Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, October 11, 1900, Image 13

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    Iochwaff'-'r.
.'.svtlltiit v:n H. z,i a l d k m a r
kZiüau,.
Offen gestanden. Hella, ich begreife
Tich nicht'
Tie Angncdete lächelte spöttisch und
weinte, tväbiknd sie einen eben erhalte
nen Brief ruhig zusammenlegte:
.Ich weid schon. AgneS, roaZ Tu
sagen willst. In meinem Alter, wenn
man die dreißig längst überschritten,
bat man kein Siecht, wühlerisch zu sein.
Ich stimme Tir ja vollständig ,11 für
Jene, die Überhaupt hcirathcn wollen.
Ich aber "
.Unsinn. Hella, ei eignet sich Nie
mand besser zur Lhe als Tu!" rief
Frau von Ulle ledhast.
.Tu haft eine gute Meinung von
mir AgneS. denn meine Kehln, die
Tu mir oft vorgehalten, als da find
Eigensinn, Zähigkeit, zu große Selbst
stündigkeit. machen für mich eine Ehe
unmöglich!"
.Aber Landrath KarftenS wäre
solch' prächtiger Mann. Er hätte der
dient'
Genuß, AgneS, eS thut mir In,
ihm eine Enttäuschung zu bereiten: ich
bin nicht die Frau für ihn, ich heirathe
Überhaupt nicht."
.Jawohl, Keiner ist gut genug in
Deinen Augen, weil Du an den Aden
teurer denkst, der "
Sie verstummte vor dem stolzen,
hoheitsvollen Blick, der sie aus Hellas
grauen Augen traf und machte sich mit
ihrer Handarbeit zu schaffen, um ihre
Verlegenheit zu verbergen.
Hella war an'S Fenster getreten. Ein
tief schmerzlicher Ausdruck lag auf ihrem
feinen Gesicht und ein Seufzer entfloh
ihren Lippen. Sollte sie denn nie Ruhe
finden? Immer wiedergab eS unbarm
herzige Menschen, die die Wunde, die
sich nie schloß, gewaltsam wieder auf.
rissen! Abenteurer halte sie ihn genannt
ach, wie daS weh that; zugeben zu
müssen, daß AgneS nicht unrecht hatte,
denn abenteuerlich war eS ja, daß er
alle Brücken hinter sich abgebrochen und
in die Welt hinausgezogen, als Hellas
Eltern ihm die Hand der Tochter ver
weigerten, abenteuerlich war eS, daß er
auf das väterliche Gut verzichtete, um
nicht in ihre Nähe zu kommen, daß er
vorzog, sich selbst seinen Unterhalt zu
verdienen, trotz deS Vermögens, das er
sein nennen konnte. Ja. abenteuerlich
war eS für Andere. Sie selbst konnte
ihm nur zu gut nachfühlen, was er
empfunden hatte, als er feine Wünsche
und Hoffnungen zu Grabe tragen
mußte. Hatte sie nicht selbst daran ge
dacht, den sicheren Hafen zu verlassen,
um unterzutauchen in? Meer des
LebenS? Ihr jedoch war die Ausfüh
rung ihrer Pläne unmöglich, denn man
hätte ihr Verschwinden in unliebsame
Perbindung gebracht mit dem seinigen.
So blieb sie und als gehorsame Tochter
fügte sie sich und ertrug eS. daß man
über ihn den Stab brach und ihn gleich,
fam aus den Gedanken ausstieß. weil er
längere Zeit in den .Banden einer
Tänzerin gelegen und ihr Unsummen
geopfert hatte. Dadurch war er in den
Augen von Hellas strengd.nkendem
Vater ein für alle Mal gerichtet. Es
nützte auch nichts, daß er bereute und
durch ein tadelloses Leben gut zu
machen suchte da? Vertrauen fehlte,
und deshalb konnte er trotz' aller Liebe
sein Glück nicht erlangen. . ..
Und Hella Wartenstein lebte in den
engen Kreisen weiter; doch ihr Geist be
gleitete den Geliebten in unbekannte
Fernen, ihr Herz konnte sich nicht los
lösen von ihm. den es mit allen Fasern
der Liebe umfaßt hielt! Ihre Schme.
stern heiratheten. die Eltern starben, sie
selbst blieb einsam zurück, dem 23er
sprechen nachkommend, das sie den
Eltern gegeben, das heimathliche Gut
zu verwalten und nie zu veräußern.
