Ein mcikwürdigcr Jn3- r t. 3 1 j H , k v c n. Tie Schule unsres l'lax war mitten im EkmcZlkr gkichlvsicn worden, da eine Reihe Doit Pockensallen unter den Schülern diese Vorkehrung nithij. gc macht hatte. Wir waren durch den Pertllst von zwei Kindern noch besorgter geworden um die uns vorig gcoueokiieii beiden, unsere achtzehnjährige Heimelte unb den zwölfjährigen Knaben. Heu nette war schon seit einigen Wochen zu JHtfueb bei einer Tante und somit der (csahr entrückt: mit dem Knaben be schloffen wir, sofort unseren aewöhn lichen Sommeraufenthalt auszusuchen, obgleich es erst Mai war. Die erste Woche war der Knabe hell' auf, tollte nach Her;enöluft herum und nahm ein besonderes Interesse an dem Thun eines armen Wanderphotogra phen. der mit Reisemagen und Zelt, mit Weib und Kind sein Lager im Orte aufgeschlagen hatte. Am zwölf ten Tag jedoch beklagte sich Max vber heftige Kopfschmerzen, sein Geficht war bedenklich gcröthet. und noch am felti gen Abend desselben Tages conftatirte der Arzt den Ausbruch der gefürchteten Krankheit. Wir richteten den oberen Theil des Hauses zum Spital ein und durch ein mit desinfizirender Flüssigkeit feucht er haltenes Leintuch schlössen wir das obere Stockmerk ab vom unteren, wo sich mein Arbeitszimmer befand. Natürlich ließ ich mir's nicht nehmen, täglich mehrmals selbst nach dem Knaben zu sehen, hüllte mich jedoch immer in einen Mantel, den ich nachher sorgfältiger Desinfektion unterzog. In diesen sorgenvollen Tagen kam ein Brief von Henriette. der mir deren baldige Heimkehr meldete, da die Tante sich entschlossen hätte, eine Reise nach der Schweiz anzutreten. Tann folgte eine Nachschrift: .Ich möchte so gerne Papas und Mamas Photographie besitzen. Beide unter der rosenumrankten Hausthüre stehend; 0 bitte, laßt Euch doch von dem Photographen aufnehmen, von dem der arme Max kürzlich noch geschrieben hat. Ich las in Tantes Bädecker über die Alpen, Jnterlaken, Schnee und Genfer Uhren. Oh, es müßte doch herrlich sein, mit der Tante reisen zu dürfen!" Wo man um ängstlicher Sorge um ein Kind schwebt, da ist es schwer, dem Andern die Erfüllung eines Wunsches zu versagen, und dies trug dazu bei. daß wir den beiden Wünschen Henriet tes ein williges Ohr liehen. Ich wollte Henriette in diesen kritischen Tagen nicht zu Hause haben, eben so wenig aber konnte ich meiner Schwägerin zu muthen, auf ihre Kosten mein Kind um iu) zu ueymni; vuruin lctcgru- phirte ich sofort an meinen Bankier, erhob am nächsten Tage, des kühlen Wetters wegen 'mit meinem Spital mantel angethan, das für Henriette be stimmte Reisegeld, auf der Post, und ging von da, um auch Henriettes anderen Wunsch zu erfüllen, zu dem 2l&nniirrthTift1 r Als ich vor dem Zelte mich aufhielt. um den Schaukasten von elend aus fehenden Bildern zu mustern, erblickte ich auch gleich meinen Mann, miß muthig auf der Treppe seines Reise tvagen's sitzend und aus einer kurzen Tonpfeife rauchend. Er seinerseits nahm keine Notiz von mir, offenbar machte er sich garnicht einmal Hoff nung auf meine Kundschaft. Als ich dennoch auf ihn zuging, erhob er sich und er starrte mich mit scheuer Ver wunderung an. als ob er seinen Augen jlicht traue. Mit Freuden war er be reit, mich sofort mit seinem Apparate ju begleiten, und so wurden wir denn, meine Frau und ich, unter der tosen umrankten Hausthüre in verschiedenen Aufnahmen photographirt. Die Erscheinung des Lichtkünftlers, Müller war fein Name, hatte mich schon beim ersten Anblick wenig für ihn eingenommen. Er war lang und auf lallend schmal gebaut, mit graublas, fern Gesicht, hervorstehenden Backen Wochen und kleinen in ihren Höhlen versteckten