Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, November 08, 1900, Image 9

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    verschmachtend.
Eine Erzählung ant Colorado. ton
B r t h a a t k ch r.
Fünf junge Leute hatten sich unter
Leitung deS berühinten Führers Jim
Zlofl aufgemacht, um den großen Ja
non, jenes berühmte Naturwunder,
kennen zu lernen. Auf ihrer beschwer,
lichen Reise über die unfruchtbare Ebene
mußten sie plödlich Halt machen. Was
sie vom Anfang an befürchtet, war zu
ihrem Entsetzen eingetrosten. Sehr
schlechtes Wasser und unerträgliche hiße
hatten einen der Genossen auf feine
Decken gestreckt. Big Bunster sprach
von seinem Mütterchen daheim und bat
die Freunde, ihr die Nachricht von
seinem erfolgten Tode vorsichtig beizu
bringen.
Bunfter hatte sich schon vor der Ab
reise zu Hause in Flagftaff nicht ganz
wohl gefühlt, aber, thörichter, eigene
finniger Junge, der er war, darauf be,
standen, die Gefahren deS Indianer
Pfades" mit seinen Kameraden zu thcr
len. Die sengenden Sonnenstrahlen
sogn ihm das Mark aus den Knochen,
der Ritt auf dein schmalen, unwinh
lichen Weg über die durchglühte Wüste
verehrte seine Kräfte, und der vom
Fieber geschüttelte junge Mensch vcv
mochte sich kaum auf seinem tZscl zu er
halten. Sein großer Kopf sank immer
tiescr auf den Sattel hinab, biS Jim
Vost, der Einzige, welcher die Gefahr
erkannte, in welcher Bunster schwebte.
energisch Halt gebot.
Ich will ihn nicht im Sattel sterben
sehen.- flüsterte er Zach RawlinS zu
Wenn wir ihn nicht sofort in eine
bequeme Lage bringen, ist'S aus mit
ihm.
Unsere Reisegesellschaft schlug ihr
Lager im Schatten riesiger FelZdlöae
auf, welche von Titanen aufgeschichtet
sein mochten, zur Zeit, als der große
Canon von Colorado noch jung war,
Wie wohl that ihnen Allen die Rast
nach dem erschöpfenden Ritte in den
blendenden, versengenden Sonnen trab
len! Nur wer selber die Brathide in
der unermeßlichen Wüste kennen gelernt
hat, weiß, daß man in der Aussicht aus
eine Handbreit Schatten gerne Meilen
zurücklegt.
Big Bunster fühlte sich in seiner be
quemen Lage zwar wohler, aber er
jammerte, daß er sterben müffe, wenn
er nicht bald einen Schluck trinkbares
Wasser bekomme. -
.Wartet meinen Tod nicht ab. Ka
meraden. sondern setzt ruhig Euren
Weg fort." mahnte er, .sonst ergeht es
Euch wie mir. Ihr werdet vor Durst
und Hitze zusammenbrechen, wie ich zu
sammenaebrochen bin.. . Ich war wem
Lebtag ein langsamer Patron, und ich
werde auch eines langsamen Todes
sterben. Thut mir noch die letzte Liebe
und haltet Euch meinetwegen nicht
auf !"
Dabei blickte er mit einem so geifter
haften, herzerschütternden Lächeln zu
Zach RawlinS empor, daß eS diesem
eiskalt über den Rücken lief. Zach,
der älteste und treuefte Freund Bun
fier'S. grub seine Absätze tief in den
Sand und brummte, daß es eine
Schande fei, einen so guten, braven
Kerl wie Big so elend umkommen zu
lassen. Er wolle wissen, weshalb der
niederträchtige Führer sie so weit ab
von jeder menschlichen Wohnung ge
bracht, weshalb er versprochen, eine
Quelle zu finden, wenn er dessen nicht
ganz sicher war, und weshalb man dem
armen Verschmachtenden nicht helfen
könnte.
.Sie brauchen nicht gleich aus der
Haut zu fahren," entgegnete Jim
brummig. .Momentan giebt'S einfach
keine Hilfe. Die Herren können in die
ser Backofenhitze nicht weiter mar
sckiren, wenn Sie nicht wie jene Schlan
genhaut austrocknen und zusammen
sinken wollen. Hier im Schatten der
Felsen wird Bunfter ohne Schaden ab
warten können, bis die Hitze nachge
lassen hat; dann wollen wir den .In
dianerpfad' zu erreichen trachten. Er
liegt dort drüben."