Zwölf Jahre waren vergangen, seit
sie mit dem Glücke abgeschlossen. Wie
eine fremde Blume hob sie sich mit
ihrem blassen, durchgeistigten Gesicht,
dessen Blick in fremden Welten zu wei
len schien, ab von ihrer Umgebung.
Manche begehrliche. Hand streckte sich
nach ihr und ihrem Reichthum aus;
manches Herz entbrannte in heißer
Liebe zu ihr und hoffte, in dem fo kalt
scheinenden Mädchen Gegenliebe zu er
wecken aber umsonst. Hella Warten
stein blieb allein. eS regte sich in ihr
Nicht?, was nach Eheglück verlangte.
Und so gewöhnte man sich daran, dies
wie zum Glück geschaffene Mädchen
ihre eigenen Wege gehen zu sehen, man
suchte ihre Nähe, erfreute sich an ihrem
Geist und war froh, ihrer Freundschaft
Hemiß zu sein.
Um so mehr erregte eS sie. daß Land
rath Karsten? die Grenze überschritten,
die sie um sich gezogen. Sie schätzte
ihn zu hoch, als daß es ihr gleichgiltig
gewesen wäre, ihn als Freund zu ver
lieren, und doch konnte sie ihm keine
andere Antwort geben auf, seine Wer
bung als ein .Nein"
Regungslos stand die Gutsherrin
und schaute durch das Fenster in den
unaufhörlich niederströmenden Regen,
sah die grauschmarzcn Wolken so
drohend am Himmel hängen, hörte den
Sturm, der die alten Bäume deS Par.
keS neigte und schüttelte, daß die welken
Blätter flogen, der den Regen gegen die
Fenster"peitschte und sie undurchsichtig
machte! .
Sich aufraffend, memte sie: .Wenn
der Regen doch endlich nachlassen wollte,
ich fürchte sehr, datz der Damm, der den
Fluß nach unserer Seite abgrenzt, der
Dtx v)0. iiifdsod i-o
Jahrgang 21.
gewaltigen Strömung dcS WasserS nicht
Stand halten wird."
.Tu siehst Gespenster. Hella," er.
widerte Frau von Ulle aufstehend und
zu der Schwester tretend. .Allerdings
sieht l trostlos aus draußen, aber so
lange ich zurückdenken kann, hat der
Tamm noch immer gehalten."
.Und könnte doch einmal nachgeben.
AgneS. Ich werde die Angst nicht loS,
feit ich heute früh die heranftürzenden
Wassermassen gesehen. Und Tu weißt,
der Fluß macht gerade oberhalb unseres
Dorfes eine so scharfe Biegung, daß die
Gefahr um so größer ist. Bricht der
Damm an jener Stelle, fo ist das ganze
Torf verloren."
.Wie magst Du Dir nur fo viel
Sorgen machen. Hella "
TaS verstehst Tu nicht, Agnes, mir
sind die armen Leute dort unten, die so
redlich ihre Felder bearbeiten und daS
Möglichste daraus zu gewinnen suchen,
wie meine Familie, meine Kinder. Sie
vor Schaden zu bewahren, erachte ich
als meine größte Pflicht."
.Gewiß, aber dafür ist Dein In
spektor da meinte die junge Frau
leichtherzig und kehrte zu ihrer Arbeit
zurück. .Recht ärgerlich, dieser Regen,
ich hatte die Absicht, zur Stadt zu
fahren "
Um Dich zu amüsiren, während hier
vielleicht mancher um seine Existenz, um
sein Leben ringt." rief Hella bitter.
Ich halte es' nicht aus hier in dieser
Ungewißheit. Verzeihe, wenn-ich Tich
allein lasse, aber ich muß hinunter in'S
Torf, nachsehen."
Du bist von Sinnen. Hella, in
diesem Wetter Tu holst Dir den
Tod!"
Hella lachte bitter auf.
Der Tod? Er kommt nicht dann,
wenn man ihn herbeiwünscht !"
Im nächsten Augenblick war sie der
schwunden.