Augen, mit einem unange nehmen, unsteten Licht in demselben. Sein langes, schwarzes, unter dem Künstlerhut hervorhüngendes Haar war so reichlich geölt, daß eS einen Schein warf, wie wohlgewichfte Stiefel. Seine Manieren, fein scheues Wesen waren nicht Zutrauen erweckend. Was aber wieder mein Mitleiden erregte, trotz der widerlichen Schmierigkeit, die über den ganzen Menschen ausging, das war sein entsetzlich ausgehungertes Aussehen; je länger ich Müller sah, desto mehr drängte sich mir die Ueber zengung auf. daß er eben jetzt vielleicht bitteren Hunger litt, und aus Mitleid gab ich ihm nicht nur-eine Bestellung von ungewöhnlicher Höhe, sondern lud ihn ein, ins Haus zu kommen, um eine Anzahlung in Empfang zu nehmen und in Glas Bier. Brot und Käse zu genießen. Mein Anerbieten wnrde an genommen, doch ohne daß die erwartete Befriedigung sich im geringsten der rathen Hütte. - Wir betraten mein im Hochparterre gelegenes Zimmer, und während wir auf die Erfrischungen warteten, zog ich meinen Mantel aus. entnahm daraus das mir auf der Post ausbezahlte Geld, händigte dem Photographen das der sprochene Angeld ein, und barg den Rest in einer metallenen Cassette, die ich in meinen Schreibtisch einschloß. Als das Gold mit hellem Klang in die 1 (afittie rolle, da kam mir erst der Ge dante, n'ic uiUuf:;'ne;t es doch ja, fj mit meinem v,rhält:tißmaßizen Reiche tljum vor einem armen Manne zu prunken. Ich wiii ärgerlich über meine momentane MdanlenlosigZeit. wendete mich um, um zu srben, ob denn der Ge danke nur in meinem eigenen Kopse vorhanden sei: da sah ich denn, nur einen Augenblick noch, meinen Gast vorwärts gebeugt in dem Sessel, den ich ihm angeboten hatte, mich verichlin gend mit den Augen, aus denen eine beinahe wölfische Gier leuchtete, im nächsten Augenblicke ließ er den Kops sinken und starrte verlegen nieder aus seine zerrissenen Schuhe. Als Bier und Käse gebracht waren, fordere ich Müller auf. sich nach Belie den selber zu bedienen, und er trank ohne Umstände und reichlich, ohne etwas zu essen, bis ich gelegentlich den Rücken kehrte, dann aber verschwanden auch Käse und Brod schnell, sei es in den Mund des Hungrigen, sei es in seine Tuschen. Um ihm Zeit zu geben, sich ohne Scheu zu sättigen, verließ ich auf zehn Minuten das Zimmer, und hatte die Genugthuung bei meiner Rückkehr, beide Bierflaschen und auch den Brod- und Käseteller entleert zu finden. Es that mir wohl, zu denken, daß Müller sich wenigstens wieder ein mal hatte satt essen können. Nachdem er gegangen war, fühlte ich das Bedürfniß, einen längeren Spa ziergang zu unternehmen, und Abends saß ich für wenige Stunden bei meinem kleinen Patienten, der sich nun schon auf bem Wege glücklicher Genesung be fand. In mein Zimmer zurückgekehrt, war ich zu müde, um den Spitalman- tel. wie gewohnt, zu desinsiziren, ich warf ihn nur nachlässig über bie Stuhllehne vor meinem Schreibtisch, und zog mich in mein Schlafzimmer zurück. Früh am Morgen wurde ich von un- serem Mädchen alarmirt mit der Mel dunq, es sei das Fenster meines 2Ir beitszimmers eingedrückt und ferner fanden sich mein Schreibtisch und die Caffette erbrochen und mein Geld war weg. Alles Uebrige schien unberührt, das Buch, in dem ich zuletzt gelesen, lag. wie gestern, auf dem Tisch, mein Äpitalmaniel hing über ber (Stuhl- lehne. Es geschieht Dir Recht !" das war das Urtheil was ich über mich selbst füllte. Mein Mitleid gestern war also nur verächtliche Dummheit gewesen, Dummheit, vor einem Bedürftige mein Geld und seinen Aufbewahrungs ort sehen zu lassen. Eine wahre Wuth erfaßte mich gegen den elenbm Photo graphen mit feinen verbächtigen