IHM, 1 ! t . tludj ein Gesetzbuch. J;ne ttnt '4i4tt von ,ianf Xcr.atu. jS ut ichon lange her odl über fTbzig Jahre Um zu der Zeit. alZ ti in Teutfchland nach den Freiheit? kriegen noch solide und einfach herging; oie peinige Kultur hatte die Menschen noch nicht Überbildet machen können, weil sie selbst nur bei vornehmen, und vielgereiften Leuten zu finden war. Eisenbahnen. GaZ. elektrische; Licht. Bacillen. HypnotiZmuZ. Hugiene und dergl. waren für unsere LandZleute noch ganz unbekannte Tinge. und ob . solche jemals erfunden odr entdeckt werden konnten, darüber zerbrach sich Niemand den Kopf. Jeder guit, Bür ger lebte nach damaligem Recht und Brauch achtbar und fleißig fort. Er hatte genug an einem kleinen Klatsch " mit seinen Nachbarn, etwa? Kanne giefzern im Brauhaus, und seiner sonn täglichen Andacht in der Kirche. Wenn Berlin, die Hauptstadt deS preußischen Königreichs, noch damals nur von der Sorte der heutigen Klein städte war. was konnte man denn von Plümhausen verlangen. daZ im fernen Osten liegend erst vor wenigen Jahren euS einem Marktflecken zu dem Range eines Städtchen? erhoben war. denn eS zählte bereits zweitausend Einwohner, besaß aber nun schon einen Bürgermei ster, einen Kanzclisten, einen Schreiber jungen, einen Polizeiwachtmcister und einen Nachtwächter. Gewiß eine sehr ansehnliche Behörde, wenn man sie ge nat bei Licht betrachtet, und noch be deutender, wenn man sie durch die Brille der unterthänigen Einwohner schaft besah; dafür haben wir Leute der Neuzeit über kein richtige? Berftändmß mehr, und so muß ich mich wohl oder übel willig finden lassen, eS meinen Lesers anschaulich zu machen, wie eS damals zuging. ' 1 Der Herr Bürgermeister und seine Gattin, nebft fünf reizenden Töchtern, welche wegen Mangel an Herren bekanntschaft noch alle unvermählt waren, standen so unantastbar und er haben da, daß auch ich mir nicht erlau den will, über seine werthe Familie nähere Berichte zu geben, und über seine Gestrengen selbst schon gar nickt, denn solcher ist stets weise, achtbar und tadellos bis zum Aeußersten, das mutz Jedem genügen. Bon dem Titel Büttel oder Polizeiwachtmeister" habe ich aber eine so große Scheu, daß ich mich an seine Person garnicht heran wage: Schreiberlehrlinge ohne beson dere Vergangenheit und mit fraglicher Zukunft sind wiederum so unbedeutende Individuen, daß sie unser Interesse garnicht erregen, also bleibt mir nur der Kanzelist Herr Martin Peter Ese lein, den ich mir auS dem großen Colle gium deS StadtvorstandeS herausgreife, um etwas über ihn zu berichten. Er war ein Junggeselle vom reinsten Was ser. über fünfzig Jahre alt. häßlich wie die Nacht und mager zum Erbarmen . . . aber klug! ja, man flüsterte sich zu Plümhausen heimlich in das Ohr, daß er klüger wäre als feine Gestrengen, der Herr Bürgermeister selbst. Er hatte mit größester Devotion so manchen Vor schlag zur Verbesserung städtischer Ver hältnisse gemacht. natürlich ganz im Geheimen die Vorschläge wurden ausgeführt, und wie eS immer so war und ist. daS Oberhaupt der Stadt ein pfing die Deputation der dankbaren Bürger und nahm ihren tiefgefühlten Tank für Obiges huldvollst an. Aber freilich, damit erzähle ich den Lesern garnichtS Neues. Vergehen oder Miß griffe werden immer an den Allerunter sten gerügt, und Ovationen nur den Alleroberften gebracht. Unser Kanzelist hatte damals zwölf Thaler monatlich Gehalt, eine Stube in dem alten Amtsgebäude Und zwei Klafter Brennholz