Hslrester-Abend. vkllkttt boti S n t. S n b t m. Nein, keine Reue! 3 mußte sein Wer band an sein Eigenthum legte, der war sein Feind, und wäre es auch lein alter ffreund und Stubiengenotie, der Assessor. Er liebte die es Weid diese schöne exotische Blume, bis zum Wahnsinn. . un sollte er sich gefallen lassen, dasz sie mit dem Andern ver liebte Blicke tauschte, ihr Mund dem Andern lächelte und für ihn die weiben Zähne Mischen ihren rothen Lippen KrauSkorderiid blitzten? Nein, nein vei! Er hatte das alle deutlich im Spiegel gesehen vor einer Stunde. Sie hatten nämlich Eylvefter ge feiert. ES war eine aufgeräumte Ge . -MHAaff. BiS Mitternacht wurde bei SSeln und Gesang, allerlei Kurzwei! getrieften: sie und der Afseffor gaben den Ton an. Um ihn kümmerte sie sich Kmm. Nur ein Mal trat sie heran M er düster und einsilbig saß. und sagte mit leisem Spott: .Thöricht, wer nicht das Leben genießt, Freund! In dieser Welt der Vergänglichkeit ift man eben uur em Mal mng." Brava, Circe!" rief der Assessor linier ihr. S:e wandte sich so chnell um, daß der goldene Pfeil aus ihrer prachtvollen schwarzen Haarkrone siel vielleicht war eö beabsichtigte Coquetterie. Auch ihm war dieser goldene Pfeil einft vor die Füße gefallen, und er hatte ihn eben so eitrig aufgehoben, wie jetzt der Assessor eS that. Vor dem großen Spiegel, der faft eine Hälfte der Wand einnahm, wollte sie den Pfeil wieder einstecken. Der Asses sn ergriff eine der koftbarften Steh lampen. um ihr zu leuchten. Als ob das nöthig gewesen wäre bei den Strömen von Licht, die den Saal er - hellten! Da stand sie in der schimmern- den. mattaelben AtlüS Rode, die schwarzen Haarwellen lose herabwal -fcnd, daS weiße Antlitz mit den glün zenden Zauberaugen ihrem Spiegel bilde zugewandt vielleicht im Zweifel, ob jenes nicht doch schöner wäre als sie selbst. Und jetzt sah er jmes Aufblitzen der Blicke: ihr Lächeln und sein freu biaeS Errdthen. In diesem Augenblick schlug es gerade .Zwölf. Ein Jubel erhob sich, ein Sturm von Glückwünschen. Der Cham -toagner schäumte. Die Gläser klangen Niemand achtete darauf, daß er .finster w einer Ecke blieb. Doch Einer! Der Assessor, stolz und strahlend in fei nem Triumph über ihn. Er hielt sei neu Kelch in die Höhe: Prosit Neu jähr, alter Freund !" Er aber regte sich nicht. Er schaute dem Anderen in die Augen. Dieb!" murmelte er nun zwischen den Zähnen. Der Assessor verstand. Ruhig zog - er sein Notizbuch hervor und kritzelte auf eine Karte: Kein Aufsehen! Mor gen Vormittag um Zehn im Tannen Hain. Erwarte in der Frühe meine Sekundanten." Er mußte sort, sonst hätte er den glücklichen Nebenbuhler mit einem Fauftschlag niedergestreckt. Und sie? Wie verwundert sie ihn anblickte mit dieser heuchlerischen Kindermiene von gekränkter Unschuld, recht zum Betrügen geeignct! Also dieser erste Tag im neuen Jahr sollte sein letzter sein! Zu Hause siel ihm ein. daß er an seine Mutter schreiben könnte. Die arme Frau! Wie oft hatte sie gefleht: Sei ein Mann Werde deiner Leidenschaft Herr! Oder gibst du das Mutterherz hin für eine Circe?" Er hatte es hingegeben, dies edelste und treuefte aller Mutterherzen. Aber das letzte Wort vor feinem Tode sollte doch die Mutter haben. In diesem Augenblicke tönte laut die Hausglocke, noch ein Mal und zum ' dritten Mal. Sicherlich ein Straßen- Jungenstreich ein frecher Sylvester Mrz! Er riß das Fenster auf. Ist der Herr Toctor zu Hause!" fragte un ten eine ängstliche Stimme. Jawohl. Was soll's?" - .Ach verzeihen Sie ich war schon bei drei Aerzten. Niemand zu Hause. Erbarmen, kommen Sie! Meine Mutter liegt