Blicken und seiner Schmierigken; sogar seine fadenscheinigen Kleider schienen mir jetzt gegen ihn zu sprechen. Wie ärgerte mich jetzt meine gutmüthige Befrie- dlgung über seinen Appetit, der Ge danke, wie er für sich gelacht haben mochte, während er mein Bier qetrun ken und ich ihm Zeit ließ, nicht nur ungestört zu essen, sondern auch seine Pläne zu entwerfen, wie er mich beran den könnte. Denn daß der hungrige Photograph der Dieb war, daran war ja nicht zu zweifeln, Niemand sonst wußte, daß ich das Geld in meine Ca- fette gelegt. Niemand sonst, daß ich überhaupt eine größere umme bezogen hatte. Die einzige Schwierigkeit war nun, wie den Diebstahl beweisen, denn tnei ner privaten Ansicht nach ist eine Per- Haftung nur gerechtfertigt, wenn wir den Beweis der That in Händen haben; eines unschuldigen Mannes Habe zu durchsuchen, feine Ehre verwunden, sei nen Namen ruiniren, das hätte ich mir mein Leben lang vorgeworfen, und selbst in einem so klaren Falle würde es mich gepeinigt haben, wenn wir nicht im Stande gewesen wären, ihn im Be- sitze des gestohlenen Geldes zu finden. Darum verbot ich dem herbeigerufenen Ortspolizisten zu einer Verhaftung zu schreiten, bevor sich nicht wenigstens Be weise ergäben, daß der Verbächtige über seine Mittel lebe. Die Untersuchungen im Hause er gaben Folgendes: der Dieb hatte meh rere Fußspuren in dem weichen Boden des Gartens hinterlassen, die einen eigenthümlich unbestimmten Eindruck wiesen, als ob seine Schuhe eingehüllt gewesen wären in Krepp. Es war eine Fensterscheibe mit dem Glaserdiamant herausgeschnitten, der Schreibtisch war ohne Beschädigung und offenbar mit den geeignetsten Werkzeugen erbrochen, und anstatt die Cassette uneröffnet mit sich fortzunehmen, wobei der Inhalt durch sein Klirren hätte Aufmerksamkeit erregen können, hatte der Dieb es vor gezogen, auch diese sorgfältig aufzu brechen und lediglich den Inhalt sich anzueignen. Daraus war zu schließen, daß eine geschickte und geübte Hand den Einbruch'begangen hatte. Der Ortspolizist strich mit wichtiger Miene seinen Bart und erklärte, der verdächtige Photograph müsse sofort verhaftet und eine Durchsuchung seiner Habe vorgenommen werden; so sei es üblich, und einen anderen Weg wüßte er nicht, und nicht wenig unzufrieden verließ er mein Haus, als ich den Pho tographen nicht belästigt haben wollte, bevor nicht Erkundigungen über sein Vorleben eingezogen wären und irgend eine Aenderung in seiner Lebensweise ihn verdächtig mache. Als ich allein die Nachforschungen fortsetzte, fand ich noch auf meinem Zimmerboben ein un gebrauchtes und ein halbverbranntes Streich!,!,, beide von einer Sorte, die wir selbst nicht benutzten, und daß diese 5pr der Po!i'.i entgangen war. gad mir ti-iniu. inpigkeil. Ich iwmciuen ja caen wüNie. l'euJer war ein Raucher, trug cito Streichhölzer bei sich, die betsen gefundenen tonnten di von ihm benutzte uin, oder mich nicht umnahm konnten sie ans enie Slnu leiten. Nach Verlauf einer Woche ergab sich als Resultat der eingezogenen Erkun digungen, daß Muller mit seinem eisewagen von Ort zu Ort zu ziehen pftegc, nur an kleineren Orten vertue: teiid, größere dagegen vermeidend, tufc man nichts Uebleies von ihm wisse. a daß er hier in Schulden gerathen fei Am Abend vor dem Einbrüche habe fein Weid ein paar Meter Krepp gekauft beim Krämer im Ort und erscheine seit- dem in Trauer um ein schon vor Mo- naten gestorbenes Kind Diese Ausgabe konnte allerdings aus dem Gelde bestatten sein, das ich dem Manne im vornhinein eingehändigt hatte, aber ebenso konnte die Trauer eS nur maskiren, daß Krepp denöthigt worden war zum Einhüllen ber Füße deS