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About Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901 | View Entire Issue (Oct. 18, 1900)
A ine azurjaad i.n iau'c. :in:uiui:g o: J!mu::o. 6 tr.t utin irn Äint.iJ vaiefen. ;.it .Welches Glück, ienrr, daß ich Euch Nkch trittt!"' i'Jit diesen in sichtlicher Sreudk aus nfruffipn Wortrn bearÜKtf Ml k'.N mir bekannter Llanero (Steppenbewoh ner). indem er den breitrandigen, aui nlnWmVrn rrpfln&lf NCI1 fUt von dem schwarzhaarigen Haupte zog. al. iA ,in,Z Abends nach sonnennnter gang in Siudad öclivar in Venezuela aus die Straße trat, um mich nach dem deutschen Club zu begeben, rro der burtstaz eincZ mir lieben Landsmanne, erfriert werden sollte. Fs ist ein (f lend!" fuhr er ärgerlich fort, und deutete auf einen in der Nahe stehenden, mit einem Maulthiere be spannten zireiraderigen Karren. .Be eilt haben ich und mein Thier uns wie nie in unserem Leben, und nun kamen wir dennoch nicht rechtzeitig an. Ter Kapitano des deutschen Schisses dort unten" er zeigte mit dem Daumen nach dem Hafen schickte mich wieder fort und meinte: ersten? sei cS heute zu spüt. die Ladung zu empfangen, und zweitens habe er auch nicht für frisches Fleisch gesorgt." , Für frischcS Fleisch?" wiederholte ich verwundert und blickte nach dem Karren, auf welchem zwei Kiften stan den. 2i, Tenor!" entgegmte der Lla ner, indem er sich über sein lcdcrsar biges. faltenreiches Geficht strich. ..Ich bringe doch die beiden Tiger (Panther artiger Jaguar) von Ton Pablo GonzaleS; ein Geschenk für Tenor F. in Teutschland." Ich erinnerte mich jetzt, daß mir der Kapitän Sch. von diesen ihm in AuS ficht gestellten Paffagieren erzählt hatte und darüber durchaus nicht sehr erbaut gewesen war. Ja, und nun. Ton Ramon Rose Maria de Rosario?" fragte ich lächelnd. Was gedenkt Ihr nun zu beginnen?" Ter Llanero schmunzelte; ich wufztc. daß man ihm leinen größeren Gefallen krweisen konnte, als wenn man ihn bei seinem vollen Namen nannte. Tann traute er sich hinter dem Ohr, und einigermaßen verlegen antwortete er: Errathet Ihr es nicht, Tenor? Ter Kapitano meinte, Ihr wäret vielleicht so freundlich, die beiden Thiere bis morgen früh in Perwahrung zu nch rnen'." Meinetwegen!" erwiderte ich bereit williger, oS ich es wohl gethan haben würde, w ni ich nicht an meine auf mich wartenden Landsleute im Klub gedacht hätte. Ton Ramon war mir äußerst dank bar. Er rief einige vorübergehende Neger heran, und mit deren Hilfe wur den die zwei Kisten, welche vermittelst eines EittcrS vor der vorderen Oeff nung in Käfige verwandelt waren, in den geräumigen, von einer Säulen gallerie umgebenen Hof meines Hauses gestellt. Hinter diesem lag, durch eine Thür getrennt, ein halbdunkler, wink liger Raum, von dem eine Treppe nach meiner Wohnung führte, und an wel chen abermals ein Hof grenzte, der zum Lagerplatz von eisernen Kesseln, alten Tonnen. Kisten und allerlei sonstigem Gerümpel diente. Während sich der eine Jaguar bei dem Transporte vom Karren nach dem Hof ruhig verhielt, gedcrbete sich der andere wie toll, und tue Leute hatten ihre Mühe, den verhältnißmäßig leich ten Käsig zu halten: das Thier fauchte, heulte, schlug mit den breiten Tatzen izegen das Gitter und warf sich von einer Seite zur anderen. Don Pablo Gonzales fing ihn in einer Grube." sagte der Llanero zu den weidlich scheltenden Negern, als der Käfig glücklich auf seinen Platz gerückt war. Es ist eine rasende alte Bestie, und außerdem ist sein Magen äugen dlicklich so leer wie meine Tasche. Heute Morgen, als die Sonne aufging, gab ich ihm sein letztes Futter." Zum Henker! Und bis morgen früh soll das Thier wciterhungern?" rief