im Sterben." Warten Sie!" rief der junge Mann herunter. Das Interesse des Arztes war plötzlich in ihm rege. Er warf sei nen Pelz über und stülpte die Mütze auf. Kaum eine Minute, dann stand er auf der Straße. Unwillkürlich schaute er nach dem Wetter aus. Dar war eine Angewohnheit von ihm. Ein dunkel klarer Winterhimmel mit Millionen von funkelnden Sternen und Licht- stecken, die eine matte Dämmerung m der stillen Nacht verbreiteten. .Wohin?" fragte Doktor Günther , geschäftsmäßig. Eine weidliche Gestalt, ein großes Umschlagtuch über den Kopf und Schultern, trat aus dem Schatten des Portals: .Die nächste Querstraße, ganz am Ende, zehn Minuten weit. Ich bitte, schnell!" Sie lief mehr, als sie ging. Er hatte Mühe. Schritt mit ihr zu halten, und so warm wurde ihm dabei, daß er seine Pelzmütze abnahm um seinen heißen Kopf in der kalten Luft zu küh. len. Sonderbar! Das wirkte wie ein Niederschlag auf Fieberhitze. Seine überreizten Nerven beruhigten sich: das gesunde Alltagsleben mit seinen An fordcrungen an seinen Verstand und sein Pflichtgefühl, machte sich seit langer Zeit endlich wieder bei ihm geltend. Er kam sich vor wie ein andner Mensch. Was vorhin sich abgespielt I und was er mit einer A:t grausamer Luft bei sich zu Hause noch ein Mal nackaeledt hatte, däuchte ihm jetzt ein wüster Shiveftertraum. ..Bitte, hier link! aus dem Hofe!" ES war ein finsteres, unsauberes HanS. in IdaS man ihn führte. Auf dem Flur mit den kahlen, feuchtkalten Fliesen brannte eine armselige Küchen lampe. die mehr Qualm als Licht gab: eS sah recht nach armen Leuten aus. Die Lampe in der Hand stieg sie voran eine knarrende Treppe hinaus. so haftig. daß ihr daS Umschlagtuch herunterglitt: ein blonder Haarknoten an einem zierlichen Köpfchen kam zum Vorschein. .Die arme Kleine!" dachte der junge Mann nicht ohne Bitterkeit, während ein anderes glänzendes Frauenbild, im Rahmen von mattgel dem AtlaS. sich ihm ausdrängte. Erst in der Stube, vor dem ärmlichen Lager, bei dem Anblick eines verfallenen Matronen Antlitzes unter früh ergrautem Haar, gewann die Wirklichkeit wieder Cder Hand. Er hob die magere Hand der Kran ken. die schlaff auf dem Deckbett ruhte, und zählte den Puls. Er fühlte die Blicke des jungen Mädchens starr vor Angst und Erwartung aus sich hasten Er wandte sich zu ihr und sagte: ES geht zu Ende." Gleich hinterher kam er sich brutal vor. Er biß sich auf die Lippe, um den Unwillen über sich selbst zu unterdrücken. DaS Mädchen war lautlos neben dem Bett hingesunken Da lag sie, von stummer Verzweiflung geschüttelt, die Hände der Sterbenden aus ihren thrönenlosen Augen. Ob die eS fühlte? Sie regte sich noch ein mal, und ihr Antlitz verzog sich pein voll. Der schon erlöschende Blick de- lebte sich wieder: ein gurgelnder Laut, Wort sich rang, unterbrach den stillen TodeSkampf: SylvefterAdend ". Tann ver stummten die Lippen, ehe sie sich fchlie fzen konnten, das Auge brach, und das letzte Aufflackern einer qualvollen Erin nerung blieb auf dem Todten Antlitz haften. DaS lunge Mädchen erschauerte und ließ die erkalteten Hände sinken. Sie stirbt!" hauchte sie. Es war schon zu Ende. Der iunge Arzt nahm das Umschlagetuch, welches das Mädchen auf einen abgenutzten Korbftuhl, den einzigen, der vorhanden war, geworfen hatte, und breitete es über die Todte. Dann wandte er sich an die Trauernde: Fassen Sie sich. Fräulein! Mich dünkt, in diesen, Leben wären nicht die Dahingeschiedenen zu beklagen, sondern die Hinterbliebenen i?le macyie oen Ber ua. ncy zu er- heben, aber eine Schwäche befiel sie. Sie wäre hingefallen, wenn er sie