Hella!" schrie Frau v. Ulle. Hella,
geh' wenigstens nicht allein sie hört
natürlich nicht. Was die sich in den
Kopf gesetzt hat Unsinn. Gefahr,
der Damm ist wie von Eisen, Vater
hat's immer gesagt. " Sie trat wie
der ans Fenster. Freilich, seit Tagen
regnet'S schon, und gestern war der
Fluß bedenklich angeschwollen, aber
deshalb gleich Gespenster sehen wahr
haftig, da ist sie draußen Hella!"
rief sie noch einmal, das Fenster öff
nend. Der Sturm trieb ihr den Regen
ins Gesicht und riß ihr -den Fenster
flügel aus der Hand, als freue er sich,
heulend und fauchend in daS Zimmer
dringen zu können.
Hella Wartenstcin drehte sich nicht
um. es war überhaupt zweifelhaft, ob
sie den Ruf der Schwester gehört. Ge
gen den Wind ankämpfend, in ihrem
wasserdichten Mantel, kam sie nur mit
Mühe vorwärts. Der Regen fiel so
dicht, daß sie kaum zwei Schritte weit
sehen lonnte. Als sie die schützenden
Bäume des Parkes erreicht hatte, blieb
sie. Athem schöpfend, stehen. In dem
selben Augenblick bog ein Mann um
die Ecke, halb ,. laufend, halb vom
Sturm vorwärts geschoben. Auch er
wollte rasten. Die Gutsherrin er
blickend, stieß er einen Schrei aus:
Gnädiges Fräulein, der Damm
an der Ecke!"
WaS ist's mit ihm?" fragte Hella
mit aussetzendem Herzschlag.
Er zeigt Risse, er bröckelt "
Herr deS Himmels. Schöller, so
heißt's arbeiten, stopfen. Wer ist
dort?"
Das halbe Dorf '
So eilen Sie auf den Hof und
holen Sie Hilfe und alle Körbe und
Säcke, die verfügbar find Sand
giebt genug draußen. Eilen Sie.
Schöller. ich werde dort sän!"
Gnädiges Fräulein, die Gefahr ist
zu groß für Sie "
Hella wehrte ab.
Keine unnützen Worte, die Zeit
drängt!"
Weitereilend hörte sie bald durch das
Heulen des Sturmes das tosende Ge
räusch deS vormärtsstürmenbcn Was
sers. Sie lief so rasch, als es Wind
und Regen nur gestatteten, und dennoch
schien der Weg kein Ende zu nehmen.
Endlich lichtete sich zu ihrer Linken der
Park nun wußte sie, daß sie die
Flußecke bald erreichen mußte Der
Regen ließ etwas nach, selbst der Sturm
setzte aus, als wolle es ihr die Möglich
seit verschaffen, das Bild der kommen
den Verwüstung voll in sich aufzuneh
men .... Sie kam näher. Ein Men
schcnknäuel versperrte ihr den Weg.
wich aber nach und nach zurück, als
man sie erkannte.... Und dann er
blickten ihre Augen da fast unabfeh
bare Wasser. daS zischend, sich über
stürzend, Bäume und Steine mit sich
führend, sich hcranwülzte und so un
barmherzig gegen die gefährdete Stelle
anprallte, als wolle es sich dort um je
den Preis einen Ausweg aus der Enge
suchen.
Beilage zum Nebraska Ztaats-Anzeiger.
Warum versucht Ihr nicht, die
Risse zu stopfen?" rief sie vcrwurfs
voll. alS sie die Unthätizkcit der Leute
wahrnahm. .
Mit einer an Stumpfsinn grenzen
den Gleichgiltigkeit zackten die Männer
die Achseln.
Wozu? Wir find ja doch verloren.
Alles hin, eS nützt nichts, sich abzufchin
den "
Hella'S Auge blitzte zornig.
.So gebt her. ich will Euch zeigen,
was man vermag! Tie Flinte in's Korn
werfen, ehe Ursache dazu vorhanden, ist
Feigheit ! Ihr wollt Männer sein und
schreckt vor der Mühe zurück. Euer Ei
genthum Euch zu erhalten? Her mit der
Schaufel," gebot sie dem Zunächst
stehenden, weicht zurück, Ihr Männer,
Euer Fuß könnte naß werden, Euer
Leben gefährdet sein!"
