wichse und der .uffiü4.) reu Iniihl. Mut 'p!!ovk oii IKoIife i ietni. J;o ! d t o d o r obaiiiic. ES tojr zu (iiidt der siebziger Jahre, bei leiestenhkit der großen Herbst mandver in Brüh!, am Rhein. Im Okfolfle deS Kaisers Wilhelm des Er ften, daS ungemein zahlreich und glan zend war, befand sich selbstveiftandlich auch eneralseldmarschall Moltke. Ter grejke Feldherr, der damals schon sein 77. Lebensjahr zurücklegt hatte, liebte eS. sich unerkannt unter daS Volk zu mischen, und gar manches hübsches lieschichtchen ist nach seinem Tode inS Publikum gedrungen, welches Zeugniß ablegt von seiner großen Ein fachdeit und Herzensgute. Brühl ist ein recht beliebter AuSflugS vrt für die umliegenden Städte, und namentlich von Bonn und Köln be sucht man gern den prächtigen Park, in welchem daS Schloß liegt, das im Jahre 1728 vom Kurfürsten KlemenS August erbaut und Augustendurg" genannt wurde. In jener Zeit, da die Manöver in Brühl stattfanden, war das Städtchen von gremden überschwemnit. die alle den greisen Kaiser und seinen getreuen Rathgeber sehen wollten. Stundenlang standen die Menschen vor dem Schlosse oder den Gebäude, in welchen die hohen Herren Unterkunft gefunden hatten. Ten alten Feld marschall zu sehen, glückte aber nur wenigen, denn ohne daß die meisten es ahnten, war er gewöhnlich durch eine Hinterpforte entschlüpft, oder, wie es thatsachlich vorgekommen sein soll, er drückte den Hut (Moltke trug gern Civil, wenn er nicht im Dienste war) tief in die Stirn und schlüpfte scheu, verlegen durch die l5ingangsthür mitten ins Publikum, das natürlich in dein schüchtern auftretenden Männchen den Gewaltigen nicht vermuthete und ihn ruhig durchgehen ließ. Tas; derartige Erlebnisse den Grafen höchlichst ergötz, ten, wird man gern glauben. Eines Tages, als der Dienst den Feldmarschall nicht in Anspruch nahm, unternahm er eine weitere Fußtour nach der Ruine Mödling. weil man ihm verrathen hatte, daß nicht allein der Weg dorthin, sondern auch daS ganze Mödlingthal entzückende land fchaftliche Reiz- aufzuweisen habe. Er war ein großer Freund der Natur, einer der eifrigsten und aufrichtigsten Bewunderer, und er genoß die ihn umgebende Ruhe und Stille in vollen Zügen. Kein Blatt regte sich, über ihm spannte sich ein wolkenloser, blauer Himmel, da rechte Kaisermetter; neben ihm lief geschwätzig der Mödlingerbach. bald unter Gestrüpp verschwindend, bald unverhüllt sich über blankem Kie. sei hinwälzend, dem einsamen Man derer nicht allein Unterhaltung gewäh rend. sondern ihn auch mit seiner Kühle labend. So erreichte Moltke das gewünschte Ziel. Doch seltsam, dachte er, war außer ihm in dieser Einöde noch ein anderes lebendes Wesen? Klang es nicht, als ob die alten Zeiten wieder erstünden, jene Zeiten, da in den Burgverließen die unglücklichen Gefangenen schmach teten ? Moltke besann ich nicht lange. Leichtfüßig erklomm er die Ruine, von Zeit zu Zeit innehaltend in seinem Laufe, um zu horchen, auszukundschaf ten, woher die Stimme oder waren eS mehrere? kam. Aber so sehr er sich auch anstrengte, es wollte ihm nicht gelingen. Ganz erhitzt, wollte er schon sein fruchtloses Bemühen aufgeben, als er deutlich eine leise, wehmüthige Melodie singen hörte. Wieder blieb er lauschend stehen. Die Stimme klang jung und frisch; es schien sogar, als würden ihr Zügel angelegt, als bemühe man sich mit Ge walt, die eigentliche Stimmung deS Singenden zu verbergen. Dann und wann war es dem aufmerksam Lau schenken, als sei es Nixen-Gesang. so neckisch und lieblich erklang es bis zu ihm. Moltke'S Interesse, aber auch seine Neugier war erregt. Noch eifriger als vorher machte er sich jetzt daran, das Geheimniß zu ergründen, wäre aber sicher ohne die ihm zutheil gewordene Hülfe nicht ans Ziel gelangt. Er hatte daS ganze Gemäuer, soweit 8 menschlichem Fuße zugänglich war. abgesucht; die Stimme, ja. oft ein unterdrückte? Lachen folgten ihm auf Schritt und Tritt. Da noch eine Bie gung und unter ihm lag. von dem ungehindert hereindringenden Sonnen licht überfluthet, ein unterirdischer Raum, der nach den einzeluen Gitter ftäben. die lose in den Luken hingen, zu urtheilen, wohl als Gefängniß gk' dient haben mochte. Libellen huschten umher, auf dem abgebröckelten Mauer werk faß ein Rothkehlchen und lugte recht naseweis bald auf den unerwarte ' ten Eindringling, bald nach der Ge ftalt hinüber, die sich'S auf einem mäch tizen Felsblock ganz bequem gemacht hatte. Moltke ward durch des Thierchens Gebühren erst aufmerksam. Um die Gestalt sehen zu können, mußte er sich weit vorbeugen. Darüber schien das junge Wesen unten höchst belustigt, denn eS rief: Obacht, mein Herr Rit. terl Wenn man gekommen ist, eine Ge cv' fii 1 1 " fi n c. 1 .1 U il 111 itlt V H tif 1 Jahrgang 21. Beilage zum Nebraska Ztaats-Änzeiger. No. 27. fangene heimlich zu befreien, darf man nicht so ungenirt zu Werke gehen !" An der Stimme erkannte der Feld marschall die geheimnißvolle Sängerin. Auf ihren munteren Ton eingehend, sagte er: Heimlich, holde Dame? Wenn die Böglein und Libellen unS zuschauen?" Die sagen's aber doch nicht weiter! Ach. wer Sie auch sein mögen, ich schwärme gar zu sehr für die alten Zei ten! Ihnen mutz ich's verrathen. Sie haben ein so gutes, vertrauenerwecken deS Gesicht!" Sehr verbunden." erwiderte Moltke mit einer tadellosen Verbeugung von seiner Höhe herab. Um seinen Mundwinkel zuckte es, aber er bezwäng sich, mochte er doch das Zutraun, der reizenden Kleinen nicht verscherzen. Eine Kleine war es allerdings noch, das sah er am besten, als sie aussprang, und zu ihm eilte. Sie mochte kaum 1 Jahre zählen, ihr Gesichtchen hatte noch einen sehr kindlichen Ausdruck, den die frei herabhängenden blonden Zöpfe noch erhöhten, und ihre blauen Augen, die in ihrer dunklen Färbung mit dem Himmel zu wetteifern schienen, verriethen, daß sie noch nicht gelernt hatte, ihre wahrsten und innersten Em psindungen unter hohlen Phrasen zu verbergen. Mit einer Bewegung, die einer Für ftin Ehre gemacht haben würde, lud sie ihn ein. zu ihr herniederzusteigen. Da ihm dies nicht so leicht von statten ging, wie sie wollte, sprang sie daS Gerölle empor und reichte ihm die Hand. ES wäre freilich viel richtiger, Sie führten mich, aber " sie verstummte und wandte ihr Gesichtchen ab. Aber bei einem so alten Knaben, wie ich bin. wollen Sie eine Ausnahme machen, nicht wahr?" lachte der Ge führte, der eS sich ganz gern gefallen ließ, von fo zarten Händchen geleitet zu werden. Das Mädchen erröthete und meinte nach einer langen Pause: So freilich hatte ich mich nicht aus drücken wollen." Und