nicht gestützt und zu dem Korbftuhl geleitet hätte. Ihre arme Mutter ist gewiß von chweren Leiden erlöst " fuhr er mitlei big fort. Und Sie. . .nun. Sie wer den es überwinden: Sie sind ja noch omnq." Sie brach in ein leiscS. krampfhaftes schluchzen aus: der dumpfe Schmerz von Tagen und Jahren, der nie zum Ausoruch hatte kommen können, ver langte endlich fein Recht. Er wartete geduldig, bis sie sich aus geweint hatte, und schüchtern die Auaen zu ihm aufschlug Augen, ganz roth und ge chwollen von bitteren Thränen! Ich danke Ihnen. Herr Doctor!" flüsterte sie mit einem Anflua von kind- licher Zutraulichkeit. Ja, Mutter hat viel ausgehalten, seit jenem entsetzlichen Sylvester-Abend. Haben Sie vorhin verstanden? In ihrem letzten Augen blick dachte sie daran nicht an mich die ich Niemand auf der Welt mehr habe. Ihre Stimme brach in neuem Wei nen, und der junge Mann stand tief ergriffen vor diesem lebendigen Bilde hülfloseftcr Verlassenheit. Was hatte sie in ihren jungen Jahren wohl schon alles erduldet? Sorgen Gram und Entbehrungen aller Art hatten jeden Hauch von FrÜhlingsfrische und bcnsfreudigkeit von ihr genommen Er sah sich selbst daneben, und Scham und Reue befielen ihn. Er, der den aufreibenden Kampf um das nackte Dasein nur vom Hörensagen kannte, ,ung, wohlhabend, gesund, auf der Höhe des gesellschaftlichen Leben! was hatte er aus sich gemacht? Einen erbärmlichen Todes-Candidaten. nichts Be eres als einen Selbstmörder! Und dieses Mädchen? Ganz anderen Din gen, als ihn je behelligten, hatte sie Stand gehalten, und doch war ihre Seele nicht unterlegen, auch jetzt noch nicht, da ihr zarter Körper, erschöpft und aufgerieben, unter der Last des Elends zusammenbrach. Er aber hatte. was für ein Leben hätte ausreichen sollen, in ein paar Jahren vergeudet, Seine Familie, die Liebe feiner Mut- ter, feine Seele als ob das alles nichts wäre, warf er es dem liebeä Gott vor die Füße, um eines herzlosen, fchö nen caocyens willen: AZaorucy, er hate Grund, sich zu schämen vor diesem armen Kinde. Fassen Sie Vertrauen zu mir. Fräulein," sagte er mild. Wenn Ihnen Niemand näher steht, so schätze ich mich glücklich, Ihnen helfen zu tön-nen." Ihr trostloser Blick richtete sich auf das Todtenlager. Ich.. ..bin ganz allein. Wir lebten sehr zurückgezogen, um Mutters willen," stammelte sie matt. Wenn die paar MZbelreste nicht ausreichen für die Begräbnißkoftcn, dann weiß ich nicht.. .." , Dafür wird gesorgt!" fiel er lebhaft ein. Aber Sie. Fräulein? WaZ wer den Sie nachher ansangen?" C in einen Trenn geben, er- widerte sie tonlos, während ihr bei nahe die Augen vor Erschöpfung zu sielen. Er faßte ihre Hand, anz er schrocken wollte sie ihm dieselbe entzie hen; er ließ sie indeß nicht los. Ich bin doch Arzt." sagte er entschieden Ihr PulS ging so unregelmäßig und schwach, daß er ernsthaft besorgt wurde: wer weiß, wie lange daS arme Kind nicht mehr regelmäßig geschlafen und gegessen hatte! Sie müssen vor allen Dingen etwas Stärkendes zu sich nehmen. Ist hier Keiner, den man für Geld und gute Worte mit einer Besorgung betrauen könnten? Sie?.. ..Nein, bleiben Sie nur fitzen. Sie würden auf der Straße umfallen. Ich gehe lieber selbst. In zwischen öffnen wir hier das Fenster. So armes Kind, Sie haben ja nen wahren Schüttelfrost! Na, wir wer den schon abhelfen." Er zog feinen Pelz aus und deckte ihn über das zitternde Mädchen. Sie fühlte sich zu schwach, um sich dagegen zu sträuben. Ach. Herr Toctor. . ." murmelte sie nur, wie Jemand, der nicht weiß, wie ihm geschieht. - Tann fiel sie förmlich in dem Korb stuhl unter seinem Pelz