Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, October 04, 1900, Image 15

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l
Gefunden.
ZU-t 0011 V e 9 i d a l I,
Seit nahezu brei Wochen hatte sich
XcÜor Friese in dem kleinen Rhein
ftüdtchen niedergelassen.
Tiefe Stelle war ihm durch die Zei
lung zugefallen. Ter Zufall schien ti
mit ihm gut zu meinen. Menschen und
Land sagten ihm vom ersten Augenblick
an zu.
Leine Schirefter Nell? lebte seit dem
Zed der Eltern bei ihm und Erhard
Friese ding mit nahezu väterlicher Liebe
an dieser Schwester. Sie verstanden
sich vortresslich; auch jetzt ge'iel eö
den Beiden gleich gut in der neuen Hei
math.
Ein niedliches HäuZchcn am äußer
ften Ende der Stadt war ihnen zu den
günstigsten Bedingungen überlassen
worden. LoseS Epbeugewinde rankte
sich muthwillig um Fenster und Tach.
rinnen und verlieh dem Gebäude ein
freundliches, gefälliges Gepräge.
Nell? Friese mit ihrem frischen, mim
tern Gesichtchen, paßte ja in den Rah.
wen. der sie hier umfing.
Tie Geschwister wann in kürzester
Zeit bekannt geworden. Man kam
ihnen sehr freundlich entgegen. Nclly,
daS übermüthige Schelmengesichtchen,
wurde geradezu die Mode, während das
offene, ruhige Wesen ihreS Bruders
überall den gewinnendsten Eindruck
'machte.
Ehe man sich dessen versah, kam der
Winter. Draußen in der Borstadt
klagen die Raben krächzend über die
Gärten und Abendgesellschaften null
men ihren Ansang.
Nelly Friese war überall erklärte
Ballkönigin. Rittmeister Kolbe und
Landrath Tittrich. die Löwen des Kreis
KdtchenS, gehörten zu ihren unterthä
nigften Vasallen.
Sine schöne Empfehlung aus der
Villa Erika und Herr Toktor möchten
hinüberkommen, dem Jungen sei nicht
hl." memte Dvre.
Sage ich käme sofort," entgegneie
der junge Arzt, anst nach seinem Wet
kermantel und hastete unverzüglich aus
dcm Hause.
Tie Dunkelheit war bereits herein
gebrochen. Ein feiner, durchdringen
der Regen fiel nieder.
In Gedanken versunken eilte der
junge Mann seinem Ziele zu. als eine
tiefe, den Gewohnheitstrinker der
rathende Stimme die Stille der Land,
ftraße unterbrach.
Bitte um ein Almoien, zungcr
Herr! Bin ein armer verhungerter
Mann, der feit zwei Tagen kein Stück
Brod zu essen bekommen ," sagte der
Strolch und trat Erhard Friese in den
Weg.
Habt dann wohl umsomehr Flösfi
ges hinabgespült'." erwiderte der junge
Friese im barschen Ton, sich mit einer
herrischen Bewegung an dem Trunken
bold vorbeidrängend.
rrt finfirt(llHn Wirf hen ihm
fer nfrtnM fslfl fr nickt mehr.
In der Billa Erika war die Ankunft
des Toktors sehn llchtigfl erwartet wov
den. AIS derselbe die Hausglocke zog.
wurde ihm sofort von einem Tiener
geöffnet und der Weg in das Kranken
zimmer gewiesen.
ES war ein geräumiges luftiges Ge
mach. daS dieser nun betrat. Freund
liche, leichte Gardinen umrahmten die
tiefen Fensternischen. Tie Möbel zeig,
tcn ein großblumiges Muster auf hellem
Grunde. Mehr ließ sich bei der ge
dämpften Beleuchtung nicht unter chei
den. 'In der einen Ecke deS Zimmers
stand ein kunstvoll geschnißtes ett.
Demselben zur Seite, im weichen Nest
chen. lag der kleine Patient.
Eine schlanke Frauengestalt die zu
Füßen des Kinderbettchens gesessen
hatte, erhob sich und trat auf den Ein
tretenden zu. Das Licht der verhüllten
Lampe verrieth nur undeutlich die
jligcildlicheErschcinung.
In der Villa Erika war Scharlach
guszcbrochen. Toktor Friese kam nun
Tag für Tag, und Frau Erika Wehle
bangte um ihren süßen kleinen Willy.