ich nicht ohne Mitleid. .Schadet ihm nichts. Senor," ver setzte Ton Ramon de Rosario gelaffen. Hunger macht ein Thier in der Ge fangenschaft zahm. Eine andere Sache ist es damit in der Freiheit; dann ist mit einer solchen Kreatur nicht zu spaßen." Nachdem ich die Hausthür verschlos fen und mir der Llanero unter noch maligem Danke versprochen hatte, die Thiere früh am nächsten Tage abholen zu wollen und dann gleich eine tüchtige Portion Fleisch mitzubringen, trennten wir uns. Um die bei frohen Festen erwünschte, möglichst gehobene Stimmung auch bei seinen Gästen hervorzurufen, datte mein Landsmann im Club sehr reichlich für Getränk gesorgt. Rum. Cognac und Selterswaffer standen in Ermanglung von Eis in nach tropischen Begriffen abgekühltem Wasser, und auf dem über dachten Balkon hing an einer Leine, von einer den Fluß herauf wehenden frischen Brise hin- und hergeschaukelt, in naffen Strümpfen eine Anzahl ge füllt Bierflaschen. Der nöthige Durft war bei uns vor Handen, und schon bald waren wir sämmtlich so recht seelcnvergnügt, wie eS nur junge Leute sein können, die erst im Begriffe stehen, sich mit dem Ernst deS Lebens vertraut zu machen. Spät in der Nacht erst brachen wir auf. !Mcfc:eif von ur.S in der 'cligften Laune !:id bedenklicher (e'ehr. die Wirkung j&sr Ncturae'cfes bei ?.nj;cljunfi5!raf! ider Eide zu erproben. Insgesammt . . .e.... , x ...4i irüiDf ras vcuiiiwji9...u " i uu 1 geleitet: dann wandle nch Jeder in der Vorahnung eines mehr oder minder schweren KatzenjamnerS keiner eigenen Klause zu. Tie Prüfung. ob mein nfolee des fast gerade über mir stehenden Monde nur als ovaler Flecken erscheinender Schatten noch genau den in der Straße durch die Sauinsteine gebildeten Strich innezuhalten vermochte, siel zu meiner Zukrikdendelt aus. als das lang ge debnte ebeul eines HundeS mein Ohr traf. Tiefer Laut erinnerte mich an die beiden Jaguare, welche heute gewif sermaßen unter einem Tache mit mir hausten. Zum Hen!er! Wenn die Thiere nun ihren hungrigen Gefühlen durch Klagelieder Ausdruck verlieben? Tann war an schlaf nicht zu denlen: hinderte mich doch oft schon am Ein schlafen das leiie Singen eines Moski tos. Und ich bemerkte eö. wie Blei lag eS mir in den Gliedern, bitter nöthig hatte ich einige Stunden in Morpheus Armen! Aergerlich. so bereitwillig meine Erlaubniß zu der unangeneh men Einquartirung gegeben zu haben. beschleunigte ich meine Schritte, und nach wenigen Minuten hatte ich mein Ziel erreicht. In der bestimmten Erwartung, von einem Eonzerte. ähnlich dem in einer Menagerie vor der Fütterung, empsan gen zu werden, betrat ich den Hof. Kein Laut regte Nch. Ich ging zu den Käfigen. Still lag der eine Jaguar in der kleinen Ecke seines Kerkers, wenigstens durfte ich es vermuthen, da mir aus derselben zwei glänzende Augen entgegenleuchteten. Ohne Frage das zahme Thier." dachte ich. Es fauchte nicht einmal, als ich mit der Hand seinen Käsig be rührte. Und der andere Jaguar? Ich hatte die Empsindunz, als göffe mir Jemand an emem unserer kalten Wintertage ein Glas eisiges Waffer in den Nacken. Tie in dem Gitter des zweiten Kasigs befindliche Thür stand offen, und die rasende alte Bestie, wie Ton Ramon de Rosario den Jaguar genannt hatte, war entflohen. Mich hastig umwendend, hatte ich die Säulengallerie mit einem Blicke über- schaut. Sie war leer bis auf eine große Kiste, einen Tisch und eine darüber baumelnde Hängematte, die bis vor Kurzem von einem wegen zu großer Liebhabern für fremdes Eigenthum entlassenen Knecht als Äachtlager be nutzt worden war. Tie Bestie mußte sich demnach in die hintkren Räume be geben haben. In einigen Sätzen, die jedem Tur ner Ehre