pro Jahr; eS war nicht viel, aber in jener Zeit konnte ein einzelner Mann damit brillant auslotn men. Was brauchte er auch piel? Zwei Anzüge befaß er ja; einen, der erst sechs Jahre alt war, und einen, dessen Alter r nicht mehr genau nachrechnen konnte, aber für die Kanzlei war er noch sehr gut. Die Kunst. Kleider so lange zu benutzen, bestand aber darin, daß er sie nicht entzwei bürstete oder klopfte, son dern daß er sie hübsch in vollem Luft zuge auf dem Hofe hin und her schwenkte, damit der Staub entwich, und sie dann auf einem Tische sanft mit einem Wollläppchen nach dem-Strich deS Tuches leise reibend, von jedem Fleckchen befreite. Bei dem Speisen und zu Hause trug er ein Wamms von grauem Baumwollenzeug und am Schreibtisch einen Brustfchoner von schwarzem Wachstuch und ' ebensolche Ueberärmel. DaS Essen selbst machte ihm keine Sorgen, denn einmal atz er im Gast hauS etwas warme Suppe mit Fleisch darin und drei Mal trank er dann zu Hause Kutscherbier zu einer Brodschnitte ohne Butter, aber etwa? scharfen Käse darauf. Und wie billig watn damals die Lebensmittel. Kein Wunder also, datz bei solchem Gehalt und bei einer Aufbesserung bis auf achtzehn Thaler monatlich unserm Peter Eselein sogar noch der Gedanke an eine Heirath in den Sinn kam, denn eS war doch im Win ter zu einsam in dem alten Amtshause. und eine kleine Küche liefe sich in jenem dunklen Winkel wohl noch anlegen, wo der mächtige, alte Schornstein seinen Platz hatte, um die Massen Ruß. von denen wir heute keinen Begriff mehr -chaben. in sich aufzunehmen. Eine große Kammer, drei Treppen Du Soirafag$pl . Jahrgang 2!. hoch, stand auch noch leer und war zu haben, und aus drei Püken läßt sich schon eine Familienmohnung machen, wenn man o bescheiden ist wie früher und nicht verlangt, daß alle drei Räume in derselben Etage liegen sollen. WaS macht das auch bei einer jungen Frau aus? Junge Frau hatte Peter extra betont, und zwar ganz laut im Selbstgespräch bei seinem ein samen Mittagsmahl; man nennt auchl eine neugebackene Frau, glelchv wel chen Alters, junge Frau, aber als er so stmulirte, fand er es doch für alle Fälle besser, der wirtlichen Jugend den Vor zug zu geben, umsomehr als die Männer das Vorrecht der Wahl haben. Hübsch, frisch, gehorsam, demüthig, lenksam und arbeitsam. . , . find da? aber wirk lich schon alle Tugenden, welche seine zukünftige Ehehälfte haben mußte? ei treu? nun das konnte man doch vorher nicht prüfen. daS ließ sich aber durch ein Absperrungssystem erreichen. Reich? nein. daS wäre wieder zuviel verlangt, also Punkt als Schluß. Himmel, da hat er doch eine große Hauptsache vergessen; nur keine Ver wandten'.. Dieser Auflauf, diese Auf Hetzereien und die Kosten bei etwaigen Familienfesten; nein. daS mußte auch noch vermieden werden. Wie klug er sich dünkte, nun so AlleS reiflich erwo gen zu haben, er wußte ja aus Ersah, rung. daß alleS Unheil in der Welt von leichtsinniger Uebertreibung hr kommt. Als nun feststand, wie seine Zutünf tige sein müsse, um ihn glücklich zu machen, entwarf er auf Papier das Muster zu einer soliden Häuslichkeit, einen Etat für nöthige Ausgaben, denn unnöthigen widmete er keine Ge danken, ein Sparsystem für Nothfälle, einen kleinen Kostenanschlag für den vorläufig nicht zu vermeidenden Um gang mit den vier Trauzeugen, welche gesellschaftliche Pflicht man aber sobald wie möglich wieder aufheben wolle, etwas für die mögliche Vergrößerung der Familie, w:s aber