Der zerlumpte Yost deutete mit sei
nem knorrigen Daumen auf eine weiße
Fläche, über welche Gluhwellen zitier
ten, als ob selbst die Luft unter dem
feurigen , Kuß deS unbarmherzigen
Balls dort oben krampfhaft winden
würde.
Was wird Big davon haben, wenn
wir schon auf den .glühenden Pfad"
gelangen?" flüsterte einer aus der Ee
stllfchaft. .Ei, sechs Kilometer von der Luft
linie, die Sie dort sehen, fließt Wasser,
gutes, frisches. Wasser. Freilich, ob
wir zu demselben werden hinabklettern
können, ist eine andere Srage." be
merkte Yost zweifelnd.
.Das ist gar keine Frage, wir müssen
einfach," sagte RawlinS. .Muth,
alter Junge." wandte er sich an den
Verschmachtenden, dessen aufgeschmol
lcne Zunge zum Munde heraushing
und dessen angstvoll hervortretende Au
gen in die Richtung deS .glühenden
PfadeS" starrten. Muth, von dort
werden wir Dir Wasser bringen, und
Du wirft einen tüchtigen Schluck thun,
das wird Dir sofort auf die Beine hei
fen, Freundchen!"
Wasser? Ja. ich sehe e, eS hat eine
graublaue Farbe nicht? Ah. der
prächtige große See! Wie er glitzert !
Wie gerne wollte ich darin baden:
lispelte der durftgeplagte Mann und
weidete sich an dem Anblicke, den ihm
seine fieberhafte Phantasie vorzauberte.
4&t zog die Zunge schnalzend in den
Der
Jahrgang 21.
Mund zurück und foifete die auSaetrock
neten Lippen, als ob er ein Glas Was
ser schlürfte, für das er gern sein aan
zeS Vermögen geopfert hätte.
Seine Qualen und diejenigen seines
Freundes, der treu an seiner Seile
blieb und ibm mit dem fut beike Luft
zufächelte, wurden etwas gelindert, als
die Hitze aiunayiich nachließ und d,e
Nacht langsam ihren Einzug hielt. Die
kleine Karawane setzte sich wieder in
Bewegung und RawlinS, der neben
seinem leidenden Freunde ritt, suchte
ihn durch allerhand Scherze zu erheitern
und seine Qualen in'S Lächerliche zu
ziehen.
UM scbe ist erst, dan Tu arökcr
di!t. als Dein Esel! Ein solcher G
lia!b wird fii dock von einem Bisckcn
Durst nicht herumkriegen lassen!" rief
er lachenden MundcS. aber wunden
ftmens.
Nur langsam kamen die Rellcnden
vorwärts, und eS war schon spät, als
ne die SuKeren Wände der arokcn
elsenschlucbt erreichten, wo sie ihr
Nacktauartier ausschluaen.
Lange vor Sonnenaufgang machten
sich zwei d'.r zungen Leute, mit ihren
großen Feldflaschen ausgerüstet, auf
den Wea ium Fluk.
.Ich bin gar nicht so überzeugt, daß
ste zum Wasser gelangen werden,
sagte Aoft, nachdem sie außer Sicht
waren. ..Vielleicht, blelleickt auch
nicht! Die Felswände fallen furchtbar
ft m . w r
stell ad ... . möglich, OdB vle euichen
einen Weg ausfindig machen, aus dem
sie mit heilen Gliedern zum Fluß hin
unter gelangen: sicher ist das nicht, gar
nicht sicher. Und die Klapperschlangen,
die in der Relfenfrblucot kaufen, ae-
stalten den Gang auch gerade nicht an
genehm Entweder ne nurzem vom
Schwindel erfaßt in die Tiefe, oder
eine Klapperschlange fällt sie an, oder
der Sonnenstich streckt sie nieder."
Willst Tu endlich mit Teinen
..Oders" aufhören?" herrschte ihn
RawlinS lvrnia an. Die fSnare
sträubten sich ihm förmlich, als er an
daS Schicksal der beiden Wassersucher
dachte.