zusammen. kaum, dan ihr bleiches Nüschen und eine ihrer kleinen dünnen Hände sieht bar blieben. Er ging eilig von bannen. Nach kaum einer halben Stunde war er wieder da. Er hatte Wein aus seiner Wohnung geholt, und was er sonst noch von Lebensmltteln in seinem Jung gesellen-Haushalt vorfand. In seinem Arbeitszimmer war bei dem Oeffnen der Thüre Zugluft entstanden, weil er vergessen hatte, "Z das Fenster zu schließen. Ein Blätlchen auf dem Schreibtisch war aufgeflattert und zu Boden gefallen. Er hob es auf ein Blick darauf, dann flog die Karte des Assessors in den Papierkorb. Hohles Pathos!" hatte er dabei gesagt, jetzt, da er die Tragik des Lebens mit Augen geschaut, in der dumpfen Stube, wo die Armuth und der Kummer wohnten, die der Tod nicht mitgenommen hatte. als er eine Mutter von ihrer Tochter trennte. Wie leise er die Thüre auch hinter sich zumachte, die arme Kleine schrak doch zusammen, obgleich sie vor Mattig keit eingeschlafen war. .Mutter!" rief sie ängstlich. Dann besann sie sich. Sie erkannte den Arzt, und der Ausdruck von Furcht in ihrer Miene schwand Ach Herr Doctor, Sie find wiederge kommen?" Freilich. Ich habe Ihnen Arznei geholt." Er schenkte ein GlaS Wein ein und half es ihr an den Mund: Tnn ken Sie nur gleich! Langsam, so Alles, wenn ich bitten darf. Es ift nicht zu viel. Schön Nun, fühlen Sie sich etwas besser?" Sie nickte. Ihr bleiches Gesichtchen bekam einen Schimmer von Farbe. Dann wollen wir 'mal gleich das Nothwendigste erledigen," fuhr er fort, einen gutmüthig leichten Ton anschla gend. Wegen des Begräbnisses keine L?orge mehr! Das nehme ich auf mich Für einen Arzt, liebes Kind, ist ein Fall wie der Ihre leider keine Selten- heit. Keine Einwendungen also! Außer dem muß etwas für Sie gethan wer den. Ich werde zunächst Ihre Haus Wirthin herausklopfen, damit Sie für den Rest der Nacht ein anderes Unter kommen finden, und sich vor allen Din gen gründlich ausschlafcn." Pioklich siel ihm ein, daß ihm la nur noch ein paar stunden Zelt blieben. Eigentlich." fügte er ernster hinzu, stehe ich im Begriff, eine längere Reise anzutreten indeß für Sie soll gesorgt werden; ich verspreche es Ihnen." Sie machte eine kleine Bewegung der Enttäuschung, über die er lächeln mußte. Wenn Sie müßte!" dachte er Borher mochte ich noch ein wenig von Ihnen hören von der Krankheit Ihrer Mutter," begann er von neuem. Nicht wahr, sie hat viel gelitten?" Unendlich!" flüsterte das Mädchen Seit jenem schlimmen Sylvester Abend!" ..Ah. was hat es für eine Bewandt- niß damit?" fiel er lebhaft ein. Er sah, daß die Thränen wieder in ihre Augen traten. Heute vor drei Jayren hat mein einziger Bruder sich erschossen!" Ein Ausrus des Bedauerns entfuhr ihm. Er mußte an seine eigene Mutter denken, der man morgen, nein, heute vielleicht schon die Nachricht von dem schmählichen Tode ihres einzigen Soh nes bringen würde. In der That, teyr traurig!' mur- melte er zerstreut. Gleich darauf be mächtigte sich seiner ein fieberhaftes Interesse. Erzählen Sie. bitte, was bewog Ihren Bruder zu der verzwei feiten That?" Ich wußte eS damals nicht," gab sie leise zur Antwort. Erst später, auS der Mutter verworrenen Reden, ist eS mir klar geworden. ES war um eine vornehme Dame. Belladonna" hat er sie genannt. Sie muß sehr schön ge Wesen sein. Wir fanden unter seinen Papieren ein Bild von ihr. Es ist nur sehr beschmutzt und zerknittert. Wenn Mutter ihre Anfülle hatte, ließ sie eS nicht auS den Händen. Werner hatte eS selbst gemalt, er war ja ein Maler, und die Leute sagten, er würde einst ein großer Künstler werden. Auf der AuS