eigentlich unnütz wäre, und siehe auf- dem Papier machte sich daS nicht nur ganz vortrefflich, sondern sein Gehalt reichte über und über auS. Nun blieb nur noch die ganz kleine Mühe übrig, diese Normalgattin zu suchen, und das konnte nicht schwer sein, wenn er, der Herr Kanzelift, seine pfif fig blitzenden Augen umherschweifen ließ, denn schon in jener Zeit bewährte sich daS Sprichwort: Ein Mann be kommt immer eine Frau." Doch merkwürdiger Weise wollten diese dummen Mädchen in Plümhausen nicht an die Angel beißen, sie wollten absolut einen hübschen jungen Mann heirathen und Peter Eselein bekam von ihnen schon einen schnippischen Korb, wenn er nur Miene machte, um ihre Gunst zu werben. DaZ war selbst ihm dem Klugen ganz unbegreiflich; und nur ein günstiger Zufall rettete ihn vor ewigem Junggesellenstand. Der alte Glöckner von St. Annen war gestorben und hinterließ seine Enkelin Bärbe unversorgt: nächstens sollte sie mit dem wenrnen aber guten Hausraty deS Großvaters die Kirchenwohnung verlassen, und wußte noch nicht, wo sie ihr vauvt hinlegen oute, neutzukage würden die jungen Leute eines solchen OrteS mit allen zehn Fingern zugrel fen, um ein bildhübsche, braves, fleißi geS. gutes Mädels von siebzehn Jahren für sich zu erobern, aber dort war eS nicht, denn es waren sehr wenig hei rathsfähige Burschen im Städtchen. und damals waren solche noch lehr abhängig von dem Willen ihrer Eltern. ' So war nun Schönbärbchen" leicht w haben, und zum Erstaunen der gan zen Bevölkerung eroberte sich der alte Knickebein daS weise Täuschen von &t. Annen, welches nun eines schönen Ta ges an seiner Seite m dem düsteren AmtSgebäude seinen Einzug hielt. Sie war so dankbar gegen Gott für diese unerwartete Gnade und dachte eS sich gar nicht schwer, wieder einem guten Alten ihre Sorge und Pflege zu weihen; aber sie hatte nicht Gelegenheit gehabt. ; den Unterschied zwischen den beiden Männern kennen zu lernen. Der Großvater war ein gottesfürchtiger. menschenfreundlicher Greis gewesen, den jeder lieb hatte, und dessen Ein .... .:..(. c!,o (!,- kommen uiuiy uicic icucsyuuui ui Küche und Haus freiwillig vergrößert wurde, und so hatte die linlelm ihn gut und sorgenlos pflegen können, von Peter Eselein'S Geiz hatte sie überhaupt keine Ahnung, und JunggefellenAnge wohnheiten hoffte sie liebreich beseitigen zu können. Wie erstaunte sie also, als er ihr schon am nächsten Morgen die Kaffeebohnen auf zwei Mal zuzählte, zwei kleine Töpfchen Milch abgoß, die übrigen Nahrungsmittel, welche er selbst eingekauft peinlich abtheilte und daS Uebrige wieder einschloß. Nur einen großen Löffel Salz gab er zum beliebW gen Gebrauch her. Nach dem ersten Beilage zum Nebraska Ttaats-Anzeiger. Erstaunen kam die Lachlust über Bärbli. sie glaubte, ihr Alterchen wollte sie nur necken, doch endlich sah sie zu ihrem Schrecken ein. wie bitterer Ernst dieses lieblose Gebühren war. Sogar ihr Mitgebrachtes wurde zum größten Theil verwahrt, und nur weniges Geschirr für die Küche ihr vorgezählt. Ihr Ge schirr, welche? ihren heimathlichen Koch räum freundlich und blitzend hellge schmückt hatte! Und wenn hier in die ser ewigen Dunkelheit ein Teckel oder ein Teller ihren Händen entfiel und zer brach, was warteten dann ihrer für grausige Vorwürfe, und nur ihre Bit ten vermochten ihr einen Ersatz auS ihren eigenen Vorräthen zu verschaffen. So wurde mit der Zeit, und als Nachbarn und Bekannte sich be reit? von KanzelistS" zurückgezogen