Bald brannte die Sonne wieder
sengend auf den glühenden Pfad", so
daß die kleine Karawane wieder im
Schatten der Felsen Schutz suchen
miikt?. RawlinS bettete seinen kran
len, verdurstenden Freund so bequem
eS ging. Tieser jammerte um einen
Tropfen Wasser; fein Gesicht wurde
immer aufgedunsener nd röther, feine
Lippen trockener und blauer. Er bot
einen geradezu entsetzlichen Anblick.
Stunden verstrichen.
. Werden die Kameraden denn nie
mehr zurückkehren?" fragte sich Raw
lins. .Warum bin ich nicht lieber
elbft gegangen?.. .. Ich fürchtete, er
könnte mittlerweile sterben, und ick
wollte an seiner Seite ausharren
aber ich hätte dennoch gehen sollen. . . .
Ich wäre schon zurück."
Noch eine Stunde schlick träae da-
hin; eS war Mittag geworden. Tauch
ten nicht dort die Wasserträger auf?
Endlich! Endlich! Aber weshalb wank
ten sie aar so langsam heran? Kein
Zweifel, sie waren müde, nein, ermat
tet und erschöpft: die Kleider hingen
ibnen in Stehen vom Leibe, und die
Haut schälte sich ihnen von Gesicht und
Händen. Niedergeschlagen und beschämt
traten sie in'S Lager sie brachten kein
Wasser.
Hatten sie den Fluß nicht erreicht?
Doch! Mit gefüllten Feldflaschen hatten
sie kick Kon dem kelsenumsäumten Flusse
aiisarmackt. aber der Aufstieg von der
Canonseite war so mühsam gewesen,
.. . ' . . et
die Hitze o unerträglich, uno oer jurn
so überwältigend, daß sie jeden Tropfen
aieria aufaesauat hatten, lange ehe sie
auf die Karawane stießen.
Zach warf ihnen bö e Blicke zu, sein
Rlut lockte. Welche Erbärmlichkeit.
nur an sich ,u denken, während es galt.
einen Verschmachtenden zu laben, einen
Freund zu retten I Er wurve nq oen
Wea zum Flusse bahnen, selbst wenn
dieser von feurigen Drachen behütet
würde, und er wollte gefüllte Flaschen
zurückbringen, selbst wenn er ourq s
Feuer gehen müßte, um sie zu holen!
Und er aina thatsächlich durch'.s Feuer.
Vergebens warnte ihn Jim vor den
urchtbaren Gefahren, die lym drohten.
.Glauben Sie mir junger Herr, eS
ist tws'aan. Anderes, kick in der
Morgenkühle auf den Weg nach dem
Canon zu machen, als jetzt m der vau
tagSgluth. Die Hölle kann nicht so
unerträglich heiß sein, wie dieser schat
tenlose. steile, steinige Jndianerpfad.
Sie werden nichts ausrichten und nur
Ihr Leben auf'S Spiel fetzen."
ack würdiate ibn keiner Antwort.
nahm feine Feldflasche, drückte den Hut
fester in die Stirne uno navre ra,q
über die durchglühte Ebene dahin. Die
Sonne brannte wie flüssiges Eisen auf
seinen Scheitel, als er den Abstieg be-
gann. Er sprang von einer siuse oer
Beilage zum Nevraska Staats-Anzeiger.
rohen, von der Natur gezimmerten
Treppe zur anderen hinab, bis er eine
Stelle erreichte, von welcher er in die
dunkle Tiefe deS CanonS hinabblicken
konnte.
Wie ein gewundenes Stück Stahl
fchlängelte sich der Fluß tief unten.
Bald hier, bald dort, und dann wieder
auf einer anderen Stelle wurde ein
Streifen sichtbar, und es machte den
Eindruck, als ob ?r sich seinen Weg
durch hohe, felsige Barrieren brechen
müsse. Ramlins blieb einen Augenblick
stehen, aber nicht etwa, um das groß
artige Farbenspiel auf der Oberfläche
der Böschung zu bewundern. Das
scharf gezeichnete Halbdunkel, welches
die kahle Erhabenheit der Scenerie nur
noch hervorhob, machte keinen Eindruck
auf ihn. Er sah nur daS am Fuße der
Felswände gurgelnde Wasser, nach
welchem der Freund seiner Jugend mit
verdurstenden Lippen lechzte.