wie denn?" Sie aber ließ nun seine Hand los. eilte norwärtS zu dem Platze, den sie vorher inne gehabt, legte das Moos, welches ihr zum Sitz gedient, dichter auf und bat ihn, es sich hier bequem zu machen. Als er nicht sofort ihrer Auffärbe rung Folge leistete, rief sie lachend: Sie müssen schon fürlieb nehmen, denn so wie es der Kaiser im Schlosse ,u Brühl hat. kann ich es Ihnen freilich nicht machen." Der Kaiser?" Ja der Kaiser und Bismarck und der alte Moltke. Haben Sie den schon gesehen? Ja? O, Sie Glücklicher! Mama will nicht, daß ich nach Brühl gehe, es seien" hier lachte der Schelm höchlichst ergötzt auf ..zuviel Offiziere da. Gelt daS ist drollig?" Na, im Bilde kennen Sie ihn doch?" fragte der Feldmarschall voller Spannung. Gesehen habe ich ihn wohl, aber ich würde mir nicht zutrauen, ihn zu er kennen. Da sagen die Menschen im mer, er sei daran zu erkennen, daß er keinen Bart trüge. Aber, du lieber Himmel, andere Herren tragen auch keinen. Dann müßten Sie auch Moltke sein." Bei diesen Worten lachte sie so herz lich, so kindlich, daß der ernste Moltke auch mit lachen mußte. Sie haben recht, kleines Fräulein, daran erkennt man den alten Moltke nicht." Aber woran denn?" Das können Sie nur erfahren, wenn Sie nach Brühl gehen. Sagen läßt sich das nicht." Gerade so sagt, mein Papa auch immer." Moltke unterhielt sich noch einige Zeit mit dem lieblichen Backfisch, der so zutraulich sich ihm genähert, und, nachdem er noch erfahren, daß ihre An gehörigen gar nicht weit entfernt seien und sie dieselben in knapp zehn Minu ten erreichen könnte, drängte es ihn heimwärts, vielleicht hauptsächlich des halb, weil eben diese Angehörigen ihn erkennen und ihm seinen Spaß verder den würden. DaS Mädchen gab ihm ein Stück Weges das Geleite, ihm alle kleinen Sorgen und Kümmernisse verrathend. Als sie schieden, meinte Moltke: In Brühl werden wir uns doch vielleicht wiedersehen. Wenn Sie nur dann nicht thun, als hätten Sie meine Bekanntschaft noch gar nie gemacht!" Wo denken Sie hin? Sie sollen mir im Gegentheil helfen, Moltke zu sehen." Dürfte schwer halten." Ich merke schon, ich mutz mich nach einen, anderen Ritter umsehen." schmollte die Kleine, sich nach echter Backfischmanier mit den Schultern hin und hei drehend. Wenn Sie mir versprechen, sich durch gar nicht? verblüffen zu lassen, dann " Tann wollen Sie mir helfen?" ju belte das Mädchen. Das ist hübsch von Ihnen!" Also auf Wiedersehen in Brühl, kleinesBurgfräulein. das wimmert und klagt und ehrbare Wanderer verführt," sagte der greise Feldherr. Wie soll ich Sie aber erkennen und wo Sie finden?" Ich erwarte Sie am Bahnhof." Abgemacht, Herr Ritter, hier schla gen Sie in meine Rechte, und wehe Ihnen, wenn Sie nicht Wort halten!" Tas war das Letzte. waS Moltke von dem übermüthigen Geschöpfchen hörte; 'denn kaum daß er ihre Hand berührt hatte, flog sie den Weg zurück, den sie eben gekommen waren. ES war am Tage der Abfahrt der hohen Herrschasten. Tas Städtchen war von Fremden überfüllt. Im Bahnhof war tein Plätz' chen leer. Der absperrenden Schutz Mannschaft dünkte es eine unauSführ bare Aufgabe, das Publikum fernzu halten. Bon fern und nah waren sie herbeigeströmt, um den ehrwürdigen Kaiser inmitten seiner Familie auch der Kronprinz, seine Gemahlin und deren