Mit wenigen Schritten erreichte sie
den Damm und kletterte die Böschung
hinan, der Wind zerrte ihre Kleider
hin und her, und der erneut niederfal
lende Regen peitschte ihr das unbedeckte
Geficht. Sie beachtete eS nicht. In
ihr loderte heller Zorn und Verachtung
vor diesen Menschen, die ergeben zu
schauten, wie daS Wasser sein Bernich
tungswerk fortsetzte und keine Hand
rührten, um eS aufzuhalten. Nun
stand sie oben.
Aber auch ihr sank der Muth, als sie
die klaffenden Risse bemerkte, als sie
sah, wie jeder Anprall der Wogen ein
Theil Erde mitriß Es war ihr, als
wanke bereits der Boden unter ihr
Den Dörflern den Rücken kehrend, rich
tete sie ihren nun auch verzweifelnden
Blick nach oben und dann auf daS jen
fettige Ufer des Flusses.
Auch dort war man zur Abwehr be
reit, wie es schien, ja, dort arbeitete
man kräftig, sie hörte die Schlüge und
das Knirschen deS Sandes bis herüber
trotz des Rauschens, das die Wasser
verursachten. Warum waren gerade
ihre Leute so feige? Vin chui, halb
Schreck, halb Triumph, riß sie aus
ihrem monotonen Sinnen drüben
Herr Gott, der Tamm ihr gegen
über sie glaubte ihren Augen nicht
zu trauen ein mächtiges Loch, durch
das die entfesselten Wasser nun ihren
Ausweg suchten Gurgelnd, sich
überstürzend, geschwätzig, im Eifer
rechts und links große Lücken reißend,
so brachen die Wellen sich Bahn und er
gössen sich in mächtigem Strome über
das hinter dem Damm liegende breite
Wicsengelände ....
Hella Wartenstein stand wie erstarrt,
gestützt auf die Schaufel, die sich in die
Erde gebohrt. Sie stand und sah mit
schreckhast erweiterten Augen das Ver
hängniß dort drüben war ja sein,
des Abenteurers, Eigenthum, es war
vernichtet, verwüstet, und ihr Dorf, ein
Gefühl der Erleichterung beschlich sie
doch, war gerettet
Nun konnte die Flußbiegung be
festigt werden, nun
Sie haben drüben den Damm
durchgebrochen, um uns zu helfen "
Das war der tolle Bünthal, der den
Befehl gegeben, ich Hab's gesehen"
Dem schadet's nicht, er ist reich ge
nug "
Wie aus weiter Ferne schlugen solche
Bemerkungen der vorher so stumpfst
nig dreinschauenden, nun vor Freude
strahlenden Menge an Hella's Ohr.
Es dauerte lange, ehe sie deren Sinn
vollständig faßte und noch einmal den
Blick hinüberrichtete.
Der Regen hatte fast zugleich aufge
hört, auch der Sturm schien nachgelas
sen zu haben, nachdem dem Element
fein Recht geworden. Und so erblickte
sie drüben, nahe an der Durchbruchs
stelle, eine Gestalt, die zu sehen sie am
wenigsten erwartet Hütte.
Man hatte sie erkannt. Schwenkte
der Mann da drüben nicht den Hut ihr
entgegen? Ihre Kniee zitterten
All das Leid der vergangenen zwölf
Jahre schwemmten die Wasser hinweg,
fort, weit fort, es fiel von ihr ab wie
ein verbrauchtes Kleid und es blieb
Nichts in ihr zurück, als die heiße Liebe
ihrer Jugerd. die Liebe, die einst hoffte,
mit ihm glücklich zu werden, die sich
eins mit ihm wußte.
Noch immer winkte er herüber, und
nun konnte auch Hella sich nicht mehr
beherrschen, sie hob die Hand und
grüßte wieder wäbrend ihr Auge
hell erstrahlte und ihr Mund der
heißungsvoll lächelte
Als hätten die sie Umstehenden darauf
gewartet, brachen sie alle in ein ohren
betäubendes Hurrah aus, das dem
Manne galt, der unbedenklich sein eigen
Land geopfert, um das Dorf der Ge
liebten zu retten. . . .
Fünf Minuten später standen sich die
Beiden gegenüber am diesseitigen Aus
gangspunkt der kleinen Brücke, die über
den Fluß führte.