Der Weg hinunter war an und für
sich beschwerlich. Die drückende Hitze
machte ihn noch viel beschwerlicher,
Auch plagte ihn ein unerträglicher
Durft, die zackigen Felsen rissen ihm
daS Gewand vom Leibe, Klapper
schlangen versperrten ihm den Weg,
und. als ob all' dies noch nicht genug
gewesen wäre, löste sich durch die große
Hitze eine seiner Schuhsohlen, während
die andere von den Steinen zerschnitten
wurde.
In fieberhafter Aufregung langte er
endlich am Ufer des Stromes an. Er
legte sich sofort auf den Bauch und
schlürfte gierig das erfrischende Wasser.
dann füllte er seine Feldflasche, und
ohne der überwältigend schönen Scenerie
auch nur einen Blick zu schenken, trat
er den Rückweg an. So schnell sein
Abstieg zum Fuße der Canonwand auch
vor sich gegangen war, hatte er doch
über zwei stunden in Anspruch ge
nommen, und er schien ihm ein reines
Kinderspiel im Vergleich zum Aufstieg
Die felsige Böschung war so steil, daß
selbst ein kräftiger Mensch in der kühlen
Morgenluft all' seine Muskeln hätte
anstrengen müssen, uin mit heiler Haut
wieder auf den glühenden Pfad" zu
gelangen; wie erschöpfend mußte er für
den geschwächten Kameraden um 2 Uhr
Nachmittags sein!
Die Sprache hat gar keine Bezeich
nung für den Hitzegrad, mit welchem
die Sonne jetzt auf die Canonseite nie
derbrannte! Sie war einfach unertrüg
lich. Obgleich ihm der Schweiß aus
allen Poren drang und seine Muskeln
zum Reißen gespannt waren, blieb er
nur dann stehen, wenn er sich einen
Weg zwischen den Klippen suchen mußte
Der Pfad, den er hinabgestiegen, war
zum Hlnaufklettern zu stell.
Nach einer Stunde ersakte ihn auch
noch der Dämon Durft und preßte ihm
mit seinen feurigen Fingern die Kehle
zu. bis er zu ersticken vermeinte. Die
Zunge klebte ihm förmlich am Gaumen,
und feine Lippen sprangen vor Trocken
heit auf. Die Sonne sog seine Körper
säfte so rasch auf, daß selbst das Mark
in den Knochen einzutrocknen schien.
Er befand sich in einem fürchterlichen
Zustand. Ah. dort winkte der Schat
ten eines großen Felsens, welche Wohl
that! Er rastete einen Augenblick, ach
nur einen Augenblick, dann schalt er sich
wegen deS Zeitverlustes und schlich
weiter.
Während er durch eine Felsspalte
kroch, riß der Riemen seiner Feldflasche,
und diese fiel zu Boden. Der Kor! flog
durch die Erschütterung heraus, und
das kostbare Naß zischte auf dem glühen
den Gestein, das eS benetzte. Wie
wahnsinnig stürzte sich RawlinS auf die
Flasche. Welches Glück, nur wenige
Schluck Wasser waren verloren gegan-
gen! Und doch hätte er Jahre feines
Lebens geopfert, wenn er nur einen
Theil derselben hätte ausschlürfen kön
nen. Er mochte gar nicyl oaran oenien.
er raste weiter. Das spitze Gestein hatte
mittlerweile feine Schuhsohlen ganz
durchwetzt, und er glaubte, seinen Weg
auf einem glühenden Rost fortzusetzen,
denn der dünne Strumpf fiel bald in
Fetzen von feinem Fuße.
Es war so hei geworden, da lch
selbst die Klapperschlangen verkrochen
und so war er wenigstens dieser Gesahr
nicht mehr ausgesetzt. Dafür trat die
Versuchung an ihn heran, die Feldflasche
seinen verschmachtenden Lippen nicht
länger fern zu halten. Wohl war das
Wasser darin schon warm geworden,
und Zdoch benutzte er eS als Belebung?
Mittel, indem er die flache Seite der
Flasche an sein versengtes Gesicht drückte.
Dies verursachte ihm gleichzeitig Ent
zücken und Qual, denn während da?