hatten, diese Ehe eine schwere, wider wärti Pflicht für die arme junge Frau, und sie zermarterte ihren armen Kopf darüber, wie sie wohl eine Aende rung herbeiführen könnte. Herr Ese lein war auch der vielen Aufsicht. deS AntwortgebenZ und dergleichen müde, ja ihr kummervolles Aussehen brachte ihn im höchsten Grade auf. So beschloß er in weiser Vorsicht, sie als Hausfrau walten zulassen, doch nur nach seinem Willen; er beschloß, ein häusliches Gesetzbuch auszuarbeiten, wo alle Vorkommnisse, die irgend in dem Reiche der Möglichkeit und Häus lichkeit lagen, vermerk! waren uud auch zu allen Lebenslagen paßten. Dieses kostbare Buch wurde richtig hergestellt, und Herr Peter der Weise überreichte es am folgenden Neujahrsfeste seinem Weibe mit nicht geringem Pathos, und indem er ihr verhieß, daß nun alle bösen Tage für sie vorüber seien, wenn sie nur Punkt für Punkt nach diesem Buch sich richten wolle. Sorgfältig hing er es mit einem Bande über ihrem Fenster platz auf wie man eS auf dem Lande mit den Kalendern zu machen pflegt und mit der Ausficht auf kommenden Frieden und Wohlergehen drückten sich die beiden Gatten hoffnungsvoll die Hände.' Bärbli wollte eine gute Frau fein, Peter hielt feine strenge, aber praktische Erziehung für beendigt, und förmlich als Lohn für solche Großthat empfing er auch heute noch die Nachricht von fei ner Gehaltserhöhung vois baaren acht zehn Thalern monatlich! Als nun die junge Frau aber daS Studium des werthvollen Buches be 'gann, wurde ihr erst recht wirr im Kopf, denn wie sie sich zu benehmen und wie sie etwas zu machen hatte, stand nicht darin, sonderir nur wie sie Alles nicht machen solle. Es bestand aus 47 Para graphen. und größtentheils nur ausVer boten. Wäre sie nun aber nicht eine Tochter Evas gewesen, so hätte sie in Verzweiflung gerathen müssen, aber so blitzte Verständniß und Schelmerei in ihr auf; sie hatte ja die kluge Ausrede, wenn sie irre, daß wenn Jemand Ge setze gäbe, sie so klar und deutlich sein müssen, daß Niemand darin irren könne. So wirthschaftete sie darauf los und brachte den überklugen Hausherrn schier in Verzweiflung mit ihrem Thun, konnte ihm aber klar und deutlich be weisen, daß sie nie gegen feine Verbote einen Verstoß begangen. Da ver schwand eines schönen TageS das viel gepriesene Buch von seinem Nagel, um einem neugeschriebenen Platz zu machen, daS nun wirklich der richtige Wegweiser für daZ junge Weibchen iein sollte; es enthielt noch zehn Paragraphen mehr und war nun ein unumstößliches HauS gesetz für alle Fälle und Zeiten. Das war ein böseS Ding und nun ließ sich mit Ausflüchten nichts mehr ändern; die Galle der kleinen Frau begann sich bemerklich zu machen, und die Nachbarn erzählten sich schon von wüsten Scenen, die drüben bei Eseleins gang und gäbe würden. Da bekam die kleine Frau endlich Hilfe. Das Ehepaar wurde zur Herbstzeit zu einer Kirmcß gebeten, und so sehr der Kanzelift an der Gewohnheit deS Stilllebens festhielt, dem reichen Frei-Bauern drüben konnte er das Ge such nicht abschlagen: sehr ungern sagte er zu. und dafür belohnte ihn der innige Freudenblick feines nun schon fünf Jahre lang eingekerkerten Weibchens. Zeitig am Nachmittag machten sie sich auf den weiten Weg. der durch die Fel der und Wälder führte, den sich Bärd chen aber leider nicht merkte, denn es war ja genug, daß Herr Eselein ihn kannte. Lustig genug ging es bei der Kirmeß her, und daS vornehme Gebah ren des Kanzelisten machte