Keines sprach ein Wort, nur Hand
ruhte in Hand, Auge wurzelte in
Auge. WaS der Druck der Hände ver-
eint, was der tiefe, heiße Blick verhieß,
daS verstanden nur diese beiden, die
sich jahrelang nach einander gesehnt,
und die nun endlich unter den tosenden
Fluthen der Wasser den Weg zu ein
ander gefunden.
Plünderungen in China.
Wer nach dem Vorbild Rip van
WincklcS lange Zeit geschlafen hätte und
läse jetzt die neue von China eingetrof
fene Nachricht, daß sich europäische
Truppen notabene keine Deutschen
bei der, Besetzung von Ticntsin an
Privateigenthum plündernd vergriffen,
der würde ohne Ahnung, wie länge er
geschlafen, glauben müssen, man lebte
im August 1860 und die plündernden
Europäer mären die unter dem Ober
beseht der Generäle Hope Grant und
Cousin de Montauban nach Peking
marschirenden Engländer und Fran
zosen.
, Schon im Jahre 1358. also zwei
Jahre vor dem Zug nach Peking waren
zum Schutz des europäischen Handels
und um auf die Chinesen eine Pression
auszuüben, englische und französische
Matrosen und Soldaten in Kanton ge
landet worden, die sich gleich am ersten
Tage als Sieger aufspielten. Engli
sehe Soldaten und Matrosen bemüch
tigten sich verschiedener Kuriositäten
und Kostbarkeiten, so daß die Matro
sen, die es wahrscheinlich am ärgsten
getrieben, am folgenden Tag auf die
Schiffe zurückgeschickt werden mußten.
Ihre Heimkehr glich einem tollen Fast
nachtszuge. denn von tausend Mann
trug nicht einer seine Uniform zur
Schau. Vielmehr hatten sie sich in
chinesische Gewänder gesteckt. Manda
rincnhüte auf die Köpfe gestülpt und
die dort landesüblichen Riesenbrillen
auf die Nase gesetzt. Ihre Offiziere an
der Spitze und unter Geigenklang kehr
ten die Matrosen in langem Zuge mit
wehenden Fahnen zu den Schiffen zu-,
rück, und die Franzosen, die das mit
angesehen und gern nachgemacht hätten,
wurden von ihren Offizieren nur müh
sam in den provisorischen Kasernen zu
rückgehalten. In diesen, die meist aus
verlassenen Palästen. Bonzenklöstern
und Pagoden bestanden, konnten sich
jedoch die Franzosen für den ihnen un
tersagten Beutezug schadlos halten.
Die schlauen Gallier hatten nämlich
bald herausgefunden, datz die monu
mentalen Götzenbilder ihrer Stand
quartiere von den vertrauenden Chine
sen als Kaffenfchrünke benutzt worden
waren, und sich beeilt, den Göttern die
ungewohnte Last abzunehmen. Dabei
blieben die Götterbilder in der Vorder
anficht ganz unberührt und nur auf
dem Rücken hatten sie wie wcilcmd der
Schweizer Admiral in der Offenbach',
fchen Operette ein Loch, das die Plün
derer gebrochen. Diese werthvolle Ei
genschaft der chinesischen Götzenbilder
war damals in England unbekannt
und wurde von einem in London wei
lenden Frankfurter insofern ausgenutzt',
als er eine ganze Schiffsladung von
kleinen und großen Götzenbildern um
ein Billiges erstand, denen er nach
japanischer Sitte den Bauch aufschnitt.
Noch nie hat das Aufschneiden glänzen-!
dere Resultate geliefert, und als starker
Rentner konnte der intelligente Mann
in seine Heimath zurückkehren.