Gefäß seine Wangen kühlte, machte ihn
das köstliche Gurgeln des Wassers fast
wahnsinnig. Drei Mal blieb er stehen,
entkorkte die Flasche und führte ste zu
seinen Lippen, und drei Mal widerstand
er der Versuchung. Bald erreichte er
eine Stelle, wo der Ausstieg fast senk
recht war und die Hitze so drückend, daß
millflllKlMlf
1 v VV'y'T r r
sie ihm den Athem raubte. Den Weg
hinan umsäumten Cactusslrüucher,
deren Stacheln sich wie glühende Na
deln in sein Fleisch bohrten, wenn er
mit Händen und Füßen nach einem
Halt suchte, um sich in die Höhe zu
schwingen. Er achtete nicht darauf,
seine gierigen Blicke konnten sich nur
dann von der verlockenden Feldflasche
reißen, wenn sie sich einen Weg suchen
mußten.
Was ist sein Durst gegen den mci
nigen?" stöhnte er. als er zum vierten
Male die Flasche entkorkte. Er ruht
im Schatten aus, und Freundeshände
sächeln seine heiße Stirn, wühlend ich
ich verbrenne!"
Aber sofort stieg da? geschwollene,
purpurrothe Gesicht Bunstcr's vor ihm
auf, und er verkorkte die Flasche wieder
mit fast übermenschlicher Willens
kraft widerstand er auch diesmal der
Versuchung! Wieder arbeitete er sich
weiter, jetzt jedoch nur langsam, denn
seine Kraft war so gut wie erschöpft.
Im Lager erwartete man mit Sehn
sucht die Wiederkehr des Wasserträ
gers. Vost starrte stundenlang über
die weiße Fläche hin in der Richtung
des Canon. Schließlich gab er Raw
lins verloren, doch hütete er sich, dies
seinen weniger erfahrenen Schützlingen
zu sagen.
Plötzlich tauchte der Schatten eines
Menschen, dessen Kleider in Fetzen her-
unterhingen, in einiger Entfernung
aus.
Der Kerl muß rein verrückt sein!"
rief Jim entsetzt. In dieser Hitze so
zu rennen! Und wie unsicher er dabei
auf den Beinen ist, er stolpert fort
während." Es dauerte über eine Minute, ehe der
Führer oder einer der Reisenden in dem
Ankömmling Zach erkannte, und in
dieser einen Minute hatte die einer Vo
gelscheuche ähnliche Gestalt das Lager,
auf welchem Big Bunster ruhte, er
reicht, die Feldflasche entkorkt und den
Hals derselben an den Mund des fast
Bewußtlosen gedrückt.
Trink' alter Knabe! Trink'!
ES ist Wasser gutes, rei nes
Wasser Mach' einen herzhaften
Schluck.... Gott.... helfe.... Dir!"
kam es in Grabcstönen von den schwarz
geränderten Lippen der Schattengeftalt.
Trink', Freund!.... Trink!"
Der Wasserträger stürzte an der
Seite seines Freundes zusammen. Ein
furchtbarer Krampf schüttelte seinen
Körper, fein Herz klopfte zum Zersprin
gen, sein Athem stockte, seine Augen
verglasten sich, und das staubbedeckte
Haupt sank leblos in den Sand. Ader
selbst im Todeskampf hielt er noch dem
Freunde mit fester Hand die Flasche an
die Lippen.
Vom Sonnenstich niedergestreckt,"
conftatirte Jim Vost, aber er hat die
Flasche gefüllt gebracht. .'. . . .Ich habe
schon mit vielen prächtigen Menschen zu
thun gehabt, aber mit keinem von solch'
bewundernswerther Charakterfeftigkeit
und Entsagungskraft!"
Sie begruben Zach Rawlin, dieses
Muster eines aufopferungsfähigen
Freundes im Schatten eines Felsens.
Auf einen kleinen Pfahl schrieben sie
seinen Namen und steckten denselben in
den Sand. Big Bunfter, für den Zach
sich geopfert, stand an seinem Grabe
und weinte.
Noch an demselben Abend hörte man
von der Ebene her luftiges Geklingel;
eine von einem untersetzten Mexikaner
geführte Schaar Esel trabte gemächlich
heran. Er brachte in Fässern gutes
Trinkwasser und verfügte auch über
sonstige genügende Nahrungs und Er
frischungsmittel. Die Reisenden aßen
und tranken mit ihm und traten in sei-
ner Begleitung die beschwerliche Rück
reise nach Flagftaff an. Das luftige
Geklingel der Glöckchen. welche die Esel
am Halse trugen wiederhallte von den
Felsen, unter welchem Zach RawImS
den letzten Schlaf schlief.