Einbrechers. sehr gnr, agre ich zu meinem Privatdeteetiv. um ihn durch mein Lob zn weiteren Nachforichnnaen anzuirei ben. Sie haben die äußerste Bedürf tigkeit des Verdächtigen nachgewiejen und den bedenklichen Ankauf von Krepp trotz dieser Noth. Nun forschen Sie aufmerksam nach weiteren, auffällige- ren Ausgaben, dann haben wir einen genügenden Grund, vorzugehen." Ich unterstützte meine Meinung durch ein ansehnliches Trinkgeld, und Erzielte dadurch den Beifall des Wackern, den ich bisher so wenig erlangt hatte. Doch war im Grunde mein Zutrauen in seine Eeschicklichkeit nicht größer ge worden, und ich entschloß mich, selbst den Photographen aufzusuchen unter dem Borwande der Nachfrage nach meinen Bildern. Als ich dem Zelte mich näherte, be merkte ich einen mir unbekannten Mann, ber erst bie armseligen Bilder des Schaukastens betrachtet hatte, und nun nicht weniger aufmerksam Zelt, Reisewagen und die ganze Oertlichkeit zu inspieiren schien. Er hatte ein rasir tes, stark geröhtetes Gesicht, kurz ge schnitten? Haare, blinzelnde Augen und eine unverschämte Mopsnase. An sei nein Anzüge war nur die rothe Cravatte mit übergroßer goldener Nadel auf füllig. Er war kurz und mager, nur Knochen und Muskeln, voll Kraft und Elasticität in jeder Bewegung, und seine Füße berührten den Boden so leicht wie Federn. Etwas an ihm erinnerte an einen Panther. Er ging mir voran in's Zelt. Sind Sie der Photograph? hörte ich ihn tragen. Jawohl," lautete die Antwort. Gut," ich will mich Photographiren lassen. Aber sagen Sie mir, sind Sie ein italienischer Brigant oder warum in aller Zeit tragen Sie diesen Abruz zendeckel?" Weil's mir so beliebt," entgegnete Müller. Ich trat in diesem Augenblicke ein und fand den Fremden im Zelte um herschlendernd und in allen Ecken her umspähend; es war mir schon zuvor eingefallen, er könne ein Detektiv sein und ich fühlte mich je länger je mehr davon überzeugt. Müller war äußerst verwirrt, als er mich erblickte, und stammelte etwas Unverständliches von ungünstigem Wetter, das ihn an der Arbeit verhindert hätte; aber ich unter brach ihn. Bitte, bedienen Sie nur diesen Herrn zuerst!" Oh, ich habe keine Eile," warf der ein. mit einem aufmerksamen Blick auf die Camera. Ich auch nicht, und ich ziehe vor, zu warten." He. Photograph, sehen Sie her. Ihre Maschine ist ja in Unordnung!" Ich glaube, Sie verstehen Ihr Ge- schüft nicht," sagte der Andere grob. Ich will nicht photographirt sein als Klopffechter, und in Ihrer lumpigen Maschine ist das Unterste zu oberft," und ohne auf eine Antwort zu warten, wenbet er sich wieder zur Seite, um einige Dinge zu inspiziren, die ba auf einem Kasten standen. Darunter war eine zerbrochene Kaffeekanne, die er in die Hand nahm und schüttelte, und das gab den Klang von Münzen. Mn scheint, Photograph. Sie sind ein Capitalist." Aber Müllers Gebulb war nun doch zu Ende, das blaffe Gesicht roth vor Zorn oder Verlegenheit, war er mit zwei (schritten hinter dem unver schämten Kunden und entriß ihm die Kanne. Der wandte sich blitzschnell um und stellte sich mit funkelnben Augen und geballten Fäusten bem Photographen entgegen; der Panther war ersichtlich im Stande, seine Klauen zu gebrauchen, und unzweifelhaft würde es auch schwere Händel gegeben haben. hätte ich Nicht gesucht, den Einen abzu- lenken. Ist eS erlaubt, in Ihrem Atelier zu rauchen?" fragte ich Müller. Gewiß, mein Herr. Dann find Sie wohl so freundlich. mir Ihre Streichhölzer zu leihen." Da trat der grobe Kunde an mich heran, mir eine Handvoll von seinen Streich- hölzern anbietend. Ich hatte zu neuer Lift meine Zuflucht zu nehmen, bediente mich nur eines einzigen, ließ es aus- gehen und wandte mich ein zweites Mal, nun mit einem entschiedenen Blick an Müller, der mir endlich, wie I ci schien mit sichtlichem Widerstreben seine Sttcichhvtzschachtcl i'.tch'e. ias waren intcla. denn da war sie ja, dieselbe sorte, die der Ein brecher mit üch gefuhrt hatte. Toch war kZ schwer. daraus' allein einen Beweis zu ziehen, solange ich nicht den Inhalt der z.rbrochenen Kaseekanne mustern lomiie. i erste Autnahme des Fremden war mittlerweile vor sich gegangen. aber ei erstaunter Blick Müller ver nein, oan eiwas ij;ier gegangen lein muffe. Er sagte, er trolle die Auf nähme wiederholen, und litß sich sehr schwer bewegen, die mißlungene Platte zu zeigen. Nun habe ich nichts gesagt. Sie mußten ein Pfuscher setnr rief der ttrcnide, sein Bild mit spöttischer Miene betrachtend. Müller schien nichts zu hören. Der Andere warf die Platte verächtlich au den Tisch in meiner Nähe, ich hatte ja Zeit, sie zu prüfen, während die zweite Aufnahme vor sich ging. Alles in Allem war die Photographie recht gut. mit einer einzigen Ausnahme: das Gesicht zeigte an einigen Stellen auffallende tfleaen. Und nun geschah das Merkwürdige Die zweite Platte war nicht nur eben so fleckig, sondern die flecke waren wie der genau an denselben Stellen bei Geichts. TaS war erkennbar genug mit bloßem Auge, aber ein gutes Ver gröijerungsglas setzte den Umstand außer allen Zweifel. Ein großer Fleck inmitten der -tun und ein anderer an dem Kinn waren besonders auffallend. Erstaunt sah ich auf das Gesicht des fremden; es zeigt weder Flecken noch Sommersprossen, abgesehen von der starken Röth? und oem Bronzeton war eS aukerordentlich frei von nt fehlern. He, Photograph, mir scheint. Ihre Platten haben die Pocken!" sagte der Fremde soll ich noch eine Probiren?" fragte Müller in kläglichem Tone. Nun, meinetwegen " war die ver- ächtliche Antwort. Diesmal erklärte Müller die Auf nähme für gelungen, aber ich hegte meine Zweifel darüber, denn er ließ das Negativ nicht mehr sehen. Indeß. der Fremde schien sich damit zn begnü- gen. denn er brachte seine Börse zum Vorschein. Oh, bezahlen Sie noch nicht." pro- testirte Müller, wenn Sie mir Ihre Adresse geben wollen, das wird ge- nügen." Aber ich will zahlen, und in einer Woche komme ich die Photographien abholen." Er händigte Müller eine Goldmünze ein und erhielt aus der zerbrochenen Kaffeekanne sein kleines Geld heraus. Tes Mannes Weigerung, ferne Adresse zu geben, hatte mich befestigt in der Vermuthung, er sei ein Geheim Polizist, und gern wäre ich ihm gefolgt, um zu fragen, welch anderer Verdacht noch auf Müller laste. Doch fürchtete Müller würde seinerseits Verdacht schöpfen, wenn ich ihn plötzlich verließe, ohne über den Zweck meines Kommens gesprochen zu haben. Als wir allein warm, tragt? ich ihn denn, wann die Photographien fertig sein würden. Heute ist Montag," sagte er sorgen voll, nun, mein Herr, bis Donnerstag Abend sollen Sie die Bilder gewiß haben." Gut, und nun, wollen Sie mir eine dieser eben verdorbenen Platten vcr kaufen?" Gerne, ich kann nichts damit machen." Als ich mit meinem merkwürdigen Gewinne ihn verließ, sah mir Müller lange nach, unter dem Eingange seines Zeltes verweilend, immer dieselbe aus gehungert? Gestalt, bie Knochen überall hervortretend, als wollten sie sich durch bohren durch die schäbigen Kleider. Ich konnte wieder ein Gefühl des Mitleids nicht unterdrücken, so ärgerlich ich über ben Verlust meines Gelbes war. Am nächsten Morgen schon ließ sich ber Ortspolizift wieder bei mir melden, mit einem so langen Gesicht, daß ich gleich sah, etwas müßte quer sein. Letzte Nacht sind zwei Einbrüche