ftellung hatte er ein Gemälde, von dem alle Zeitungen sprachen. Ein Ameri kaner kaufte es für sehr viel Geld. Mutter war so stolz auf ihn. Wir leb ten wie reiche Leute. Ich sollte mich für die MU,l ausbilden. DaS nahm alles ein Ende, als er die schöne Dame kennen lernte." Sie trocknete . ihre Augen, und als Doctor Günther sie mit keiner Silbe unterbrach, erzählte sie schüchtern wei ter: Werner hat alles für sie hingeben müssen, und wir darbten. Er tröstete uns zwar, wir sollten nur Geduld haben. Er stünde vor einer großen Arbeit, die ihm mit einem Schlage be rühmt machen sollte. Zu Hause war er leiten; wir wußten nicht, was er that. Ein Mal kam er bleich und vev stört zu einer Unterredung mit Mut ter. Rachher ging er fort, und Mutter weinte. Es war kurz vor Weihnacht ten. Für uns gab eS nichts als Kum nier und Sorge. Ich sah Mutter sich verzehren um Werner's willen. Wenn ich sie . abu fragte. waS er gethan hätte, so sagte sie: ES ift nichts für Dich. Kind." Nur einmal entfuhr eS ihr: Kein Spieler ift je reich gewor den!" Also Werner spielte. Mir wurde ja nachher klar, für wen und auch, wer ihn dahin gebracht hatte. Gerade am Neujahrötage erhielten wir das schreck liche Telegramm: Werner gestern Abend verunglückt. Tödtlicher Aus gatig." Ach, seitdem habe ich keine Nacht mehr ruhig geschlafen! Mutter bekam einen 'Schlaganfall. Nach etwa vierzehn Tagen packte sie Werner's hin terlassene Habseligkeiten aus und fand einen Brief. Er war nur angefangen; aber er trug die Ueberschrift an Mut ter. Ich habe ihn in dem ersten Schrecken gar nicht recht verstanden Ruinirt, verdorben, ehrlos und dann verrathen. Mutter, Schwester lebt wohl und" Hier war der Brief durchgeris, sen, das andere Stück fehlte. Vielleicht hatte Mutter eö gethan. In der Küche war ich. bei unserem armseligen Neu jahrs'Essen, als ich sie laut aufschreien hörte. Als ich hinkam, lag sie am Boden, zuckend und Schaum vor dem Munde. Dem folgte ein zweiter Schlaganfall. Von da ab blieb ihr Geist umnachtet. Sie hat sich nie mehr erholt nie." Sie deutete auf ein Wandbrett. In der Mappe. Mutter hat sie rne her geben wollen." Der junge Mann fühlte sein Herz bis in die Kehle schlagen, als er die plund rige, arg befleckte Zeichenmappe ossnete Gleich obenauf ein wundervoller Frauen köpf, von losem dunkelm Haar umwallt, Mit einem Paar Zaudcraugen! Er nahm einen Ansatz zum Lachen. Dann besann er sich, klappte die Mappe zu und trat an das Fenster, um sich weit hinauszulehnen. Nicht wahr, sie ist ehr chön? Aber wenn Mutter ihren Anfall bekam. schlug sie das Bild. Jawohl. Bella donna!" schrie sie, meinen Sohn hat sie vergiftet, die Freude und den Stolz meines Lebens" .... Wag ist Ihnen. Herr Doctor?" bie erhob ich muysam und trat zu ihm hin. Er merkte es nicht. Erst als sie ihre Frage wiederholte, gab er einen ächzenden Laut von sich. Dann athmete er auf. Er hätte die Vergangenheit in die Nacht werfen mögen. Er wandte sich um: Ja, ia die Stubenluft! Sie hier, liebes Kind? Das ift brav. Diese Morgenfrische wirkt Wunder: ist sie Ihnen zu kalt? Wo haben Sie meinen Pelz gelassen? Warten Sie, ich hole ihn." Er legte ihn ihr um die Schultern und faßte ihre kleine, heiße Hand: Verzeihen Sie, daß ich hier so in Ihrem Unglück gewühlt habe. Jetzt sagen Sie mir noch eins: wie lebten Sie seitdem?" Ich pflegte Mutter, so gut es ging," antwortete sie, indem sie ihm furchtsam ihre Hand entzogt Im ersten Jahre ging es. Ich nahte und plattete für andere Leute, außerdem hatten wir noch Wäsche und Möbel zum Versetzen Nachher kamen mir fast dem Verhun- gern nahe, und lebten