.Ich habe schon viele prächtige Men
chen kennen gelernt, aber keinen von
olch' bewundernswerther Charakter
estigkeit und Entsagungskraft" wie-
verholte Joft, als er deni Mexikaner
die letzten Erlebnisse schilderte.
Der chinesische Raufmann.
Bei dem besonderen Interesse, das
momentan in Folge der Wirren in
China der bezopften Rasse von allen
Seiten entgegengebracht wird, dürfte
eine Skizze über den chinesischen
Kaufmannsftand. der ja m fast ganz
Oftasien der Träger des Zwischenhan-
delS ist, vielerseits ein geneigtes Ohr
finden.
Obgleich der chinesische Kaufmann
sein Geschäft nicht in einer so gcordne-
ten und geregelten Bahn führt, wie es
europäische Handels und Wechsel
rechte bedingen, so hat er doch durch
den Umgang mit Europäern und durch
No. 2.V
die Gesetze der europäischen Kolonien
daS Nothwendigste davon in die Hand
habung seiner Geschäfte helübergenom
men. Jeder chinesische Kaufmann
führt seine Bücher und macht vor dem
chinesischen Neujahr im Januar oder
Februar seine Inventur. Die Bücher
werden von chinesischen Buchhaltern ge
führt und wird jede Ausgabe und Ein
nähme, resp, jeder Ein- und Verkauf
zu Papier gebracht. Dein Prinzip nach
ist diese Buchführung unserer einfachen
Buchführung am ähnlichsten. Mcmo
rundum, Kasse, ' Hauptbuch und Kon
tos kann fast jeder chinesische Kauf
mann aufweisen. Die Bücher werden
in chinesischer Sprache von hinten nach
vorne und auf den einzelnen Seiten von
rechts nach links geführt. Die Bücher,
welche au Neispapler verfertigt wer
den, sind vertikal liniirt und nimmt
jeder eingetragene Posten gewöhnlich
den Zwlschenraum zweier Linien ein
Die Eintragung der einzelnen Posten
geschieht von oben nach unten. Statt
der Feder bedient sich der Chinese eines
Bambuspinsels und geschrieben wird
mit chinesischer Tusche.
Die Korrespondenz führen chinesische
Kaufleute untereinander in ihrer Mut,
tersprache auf vertikal liniirtem Reis,
Papier, und zwar wird auch hier von
rechts nach links und von oben nach
unten geschrieben. Mit fremdländischen
Geschäftsfreunden wie Europäern,
Malayen, KlingS und Arabern führen
die chinesischen Kaufleute die Korre
fpondenz in der im ganzen Sunda
Archipel üblichen Geschüftssprache: dem
Küstenmalayisch. Hierzu wird ge
wohnliches Oktavpapier verwendet,
Das Küstenmalayisch wird in lateini
schen Schriftzeichen in englischer oder
holländischer Umschreibung zu Papier
gebracht, statt der arabischen Schrift,
zeichen, in denen die malayische Sprache
ja sonst von der hvchmalayisch sprechen,
den Bevölkerung der SundaJnseln ge,
schrieben wird.
Zum Rechnen bedienen sich die Chine,
sen einer ca. 30 Zentimeter langen und
20 Zentimeter breiten hölzernen Rechen
Maschine mit etwa 12 bis 15 Ouer
ftäben, auf denen abgeflachte, durch
lochte Holzeugeln angebracht sind
Durch eine der Länge nach eingefügte
Holzleiste ist die Maschine in zwei
Theile getheilt, und zwar so, daß auf
der linken Seite je zwei Kugeln placirt
sind. Auf beiden Seiten ist natürlich
genügend Raum vorhanden, um die
Kugeln von rechts nach links und um,
gekehrt zu schieben. Die Kugeln links be,
deuten je eine Einheit, die Kugeln rechts
je fünf Einheiten. Mit dieser Rechen
Maschine verstehen es die Chinesen.
sehr schnell und mit großer Sicherheit
zu addnen, subtrahiren, mutipliznen
und dividiren. In jedem chinesischen
Geschäft sind ewige dieser Rechew
Maschinen vorhanden und sind die
selben beim Kalkuliren von Kaufs
und Verkaufspreisen von großer Wich,
tigkeit.