verübt worden." lautete der Bericht. Der eine in Müller's Zelt, cs wurde ihm einiges Geld gestohlen, das er in einer Kaffeekanne aufbewahrt hatte, der andere in einer Villa, wo alles Silber zeug gestohlen ist. So sind wir also auf falscher Fährte gewesen." Ueber solche wundervolle Einfalt mußte ich laut auslachen. Mein Bester, glauben Sie benn, ber geschickte, verschlagene Bursche, der mich beraubte, war nicht schlau genug, auf Mittel zu denken, womit er jeden Verdacht von sich ablenken könnte? Das beste Mittel ist natürlich, uns einen Einbruch bei ihm selbst vorzugaukeln. Alles, was Sie zu thun haben, ist Müller's Lebensweise weiter zu beob achten. So bald barin eine auffällige Aenderung eintreten sollte, können wir ihn fassen." Am Donnerstag, Abmds, wie ver sprachen, brachte Müller die Photo graphien. Nachdem ich diese bezahlt hatte, versuchte ich ihn über den erlitte nen Einbruch auszufragen, aber er wich meinen Fragen so viel als möglich aus und hatte auffällige Eile, fortzukom men. Kürzlich noch hatte ich ihn be mitleibet, heute wäre ich beinahe geneigt gewesen, ihn zu bewundern um feiner geschickten Schurkerei willen; mit be trüchtlichen ummen gestohlenen Gel- des in seinem Besitz brachte er es doch fertig, nicht nur u ie ein Bettler, son dein wirklich wie ausgehungert auszu sehen, da? zeigte eine große ,-eldsll'e herrichniig. Ant nöchNen Morgen erschien wicd er d.-r Crtcpolizist mit der brühwar e Neuigkeit, dar: Müller mit Wiit Kind und Reisewagen verschwunden sei; wie es schien, hatte er am Abend vorher ei Pferd gemiethet und bei Nacht sich da von gemacht, seinen wüthenden Glüu bigern daö Nachsehen überlassend. Auch ich war ärgerlich, daß er uns durch di Finger geschlüpft war, obwohl ich mir sagen mußte, daß ich selbst die meiste schuld trug. Aber diese Flucht hatte nun meine Scrnpel gegen eine Verhaf tling vollständig über den Hausen ge morsen. Ihn zu erwischen, tonnte keine Schwierigkeiten bieten, da ein Reise wagen weder unter die unauffälligen. noch unter die schwer einzuholenden Ge geiistänbe zählt, und dann sollte aber auch das Unterste zu oderst gekehrt wer den, um die Beweise des Einbruchs zu erlangen. Während ich dies dem Polizisten sagte, trat der Arzt bei mir ein, dem ich nun die letzten Begegnungen mit Müller berichtete und bei ber Erzählung ber Vorgange in Müller s Zelt auch die mißlungene Platte vorwies. Sobald der Arzt die Photographie erblickte, äußerte sich auf seinem Gesicht die größte Verwunderung. Er prüfte sie sorgfältig, und nd gab endlich sei- nein Erstaunen Ausdruck. Das ist merkwürdig, sehr merkwür- big! Der Mann ist einer meiner Patten- ten, er hat die Pocken im gefährlichsten Grade, verschlimmert durch unregel mäßiges Leben und Vernachlässigung Ich zweifle, ob er mit bem Leben ba- vollkommen wird. Die Photographie zeigt genau das Gesicht, wie es jetzt tn der Krankheit aussieht." ..Aber," rief ich. sein Gesicht war fleckenlos am Montag!" TaS kann sein. Dann giebt es da für mich nur die Erklärung, daß die Chemikalien deö Photographen em pfindlicher find gegen das Licht, als der menschliche Sehnerv. Die Flecken, die te am Montag noch nicht sehen könn- ten, wurden gesehen von dieser Platte. Beachten Sie nur diesen großen Fleck inmitten der Stirne, und den anderen am Kinn, die können Sie jetzt sehen in meines Patienten Gesicht." Wann wurden Sie gerufen?" Mittwoch morgens." Sie sagten mir nicht, daß die Pocken hier herrschen." Dies ist der einzige Fall in der qan- zen Gegend. Ich kann mir nicht den- ken. wie er dazu kam!" Eine scltianie Idee blitzte in mir auf. Wollen Ste mich zu Ihrem Patien- ten führen?" fragte ich