älteste Tochter waren anwesend und seine Getreuen zu sehen. Ziemlich weit von allen anderen, an einer Stelle, welche einen prächtigen Ueberblick über das Ganze bot. von der Thüre, durch welche die Herrschaften auf den Perron treten mutzten, nur durch einige Lorbeerbäume getrennt, stand ein junges Mädchen, das durch seine Lebhaftigkeit, sein liebes Geficht chen und durch den Eifer, mit welchem sie jeden Ankommenden musterte, aller Umstehenden Interesse erweckte. Dein Ritter hat Dich aber schmäh lich im Stich gelassen. Lucy." neckte sie ein älterer Herr, dessen Züge auffallende Achnlichkeit mit denen des jungen Mäd chenö verriethen. Ach. Papa!" Waren das wirkliche Thränen, die in den lustigen Augen schimmerten? Wo hin war Fräulein Luch's Schalkhaftig keit? Wohin ihr Uebermuth und ihre Sicherheit? , Berweht, alles zerronnen vor der Ge wißheit. daß der Fremde, um den sie so schwere Schelte hatte hinnehmen müs sen. weil sie sich mit ihm so vertraut ge macht, sie nur gefoppt hatte. Am lieb sten wäre sie nach Haufe gegangen; sie wollte gar nichts sehen, gar nichts wissen und hielt sich des öfteren die rosigen Ohren zu, als ihr Bruder, ein Primaner, ihr diesen oder jenen Namen nannte. Nein, sie wollte nichts wissen. Da ging eine Bewegung durch die harrenden Massen. Lucy und die Ihn gen wurden noch etwas weiter borge schoben. In demselben Augenblicke trat Kaiser Wilhelm und mit ihm Fürst Bismarck und Feldmarschall Moltke durch den blumengeschmückten Weg hinaus auf den Perron. Luchs Augen erweiterten sich immer mehr. Sie faßte krampfhaft nach ihres Vaters Arm, so fest, daß dieser kaum einen leichten Schmerzensschrei unter drücken konnte. Papa , Papa , wer ist der Herr neben dem Kaiser?" fragte sie athemlos. Betrachte Dir den Mann nur ge nau, das ist Moltke. den Du so gerne sehen wolltest." Moltke?" schrie nun Lucy auf und erbleichte. Ihr Schrecken ward aber noch größer, als der Feldmarschall, der nahe genug war. um ihren Ausruf zu vernehmen, auf sie zutrat und ihr lächelnd beide Hände entgegenstreckte. Nun, kleines Burgfräulcin, habe ich nicht Wort gehalten?" Lucy ward bald bleich, bald roth. Excellenz!" stammelte sie. Moltke aber lächelte nur, zog zwi schert den Knöpfen seiner Uniform ein Couvert heraus und übergab eS ihr mit den Worten: Hier haben Sie ein Bild vom alten Moltke, der sich freute, im tiefsten Walde versteckt ein Ritterfräulein zu finden. Vergeben Sie mir das kleine Verfteckspiel. aber ich brachte es nicht fertig, durch Nennung meines Namens, womit ich Ihren Wunsch allerdings am raschesten erfüllt haben würde, die köft liehen Augenblicke mir selbst zu schmä lern." Papa, siehst Du nun, wer der Fremde gewesen? Und Ihr habt mich so hart darum angelassen," flüsterte das hochbeglückte Mädchen, doch laut genug, um von Moltke verstanden zu werden. Er drohte ihr lächelnd mit dem Fin ger. Als er ihr nun zum Abschied die Hand reichte, drückte sie rasch die frischen Lippen darauf. Ein lautes Bravo in ihrer Nähe schreckte sie auf und rief ihr in's Ge düchtniß zurück, wo sie weilte. Wollte grüßte verbindlich lächelnd noch einmal und trat dann zurück. Lucy barg ihren Schatz auf ihrem Herzen. Tas Uedrige hatte nun ihr Interesse so ziemlich verloren. Nur mit Mühe konnte sie sich zurück halten, ihr Herzchen war