Auch der Gebrauch des Wechsels ift
dem chinesischen Kaufmann bekannt.
und zwar bedienen sich die meisten der
Slchtwechsel. Dieselben nnd gewöhn,
lich in chinesischen Schriftzeichen auf ge
druckten Formularen ausgestellt. ES
wird auch hier von oben nach unten
und von rechts nach links geschrieben.
Einige chinesische Kaufleute in holländi
schen Besitzungen benutzen auch malayisch
oder englisch gedruckte Wechselformu
lare. Statt der Unterschrift bedient
sich der Chinese eines Chops"; ein
Stempel, der in rother Oelfarbe auf-
gedruckt wird nnd den Namen, unter
welchem die betreffende Firma geführt
wird, darstellt. Dieser Chop" wird
äußerst sorgfältig aufbewahrt, da da
mit ja sehr leicht Fälschungen von
Wechseln und Verträgen gemacht wer
den könnten.
Die chinesischen Firmen sind gewöhn
lich Kompagnie Gesellschaften. Jede
KompagnieFirma führt zwei Namen:
der erste ift der Name eines der Theil
Haber (gewöhnlich des Haupttheil
Habers) und der zweite derjenige der
Firma selbst (chop" in englischen und
tjap" in holländischen Besitzungen ge
nannt), z. B. Tschu Ha", chop
Peng Lie".
Die chinesischen Kaufleute sind sehr
emsig und begnügen sich in den meisten
Fällen mit ganz minimalen Verdien
ften. Außer fünf bis sechs Feiertagen
zum chinesischen Neujahr und zum
Makan Hantu" (Füttern des Teufels)
bleiben die Geschäfte das ganze Jahr
hindurch von 7 bis 8 Uhr Morgens bis
10 bis 11 Uhr Abends geöffnet. Einige
Angestellte übernachten gewöhnlich im
Geschäft als Wache gegen Feuersgefahr
und Diebe, die ja mit Vorliebe die
chinesischen Staditheile .aufsuchen. Mit
seinen Angestellten verkehrt der chincsi
sche Kaufmann auf recht freundschaft
lichcm Fuße und ißt in vielen Fällen
zu Mittag mit denselben an einem
und demselben Tische, der im Geschäft
aufgeschlagen wird. Die älteren An
gestellten nehmen ähnliche Stellungen
ein wie Prclnriften in europäischen Ge
ichfksbäusklN und pzrti.ipiren am
Reingewinn.
Mit den Zahlungsterinincn von For
berunc.cn und Wechseln nimmt eS der
chinesische Kaufmann nicht so genau.
ii kommt sehr ost vor. daß er um
einige Tage Aufschub bittet, welcher
ihm auch in den meisten Fällen zuge
standen wild, vorausgesetzt, bcfe er de
rcits ein alter Kunde des Gläubiger
ift. Konkurs und Ausgleich find dem
chinesischen Kaufmann auch nicht so un
bekannt, doch kommen betrügerische
Fallimente nicht ost vor. In dieser
Hinficht muß man dem chinesischen
Händler oen Vorzug vor anderen in
Ostasien handelnden nichtcuropäischcn
Kaufleuten geben.
Der chinesische Kaufmann versucht ja
bei jeder Gelegenheit, den Käufer oder
Verkäufer üdcr'S Ohr zu hauen, welcher
ostasiatischc Händler thut das aber
schließlich nicht! Solche Unverschämt
hciten, ivie sie bei KlingS, Arabern und
Malayen vorkommen, die für eine
Waare oft den dreifachen Preis ihreS
Werthes verlangen, erlaubt sich der
Chinese nicht. Im Allgemeinen ist also
der chinesische Kaufmann gewöhnlich
besser als sein Ruf und in den meisten
Fällen allen übrigen ostasiatischen Na
turhündlern vorzuziehen.
Brahms und Bruckner.