Endlich nach Wochen trat die sehn
süchtig erwartete Besserung ein; die
glückselige Mutter konnte die Aufopfe
rung des ArzteS mit einem strahlenden
Blick ihrer Nixenaugen belohnen.
Erhard Friese hatte sich rasch das
ganze Herz seines kleinen Patienten zu
erobern verstanden. Frau Wehle war
eine wirkliche Stütze in den Tagen der
. Prüfung gewesen.
Und als die Schlafzimmerfenster der
Villa Erika wieder weit offen standen,
die Aärzfonne durch die durchsichtigen
Gardinen hereinfluthete, kam Erhard
Friese nicht mehr als Arzt, sondern als
gerngeschener Gast in die Villa. Tie
junge Frau hatte ihn um Nelly's 2fr
such gebeten. Diese beiden sich so durch,
aus verschiedenen Frauennaturen fühl
tcn sich vom ersten Augenblicke an leb
haft zu einander hingezogen. Eine
kurze, nicht glückliche Ehezeil warf die
trüben Schatten über die Gegenwart
des jungen WeibeS. Kaum sechzehn
jährig war sie einem ungeliebten Manne
zum Altar gefolgt. Sie hatten sich
niemals verstehen gelernt, der um viele
Jahre ältere, materiell angelegte Gatte
und das junge Geschöpf mit seinen
Illusionen und Träumen.
Der Knabe war dieser Ehe entspros
scn. war fast die. einzige Freude, die ihr
einsames leben kannte.
Nclly Friese und der kleine Junge
wurden über kurz die besten Kameraden.
- .ft - T -
. AM,, -tBmr.-vqii.'rf---' ?!ny?c'W-
Von nun an lebten Frau Wehle und
die GesHvifter in regem Verkehr.
Nelly hatte heute wie so oft den Tag
in der Villa Erika verbracht. DaS
junge Mädchen und Frau Erika ftan
den eben am Gitterpfürtchen, als sie zu
ihrem großen Befremden Tore auf sich
zukommen sahen. Ter alten, treuen
Ticnerin sah man eine ungewöhnliche
Erregung deutlich an.
Fräulein Nelly. Fräulein Nelly.
kommen Sie rasch nach Hause, der Herr
Doktor verlangt nach Ihnen." rief sie
athemloS.
Tie beiden Frauen hatten sich der
färbt. Nelly sühlte sofort. es müsse
ein Unglück geschehen sein. Ohne ein
Wort, wie besinnungslos, hastete sie
fort....
AIS daS junge Mädchen daS Schlaf,
zimmer ihres Bruders betrat, fand sie
ihn mit verbundenem Kopf, bleich,
allem Anschein nach tief erschöpft, auf
dcm Topha liegen.
Toktor Sanger war bei ihm und
durch diesen erfuhr Nelly. was sich zu
getragen. Toktor Friese hatte, in ein
Buch vertieft, in der Nähe deS Fensters
gesessen, als ein Stein durch dasselbe
geschleudert worden und ihn so Unglück
lich streifte. Tie Kopfwunde, die er
davongetragen, würde hoffentlich keine
ernsten Folgen nach sich ziehen u. s. m.
Tie Verletzung erwies sich jedoch als
ernster, als dies im ersten Augenblicke
vorauszusehen gewesen. Hohes Fieber
stellte sich ein, und Nelly lebte in fürch
terlichcr Sorge um den geliebten Bru
der.
Ter Vorfall erregte große Theil
nähme in der ganzen Stadt. Unauf.
hörlich kamen Nachfragen. Landrath
E. Tittrich war einer der eifrigsten 2fr
sucher. Er faß stundenlang im Kran
kenzimmer. Durch sein sicheres, um
sichtiges Wesen hatte er eS vermocht,
Nelly eine große Stütze zu fein.
Frau Wehle schickte immer wieder
ihren kleinen Willy in Begleitung des
Dieners. Sobald die Besserung ver
zeichnet werden konnte, brachte der kleine
Mann Tag für Tag die schönsten Rosen
aus dem Garten der Villa.
Endlich konnte Dr. Friese als genesen
betrachtet werden. Tie Geschwister
waren für den heutigen Abend in die
Villa Erika gebeten. Frau Wehle
wollte die Genesung feiern.
Die Sonne ging eben zur Rüste, als
Nelly und Erhard sich auf den Weg
machten.
