbeherrschung, das Erstaunen, die Aufregung, wovon sich erfaßt fühlte, zu verbergen. Darf ich hoffen, daß die neuen Be sitzcr mich in ihrem Dienste behalten werden? fragte er dann. Das glaube ich sicher," versetzte der Kommissar. Ich habe mit den Beiden bereits gesprochen. Sie wissen, daß Jh ein guter Patriot seid." Danach ging der Kommissar mit sei uem Schreiber zu dem Boote, welches an einer Anlegestelle unten am Ufer aus ihn wartete. Fünf Minuten nachher kam ein büb- scher, dunkellockiger Jüngling zum Vor schein aus einem Nebengebäude, dem Keltcrhause. Einfach war er gekleidet, wie ein armer Winzer, fein Haupt abe auch geschmückt mit einer rothen Frei- yeitsmütze. ..Nun. Michot. was wollte der Eom miffar?" fragte er. er euermeiner zog vcn mngen Menschen in eine Ecke und flüsterte lün gere Zeit geheimnlßvoll mit ihm. In hohe Erregung gerieth dabei der Jüng ling; fein blasses Antlitz erglühte wie tnumphirend und er murmelte: Ja, acye, acye: Jie wird uns nun durch eine Schicksalsfügung ermög- licht. Vas Berhängniß naht, ihr Blut Hunde!" Unten im Flusse ankerte in der Nähe des Weingutes ein kleines Fahrzeug, eine Fischcrbarke. Tressan. der Fischer. und seine zwei herangewachsenen Söhne bilden die Besatzung. Tie beiden jun- gen Leute wurden nach dem Schlosse gerufen und halfen emsig beim Zusam- mcntragen von meingbündeln und dem Zurechtstellen von leeren Fässern in dem großen hallenühnlichcn hölzernen Vor- räum zum Kellereingang. Michot sprach mit seiner Frau Louison Kinder hatte das Paar nicht; sie bezeigte sich zuerst etwas sngsttich bei seinen Worten, doch gelang es ihm. ihre Unruhe zu be schwichtigen. Nachher beschäftigte die gute Frau sich damit Kleider und son- stige kleine Habseligkemn in Bündel zu packen und diese nach der Barke zu tragen, wo Tressan die Bündel in Empfang nahm und sie unter Deck brachte. Der blasse Jüngling und Michot schoben kurze Brettstücke und schaufel ten kleine Sandhaufen vor die mitftar ken Elsenfläben vergitterten Kellerfen ster. Nur drei davon, in der entfrnte sten Hintermauer, ließen sie frei. Oeff nete man nunmehr die Kellerthür, dann entstand gewaltige Zugluft in den Kel lerräumen. Abends gegen sieben Uhr kam ein Boot von Bordeaux und legte an dci ?hatean Margaur. Lacombe und Jadin stiegen au?. Ter Erstere sagte z.i dem B?ctZfi:!irer: Morgen Vor mittag um zehn Uhr mußt Ihr wieder hier fein, um unZ abzuholen." Tauach fudr daS Boot sogleich nach der Stadt zurück. Tie beiden An kömmlinge aber schritten gemächlich den breiten Weg Hügelauf. dem Schloß zu. Tienftsertig eilte der Kellermeister ihnen entgegen. Braver Mann!" sagte Brutus Jadin gnädig. Ihr erwartet uns. wie es scheint? Ter Kommissar Letcllier hat Euch Bescheid gesagt über den Grund und Zreck unseres Kommens?" So ist'S. Bürger Ja)in. Ich weiß, daß ich die Ehre habe, die lünsligen Besitzer dieses berühmten Weingutes zu begrüßen." Wir wünschen dasselbe zu besichti gen heute Abend das Schloß und die Keller und morgen früh das Wein gelände." Ich stehe zur Verfügung." Kann die Lese gut werden dieses Jahr?" Ganz vortrefflich soaar. Nach mci ner Ansicht wird es ein fast ebenso ctuic 'Wcinjahr wie 1781." Tas ist mir lieb, zu hören." Was ist das sür ein