so voll, es drängte sie, ihren, inneren Jubel laut Lust machen. Sie begrüßte es deshalb als eine Wohlthat, als nun der Kaiser einstieg und dabei ein nicht enden wollendes Hurrah die Luft durchbrauste. Dabei durfte sie ja einstimmen, ohne aufzufallen, und so rief sie aus voller Kehle mit. Der Zug setzte sich langsam in Bc wcgung. Nun war es dem Publikum gestattet, hinauszutreten. Lucy machte von dieser Erlaubniß sofort Gebrauch und so gelang es ihr, noch einen Gruß ihres Ritters zu erhalten. Das zweite Gesicht. Ans dem Reich des Uebersinnliche, Von ?)! a r y S u i e r. Im vorigen Jahrhundert und selbst noch bis zur Mitte dieses Jahrhunderts erfreute sich der Wald- von Scnart keines guten Rufes. In einer ichönen Sommernacht des Jahres 1 791) fuhr die von Paris nach Melun bcstiinmte Post durch eine Eichenallee, die den Wald in seiner ganzen Länge durch schnitt und diese hundertjährigen Eichen waren so dicht belaubt, daß die Land straße völlig in Dunkel gehüllt war. Die Rotunde und das eigentliche Ko'ipe waren vollständig besetzt; im Innern zwei Reisende und auf dem Deck ein Tenorist aus der Provinz, der mit voller Kehle ein Lied sang. Unter solchen Umständen war es ausgeschlossen, daß dem Wagen die geringste Gefahr drohen konnte, und die Post fuhr deshalb -im Schritt. Als man Eorbcil erreichte, ließ der Kutscher, wie es üblich, seine Pferde eine schnellere Gangart einschlagen und der Wagen rasselte über das Pflaster der in tiefem Schlummer liegenden Stadt. Man kommt zur Posthaltcrei, wo umgespannt werden soll. Auf die Aufforderung des Kutschers, der gar nicht böse darüber ist, daß er sich ein bischen auffrischen kann, steigen alle Fahrgäste ab; man gähnt, starrt sich gegenseitig an und zählt, ob auch noch alle da sind. Das ist aber merkwürdig," ruft der Postillon, wo find denn meine beiden Gaste, die im Innern gesessen haben?" Beunruhigt Euch nicht, Schwager." sagte der Tenorist, Eure Fahrgäfte werden sich schon wieder finden; die Wölfe haben sie nicht gefressen." Na, gewiß nicht!" versetzte ein No tar, der nach Melun fuhr; bevor wir in den Wald fuhren, habe ich mich noch aus dem Wagenschlag gebeugt, um ihnen eine Prise Tabak anzubieten." Man wartet. Der Postillon lamen tirt, die Fahrgüste werden ungeduldig; Niemand kommt! Nach einer Stunde muß man weiter, ohne die beiden Män ncr. die in so geheimnißvoller Weise verschwunden waren, wieder gefunden zu haben. Einige Tage darauf benachrichtigte die Polizei den Professor Mehul vom Konservatorium, den berühmten Kom ponisten von Joseph in Aegyptcn", sein bester und ältester Freun) M wäre seit dem Abend nicht wiedergesehen worden, da er im Hof der Posthaltcrei den Postwagen bestiegen hatte, um nach Melun zu fahren. Diese Nachricht ver ursachte dem berühmten Maestro einen tiefen Kummer: er traf alle möglichen Anstalten, um seinen Freund todt oder lebendig wiederzufinden, doch alle seine Bemühungen blieben umsonst. Dieses seltsame Verschwinden bereitete dem Künstler viele Sorge, und er vergaß darüber Essen und Schlafen. Eines Nachts wälzte er sich schlaflos auf seinem Lager die Uhr der Kirche von Saint-Roch. in deren Nähe er da mals wohnte, hatte eben Zwei geschlagen der Mond drang durch die Fenster lüden, die Mehul offen gelassen hatte, um frühzeitig