Ter junge Mann genoß die wohlige
Empfindung der Wiedergenesung in
vollen Zügen. Tie Aussicht der bevor
stehenden Stunden stimmte ihn hoff,
nungsvoll.
Wie oft hatte er sich doch in den ftil
len Tagen der Gefangenschaft nach Frau
Erika's RotokoBoudoir gesehnt. Wie
oft war ihm die poetische Gestalt der
jungen Frau im Traum und im
Schlummer der Nächte erschienen!
Er liebte sie das wußte er längst,
und heute wollte er sprechen.
Das Souper war vorüber. Tie Ge
fchwister ergingen sich mit Frau Erika
und ihrem Jungen im lauschigen Gar
ten der Villa. Es war eine zaubervolle
Mondnacht. Funkelnde Leuchtkäfer
schwirrten durch die Bükche.
Die großen, glänzenden Nixenaugen
Frau Erika's leuchteten geheimnißvoll.
Das Blondhaar schimmerte gefponne
nem Golde gleich.
Wie es gekommen, wußte Erhard
Friese später selbst nicht, aber er hatte
den Muth gefunden, in dieser weihe
vollen Stunde daS verhängnißvolle
Wort zu führen.. ..
Und ehe der Sommer mit feinen der
sengenden Strahlen ins Land gekom
men, gab es noch ein zweites glückseliges
Brautpaar Nelly Friese und Land,
rath Tittrich.
Das Alte und das Neue.
Residenz of John Ritsch.
Esq.
Größer Neu Iork.
Mister Editer!
ie hawme doch nct in Erneft ge-
denkt, daß Ich des. wo Ich Wege die
Anürchist' geschnwwe
hen. .daß Ich nämlich
in Kognito in des
Jntirior vnn der
Eountry muve wollt,
werklich gemeint hen?
Es war blos Fon un
Foolerei! Nämlich k
paar vun Meine Be
könnte, wo gelefe
hawwe, die hen es
geglaubt un hen Mich
gefoolt, als wann Ich
mich ferchte thät.
Ich un ferchtel
Wo Ich en Onkel
hab. wo pensionirter
Feldwebel war. also so zesage aus erer
dkitsche Hiro und OsNZlerS-ämlll
stamm! BiseitS Meim Cniel yot e
leiblicher Stiefbruder vun Mir drauße
gedient irt, bot es bis zum Soldat
zweiter Klatz gebracht. Ich sclwer hätt
aach brause gedient, wann 39 ner zu
fällig bei Ae'kzidcnt grad e paar Woche
vorher nach Aemerikä gelimme wär.
Wann Ich drauße gcbliwwe wär. da
bin Ich schür, daß Ich heint im deitsche
Generalftab grad so e prominente Po-
fischen eincmme thät. wie zetz hier als
Zittiscn. Tax.Payer. Ländlord un
V ... ii cvx r-tii
AmalWur-iaismann. un ,vu,
Mich ferchte? Te is ja rein zum
Lache!
:
. -v- 'Vf-y ' T?ty&-&m'1'mm'im 1
s
Ich un ferchte! E Mann, wo sch'.in
beinah dreißig Jahr verheirath iZ un
zwar immer mit der nämliche grau.
ES is zu dumm! Ich. e Mann, wo
schun vor dreißig Jahr auf West prücti.
telli in Ballidiz war. Seimige Mal
da warn nämlich Ballidix net so iesi.
wie alleweil hier in der Eaft. Wann
Einer da an die PollZ gegange is. da
Hot er t ziemlich guter Fighter fein
müsie. wann er sei Bote, so wie er'S
gewollt Hot. in die Bax Hot kriege wolle,
un bei erer Wahlmietung da Hot Einer
e guter Marksmann sei müsse, wann
er sich Hot Autority un Gehör verschaffe
wolle. Un Sie mache e Wett. Mister
Editer. Mir deitsche Männer aut West
warn selmigcS Mal immer mitte drun
ner un wann'S an'S Zuschlage gelimme
iS, da warn mer derbci.
Sklwi,zkS Mal da warn Mir Teitsche
awwer aach noch Hauptkerl, sag' Ich
Jhne, Mister Editer! Un da war aach
noch Gemüthlichkeit un Biederkeit un
Swmerhaupt so Sache. Da dcrgege
muß Ich awwer sage, daß es selwigeS
Mal noch kce Prominenz gegewwe Hot.
Tkswegk will Ich gerecht fei un aach
net kicke gege bie neiere Zeit, dann die
Prominenz iö doch was SchöneS.