den Bauern viel Spaß, denn sie wollten doch unge nirt froh sein; deshalb beschlossen sie, dem alten Narren einen Rausch anzu trinken und ihn zu hänseln, während er sich für den sehr Umworbenen im gan zen Kreise hielt. Er versuchte mit hoch trabender Rede ihnen immer mehr zu imponiren, während sie nur scheinbar zuhörten, ihm aber immer fleißiger zu tranken; er wußte bald weder im Reden noch im Trinken Maß zu halten, und so kam eS, wie es kommen mußte. Sein Weibchen hatte er ganz vergessen, und die drehte sich in ungewohnter Freiheit luftig wirbelnd auf dem Tanzplatz. Ter Mond bewölkte sich. Regenwol ken zogen herauf, und Peter Eselein brach seine Rede plötzlich ad und schaute besorgt nach dem Himmel; da mußte man ja schnell heimwärts gehen, wollte man nicht durchweicht werden wie ein Schwamm, denn Längerbleiben nützte auch nichts, da ein reeller Landregen zu erwarten stand. Er widerstand jeder Zurede, rief nach feinem Weibchen und bot ihr den Arm. wie eS bei Städtern üblich ist; aber er konnte ja nicht fest stehen, also lieber rasch vorwärtsschrei ten; doch auch dabei verlor er das steife Gleichgewicht seines Körpers, und dazu noch unter dem Anglotzen der Bauern; seine Augen sahen alle? doppelt und seine Ohren glaubten Lachen und Zi schen zu hören. Tas Bärbli packte nun mit ihren beiden schwachen Armen fest seinen rechten, ein alter Mann seinen linken, und so ging es rasch vorwärts zum Hofthor hinaus, denn daß wir nur nicht zum Gespött werden, war ihr ein ziger Gedanke So kam das Pärchen endlich in Gang, und auf ihre Frage nach dem Wege hatte der Alte nur -lachend gerufen: ..Immer der Nase nach, dann könnt Ihr nicht fehlen." Peter rüttelte und schüttelte sich. wollte sich stramm in die Höhe richten, brummte von dummem Landvolk, und daß er überhitzt aber nicht trunken sei; doch wenn der Verstand auch etwas auf blitzte, die Füße versagten entschieden den Dienst, sie gingen immer überein ander, und so war es kein rechtes Vor wärtskommen, sondern ein Krebsgang, und Bärbchens schwache Kräfte dennoch ten nichts dagegen auszurichten. Auch die dumme Straße ging nicht in gera der Linie, die lief erst recht nach allerlei Vierecken hin. wo das Vieh eingepfercht oder das Feld in Schläge eingetheilt war; es war schier zum Verzweifeln, solch' ein Spaziergang bei anbrechender Nacht, wo der schöne Vollmond, auf den man gerechnet, ganz verschleiert war, und die Wolken so voll Wasser hingen, daß die ganze Atmosphäre triefend naß erschien, denn Tropfen waren das nicht. Das arme Weib verzagte schon an ihrer Macht, den schweren Körper des Man nes weiter zu dirigiren, und er beschul digte sie, ihn auf falschen Wegen zu füh ren und belehrte sie, daß Landwegen stets ein Graben zur Seite sei. und das wäre immerhin ein Wegweiser. So wurde auch die Grabenseite gesucht und gefun den, auch ein vorübergehender Heller Mondstrahl zeigte rechts die Kirchthürme des Städtchens aber es war noch weit dorthin. Da glitt Peter plötzlich aus. vorlor Bärbchens Arm und verschwand im Graden, wo er auf feuchle Erde klat schend aufschlug und auf dem Rücken liegen blieb. Er schimpfte in allen Tonarten auf sein Mißgeschick und auf sein armes Weid, befahl ihr mit don nernden Flüchen und Androhungen harter Strafen, ihm herauszuhelfen aber vergebens. Bärblis Selbftbe wußtsein sträubte sich gegen seine unge rechte Härte, auch sah sie ein. daß sie ihm in der Dunkelheit und' mit ihren schwachen Kräften nicht würde