gemacht hätten, befand ich mich an der jene vom Hof trennenden offenen Thür und schlug diese zu Ah! das Gefühl der unfreiwilligen kalten Touche verließ mich, obgleich mir doch noch ein gelinder Schauer durch Mark und Bein rann. Was war nun zu thun? Wenn ich das über das ganze Gebäude reichende flache Tach erkletterte und von dort in meine Wohnung zu gelangen versuchte? Aber konnte es nicht sehr crut denkbar sein, daß da Raubtdier die Treppe hin aufgestiegen war und mir in meinen Gemächern, deren Thüren ich ver trauensfelig immer offen ließ, entge gentrat? TaS war also nichts. Viel leicht ließen sich die nach vorn im Hause gelegenen Verkaufsräume erbrechen: dort lagerten Waffen und Schlußbedarf. Aus der Hängematte über dem Tische vermochte ich dann, nachdem ich die Hofthür wieder geöffnet hatte, den viel leicht zu feinem Stammesgenoffcn zu rückkchrenden Jaguar mit sicherem Schuß zu tödtcn. Auch das war ein erfolgloses Unternehmen, zu dem es mir vor allen Tingen an Werkzeugen und.Geschick eines in feinem Fache tüch tigen Einbrechers oder Schloffers man gelte. Sollte ich irgend einen meiner Landsleute aufsuchen und mir von ihm Rath und Hilfe in meiner peinlichen Lage erbitten? soweit ich mich erin ncrte, schliefen Alle in den nach hinten gelegenen Räumen der verschiedenen Häuser, und ein Aufwecker der beson ders heute nach der Geburtstagsfeier doppelt fest Schlummernden war mehr als unwahrscheinlich. Ich mußte also auch diesen Plan als unausführbar ver werfen, und so erging eS mir gleich falls mit mehreren anderen, die ich er sann. Stimmen auf der Straße erweckten mich aus meinem Grübeln. Ich sah nach der Uhr. Es fehlten wenige Mi nuten an der dritten Stunde nach Mit ternacht. Tie Stimmen rührten also jedenfalls von den Schlächtern her, welche ihre in der Hitze rasch verderbende Waare, die bis zehn Uhr Morgens der kauft sein mußte, widrigenfalls sie von der Polizei beschlagnahmt und den Zu muros, den großen, schwarzen Aas geiern, als Speise vorgeworfen wurde, auf dem Rücken einer Anzahl Esel zu Markte brachten. Halt! Die mußten mir helfen. Mit ihnen vermochte ich die entsprungene Bestie vielleicht wieder in ihren Käsig zu treiben. Rasch eilte ich vor das HauS. Eh, Caballeros!" rief ich den bereits vorübergezogenen Schlächtern nach und als sie 'sich mir neugierig zuwandten, fuhr ich fort: Ihr könntet mir einen großen Gefallen crwei'cn. wenn ihr mir etwas von eurer allerdings kostbaren Zeit opfern wolltet." Tie Leute txmtijicn nch f.! stimmend und waren augcn'che:n!ich gekannt, Weiteres von mir zu hören. In wenigen Werten theilte ich ihnen mit. was sich ereignet kjanc. ..Ihr seid eurer fünf, und jeder von euch hat einen derben Knittel. Vereint dringen wi in den hinteren Hcf und " Nicht für vieles Geld." unterbrach mich einer der dunkelfarbigen, darfußi- gen Männer, der, wie seine Genonen. ein an der Brust geöffnetes Trillichhemd und Beinkleider von gleichem Stoffe trug haftig, in dem er den brcitrand: gen Palmenfaserhut verlegen von einer cnte zur andern rückte. Nein, eenor, das in nichts tur unS. In jeder anderen Weise stehen wir gern zu Eurer Verfügung." Ihr. die ihr ohne Zagen dem wil besten Stiere zu Leibe geht, fürchtet euch doch nicht etwa?" fragte ich mit leisem Spott. Als äußerst verwegene Leute galten die Schlächter in der ctadt; dennoch machten sie also keine Aus nähme von den Bewohnern der Ort schaften und Städte Venezuelas, welche eine ungemein heftige Furcht vor dem pantherartigen Raudthiere ihres Landes hegen. Fürchten? No, Senor!" erwiderte einer der Leute gezwungen auflachend. Aber von dem, waZ ein Mensch nicht kennt, soll er die Hand lasien." Tie Männer grüßten