aufzustehen, und warf ein phantastisches Licht auf das Zim mer, als der Musiker nicht weit von sei nem Lager einen kleinen Buckligen mit wildem Gesicht bemerkte, der in seinen langen krummen Händen einen zusam mengerollten Strick hielt. Mehul reibt sich die Augen und rich tct sich auf seinem Kissen auf, um sich zu überzeugen, daß er nicht der Spiel ball eines bösen Traumes ist; der Buck lige steht zwei Schritte von ihm ent fernt. und der Künstler will ihn eben nach dem Grunde seines seltsamen Be suches fragen; da plötzlich erstarrt ihm die Zunge, die Haare sträubten sich ihm auf dem Kopfe, ein kalter Fieberschauer schüttelt seine Glieder; hinter dem Buck 1 ligen hat rr eben eine weiße Gestalt mit undeutlichen Konturen erblickt, deren erloschener Blick sich auf ihn zu richtn, scheint, und dieses Phantom erkennt Mehul; eS ist fein verschwundener! Freund und Gefährte! j In demselben Augenblick wird der Mond von einer Wolke verschleiert, das Zimmer wird dunkel, die Erscheinung verschwindet! Umsonst kämpft Mehul gegen die Furcht an; er wartet, er lauert, von Neuem beschwört er das düstere Bild hervor; kein übernatür licheS Phantom stört ihn weiter in die fcr Nacht, und gegen Morgen verfällt er vor Müdigkeit in einen fieberhaften Schlummer. Erst sehr spät erwacht er und sucht feine Erinnerung zu sam mein. Ich habe gewiß nur geträumt," dachte er und llciocte sich an. um sich nach der Komisch? Oper zu begebe, wo eine Neueiiistudirung seiner Oper Jrato" im Gange war. Das kommt von einer firen Idee! Tas Hirn wird schließlich Ichwach, und man kann die Vision nicht mehr von der Wirklichkeit unterscheiden. Aber doch wie deutlich die Erscheinung war! Wie lebhaft die Eindrücke dieses Traumes waren! Ich hätte schwören möge, ich wäre wach und sähe meinen armen Freund vor mir, der mich traurig anblickte und mir Znchen gab. Aber was wollte der kleine Bucklige dabei? Ach waö, das ist alles tolles Zeug: ich werde die Sin nestauschung, die ich heute Nacht ge habt, Niemandem, nicht einmal meiner Frau, erzählen; man würde sich über mich luftig machen und hätte Recht Alles verwischt sich auf der Welt, selbst die lebhaftesten Eindrücke; und wenn Mehul auch noch manchmal an seinen Freund dachte, so vergaß er die Toppelcrscheinung. die ihn einen Au genblick aufgeregt, schließlich doch. Fünf Jahre verflossen. Der kaiser liche Cäsar hatte sich die Krone Frank reichs auf's Haupt gesetzt und man feierte in öffentlichen Festen seinen glorreichen Regierungsantritt. Mehul hatte ebenfalls mit seiner Frau und seinen Kindern wie ein guter Bürger die Illumination der Champs-Elysees bewundern wollen. Entzückt stand er vor einer farbenprächtigen Fontäne auf der Höhe des Rondells,' als er plötzlich bemerkte, wie-Jemand vorsichtig die Taschen seines Gehrocks befühlte. ' Mit schnellem Griff packte er den Dieb bei der Hand, drehte sich dann um und sah sich einem kleinen buckligen Mann ge genüber. Diese unangenehme Persön lichkeit war ihm nicht unbekannt. Wo hatte er diese Verbrecherphyfiognomie und diese Gorillahände doch schon ge sehen? Plötzlich ward es klar in seinem Geiste und in feiner Uederraschung hätte er den Dieb losgelassen, wenn die Polizei ihn nicht selbst gefaßt hätte. Zitternd begiebt sich Mehul nach der nächsten Polizeiwache, um seine