Schun alleenig for die SerluhnkieperS.
Früher da hawwe alle deitsche Mün
ner hier dieselbe SeiS Gläser getrunke
un zwar möglichst große, un da war of
course net viel drin. Heint bestellt doch
jeder selfrespecting Mann, wann er sei
Bier trinkt, e Prominentes un da is
was drin, weil mer aus eme gewöhn
liche GlaS zwei un aus eme Skuhner
drei Prominente mache kann.
Un dann muß Ich felwer sage, daß
die deitsche Männer hier so End der
Fufziger un in de Sechziger Jahre e
Bißle roff warn un e Bißle ze viel
vun Freiheit un Liberty un sogar vun
Gleichheit getalkt un gesunge un for
Ripodlik un demokratische Gleichheit
geschwärmt hawwe. .Die neie Teitsche.
wo alleweil erümwer timme, die hawwe
schun mehr fenzi Männers un schmelle
nach Pomad un Bartmichs un hawme
sein getrimmte lange Fingernägel un
sein geschniegelt un uffgedreßt un mache
de Händschük immer nach dem neieste
Steil un statt vun Liberty un Freiheit
talke sie vun Majestät un Berlin un
vun wie mer de Schnorrbart trage
muß un sie hawwe deS Kumplimenter
mache los aus'm Effeff. Des kimmt,
weil jer,t jeder Deitsche wenigstens
Reservist Leutnant iS. Nämlich for
die Leit is es forchtbar leicht, poleit
ze sei. weil sie ihr Grobheit all uff dem
Kasernhof gege die Rekrutte los wern
Wann die mit der Militärzeit fertig
sein, da hawme sie die ganze Grobheit
uffgezust un es bleibt nor noch Polett
neß üwwrig.
Awwer wo Ich die neie Teitsche, wo
alleweil eruwwer klmme. Kreditt dnn
gewwe muß, des is, daß sie des wahre
Wefe un die Hauptfach vun der deitich
amerikanische Prominenz schnell erfasse
un sich drei sinne. Des is nämlich des
Prinzippel Biete loße derfe mer uns
net" un Blowe un Geldspende.
Da war Ich neilich in eine Proini
nente deitsche Lokal uptown. An de
nerte Täbel da hawme sich vier so frisch
importirte Neideitfche gesotze. dcne mer
eS angesehe Hot. daß Jeder dervo wenig
ftens Premjehr-Leutnant war. Wie
die gehört hawwe. daß Ich e Battel
Mosel for drei Doller geordert hen
(Ich den es Ziemlich laut gesagt, weil
Ich die Kerl, wo blos Jeder en halbe
Schoppe Wei mit Selzer vor sich gehatt
Hot. hen imponiren wolle), da ruft der
Eine vun die Vier mit erer etimm,
daß mer's dorch's ganze Lakal gehört
Hot: Kellnährr, eine Flasche Sekt un
vier Gläser!"
Erst Hot Mich des gefuchst. Tann
is mer awwer was eigefalle un Ich hen
mer gedenkt: Ihr könnt Mich noch lang
net biete. Ich hen al o aach gekrilche,
daß mer's dorch's ganze Lakal gehört
Hot: Waitarr bringe Sie Mir
emol vier Battcls Schampähn, vum
thcierste, un e Glas derzu!" Da warn
die Kerl Mumm. Des hawwe se doch
net biete könne.
In diesem Sinne sein Ich so lang
Mit Rigards
Jours
John Ritsch,- Esq.
Eingegangen.
Rechtsanwalt Dr. Knauser will dem
nächst Hochzeit halten. Er ist ein prak
tischer Mann, der das Schöne liebt,
wenn's nichts oder wenigstens nicht viel
kostet. So hat er's denn auch seit ge
raumer Zeit prächtig verstanden, seinen
Freunden all' die Tinae als Hochzeits
gefchenke für ihn zu fuggeriren. die er
gern möchte. Nur mit zwei wunder
baren Leuchtern, welche in dem Laden
deS Antiquitätenhändlers der kleinen
Stadt ausgestellt find, hat er's noch
nicht zu Wege gebracht. Tie Leuchter
gefallen ihm eminent; er hat eine wahre
Leidenschaft dafür; aber ihr Preis, den
er fo unter der Hand erfragt hat
120 Mark läßt es ihm ausgeschloffen
erscheinen, daß einer seiner Bekannten
sich daran wagen werde. Wenn er
diese so Revue passiren läßt, wäre
schließlich Eommercienrath Schlau noch
der Einzige von dem man erwarten
könnte . Er kauft auch sicher sein
Geschenk in diesem Geschäfte, denn es
ist das beste am Platz. Aber 12 Mark!