höflich und schickten sich an, ihren Weg fortzusetzen. Wartet einen Augenblick und ver kauft mir wenigstens etwas Ilei'ch," sagte ich ärgerlich. Mit vielem Vergnügen!" war die Antwort; und bereitwillig wurde mein Wunsch erfüllt. Für einige Realen er hielt ich sehr reichlich, vermuthlich, um mich für die abgeschlagene Bitte zu ent- schädigen. Mißmuthiz kehrte ich nach dem Hofe zurück. Dort siel mein Blick auf die große Kiste m der Ecke der Üulen Gallerie, und ein kühner Gedanke schoß mir durch den Kopf. Lebhaft gedachte ich der Zeit, wo ich als Knabe vermit telst einer aus einem Siebe Hergestell ten Falle Spatzen gefangen hatte. Konnte ich hier nicht ähnlich verfahren? Ter Versuch mußte wenigstens gemacht werden, und nachdem ich das größte Stück Fleisch zurückgelegt und den Rest dem in seiner Behausung gebliebenen Jaguar verabreicht hatte, der sich gierig auf die langentbchrte Nahrung stürzte, ging ich mit Eifer an das Werk. Tie Kiste, welche zum Glück leer war, ian tete ich etwa bis in die Mitte des Hofes und stülpte sie dort über das zurückge legte Fleisch. Nachdem ich dann ein Stück Holz, an dessen einer Seite ich einen nach längeren Suchen gefundenen Strick befestigte, derartig als Stütze unter die halbaufgerichtcte Kiste gestellt hatte, daß die Bestie bequem unter dieselbe schlüpfen konnte, um zu der ihr gewiß gleichfalls willkommenen Speise zu gelangen, war meine Falle fertig. Hurtig öffnete ich jetzt die nach den hinteren Räumen führende Hofthür wieder, worauf ich mich, das Ende des Strickes in der Hand, mit affenartiger Geschwindigkeit in der Hängematte über dem Tische in Sicherheit brachte. Wohl ! Nun kann das Vieh kom- men!" murmelte ich, nicht wenig stolz auf meine kühne Idee, und' gab meinem Körper eine möglichst behag liche Lage. Wer ichon einmal auf dem Anstand. die Büchse in der Hand und jeden Au genblick zum Schuß bereit, gewesen ist. kennt die durch die gespannteste Auf mertsamkeit hervorgerufene Nerven- reizung, welche sich jetzt meiner mehr und mehr bemächtigte. Tazu kam das mir in Folge der im Club genossenen heiteren Stunden doch etwas drum mende Haupt. Ich glaubte Geräusche zu hören, die gar nicht vorhanden waren, und meine Augen bezeigten eine bedeutende Emp änglichkeit für allerlei optische Täuschungen. Bald hörte ich den flüchtig gewordenen Jaguar knur ren und fauchen, bald sah ich ihn in dem vom Monde nicht beschienenen dunklen Theile der Gallerie dahin schleichen. so verrann nach meiner Ansicht eine Ewigkeit, ohne daß ich thatsächlich etwas von meinem Jagdodjckt gewahr wurde. Die Gewohnheit dämpfte' nach und nach die Erregung in mir, und mehrfach er tappte ich mich dabei, daß ich nahe daran gewesen war, in das Reich der Träume zu versinken. Zudem mußte ich wohl der Versuchung unterlegen sein, denn plötzlich schreckte ich ohne eine mir bewußte Ursache heftig auf; doch nun hörte ich unter mir ein leises Ge räusch. Vorsichtig blickte ich über den Rand der Hängematte, und da sah ich wirklich den Jaguar. Gähnend und mir dabei eine Reihe prächtiger Zähne zeigend, rieb er sich die rechte Flanke an einem der Tischbeine, während er nach der Mitte des Hofes schaute. Die dort aufgestellte Falle schien durchaus keinen vertrauenerweckenden Eindruck auf ihn zu machen, trotzdem er bei seinem scharf ausgeprägten Geruchs sinn das als Köder ausgelegte Fleisch wittern mußte. Langsam verließ er seinen Platz, und in einem weiten Bogen schlich er um die Kiste herum. Vor dem Käsige seines Genossen blieb er stehen, und sich stolz emporrichtend, maß er diesen anscheinend mit Verach- tung. Dann wandte er den Kopf wie der nach der Kiste, und incin fora begann frohlockend