eifrig. Nach einigem Widerstreben wurde meine Begleitung angenommen. Wir betraten ein kleines ärmliches Haus. Das Zimmer, das der Kranke da gemiethet hatte, lag im Paterre, und enthielt außer feinem dürftigen Mobiliar nur einen Koffer. An dem Unglücklichen, ber ba im Bette lag. war wenig mehr wahrzunehmen vom Panther, als der er mir zuerst erschie nen war. Sein Körper war hinfällig, sein Gesicht entsetzlich entstellt, und die Flecken befanden sich genau an den- elben Stellen, wie auf der Photo- graphie. Er sah mich aus stumpfen. theilnahmslosen Augen an, als ich ihn ansprach. Der Arzt erklärt mir, daß keine Hoffnung für Ihr Leben vorhanden ei. Trum sagen Sie mir offen, was wissen sie von dem Einbruch, der vor vierzehn Tagen bei mir verübt wurde?" Er gab ein schwaches Zeichen von Ueberraschung, offenbar hatte er mich bisher für einen Arzt gehalten. Eine Weile schien er zu kämpfen, dann griff er mühsam unter fein Kopfkissen und zeigte, mit einem Schlüssel in der Hand, nach dem Koffer. Ich öffnete diesen und fand darin nicht allein den größeren Theil des gestohlenen Geldes, fondern auch das von dem zweiten Einbruch herrührenden Silber. So hatten wir den wirklichen Dieb gefangen. Vor seinem Ende gestand er, als professioneller Einbrecher be traft zu sein und kürzlich erst wieder rei geworden, zuerst bei mir, dann in einer Villa und bei Müller sein Hand werk wieder aufgenommen zu haben. Für den ungerechten Verdacht gegen den armen Photographen leistete ich Ersatz, indem ich ihn durch Bezahlung feiner kleinen Schulden vor den Ver folgungen seiner Gläubiger rettete. lvarum ich Arrest bekam. Der bekannte französische General Mardot erzahlt aus seiner Jugendzeit das folgende, buchstäblich wahre und überaus lustige Geschichtchen: Ich war Cavallerie-Untcrleutnant in Toulouse, und die Generalinspektion des Regimentes durch den als besonbers streng ' bekannten General Bourcier stand vor der Thür. Ich wurde dem General mit einem Piket von dreißig Mann entgegengeschickt. Trotz dem freundlichen Empfange, der mir von ihm als altem guten Bekannten meines BatcrS zutheil wurde, schickte er mich doch Tags darauf in Arrest. Den An. laß hierzu will ich Euch erzählen; er ist heiterer Natur. Der Rittmeister B. im Regiments war unstreitig einer der schönsten Män ner im ganzen Heere; nur seine Waden standen leider nicht im Einklang ba nnt, dein siine Beine waren die rein steil' 5 leiten, was bei den engt 11, soge nannte!! ungarischen Beinkleider der damaligen Iämnisotm sehr flötend war. Um dieiem Schönheitsfehler ab znhelsen, ließ sich nun der Rittmeister falsche 'Waden von sehr beträchtlichem Umsange anfertigen. Und diese falschen Waden waren eS. die mich in Arrest brachlen-cllerdingS kam noch Weiteres batu. Nach der Vorschrift sollten die Ossi zierSpserde lange Schweife haben, ebenso wie dic der Mannschaft. Unser Oberst hatte nun zwar sehr schöne Pferde, aber laute Stntzschwünze. Um sich daher keiner tadelnden Bemerkung seitens des Inspekteurs auszusetzen, hatte er seinen sämmtlichen Pferden für die Zeit der Besichtigung falsche Schwänze ansetzen lassen, und zwar so kunstvoll, daß man es wissen mußte, um es zu bemerken. Die Sache klappte also vollkommen. Wir rückten zu der Besichtigung aus. wozu der Inspekteur noch zwei andere Generale mit ihrem zahlreichen glänzenden Stäbe eilige- laden hatte. Die Sache dauerte sehr lange, und es ging immer im Galopp. Fast nach jeder Bewegung mußte zum Schluß das Regiment in vollem Laufe zum Angriff vorstürmen. Die Abtheilung, die ich unter mir hatte, stand im Cen trum und gehörte zur Schwadron des Rittmeisters B., neben welcher der Oberst