großtentyeils von Almosen. Armes Kind!" - : Unten gingen ein paar Nachtschwär mer vorbei. Die sahen das Licht oben und das offene Fenster. Prosit Neu jähr!" riefen sie lustig herauf. Das junge Mädchen zog sich cheu in die Stube zurück, Wie heinen Sie denn, mein armer, kleiner Schützling?" fragte er weich. Hedwlg." Tann für heute das Letzte, liebe Hedwig! Sie haben mir mit Ihrem Vertrauen einen großen Dienst ge- leistet, ja, mich aus einer großen Ge fahr gerettet. Das. ift mehr als ich werde gut machen können. Jemand Anders wird daS thun, Hedwig: meine Mutter. Wenn sie erfährt, was an diesem Sylvefter-Abend mit mit vor gegangen ist, so wird ste den Augen- blick segnen, als ich diese Schwelle be- trat. Ich bleibe hier. Ich habe Besseres zu thun, als jene Reise anzutreten, die mir später, nach vielen Jayren yostent lich, doch nicht entgeht. Ich helfe Ihnen zunächst Ihre Mutier bestatten, denn bringe ich Sie zu der meinen. Sie ift die edelste und beste Frau auf der Welt. Mit offenen Armen wird sie Sie aufnehmen, dafür bürge ich. Tort, auf dem Lande, bei der besten Pflege, werden Sie sich schnell wieder erholen. Wenn wir uns dann wieder sehen, haben Sie rothe Backen, und.. aber sagen Sie. wollen Sie, liebe Hedwig?" Sie stand vor ihm in dem für sie viel zu umfangreichen Kleidungsstück, da? blonde Köpfchen gesenkt; er sah aber doch, daß es wie ein stiller Glanz aus iyrer Stirne leuchtete. .Wie foll ich Ihnen das alles dan ken. Herr Doctor? Es ift ja viel gut. zu schön für mich?" Er aber lächelte: Ja. wer weiß? Ich käme am Ende wirklich mal und for derte meinen Lohn von Ihnen. Vor, läufig hören Sie mein Keständniß: die? wirdderunvergebljchsteSylvefter.Abknd meines Lebens sein, denn mit dem neuen Jahr hat ein neues Dasein fü mich angefangen. So Gott will, auch für Sie, liebe Hedwig." Er nahm ihr schmales Gesichtchen zwischen seine Hände und berührte mit seinen Lippen ihre Stirne: da war eS als ob sein Herz von den Todten au erstände. Der Morgen graute, ein trüber Wintermorgen: die Klarheit der Nacht hatte unter dichtem Schneegcwölk ein Ende genommen. Sorgfältig ange kleidet, faß der Assessor am Schreib tisch nicht um sein Testament machen, sondern um seine Eigarre aufzurauchen. Im Grunde freilich schmeckte sie ihm nicht. Er wünschte, seine Secundantcn hätten die Ange legenheit endlich erledigt. Da Mrde geläutet. Er sprang auf und öffnete nicht die Erwarteten, sondern sein alter Freund stand vor ihm. Du Günther?" Die beiden jungen Männer schauten einander kn die Augen, forschend ernst. Tann wurden ihre Blicke weich. Wer der Erste war, der seine Rechte zur Versöhnung bot, sie wußten es nicht, sie drückten einander die Hände, lang und ties bewegt. Drinnen, in der Stube, legte Gün ther se'ne Hand dem alten Freunde auf die Schulter: Vergiß die böse Stunde von gestern Abend, Heinz! Ich habe si überwunden. Daher, Freund, kann ich Dich jetzt warnen. Ich habe diese Nacht mein Spiegelbild gesehen, wie es at wesen wäre, wenn Gott sich nicht in's Mittel gelegt hätte. Ich sah eine Mut ter sterben, deren einziger Sohn al Selbstmörder endete, in der Sylvcftev nacht vor drei Jahren. Die arme Frau lebte seit dem irrsinnig, zusammen mit ihrer Tochter, einer armen, verkümmer len '2icaocyenlnospe, die vor meinen Augen an dem Scerbebett der Mutter zusammenbrach. Der junge Mensch schoß sich eine Kugel durch den Kopf. weil er sich verrathen sah von einem Weibe, für das er sich ruinirt hatte. Mutter und Schwester fristeten ein Hungerleben durch die Wohlthätigkeit mitleidiger Seelen. Und er war der Stolz dieser armen Frauen gewesen. ein