Die Plünderungsscenen in Kanton
hatten zur Folge, daß in Jahre 1860
den anglo-französischen Truppen ein
tadelloses. Betragen" eingeschärft
wurde, damit die Chinesen nicht ein
Recht hätten, die Eindringlinge als
Barbaren zu bezeichnen. Es scheint
aber schwer zu sein, sich in China des
Plünderns zu enthalten. Schon der
Umstand, daß die Chinesen als prakti
sche Leute ihre Pelze, Kleider und fon
ftigen Habseligkeiten in's Pfandhaus
schicken, um sie bei geringen Kosten ge
gen Diebe und Motten zu versichern,
erleichtert die Plünderung. Denn der
Soldat sieht sich alsdann nicht weinen
den Besitzern gegenüber, die ihm viel
leicht seine eigenen Angehörigen in's
Gedächtniß rufen, sondern einem un
versöhnlichen Institut, das außerdem
den Vorzug großer Auswahl hat. Jetzt
denke man sich Soldaten, die Abenteuer
und Beuteluft nach fo fernen Landen
geführt, einem Riesenbazar wie dem
kaiserlichen Sommerpalast bei Peking
gegenüber, in dem seit Jahrhunderten
unglaubliche Schätze aufgehäuft wor
den sind, und man wird begreifen, daß
eS da mit blutiger Strenge unterstützter
Verbote bedarf, um ine solche Ver
fuchung, der selbst Offiziere erliegen
können, zu beschwören. In der That
waren aber die Befehle, die das Plün
dcrn des Sommerpalastes im Oktober
1860 untersagen sollten, gar nicht so
ernstlich gemeint, und nachdem die
Soldaten geholfen hatten, die für die
heimischen Souveraine und Museen be
stimmten Beutestücke beiseite zu schaffen,
")lo. 21.
konnten sie dielleicht nicht mit Unrecht
denken: der Anfang ist gemacht. eS geht
in einem hin und jetzt ist die Reihe an
uns! Und da die Generäle keinen Ein
spruch erhoben, wurde die Plünderung
allgemein.
Aber auch daS Plündern will verstan
den sein, und da waren die englischen
Soldaten, die beim wenige Jahre vor
der unterdrückten indischen Aufstand
Erfahrungen sammln konnten, aller
dings erheblich im Vortheil. Solche
PlünderungS Veteranen waren meist
auf Aneignung wenig voluminöser
Kostbarkeiten, wie Gold. Perlen und
Diamanten bedacht, während naive
Plünderer zuerst eine kostbare Zeit mit
sinnlosen Zerstörungen verloren und
sich dann mit riesigen Beutestücken be
luden, die sie beim Marsch doch roeg
werfen mußten. Bei der Plünderung
deS SommerpalasteS in Peking ging
die schon stark verblaßte Waffenbrüder
schaft vom Krimkrieg fast vollends in
Stücke, und die Rivalität der beiden
Nationen, die schon zu Beginn des
FeldzugeS ein gemeinschaftliches Ober
kommando verhindert hatte, nahm er
bitterte Formen an. Die Engländer
werfen den Franzosen vor, mit der
Plünderung begonnen zu haben, Müh
rend diese behaupten, mit der Plün
dcrung wäre gleichzeitig angefangen
worden, aber der Beuteantheil der
Engländer sei viel größer als der der
Franzosen gewesen, da die ersteren
Probirsteine wie die Goldarbeiter und
Säcke zum Einpacken bei sich gehabt
hätten. Thatsache ist. daß die Beute
eine ganz immense war und nur viel
leicht noch von dem Werth' der zer
störten Koslbarbeiten übertroffen wurde,
unter denen sich die kaiserliche Biblio
thck mit Hunderttausenden von Bänden
befand. Die Zerstörung der Bibliothek
und der Reste des SommerpalasteS, die
übrigens erst einige Tage nach der
Plünderung von den Engländern und
gegen den Willen der Franzosen, wie
französische Berichte sagen, niedcrge
brannt wurden, geschah angeblich, um
die haarsträubend grausame Behand
lung der durch Verrath in die Hände
der Chinesen gefallenen Engländer und
Franzosen zu rächen. Diese vandalische
Rache traf aber die Wissenschaft sicher
lich härter als die Chinesen, bei denen
sie ziemlich wirkungslos blieb, wie die
seitdem oft wiederholten Niedermetzc
lungert von Christen gezeigt haben und
die jetzigen Wirren beweisen. Es scheint
demnach, daß man nach anderen Mit
teln suchen muß. um künftige Ausbrüche
fanatischen Hasses der Chinesen gegen
die Europäer zu verhüten um wieder
erträglichere Zustünde zwischen den bei
den Rassen herzustellen.
Der falsch Haö.