Nee. das thut der Mann nicht. Tie
Hälfte am Ende .
Da schießt dem Rechtsanmalt plötzlich
ein Gedanke durch den Kopf. Er geht
zu dem Häntter. Wenn Schlau nüch.
stens käme, memt er, solle man ihm ja
die Leuchter als Hochzeitsgeschenk für
.
.,
Knauser empschlen. Ader freilich 120
Mark werde der Commercienrath nicht
anlegen wollen. Tarum feien hier 00
Mark; nun könne der Kaufmann ja
in aller temüthSruhe die Leuchter an
Schlau für 60 Mark adlasien. EZ
handle sich nämlich um eine Wette
ein Ricfenspaß das!
Ter RcchtSanwalt reibt sich beim
Weggehen vergnügt die Hände. 60
Mark sind ihm die Leuchier unter Brü
dern werth. Famos! Famos!
Ader noch weit mehr freut er sich, als
ihm der Händler schon nach ein paar
Tagen ein vertrauliches Billet schickt:
Ter Eommercienrath hat die Leuchter
richtig für 60 Mark gekauft.
Welch' ein Entsetzen jedoch erfaßt den
Rechtsanwalt, als er am Hochzeitstage
daS Geschenk dieses Freundes erhält:
Eine harmlose Bowle! Schlau hatte
die wunderbaren, für ihn so sehr billi
gen Leuchter selber behalten!
Schneller! Schneller!
Auf dem Boulevard in Paris stand
ein armer Savoyardentnabe. feine Leier
im Arm, und spielte die Melodie von
Di tanti palpiti". Viele Spazier
gütiger hatten sich um ihn versammelt.
Plötzlich drängte sich ein alter Herr
durch den Kreis der Umstehenden an
den vagabundirenden Virtuosen heran
und rief ihm leidenschaftlich zu: Schnei
ler! Schneller! Viel schneller!"
WaS wollen Sie, mein Herr?"
fragte der Knabe erstaunt.
Tu sollst schneller drehen! Es ist
ja Allegro!"
Davon verstehe ich nichts." .
Tann komm' her, ich will's dir
igen. Siehst du wohl? So so!"
Damit ergriff der alte Herr die Kurbel
der Leier und spielte, die Melodie in
dem vorgeschriebenen Tempo.
Ich Tunke Ihnen, mein Herr.
sagte der kleine Savoyarde. nachdem
der Herr geendet seien Sie ver
sichert, daß ich Ihre Anweisung bt
folgen werde." Mit diesen Worten
entfernte er sich.
Am nächsten Tage fand, der Knabe
sich an demselben Orte wieder ein und
spielte oiefelde Melodie in dem Tempo.
welches der Alte ihn gestern gelehrt
hatte.
Bravo! Bravo!" ließ sich plötzlich
eine stimme vom Balkon des gegen
überlicgenden Hauses vernehmen, und
ein nach üblicher Wette in Papier em
gewickeltes Geldstück fiel als Lohn für
seine Gelehrigkeit in den Hut des armen
Knaben. Dieser wickelte das Papier
auf und fand in demselben statt des
gehofften Sou einen doppelten Na
poleondor.
Der Spender desselben, der alte
Herr, welcher ihm Tags zuvor Di
tanti palpiti" im richtigen Tempo
auf der Leier vorgespielt hatte, war
Niemand anders als der Maestro
Rossini".
in Zoachim.Antkdot
wird von einem Londoner Blatte er
zählt, das sich für die absolute Authen
tizität verbürgen will: Während eines
seiner Besuche in London ging Joachim
in einen Friseurladen, um sich rafiren
zu laffen. Tie Bekanntschaft des Bar
biers mit berühmten Musikern hielt sich'
n bescheidenen Grenzen, und auch von
Joachim hatte er weder etwas gehört,
noch sein Bild gesehen. Haar schnei
den, Herr?" fragte der dienstfertige Ge.