zu schlagen näherte sich derselben zögernd. Wie unendlich viele Enttäuschungen werden denjenigen Menschen erspart, welche stets alles mit fischblütiger Ruhe an sich herankommen 'chen. und denen Gefühle der Honung, sowie mit der selben verwandte Empfindunzen fremd sind. Ich gehöre nicht zu diesen Men schcn, und die Folge war. daß mir einige draußen in der Straße vorüber wandernde, laut schwatzende und lachende Weiber einen Find) aus die Lippen drängten. Ter Jaguar war durch die ihn an 'eine Feinde erinnern den Töne in seinen Absichten gestört worden und vom Hcfc verschwunden. Nachdem ich mich eine Weile durch weiblichen Aergcr an meiner Gesundheit gk'chabigt hatte, stellte sich allmalig bei mir die Rübe wieder ein, und beschämt gestand ich mir. wie thöricht mein Wroll im Grunde genommen war. Hatte ich schon einmal während der verschiedenen Jahre, welche ich in den Tropen weilte, bei den unteren Schichten des tcmpera menlvollen. heißblütigen Volkes Weiber gesehen, die. sobald sie bei einander waren, nicht schwatzten, lachten, oder sich zankten ? Und war es nicht ihr Recht, so gut wie das jedes Änderen, an meinem Hause vorüberzugehen? Abermals verrann eine lange Zeit. Ter Mond war mittlerweile mehr und mehr nach Westen gerückt, und dunkle Schatten hüllten jetzt die Seite dcr Gal lerie ein, wo ich auf der Lauer lag. Vergeblich versuchte ich. den Stand der Zeiger auf meiner Uhr zu erkennen: nach meiner Berechnung tonnte der Tag unmöglich fern sein, und durch die mir von den schwatzenden Weibern bereitete Enttäuschung bezügliche meiner Hoff nungen scheuer geworden, .wcr ich be müht, mich lieber an den Gedanken der für mich allerdings sehr traurigen, aber wahrscheinlichen Aussicht zu gewöhnen, daß meine mit so großer Zuversicht auf gestellte Kiste keine Gelegenheit haben werde, den ihr zugedachten Zweck zu er füllen. -chon begann ich mich zu fügen, da erschien der Jaguar wieder in der Hof thür, und dieses Mal steuerte er direkt auf meine Falle zu. Schreckenhaft langsam kroch er weiter. Mieder und wieder legte er, innehaltend, den drei ten Kopf auf die mächtigen Vorder tatzcn, während sein langer Schweif seine Flanke und den Boden peitschte. Ein dumpfes Röcheln aus dem halbge öffneten Rachen verkündete inir seinen Hunger, die Gier nach dem Fleische. Immer mehr näherte er sich der Kiste. Mein Herz pochte hörbar in banger Er Wartung. Wie des Thieres Augen das Fleisch, so verschlangen die meinigen das vorwärts kriechende Thier; trampf haft umspannten meine Finger den strick in meiner Rechten. Jetzt cm Ruck! Polternd sicl die Falle zu. Hurrah! Ter Jaguar war gefangen! Mit einem -atze war ich aus der Hängematte. In demselben Augen blicke erhob der Jaguar ein marker schütterndes Geheul, in das der Genosse im Käsig brüderlich einstimmte Zu- gleich hüpfte die ihn umschließende höl zerne Hülle förmlich auf dem Hofe um her und drohte jeden Augenblick umzu- schlagen. Ohne Besinnen stürzte ich darauf zu. und in der nächsten Sekunde belasteten meine hundcrtundsünfzig Pfund Kör Pergewicht die Kiste, welche sich nun nicht mehr vom Fleck rührte, obgleich sichldie Bestie unter andauerndem Ge heul und wüthendem Knurren die red lichste Mühe gab. die tanzenden Be- wegungen fortzusetzen. stolz aus meinen Erfolg, thronte ich wie ein Sultan mit aekreuzten Beinen auf meinem erhöhten Sibe. Tas war noch ein Jagdabenteuer, wie es so leicht keinem Anderen geboten wurde und in den lebhaftesten Farben malte ich mir die verwunderten und auch wohl neidi schen Gesichter meiner Freunde aus. die, wie ich. dem Wilde zu Wasser und zu Lande mit Leidenschaft nachstellten, wenn ich ihnen triumphirend mein Er