O mei'", sagt der Förster Barntap
per und schiebt fei' Pfeif'n ganz weit
in' Mundwinkl hint're, daß er besser
zwitschkerirn kann o mei'", da hört
ma' allerlei von die Hund', wie g'scheidt
daß s' g'wes'n sind, daß schier nct zum
glaub'n is! Aber es handelt sich mei
stens net blos um den Verstand von 'in
solch'n Hund, sondern auch um die
Dressur. Ich hab' amal a' paar
Dack'ln g'habt, zwei Prachtviecherln
i' hätt' öfters ols oanmal a' schmar's
Stückl Geld dafür 'kriegt, wenn ich 's
hergeb'n hätt'. Ich Hab's aber net
über's Herz 'bracht, denn die Handeln
war'n a' Hauptvcrgnüg'n für meine
zwei Aub'n. die .sich ganz b'sonders
d'rum ang'nomme'n hab'n.
Komm' ich eines TageS in der Früh
vom Jagdaang heim und sieh,- wie
meine Bub'n mit die Hund' umanan
derwerken. Haben f' net dem Waldl
g'rad' 's Todt sein" 'lernt!....
Schön todt fein, ganz todt sein", hat
der Rudi g'sagt und hat ihm mit'm
Stecken 'droht, derweil der Maxi 'than
hat. als wenn er d'rauf schießen wollt'.
Richtig Hat'S der Waldl bald g'habt;
er hat sich hing'leat und nimmer
g'rührt, bis sie's ihin erlaubt hab'n.
Wie i' dem G'spiel fo zuschaug,
fallt mir auf einmal was ein. Ma'
muß eben die Dressur auch verwend'n
könna!
Am selben Nachmittag noch hab' ich
an' Hafenbalg g'nommen und hab' zu
meiner Alten g'sagt, sie sollte' den
Waldl in den Balg einnäh'n! Sie und
der Hund haben net g'wußt. warum;
sie hat recht dumm g'lacht dazu und
der Hund hat mi' so recht verdraht an'
blinzelt, als wenn er sag'n wollt':
Was werd jetzt da wieder außakemma!"
Nacher hab' i' mei' G'wehr umg'hängt
und bin mit dem eing'nähten Waldl
furt. In der Näh' vom Kraxelschlag
drod'n hab' i' Halt g'macht i' hab'
nämli' gewußt, daß da um die Zeit all
weil a' Fuchs außaziagt, dem i' fch' a'
paar Mal umsonst auf'paßt hab'. I'
sag' zum Waldl: Todt sein schön
todt fein ganz todt!!" Der Waldl hat
mi' glei' verstand', hat si' hinq'legt
und is mausdreckltodt g'wesen. 2s bin
in'S Dickicht 'nein und hab' g'wart'.
waZ letzt iommea werd. Richti'.
dauert's net laug, da schleicht scho' der
Fuchs üder'n Bichl. fernst 'S Wind'n
M und is nacher glei' auf'n Waldl
los. A' paar Schrill' davon weg. hat
cr si' uo'mal z'samm'duckt und hat recht
g'nau 'schaut; aber der Waldl hat si'
net g'rührt. und da hat der Fuchs
g'wiß denkt: .Schau', schau', da liegt
gar a' todt' Haserl!" Nacher is kr
d'rauf lo. Wie er aber den Hasen
packen will, is der Waldl ledendi'
wor'n. hat den Kerl bei sein roih'n
Frack 'packt und hat ihn nimmer ans'
lass'n. bis i' ihm z' Hilf 'kommen bin.
DöS G'ficht von dem Fuchs hätten S'
seh'n soll'n. meine Herrn, wie ihn da
Has so verarbeit' hat!"
Si lustscheutk Staatsmann
war der berühmte Minister der großen
Kaiserin Maria Theresia, Fürst Kau
nitz. Wie eS heißt, datirte feine ganz
außerordentliche Scheu vor jedem fri
fchen Luftzug, ja vor freier Luft über
Haupt, schon aus seiner frühen Jugend
her, in Folge der ängstlichen Verzürte
lung seiner Mutter, die viel Unglück
mit ihren Kindern gehabt, und deshalb
stets für das Leben des schwächlichen
Knaben fürchtete. Anstatt abgehärtet
zu werden, wurde er also mit übertrie
denster Sorge behütet und vor jedem
Lüftchen bewahrt. Nur so ist allerdings
die geradezu unglaubliche Abneigung
des mächtigen Staatsmanns, den man,
seiner Zeit sehr bezeichnend den Kut
scher von Europa" nannte, gegen daS
eigentliche Lebenselement des Menschen,
die Luft, zu erklären. Kein Fenfter
durfte offen fein in dem Raume, wo er
sich befand, sogar bei Hofe mußte man
dieser Gewohnheit Rechnung tragen.