Hilfe, indem er Joachim's wallendes
Lockenhaar mit prüfendem Auge be
trachtete. Ter Künstler gab ihm zu
verstehen, er wäre mit der Länge feiner
Haare durchaus zufrieden; aber der
Barbier ließ sich so leicht nicht ab
schrecken. Hinten sind sie ein wenig
zu lang, mein Herr," meinte er diplo-
matiich. Joachim bedeutete ihm von
Neuem, daß er sie gerade so liebe, und
der Barbier war ein Weilchen stille
Tie Haare find auf dem Scheitel ziem,
lich dünn," bemerkte er dann und hielt
Joachim einen kleinen Vortrag, daß es
verkehrt fei, die Dichtigkeit des Haares
seiner Länge zu opfern, aber Joachim
sah ihn nur an und schüttelte seine
Künftlermähne. Ter Barbier rasirte
ihn mürrisch und unzufrieden weiter,
aber er konnte die Hoffnung immer noch
nicht aufgeben. Soll ich nicht wenig
ftens die Spitzen abschneiden, einen
halben Zoll etwa ?" Joachim blieb hart-
näckig. Da riß dem Barbier, dessen
Erfindungsgabe erschöpft war, die ?
duld. Nun gut," sagte er. und in
seiner Stimme lag tiefe Verachtung,
,,wenn ie durchaus aussehen wollen
wie ein deutscher l'c u 1 1 1 e r,
so läßt sich darüber nichts weiter
reden."
Unerwarteter Beistand.
König Friedrich Wilhelm der Erste
von Preußen pflegte bekanntlich seine
Beamten gern einmal zu überraschen,
um sich von der gewissenhaften Aus
Übung ihrer Pflichten selbst zu überzeu
gen. So trat er einmal unerwartet in
die Amtsstube des Potsdamer Amt-
mannZ, mo gerade ein Bauer fein Bitt.
gesuch um Befreiung einiger drückender
Fronlaften mündlich darlegte. Allein
der Arme redete zu tauben Ohren, denn
der Herr Amtmann schien wäh
rend der langen Auseinandersetzung de?
Bittstellers eingeschlafen zu sein. Er
saß bequem in seinem Lchnftuhl und
schien seinen Kopf nicht mehr recht fest
halten zu können; fein Schreiber aber,
der neben ihm saß, schmierte mit gleich
gültiger Miene in den Akten herum.
Trotzdem ließ sich, wie der König mit
unterdrückter Heiterkeit bemerkte, der
Bauer nicht abhalten, dcm nickenden
W nmnifHin( - W wti j
' ß
Herrn seine Sache eindringlich klar zu
legen und endlich mit der Frage zu
schließen: Na und nun sagen Sie.
Herr Amtmann, od mir die Frontage
nachgelassen werden!"
In demselben Augenblick stieß der
Schreiber, plötzlich den König gcwah
rend. den Amtmann an. dieser fuhr
auf. rieb sich die Augen und schrie:
.Nicht? da, eS bleibt beim alten!"
Halt." mischte sich sogleich der ö.
nig. raich vor den noch yalö ichiasirun
tenen Amtmann tretend ein. .der
Bauer hat recht und bekommt den ge
wünschten Erlaß. ES entspricht da!
auch ganz Seiner eigenen Meinung,
denn ich habe eS ja mit eigenen Augen
gesehen, daß Er. Amtmann, zu allem.
maS der Bauer sagte, in einem fort mit
dem Kopse genickt hat !"
tfin Hartt eschß.
Nach einer Feldübung ritt Friedrich
der Große vor der Avantgarde her. ' Der
Zug bewegte sich auf einer mit Obst
bäumen bepfianztcit Ehaussee. und
einige der Mannschaft pflückten sich
heimlich Birnen von den Zweigen. Da
dieselben aber noch nicht reif und noch
ganz hart waren, begannen sich die
Soldaten mit dem Obst hinter dem
Rücken des Königs zu bombardiren
Ein handfester Gefreiter hatte bei die
fem harmlosen Ulk das Unglück, das
Ziel zu verfehlen und mit der gefchleu
dertcn Birne die Schulter deS Könige
zu treffen. Tiefer wandte den Kopf
und erblickte den erbleichenden Misse
thäter: Heb Er die Birne auf und gebe
Er sie her." befahl Friedrich.