Fahrzeug da am Ufer?" fragte Lacombe. Es ist die kleine Barke eines Fi schcrs von Oleron, der in der Giroude seine Netze auswerfen will. Jetzt darf der arme Teufel das ja, da die frühe reu' anderweitigen Fischcrcigcrecht'amc erloschen sind.. Tas ist auch ein Segen unserer neuen Freiheit." Ganz richtig, mein Braver." Unter solchem Gespräch langten sie beim Schlosse an. Am Portal stand der blasse junge Mensch. Er öffnete weit die Flügelthüren. Tie beiden Schreckensmänncr schritten achtlos an ihm vorbei, ohne den furchtbaren, haß erfüllten Blick, welchen er ihnen nach sandte, zu bemerken. Noch war cs Heller Tag. Toch die Sonne näherte sich am dunstigen, wcst lichen Horizonte blutroth dem Unter gange. Michot führte die Gäste in ein Gemach, in welchem sich ein gedeckter Tisch befand. ..Ich habe für einen kleinen Imbiß gesorgt," sagte er. Sehr gut!" rief Lacombe zufrieden Aber jetzt noch nicht, mein Bester. Wir haben nämlich schon in Bordeaux genug gespeist. Zuerst wollen wir das Schloß besehen." Ter Weisung gehorchend, führte Michot sie zunächst unten umher, dann oben und dort auf einen Balkon hin aus. Tie beiden waren höchlich entzückt über die wundervolle Aussicht, die sich ihren Blicken bot. Besonders im Süd ostcn zeigte sich die Landschaft sehr reizvoll, wo die Garonne, indem sie sich mit der Tordognc vereinigt, die Gironde bildet. Sie verweilten auf dem Bal kon. bis die Dämmerung immer mehr sich ausbreitete. Jetzt die Keller!" rief Jadin. , Dann brauchen wir aber Licht." meinte Lacombe. Das versteht sich." sagte Michot. Lagert da noch viel Wein?" Nur wenig. Fumel eilte zuletzt gar sehr mit dem Verkauf und schlug das meiste billig los." Haha, das läßt sich denken!" Im zweiten Keller lagern aber doch noch fünf Füsser erstklassiger Weine seit bald vier I ahnen. Fumel wollte sie weit unterm Werth losschlagen, kam aber nicht mehr dazu." lim so besser für uns!" isic stiegen die Treppe hinab. Heda, Gaspad!" schrie Michot ge bieterisch. Ter junge blasse Mensch- lief herbei. Was soll's. Meister Michot?" Bring zwei Laternen! Geschwind? Hörst du?" Sogleich. Meister!" Ter Jüngling eilte davon und kam nach einer kleinen Weile zurück mit zwei Laternen, deren Lichter er angezündet hatte. Michot nahm die eine und ging voraus bis zu dem hallen- oder fchup peilähnlichen großen Vorbau. Er schloß die Pforte auf, und die Vier traten ein. Es waren da viele leere Fässer und Reisigbündel aufgestapelt. Ist daS nicht scucrgeführlich?" fragte Brutus Jadin. auf die letzteren hindeutend. O nein," versetzte gleichmüthia der Kellermeister. Wir müssen dergleichen hier unter sicherem Verschluß aufbewah- ren, denn liefen wir s draußen, würde es nächtlicher Weile bald gestohlen wer- den." Er schloß eine zweite, mit starken eisernen Platten und Bünden . be scylagene yure aus. Nun ay man die Kellertreppe. Tie Vier stiegen hinab in den ersten Keller, einen großen gewölbten Raum. Derselbe war von dem zweiten, etwa kleineren Keller durch eine massive Mauer und ein starkes Eisengitter ge- chicden, das sich in Angeln wie eine Thüre bewegen ließ. Warum ist das so?" fragte Lacombe. Das ist der Keller der allcrkostbar- sten Weine." Dort lagern also die fünf Füsser noch, von welchen Ihr