helfen können. Da blitzte in ihr der Gedanke auf. jetzt einen Trumpf gegen ihren Peiniger auszuspielen; sie neigte sich über die Grabenkante und gebot ihm geduldig auszuharren, sie wolle nur nach Hause laufen und ihr Gesetzbuch fragen, wie sie sich in diesem seltenen Falle zu benehmen habe. Trotz seines Widerrufs blieb sie da bei, r hätte ihr verboten, irgend etwas zu thun, was ihr nicht jenes Buch ge boten, und ehe er es sich versah, war Bärbli in der Dunkelheit verschwunden. Um Mitternacht saß sie beim flackern den Talglicht vor dem wichtigen Buche, um des Spaßes wegen nachzusehen, ob irgend ein Paragraph zu dem jetzigen Ereigniß passe, doch wußte sie ja das Resultat ihres Suchens im Voraus; im Paragraph 17 ftand sogar: Du sollst Dich unter keinen Umständen um Dei nen Nächsten kümmern, denn jedes Feuer, das Dich nicht brennt, hast Du nicht zu löschen. So blieb sie ruhig daheim, und als man ihren Eheherrn am frühen Morgen nach Hause brachte, sah er blaß und verstört, aus, und als Bärbli Paragraph 17 zu ihrer Ent schuldiguug anführte, riß er wüthend das unglückselige Buch von der Wand und warf es in das Herdfeuer, daß die brennenden Papierstücke nur so in dem weiten Schornstein in die Höhe wir bilten. Er hatte eingesehen, daß kein Gesetz unfehlbar ist. und der kalte Buchstabe des Menschen Thun und Treiben nicht allein bestimmen soll. Nach Jahr und Tag war Schön Bärbli Wittwe und konnte dann bei der folgenden Kirmeß mit dem Bäcker Heine, einem hübschen betriebsamen Mann. S!o. 21. am Marktplatz zu Plümhausen. ihren Verlodungsring austauschen. Im Regen. Sk,ze von Bruno W a g e n e r. Nun waren sie da. die langersehnten Ferien. Fritz Wunderhold lag in der Hängematte, aber nicht unter grünem Lauddach im Walde, sondern im Schutze der Veranda, an deren Rückwand ein fester Nagel den Halt für das eine Ende des HängemattenscilS bot. während daS andere Ende um den hölzernen Pfoften geschlungen war. der daS Dach trug. Und grade über Fritz, da hing von der Decke herab die grunichirmige Lampe. die sich im Winde leise wiegte. Und Fritz sah gelangweilt hinaus und man derte mit den Augen auf's Meer, denn andere Wanderungen verboten sich ganz von selbst. Es regnete nämlich, wie man zu sagen pflegt. Bindfaden, im merfort, gleichmüßig und in ewigem Einerlei strömte eS hernieder und klatschte auf die Weinblätter des Ran tengewirrs. daS die Veranda umklei deie. Und über den See lag ein dichter Nebelschleier, unter dem grau und trüb selig die Wasserfläche sich breitete. Fritz warf die Eigarette fort und aäunte. So etwas hnn ynnnmpWf 1 Dazu war man nun an die See gereist. uin schon seit drei Tagen sest zu liegen in dem elenden Torfkruge, während draußen Wege und Stege aufgeweicht wurden von immerwährendem Regen. Und kein einziger poetischer Einfall, der sich auch nur zum einfachsten Gedichte verwerthen ließ. Gräßlich!" stöhnte Fritz ganz laut und gähnte wieder. Ein silberhelles Lachen schreckte ihn auf. Er fuhr in die Höhe. Da stand in der Thür ein junges Ding und lachte aus vollem Halse. Und Fritz fand das Ding gar nicht einmal so übel, war es doch ein blondhaariges und blauäugiges Mädel mit frischen. 