Eine köstliche Anekdote über die bei
den Musilkoriphäen weiß Dr. Ernst
Tecsey in seinen Erinnerungen an An
ton Bruckner in der Grazer Tagesp."
zu erzählen. Die beiden Kunstgrößen
standen sich ziemlich schroff gegenüber
und die beiderseitigen Freunde bemüh
ten sich lange vergebens, sie einander
näher zu bringen. Hierzu wurde daS
Gasthaus .Zum blauen Igel" in Wien,
BrahmS Stammlokal, ausersehen.
Alles klappte, erzählt Dr. Tecsey. der
große Abend rückte heran, die Span
nung auf beiden Seiten war inzwischen
auf'S Höchste gestiegen. Und richtig,
lange vor der angesetzten Stunde er
schien Bruckner beim Blauen Igel"
und ließ sich'S da alsbald gutgeschehen.
Er bestellte sich sein LieblingSgerich
Knödel und GselchteS" und, ein ge
sunder Esser, griff er tüchtig zu. Die
Zeit verging. Die festgesetzte Stunde
war länast vorüber, aber Brabms kam
noch immer nicht. Offenbar war ihm
die Sache innerlich sehr wider den Strich
gegangen. Man wartete und wurde
ein wenia verstimmt. Kndlick, Uhr
spät, öffnet sich die Thüre und BrahmS
erschien, sichtliche Verlegenheit auf dem
gerötheten Antlitz. Das Feierliche er
eianete sich aber dock: Rrucknr imh
Brahms saßen endlich an einem Tisch.
AVer wie ad die es Ver öbnunasfek
aus! Kein Mensch redete ein Wort.
Steif saßen sie Alle da: die Brahminen
auf der einen, die Brucknerianer auf
der anderen Seite. Wag sollten die
auch miteinander gemeinsam haben, die
täglich in Wort und Schrift und nicht
immer in gewühlten Worten auf einan
der loögingen? ES war eine gräßliche
Situation und die freiwilligen Arran
geure faßen enttäuscht auf ihren Stüh
len. ENAlch orach Brahms das Schwel
gen und verlangte nach der Speise
karte. Mit einer etwas ae.wunaenen
Gemüthlichkeit rief er:
.Na. woll'n wir 'mal sehen, was eS
zu essen giebt."
Er Noa die Karte durch: dISKlick
hielt er inne und sagte:
Ah. Knödel und Geselcht's? Das ift
ja mein Leibgericht, Kellner, bringen
Sie 'mal Knödel und Geselcht's!"
Da wendete fich Bruckner in ibm mit
den Worten:
..Sean's. Herr Doktor. Knödel und
G'selch'Z! Das ift der Punkt wo wir zwei
uns versteh'!"
Die Wirkung dieses Aussvruckes war
verblüffend. Man schüttelte sich vor
Lacken, das Eis war aebrocken. Und
nun ging's in einen vergnügten Abend
hinein.
Altrömischt rd.
Aus Wien wird berichtet: Die vor
einigen Wochen vom Obersten v. Grol
ler im Auftrage der Akademie der Wis-'
senschaften und des Vereins .Carnun
tum" wieder aufgenommenen Grabun
gen im Lager von Carnuntum. bei
Deutsch-Altenburg an der ungarischen
Grenze, haben zu einem überraschenden
Funde geführt. In der Nähe des im
vorigen Jahre aufgedeckten Waffen--magazinS
und der VorrathSkommer ist
nunmehr eine Bäckerei zum Vorschein
gekommen. Dieser Raum enthält zwei
Backöfen und nebst Bruchstücken fand
sich eine Reihe zwar verkohlter, sonst
aber vollständig erhaltener Brodlaibe.
Die flachen kuchenförmigen Laibe haben
einen Durchmesser von 29 bis32Zenti '
meter, was einem römischen Fuß ent
spricht. Antikes Brot war bisher nur
aus Pompeji bekannt. -
Sie itb,Sschult.
Ich hab' in der Schule der Liebe
Gar fleißige Studien gemacht.
Und hab' es zum Lesen und Schreiben
Und endlich zum Rechnen gebracht.
Erst las ich in deinen Augen,
Daß all mein Glück nur du,
Und fortan all' meine Freude
chr,eb deinem Blick ich zu. .
Ich rechnete auf deine Treues
Doch ach! ich verrechnete mich.
Seitdem verwünsch' ich das Lesen,
DaS Schreiben und Rechnen und dich.