Ter Soldat gehorchte, und Friedrich
der Große steckte ohne sonst noch em
Wort zu sagen, die steinharte, unreife
Frucht in die Tasche. Nach einer Weile
kam der Zug an der Obsthütte deS
Pächters vorbei. Ter König ließ hal
ten, winkte den Odstpächter heran und
fragte: Hat er reife Birnen?" Eilst
tig holte der Mann einen Korb mit
reifen Früchten herbei. Tann ließ der
König die Birnen unter der Mannschaft
vertheilen und sagte: Nun bitte ich
mir aber aus. daß mir keiner wieder
daS unreife Zeug abreißt. Hab'S auf
der Schulter gespürt, wie hart die Bir
nen noch waren. Und Er" wendete
er sich an den Attentäter soll zur
strafe eine Hand voll mehr bekommen.
Er hat die richtige militärische Kraft in
der Hand!"
Unnöthiger Schrecken.
Gatte: Heute traf ich eine Frau, von
der ich ernst sehr viel hielt."
Gattin: So?"
Gatte: Ja, ich that mein Möglich
ftes. um ihr zu gefallen."
Gattin: Wie?"
Gatte: Ich that Alles, um mir ihre
Zuneigung zu gewinnen."
Gattin: Allmächtiger!"
Gatte: Und zuletzt gelang eS mir
auch."
Gattin: W a s?"
Gatte: Sie erfüllte alle meine
Wünsche und machte mich dadurch zum
glücklichsten aller Sterblichen."
Gattin: Erlaube 'mal!"
Gatte: Ich bat sie, mit mir herauf
zukommen, aber sie hatte noch Einkäufe
zu besorgen und kommt deshalb erst
zum Abendbrod."
Gattin (empört): Mein Herr, ich
kehre zu meiner Mutter zurück!"
Gatte: Tie ist nicht zu Hanse, mein
Schatz. Tas ist ja eben die Frau, die
ich traf, und um deren Gunst ich mich
so eitrig beworben habe."
Jägerlatein.
Ein Student, welcher einer Vcrbin-
dung angehörte, bekam, wie aus Jena
berichtet wird, Besuch von seinem Vater,
einem biederen Förster. Er wurde auf
seinen Wunsch vom Sohne mit auf die
Kneipe genommen, wo er sich im Kreise
der jungen Leute ganz heimisch fühlte
und tüchtig mit pokulirte. Man hatte
ihm ein Kommersbuch vorgelegt, und
der Alte sang wacker mit. Schließlich
wurde auch das Kneiplied: Ea, ca,
geschmauset, laßt uns nicht rappel
köpfisch sein", gesungen, dessen Re
frain bekanntlich lautet: Edite bibite
collegiales, post multa saecula
ocula nulla!". Der alte Forstmann,
welcher die lateinische Sprache nur dem
Namen nach kannte, stutzte nach den
lateinischen Worten, aber er half sich
und sang aus vollem Halse: Edel,
mann. Bibelmann, Eonsiftorialrath,
Forstmeister, Säbelmann, Popelmann,
Hurra!"
Tie Unbesungene.
's giebt Gräber, wo die Klage schweigt
Und nur das Herz von innen blutet,
Kein Tropfen in die Wimper steigt.
Und doch die Lava drinnen fluthet;
's giebt Gröber, die wie Wetternacht !
An unser'm Horizonte steh'n
Und alles Leben niederhalten.
Und doch, wenn Abendrot'? erwacht.
Mit ihren gold nen Flügeln weh n
Wie milde Seraphingestalten.
?Zu beilia find kie für das Lied
Und mächt' ge Redner doch vor allen;
ie nennen ir. was nimmer schied.
Was nie und nimmer kann zerfallen.
Q. wenn Dich Zweifel drückt herab
Und möchtest athmen Aetherlutt,
Und möchtest schauen Seraph-flügel.
Tann tritt an Deines Vaters Grad.
Tann tritt an Deines Bruders Gruft.
Tann tritt an Deines Kindes Hügel.
Auch die Wahrheit kann des Scheins
nicht entbehren, wenn sie in der Welt
fortkommen will.
miuvii u um. im kih -cn tir
Tie achvarstinder.
ES waren vvtx Aachdairkinder.
Die hatten sich heimlich lieb.
Und eines jeden Sehnen
Dem andern verborgen blieb.
KeinS bracht' eS Über die Lippen.
Wovon das Herz ihm schwer.
Vergingen vor Lied' und Leide.
Ertrugen eS nimmermehr.
Er wollte fürbaß wandern,
Weit weg mit seinem Weh.
Sie wollte sich Ruhe verschaffen
Daheim im tiesen See.
Sein Weg führt ihn vorüber.