lcbniß erzählte und durch Zeugen zu beweisen vermochte, daß es nicht in die Rubrik der sogenannten Jagdschichten gehörte. ' '- ' Durch Zeugen? Meine Freude erhielt einen jähen Tämpfcr. denn mir fiel ein. daß ich den Schlüssel zu der Thür nach der Straße allein besaß und ihn, seitdem der diebische Knecht entlassen war, in der Tasche hatte. Niemand konnte zu mir herein. Verließ ich mei nen Sitz, um aufzuschließen, so benutzte der Gefangene, welcher sein erfolgloses Bemühen einzusehen und sich zu beruhi gen begann, jedenfalls die günstige Ge legenheit, um die Kiste umzustürzen, und dann gebrauchte ich keine Zeugen mehr. Tie Lage, in der ich mich jetzt befand, erschien mir weit unangenehmer, als diejenige, in welcher ich mich bei der Entdeckung der Flucht der unter mir noch immer grimmig knurrenden Bestie befunden hatte, und vergeblich sann ich, mein müdes Hirn zermarternd, in dem sich nun auch die ersten Anzeichen eines beginnenden Katzenjammers geltend machten, auf einen Augweg. Am Himmel schössen jetzt im Osten die den baldigen Aufgang der Sonne gewöbnlich verkündenden feurigen Strahlen empor. Tie Sterne erblaß ten. Zusehends wurde es heller. Was thun? Ich sann und sann, ohne einen Ausweg aus dieser Klemme zu sindcn. Toch. was war das? Täuschte sich mein Ohr? Ich vernahm das Knarren der nach der Straße führenden Thür Wetter! Tas Unbehagen der letzten hol den Stunde hätte ich mir ersparen kün nen, denn sehr unwahrscheinlich war es nicht, daß ich, als ich von den z,:ruc.:ehrlc, d:e igur 1:1 meinem ;1c nicht w'.cker rcrilccn Patte. Und io war 5. Mit einem großen -tucke Fleisch unier jedem Arm betrat Ton Ramon de Äcfario den Hof und ging, ein Liebchen rfeifcnt, nach den Kargen. Ha. elende ceuie: riet cr er schrocken, als er den einen Käfig leer sah Jkt bemerkte er. sich umwendend mich, und mit vollständig Verständniß losem Gesichte r.rric er mich an. Senor! Ter Tiger ist fort! Wo mag er geblieben ?e:n k" stotterte er. ..Ich sitze aus ihm." gab ich gleich müthig zurück, und labte mich so recht an der staunenden und überraschten Miene des llanero-. Wie ist das möglich. Senor?" rie er und trat ungläubig mit dem Fuße gegen die Kiste. Ein wüthendes ichcul unter derselben überzeugte ihn von der Wahrheit meiner Behauptung Earamdo. Senor! Ich will mich ohne Widerrede düngen lassen, wenn ich ahne, wie die Bestie dahin gekommen ist." Ah. wahrhastig. Senor. in Euch steckt ein Held." erwiderte Ton Ramon schmunzend. als ich meinen Bericht be endet hatte. Tankend verbeugte ich mich für das Kompliment. ..Nun heißt es aber, den Jaguar wieder in den Käfig schaffen." tagte ich. . Ter Landmann kraute sich hinter dem Ohr und schaute abwechselnd von der Kiste nach dem Käsig. Sie. Senor! Ihr habt Recht, aber " Ich habe eine Idee, deren mögliche Ausführung sich aderdings erst durch die Praxis erweisen muß," unterbrach ich ihn. hch bat ihn nun, aus dem hinteren Hofe einige alle eiserne Kessel herbeizuholen, und mit diesen beschwerte ich statt meiner die Kiste: dann stellte ich an den beiden längeren Seiten dersel den aus Kesseln und Brettern Wände her und rückte vor eine der kürzeren -kiten den leeren Käsig. ..Ha. jetzt verstehe ich. was ihr be- absichtigt, Senor." lachte der Llanero; aber na! Wenn die Bestie nicht gut willig geht, zwinge ich sie, so wahr ich Ramon Jose Maria de Rosario heiße Er schüttelte seine markigen Arme. eyuram hoden nur die Kitte an der Seite, wo der Käfig stand. Voll Wuth fuhr der Jaguar mit dem Kopfe hervor; er zog sich jedoch sofort wieder zurück. Beides wiederholte er mehrere Male. Seht Ihr. Senor? Ich dachte es mir." sagte Ton Ramon und reckte seine breiten Schultern. Tie