spracht?" Jawohl." Michot steckte einen Schlüssel in das Schloß des Gitters und schob dann etztercs auf. Bitte, treten eie ühcr!" Alle begaben sich i". den zweiten Keller. Da fallt mir ein. Sie werden riet' leicht gerne die icit vier Jahren d'cr lagernden und aührenden. tast reise:! We.ne kosten wollen." meinte der Kel lermcister. Schnell. Gaspard. laus und hol einige Gläser!" Ter junge Mensch entfernte sich. Tie Laterne, welche er trug, setzte er im ersten Keller auf ein leere? Faß. Michot blieb mit Lacomde und Jadin im untc ren Keller. Indem er mit seiner Laterne umherleuchtctc. zeigte und erklärte er den beiden allerlei. Nach drei Minuten offenbarte er einige Ungeduld. Wo bleibt denn der faule Bursche?' murmelte er. als od er zornig werden würde. Er fetzte die Laterne aus den Fußboden, ging zur Gittcrtbüre und schrie: Gaspord! He. Gaspard!" Keine Antwort. Ter Rasende trat in den Keller. Blitzschnell erfaßte er da Ei'engittcr. schob es zu und drehte dann den Schlüs sei um. den er darauf abzog und in die Tasche steckte. Tie beiden Schreckensmänncr Hrtcn das Geräu'ch. Was soll daS bedeuten?" rief Jadin. ..Weshalb schließt Ihr a hier ein?" Pierre Michot lachte grimmig. 1is werdet ihr Unholde sogleich erfahren Mein Gebieter hat ein Wortchen mit euch zu sprechen." tfumel, der IVatlloiuiiner schrie Laccm'jf. Wie was meint dieser tolle Mensch? Ist er wahnsinnig?" Michot verschwand vom Gitter, aber dort erschien nun der blasse Jüngling, der seine rothe Jakobinermütze treggc worsen hatte. ;j) rin Armand de ivumcl, der Sohn des Guillotinirten" sagte er. Von innerer Unruh? und Angst ge- trieben, kam ich von England her über San Sebastian, um meinen Vater zur Beschleunigung seiner flucht zu ver anlassen. Zu spät aber war's. Toch nicht zu svüt zur Rache! Ihr Mörder meines Vaters, ihr Räuder meines Gutes, ihr blutigen Henker so vieler Unschuldigen, eure letzte Stunde ist ge kommen! Mein Schloß sollen nun die Flammen verzehren und euch mit." Er verschwand. Lacombe und Jadin stießen ein Ge schrei des Entsetzens aus. Vergeblich rüttelten sie an dem festen Eiscngitter. Es war kein Entrinnen möglich. Armand de Fumel und Michot war fcn Reisigbündel und andere Brenn flösse, auch Pech und Schwefel, die Kellertreppe hinab, worauf sie nun mit Fackeln Feuer anlegten. Tann be gaben sie sich auf Tressans Fischerbarke, wo Michots Frau sich bereits befand. Sogleich ging das kleine Fahrzeug unter Segel nach dem nächsten spani schen Hafen San Sebastian, wo ein kleiner englischer Schooner die Flücht linge erwartete, um sie nach England zu bringen. Eine halbe Stunde nach ihrer Ab fahrt stand Ehateau Margaux in lich ten Flammen. Von weit her aus der Umgegend liefen die Menschen zusam men. doch zu löschen und zu retten war nicht mehr möglich.. Das Geschrei der beiden Schreckensmänner im Keller war längst verstummt. Ter eindringende Qualm hatte sie erstickt. Und bald stürzte, nachdem das Gcbälk und die Sparren verbrannt waren, das Tach zusammen, die Kellergewölde zerstörend, so daß alles einen rauchenden Schutt hausen bildete. Ta nun Lacombe und Brutus Jadin verschwunden waren der Sachverhalt wurde erst später genauer bekannt, brauchte man in Bordeaux einen ande ren