Künstler, von dem die Welt Großes erwartete! Das Weib, welches ihn und die Seinen zu Grunde richtete, war eine Dame von wunderbarer Schön heit." Ter Assessor riß die Auaen auf. Die Farbe war ihm aus den Wangen at wichen. Als der Andere stockte, machte er eme ungeduldige Bewegung: Und?" Die arme Mutter hat in ihrem Wahnsinn ihr Bild geschlagen ihr Sohn hat es gemalt ich sah es, und, lieber Freund, die Belladonna von da mals hatte eine merkwürdige Aehnlich- seit mit der titrce von gestern." Ah, das hat dich geheilt?" Nicht allein das. Das arme der- lassene Mädchen, das so treu bei seiner Mutter ausharrte in Noth und Elend, hat mir mächtig ans Herz gegriffen. Ich bringe sie zu meiner Mutter, die nun i,e wünschte sich längst eine Tochter." Die Blicke der beiden jungen Herren ruhten lächelnd in einander. Dann schüttelte der Assessor nochmals beide Hände des Arztes. Günther, mein Freund, jetzt erst Prosit Neujahr! Dir und deinem Herzen!" Me es gemacht wird. Ein nioderncs eschichtchcn Mir. von Paul Die glückliche Braut sitzt in ihrem hellen Zimmerchen und stickt Mono gramme.. Dabei läßt es sich so gut träumen von der Zukunft. Die Er- eignisse der letzten Wochen, die so heftig an ne eingestürmt, gleiten nun leise an ihr vorüber, sie spinnt sich immer fester em in bunte Gedanken. Und es wirbelt durch ihr blondes Köpfchen: Endlich hat er angehalten! Na, gedauert hat es lange genug. Ein schmerer Kampf! Ich habe schon wirklich gedacht. ich bleibe sitzen. Achtundzwanzia Jahre sind keine Kleinigkeit. Aber er weiß es ja nicht, vorläufig verheimlichen wir es vor ihm. Und wer weiß, wie es m,t der Mitgift sein wird. Vorläufig hat man ihm alles versprochen. Gott helfe weiter. Der Onkel Adolf wird das schon ordnen, beider Bertha ifteSja auch gut ausgegangen. Wenn man sich be reits erklärt hat, kann man dann plötzlich auS so durchsichtigen Gründen schwer zurück. Uebrigens heutzutage bei diesen Männern ift leider Alles möglich! Doch warum foll ich mir die Freude durch solche Bedenken trüben. die Hauptsache ift, er hat angehalten! Das war reizend von ihm; schon des halb hab' ich ihn gern! Seit einigen Tagen besuche ich mit Erfolg die Kochschule, um mich einzu üben und in den besseren Sachen zu perfectioniren. Gestern hab' ich meinem j Bräutigam eine ' Zorte präfentirt, er hat mir das Eompliment gemacht, sie schmecke bester als von der Eonditorei. Er war erstaunt, daß das mein Fadri- kat in. Und an der Ehokrlade konnte er sich nicht satt trinken. Drei Schalen waren ihm ein Herzensdedürfniß. Jlat ein bischen zu süß." meinte er und schaute mich dabei so warm an. Mama meinte: Ella hat sie mit Liebe gekocht." Er griff darauf nach meiner Hand. Ich glaube, ich werde ihn bald sehr lieb haben. Länger hätte ich ,Z zu Haufe ohnedies nicht ausgehalten. eS war die höchste Zeit, daß einer gekoin man ist. Und ich glaube, ich gefalle ihm auch. Er schaut mich stets ver stöhlen an; wenn ich aus dem Zimmer gehe, fühle ich stets seinen Blick auf mir haften, bei jeder Gelegenheit greift er nach meinen, Fächer. Ich bin über zeugt, er wird keine Uiigelegenheiten machen, wenn eS mit der Mitgift nicht ganz stimmen wird, er ift nicht so. wie der Bräutigam von Bertha war. der im letzten Moment noch mit aller Ge walt einen Spieltisch wollte Ter Herr Bräutigam ist heute etwas früher als sonst in sein Junggesellen heim gekrochen". Es erschien ihm das Wirthshaus fo langweilig, er wollte allein fein in feinen Luftschlössern und sich einen 3h brauen und träumen.. Ja zu Hause wollte er an sie denken, dort im Wirthshaus hätte er!fi ii. fanirt mit