Er klärung abzugeben. Dieser Mensch hat ihn beftehlen wollen. Er könnte noch mehr sagen, doch er wagt es nicht. Konnte man denn einen Menschen, den man nur einmal im Traum gesehen, des Mordes anklagen? Dabei ist die Versuchung aber sehr stark, und aufgeregt von den Erinne rungen, die dieses seltsame Abenteuer auf's Neue in ihm wachgerufen, kehrte er nach Hause zurück. Er legte sich zu Bette, hatte aber nicht die mindeste Schlaflust; mit zwei geöffneten Augen liegt er da und überlegt; ein heftiger Kampf spielt sich in seinem Innern ab. Ob er nicht doch die Vision jener Nacht einem Beamten anvertraut? Ob Traum oder Vision, war diese Toppelerschei nung, die er stets geheim gehalten, nicht eine Warnung des Himmels? Wie vor fünf Jahren bricht der Mond durch die Fensterläden, und die Uhr der nahen Kirche schlägt die zweite Stunde. Gerade in diesem Aligenblick erscheint wieder ein weißer Schatten in dem Lichtkreis am Rande des Fensters. Räche mich!" murmelt eine Grabes stimme. Ja, mein treuer Freund, ich werde Dich rächen, ich schwöre es Dir." ruft Mehul und richtet sich auf seinem Lager auf. Diesmal zögerte er nicht mehr. Schon am nächsten Tage begab r sich zu früher Stunde zu dem Kommissär des Champs-Elysces-Bezirks und er zählte ihm rückhaltlos die seltsame Bision. Der Beamte hätte jeden An dern als Mehul. den kaiserlschen Ka Pellmeister und genialen Musiker, dem die große Oper schon mehr als einMei sterwerk verdankte, abgewiesen; er hörte ihn aufmerksam an und versprach, die Enthüllungen, die er ihm gemacht, zur Aufklärung des Geheimnisses zu be nutzen. Zunächst ließ er den Buckligen in strenge Einzelhaft bringen, und ein sehr gewiegter Untersuchungsrichter legte d,':n AilZlkla.'trn schirse Fragen orr, l:C nnh!!u'fi,i:ut irr,:?, ein ichuld bcivüßtl? ('!,!?!!!! i:: ?.uf:;:l)r lind 4u'itrinui;u, zu lc;.f 'ii. TirsS Ä-rsahlt Hütte d;':: fleü'ihisch ten E'.folg. und man brauchte nicht uiilir als acht Zage, um dem buckligen da? Oieheiiiiniß zu entlocken: er gestand, oß er wiiklich der Mörder des Unglück lichen M.. . war. Der Schurke hatte unter der Revolution dcr Vereinigung der Scharf chläger." jener Wegelage rerbande angehört, die der Wohlfahrt? ausichuß zu seinen Plänen benutzte, um Ausstände zu entfesseln. Ter Sturz deS .Regimes für Brüderlichkeit oder Zod", hatte diesem ebrenwerthen Ci toyeil" unerwünschte Mufe verschafft; er hatte nicht die Absicht, fein alte? Zchiitiderhandwerk wieder aufzuneh men. sondern wollte lieber für eigene Rechnung" arbeiten. Durch eine ge schwützigcn Diener erfuhr er. daß M. .. nach Melun fahren wolle, um dort eine, Notar den Kaufpreis für ein Landhaus auszuzahlen. daS er vor Kur zciu erworben, und in dem er feinen Lebeusabeiid zu beschließen gedachte. Ter Scharsschläger" bcnutzle diese Mittheilung und fand sich in dem Hofe der Pofthalterci ein. um an demselben Abend wie Mehul's Freund die Poft nach Melun zu besteigen. Er setzte sich dem arglosen Reisenden gegenüber, der bald einschlummerte uud wertete auf eine günstige Gelegenheit. Mitten in, Walke von Senart benutzte er die Dunkelheit der Nacht, die dicht belaubten Bäume, das Knirschen der Räder und die dröhnende Stimme deZ Tenors, um dem Schläfer einen Strick um den Hals zu legen und ihn zu er drosseln, bevor der