Bestie will nicht: aber Earamba! sie soll! Tie erste ist eS nicht, welche mit meinen Fäusten Bekanntschaft macht." Rasch krempelte er sich die Acrmel seines Hemdes auf. Adelante! (Vorwärts!) Hebt allein, Senor, damit ich die Hände frei behalte." Mit blitzenden Augen beugte cr sich über den schmalen Raum zwischen Kiste und Käsig. Ich kam seinem Wunsche nach Kaum fuhr der Jaguar wieder mit dem Kopfe hervor, da hatte ihn der Llancr auch schon fest im Nacken ge packt, gleichzeitig versetzte er der Kiste einen Tritt, daß sie zur Seite fiel, dann faßte er im Nu das flach auf dem Boden gedrückte Thier mit der Linken in das Fell dicht am Schwänze, und bevor es sich von seiner Ueberraschung erholte, hatte er es in den Käsig geschleudert, sowie dessen Thüre zugeschlagen und verriegelt. Mit beiden Tatzen, aus denen die großen, spitzen Krallen weit hcrvortra ten, stemmte sich der Jaguar, jetzt feiner abermaligen Gefangenschaft sich bewußt, gegen das Gitter. Seine unheimlich glänzenden Augen schienen Funken zu sprühen, und aus seinem weit geöff neten. blutrothen Rachen drang ein derartig grauenerregendes Geheul, daß ich unwillkürlich schaudernd zurückwich. Ton Ramon warf den zweiten Käsig mit einem Ruck herum und stellte dessen Gitter gegen das des Käfigs mit dem vor maßloser Wuth rasenden Thiere. Nun beult euch gegenseitig an, ihr Bestien, wenn es euch beliebt," sagte er und rieb mit der Rückseite der Hand den schmeiß von der tirn. Ich bin warm dabei geworden, und" er lächelte verschmitzt falls Ihr mir jetzt einen Schluck Rum anbötet, würde ich Euch nicht durch eine abschlägige Antwort kränken." Es wird mir ein ganz besonderes Vergnügen sein, Ton Ramon Jose Maria de Rosario: kommt!" lachte ich, und auf meinem Zimmer kredenzte ich ihm den gewünschten Labetrunk zur Auffrischung seiner Lebensgeister. Tann wurden die Käsige, nachdem deren Gitter mit Sackleinewand ver hängt waren, da der eingesponnene Flüchtling sich noch immer nicht be ruhigen wollte, durch die mittlerweile zur Arbeit eingetroffencn Neger auf den vor der Thür haltenden Karren ge laden. Vorwärts, meine Thiere!" rief Ton Ramon, und das Gefährt fetzte sich in Bewegung. Auf Wiedersehen. Senor! Nehmt es mir nicht übel, daß Ihr durch meine Vcranlaffung Eure Nachtruhe einbüßtet: der Henker konnte ahnen, daß der Tiger auSbrechcn würde. Ea ramba! Das ist eine rasende alte Bestie!" Leider starb der jüngere Jaguar auf der Reise. Wie mir Kapitän Sch. später mittheilte, hatte die Mannschaft das wie eine Katze zabiue Thier frei aus Tcck herumlaufen lancu, und bei dieser Tchlach'.ern Gelegenheit verzehrte es die tdranice Flosse eine- ge'chosseiien Schweine fiiches welche wahrscheinlich eine Vic.-. gcnslörung bei ihm verursachte, an der es seinen Tod fand. Tie rasende alle Bestie" aber gelangte glücklich nach Deutschland in den Besitz de Herrn F.. welcher sie einem zoologischen Garten überlicserte. Später halte ich in den Zropen die Freude, mit Hülse eines Freundes und einer Anzahl für solche Zwecke adgerich teker Hunde einen Jaguar in seinem Raudrevicr auszusuchen und zu erlegen: aufrichtig bekenne ich jedoch, daß. so interessant mir jenes Jagdabenleuer war, ich mich mit fast noch größerem Veranüaen der aauariaad in meine'-. eigenen Hause erinnerte. Der erste Erfolg. 