Revolutioiispräsideutcn und einen andern öffentlichen Ankläger. Glück licherweise wurden solche ernannt, die weniger blutdürstig zu Werke gingen Ehateau Margaux wurde als Na- tionaleigenthum erklärt und verkauft an einen holländischen Spekulanten, der zunächst die Ländereicn verpachtete, später aber mit großem Vortheil das schöne Weingut an eine Kapitalisten gesellschaft verlauste, in deren Besitz es sich lange Jahre befand. Tie Lini kommt nicht. In der Thcatcr-Ehronik des Wiener Fremdenblatts wird über die Geistes gcgcnwart einer Schauspielerin wie folgt berichtet: Bahrs Wienerinnen" sind den Dar stcllcrn des Teutschen Volksthcatcrs in Wien geläufig; nichtsdestoweniger gab es bei einer der letzten Aufführungen eine kleine Entgleisung, die aber, dank der Geistesgegenwart der Frau Odilon, vom Publikum nicht bemerkt wurde. Tie Künstlerin wurde gleichsam auf Kommando witzig, was keine kleine Leistung ist. Man denke nur, was ihr pasfirtc: Im zweiten Akte hat Frau Odilon-Taisy ihrem Stubenmädchen zu schellen. Lini, der dienstbare Geist, hat hieraus sofort zu erscheinen. Aber Lini kam nicht. Die betreffende kleine Schauspielerin, der diese Rolle ander traut war, hatte das Auftrittszeichcn überhört, und Frau Odilon war nun auf offener Szene sich allein überlassen. Ader eine situalionsbewußte Schau spielerin kommt nicht so leicht in Ver- legenheit. Nun, was ist s denn eigentlich mit der Lini? Kommt sie. oder kommt sie nicht? Ich habe ihr doch geschellt!" rief Frau Odilon zur Salonthüre gegen die Hintcrlhüre hinaus, als ob diese Worte in ihrer Rolle stünden. Aber Lini k.'.m trotz dieses Alarm r::se? nicht. Frau Obn ärgerte sich, und li.ß nun ihrer wirklichen Mißtt m. mung freien Lauf, indem sie über die Unpünktlickileit der Dienstmädchen zn schimpfen begann. ES ist doch unglaublich." rief die Künstlerin auS. was man sich hcutzu tage mit den Mädchen aussteht! Jetzt habe ich doch geschellt und der Lini so gar zur Thüre hinaus nachgerufen. Ader wer nicht kommt, ist die Lini. Natürlich, wenn ich sie rufe, da ist sie nicht pünktlich, aber wenn sie ihren ..Ausgang" hat. da wird sie gewiß pünktlich sein." Heiterkeit im Publikum. Frau Odi lon merkt, daß sie soeben eine Pointe losgelassen hat: und sie hat eingesla gen! Die Schauspielerin fühlt plötzlich Autorenstolz. Sie ist jetzt gar nicht mehr so döse, daß Lini noch im, ner nicht ersheint. obgleich ec- eigentlich dringend nothwendig wäre, denn Frau Odilon hat gar keinen Tienstboten Einsall mehr auf Lager. Toch halt! Ta füllt ihr ein Ercigniß ein. das vor drei Tagen in dem Tienstpersonale ih res eigenen Hauses vorgefallen war. Mit dieser Lini wird e? doch nicht weiter gehen." suhr Frau Odilon in plötzlicher Eingebung soat. als sich die Thüre noch immer richt rührte, durch die das Stubenmädchen eintreten sollte. Was hat mir diese Lini heute auch außerdem angethan, daß sie jetzt richt kommt! Ich bestelle mir heute Morgen in einem Konfektionsgeschäft eine ganz gewöhnliche Hausblouse. für die sie dcrt im Geschäft zwölf Gulden vulan gen. Tie schicken mir Nachmittag? die Blouse in meine Wohnung; der Tiener aber verlangt 12 sl. 50 kr. Geben Sie dem Mann nur seine 12 fl. die ausgemacht waren." Aber, gna' Frau." sagt mir die kecke Person, wer wird sich dann w.'gcn einer Krone herstellen? Ta werd' ich selber auS meiner Tasche für Ihre Blousen die fünfzig Kreuzer drauf zahlen!" Abermals schallendes Gelächter im Publikum. In Frau Odilon e. 