Wo sie am Ufer stand.
Ta mußt' er ihr doch bieten
Zum Abschied noch die Hand.
Was stehst Tu hier am Wasser
Und starrst hinab zum Grund?"
Wohin haft Du S so eilig
In früher Morgenstund'?"
Ich zieh' in alle Ferne.
Denn eine liebt mich nicht.
Ich will sie nicht mehr sehen,
Weil'S mir das Herze bricht!"
Und ich will hier mich betten.
Weil einer mich nicht mag.
Ich kann ohn' ihn nicht leben
Noch einen einz'gen Tag."
Sag an. wer ist zum Sterben'
Ter Schelm, der Dich verschmäht?"
Erst sag', tmr ist die Spröde.
Tie Tir zum Wandern räth?"
Sie steht mit bleichen Wangen
An tiefen Wassers Rand!"
Und er, mit düstern Augen,
Will fort in fernes Land."
Sie fah'n sich an mit Blicken,
Nichts mehr von Tod und Weh!
Er ging nicht in die Fremde,
Sie sprang nicht in den See. '
Lin selten Lreigniß.
Gattin: Ich sage Tir. lieber Alfred,
ich war sprachlos !"
Gatte: Nicht möglich!" '
Durch die Blume.
Herr: Lieben Sie auch Blumen,
Fräulein?"
Fräulein: O ja, ganz besonders die
Myrthe!!"
Gegenseitig.
Gräfin: Ach. Herr Toktor, daß Sie
noch so spät Abends kommen, um mir
zu helfen, das rechne ich Ihnen
hoch an!"
Arzt: Ich auch!"
Immer sparsam.
Zahnarzt (zum Bauern): Wünschen
Sie Gas?"
Bauer: Nee, nee, Herr Dukter!
Dös isch mir zu theier! Lieberscht Pe
troleuin,!"
In der Schaubude.
Zuschauer: Ter Mann ohne Arm
ist wirklich großartig, aber etwas kann
er doch nicht!"
Schaubudenbesitzer: Was denn?"
Zuschauer: Seine Handschuhe an
ziehen."
Erfaßte Gelegenkeit.
Scheerenschleifer: .Nichts zu schlei
sen, verrichattenl"
Die liebenswürdige Gattin: Na,
wie wär's, lieber Gatte, wenn Du Dir
von dem Manne dort etwa Schliff bei
bringen ließest!!"
verplappert.
Junger Ehemann: Weißt Tu noch.
Schaß, in dieser Laube wurden wir
von Deiner Mama überrascht, als ich
Tir den ersten Kuß gab!"
Frau: Ja, Emil die Aermfte
hatte schon zwei Stunden darauf ge
wartet!" Drastischer vergeilch.
Mann (zu feiner keifenden Ehehälfte):
Allen Deinen Vorwürfen aeamüher
tröste ich mich mit dem Sprüchwort:
Ein gutes Gewissen ist ein sanftes
Ruhekissen."
Frau: Wenn das Sprüchwort wahr
ist. dann sieht Tein Gewissen aus wie
ein Stacheligel!"
Lr bat sie soweit.
Amtsrickter: Tnri !,4 nUn ,,k
-j . ! MV UUj
Gegenliebe hoffen, theuerstes Fräu
lein?" Tame: ..Lieben mi Wv s
" - Willi UVU
von ganzem Herzen?"
Amtsrichter: ,,'on ganzem Herzen!"
Dame: Nun hnnn will ; ...
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eingestehen. daß auch ich Sie aus tief.
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Amtsricktei" R5H ,.;,.,
rT. ...i-, U(m'U lt,
daß die Angeklagte geständig ist."
Für Jeden etwas.
Neues Dienstmädchen hurn Bedien.
ten. welcher gerade die Morgenzeitung
zerschneidet): Zu was zerschneiden Sie
denn die Zeitung?"
Bedienter: Damit die Lierrsckakten
zum Lesen kommen: der Herr bekommt
den politischen Theil, die Frau das
vculllrlvn. oi? iante die Heiraths
anträge und für mich bleiben die
Tagesneuigkeiten."
Auch eine Ueberraschnng.
Gattin: Tu hattest mir doch ver
fprochen. Männchen, sobald ich selbst
ständig kochen kann, mir eine besondere
Ucdorraschung zu bereiten!"
Gatte: ..Gewiß. Schatz! Ich habe
heute der Köchin gekündigt."
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