Sobald eS hieß: Fürst Kaunitz
kommt!" schlössen sich alle Fenfter, und
wenn's die Kaiserin oder die Prinzen
mit eigenen Händen thun mußten. Zu
Fuß ging der wunderliche Staats
minister höchst selten die paar Schritte
von seiner Wohnung nach der Hofburg,
nur an besonders drückend heißen Tagen,
wagte er diesen Exceß," hielt aber da
bei ängstlich ein seidenes Tuch sich vor
den Mund; ebenso geschah es nur im
schwülen Hochsommer, daß er die
Kühnheit" hatte, ein Weilchen im
Lehnsessel in feinem kleinen Garten
auf der Bastei zu sitzen, oder gar einen
Spazierritt im Freien zu riskiren",
das heißt in seinem Garten in Maria
hilf, den hohe BoskettS vor jedem zu
dringlichen Luftzug schützten. Für ge
wohnlich verschaffte er sich Bewegung
dadurch, daß er jeden Tag eine Stunde
in der Reitschule umhertrabte, immer
nur eine Viertelstunde auf demselben
Pferde. Auch die Kleidung dieses luft
scheuest?,: aller Staatsmänner war
dementsprechend eingerichtet, indem
Fürst Kaunitz stets wie in einem Fut
teral umherwandelte: Sommer und
Winter sechs Bekleidungen, größten
theils aus Wolle, übereinandertragen,
um sich ja nicht zu erkälten.
Wer ander eine Grub gräbt....
Auf der kürzlich in D. abgehaltenen
Ausstellung Für Haus und Herd"
zeigte auch ein biederer Sachse, Namens
Heller, einen Holzspalteapparat. Er
ward nicht müde, dem Publikum vom
Morgen bis zum Abend die Vortheile '
seiner Erfindung auseinander zu setzen
und erklärte sich immer bereit, den be
sonderen Wünschen der Reflektanten
Rechnung zu tragen.
Eines Tages, als Herr Heller wieder
inmitten des Publikums seinen Vortrag
hielt, fragte plötzlich ein Zuhörer, in
welchem man seinem Dialekt nach sofort
den Berliner erkannte:
Ah. Sie Männeken. ik wäre gern
bereit. Ihnen ein solches Ding abzu
kaufen, aber nur unter der Bedingung,
daß es bei jeder Benutzung irgend ein
Volkslied spielt.
j Herr Heller, welcher recht wohl
merkte, datz er die Zielscheibe eines
Witzes werden sollte, sagte ganz bereit
willig:
Wenns nur das ist. so sollen Sie
schon Ihren Willen haben, es handelt
sich also nur noch darum, welche Melo
die Sie wählen wollen."
Ja, da hab' ik auch schon uachge
dacht, aber es ist mir noch nichts Pas
sendcs in den Sinn gekommen, denken
Sie doch bitte einmal etwas nach."
Herr Heller kratzt sich verlegen hinter
den Ohren, und meinte, das würde
schwer halten; doch plötzlich rief er er
freut aus:
Jetzt hab' ich es." unter lautem Ge
lächter der Umstehenden sang er: .Du
bist verrückt mein Kind, Tu' mußt nach
Berlin."
Beim Schöpf gefaßt.
Mann: Kollege Schulz war heute
bei mir und wollte mich um fünfzig
Tollars anpumpen; ich habe sie ihm
selbstverständlich nicht gegeben!"
Frau: Ach, das war reizend.
Männchen .... was kaufst Du mir für
die fünfzig Tollars?"
Lin Schwerenötber.
Leutnant: Gnädiges Fräulein sind
wirklich reizend staune, daß bisher
ohne Sie leben konnte."
Entrüstet.
Alte Jungfer (nachdem sie, aus dem
Wasser gezogen, das Bewußtsein wieder
erlangt, mit einem Blicke auf den
Ehering ihres Retters): Unverschämt,
zieht einen aus dem Wasser und ist ver
heirathet!"