'wacht wieder Autorcnstolz. Sie hatte die Geschichte um so fließender erzählen können, als sie dieselbe oft, zuletzt ihrer Kollegin Glöckner, mit der ganzen Ent rüstüiig der sparsamen Hausfrau mit getheilt hatte. Tie geistesgegenwärtige Schauspielerin benutzte die Momente, da das Publikum lachte, um über eine andere Geschichte aus dem Kapitel Dienstbotenärger" nachzudenken; doch endlich öffnete sich die Thüre und Lini kam. Am liebsten würde ich Ihnen kün digen!" rief Frau Odilon der erstaun ten kleinen Schauspielerin zu. denn ich habe mich über Sie genug geär gert!" Nun konnte das Stück feinen Fortgang nehmen. Wie Shinkstn sterben". Unlängst brachte unS der Telegraph die Kunde, daß verschiedene der intelek tuellen Urheber des Aufstandes in Ehina sich um's Leben gebracht hätten, oder doch wenigstens beabsichtigten, Selbst mord zu begehen. Inwieweit diese Herren mit ihrem Vorhaben Ernst ge macht haben, wird wohl jetzt noch nicht zu konstatiren sein, aber interessant dürsten angesichts dieser Vorkommnisse die Mittheilungen sich anhören, die der chreiber dieser Zeilen von einem lange auf Mauritius thätig gewesenen Mün chener Großkaufmann 'empfangen hat. Ter Betreffende, der dort als Planta gendesitzer thätig war. lernte dabei auch die Chinesen näher kennen. Tie Söhne des Reiches der Mitte" etabliren sich dort vielfach als Kaufleute. Krämer und Händler. Sie sind überaus fleißig, pünktliche Zahler und wissen dadurch sich oft einen ansehnlichen Kre dit zu erwerben. Wenn sie diesen dann haben, erlebt man es nicht selten, daß man eines Tages den Laden geschlossen findet, mit einer Aufschrift, der Besitzer sei gestorben. In Wirklichkeit ist der Besitzer nur verschwunden und hat den trauernden Gläubigern das Nachsehen hinterlassen. Ja. eö ist gar nicht noth wendig, daß der Betreffende von der Insel verschwindet, denn durch die Gleichmäßigkeit der Kleidung und der bartlosen Gesichter sehen die Chinesen einander so ähnlich, daß cs dem Euro päcr oft schwer wird, bestimmt zn be Häupten, das ist der .V. oder der U.. auch wenn er schon so und so oft mit ihm verkehrt hat. Wenn also der Gestorbene" wieder auftaucht und man ihn bezichtigt, er sei der Bankrotteur, so wird er ungestraft eine Verwechslung mit irgend einem Nachbarn vorschützen können. Nach diesem charakteristischen Zug wird man wohl kaum fehl gehen. wenn man annimmt, daß die chincsi schen Staats-Verräthcr sich nicht in's bessere Jenseits begaben, sondern sich einstweilen in eine entferntere Provinz auf französisch" oder, bester aei'aat. aus cyinesiscy empsohlcn haben. Sin Scherz Uhkand's. Neue Wortbildungen mochte Uhland wenig leiden. Eines Tages kam beim Wein die Rede auf diesen Gegenstand. Einer der Kneipgenofsen erwähnte, in einein Platen'schcn Gedicht komme bediadcmt" vor. A ganz wüescht's Wort." meinte Uhland dem Freunde gegenüber, der eS vertheidigte. AIs auf dem Nachhausewege derselbe Freund mehrere Male stolperte, saatc Ubland gemüthlich: Tu bischt wohl bcdia-duselt?"