Aufstellung nahm. Wie nun die Generale heranritten, um den Letzteren zu dem schönen Verlaufe der Uebung zu beglückwünschen, befanden sich dieselben kaum ein paar Schritte weit vor mir. Doch, was erblicke ich jetzt. In Folge der raschen Gangart waren sowohl bei dem Rittmeister als beim Oberst bie künstlichen Anhängsel in Unordnung gerathen. Bei dem Letzteren hatte sich der falsche Schweif seines Pferdes zum Theil abgelöst. Die aus einem Knäuel Flachs hergestellte Rübe desselben schleppte beinahe am Boden und sah aus wie ein Spinn- rocken, während die falschen Haare ein paar Schuh weiter oben sich wie ein riesiger Pfauenschwanz über das Hin tertbeil des Pferdes fächerförmig ans breiteten! Die falschen Waden des Ritt Meisters hingegen waren ohne dessen Wissen durch den Druck der Sattel- tafchen seitwärts gerutscht und wölbten sich nun in kühnem Bogen auf dessen Schienbeinen, was einen höchst adson dcrlichen Anblick bot. Und dabei warf ich der Besitzer dieser Waden auf seinem Pferde in dic Brust mit einer Miene, die zusagen schien: Schaut nur her. wie schön ich bin!" Mit zwanzig Jahren fehlt es Einem oft an dem nöthigen Ernste. Der mci nige wenigstens war dem mcrkwürdi gen Schauspiel, das ich vor Augen ge habt, nicht gewachsen; und so brach ch denn trotz der ebrsurchterweckenden Anwesenheit dreier Generale rniwider. stehlich in ein lautes, unbändiges Ge lächter ans. Ich wand mich iin Sat-' tel hin und her. ich klemmte den Aermel meines Dolmans zwischen die 3stfrni es half Alles nichts. Ich lachte in einem fort weiter, daß mir die Seiten weh thaten. Darauf ließ mich der In- pekteur, der natürlich von der Ursache meiner Heiterkeit keine Abnnna hatte. vor die Front herausreiten, um mir da- für strengen Arrest zu dictiren. Als ich jedoch hierbei zwischen den Pferden des Obersten und des Rittmeisters hin durchreiten mußte, richteten sich meine Augen wieder unwillkürlich auf den vermaledeiten Pfauenschwanz und die neumodischen Waden, sodaß ich aber mals meiner unbezähmbaren Lachlust nachgeben mußte. Die Generale könn ten nicht anders glauben, als ich sei verrückt geworden! Nachdem sich die selben jedoch verabschiedet hatten, kamen die Offiziere des Regiments bald hinter die Sache und lachten nun nicht wem ger als ich, aber freilich kam es sie nicht so theuer zu stehen. Am selben Abend trafen sich sammt liche Offiziere in einer Privatgesellschaft. Hier erfuhr General Bourcier den Grund meines albernen Streiches, wie er mein Verhalten bezeichnete. Er mußte nun selbst gleich wie die ganze übrige Gesellschaft darüber so herzlich lachen, daß er meine unwiderstehliche Heiterkeit unter solchen Umständen bei einem jun gen Unterleutnant begreiflich fand. Er hob deshalb meine Strafe auf und ließ mich auf der Stelle holen. Mein Erscheinen entfesselte eine neue Lachsalve bei dem General und der ganzen Ge. sellschaft; und ich selbst stimmte in der Erinnerung an den Anblick von Vor. mittag aus vollem Halse dabei mit ein Als nun der gleichfalls anwesende Ritt, meister B., der allein nicht wußte worüber man lachte, von Einem zum Andern ging, um sich nach der Ursache zu erkundigen und ihm dabei jeder auf die Waden schaute, bemächtigte sich der Gesellschaft vollends eine wahrhaft tolle Lustigkeit. Zu viel verlangt. A: An der Sache trauen e;; nen Theil der Schuld selber; hätten mcme Frau damals auf dem Marktplatz, als sie Jhncn Anfklärun gen geben wollte, ausreden lassen " B: Ausreden lassen, was glauben sie benn. mein 5,err. ick, i 9 ' y f u vv UUUJ nicht Zett, acht Tage lang auf dem Marktplatz stehen zu bleiben! Sorgen kehren wie Zuqvkgel gern ihr altes Nest zurück. " 9 " in