'rosigen Wangen und rei zenden Grübchen zu beiden Seiten deS Mundes, aus oem zwei Perlenreihen blendend weiß schimmerten. Und daS Mädel, dem die kleidsame Fischerin nentracht allerliebst stand, lachte noch immer. , Lachen Sie über mich? Oder macht Ihnen der Regen solchen Spaß?" fragte Fritz halb ärgerlich, . halb be lustigt. ' Nee! Dat wakt mi kien Vergnau gen. ivenn dat Water so pieplings dal kummt von'n Hewen. To löpt jo de ganze Keller vull und de Kartüffel fan gen an tau fulen." Wie meinen das gnädige Fräu lein?" fragte Fritz lachend, denn er hatte kaum ein Wort verstanden. Soo? Sei künnen also kien Platt dütsch verstahn? Und denn kümen Sei in uns' oole Dorp und weten gor nich, moanS Sei mit de Lüd' fnaken füll'n? Da. denn mot ick woll up hochdütsch mit Sei spreken?" Sie machte einen allerliebsten Knix und lachte unserm Fritz, der schon längst aufrecht in der Hängematte saß, fröh lich ins Gesicht. Sie langweilen sich wohl sehr hier?" fragte sie m reinstem Hoch deutsch. Ich sah Sie vorhin ein paar Mal gähnen so weit," und sie hielt die sauberen kleinen Hände um einen halben Meter von einander entfernt da mußte ich lachen bei dem Gedanken, daß die Schwalbe, die da oben im Ge bälk ihre Jungen füttert. Ihnen vor Schreck vielleicht eine fette Raupe in den offenen Mund fallen lassen könnte. Aber sie that es leider nicht. ", Ich bin Ihnen für Ihre frommen Wünsche von Herzen dankbar." gab Fritz wchend zur Antwort. Aber nun thun 'Sie mir den einzigen Gefallen und sagen Sie mir, ob sie eine verwun schene Prinzessin oder eine, entlaufene Meeresnixe sind? Sonst steht mir näch stens der Verstand still vor Freude nämlich. Denn wissen Sie, als Sie mir zuerst mit Ihrem verflixten Kauder welsch kamen, da glaubte ich. eine rei zende Seebärentochter oder dergleichen Gutes vor mir zu haben und jetzt sind Sie wohl gar ein verkleidetes Stadtdämchen?" Sehen Sie mal an, wie geschcidt Sie sind." erwiderte sie. Ta hätten Sie mit beiden so ziemlich ins Schwarze geschossen." , Aber ehe sie weiter sprechen konnte, war Fritz aus der Hängematte gesprun gen. hatte sich den Rock zugeknöpft und stellte sich nun mit tadelloser Verbeu gung vor: Fritz Wunderhold, könig ticher Regierungsreferendar und Leut nant der Reserve aus Erfurt." Sie drehte sich um und schien sich aus schütten zu wollen vor Lachen. Nein, wie komisch!" rief sie, indem sie sich wieder zu ihn, wendete. Taß wir uns hier treffen müssen!" Hier treffen? Ja. kennen Sie mich denn etwa schon von früher her?" Sie wurde roth, aber sie lachte doch noch. ES ist durchaus nicht sehr schmeickiethsl. daß Sie sich meiner so d'olut nicht mehr erinnern. Wisien 5ie denn gar nicht mehr, wie wir auf dem Ball beim RezicrungZraid Müller zusammen getanzt haben? Tas Sträuß chen. da? Sie mir beim Kotillon brach ten. bade ich sogar aufgehoben. Mci nen Orden haben Sie natürlich läng ftenS nicht mehr. Herr königlicher Re gicrungSreferendar und Leutnant der Reserve? Na. beruhigen Sie sich nur." fuhr sie neckend fort, als sich auf Fritz' Antlitz die größte Verlegenheit malte. ..Sie schnitten damals der schönen Klotilde von ArnSmild mit sol cher Anstrenauna die Eour. dak Sie mich beim Tanzen kaum angesehen yaoen. Fritz war heftig erröthet. Er dachte an den Korb, den er sich dei der stolzen Klotilde geholt hatt, die jetzt längst die Frau seine? Regierungspräsidenten war. Aber er faßte sich schnell, als er wieder das schelmische Lächeln sah. mit dem ihn die hübsche Unbekannte fragte: Noch immer nicht verwunden?" Und nun wollte er wissen, wo er die Ehre gehabt hätte ..Ja. sehen Sie wohl, da kommen wir wieder auf eine von Ihren Sünden zu sprechen." sagte sie ernsthafter wer dend. Ihre Tante, die verwittwetk Frau Landgerichtsrath Senden hat sich schon