Unglückliche über Haupt zu sich selbst kommen konnte. Tann öffnete er den Wagcnschlag der Post, stieß den Leichnam auf bie Land straße. sprang zur Erde und schleppte den Leichnam in das Gestrüpp, nachdem er ihm eine Brieftasche mit Banknoten geraubt. In der folgenden Nacht kehrte er wieder mit einer Hacke und Schaufel zurück, um ein Grab herzu stellen, dessen Stelle er angab, und tat man das Skelett des Reisenden fand. Tie Geschworenen bewillig!? dem schür tischen Ouasimodo keine mildernden Umstände, und fo bestieg er, genau drei Monate, nachdem er die unglückliche Idee gehabt, Mchuls Taschen ausrüu men zu wollen, das Schaffst. Tas ist die wahrhafte'Gcschichte. wie sie unS neulich der Enkel eines Mar schalls von Frankreich erzählte, der sie selbst von dem großen Künstler gehört hatte. Die Skeptiker werden sagen, die Musiker wären stark nervöse Leute mit lebhafter Phantasie, und der Kom ponift von Joseph in Aegyptcn" hätte im wachen Zustande geträumt. Jeden falls aber liefert die Anekdote einen sehr interessanten- Beitrag zur Frage deS zweiten Gesichts." Moltke alS iuderfreuntz. Bekanntlich liebte Moltke einsame Spaziergänge in stillen, nur von wem gen Menschen besuchten Wegen des Thiergartens, und Mancher wird wohl an ihm vorübergegangen fein, ohne in dem in einfacher Generalsuniform Da herkommenden den großen Schlachten lenker zu erkennen. Auf einem solchen Svaziergange begegnete ihm einst eine Anzahl Knaben aus Moabit, die im Thiergarten Soldat spielten. Die Deutschen", die in der kurz zuvor ge--schlagenen Schlacht" selbstverständlich Sieger blieben, wollten unter Führung ihres Hauptmanns" (zehnjährigen Sohnes eines in Moabit wohnenden Weinhändlers) ihre Quartiere" bezie hen, als der Hauptmann" den Mar fhall kommen sah und auch gleich er kannte. Sofort ließ er seine Kom pagnie" Halt machen, kommandirte: Front, prüsentirt das Gewehr," trat in strammer, soldatischer Haltung vor und erstattete, seinen Degen" senkend, die Meldung: Excellenz, wir haben gesiegt, der Feind zieht sich zurück." Ein freundliches Lächeln glitt über die ernsten Züge Moltke's und dem Haupt mann" auf die Schulter klopfend sprach er: Brav, mein junger Freund, Du sollst 'mal ein tüchtiger Soldat und großer Mann werden." Dann schritt er freundlich grüßend weiter, gefolgt von einem weithin schallenden drei maligen Hurrah, in das auch die zurück kehrenden Franzosen", allen Patrio tismus vergessend, begeistert einftimm ten. Heute find die damaligen Kleinen schon gereifte Männer, und Mancher von ihnen nimmt an der Expedition nach China theil. So ist bei ihnen auS dem heiteren Spiele bitterer Ernst ge worden. Bei dem Hauptmann" hat sich dieProphezeiung aber nur theilweise erfüllt. Ein großer" Mann ist er wohl geworden, denn er mißt jetzt ziem lich zwei Meter, aber Soldat war er nicht. Trotzdem erinnert er sich gerne dieser kleinen Episode aus der Kinder zeit und freudige Begeisterung leuchtet aus seinen Augen, wenn er sie Be kannten erzählt. In Streit. Ach, was, Sie können unmöglich viel Ehre im Leibe haben!" Was, wie können Sie das sagen!" Nanu, Sie sind eben zu mager!" Schustnlehrlings-Bheit. Lehrling (seine grundhäßliche Mei fterin betrachtend): Sagen Sie mal, Frau Meestern, wie oft find Sie auf Schönheits-Konkurrenzen prämiirt wo den!"