feinen bin und ber irrende, Gefühlen. Et lehnt sich zurück, eö ist so behaglich in dem warmen, von einer vampe iild erhellten Zimmer und er träumt: Gut. ich werde die Kleine heirathen. ES ist die höchte Zeit, daß man dem langweiligen Junggesellen tötn enogliria Adieu taat. mntfr dasselbe! DaS fade Gasthaus mit den Kellnern, die einen immer noch nicht verstehen. Und die guten Freunde mit den Gesprächen, die längst den Reiz der Neuheit eingebüßt baden. Mit r, heuchelten Mienen preisen sie Alle den gegenwärtigen Zustand vollständiger Ledigkeit, während ihnen innerlich ganz anders zu Muthe ift. Da heißt's fliehen. Rechtzeitig. Sonst versäum- ich den Anschluß und komme knapp zum Zuge in die letzte Classe! Schon elt etlichen Wochen süble Ick eine merU würdige Sehnsucht nach einem Ehe ring. So ein liebreizendes Frauchen m trauten Heim ist dock eine brillant- Erfindung. Man weiß. wo,u man auf der Welt ist. So dahinleben, ohne innigen Antheil an der Welt, hat gar keinen Zweck. Deshalb flott einaeseaelt in hen ruhigen Hasen der Ehe! das Mädchen gefüllt mir auch soweit, sie ist nicht mehr ganz jung, so wollte ick 3 i haben. Und dann hat sie fo etwas Rührendes. Anhängliches; das sind die Mädchen, die lange Jahre auf einen Mann warten. Den Erstbesten nehmen ne nicyi. lieocr nnocn te ttck mit h-m Schicksal ab, dann erscheint einer, der hnen gefällt, dem stürzen sie lick mit einem angesammelten Schatz von Zärt lichkeit an den Hals. Gerade mit kn,. chen Wesen kommt man in der is.he ehr gut aus. Uebriaens eine Miiw Mitgift hat sie auch. Ohne Geld hätte ch sie nicht genommen. Einen 9M-rh, fond braucht man immer und schließ lich eine Stellung bat man auch di eweil berechtigt. Ansprüche zu machen. Also nur Muth und Vertrauen, die Ehen werden ja in, Himmel aescblos- en!.... " " ' Der Hochzeitstag war herangekom- men. Der Bräutigam sak all-in i seinem Monatsheim, von dem er bald Abschied nehmen sollte. Aufgeboten waren die Verlobten. Nun foilr , ernst werden. Da klopfte es an der Tbür. . ein!" Es ist der neue Onkel. Ich will mit Ihnen ein wenia vlaudcrn. ?w Zweck des Besuches war. den Bräuti gam aufzuklären, daß man ihm soviel Geld nicht geben könne, wie man ver- prochen. Er habe es als seine SRflirfit erachtet, ihm dies noch rechtzeitig" mitzutheilen. Ich hoffe meinte der Onkel daß dies für Sie kein Grund zum Rückzüge fein wird, zumal letzt, wo die Einladungen schon nW schickt worden sind. Sie sind doch ein Mensch, der auf solche Kleinins-i-n nicht schaut; schauen Sie sich lieber das ? Va3 """lich ein entzückendes Geschöpf ,st. das kann ich schon sagen auch wenn ich ihr Onkel bin. Uebrigens will ich Sie nicht beeinflussen, überlegen Sie sich die Geschichte." Und der aufrichtige Herr Onkel fragte ihm ein freundliches Adieu. Etwas verstimmt begab sich der Bräutigam zu den Eltern der Braut. Es war ihm recht peinlich, aber er wollte sich zurückziehen. Im Vorzimmer stand seine -Braut. Sie reichte ihm mit trauriger Miene die Hände. Er fragte sie theilnahmsvoll nach ihrem Kummer. Ach, ich muß Dir ein Ge ftändniß machen ... Du. Otto, ich kann " nicht mit einer Lüge in die Ehe treten nein, nein, ich kann nicht Das drückt schon lange mein Herz.... Du, Otto. Papa kann mir nicht soviel Mitgift ge den. Wenn Tu mich nicht wirklich liebst, fo laß mich rubia kikpn dann nimm mich nicht." Er liek sre nicht weiter skr.-n verschloß ihren Mund mit seinen Küssen. Sie er chien ihm so rübr,nk in ihr.- hilflosen Aufrichtigkeit. Und er schloss seine Arme und formn w. rumpelt von seinem eioen-n ft-r sprach er: Ich würde Dich , SÄsa?nSDnn;itin