lange gewundert, daß Sie e? bei dem einen Höflichkeitsbesuch haben be wenden lassen und ihre Einladung unter einem Vorwande ablehnten " Sie kennen meine Tante?" unter brach er sie. Ja. Gott, fie ist ja eine liebe, vornehme alte Dame, aber was soll ich da unter lauter alten Tan ten?" Sehr schmeichelhaft für mich!" Er starrte fie fassungslos an. Ich bin nämlich als Gesellschafterin im Hause der Frau Landgerichtsrath, mit der ich weitläufig verwandt bin und , die mich in der Pension hat erziehen lassen, um mich danA ganz zu sich zu nehmen." Herr Gott ! Da muß ich ja aber gleich nach meiner Rückkehr nach Erfurt ViAe machen! Aber nun sagen Sie miniur um des Himinels Willen, was machen Sie hier in diesem weltverlore nen Nest?" Ich bin hier zu Hanse," antwortete sie einfach. Meinem Vater gehört dieses HauS und die Aecker dort drüben, und der Dorfkruo wird noch immer auS alter lieber Gewohnheit weiter geführt. Jetzt bin ich auf vier Wochen daheim. Gestern Abend im strömenden Regen angekommen. und so lange ich hier oin. zieye ich oie stadtdame auS und bin Mädchen kür Alles und nirttt al die Tochter meiner lieben Eltern. Mi denen eS doch schließlich am besten ist.'' tfng wußte gar nicht, was er sagen sollte. Er kam sich all diesen Ueber. raschungen gegenüber ganz dumm vor. yorie er oie stimme der Wirthin durchs Haus rufen. Marie! Marie! Kümmst denn aor nick wcder? 3V. Swien möten to fupen hebben!" m drehte sich daS Mädel lachend um. Gliek, Mutting! Ick kümm all!" Und zu Frid sich wendend wies sie mit der Hand über den Garten hinaus: seyen t&ie, Herr Referendar, da hin ten hellt sich Her 5immel ans. Nun werden Sie nicht mehr nöthig haben. m yicr zu langweilen!" ..Langweilen? Ich mich langweilen? Ich unterhalte mich ia nfiMiA (Arm! rief er fast begeistert aus. Und wahr hastig, da kommt ja schon ein Streifen Himmelsblau. Fräulein Marie, darf ich Sie da für beute Nachmittag zu einer Bootfahrt einladen?" . Und als fie dann nach stundenlanger Fahrt, die ihnen im Glück ihrer jungen Liede wie im Fluge dahingegangen war, wieder an Land zurückkehrten, " traten sie, gemeinsam den Weg zu Marie'S Eltern an. Macht der wohnheit. Am Stammtisch erzählt Jemand die Geschichte aus den Fl. Bl." von einem Förster, der täglich zwei Fasanen abzu liefern hatte. Einmal vergaß er, Schrote zu laden, aber die ffasane fielen trotzdem eS nur ein blinder Schuß war ooch herunter, weil sie es eben schon gewöhnt waren. Förster : Das mit der Macht der Kewobnb?it hat Mmn seine Richtigkeit, meine Herren. Ich oeiam einmal einen gorftcleven blutjungen Burschen, vom (SAi6m keine Spur immer daneben. Nun. in 12 Jahren brachte der junge Mann durch fleißiges Ueben es so tnrü hn6 .r ein Meisterschütze wurde. Und sehen Sie. meine Herren.' trotzdem er nun mehr ein Meisterschütze war. schoß er immer daneben weil er es sich eben angewöhnt hatte!" Beraeffk. Warum k N?rann,'n-, wff s zr. Warum reißen an den Wunden ? Willst Du nimmermehr gesunden ? Warum doch willst Du vermessen ' Uebel fügen zu den Uebeln ? Was an andern Du verschuldet. Was durch and're Tu geduldet. an ocrgeoen und vergessen! Hingeopfert, ach! so viel! Und verfehlt so manches Ziel! Nicht gepflückt so manche Rosen! Tie mich heilen, retten wollten. Manchen hab' ich's schlecht vergolten. jiunaj yerz zuruclgeftoßen. Eher Liebe nicht erkannt. Bis sie weinend sich aemaniit Ach! vergeben lern' ich wohl; .och we? dret mich vergessen? V ta'im i ' rr-i' il'jfcl!-, o-