'r'okk aus dem edeii der 2 a x a ? e r ,i h a r d . Vicrunddrcißia Satire ift's der. Jahre 18tki war'eö, daß der Bühne:: schriststeller Tuqnesncl gemeinschaftlich mit dem Schauspieler Chilly die Lei tung des Pariser Odeontheatcrs über-. nahm. Tliqucsncl fahndete nach einer 1 jugendlichen Liebhaberin, und als er eines Tages dem Tramatikcr Theodor Barriere begegnete, fragte er ihn, cd es ricktia sei. dak in seinem stü5e IXnnon du jeu" am Gomiiasetheatir ein sungcs Mädchen Namens Sarah Bernhardt gespielt habe, dem man einige Begabungen nachrühme. Barriere antwor cte äroerlick: 'a. ja, ich kenne sie, eine dürre Person, die wie ein Tragonersäbel aussieht, bleich wie ein Briefpapier. Auaen au? Vor- zcllan, eine Roßhaar Perrücke, eine stimme wie eine Robrpfeife. Sie ist ruhelos und fährt ewig von einem Ort zum andern." Tas Günstige, was Barriere an ihr zu rübmen nnikte. war. sie sei jung und habe noch alle zweiunddrcißig Zähne, was man nicht von jeder jugendlichen Liebhaberin be- Häupten könne. Tuquesnel wollte die iunae Schau-' spielerin. für die ihn irgend eine diinllr Ahnung einnahm, doch aufsuchen; er schrieb daher an die Bernhardt und bat sie um eine Zusammenkunft. Bald darauf meldete ihm eines Vormittags feine Haushälterin, daß eine Chi ncsin ihn zu sprechen wünsche. Was nun eintrat war in der That eine ..Cbi- ncsin" Sarah Bernhardt. Sie trug eine Blouse aus hellfarbigem, mit chinesischen Buchstaben besticktem Crepe de Chine", an dem Gürtel einen Fc dcrfächcr, auf dem Kopfe ein Strohdach mit kleinen Schellen, die bei jeder Be wegung hin und hcrbimmelten. Tuaucsncl errieth, wc ck geniale Begabung in dem Mädchen stecke und beschloß, es mit allen Kräften zu sör dern. Tagegen gefiel sie Chilly, dem Com pagnon Tuquesncls gar nicht. Er wurde durch ihre Magerkeit abgeschreckt und ihr Organ klang ihm zu schrill. Um Tuauesncl aefällia zu sein, willigte er trotzdem ein. daß sie mit einer Me nalsgage von hundert Francs engagirt werde, daß er sich jedoch das Recht wahre, die Verbindung nach Ablauf des ersten Monats zu lösen, wenn die Neucngagirtc sich als unbrauchbar cr- weile. Tie Bernhardt aina aus alle diese Bedingungen ein; lachend erklärte sie uqucsnet, es sei ihr um eine gute Rolle zu thun, nicht aber um ein paar Francs mehr. So debutirte sie denn am Napolconstage, am 15. August 1866, und zwar als Arricie in Racine's ..Pbadra" und als svlvia in "Le jeux de l'Arnour et du Hasard." Lektcrc Rolle Pakte ibr docb nickt, da: i hatte die Schneiderin ihr ein geradezu lächerliches Costüm geliefert, und so erklärte Direktor Chilly schon nach dieser einen Vorstellung, er werde von keinem Kundiqungsrechte Gcbraucb machen. Tuauesncl, der von der unaewöbn- lichcn Begabung der jungen Schau- Spielerin fest überzeugt war, schlug sei- nem Compagnon vor, er möge den Vertrag nicht lösen, sondern ihr bis auf weiteres die monatlichen hundert Francs auf seine eiaene Rechnuno be- zahlen, aber ohne daß sie das Geheim- niL dieser Abmachung erfahre. Endlic im ,bruar 1808 batte die Bernhardt den ersten aroßcn Erkola. Am Odeontheater wurde Kean" von Alexander Dumas (dem Vater) qege- den. Da aber kurz vorher ..Run Blas" von Victor Huao verboten worden war. wollte das Publikum, um zu demon- ttriren, Kean" nicht anhören. Als Sarah Bernhardt, die in letzterem Stücke eine Hauptrolle inne hatte, die Bühne betrat, wurde sie mit einem G heul empfangen, aber bald änderte sich die Sachlage. Durch den Wohlllang ihrer Rede bändigte sie die lärmenden Zuschauer und der Abend endigte mit einem Triumph für die Künstlerin. Direktor Chillu ließ freiwillig fcii,ri Compagnon zurückerstatten, was dieser als Gage für Sarah ausaeoeben baite und erhöhte die Bezüge der' Bernhardt aus Kranes per Monat. seitdem hat die Künstlerin einen Aufflug genommen, den die Leser ken- nen. Aber ohne Tuquesnel wäre sie vielleicht in jene Obscuritüt versunken, in der ,o viele künstlerische Bcaabuneen zu Grunde gehen. Die Thrän, n der Frau trocknet mcn nicht mit Taschentüchern.-sondern m,t kidenen Kleidern.